VWL Grundlagen der Makroökonomik 08.06.2002 Kapitel III: Geldmarkt und Geldpolitik 1. Geldfunktionen und Geldmenge a) Geld als Tausch-, Rechen- und Wertaufbewahrungsmittel Funktion des Geldes: (1) Tauschmittel: fällt weg Ware - Ware gegen Ware - Ware gegen Geld - Geld gegen Ware Ware Geld (2) Wertmesser (Recheneinheit): - den Wert aller Güter auf einen einheitlichen Nenner zu beziehen. Voraussetzungen Der Knappheit (3) Wertaufbewahrungsmittel: - z. B. Sparen Voraussetzung: (1) Knappheit: - natürlich (z.B. Edelmetallwährungen) - künstlich (Herausgabe von nationaler Währung. Staat besitzt Monopol) (2) allgemeine Annerkennung: erzwungenes staatliches Dekret (Verpflichtung zu Annahme als Zahlungsmittel) spontan aus dem Wirtschaftsverkehr (z.B. Zigarettenwährung vor 1948) b) Geldmengenabgrenzungen Geld = Bargeld + Buchgeld oder Giralgeld: Bargeld: Buch- oder Giralgeld: Summe aller Banknoten, Münzen Überweisungen, Einzahlungen, Kontostand Die Geldmengenaggregate: M1 Bargeld + Sichteinlagen (Kassenbestände) dienen der Tauschfunktion M2 M1 + Wertaufbewahrung: Termineinlagen (Laufzeit bis 2 Jahre ) + Spareinlagen = traditionelle Spareinlage (Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten) M3 M2 + Schuldverschreibungen (Laufzeit bis 2 Jahre ) + Repogeschäfte (Kauf von Wertpapieren mit Abschluss eines Gegengeschäftes) + Geldmarktfondanteile und Geldmarktpapiere (verbriefte Forderungen an eine Finanzinstitution) Geldmenge M3 stellt ca. das Zehnfache der Summe aus Bargeld und Reservehaltung der Geschäftsbanken dar. Zentralgeld (monetäre Basis): Bargeld + Einlagen der Geschäftsbanken (GB) bei Zentralbanken (ZB). Seite 1 von 9 VWL Grundlagen der Makroökonomik 08.06.2002 Tabelle 3 – 1 : Geldmengenaggregate im Euro- Währungsraum in Mrd. € Jahresende Bargeld Reservehaltung der Geschäftsbanken M1 M2 M3 1999 2000 2001 2002 (März) 350 348 349 307 118 124 130 131 1.964 2.076 2.130 2.170 3.133 4.288 4.510 4.660 4.775 5.009 5.342 5.460 Im Jahre 2002 (Währungsumstellung), nahm das Volumen von Bargeld rapide ab. 2. Die Schaffung von Geld Abb. 3 – 1 : Das zweistufige Bankensystem (S. 58) Geschäftsbank: Geschäftspartner der Zentralbank Geschäftspartner der Nichtbanken (Einlagen von Privatpersonen, Unternehmen) Zentralbank: Geschäftspartner der Geschäftsbanken (durch die Geschäfte kommt es zu Schöpfung von Zentralbankgeld) Abb. 3 – 2 : Die Struktur des deutschen Geschäftsbankensystem (S. 60) a) Die Geldschöpfung der Zentralbank Veränderung des Zentralbank – Geldes (z.B. Verkauf + Ankauf von Aktionen) auf der Aktiva Seite. Geldpolitische Instrumente (1) Hauptrefinanzierungsinstrument (3,25 %) Laufzeit 2 Wochen (Veränderung der Aktiva und Passiva) angeboten wöchentlich Leitzins Mindestbietungssatz Mitteilung an GB zu welchem Mindestzinssatz sie die zweiwöchige Geschäfte abzuschließen bereit ist. Aufforderung an GB Abgabe von Angeboten Zuteilung an den Meistbietenden nach Ablauf der Gebotfrist Veröffentlichung die „letzte“ Zuteilung (marginale Zuteilungssatz) (2) Längerfristige Refinanzierungsfazilität Laufzeit 3 Monate (Veränderung der Aktiva und Passiva) angeboten monatlich Leitzins Mindestbietungssatz Mitteilung an GB zu welchem Mindestzinssatz sie die zweiwöchige Geschäfte abzuschließen bereit ist. Aufforderung an GB Abgabe von Angeboten Zuteilung