M8 – Ladungstransport in halbleitenden Polymeren1

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Universität Potsdam, Institut für Physik und Astronomie
Physikalisches Praktikum für Fortgeschrittene
22. Januar 2015
M8 – Ladungstransport in halbleitenden Polymeren1
Einleitung
Während anorganische Halbleiter aus unserem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken sind, ist das
Feld der organischen Elektronik noch vergleichsweise jung. So wurde erst 1987 von C.W. Tang die erste Dünnschicht-Leuchtdiode auf Basis von Kohlenwasserstoff-Verbindungen vorgestellt [1]. Anfang der
1990er Jahre wurde erstmals Elektrolumineszenz von Polymeren demonstriert [2].
Inzwischen hat sich die organische Elektronik als Fachgebiet zwischen Physik, Chemie und Materialwissenschaften zu einem dynamischen Feld hoch intensiver Forschung und Entwicklung ausgebildet.
Interessant sind die halbleitenden Polymere durch die Möglichkeit, die Vorteile von klassischen“ Kunst”
stoffen mit den Eigenschaften von Metallen und anorganischen Halbleitermaterialien zu kombinieren. Dies
sind insbesondere die große (mechanische und chemische) Flexibilität der Materialien, die kostengünstige
Herstellung und Verarbeitung und das geringe Gewicht.
Gegenwärtig ist die Leistungsfähigkeit der elektrischen und optoelektronischen Bauteile aus Polymeren
allerdings den etablierten Produkten meist noch unterlegen. So liegt der aktuelle Rekord von im Labor
gebauten organischen Solarzellen bei einem Wirkungsgrad von ca. 11%. Im Gegensatz dazu liegt dieser bei
kristallinen GaAs inzwischen bei knapp 30% [3]. Um die Leistungsfähigkeit im Hinblick auf Anwendungen
zu verbessern und zu optimieren ist es essentiell, die physikalischen Prozesse in den Bauteilen zu verstehen.
Diese Prozesse unterscheiden sich – trotz ähnlicher Effekte – oft deutlich von denen in anorganischen
(kristallinen) Halbleitern. Es müssen daher neue Konzepte entwickelt werden, um Phänomene wie den
Ladungstransport in organischen Halbleitern adäquat zu beschreiben. Dieser wird durch die sogenannte
Beweglichkeit bzw. Mobilität µ der Elektronen und der Löcher im Material beschrieben.
Gegenstand dieses Versuches bildet die Time-of-Flight-Methode (ToF) zur Untersuchung des Ladungstransportes. Mit dieser Technik können Aussagen über die Mobilität und den Einfluss von verschiedenen
Parametern, wie der Temperatur und des elektrischen Feldes, auf µ extrahiert werden. Auf der Grundlage
eines geeigneten Modells lassen sich Aussagen zur energetischen und räumlichen Unordnung im untersuchten Halbleitermaterial treffen.
1 Die erste Fassung dieser Anleitung stammt von Andreas Hünermund, das Programm zur Aufnahme der TOFTransienten wurde von Daniel Pinkal entwickelt.
1
Aufgaben
Sie erhalten mindestens zwei verschiedenartige Proben, deren Ladungstransporteigenschaften Sie untersuchen sollen. Die genaue Zusammensetzung der Proben und weitere technische Daten“ erfahren Sie am
”
Versuchsplatz.
• Bestimmen Sie eine geeignete Anregungswellenlänge für die TOF-Experimente und berechnen Sie
die Eindringtiefe des Lichtes bei dieser Wellenlänge.
• Machen Sie sich anhand einer ersten Probe mit dem Versuchsaufbau vertraut. Klären Sie den
Einfluss der verschiedenen Messparameter und Geräteeinstellungen auf die Stromtransienten.
• Ermitteln Sie die Raumtemperatur-Mobilität beider Ladungsträgersorten in Ihren Proben.
• Nehmen Sie für eine geeignete Probe und Ladungsträgersorte alle Daten auf, die zur Anwendung
des Bässler-Modells notwendig sind. Werten Sie Ihre Daten entsprechend aus und bestimmen sie
die Modellparameter.
• Diskutieren Sie ihre Ergebnisse und die Methode qualitativ.
Inhaltsverzeichnis
1 Aufgaben
2
2 Grundlagen
2.1 Konjugierte Polymere . . . . . . . . . . . . .
2.2 Ladungstransport in konjugierten Polymeren
2.3 Bedeutung der Mobilität . . . . . . . . . . . .
2.4 Das Bässler-Modell . . . . . . . . . . . . . . .
2.5 Experimentelle Bestimmung der Mobilität . .
2.6 Time-of-Flight-Methode . . . . . . . . . . . .
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2
2
5
6
7
8
9
3 Experimentelles Setup
3.1 Probenaufbau und verwendete Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Experimenteller Aufbau und Hinweise zum Experimentieren und Auswerten . . . . . . . .
12
12
12
4 Hinweise zu den Aufgaben
4.1 Optische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Untersuchung der Proben mittels TOF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
15
15
Literatur
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2
2.1
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Grundlagen
Konjugierte Polymere
Damit ein Material elektrische Leitfähigkeit zeigt, bedarf es beweglicher Ladungsträger. Diese sind in
Polymeren aufgrund der stark kovalent geprägten Bindungen in der Regel nicht vorhanden. Daher sind
die meisten Kunststoffe elektrische Isolatoren.
Eine Ausnahme bilden die sogenannten konjugierten Polymere, die sich durch alternierende Doppel- und
Einfachbindungen auszeichnen. Abbildung 2.1 zeigt einige Stoffe, die derzeit für technische Anwendungen
genutzt bzw. erforscht werden.
Quantenmechanische Rechnungen bezüglich der Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen in π-konjugierten Systemen zeigen, dass das Bild der lokalisierten Doppel- und Einfachbindungen falsch ist. Die
π-Orbitale der Doppelbindungen überlappen, so dass die entsprechenden Elektronen entlang der gesamten
2
2
GRUNDLAGEN
3
Abbildung 2.1: Übersicht über einige wichtige konjugierte Polymere. Sehr häufig basieren die
Monomere auf aromatischen und heteroaromatischen Grundbausteinen, wie Benzolderivaten oder
Thiophenen.
(1) Poly[2-methoxy-5-(2’-ethyl-hexyloxy)-1,4-phenylen-vinylen]; (2) Poly(9,9-dialkylfluoren); (3)
Poly(3-alkylthiophen); (4) “ladder-type“ poly(para-phenylen): R=H LPPP, R=CH3 : Me-LPPP;
(Abbildungen aus [4]) (5) Poly(9,9-dioctylfluoren-co-benzothiadiazol)(Abb. aus [5]).
Kette delokalisieren können. Entsprechend der Heisenbergschen Unschärferelation kann damit im zeitlichen Mittel die kinetische Energie gesenkt werden. Wenn der Abstand zweier benachbarter Polymerketten
klein genug ist und deren jeweilige konjugierte π-Systeme überlappen, können die Elektronen in einem
elektrischen Feld makroskopische Distanzen zurücklegen und so durch das Material transportiert werden
[6].
Um die Energie der Zustände in einem System zu ermitteln, ist die Schrödingergleichung für das System
zu lösen. Selbst für das einfachste denkbare Molekül, das Wasserstoffmolekülion H+
2 , kann diese jedoch
ohne Näherungen nicht analytisch gelöst werden. Für größere Moleküle mit vielen Kernen und Elektronen
ist dies dementsprechend noch weniger möglich. Aufgrund dieser Tatsache wurden im Laufe der Zeit eine
Reihe von Ansätzen eingeführt, die das Lösen der Schrödingergleichung ermöglichen sollen. Eine sehr
erfolgreiche und intuitiv leicht zugängliche Methode ist die der Linearkombination von Atomorbitalen2 .
