Weimarer Klassik: Drama

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Weimarer Klassik: Drama
• Drama der Klassik:
• Formale Strenge: Sprache (Blankvers),
Beschränkung der Personenzahl, des
Schauplatzwechsels und des Zeitablaufs;
• Ideendramatik (individuelles Erleben
reflektiert ein größeres Ganzes: Idee des
„reinen Menschtums“);
• Dissonanz zwischen der Welt der inneren,
geistigen Werte und der äußeren Realität.
Goethe: Iphigenie auf Tauris. Ein
Schauspiel
• Vorlage: Euripides, Iphigenie bei den Taurern;
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Entstehungsgeschichte:
1779 – Prosafassung (6. April Uraufführung in Weimar)
1780 – Umarbeitung in Blankverse;
1781 – Rückkehr zur Urfassung
Ab 1786 – Umformung in ein Versdrama (Fünfhebiger Jambus = strenge
Alternanz von betonten und unbetonten Silben);
• 1787 – Publikation der Versfassung.
• Form: Fünf Akte (symmetrische Struktur: Höhepunkt Mitte des 3. Akts,
„Hadesvision“ Orests).
• Ort und Zeit der Handlung: Hain vor Dianes Tempel auf Tauris; einige Jahre
nach dem Krieg um Troja; Zeitraum von wenigen Stunden.
• Personen: Iphigenie, Thoas (König der Taurier), Orest, Pilades, Arkas.
Goethe: Iphigenie auf Tauris
Iphigenie = Personifizierung der „Schönen Seele“
Schöne Seele = Charaktertyp, bei dem die Affekte und
die sittlichen Kräfte in einem harmonischen (und damit
auch ästhetisch empfundenen) Ausgleich stehen.
→ Bewährung im Konflikt zwischen Neigung (Wunsch
nach der Rückkehr in die Heimat) und Pflicht (Dienst in
Tauris).
Schiller: Über Anmut und Würde (1793)
Iphigenie auf Tauris = Proklamation des
Humanitätsideals der deutschen Klassik.
Goethe: Iphigenie auf Tauris
Erster Aufzug, erster Auftritt
IPHIGENIE: Heraus in eure Schatten, rege Wipfel
Des alten, heilgen, dichtbelaubten Haines,
Wie in der Göttin stilles Heiligtum,
Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl,
Als wenn ich sie zum erstenmal beträte
Und es gewöhnt sich nicht mein Geist hierher.
So manches Jahr bewahrt mich hier verborgen
Ein hoher Wille, dem ich mich ergebe;
Doch immer bin ich, wie im ersten, fremd.
Denn ach, mich trennt das Meer von den Geliebten
Und an dem Ufer steh ich lange Tage,
Das Land der Griechen mit der Seele suchend,
Und gegen meine Seufzer bringt die Welle
Nur dumpfe Töne brausend mir herüber.
(…)
So gib auch mich den Meinen endlich wieder,
Und rette mich, die du vom Tod errettet
Auch von dem Leben hier, dem zweiten Tod.
Iphigenie auf Tauris
4. Aufzug, 5. Auftritt
IPHIGENIE (ALLEIN):
Ich muss ihm folgen: denn die Meinigen
Seh ich in dringender Gefahr Doch ach!
Mein eigen Schicksal macht mir bang und bänger.
(…)
Kaum wird in meinen Armen mir ein Bruder
Vom grimm‘gen Übel wundervoll und schnell
Geheilt, kaum naht ein lang erflehtes Schiff,
Mich in den Port der Vaterwelt zu leiten,
So legt die taube Not ein doppelt Laster
Mit ehrner Hand mir auf: das heilige
Mir anvertraute, viel verehrte Bild
Zu rauben und den Mann zu hintergehn,
Dem ich mein Leben und mein Schicksal danke.
O dass in meinem Busen nicht zuletzt
Ein Widerwille keime! Der Titanen,
Der alten Götter, tiefer Hass auf euch,
Olympie, nicht auch die zarte Brust
Mit Geierklauen fasse! Rettet mich,
Und rettet euer Bild in meiner Seele!
Goethe: Faust
• Vorlage: Volksbuch:
Historia von D. Johann
Fausten (1588)
• Johann Georg Faustus:
lebte vermutlich Ende
15./Anfang 16. Jh. in
der Pfalz; Alchemist und
„Schwarzkünstler“.
Goethe: Faust
• Entstehungsgeschichte:
• Urfaust: zwischen 1772 und 1775 entstanden
(erschien postum 1887);
• Faust. Ein Fragment: vollendet 1788, erschien
1790.
• Faust. Eine Tragödie (auch Faust. Der Tragödie
erster Teil oder kurz Faust I): erschien 1808.
• Faust. Der Tragödie zweiter Teil (auch kurz Faust
II): erschien 1832.
Goethe: Faust. Eine Tragödie
1. Zueignung: Gedicht (Elegie in Stanzenform)
→ Dialog des Autors mit den Personen des Dramas:
Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,
Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt.
Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten?
2. Vorspiel auf dem Theater
→ Debatte zwischen „Theaterdirektor“, „Dichter“ und „lustiger Person (= Schauspieler)
So schreitet in dem engen Bretterhaus
Den ganzen Kreis der Schöpfung aus
Und wandelt mit bedächt‘ger Schnelle
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle!
