Metallkomplexe als Cytostatika

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Metallkomplexe
als Cytostatika
Seminar Metallorganische Reagenzien
29.01.2009
Andrej Jackel, Christoph Schlipf
Gliederung
1.
Einleitung
a)
Krebs
b)
Cytostatika
2.
Cytostatische Platin-Komplexe
3.
Cytostatische Ti-Komplexe
4.
Zusammenfassung
Krebs
Sammelbegriff für Vielzahl verwandter Krankheiten
Körperzellen wachsen unkontrolliert, teilen sich und
verdrängen bzw. zerstören gesundes Gewebe
Grund:
Störung des genetisch geregelten Gleichgewichts zwischen
Zellzyklus (Wachstum und Teilung) und Zelltod (Apoptose)
Kennzeichen von Krebszellen
Anhäufung weiterer Mutationen stören DNA-Reparatur
Unkontrolliertes Wachstum durch Mutationen in
Signaltransduktion und Zellzyklus
Aktivierung der Telomerase Zellen können sich beliebig oft
teilen
Kein apoptotischer Zelltod
Metastasenbildung Durchbrechen der Basallamina
Tumorbehandlung
Operation
Strahlentherapien
Medikamentenbehandlung:
Cytostatika („Chemotherapie“)
Hormontherapie
Hemmung des Blutgefäßwachstums
Immuntherapie
Cytostatika
Abtötung von Zellen, Hemmung von Zellwachstum und
Zellteilung
Warum werden Krebszellen bevorzugt angegriffen?
Hohe Proliferationsrate der Tumorzellen
Höhere effektive Wirkstoffkonzentration in den Tumorzellen
(Unterschiede in der Aufnahme und metabolischen
Aktivierung/Inaktivierung)
Veränderte Zellzyklus-Regulation nach DNA-Schaden
Erhöhter Eisengehalt mancher Tumore
erhöhter oxidativer Stress
Einfluss der Proliferationsrate
Cytostatika greifen DNA an – stören Stoffwechselvorgänge bei
Zellteilung und -wachstum
Schnell proliferierende Zellen Kurze Zeit für DNA-Reparatur
höhere Wahrscheinlichkeit, dass DNA bei Zellteilung
beschädigt ist
Tumorzellen haben zusätzlich noch eingeschränkte
Reparaturkapazität
Einteilung von Cytostatika
Alkylierende Substanzen:
Senfgasderivate
Metallkomplexe
Nitrosoharnstoffderivate
Antimetabolite:
Folsäureanaloga
Pyrimidinanaloga
Purinanaloga
Naturstoffe:
Vinca alkaloide
Epipodophyllotoxine
Antibiotika (z.B. Anthracycline)
Hormone und Hormonantagonisten
Immunomodulatoren
Variation der Metalle:
Pt, Ru, Rh, Pd, Ga, Ge, Ti, V, Fe, Cu, Au, …
Variation der Liganden
Cytostatische Platin-Komplexe
Hauptrepräsentant: das Cisplatin
(cis-Diammindichloroplatin-(II))
Zufallsentdeckung im Jahre 1965
1978 Einführung in die Klinische Praxis
Seitdem breiter Einsatz zur Tumorbehandlung
Entwicklung neuer und verbesserter
Cisplatinderivate
H3N
Cl
Pt
H3N
Cl
Strukturelle Voraussetzungen
Planare oder oktaedrische Molekülgeometrie
Elektroneutralität der Komplexmoleküle nach außen
Zwei negativ geladene Abgangsgruppen in cis-Stellung
Zwei Ammoniak- oder Amin-Liganden in trans-Stellung zu den
Abgangsgruppen
Wirkmechanismen
Wirkungsspektrum, Nebenwirkungen
Urogenitaltumoren und Kopf-, HalsTumoren
Kombinationstherapie
Aufgrund ungenügender Tumorspezifität und Toxizität auftretende
Nebenwirkungen:
- erhebliche strukturelle Schädigung
der Nieren
- Schädigung der Schleimhaut des
Magen-Darm-Trakts
- geringe Knochenmark-Toxizität
Weitere cytostatische Platinverbindungen
Weltweit (Cisplatin, Carboplatin, Oxaliplatin) und regional (Nedaplatin, Lobaplatin, Heptaplatin)
zugelassene Platinverbindungen zur Behandlung von Krebs
Weitere cytostatische Platinverbindungen
Weltweit (Cisplatin, Carboplatin, Oxaliplatin) und regional (Nedaplatin, Lobaplatin, Heptaplatin)
zugelassene Platinverbindungen zur Behandlung von Krebs
Platinkomplexe der 2. Generation
Carboplatin:
- reduzierte Neuro- und Nephrotoxizität
im Vergleich zu Cisplatin
- weniger Übelkeit/Erbrechen
- mehr Knochenmark-Toxizität
Oxaliplatin:
- Schnelle Ausbildung der Addukte
- Keine Nephrotoxizität
- Keine Kreuzresistenz zu Cisplatin
- Zusätzlich Wirkung gegen Dickdarmkarzinom
Beispiel eines neuen
Pt-Komplexes
Ziel: Erhöhung der selektiven
Therapie von Lebertumoren
Unerwartete Entdeckung: hohe
Wirksamkeit in humanen
Cisplatin-sensitiven und -resistenten
testikulären Keimzelltumorzelllinien
Mechanismus der Apoptoseinduktion
unter gegenwärtiger Erforschung
Cytostatische Titan-Komplexe