Die Idee dieses Ansatzes besteht darin, (Atom-)orbitale der beteiligten Bindungspartner linear zu kombinieren. Kombiniert man beispielsweise die p-Orbitale zweier Kohlenstoffatome, so gibt es dabei zwei
Möglichkeiten: in Phase oder in Gegenphase. Aufgrund des größeren konstruktiven Überlapps der in
Phase angeordneten Orbitale liegt dieser Zustand energetisch günstiger und ist damit bindend. Der gegenphasige Zustand hingegen erhöht die Gesamtenergie des Systems und ist damit antibindend (siehe
Abbildung 2.2(a)).
Bei einem Molekül aus n Atomen sind mindestens n Atomorbitale3 linear zu kombinieren. Man erhält
eine entsprechende Anzahl an Molekülorbitalen, welche nach den Prinzipien von Pauli und Hund besetzt werden. Dieses Vorgehen wird sehr schnell sehr rechenaufwändig, weshalb insbesondere für das
qualitative Verständnis Näherungen angebracht sind. In Abbildung 2.2(b) sind als Beispiel die in der
Hückel-Näherung berechneten Molekülorbitale von 1,3-Butadien gezeigt. In dieser Näherung werden nur
die nicht hybridisierten pz -Atomorbitale der Kohlenstoffatome berücksichtigt. Bei einem Polymer, das
aus einigen tausend Atomen besteht, erhält man eine entsprechend große Zahl an Zuständen im Molekül.
Diese liegen dann so dicht aneinander, dass man sie zu einem Band“ zusammenfassen kann (siehe Ab”
bildung 2.2(c)). Dieses Band entspricht allerdings nicht exakt den Bändern in anorganischen Halbleitern
(siehe auch Abschnitt 2.2).
Im Bild der vollständigen Elektronen-Delokalisierung würde das delokalisierte Molekülorbital in Abbildung 2.2(c) mit einem Elektron pro Wiederholungseinheit halb besetzt sein. In Analogie zum Bändermo2 engl.:
linear combination of atomic orbitals (LCAO)
von Wasserstoff und Helium bringt jedes Atom mehr als ein Elektronenorbital in das Molekül ein.
3 Abgesehen
2
GRUNDLAGEN
4
(c)
E
C (sp2)
ethene
butadiene
hexatriene
poly-ene
ζ
n
*
Abbildung 2.2: (a) LCAO von zwei p-Orbitalen ( Ethen“). Die Linearkombination ergibt ein
”
bindendes und ein antibindendes Orbital. Werden diese mit Elektronen nach dem Pauli-Prinzip
aufgefüllt, ist der neue Zustand insgesamt energetisch günstiger. (b) Hückel-Molekülorbitale von
1,3-Butadien. Durch die Linearkombination der 4 beteiligten Atomorbitale entstehen 4 Molekülorbitale (Abbildungen aus [7]). (c) Energieniveaus in einer eindimensionalen Kette von N
[CH]-Einheiten. Der Abstand zwischen besetzten und unbesetzen Zuständen wird mit steigender
Anzahl der C-Atome immer kleiner, bis die Zustände im Polymer quasi kontinuierlich liegen und
zu einem Band zusammen gefasst werden können.
dell würde dies ein halb besetztes Band bedeuten. Demnach würde sich die Kette wie ein ein-dimensionales
Metall verhalten, welches jedoch nach dem Peierls-Theorem [8] nicht existieren kann. Eine Strukturänderung in der Kette, bedingt durch die Elektron-Phonon-Kopplung, führt zu einer Dimerisierung der
π-Orbitale. Dadurch verdoppelt sich die Länge der Wiederholeinheit.4 Dabei entsteht ein voll besetztes
π-Band und ein komplett leeres π ∗ -Band im Molekül. Da die Bandlücke Egap = E(π ∗ ) − E(π) in der
Regel nur einige eV beträgt, kann man diese Stoffe als Halbleiter einordnen.[9]
Abbildung 2.3: Peierls-Übergang. Übergang von vollständig delokalisierten zum dimerisieren
System. Dies führt zu einem vollständig besetzten π-Band und einem komplett leeren π*-Band
(Abbildung aus [9]).
Überschussladungsträger und damit einen elektrischen Stromfluss bei angelegtem Feld kann man nun
durch Injektion von Ladungsträgern von außen in das Material oder durch den inneren Fotoeffekt erhalten.
Ebenso wie bei anorganischen Halbleitern bewirkt auch die Anwesenheit von ionisierten Fremdatomen5
eine endliche Leitfähigkeit bei Raumtemperatur.
4 der
5 Im
sogenannte Peierls-Übergang, siehe auch Abbildung 2.3.
Fall einer gezielten Zugabe solcher Fremdatome spricht man von Dotierung“.
”
2
GRUNDLAGEN
2.2
5
Ladungstransport in konjugierten Polymeren
Wie eingangs erwähnt, sind viele Modelle aus dem Bereich der kristallinen Festkörper für polymere
Systeme nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt anwendbar.
In Kristallen, also Systemen mit hoher Nah- und Fernordnung, können die Elektronen mathematisch
als delokalisierte Blochwellenpakete beschrieben werden. Das periodische Potential der ionisierten Gitteratome führt zur Ausbildung von Bändern, die durch verbotene Zustände (die Bandlücken) voneinander
getrennt sind. Bewegliche Ladungsträger können sich in diesen Bändern mit einer im Vergleich zur Gitterkonstanten hohen mittleren freien Weglänge bewegen. Der elektrische Widerstand des Kristalls entsteht
durch Defekte im Gitter oder Wechselwirkungen mit Gitterschwingungen (Phononen) [10].
Dieses Konzept, welches auf einer periodischen, regelmäßigen Anordnung von identischen Grundbausteinen im Raum beruht, ist für Polymere nicht gültig.
Ein Polymer ist ein Makromolekül, welches aus der periodischen Wiederholung einer oder mehrerer
Grundbaueinheiten, dem/den Monomer(en) besteht. Im Gegensatz zum Kristall, wo die Grundbausteine
periodisch und regelmäßig im Raum angeordnet sind, bewirkt die Entropie, dass sich das Molekül zusammen knäult. Durch die nun nicht mehr vorhandene periodische Anordnung der Monomere im Raum
verliert man die hohe Fernordnung im System. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von amorphen
Festkörpern.
Der Unterschied zwischen amorph und kristallin wird durch den Vergleich von Beugungsbildern verdeutlicht. Abbildung 2.4 zeigt (idealisierte) Beugungsbilder (a) eines kristallinen und (b) eines amorphen
Festkörpers. In dieser Darstellung ist die radiale Verteilungsfunktion ρ(r) aufgetragen. Diese gibt die mittlere Zahl der Atome pro Längeneinheit im Abstand r von einem festen Ursprung an. In einem perfekten
Abbildung 2.4: Beugungsbild eines (a)kristallinen und (b)amorphen Festkörpers. a ist die Gitterkonstante im Kristall (Abbildung aus [11]).
Einkristall sieht man im Diagramm unendlich hohe, unendlich scharfe, diskrete Peaks in bestimmten
Abständen vom gewählten Ursprung. Diese kommen daher, dass man um jeden Punkt im Gitter andere Atome nur in bestimmten Abständen findet und sich diese regelmäßige Anordnung auch bei großen
Abständen vom Ursprung nicht ändert. Im amorphen Festkörper hingegen erkennt man eine ähnliche
Struktur nur bei sehr kleinen Abständen vom Ursprung. Bei größeren Entfernungen sind überhaupt keine
diskreten Peaks mehr erkennbar. In diesem System ist noch eine gewisse Nahordnung vorhanden, jedoch
existiert keinerlei Fernordnung mehr.