3. Prolog im Himmel
→ Debatte zwischen Gott („der Herr“) und dem Teufel („Mephisto“); Abschluss einer Wette,
deren Gegenstand Faust ist; Überleitung zur Handlung.
Und steh‘ beschämt, wenn du bekennen must:
Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange
Ist sich des rechten Weges wohl bewusst.
Goethe: Faust. Eine Tragödie
• Handlungsstränge:
• „Gelehrtentragödie“ (setzt sich im zweiten Teil fort) und „Gretchentragödie“
(endet im ersten Teil).
• Sprache:
• Verse: „Knittelvers“ und „Madrigalvers“ (Ausnahme: vorletzte Szene „Trüber
Tag. Feld“).
• Ort und Zeit der Handlung:
• Deutschland (u.a. Leipzig und der Harz), an der Wende vom 15./16.
Jahrhundert.
• Gliederung:
• Keine Akte, in Szenen unterteilt, die Ort oder Zeitpunkt angeben (z.B.: „Nacht“,
„Vor dem Tor“, „Studierzimmer“, „Nacht. Straße vor Gretchens Tür“).
Goethe: Faust. Eine Tragödie
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Figuren:
Dr. Heinrich Faust, ein Gelehrter
Mephistopheles (Mephisto)
Margarete, gen. Gretchen, ein junges
Mädchen
Marthe Schwerdtlein, Gretchens
Nachbarin
Wagner, Fausts Famulus
Valentin, Gretchens Bruder
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Schauplätze:
Fausts Studierzimmer
Vor dem Tor
Auerbachs Keller in Leipzig
Hexenküche
Straße
Garten mit Gartenhäuschen
Wald und Höhle
Gretchens Stube
Marthens Garten
Am Brunnen
Zwinger
Dom
Blocksberg (Walpurgisnacht)
Feld
Kerker
Goethe: Faust. Eine Tragödie
• Szenenfolge:
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Nacht
Vor dem Tor
Studierzimmer
Auerbachs Keller in Leipzig
Hexenküche
Straße
Abend
Spaziergang
Der Nachbarin Haus
Straße
Garten
Ein Gartenhäuschen
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Wald und Höhle
Gretchens Stube
Marthens Garten
Am Brunnen
Zwinger
Nacht, Straße vor Gretchens Türe
Dom
Walpurgisnacht
Walpurgisnachtstraum
Trüber Tag, Feld
Nacht, offen Feld
Kerker
• Studierzimmer
Faust I
Teufelspakt
FAUST (…) Nun gut, wer bist du denn?
MEPHISTOPHELES: Ein Teil von jener Kraft,
Die stets das Böse will und stets das Gute
schafft.
FAUST: Was ist mit diesem Rätselwort
gemeint?
MEPHISTOPHELES: Ich bin der Geist, der
stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was
entsteht,
Ist wert, dass es zugrunde geht;
Drum besser wär‘s, dass nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.
Faust. Eine Tragödie: Der Teufelspakt
MEPHISTOPHELES: Ich will mich hier zu deinem Dienst verbinden,
Auf deinen Wink nicht rasten und nicht ruhn.
Wenn wir uns drüben wiederfinden,
So sollst du mir das Gleiche tun.
(…)
FAUST: Werd‘ ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen,
So sei es gleich um mich getan!
Kannst du mich schmeichelnd je belügen,
Dass ich mir selbst gefallen mag.
Kannst du mich mit Genuss betrügen,
Das sei für mich der letzte Tag!
Die Wette biet‘ ich!
MEPHISTOPHELES: Topp!
FAUST. Und Schlag auf Schlag!
Wird‘ ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! Du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehen!
Dann mag die Totenglocke schlagen
Dann bist du deines Dienstes frei,
Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen,
Es sei die Zeit für mich vorbei!
„Straße“ – Begegnung mit Gretchen
FAUST: Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,
Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?
GRETCHEN: Bin weder Fräulein, weder schön
Kann ungeleitet nach Hause gehen
Goethe: Faust. Eine Tragödie
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Marthens Garten (Margarete. Faust)
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MARGARETE: Versprich mir, Heinrich!
FAUST: Was ich kann!
MARGARETE: Nun sag, wie hast du‘s mit der Religion?
Du bist ein herzlich guter Mann,
Allein ich glaub‘, du hältst nicht viel davon.
FAUST: Lass das, mein Kind! Du fühlst, ich bin dir gut; (…)
MARGARETE: (…) Glaubst du an Gott?
FAUST: Mein Liebchen, wer darf sagen:
Ich glaub an Gott?
Magst Priester oder Weise fragen,
Und ihre Antwort scheint nur Spott
Über den Frager zu sein. (…)
MARGARETE: Wenn man‘s so hört, möcht‘s leidlich scheinen,
Steht aber doch immer schief darum;
Denn du hast kein Christentum. (…)
Der Mensch, den du da bei dir hast,
Ist mir in tiefer innrer Seele verhasst;
Es hat mir in meinem Leben
So nichts einen Stich ins Herz gegeben,
Als des Menschen widrig Gesicht.
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