Empfehlungen zur Anbietung und Übergabe elektronischer Unterlagen an die Thüringischen Staatsarchive Version 3.3 Stand: 10.12.2013 1. Geltungsbereich 1.1 Die im Thüringer Archivgesetz festgeschriebene Anbietungspflicht1 gilt auch für das in elektronischer Form generierte Schriftgut (im Folgenden „elektronische Unterlagen“). Diese Empfehlung regelt die Anbietung und Übergabe der elektronischen Unterlagen durch die Behörden des Freistaats Thüringen an die Thüringischen Staatsarchive. 1.2 Elektronische Unterlagen sind genuin digital vorliegende Urkunden, Akten, Einzeldokumente aus Dateisammlungen wie Schriftstücke, Karten, Pläne, Bild- und Tondokumente, Tabellenkalkulationen, E-Mails und sonstige Aufzeichnungen sowie die zugehörigen beschreibenden, erhaltenden und verwaltenden Metadaten.2 1.3 Anzubieten sind auch Datenbanken und Fachanwendungen, die einer laufenden Aktualisierung unterliegen. Die Übernahme von archivwürdigen Daten erfolgt hier in einem bestimmten zeitlichen Turnus, der in Absprache mit dem zuständigen Staatsarchiv festgelegt wird. 2. Übernahmeformate digitaler Objekte 2.1 Die im Folgenden aufgeführten Dateiformate für die Übergabe elektronischer Unterlagen sind i. d. R. nicht-proprietäre technische Formate, die sich in den letzten Jahren als „Quasi-Standards“ durchgesetzt haben. a) E-Akten, in DMS geführte elektronische Akten, sind nach dem im System hinterlegten Aussonderungsprozess zu übergeben. Die Primärdokumente werden in PDF/A-1 oder PDF/A-2, die Metadaten zu den Primärdaten im XML-Format (XDOMEA-Standard ab Version 2.0) ausgesondert. Ein vorhandener Geschäftsgang und Signaturen müssen aus den Metadaten hervorgehen. Vorschlüsselungen (Zertifikate, beweiswerterhaltene Maßnahmen) sind vor der Übergabe zu entfernen und ihr ursprüngliches Vorhandensein in den Metadaten entsprechend zu dokumentieren. b) Textdokumente, textbasierte Daten, wie bspw. einzelne Dateien aus MS OfficeAnwendungen, sind in den Dateiformaten PDF/A-1 oder PDF/A-2 zu übergeben. c) Tabellendaten, zahlenbasierte Daten ggf. mit hinterlegten Formeln, z. B. MS ExcelKalkulationsdateien, sind in Abhängigkeit ihres Nutzungszwecks dem zuständigen Staatsarchiv in folgenden Dateiformaten bereitzustellen (bevorzugte Archivierungsformate werden unterstrichen dargestellt): CSV, XML, XLS, XLSX, ODS. 1 2 Vgl. Thüringer Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut (1992), Thüringer Archivgesetz / ThürArchivG vom 23. April 1992 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Thüringen Nr. 10/1992, S. 139143), § 11. Vgl. ebd., § 2 Abs. 3. Die dort einbezogenen „Träger von Daten“ werden in dieser Richtlinie weiter spezifiziert. Metadaten sind als „Hilfsmittel für die Ordnung, Benutzung und Auswertung“ dem übernehmenden Archiv zu übergeben. Seite 1 von 4 d) Multimediadaten, graphische und audiovisuelle Dateien, sind in folgenden Standardformaten zu übergeben (bevorzugte Archivierungsformate werden unterstrichen dargestellt): Fotos/Grafiken: Audio: Video: TIFF, JPEG2000, JPEG, BMP, PNG; WAVE, FLAC, MP3, OGG; MJPEG2000, MJPEG, AVI, FLV, WMV. e) Daten aus Fachanwendungen, Inhalte aus relationalen Datenbanken, sind so zu übernehmen, dass ihr primärer Nutzungszweck dokumentiert und nachvollziehbar ist. Abhängig von Struktur und Tabellenverknüpfungen sind folgende Dateiformate zulässig (bevorzugte Archivierungsformate werden unterstrichen dargestellt): SIARD, XML, CSV und TXT im ASCII-/ UNICODE-Format, SQL. Der Übergabe ist eine Dokumentation der Fachanwendung beizufügen sowie Angaben über den Verlauf des