Die Knäulung des Polymers und die damit verbundene unperiodische Anordnung der Monomere bewirkt
nun aber auch Unterbrechungen im konjugierten π-System. Ursache für diese Bruchstellen können auch
Defekte oder Verunreinigungen im Material sein. Diese stammen z.B. aus der Synthese des Materials oder
aus der Präparation der Proben. Man erhält also nicht ein π-System entlang der Kette, sondern eine Vielzahl konjugierter Untereinheiten (engl.: sites), die sogenannten Chromophore (siehe Abbildung 2.5). Die
Länge der Chromophore ist dabei statistisch verteilt. Oft wird hierbei eine gaußförmige Längenverteilung
angenommen.
Die energetische Struktur der konjugierten Untereinheiten kann man mit dem quantenmechanischen Teil”
chen im Kasten“-Modell beschreiben. Die Länge des Kastens entspricht hierbei gerade der Länge des
2
GRUNDLAGEN
6
Abbildung 2.5: Darstellung eines konjugierten Polymers. Aufgrund von Defekten wird die Delokalisierung der π-Elektronen unterbrochen und die Konjugation zerfällt in einzelne ChromophorEinheiten (Abbildung aus [12]).
Chromophors. Durch die bekannte Beziehung zwischen Energie und Länge
En ∝
n2
L2
bewirkt die räumliche Unordnung demnach auch eine Verteilung der energetischen Zustände.
Der Transport von (Überschuss-) Ladungsträgern findet also nicht mehr in den Bändern statt, sondern
wird maßgeblich durch die Verteilung und Lage der lokalisierten Zustände beeinflusst [13]. Abbildung 2.6
zeigt einen möglichen Weg eines Ladungsträgers über diese lokalisierten Zustände.6 Aus der Darstellung
wird deutlich, dass bei der Bewegung des Ladungsträgers sowohl die energetische, als auch die räumliche
Unordnung in Betracht gezogen werden muss.
Abbildung 2.6: Schematische Darstellung eines möglichen Weges eines (Überschuss-) Ladungsträgers in einem elektrischen Feld über lokalisierte Zustände verteilt in (a) Raum, (b) Energie
und (c) Raum und Energie (Abbildung aus [13])
Ein Ladungsträger, der sich durch das Material bewegt, muss zwischen den lokalisierten Zuständen hüp”
fen“, um voran zu kommen. Dieser Prozess wird auch als hopping transport bezeichnet. Begünstigt wird
das Hüpfen durch die thermische Energie und Wechselwirkungen mit Phononen. Dies hat zur Folge, dass
die Mobilität mit steigender Temperatur zunimmt. Im Gegensatz dazu nimmt die Beweglichkeit beim
Bandtransport in geordneten Systemen bei ausreichend hohen Temperaturen ab7 .
Die Grenze zwischen Band- und Hüpftransport ist jedoch nicht scharf definierbar. Im Allgemeinen überwiegt der Hopping-Charakter, wenn die mittlere freie Weglänge auf die Größenordnung einer Wiederholeinheit schrumpft.
2.3
Bedeutung der Mobilität
Die Beweglichkeit der Ladungsträger ist von entscheidender Bedeutung für die Leistungsfähigkeit eines
Bauteils. Dabei ist der Transport der Ladungsträger im Material bei größerer Ladungsträgermobilität
effektiver.
6 An dieser Stelle soll auf die Doppelbedeutung des deutschen Begriffs Zustand“ hingewiesen werden. Im Englischen wird
”
zwischen states als Lösungen des Schrödingergleichung sowie sites als den Positionen, zwischen denen sich Ladungsträger
bewegen, unterschieden. Im Deutschen ist für beides der Begriff Zustand“ üblich. Wenn im Folgenden von energetisch oder
”
räumlich verteilten Zuständen die Rede ist, sind damit die englischen sites gemeint.
7 hier behindert die Elektron-Phonon-Wechselwirkung den Transport
2
GRUNDLAGEN
7
Mathematisch wird die Mobilität µ durch das Verhältnis zwischen der mittleren Driftgeschwindigkeit vD
der Ladungsträger und dem elektrischen Feld F definiert,
vD = µF.
(2.1)
Mit steigender Mobilität wächst also die mittlere Driftgeschwindigkeit der Ladungsträger. Damit erhöht
sich beispielsweise die Schaltgeschwindigkeit von Feldeffekttransistoren oder es können fotogenerierte
Ladungsträger in Solarzellen schneller abtransportiert werden.
Weiterhin bildet das Produkt aus Mobilität, Ladungsträgerdichte und Ladung die spezifische elektrische
Leitfähigkeit σj = qnµ. Die Leitfähigkeit ist der Proportionalitätsfaktor im geometriefreien“ Ohmschen
”
Gesetz j = σF mit der Stromdichte j. Eine höhere Mobilität bewirkt also, bei festgehaltenen anderen
Größen, eine Verbesserung der Leitfähigkeit und damit verbundene geringere elektrische Verluste im
Bauteil.
Die Effektivität des Ladungstransports, und damit die Größe von µ, hängt von vielen Parametern ab. Eine
Rolle spielen dabei die energetische und räumliche Unordnung, die Temperatur, das elektrische Feld, die
effektive Masse der Ladungsträger, die Ladungsträgerdichte, die Anwesenheit von Fallenzuständen etc.
Als Fallen(zustände) gelten (energetische) Zustände im Material, beispielsweise von Verunreinigungen
aus der Materialsynthese oder der Probenpräparation, die den Ladungsfluss behindern. Die Dichte der
Fallenzustände ist dabei deutlich kleiner als die der normalen“ Leitungszustände. Für ein Elektron wäre
”
eine Falle ein einzelner Zustand, der energetisch tiefer als das eigentliche Transportniveau liegt. Dieser
würde von einem freien Elektron besetzt werden, damit dieses seine Energie minimieren kann. In diesem
Zustand ist es dann aber sozusagen gefangen, weil Energie aufgewendet werden muss, damit wieder
das eigentliche Transportlevel erreicht werden kann. Je nach Tiefe der Falle und Größe der thermischen
Energie ergibt sich in diesem Zustand eine gewisse Verweilzeit für das Elektron (siehe Abbildung 2.7).
E
-
1
Leitungszustände
2
4
3a
3b
x
DOS
Fallenzustände
Abbildung 2.7: Mögliche Bewegung(en) eines Elektrons durch das Material bei Anwesenheit
von Fallenzuständen. Transport über lokalisierte Leitungszustände (1). Einfangen des Elektrons
durch energetisch günstigeren Fallenzustand (2). Falls Fallendichte hoch(und damit der Abstand
der Fallen klein), kann Transport zwischen Fallen stattfinden (3a). Ist deren Abstand allerdings
vergleichsweise groß, ist der Ladungsträger im Zustand gefangen (3b). Detrapping aus Fallenzuständen durch thermische Aktivierung (4).
Aufgrund der zahlreichen Einflüsse verschiedenster Parameter ist die Mobilität insbesondere in ungeordneten Systemen keine klassische Materialkonstante. Sie gilt vielmehr für einen Stoff in einem bestimmten
setting.
2.4
Das Bässler-Modell
Ein Modell für die Beschreibung der Mobilität in ungeordneten Systemen wurde von Bässler et al. entwickelt [14][15][16]. Im Folgenden wird das Grundkonzept des Modells kurz vorgestellt.
Der Ladungstransport erfolgt über lokalisierte Zustände. Die energetische Zustandsverteilung (DOS)8 der
8 Akronym
für engl.: density of states
2
GRUNDLAGEN
8
sites wird dabei durch eine Gaußfunktion
DOS(E) = √
1
E2
exp − 2
2σ
2πσ
approximiert, wobei σ die Breite der Verteilung ist und als Parameter der energetischen Unordnung
bezeichnet wird. Oft wird die energetische Verteilung auch diagonale Unordnung genannt.
