Elektrische Ladung des Komplexes

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Der outer-sphere Mechanismus ist ungünstiger,
denn zwischen dem Oxidations- und
Reduktionsmittel besteht keine Wechselwirkung,
die diesen helfen könnte, ihre Energien aneinander
anzugleichen, wie dies von der Franck-Condon
Bedingung gefordert wird!
Oxidation von Cr 2 mit CoNH 3 5 Cl 
2
um 10 Größenordnungen rascher
als mit Co NH 3 6 
3
•
•
•
Bei einer inner-sphere Redoxreaktion:
Ein koordinierter Ligand kann nur dann als Brückenligand
fungieren, wenn er ein freies Elektronenpaar besitzt, denn
nur dann kann er als Lewis-Base für zwei Metallzentren
gleichzeitig zur Verfügung stehen
Der Brückenligand wird in der Regel, aber nicht immer,
vom Oxidationsmittel auf das Reduktionsmittel übertragen
Wo erfolgt der Angriff wenn der Brückenligand mehrere Atome hat?
Z.B. das Thiocyanat-Ion (NCS−), es ist „ambidentat“ und kann als Ligand in
Komplexen sowohl über das Stickstoff-Atom als auch über das Schwefel-Atom an
das Zentralatom koordinieren
Cr H O    CrH O  X 
2
*
2
6
2
2
5

 Cr * H 2O 5 X
  CrH O  
2
2
2
6
für X=NCS- ist k=1,4x10-4 s-1mol-1L
für X=SCN- ist k=4x101 s-1mol-1L
(25°C)
Cr(H2O)52+ ist eine recht harte
Lewis-Säure: stabilere Bindung
mit N (harte Lewis-Base) als
mit S (weiche Lewis Base)
höhere Konzentration
an ÜZ im QuasiGleichgewicht wenn
X=SCN-
CoNH  NCS
2
3 5
 CrH 2O6  
2
langsame Reaktion, ergibt ausschließlich das Cr-SCN2+ Produkt (Cr3+ kinetisch inert,
daher kann man die beiden möglichen Produkte über Ionenaustausch auftrennen)
d.h. der Angriff erfolgt am weiter entfernten Atom
remote attack
CoNH  SCN 
2
3 5
 CrH 2O6  
2
rasche Reaktion, ergibt 30% Cr-SCN2+ d.h. Angriff am unmittelbar
benachbarten Atom
adjacent attack
und 70% Cr-NCS2+
remote attack
Das angreifende Cr2+ hat eine
„Vorliebe“ für das S-Atom,
obwohl das Cr-SCN2+
thermodynamisch weniger stabil
ist als das Cr-NCS2+
WARUM?
Der Mechanismus des
Elektronentransfers
zerfällt in zwei Teilschritte
1.) Brücke wird reduziert
2.) Weiterleitung des e- auf das Oxidationsmittel
S lässt sich durch ein benachbartes Cr2+
leichter reduzieren als N.
Für einen inner-sphere Elektronentransfer ist ein Ligandentransfer nicht
unbedingt nötig, z.B. Oxidation von [Cr(H2O)6]2+ mit [IrCl6]2[IrCl6]2- + [Cr(H2O)6]2+
{[Cl5Ir-Cl-Cr(H2O)5]} + H2O
[IrCl6]3- + [Cr(H2O)6]3+
Diese Brückenspezies ist stabil genug für eine Abtrennung und Untersuchung
ihres Zerfalls:
dieser erfolgt zu 39% ohne Cl- Transfer, zu 61% mit Cl- Transfer.
Außerdem konkurrieren in dieser Reaktion inner-sphere und outer-sphere
Mechanismus mit ähnlichen Geschwindigkeiten (siehe: Riedel/Janiak, Moderne
Anorganische Chemie, de Gruyter 2007).
Gemischtvalenz von multinuklearen Verbindungen
(=„stabile Brückenspezies“)
•
Z.B. Berliner Blau FeIII[FeIIIFeII (CN)6]3
•
Hier sind die Fe(II)- und Fe(III)-Zentren über Cyanid-Liganden
verbrückt. (Struktur besteht aus hexakoordiniertem low-spin
Eisen(II) das die Cyanidionen über die C-Atome bindet und
ebenfalls hexakoordiniertem high-spin Eisen(III), das die
Cyanidionen über die N Atome bindet)
•
Dadurch wird der Transport von Elektronen zwischen den
Eisenzentren über die Cyanidbrücken ermöglicht und es
resultiert die intensiv blaue Farbe (photochemisch induzierter
Elektronen-Transfer = Inter-valence Charge Transfer IT
Übergang).
•
In gemischtvalenten Komplexen liegen häufig Metallzentren mit
d5- und d6- Elektronenkonfiguration vor.