an den Meistbietenden nach Ablauf der Gebotfrist Veröffentlichung die „letzte“ Zuteilung (marginale Zuteilungssatz) (1) + (2) = Offenmarktgeschäft Initiative : von EZB (Europäische Zentralbank) (3) Spitzenrefinanzierungsfazilität Laufzeit angeboten Zins Angeboten sehr kurzfristig (kurzfristiger Finanzierungsbedarf) täglich „teuerste“ Refinanzierungsquelle auf Tagesbasis Seite 2 von 9 VWL Grundlagen der Makroökonomik 08.06.2002 (4) Einlagenfazilität Möglichkeit der GB überschüssige Liquidität bei der ZB als Einlagen zu deponieren und dafür Zinsgutschrift (gesondert festgelegter Zinssatz) zu erhalten. (2) + (4) = ständige Fazilität (5) Mindestreservepolitik Zwang der Hinterlegung von festgelegten Anteilen der GB bei der ZB. (Sicht-, Terminund Spareinlagen als eigene Einlagen). D.h. GB besitzen sogenannte Giro-Konten bei der EZB (eigenes Geld). Abb. 3 – 3: EZB – Zinssätze und Geldmarktsätze Basiszins (§ 247 BGB) Orientiert sich zwar an dem Hauptrefinanzierungsinstrument, ist aber nicht gebunden. Im Jahr 2001 : 2,75 % b. Die Giralgeldschöpfung (S. 64) Bild (S. 65) 1 M= B M = Geldmenge m = Mindestreservesatz (Multiplikator) B = monetäre Basis m z.B. B : Mindestreserve (monetäre Basis) = 100 m : Mindestreservesatz : 10 % von 1 = 0,1 1 100 = 1.000 M= 0,1 Oder 100 10 % 100 % = 1.000 B 10 % 100 % = 1.000 EZB kann B (monetäre Basis) beeinflussen m ist jedoch durch EZB nicht beeinflussbar. Seite 3 von 9 VWL Grundlagen der Makroökonomik 08.06.2002 3. Quantitätstheorie und Inflationsprozesse a. Herleitung und Interpretation der Quantitätsgleichung Geldpolitische Wirkungen Die Grundlage: Definition der Kaufkraft des Geldes (K). H K= M K = Kaufkraft des Geldes H = Handelsvolumen (ausgetauschte Güter) M = Geldmenge A = Arbeitseinsatz P = Preis A auch K = P Da sich Kaufkraft und Preisniveau reziprok (wechselseitig, umgekehrt) verhalten (K = 1/P), kann die oben aufgeführte Kaufkraftbestimmungsgleichung wie folgt geändert werden. M P= H Folglich: M=PH P = Preisniveau und Kaufkraft H = Handelsvolumen (ausgetauschte Güter) M = Geldmenge P H = monetäre Güternachfrage V = Umlaufgeschwindigkeit M V = umlaufende Geldmenge Y = reales Sozialprodukt H 1/P = M P=1 H M M P=1 H Die durch die Umlaufgeschwindigkeit modifizierte Form der Quantitätstheorie lautet dann: MV =PH Besteht ein konstantes Verhältnis zwischen Handelsvolumen und realem Sozialprodukt Y, lässt sich die abgeleitete modifizierte Quantitätsgleichung auch so formulieren: MV =YP b. Quantitätstheorie und Inflationsursachen Verwendung der Quantitätstheorie: Unterscheidung zwischen Nachfrage- und Anbieterinflation deutliche machen. Nachfrageinflation Erhöhung des Preisniveaus als Folge einer in Relation zu Handelsvolumen übermäßigen Ausdehnung der Gesamtnachfrage. Keynesianische Theorie: Inflation wird direkt durch eine Erhöhung der Gesamtnachfrage Verursacht und die Geldmenge passiv auf die Ausdehnung der Ausgabeströme reagiert. Friedman Theorie: Am Anfang der Kausalkette steht also die Erhöhung des Geldvolumens, welche ihrerseits Nachfrageströme auslöst. Anbieterinflation: Preisniveauerhöhung auch ohne vorangegangen Expansion der Geldenge und der Gesamtnachfrage In Form von: Kosteninflation und Gewinninflation Seite 4 von 9 VWL Grundlagen der Makroökonomik 08.06.2002 konstant M V Geldmenge = entweder