Die medizinische Versorgung und ehrenamtliche Betreuung von

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Die medizinische Versorgung und ehrenamtliche Betreuung
von Kehlkopfpatienten
Vortrag von Prof. Dr. med. H.-G. Schroeder während der
Außerordentlichen Vertreterversammlung der Selbsthilfegruppen der Kehlkopfoperierten
im Landesverband Niedersachsen e.V.
Sehr herzlichen Dank für die Einladung zu Ihrer Vertreterversammlung, die diesmal
erfreulicherweise in Braunschweig stattfindet. Ich habe die Einladung für diesen Vortrag gern
angenommen, da zwischen dem Verband der Kehlkopflosen und unserer Klinik, der HNO-Klinik
des Stadt. Klinikums Braunschweig ein sehr enges Verhältnis besteht.
Während der Vorbesprechung für diesen Tag teilte mir Herr Weidner mit, dass er als Thema
interessant fände, die Patienten-Betreuung aus Sicht des behandelnden Arztes darzustellen.
Auch ich fand diesen Aspekt sehr interessant, zumal Ihnen über die medizinische Versorgung
von Kehlkopfkrankheiten sicherlich von verschiedensten Seiten schon Referate gehalten wurden.
Daher soll bei meinem Vortrag also nicht ausschließlich die medizinische Versorgung sondern die
Betreuung insgesamt Berücksichtigung finden, da gerade die nicht medizinische Betreuung vor
und nach der eigentlichen Behandlung einen wesentlichen Anteil an dem Heilungsprozeß hat.
Wie einige von Ihnen ja wissen, bin ich jetzt seit über 8 Jahren Leiter der Braunschweiger
Hals-Nasen-Ohren-Klinik. Vorher habe ich, genau wie mein Oberarzt Herr Mendel, der vielen von
Ihnen bekannt ist, in der Universitäts-HNO-Klinik Marburg gearbeitet unter Prof. Kleinsasser, der
ein weltbekannter Spezialist für Kehlkopferkrankungen war und das Verfahren der
Kehlkopfspiegelung in Narkose, die sog. Mikrolaryngoskopie, entwickelt hat. So ist es
verständlich, dass auch in unserer Braunschweiger Klinik ein Schwergewicht in der Behandlung
von Kehlkopferkrankungen liegt. Von über 3000 Patienten, die im letzten Jahr stationär in unserer
Klinik behandelt wurden, litten 170 (5,7%) an bösartigen Erkrankungen des Kehlkopfes und des
unteren Rachens. Noch etwas mehr Patienten (180) wurden wegen gutartiger Erkrankungen des
Kehlkopfes in unserer Klinik stationär behandelt. Das Robert-Koch-Institut hat errechnet, dass
jährlich rund 350.000 Menschen in der Bundesrepublik an Krebs erkranken. Darunter sind
13.700Tumoren des Kopf-Halsbereiches, also Tumoren des Kehlkopfes, Rachens, der
Mundhöhle, der Lippen, Nase und Speicheldrüsen.Tumoren des Kehlkopfes und des
Hypopharynx, also des unteren Rachens, machen ca. 40% aller Kopf-Hals-Tumoren aus. Wir
rechnen in der Bundesrepublik Deutschland statistisch jährlich mit 10 Neuerkrankungen an
Kehlkopfkrebs pro 100.000 Einwohnern und 5 Neuerkrankungen an Krebs des unteren Rachens.
Dies bedeutet, dass für die gesamte Bundesrepublik jährlich 8.000 Menschen an Kehlkopfkrebs
und 4.000 an Krebs des unteren Rachens erkranken. Der Anteil der Frauen hieran beträgt 10 %
und ist kontinuierlich im Steigen begriffen.
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Ich erwähne die Tumoren des unteren Rachens hier speziell, da diese Tumoren dem Kehlkopf
sehr benachbart sind und häufig in diesen hinein wachsen. Deshalb müssen bei der operativen
Behandlung in vielen Fällen Teile des Kehlkopfes oder der gesamte Kehlkopf entfernt werden,
um den Tumor ganz eliminieren zu können. Die Diagnostik und die Behandlung ist also sehr
ähnlich wie beim Kehlkopfkrebs.