•
Ru(II)- Ru(III)-Komplexe wurden vielfach untersucht (z.B. das
Creutz-Taube-Ion)
Intervalenz-Elektronentransfer
= Intramolekularer Elektronentransfer in einem gemischtvalenten
verbrückten Komplex, entdeckt am stabilen Creutz-Taube-KomplexIon, das als Modellfall einer Brückenspezies dienen kann:
Hier sind zwei Ruthenium-Ionen in gleicher chemischer Umgebung,
aber formal unterschiedlicher Ladung über Pyrazin verbrückt (siehe:
Joan Ribas Gispert, Coordination Chemistry, Wiley VCH 2008):
Creutz-Taube Komplex-Ion
(benannt nach Carol Creutz, PhD Studentin von Henry Taube)
• Die beiden Metallzentren sind räumlich weit voneinander entfernt, sodass
eine direkte Überlappung ihrer d-Orbitale nicht wichtig ist
• Die π und π* Orbitale der Liganden wechselwirken aber mit den t2g
Orbitalen der Rutheniumzentren, was zu einer starken elektronischen
Kopplung zwischen den Metallionen führt. Daher gibt es für den
Elektronentransfer keine Aktivierungsenergie und die für den
Elektronentranfer verantwortlichen Elektronen sind delokalisiert.
Creutz-Taube Ion µ-Pyrazin-bis(pentaamminruthenium)(5+)
“The most important result of the present
calculation is that the CT ion’s electronic
structure can be quite well explained based
on a fully symmetric and fully delocalized
structure. The odd electron is in a d-orbital
capable of delocalisation into the pyrazine π*
orbitals.“ (Ondrechen et al., 1984)
Methoden:
99Ru Mössbauer spektroscopy, near IR
absorption, EPR spectroscopy (=Electron
Paramagnetic Resonance), MCD
spectroscopy (=Magnetic Circular Dichriosm)
u.a.
Robin-Day-Klassifizierung der
gemischtvalenten Komplexe (Einfluss
zunehmender elektronischer Kopplung der Metallzentren):
Klasse I: Kaum Wechselwirkung zwischen den
Reaktionszentren, durch großen Abstand, unterschiedliche
chemische Umgebung: der gemischtvalente Komplex zeigt nur
die Eigenschaften der isolierten Zentren
Klasse II: Schwache elektronische Wechselwirkungen
zwischen den Redoxzentren verändern ihre Eigenschaften (sie
bleiben aber “valence localized“ (Beispiel: Berlinerblau)
Klasse III: Die Metallionen sind exakt identisch (wie beim
Creutz-Taube Ion), die elektronische Kopplung zwischen den
Redoxzentren ist sehr groß, die Eigenschaften des
gemischtvalenten Komplexes sind sehr verschieden von denen
der isolierten Zentren (valence delocalization).
---------------------------------------------------------------------Robin, Melvin B.; Day, Peter "Mixed Valence Chemistry", Advances in Inorganic
Chemistry and Radiochemistry, 1967, volume 10, pages 247-422.
Oft erfolgt der Vorgang der
Brückenbildung schnell und
reversibel
vorgelagertes
Brückenbildungsgleichgewicht
K
Re d  (1)  X  Ox (2) 
Re d  (1)  X  Ox (2)
Re d  (1)  X  Ox (2)  Ox (1)  X  Re d  (2)
 Pr odukte
schnell
Geschwindigkeitsbestimmender Schritt:
Elektronenübertragung auf der Brücke
Es ergibt sich eine zusammengesetzte
Geschwindigkeitskonstante 2. Ordnung (fast
immer der Fall).
schnell
langsam
Reaktionsgeschwindig
keit hängt von der Art
der Brücke ab (von
ihrer Wirksamkeit als
Vermittler des
Elektronentransfers)
Quelle: Tobe
Es gibt Systeme, in denen
mehrfache Brücken gebildet und
sogar übertragen werden, wie z.B.
die Reaktion zwischen cisTetraaqua-diazido-Chrom (III) und
Hexaaqua-Cr(II).
Oxidations- und
Reduktionsmittel ändern ihre
Oxidationsstufen um die
gleiche Zahl von
Einheiten.
Oxidations- und
Reduktionsmittel ändern
ihre Oxidationsstufen um
eine unterschiedliche
Zahl von Einheiten.
Dies erfolgt nie in einem
Schritt: Zumindest eine
der Komponenten muss
eine instabile
Oxidationsstufe
durchlaufen.
Nichtkomplementäre
Redoxreaktionen
Zur Aufklärung des Mechanismus ist es nötig, die
reaktive Zwischenverbindung (enthält die instabile
Oxidationsstufe) zu identifizieren.
Frage:
Wieviele e- werden gleichzeitig übertragen?