Weiterhin entscheidend sind die Hüpfraten zwischen den lokalisierten Zuständen. Der Transfer von Zustand i nach j hängt dabei vom räumlichen Abstand Rij und dem energetischen Abstand Ej − Ei ab,
o
n
(
E −E
Ej > Ei
ν0 exp {−2αRij } exp − kjB T i
.
Wij =
ν0 exp {−2αRij }
Ej < Ei
Der erste Expotentialterm beschreibt den (räumlichen) Tunnelprozess, der durch den Überlapp der Wellenfunktionen (charakterisiert durch α) ermöglicht wird. Der zweite Exponentialterm berücksichtigt das
thermisch aktivierte Aufwärts“- Hüpfen zwischen den sites. Der Vorfaktor ν0 beschreibt die Sprungfre”
”
quenz“ der Ladungsträger zwischen den Zuständen.
Ebenso wie die energetische Verteilung wird auch die räumliche Verteilung der Zustände als statistisch
angenommen und durch eine Gaußverteilung beschrieben. Deren Breite Σ entspricht der räumlichen oder
auch nebendiagonalen Unordnung9 .
Analytisch kann das Problem nicht gelöst werden. Bässler et al. führten deshalb eine Monte-Carlo-Simulation durch. Dabei wurde eine Probe durch ein 70 × 70 × 70-Gitter simuliert, wobei Ladungsträger unter
Einfluss eines E-Feldes durch das Gitter migrierten. An die numerischen Ergebnisse zur Abhängigkeit der
Mobilität von T und E bei hohen Feldern wurde die Funktion
( "
#
)
( 2 )
2
√
σ
2 σ
2
exp C0
−Σ
E
(2.2)
µ = µ0 exp −
3 kB T
kB T
angepasst.10 Hierbei ist T die Temperatur, kB die Boltzmannkonstante, E das elektrische Feld, σ die
energetische Unordnung, Σ die räumliche Unordnung, C0 eine empirische Konstante und µ0 die Mobilität
in einem perfekt geordneten System bei T → ∞ und E → 0.
Mit Hilfe der Gleichung 2.2 und einer experimentell bestimmten Temperatur- und Feldabhängigkeit der
Mobilität lassen sich die Parameter der räumlichen und energetischen Unordnung bestimmen.[14]
2.5
Experimentelle Bestimmung der Mobilität
Die Bewegung von delokalisierten Ladungsträgern in Bändern führt zu deutlich höheren Mobilitäten als
das Hüpfen zwischen lokalisierten Zuständen, wie in Abbildung 2.8 dargestellt.
Mobilität in cm²/Vs
1E-6
1E-4
OLEDs(h)
1E-2
1
1E2
1E4
1E6
amorphes
Carbon
Si (e,h)
Nanotubes
Polykristallines
Si (e,h)
GaAs(e)
OFETs(h)
Ge (e,h)
Abbildung 2.8: Übersicht über die Mobilität verschiedener Stoffe/Systeme. Das (e) steht hier
für Elektronen und (h) für Löcher (eigene Darstellung nach [17])
9 Die Gaußverteilung beinhaltet nicht nur eine reine Abstandsvariation, sondern beschreibt vielmehr den Beitrag einer
site zur Variation des Überlapps zweier Zustände, die auch durch unterschiedliche räumliche Orientierung der sites zustande
kommen kann. Es wird also das – dimensionslose – Produkt αRij als gaußverteilt angenommen.n
√ o
10 Ziel war dabei, das experimentell gefundene Poole-Frenkel-artige“ Verhalten µ(E) ∝ exp −β E
sowie die expe”
rimentell beobachtete Temperaturabhängigkeit zu erklären. Außerdem sollten die Simulationsparameter σ und Σ sinnvoll
zurückgewonnen werden.
2
GRUNDLAGEN
9
In anorganischen Halbleitern wird die Mobilität üblicherweise über Leitfähigkeitsmessungen oder Messungen der Hallkonstanten ermittelt [10]. Aufgrund der sehr viel geringeren Mobilität sind diese Messungen
in polymeren Systemen nicht möglich. Hier existiert jedoch eine Vielzahl verschiedener anderer Methoden.
Das Grundprinzip aller dieser Methoden ist es, im Halbleiter Überschussladungsträger zu generieren und
deren Bewegung unter dem Einfluss eines angelegten elektrischen Feldes zu beobachten. Die Generierung
der Überschussladungsträger kann hierbei z.B. durch den inneren Fotoeffekt, durch elektrische Felder oder
Injektion von außen in das Material erfolgen.
Im Folgenden wird kurz die Bestimmung der Mobilität über organische Feldeffektransistoren (OFET)
vorgestellt, um exemplarisch auf einige Besonderheiten aufmerksam zu machen. Feldeffektransistoren
werden als Schalter in elektrischen Schaltkreisen eingesetzt. Abbildung 2.9 zeigt die prinzipielle Struktur
eines solchen Bauteils.
+
Source
+
-
-
Halbleiter
+ + + + + + + + + + + + ++
ISD
Isolator
Drain
----------------------------Gate
Abbildung 2.9: Querschnitt und prinzipielle Funktionsweise eines (O)FET. Zwischen der
Gate( Tor“)-Elektrode und der Halbleiterschicht mit der Source( Quelle“) und Drain( Senke“)”
”
”
Elektrode befindet sich eine Isolatorschicht. Durch eine angelegte Gate-Spannung kann der Stromfluss zwischen Source und Drain gesteuert werden.
Bei einem FET wird mit einer angelegten Spannung am Gate der Stromfluss zwischen Source und Drain
gesteuert bzw. geschaltet. Wird am Gate beispielsweise eine negative Spannung11 angelegt, werden sich
positive Ladungsträger an der Halbleiter/Isolator-Grenzschicht ansammeln. Damit bildet sich ein dünner,
leitfähiger Kanal zwischen Quelle und Senke aus. Durch eine moderate Spannung (0>VDrain >VGate ) am
Drain können Ladungen durch diesen Kanal transportiert werden, und es fließt ein Strom. Es lässt sich
also über Variation der Gate-Spannung ein Stromfluss an- und wieder ausschalten12 . Aus einer experimentell aufgenommenen Drainstrom-Drainspannung-Charakteristik lässt sich die Mobilität ermitteln[18].
Die erhaltenden Werte für µ sind dabei häufig einige Größenordnungen höher als in anderen Messungen
(siehe auch Abbildung 2.8). Ursache für diese Unterschiede ist die sehr hohe Ladungsträgerdichte n im
leitfähigen Kanal“ der FET. In elektrischen Bauteilen wie OLEDs oder organischen Solarzellen ist diese
”
allerdings deutlich geringer. Deshalb sind für die Beschreibung des Ladungstransportes in solchen devices Methoden geeigneter, in denen eine ähnlich niedrige Ladungsträgerdichte vorliegt. Dies gilt z.B. für
Time-of-Flight-Messungen, welche den Kern der experimentellen Arbeit in diesem Versuch darstellen.
2.6
Time-of-Flight-Methode
Der Aufbau der TOF-Proben entspricht dem eines Kondensators mit dem Polymer als Dielektrikum13
zwischen den Elektroden. Von diesen muss mindestens eine semi-transparent sein, damit Photonen in das
Material eindringen können.
Bei der TOF-Methode werden Elektron-Loch-Paare fotogeneriert. Die Anregung erfolgt dabei durch einen
Laserpuls. Die Schichtdicke d des Polymers sollte dabei deutlich größer sein als die idealerweise infinitesimal dünne Schicht dz der fotogenerierten Ladungsträger[17]. Die Wellenlänge des verwendeten Laserlichts
sollte demnach so gewählt werden, dass das zu untersuchende Material bei dieser Wellenlänge einen hohen
Absorptionskoeffizienten besitzt14 . Eine hohe Absorption hat nach Lambert-Beer eine geringe Eindringtiefe zur Folge. Entsprechend werden die generierten Elektronen und Löcher nur in einer sehr dünnen
Schicht nahe der Oberfläche erzeugt.