Datenexports, vorzugsweise in Form eines Protokolls. f) Geodaten, komplexe Daten aus Geoinformationssystemen bzw. Daten mit Georeferenzierungen, werden ausschließlich nach vorheriger organisatorischer und technischer Absprache mit dem zuständigen Staatsarchiv übergeben, um die vorhandenen Datenreferenzierungen bzw. integrierten Objekte für die Archivierung bestmöglich zu erhalten. g) Netzressourcen, Internet- und Intranetauftritte, sind inklusive der internen Links im HTML-Format, mit integrierten Fotos/Grafiken, Audio- und Videodateien verfügbar zu machen. Die öffentlich zugänglichen, als archivwürdig bewerteten Netzressourcen werden i. d. R. direkt durch das Archiv archiviert, wobei diesbezüglich technische Absprachen mit den Verantwortlichen und Betreibern der Netzressourcen erforderlich sein können. 2.2 Weitere Dateiformate dürfen nur in Absprache mit dem zuständigen Staatsarchiv angeboten werden, da die Wahl des Dateiformats maßgeblich die dauerhafte Erhaltung der digitalen Objekte beeinflusst. Bei Einführung von IT-gestützten Verfahren ist das zuständige Staatsarchiv zur Abstimmung von Übernahmeformaten hinzuzuziehen. 2.3 Zugriffsschutzmechanismen auf die elektronischen Unterlagen (Passwörter oder Sperren) sind vor der Anbietung bzw. Übergabe aufzuheben. Eine Verschlüsselung der Daten erfolgt nur zum Zweck der Übergabe (siehe dazu Pkt. 3). 3. Anforderungen an Übergabemedien und Übertragungswege 3.1 Insbesondere personenbezogene und sicherheitsrelevante Daten sind für den Austausch zwischen Behörde und zuständigem Staatsarchiv zu verschlüsseln. Dabei sind die verschlüsselten Daten und die Passworte unabhängig voneinander und durch getrennte Medien zu übertragen. Das anzuwendende Verschlüsselungsverfahren ist mit dem zuständigen Staatsarchiv abzustimmen. 3.2 Innerhalb des Corporate Network (CN) des Freistaates Thüringen ist die Übertragung von Angebots- und Abgabelisten bzw. der elektronischen Archivalien in freigegebene Laufwerksordner des zuständigen Staatsarchivs ausschließlich über eine verschlüsselte Verbindung zulässig. Diese werden auf Antrag des Staatsarchivs durch das Thüringer Landesrechenzentrum (TLRZ) zwischen abgebender Behörde und dem zuständigen Staatsarchiv in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Seite 2 von 4 Möglichkeiten geschaltet. Es ist möglich, zwischen einer abgebenden Institution außerhalb des CN und dem zuständigen Staatsarchiv ein VPN (Virtual Private Network) durch das TLRZ aufbauen zu lassen. 3.3 Die Übergabe elektronischer Unterlagen mittels physischer Datenträger außerhalb des CN kann nach angemessener Verschlüsselung auch eigenhändig, persönlich oder mittels des Thüringer Behördenkuriers erfolgen. Die dafür zu verwendenden Medien sind vor der Übergabe mit dem zuständigen Staatsarchiv abzustimmen. 4. Übergabeverfahren 4.1 Die Anbietung elektronischer Unterlagen erfolgt i. d. R. nach Ablauf der festgelegten Aufbewahrungsfristen gemäß der „Richtlinie über die Aufbewahrung von Akten und sonstigem Schriftgut in der Verwaltung des Freistaats Thüringen“ in der Fassung vom 06.11.20123 (im Folgenden „Aufbewahrungsrichtlinie“). Dafür ist von der anbietenden Stelle ein Aussonderungsverzeichnis4 (Anbietungsliste) gemäß Anlage 1 der Aufbewahrungsrichtlinie zu erstellen, das wenigstens folgende Angaben enthält: a) b) c) d) Laufende Nummer Ordnungszeichen der Behörde (Aktenzeichen) Inhalt (Aktenbetreff) Laufzeit (Datierung von / Datierung bis) 4.2 Die Erfordernis zur Erhebung darüber hinausgehender Metadaten sollte mit dem zuständigen Staatsarchiv frühzeitig abgestimmt werden. 