Bekanntester Vertreter:
Titanocendichlorid
Mechanismus der Medikamentenwirkung
noch nicht voll verstanden aktive Ti(IV)-Spezies sollte beteiligt sein
Hypothesen für Wirkung:
Hemmt die DNA-Synthese
Bindet kovalent an DNA
Bindung über Phosphat-Rückgrat
Zelluläre Aufnahme vermittelt durch das Eisentransportprotein Transferrin
Ti(Cp)2Cl2 und andere Metallocene hemmen Enzym Topoisomerase
Titanocendichlorid
Vielversprechende Ergebnisse bei
Tierversuchen und Phase I klinischen Studien
Nebenwirkungen betreffen hauptsächlich die Leber
Cisplatin
Nieren
Organische Cytostatika
Knochenmark
Kombination wäre möglich
Geringe Aktivitäten in Phase II Studien
Im Vgl. zu Cisplatin: 1000-fach geringere Toxizität
Geringe Löslichkeit in wässrigen Medien
Hydrolytische Instabilität unter physiologischen Bedingungen
70-80% Plasmaproteinbindung (Albumine, Globuline)
Cytostatikum wird deaktiviert
Ti(Cp)2Cl2 – Hydrolyse
Hydrolyseempfindlichkeit
(Halogen-Liganden und
Cp-Liganden)
Verabreichung in
spezieller Form (z. B. 10%
DMSO/Salzlösung (pH ≈
3), lyophilisiert, …)
Reduzierte toxische
Eigenschaften
Ti(Cp)2Cl2 – WW mit DNA
Mögliche in vivo-Koordinationskomplexe mit DNA oder
Nukleotiden (aus in vitro-Studien):
Ti(Cp)2Cl2 – Antitumor-Wirkung
Mechanismus noch nicht voll verstanden
Hydrolyseprodukte: verminderte Antitumor-Wirkung
Lipide, Proteine und Plasmabestandteile möglicherweise an Stabilisierung und Transport
im Blut beteiligt
Ti(Cp)2Cl2 löslich und stabil in wässriger Lipid-Emulsion – Antitumor-Wirkung bleibt
erhalten
Cp-Ringe sind für Aktivität notwendig
Mögliche Rolle: Hydrophobe Umgebung für Metall – erleichtert Membrantransport vor
der Freisetzung der aktiven Spezies
Cp-Ti-Bindung muss gewisse Labilität aufweisen, damit aktive Spezies freigesetzt
werden kann – Verhinderung einer zu schnellen Hydrolyse
Titanocene –
Struktur-Aktivitäts-Beziehungen
Metallocene: Drei Variationsmöglichkeiten
1)
Übergangsmetall M
2)
Halogenliganden X
3)
Cyclopentadienylliganden (Rest R)
Titanocene –
Variation der Halogenliganden
Keine signifikante Beeinflussung der AntiTumor-Eigenschaften
Ti-X-Bindung muss labil sein
Dissoziation in Lösung aktive Spezies
Einführung von hydrophilen und geladenen
Acido-Liganden (Bsp. 1)
Erhöhung der Wasserlöslichkeit
1
Hoch wasserlösliche Aminosäurederivate
(Bsp. 2) reduzierte Aktivität
2
Titanocene –
Variation der Cp-Liganden
In den letzten Jahren: Zahlreiche Studien bzgl. des Einflusses von
substituierten Cp-Systemen
Aktivität der Titanocen-Cytostatika konnte deutlich gesteigert werden:
Cp2TiCl2: IC50 = 2000 ∙ 10-6 mol l-1
Cisplatin: IC50 = 3,3 ∙ 10-6 mol l-1
Titanocen Y: IC50 = 21 ∙ 10-6 mol l-1
Titanocen X: IC50 = 270 ∙ 10-6 mol l-1
IC
50
= mittlere inhibitorische Konzentration (Konzentration eines Inhibitors, bei der
halbmaximale Inhibition beobachtet wird)
21
25
Vergleich:
91
Cp TiCl :
2
2
IC50 = 2000 ∙ 10
-6
mol l
930
Cisplatin:
IC50 = 3,3 ∙ 10
160
-1
-6
mol l
-1
Strohfeldt, K.; Tacke, M. Chem. Soc. Rev., 2008, 37, 1174–1187.
Bsp.: Synthese von Titanocen X
Strohfeldt, K.; Tacke, M. Chem. Soc. Rev., 2008, 37, 1174–1187.
Weitere Ti-Cytostatika
O
OO
O
Ti
OO
Budotitan
Tshuva et al., J. Am. Chem. Soc. 2007, 129, 12098-12099.
Zusammenfassung
Krebs und dessen Behandlung Cytostatika
Verschiedene Beispiele für Metallkomplex-Cytostatika:
Cis-Platin
Platin-Komplexe der 2. Generation
Titanocendichlorid
Struktur-Aktivitäts-Beziehungen für Titanocen-Komplexe
Literatur
1.
Köpf-Maier, P. Naturwissenschaften 1986, 73, 239-247.
2.
Voigt, W.; Dietrich, A.; Schmoll, H. - J. Pharm. Unserer Zeit 2006, 35, 134-143.
3.
Galanski, M.; Keppler, B. K. Pharm. Unserer Zeit 2006, 35, 118-123.
4.
Köpf-Maier, P. Naturwissenschaften 1987, 74, 374-382.
5.
Harding, M. H.; Modski, G. Curr. Med. Chem. 2000, 7, 1289-1303.
6.
Ott, I.; Gust, R. Arch. Pharm. Chem. Life Sci. 2007, 340, 117-126.
7.
Shavit, M.; Peri, D.; Manna, C. M.; Alexander, J. S.; Tshuva, E. J. Am. Chem. Soc.
2007, 129, 12098-12099.
8.
Strohfeldt, K.; Tacke, M. Chem. Soc. Rev., 2008, 37, 1174–1187.
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