11 Traditionell
wird bei Feldeffekttransistoren die Source-Elektrode als Bezugspotential verwendet.
für organische FET typische Operationsmodus heißt Akkumulationsregime“.
”
13 Da organische Halbleiter üblicherweise nicht dotiert sind, weisen
sie auf Grund der hohen Bandlücke nur eine sehr
geringe intrinsische Ladungsträgerdichte auf – sie sind also fast Isolatoren.
14 Dementsprechend muss die Anregungsenergie größer als die Bandlückenenergie E
G sein.
12 Dieser
2
GRUNDLAGEN
10
Abbildung 2.10: Schematischer Aufbau eines TOF-Experiments. Der einfallende zeitlich δförmige Lichtimpuls erzeugt nahe der semi-transparenten Elektrode einen Film von Ladungsträgern der Dicke dz. Je nach Polung der angelegten Gleichspannung driften Elektronen oder Löcher
durch das Material (Abbildung aus [19]).
An die beiden Elektroden wird eine Gleichspannung angelegt. Dies hat zur Folge, dass eine Ladungsträgersorte direkt in die halbtransparente Elektrode extrahiert wird, wohingegen die entgegengesetzt
geladenen Ladungsträger als dünner Film durch das Material zur Gegenelektrode driften und diese nach
einer bestimmten Zeit τ , der so genannten Transitzeit, erreichen. Durch einfaches Umpolen der anliegenden Spannung lässt sich jeweils die Drift der Löcher oder der Elektronen beobachten. Das elektrische Feld
in der Probe wird dabei als homogen angenommen. Daher ist es wichtig, dass die Ladung in der dünnen
Schicht q viel kleiner ist als die Ladung Q auf den Elektroden (den Kondensatorplatten“).
”
Die Injektion weiterer Ladungsträger durch die Elektroden muss vermieden werden. Daher muss zwischen
den Austrittsarbeiten der Kontakte und den Transportniveaus des Halbleiters eine ausreichend hohe Energiebarriere bestehen. Abbildung 2.11 zeigt, was dies für die Lage der Fermienergie bzw. die Austrittsarbeit
der Elektrodenmaterialien bedeutet. Das höchste besetzte Molekülorbital (HOMO15 ) kann mit dem Valenzband in kristallinen Halbleitern verglichen werden. Da man bei TOF-Experimenten nur den Transport
der fotogenerierten Ladungsträger untersuchen will, dürfen keine Löcher in das HOMO injiziert werden,
demzufolge muss die Fermienergie der Elektroden energetisch ausreichend höher liegen als das HOMO.
Der umgekehrte Fall gilt für Elektronen und das LUMO16 . Für eine Untersuchung beider Ladungsträgertypen in der gleichen Probe sollten beide Elektrodenmaterialien eine Austrittsarbeit in der Mitte der
Bandlücke des zu untersuchenden Materials besitzen.
E
Vakuumniveau
EA
IP
φ1
φ2
LUMO
ΔEe
ΔEh
Elektrode 1
HOMO
Polymer
Elektrode 2
Abbildung 2.11: vereinfachtes Energieniveauschema für TOF-Proben. ϕ1,2 ist die Austrittsarbeit der Metallelektroden, IP das Ionisatonspotential und EA die Elektronenaffinität des zu
untersuchenden Polymers. Die Fermilevel der Kontakte sollten möglichst mittig in der Bandlücke
liegen. Durch die dann ausreichend großen energetischen Abstände von HOMO bzw. LUMO
∆Ee,h kann Injektion von Ladungsträgern durch die angelegte Spannung verhindert werden. Die
Bandverbiegung bei Kontakt der Niveaus ist aus Gründen der Einfachheit nicht mit dargestellt.
15 Akronym
16 Akronym
für engl.: highest occupied molecular orbital
für engl.: lowest unoccupied molecular orbital
2
GRUNDLAGEN
11
Messgröße ist der Fotostrom als Funktion der Zeit. Typische TOF-Transienten sind in Abbildung 2.12
gezeigt.
Abbildung 2.12: (a) nicht-dispersiver Transport und (b) dispersiver Transport, kleines Fenster
doppelt-logarithmische Darstellung. Die Transitzeit τ ist der Schnittpunkt der Fitgeraden von
Plateaubereich(2) und Abfall des Fotostroms(3)
Wie man in Abbildung 2.12(a) erkennt, steigt der Fotostrom am Anfang sehr stark an (1), fällt dann auf
einen relativ konstanten Wert ab (2), um dann nach einer gewissen Zeitdauer wieder auf das Niveau des
Dunkelstroms zu fallen (3). Dieser prinzipielle Verlauf der Kurven kann aus den vorherigen Beschreibungen
erklärt werden.
Der Peak am Anfang (1) stammt von der Ladungsträgersorte, die an der semi-transparenten Elektrode
direkt nach der Erzeugung extrahiert wird. Danach driften die verbleibenden Ladungsträger (der anderen
Art) durch das Material, was einen konstanten Verschiebungsstrom von einer Elektrode zur anderen
bewirkt17 . Erreichen die ersten Ladungen die Gegenelektrode, fällt der Fotostrom kontinuierlich ab, bis alle
Ladungsträger extrahiert sind (3). Bei der im Modell angenommenen Drift der unendlich dünnen Schicht
von Ladungsträgern müsste dieser Abfall unendlich schnell sein, da alle Teilchen zur selben Zeit extrahiert
werden. Die Transitzeit τ entspräche dann genau diesem Extraktionszeitpunkt. In realen Systemen werden
die Ladungsträger jedoch nie alle zugleich extrahiert.
Erste, unvermeidliche Ursache ist die Diffusion der fotogenerierten Ladungsträger. In der idealerweise unendlich dünnen Ladungsträgerschicht ist die Ladungsträgerkonzentration entsprechend (unendlich) hoch,
während sie außerhalb der Schicht Null sein sollte. Aufgrund dieses Konzentrationsunterschiedes werden
die Ladungsträger also aus der dünnen Schicht herausdiffundieren, das Paket verbreitert sich. In der Folge kommen die Ladungsträger zu leicht unterschiedlichen Zeiten an der Gegenelektrode an und werden
extrahiert, so dass sich eine endliche Extraktionszeit ergibt18 .
Zweite Ursache ist die Dispersion der Ladungsträger. Sie wird unter Anderem durch die Natur des HüpfTransports bedingt. Die Ladungsträger werden beim Hüpfen zwischen den sites Zustände bevorzugen,
die energetisch günstiger liegen. Diese befinden sich aber am Rand der Gaußverteilung, wo die Zustandsdichte geringer ist (siehe auch Abbildung 2.7). Somit werden die Ladungsträger im Laufe der Zeit immer immobiler[19]. Auch die Anwesenheit von Fallenzuständen im Material bewirkt eine Dispersion der
Schicht.
Aufgrund der Dispersion verringert sich die Mobilität der Ladungsträger. Damit verbreitert sich der ursprünglich gedachte dünne Film im Laufe der Zeit (siehe Abbildung 2.13) und die einzelnen Ladungsträger
erreichen zu verschiedenen Zeiten die Gegenelektrode. Um die Transitzeit τ aus den Transienten zu bestimmen, werden üblicherweise Tangenten an den Plateaubereich und den Abfall des Stroms gelegt. Die
Zeitkoordinate des Schnittpunktes der Tangenten wird als Transitzeit verwendet (Abbildung 2.12).