Allgemein gilt: Der Bildungsprozess
der instabilen Zwischenverbindung ist
reversibel, es stellt sich ein
vorgelagertes Gleichgewicht ein, dem
ein zweiter Reaktionsschritt folgt.
2 Fe( II )  Tl ( III )  2 Fe( III )  Tl ( I )
Zwei denkbare Reaktionswege a) oder b), welcher trifft zu?
a)
K
Fe( II )  Tl ( III ) 
Fe( III )  Tl ( II )
Fe( II )  Tl ( II )  Fe( III )  Tl ( I )
Folge von Einelektronenübergängen,
instabile Zwischenverbindung ist Tl(II).
b)
K
Fe( II )  Tl ( III ) 
Fe( IV )  Tl ( I )
Fe( II )  Fe( IV )  2 Fe( III )
Zweielektronenübergang, gefolgt von
Einelektronenübergang, instabile
Zwischenverbindung ist Fe(IV).
Zugabe von
Fe(III)
verlangsamt
die Reaktion,
Zugabe von
Tl(I) aber
nicht.
Nichtkomplementäre Redoxreaktionen sind gewöhnlich
langsam, weil eine der Komponenten gezwungen ist, eine
ungewöhnliche Oxidationsstufe anzunehmen:
Diese ist energetisch ungünstig, und ihr Bildungsprozess ist
reversibel,
Zwischenverbindung liegt in nur
geringer Konzentration vor
Langsame Reaktion
Wenn durch einen Katalysator die ansonsten notwendige
Bildung einer instabilen Oxidationsstufe vermieden wird,
kann das die Reaktion sehr beschleunigen!
Daher sind nichtkomplementäre Redoxreaktionen stark
von Verunreinigungen durch Metallionen abhängig.
Oxidation von Cr(III) zu Cr(VI) durch
Peroxodisulfat erfolgt sehr langsam.
2
8

2
4
S 2O  2 e  2 SO
Peroxodisulfat ist ein sehr starkes
Oxidationsmittel, aber es wirkt als
Zweielektronen-Oxidationsmittel.
Oxidation von Spezies, die
Einelektronenübergänge
bevorzugen, erfolgt langsam.
AgNO3 als Katalysator
2
8
2
4
Ag ( I )  S 2O  Ag ( III )  2 SO
Ag ( III )  Ag ( I )  2 Ag ( II )
Ag(II) betätigt sich dann als
Einelektronen-Oxidationsmittel:
Cr ( III )  Ag ( II )  Cr ( IV )  Ag ( I )
Cr ( IV )  Ag ( II )  Cr (V )  Ag ( I )
Cr (V )  Ag ( II )  Cr (VI )  Ag ( I )
Quantitative Bestimmung von Chrom(III)
Photochemische Redoxreaktionen
Man kann einer Reaktion auf unterschiedliche Art
Aktivierungsenergie zuführen:
thermische Energie
durch Erhöhung der Temperatur.
„statistisch breite“ Methode
Breite Streuung individueller molekularer Energien.
Strahlungsenergie
Photochemische Anregung, kann viel präziser sein.
Allerdings muss das Molekül
imstande sein, das Lichtquant h
auch zu absorbieren, d.h. es
muss einen erreichbaren
angeregten Zustand geben, der
sich im richtigen energetischen
Abstand zum Grundzustand
befindet.
Photochemische Reaktionen: Allgemeine
Definition
•
Unter photochemischen Reaktionen versteht man
Reaktionen, die nicht ausschließlich (wie es bei
thermischen Reaktionen der Fall ist) im
elektronischen Grundzustand ablaufen
•
Sondern bei denen entlang der
Reaktionskoordinate auch elektronisch angeregte
Zustände involviert sind.
•
Viele Metallkomplexe absorbieren im UV-,
sichtbaren und NIR Bereich und können nach
Anregung photochemische Reaktionen ergeben.
Vereinfachtes Orbitaldiagramm eines oktaedrischen
Übergangsmetallkomplexes mit verschiedenen
elektronischen Übergängen (siehe Wöhrle/Tausch/Stohrer,
Photochemie, Wiley-VCH 1998)
Substitutions- und Isomerisierungsreaktionen aus
angeregten Zuständen
• π π* Übergänge im Liganden und auch d-d Übergänge im Metall
(bzw. Metallion) führen nicht zu einer Änderung der Oxidationszahl des
Metalls, nur zu einer Änderung der Elektronendichteverteilung.
• Übergänge von bindenden (bei Metallen auch nicht bindenden) in
antibindende Zustände schwächen die Metall-Ligand Bindung. Damit
treten Substitutions- und Isomerisierungsreaktionen auf.