4.3 Die Anbietung von Unterlagen aus DMS erfolgt i. d. R. nach dem zweistufigen oder vierstufigen Aussonderungsverfahren.5 4.4 Die abgebende Stelle trägt die Verantwortung für die Schaffung von Export- und Aussonderungsmöglichkeiten für Daten aus behördlichen Fachanwendungen. Die Staatsarchive stehen den Behörden bei Bedarf beratend zur Seite. 4.5 Das zuständige Staatsarchiv teilt der anbietenden Stelle innerhalb eines Jahres mit, welche der angebotenen Unterlagen archivwürdig sind. 4.6 Die abgebende Stelle übermittelt dem zuständigen Staatsarchiv die archivwürdigen Unterlagen unter Einhaltung der unter 2. und 3. festgelegten Dateiformate und Übergabemedien. 4.7 Das zuständige Staatsarchiv prüft die Vollständigkeit und Lesbarkeit der übermittelten Unterlagen. Es bestätigt die Übernahme schriftlich binnen drei Monaten nach Abgabe. Erst nach Eingang der schriftlichen Empfangsbestätigung des Staatsarchivs sind die ausgesonderten elektronischen Unterlagen, die in der abgebenden Stelle 3 4 5 Richtlinie vom 3. Januar 2008 (Thüringer Staatsanzeiger Nr. 4/2008), geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 6. November 2012 (Thüringer Staatsanzeiger Nr. 49/2012). Vorlagen für Aussonderungsverzeichnisse sind online verfügbar unter: http://www.thueringen.de/th2 /staatsarchive/behoerdeninformation/aussonderungsverzeichnisse/, letzter Zugriff: 15.12.2013. Vgl. dazu: „DOMEA-Konzept 2.1 – Dokumentenmanagement und elektronische Archivierung im IT-gestützten Geschäftsgang“ (online verfügbar unter: http://www.verwaltung-innovativ.de/SharedDocs/Publikationen/ Presse__Archiv/domea_konzept_organisationskonzept_2_1.html?nn=4516740, letzter Zugriff: 05.12.2013), insbesondere das Erweiterungsmodul 5 „Aussonderung und Archivierung elektronischer Akten“ (online verfügbar unter: http://www.verwaltung-innovativ.de/SharedDocs/Publikationen/Presse__Archiv/domea_ konzept_aussonderung_und_archivierung_elektronischer_akten.html?nn=4516740, letzter Zugriff: 05.12.2013), bzw. seit 2012 das „Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit“ (online verfügbar unter: http://www.verwaltung-innovativ.de/DE/E_Government/orgkonzept_everwaltung/orgkonzept_ everwaltung_node.html, letzter Zugriff: 05.12.2013). Seite 3 von 4 vorgehalten werden, zur Löschung freigegeben.6 Die Löschung der auszusondernden Unterlagen der Behörde ist datenschutzrechtlich vorgeschrieben und schließt gleichsam eine Datenänderung der Behörde nach Übermittlung der archivwürdigen Daten an das zuständige Archiv aus. Es muss jedoch zuvor dem Staatsarchiv die Möglichkeit eingeräumt werden, die Daten zu überprüfen, um im Fall der Unvollständigkeit oder Nicht-Lesbarkeit der Daten eine erneute Übertragung veranlassen zu können. Ausgenommen von dieser Regelung sind die unter 1.3 genannten Datenbanken und Fachanwendungen, die einer laufenden Aktualisierung unterliegen. 4.8 6 Die abgebende Stelle und das übernehmende Staatsarchiv stellen sicher, dass die auf physischen Datenträgern vorliegenden Kopien der elektronischen Unterlagen nach der erfolgreichen Übernahme in das Digitale Magazin vollständig gelöscht werden. Physische Datenträger werden entweder vom zuständigen Staatsarchiv physisch vernichtet oder unter Einhaltung der unter 3.3 getroffenen Regelungen an die abgebende Einrichtung zurückgegeben. Vgl. Thüringer Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut (1992), Thüringer Archivgesetz / ThürArchivG vom 23. April 1992 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Thüringen Nr. 10/1992, S. 139143), § 11, Abs. 3. Seite 4 von 4