Häufig ist gerade in ungeordneten Systemen der Dispersionsgrad so hoch, dass der Übergang vom Plateau
in den abfallenden Bereich der Kurven nur noch in der doppelt-logarithmischen Darstellung auszumachen
ist (siehe Abbildung 2.12(b)). Der Transport in diesen Systemen wird dementsprechend auch als dispersiv
bezeichnet. Zu beachten ist, dass diese Transitzeit bei einem anderen Wert liegt als die aus der linearen
17 der
sogenannte Plateaubereich (2)
gleiche gilt natürlich auch für die real generierten, endlich breiten Ladungsträgerpakete. Zu beachten ist, dass dieser
Effekt auch bei Mobilitäten zu beobachten ist, die nicht von der Ladungsträgerdichte bzw. der Form der DOS abhängen.
18 Das
3
EXPERIMENTELLES SETUP
12
Abbildung 2.13: Verteilung der Ladungsträger als Funktion des Ortes ` zu verschiedenen Zeiten
t. G̃(`, t) ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich ein Ladungsträger zur Zeit t am Ort ` befindet.
Im Laufe der Zeit verbreitert sich die Verteilungsfunktion (Abbildung aus [16]).
Darstellung bestimmte.
Kennt man nun τ , lässt sich mit den bekannten Größen U und d nach Gleichung 2.1 die Mobilität
bestimmen.
3
Experimentelles Setup
3.1
Probenaufbau und verwendete Materialien
Das Substrat der im Praktikum verwendeten Proben besteht aus Glas. Es dient im Wesentlichen als
mechanischer Träger für die folgenden Schichten. Auf dem Glassubstrat befinden sich strukturierte semitransparente ITO19 -Elektroden. Es folgt eine Schicht des zu untersuchenden Materials20 Den Abschluss
bildet die Deck-Elektrode aus Aluminium21 . Die gesamte Präparation findet in einer inerten Stickstoffatmosphäre statt. Um die Proben vor Sauerstoff und Wasser zu schützen, werden sie mit einen dünnen
Glasplättchen verkapselt(siehe Abbildung 3.1). Dadurch wird eine Oxidation der Elektroden und der
ungesättigten Kohlenwasserstoffverbindungen durch den Luftsauerstoff verhindert.
3.2
Experimenteller Aufbau und Hinweise zum Experimentieren und Auswerten
Abbildung 3.2 zeigt schematisch den verwendeten Messaufbau.
Bei der verwendeten Laserquelle handelt es sich um einen Stickstofflaser (MNL 305, LaserTechnik Berlin)
mit gekoppeltem Farbstofflaser (UDL 200).
Der Stickstofflaser ist ein Superstrahler. Die Emission von Licht erfolgt durch Gasentladung in Folge
eines Hochspannungspulses. Das Besondere am Stickstofflaser ist seine Einfachheit - er kann prinzipiell
19 engl.
Akronym für Indium-Zinn-Oxid
meisten Polymere lösen sich gut in organischen Lösungsmitteln wie Chloroform, Toluol und Chlorbenzol. Die Lösung
wird auf das Substrat getropft und dieses in Drehbewegungen versetzt. Bei diesem sogenannten Aufschleudern verdampft
das Lösungsmittel, so dass eine dünne Polymerschicht auf dem Substrat verbleibt. Die Filme werden anschließend auf einer
Heizplatte getrocknet.
21 Diese wird im Hochvakuum durch thermisches Verdampfen aufgebracht.
20 Die
3
EXPERIMENTELLES SETUP
13
e c a
###
###
f db
Abbildung 3.1: Schematischer Probenaufbau. Blaue Flächen stellen die semitransparenten ITOElektroden dar, graue Flächen die Aluminiumelektroden. Der Polymerfilm (gelb) ist in der Draufsicht weggelassen. Die gepunktete Linie gibt etwa den Bereich der Verkapselung an. In den Seitenansichten sind die Schichtdicken stark überhöht. Es gibt zwei Varianten mit unterschiedlicher
ITO-Verteilung und entsprechend angepassten Aluminiumelektroden.
Oszilloskop
Photodiode
Laser
Verstärker
Probe
Spannungsquelle
Abbildung 3.2: schematischer experimenteller Aufbau
mit Stickstoff aus der Luft betrieben werden22 und funktioniert ohne kompliziertere (und teure) Bauteile
wie z.B. Resonatorspiegel. Die Lichtemission findet bei einer Wellenlänge von 337,1 nm, also im UV-ABereich, statt. Die Pulse haben eine zeitliche Halbwertsbreite von 3 ns. Die maximale Pulsenergie des
Lasers beträgt 80 µJ. Damit beträgt die mittlere Strahlungsleistung bei einer Pulswiederholrate von 50 Hz
zwar nur 4 mW, die Spitzenleistung im Puls liegt aber über 25 kW.
Der im Farbstoffmodul verwendete Farbstoff bestimmt dessen Ausgangswellenlänge, die in einem Bereich
von ca. 20-50 nm variiert werden kann. Dazu ist einer der Resonatorspiegel“ des Moduls als per Mi”
krometerschraube verstellbares Reflexionsgitter ausgeführt. Abbildung 3.3 zeigt den Zusammenhang von
Mikrometerschrauben-Einstellung und Ausgangswellenlänge. Derzeit wird Coumarin 307 eingesetzt, das
einen durchstimmbaren Wellenlängenbereich von 495-540 nm erlaubt.
Der Laser wird über einen externen Pulsgenerator (PeakTech 4055) getriggert. Der Pulsgenerator wird
beim Einschalten immer auf seine Standardeinstellungen gesetzt. Diese müssen vor dem Einschalten
des Lasers angepasst werden. Dazu steht ein kleines Programm (FuncGenControl) zur Verfügung.
Der Laser selber wird über einen schaltbaren Zwischenstecker ein- und ausgeschaltet.
Das Laserlicht wird über Spiegel auf den zu messenden Pixel gelenkt. Dabei sollte eine möglichst große
Ausleuchtung des Pixels angestrebt werden. Für die Messung wird der Zeitpunkt des Laserpulses als Zeitnullpunkt definiert. Dazu wird mittels eines Strahlteilers ein Teil des Anregungslichtes auf eine (schnelle)
Photodiode gelenkt. Deren Stromsignal dient zum Festlegen des Triggerpunktes23 am Oszilloskop. Im
Strahlengang befindet sich weiterhin ein reflektiver Graukeil zur Strahlabschwächung.
22 Der
MNL 305 verwendet eine eingebaute, geschlossene Stickstoffküvette.
Trigger sorgt bei einem periodischen Signal dafür, dass die einzelnen Signalperioden übereinander gezeichnet werden
(also auf einen Zeitpunkt getriggert werden) und so ein stehendes“ Bild am Oszilloskop entsteht.
”
23 Der
EXPERIMENTELLES SETUP
14
6 0 0
5 8 0
5 6 0
5 4 0
5 2 0
5 0 0
4 8 0
4 6 0
1 8 .4
1 8 .2
1 8 .0
1 7 .8
1 7 .6
1 7 .4
1 7 .2
D a te n p u n k te
2 3 2 9 .6 - 1 0 1 .3 3 x
1 7 .0
W e lle n lä n g e [n m ]
3
S k a la [m m ]
Abbildung 3.3: Abhängigkeit der Ausgangswellenlänge von der Mikrometerschraubenstellung
des UDL 200
Als Spannungsquelle dient ein Keithley 2410 SourceMeter, das die Probe mit einer Gleichspannung versorgt. Der zu messende Pixel sowie die Polarität werden durch Wahl der passenden Anschlüsse am Probenhalter ausgewählt. Der Fotostrom kann (und sollte) je nach Probe verstärkt werden, um anschließend
am Oszilloskop auswertbar dargestellt werden zu können.
Als einstellbarer Verstärker steht ein Femto DHPCA-100 zur Verfügung. Bitte achten Sie auf das overloadLämpchen. Blinkt dieses oder leutet es sogar kontinuierlich, ist die Verstärkung unbedingt zu verkleinern!