Y UmlaufGeschwindigkeit oder Steigerung des Inlandprodukts P Preiserhöhung ( Inflation) Nachfrageinflation in Abb. 3 – 4 (Buch S. 69) P N` A N P2 P1 Inflation Y Steigerung des Inlandprodukts (X) Yv Y` Verschiebung der Nachfragekurve nach außen, verursacht einen positiven Mengen- und Preiseffekt. Yv = verfügbares Einkommen / Menge Y = ursprüngliches Einkommen / Menge Y`= verändertes (gesteigertes) Einkommen / Menge P1 = ursprünglicher Preis P2 = veränderter Preis (Inflation) N = ursprüngliche Nachfrage N`= veränderte Nachfrage konstant M Geldmenge Nachfrageinflation V = UmlaufGeschwindigkeit Yv Steigerung des Inlandprodukts Beschäftigung P Preiserhöhung ( Inflation) Yv Preisniveau P Bekämpfung der Nachfrageinflation: - restriktive Geldpolitik - Senkung der Staatsausgaben - Erhöhung der Steuer - usw. Seite 5 von 9 VWL Grundlagen der Makroökonomik 08.06.2002 Angebotsinflation in Abb. 3 – 5 (Buch s. 70) P A` N A P2 P1 Inflation Y` (X) Yv Y Senkung des Inlandprodukts Veranlassung der Preiserhöhung: Erhöhung der Durchschnittskosten bzw. Der Gewinnansprüche. Preiserhöhungen führen zu einem Rückgang des Handelvolumens (Unterbeschäftigung) Mengen- und Preiseffekt gehen bei der Kosteninflation in unterschiedliche Richtungen (Mengenrückgang und Preisanstieg) konstant M Geldmenge V UmlaufGeschwindigkeit Angebotsinflation Yv = Steigerung des Inlandprodukts Beschäftigung P Preiserhöhung ( Inflation) Yv Preisniveau P Bekämpfung der Kosteninflation: mit Hilfe der Nachfragepolitik führt zu Unterbeschäftigung. Bekämpfung der Unterbeschäftigung: Maßnahmen der Angebotspolitik - Förderung des technischen Fortschritts - Produktivitätserhöhungen - „maßvolle“ Lohnpolitik - Senkung von Kostensteuer usw. Abb. 3 –6 : Bekämpfung von Nachfrage- und Angebotsinflation Veränderung von M beeinflusst Yv und P a) P b) N` N = N`` P A N N` A` A P1 P1 A` Yv A` Yv Seite 6 von 9 VWL Grundlagen der Makroökonomik 08.06.2002 4. Wirkungen der Inflation - wenn Staat zusätzliches Geld druckt ( Inflation) bei Inflation gewinnt der Schuldner Warum Preisniveaustabilität ein wirtschaftspolitisches Ziel ist. Die Wirkungen von Inflationsprozessen hängen davon ab ob die Preissteigerungen antizipiert (antizipieren ) vorhergesehen/vorweggenommen und in Verhaltensweisen der Einzelnen einbezogen wurden oder nicht. Nicht vollständig antizipierte Inflation: - Nachfrageanstieg führt zu einer Verbesserung der Kosten-Erlös-Relation der Unternehmen (Ausdehnung der Produktion ist sinnvoll) - Ausdehnung der Produktion führt zu späteren Lohnreaktion - Lohnreaktion führt zu umgekehrten Effekten. Unerwartete Inflation führt zu Wirkungen auf die Einkommensverteilung - Einkommensgruppen, deren Einkommen bei einer Überraschungsinflation nur mit Verzögerung angepasst werden (Verschlechterung ihrer relativen Einkommensposition) - Einkommensbezieher, deren Einkommen unmittelbar auf unerwartete Preissteigerungen reagieren (Verbesserungen in der relativen Position) Unerwartete Inflation führt aber auch zu Effekten bei der Vermögensverteilung - Verlierer bei unerwarteter Inflation sind die Gläubiger - Gewinner bei unerwarteter Inflation sind dagegen die Schuldner - Gewinner der Inflation sind die Mitglieder zukünftiger Generationen Vollständig antizipierte Inflation: - beschriebene Einkommens- und Vermögenseffekte