Die Selektivität der photochemischen Anregung
kann dazu verwendet werden, darüber zu bestimmen,
welches Produkt entsteht:
CoNH  N 
2
3 5
3
d6 Co3+ Komplex (high spin)
Absorptionspeak für grünes Licht: d-d Übergang
Absorptionspeak für UV: Ligand zu Metall charge-transfer Übergang
(e- wechselt vom N3- zum Co3+)
CoNH  N 
2
3 5
3
 H 2O  grünes Licht  CoNH3 4 H 2ON3   NH3
Bestrahlt man mit UV, so entstehen Co(II) und ·N3 (2 N3
2
3 N2)
Durch Änderung der Frequenz kann man statt einer LigandensubstitutionsReaktion eine Redoxreaktion erhalten.
Photochemische Einelektronenanregung führt zu einer
Spezies, die sowohl ein besseres Oxidationsmittel als
auch ein besseres Reduktionsmittel ist als die
ursprüngliche nicht angeregte Spezies.
Besseres Oxidationsmittel,
weil leeres Orbital
niedriger Energie
vorhanden.
Besseres
Reduktionsmittel, weil
hochenergetisches
antibindendes Elektron
vorhanden.
Quelle: Porterfield
Redox-Photochemie von Co3+ Komplexen (d6)
Co(III) Komplexe erfahren
charakteristischerweise
LMCT-Übergänge
(ligand-to-metal charge
transfer)
Dabei entstehen gegen
Substitution labile Co2+
Komplexe
Photoredoxreaktion
oft von Substitution
begleitet
diphos=bis-Diphenylphosphinoethan
+
H
L4Ir
H
+
h
-
H
L4Ir +
+
L4Ir
H
Hier werden keine freien H Radikale erzeugt, die extrem starke
Base H- kann das Proton aus der anderen Ir-H Bindung
abspalten.
+ H2
• Ein interessanter Komplex, der Charge-Transfer
Photoaktivierung erleiden kann, ist der 2,2‘ Bipyridyl-Komplex
des Ruthenium(II) (d6)
• Es gibt ihn mit derselben Stöchiometrie auch in den
Oxidationsstufen -1, 0, +1 und +3
G 0   N L  z  e  E 0
F  96485 C  mol 1  N L  e
Differenz der
Standardpotentiale in Volt
Die Spezies Ru(bipy)32+* ist
der angeregte Zustand,
der aus einem MLCT
Übergang hervorgeht
t2 g   *
-2.1
V
Obwohl der Ru2+ Komplex in
wässriger Lösung gegen
Disproportionierung stabil
ist, disproportioniert der
angeregte Zustand spontan
zu der stark oxidierenden
(3+) - Spezies und der stark
reduzierenden (1+) -Spezies.
Man kann den angeregten
Zustand (Triplett-Zustand)
Ru(bipy)32+* auch chemisch
herstellen,
indem man Ru(bipy)33+ in
wässriger Lösung mit Hydrazin
N2H4 reduziert. Es entsteht
zunächst Ru(bipy)32+*
Bei der Rückkehr zum (2+)Grundzustand wird ein
orangefarbenes Licht emittiert
(Chemolumineszenz bei λ=610
nm).
aus: D.F. Shriver and P.W. Atkins,
Inorganic Chemistry
Quelle: Wöhrle et al.
aus: Wöhrle/Tausch/Stohrer
Photochemie
Fluoreszenz-Sensor: Die Unterscheidung
zwischen Mg2+ und Ca2+ mittels eines
modifizierten Ruthenium-tris(bipyridyl)Metallrezeptors. Die Phosphonatgruppen
komplexieren Mg2+ (selektiv gegenüber
anderen Alkali- und Erdalkaliionen durch die
hohe Ladungsdichte bei Mg2+) unter
Fluoreszenzverstärkung. (aus, E. Riedel,
Moderne Anorganische Chemie, de Gruyter
2007).
DNA Sensor
(aus: E. Riedel, Moderne Anorganische Chemie, de Gruyter 2007).
Der Ru(bipy)2(tactp)-Komplex zeigt erhöhte
Lumineszenzintensität bei Interkalation des tactp-Rests in
destabilisierte, fehlgepaarte DNA.
tactp=4,5,9,18-Tetraazachrysen[9,10 b]triphenylen
Solare Wasserstoffproduktion mit einem Hydrogenase TiO2
Hybrid-System
Schematic representation of visible light-driven H2 production with Db
[NiFeSe]-H attached on ruthenium-dye sensitized TiO2
nanoparticles, in the presence of a sacrificial electron donor D.
Visible light irradiation (λ>420 nm) excites the Ru(bipy)3 photosensitizer, which injects electrons into the conduction band of TiO2 and
on to the hydrogenase, resulting in H+ reduction.
F. A. Armstrong, E. Reisner et al., Chemical Society Reviews, 2008
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