Generell sollte die Verstärkung so klein wie möglich gewählt werden, auch weil die Bandbreite des Verstärkers24 mit zunehmender Verstärkung sinkt. Die Schalter am Verstärker sollten auf folgenden Positionen
stehen, um den Verstärker mit dem Messprogramm steuern zu können:
• Der Drehschalter auf Remote
• Die Kippschalter auf
– GND (Masse)
– FBW (volle Bandbreite)
– DC (Gleichstrom)
Beachten Sie, dass die Proben mit relativ hohen Gleichspannungen versorgt werden (bis zu 1100V bei
kleinen Strömen). Rufen sie sich die Sicherheitsbelehrung noch mal in den Kopf.
Die Kurven können mittels eines Messprogramms aufgenommen werden. Mit dieser Software können sie
u.a. die angelegte Spannung, die Verstärkung sowie die Anzahl der Mittelungen für Hell- und Dunkelmessung wählen. Die horizontale und vertikale Auflösung des Oszilloskops sowie die Lage des Triggerpunktes
müssen direkt am Gerät eingestellt werden. Das Oszilloskop ist ein Yokogawa DLM2054.
Die am Computer aufgenommenen Kurven sollten umgehend nach der Messung in ein geeignetes Tabellenkalkulationsprogramm (z.B. Origin) geladen und dort analysiert werden. Ist das Ergebnis nicht
zufriedenstellend, sollte mit den Parametern wie der Verstärkung des Signals, der angelegten Spannung
und der Auflösung am Oszilloskop gearbeitet werden, bis auswertbare Transienten aufgenommen werden
können. Generell sollten die Transienten das Oszilloskopbild möglichst vollständig ausfüllen.
Das Signal/Rausch-Verhältnis kann mitunter relativ ungünstig sein, so dass das Finden der passenden
Einstellungen für quantitative Aussagen eine Hauptaufgabe sein wird.
Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Kurven immer mit der größtmöglichen Anzahl an Mittelungen
(1024) aufgenommen werden, um das Signal/Rausch-Verhältnis zu verbessern. Bei einer Laserpulsfrequenz
von 50 Hz dauert dementsprechend jede Messung ca. 20 s. Das Finden günstiger Einstellungen kann es
deshalb günstig sein, die Messung ohne Computerkontrolle kontinuierlich laufen zu lassen.
Wenn der Messplatz für längere Zeit verlassen wird, sollten der Laser sowie die Probenspannung abgeschaltet werden.
24 Diese
ist für jeden Verstärkungsfaktor auf dem Gehäuse aufgedruckt.
4
HINWEISE ZU DEN AUFGABEN
15
Die (umfangreichen) Messdaten sollten Sie (auch) auf ihrem Netzlaufwerk in der Praktikums-Domäne
ablegen, damit Sie dem Betreuer zur Verfügung stehen. Die Rohdaten sind in dieser Form Teil des
Messprotokolls.
4
Hinweise zu den Aufgaben
In dieser Anleitung stehen mit voller Absicht keine konkreten Angaben zu den zu untersuchenden Materialien. Die Materialien sowie weitere technische Daten“ finden Sie auf einem Handzettel am Versuchsplatz.
”
Sie können davon ausgehen, dass es sich bei den zu untersuchenden Materialien um konjugierte Polymere bzw. Mischungen mit/aus konjugierten Polymeren handeln wird. Sie erhalten mindestens 2 Proben
unterschiedlicher Zusammensetzung, deren Eigenschaften zu vergleichen sind.
4.1
Optische Eigenschaften
Bestimmen Sie eine geeignete Anregungswellenlänge für die TOF-Experimente und berechnen Sie die Eindringtiefe des Lichtes bei dieser Wellenlänge.
Die Auswahl einer geeigneten Wellenlänge erfolgt anhand eines zu messenden Absorptionsspektrums.
Die echten“ TOF-Proben haben Schichtdicken über 1 µm. Bei diesen Schichtdicken ist die Transmission
”
so gering, dass keine sinnvolle Absorptionsmessung mehr möglich ist25 . Aus diesem Grund erhalten Sie
zusätzliche Proben, bei denen die gleichen Materialien bzw. Mischungen als dünnere Schicht auf einem
Glassubstrat vorliegen.
Für die Schwächung von elektromagnetischer Strahlung beim Durchgang durch Materie gilt das LambertBeersche Gesetz
I(x) = I0 exp {−α(λ)x}
mit I0 als einfallender Intensität, I(x) als Intensität am Ort x sowie dem Absorptionkoeffizienten α(λ).
Das Absorptionsspektrum wird mit einem Zwei-Strahl-Spektrometer Lambda 2 von Perkin-Elmer aufgenommen. Im vorderen Strahl steht die zu untersuchende Probe und im hinteren eine Referenz (hier ein
reines Glassubstrat). Durch die Aufnahme einer sogenannten Baseline sind vor der Messung Unterschiede
zwischen den beiden Strahlengängen zu korrigieren. Diese Baseline-Messung wird leider nicht dargestellt,
aber für die anschließenden Messungen automatisch berücksichtigt.
Als Ordinate ist zweckmäßigerweise A“ wie Absorbance“ zu wählen. Dann wird die (dekadische) Ex”
”
tinktion26 Eλ ausgegeben. Es gilt: Eλ = log10 ( II0 ). Dabei ist I0 die im Referenzstrahlengang gemessene
Intensität und I die Intensität im Probenstrahlengang. Alternativ kann T“ wie Transmission“ gewählt
”
”
werden, dann wird der prozentuale Anteil des transmittierten Lichtes T = II0 · 100% ausgegeben. Beide
Größen können selbstverständlich ineinander umgerechnet werden.
Eine ausführlichere Bedienungsanleitung liegt am Gerät.
Aus dem aufgenommenen Spektrum lässt sich bei bekannter Schichtdicke die Eindringtiefe der Strahlung
bei der jeweiligen Wellenlänge bestimmen. Berechnen sie im Protokoll die Eindringtiefe, bei der die
einfallende Intensität auf 10% abgefallen ist.
4.2
Untersuchung der Proben mittels TOF
Machen Sie sich anhand einer ersten Probe mit dem Versuchsaufbau vertraut. Klären Sie
den Einfluss der verschiedenen Messparameter und Geräteeinstellungen auf die Stromtransienten.
Ziel dieser Aufgabe ist es, sich mit dem Messaufbau vertraut zu machen. Variieren sie die einstellbaren
Parameter wie Probenspannung, Messbereich und Zeitbasis am Oszilloskop, Anzahl der Mittelungen und
25 Das
ist ja gerade eine Grundvoraussetzung der TOF-Methode.
auch als Optische Dichte OD bezeichnet
26 manchmal
4
HINWEISE ZU DEN AUFGABEN
16
die Vorverstärkung solange, bis sie auswertbare Kurven erhalten und verstanden haben, wie die einzelnen
Einstellungen deren Form beeinflussen. Beobachten Sie auch, welchen Einfluss die Lichtintensität auf die
Kurvenform hat.
Sie sollten sich für diese Aufgabe die nötige Zeit nehmen, um den Aufbau zu verstehen, da dieses Verständnis unerlässlich dafür ist, die weiteren Aufgaben zu bearbeiten. Dazu kann es hilfreich sein, gezielt
Artefakte bzw. falsche“ Transienten zu erzeugen. Wenn Sie der Meinung sind, artefaktfreie Messkurven
”
aufgenommen zu haben, sollten Sie das überprüfen. Möglich sind beispielsweise eine erneute Aufnahme
mit kleinerer Verstärkung oder geringerer Lichtintensität.
Beschäftigen sie sich parallel mit der Auswertung der Kurven. Die in Abbildung 2.12 eingezeichneten
Tangenten lassen sich z.B. mit Origin manuell an die Transienten legen. Es steht Ihnen natürlich frei,
eine passende automatische Fitroutine zu entwickeln.