treten nicht auf Nachteilige Wirkungen - Halten der Geldbeständen, die zu keinen Zinserträgen führen Verminderung - Zinsertrag niedriger als die Inflationsrate der Kaufkraft Bei steigender Inflation kann es zu einer Flucht in die Sachwerte kommen. - Kauf von Immobilien - Kauf von stark nachgefragten Wertgüter (z.B. Edelmetallen) - Kauf ausländischer Währung Starke Inflationsprozesse verursachen außerdem Kosten durch regelmäßige Veränderung - Drucken von neuen Preisetiketten - Druck auf häufigere Lohnverhandlungen steigt Inflation beeinflusst auch die Höhe des Zinssatzes. Zusammensetzung des Zinssatzes: i = Nominalzins r = Realzins = Inflationsrate e = erwartete Inflation i=r+ Wenn steigt, treibt es auch i Berechnung des Realzinses in die Höhe r=i- Abb. 3 – 7 : Inflationsrate und langfristiger Zinssatz Seite 7 von 9 VWL Grundlagen der Makroökonomik 08.06.2002 5. Die Phillips- Kurve Durch die Verringerung der Arbeitslosenquote, steigt die Inflationsrate. Abb. 3 – 8 : (S. 75) % Lohnsteigerung = Inflationsrate geringste Arbeitslosenquote 3,5 % Arbeitslosenquote (ALQ) Lohsteigerung durch Inflationsrate ersetzen (% Lohnsteigerung = Inflationsrate) Durch Senkung der Arbeitslosenquote (ALQ), erhöht sich der prozentueller (%) Lohn. Nachfrage- / Angebotsfunktion Mit Anstieg der Nachfrage, steigt der Preis und die Produktion. Dies führt zum Anstieg des Angebotes G = E – P A1 P A K Gewinn = Erlös – Kosten P*1 Lohnerwartung P* Durch drastische Lohnerhöhung Kommt es zu starkem Kostenanstieg. Es führt Zur Preissteigerung. Die Angebotskurve steigt Nach links oben. Die Produktion sinkt. N1 N Y Y* Y*1 Dies führt zum erhöhte Nachfrage. Der Kreislauf beginnt von vorne. Seite 8 von 9 VWL Grundlagen der Makroökonomik Abb. 3 – 10: Phillips-Kurve für Deutschland Geldpolitik steht im Dienste der Preisniveaustabilität. 6. Das Konzept einer verstetigenden Geldpolitik Buch S. 78 08.06.2002 Stagflation Kunstwort aus Stagnation und Inflation eine durch inflationistische Tendenzen (insbesondere starke Preissteigerungen) bei gleichzeitiger Stagnation der Wirtschaftstätigkeit und Arbeitslosigkeit gekennzeichnete Wirtschaftslage. Aus der im Zusammenhang mit der Phillips-Kurve erläuterten Stagflationsproblematik der expansiven Geldpolitik leitet sich die Ablehnung einer auf langfristige Beschäftigungsziele ausgerichteten Geldpolitik ab. (Stagflation) (Inflation ) (Übersicht über die wichtigsten Begriffe der Wirtschaft ) Preisstabilität konsistente Geldpolitik aus Der Quantitätsgleichung MV =YP „w“ = Veränderungsrate wM = Veränderungsrate der Geldmenge wY = Veränderungsrate des BIP wP = Veränderungsrate des Preises wV = Veränderungsrate der Umlaufgeschwindigkeit Qualitätsgleichung in Veränderungsraten wM + wV = wY + wP Gleichung nach der Veränderungsrate der Geldmenge wM 3% = wY + 3% + wP - 0% - wV Wenn: 0% wV =1 % (konstant) wY = + 3 % (Ausdehnung) dann: zur Erreichung der Preisstabilität wM = + 3 % (ebenfalls Ausdehnung) zur Erinnerung: Die Giralgeldschöpfung (S. 64) Bild (S. 65) 1 M3 = M = Geldmenge m = Mindestreservesatz (Multiplikator) B = monetäre Basis B m wM 3 % = wY 1% + wP 2% - wV 0 % (konstant/keine Veränderungen) Durch Anstieg der Inflation (Preisinflation), kommt es zu Wachstumseinbussen (BIP). (bei gleicher 3 % Geldmengenausdehnung) Seite 9 von 9