Ihr Hauptwerkzeug wird das Oszilloskop sein. Um elektrische Störungen, die v.a. vom Laser stammen,
zu minimieren, werden die Daten als Differenz zwischen beleuchteter27 und unbeleuchteter28 Probe aufgenommen. Diese Differenzbildung birgt ihrerseits die Gefahr von Artefakten. Es bietet sich an, diese
Artefakte während der Einarbeitung gezielt zu erzwingen, um ihre Auswirkungen kennenzulernen.
Für den untersuchbaren Spannungsbereich ergeben sich zwei technische Grenzen: Die niedrigste Spannung ergibt sich aus der Tatsache, dass auswertbare Transienten v.a. in Bezug auf das Grundrauschen
aufgenommen werden müssen. Die obere Grenze ist die Zerstörschwelle der Proben: Der unvermeidbare
Leckstrom sollte erstens so klein wie möglich sein und zweitens zeitlich möglichst konstant bleiben. Ein
steigender Leckstrom bei konstanter Spannung deutet auf die beginnende Zerstörung der Probe hin. Die
Grenzen sind für jeden Proben- und Ladungsträgertyp neu zu bestimmen, auch zwischen den einzelnen
Pixeln einer Probe kann es dabei Unterschiede geben. Für Auswertung und Diskussion29 kann es hilfreich
sein, die Leckströme zu notieren.
Diskutieren sie in der Auswertung die Form der Transienten und ziehen sie Schlüsse über die Art des
Transports für die jeweilige Ladungsträgerart. Überprüfen sie weiterhin die für das Modell notwendige Bedingung, dass die fotogenerierte Ladung q deutlich keliner ist als die Ladung Q = CU auf den Elektroden.
Nehmen Sie für die Dielektrizitätszahl des zu untersuchenden Materials εr ≈ 3 an.
Ermitteln Sie die Raumtemperatur-Mobilität beider Ladungsträgersorten in Ihren Proben.
Sie bekommen mindestens zwei Proben mit unterschiedlicher Zusammensetzung. Die genauen Probenarten erfahren Sie am Messplatz. Sie werden hier voraussichtlich stark unterschiedliche Ergebnisse für die
einzelnen Proben erhalten. Es ist zu empfehlen, sich vorher zu überlegen, welche Proben vermutlich die
am besten auszuwertenden Transienten liefern werden, und diese zuerst zu untersuchen. Das macht die
Suche des Plateaus in den Transienten bei den anderen Proben leichter. Diskutieren sie ihre Ideen mit
dem Versuchsbetreuer.
Es ist durchaus möglich, dass Sie nicht in jedem Fall auswertbare Transienten aufnehmen können. Geben
Sie jedoch nicht zu schnell auf. Auch wenn sie keine brauchbaren“ Transienten bekommen, sollten Sie
”
diese dokumentieren und ins Protokoll aufnehmen.
Diskutieren Sie die Veränderung der Mobilitäten in Abhängigkeit von der Probenzusammensetzung qualitativ. Geben Sie außerdem die von Ihnen aus den Transienten extrahierten Transitzeiten und Mobilitäten
tabellarisch an30 . Bieten Sie auch Erklärungsversuche an, wenn Sie einzelne Transienten nicht quantitativ
auswerten können31 .
Nehmen Sie für eine geeignete Probe und Ladungsträgersorte alle Daten auf, die zur Anwendung des Bässler-Modells notwendig sind. Werten Sie Ihre Daten entsprechend aus und
bestimmen sie die Modellparameter.
27 Hier
sind sowohl Probenstrom als auch Störung enthalten.
diesem Signal ist nur die Störung sowie der Leckstrom durch die Probe enthalten.
29 sowie im Interesse einer vollständigen Messprotokollierung
30 Alternativ genügt das Ablegen einer entsprechenden Textdatei in ihrem Ordner in der Praktikumsdomäne sowie ein
entsprechender Hinweis im Protokoll.
31 Diese sollten sich nicht auf schlechte Probe“ oder ungünstige Messparameter“ beschränken.
”
”
28 In
4
HINWEISE ZU DEN AUFGABEN
17
Diese quantitative Untersuchung ist für mindestens eine Probe und eine Ladungsträgersorte durchzuführen. Entscheiden Sie anhand der vorherigen Messungen, welche Probe sich am Besten eignet und
diskutieren Sie Ihre Auswahl mit dem Betreuer.
Nehmen sie für mindestens 7 verschiedene Temperaturen Daten für jeweils etwa 10 verschiedene Spannungen auf. Der zugängliche Temperaturbereich beginnt bei Raumtemperatur, die obere Grenze ist probenspezifisch.
Für diese Messung verbinden sie den Probenhalter mit dem Heizer OLH06. Mit den entsprechenden
Kippschaltern können sie die Probe heizen oder zur schnelleren Abkühlung auf Raumtemperatur einen
Lüfter zuschalten. Betreiben sie Heizer und Lüfter nicht gleichzeitig.
Die am Heizer eingestellte Temperatur stimmt nicht exakt mit der auf dem Substrat überein. In Abbildung
4.1 finden sie einen Vergleich der eingestellten Sollwerte mit der tatsächlich auf der Probe vorherrschenden
Temperatur32 .
1 6 0
Ist-Temperatur
am Pixel
[◦ C]
29,0
46,8
65,9
86,4
109,1
123,5
H e iz
P ro b
P ro b
P ro b
4 .4 4
1 4 0
1 2 0
Is t [° C ]
SollTemperatur
[◦ C]
29
50
75
100
125
150
1 0 0
e r
e n
e n
e n
+
m itte
r a n d m in
ra n d m a x
0 .8 5 2 x
8 0
6 0
4 0
2 0
2 0
4 0
6 0
8 0
1 0 0
1 2 0
1 4 0
1 6 0
S o ll [° C ]
Abbildung 4.1: Soll- und Isttemperaturen des Probenheizers sowie Streuung über die Fläche
einer Probe“ (Glassubstrat).
”
Stellen Sie im Auswerteprotokoll die Mobilität in Abhängigkeit vom elektrischen Feld bei den von Ihnen
gemessenen Temperaturen grafisch dar. Auch diese Transitzeiten und/oder Mobilitäten sollten tabellarisch
bzw. in einer Textdatei angegeben werden.
Die Parameter im Bässler-Modell (2.2) sind die energetische Unordnung σ, die räumliche Unordnung Σ,
der Vorfaktor µ0 sowie die Konstante C0 . Überlegen Sie eine für die Auswertung geeignete Darstellung
und Aufbereitung ihrer Daten und der Bässler-Formel. Stellen Sie die Graphen dar, die Sie benötigen,
um die gesuchten Parameter zu ermitteln. Beschreiben Sie den Weg, diese zu bestimmen und geben deren
Größen an.
Diskutieren Sie ihre Ergebnisse und die Methode qualitativ.
Diskutieren Sie zum Abschluss des Protokolls Ihre Ergebnisse (und die Methode). Wo liegen Stärken und
Schwächen, wo sind Abweichungen und Fehler in den ausgewerteten Daten und was sind deren Ursachen?
Trennen Sie dabei nach methodischen Ursachen und dem Einfluss Ihrer speziellen Proben.
32 Gemessen
auf der Oberfläche eines Glassubstrates
LITERATUR
18
Literatur
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Diplomarbeit, Universität Potsdam, 2008.
[19] S. Bange. Transient Optical and Electrical Effects in Polymeric Semiconductors. Dissertation,
University of Potsdam, 2009.
Zur Vor- und Nachbereitung sowie zum Anfertigen des Protokolls sind die Publikationen von Borsenberger
et al. [14] und Tessler et al. [13] sowie auch das Buch von Schwoerer und Wolf [16] empfehlenswert. Das
Buch finden Sie in der Universitätsbibliothek, die Publikationen auf den Seiten des PPF.
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