Für den Einzugsbereich unserer Klinik sind also statistisch 50-60 neue Kehlkopfkrebsfälle pro
Jahr zu erwarten und 20-30 neue Krebserkrankungen des unteren Rachens. Da die Zahlen
unserer Klinik deutlich höher liegen, scheint für diese Erkrankung das Einzugsgebiet deutlich
größer zu sein als für die üblichen HNO-Erkrankungen. Wird ein Patient mit Verdacht auf Kehlkopftumor in die Klinik eingewiesen, dann läuft ein standardisiertes Schema bezüglich der
Diagnostik ab. Auf neudeutsch heißt das, es wird ein „Staging" durchgeführt, bei dem wir den
genauen Sitz und die Ausdehnung des Tumors feststellen und mit Gewebeprobeentnahmen den
feingeweblichen Tumortyp bestimmen. Da wir heutzutage wissen, dass bei bösartigen Tumoren
der oberen Schluck- und Atemstraße in bis zu 20% Zweittumoren auftreten, müssen wir nicht nur
die Region des primären Tumors untersuchen, sondern auch die Gegenden, in denen am
ehesten Zweittumoren vorkommen. Das führt dazu, dass bei allen Patienten eine sog.
Panendoskopie vorgenommen wird, also in einer Sitzung eine Spiegelung von Kehlkopf,
Luftröhre, Bronchien, Rachen, Speiseröhre und Mundhöhle. Wird ein 2. Tumor gefunden, so
verschlechtert sich die Heilungschance deutlich und die Behandlung ändert sich grundlegend.
Handelt es sich bei der Diagnosestellung schon um ausgedehntes Tumorwachstum, so ist häufig
eine Computertomographie hilfreich, um die genaue Ausdehnung und den evtl. Befall von
Nachbarorganen feststellen zu können.
Zum Staging vor der definitiven Behandlung gehört auch die Suche nach möglichen Metastasen.
Örtliche Metastasen sind in den Lymphknoten des Halses zu suchen, die wir durch die
Ultraschalluntersuchung mit einem hohen Sicherheitsgrad entdecken können. Halslymphknotenmetastasen finden wir beim Kehlkopfkrebs je nach Tumorstadium zwischen 6 % und über
50%, im Durchschnitt aller Stadien in 27%. Beim unteren Rachenkrebs sieht es viel schlechter
aus. Hier finden sich bei kleinen Tumoren schon in 60%, bei großen bis über 80%
Lymphknotenmetastasen. Fernmetastasen finden wir glücklicherweise sehr viel seltener. Beim
Kehlkopfkrebs in 1% der Fälle, beim unteren Rachenkrebs in 4% der Fälle bei Diagnosestellung.
Dennoch wollen wir vor einer Tumorbehandlung mit großer Sicherheit das Vorhandensein von
Fernmetastasen ausschließen und suchen daher an den Orten, wo diese am ehesten zu
erwarten sind. Lunge, Leber und Knochen. Deshalb gehört zum kompletten Staging auch eine
Lungenröntgenaufnahme, ggf. auch ein Computertomogramm des Thorax, eine Ultraschalluntersuchung des Bauches zur Beurteilung der Leber und ein Knochen-szintigramm.
Sind diese Untersuchungen alle abgeschlossen, so wird im Rahmen der Tumorkonferenz
zusammen mit dem Patienten und den Strahlentherapeuten (wir arbeiten sehr eng mit der
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Strahlenklinik und ihrem Leiter Prof. Hoffmann zusammen) das weitere Vorgehen beraten.
Konnten Fernmetastasen ausgeschlossen werden, so stellt sich die Alternative Operation mit
oder ohne Nachbestrahlung oder primäre Strahlenbehandlung mit oder ohne begleitende
Chemotherapie. Die Entscheidung, welche der beiden Therapiemöglichkeiten ergriffen wird, ist
abhängig von Größe und Sitz des Tumors, also der technischen Operabilität, weiterhin abhängig
vom Alter und dem sonstigen Gesundheitszustand des Patienten, also der individuellen
Operabilität und last not least natürlich vom Willen des Patienten selber, der in jedem Falle das
letzte Wort hat und sich für oder gegen eine vorgeschlagene Therapie entscheiden kann.
In den letzten Jahren bekommt der Begriff Lebensqualität eine immer höhere Bedeutung. Bei der
Entscheidung für oder gegen eine Behandlungsart sollte auch immer der evtl. damit verbundene
Verlust an Lebensqualität durch therapiebedingte Funktionsstörungen berücksichtigt werden. So
sollten radikale, mit großen Funktionseinbußen einhergehende Operationen, wie z.B. die
Kehlkopftotalentfernung nur dann in Betracht gezogen werden, wenn mit sehr großer
Wahrscheinlichkeit der Betroffene dadurch auch von seinem Tumorleiden befreit werden kann.
Ist dies nicht der Fall, so kommt eher eine nach modernen Gesichtspunkten konzipierte primäre
Strahlenbehandlung in Frage, die mit einer Chemotherapie kombiniert werden kann. Mit diesen
modernen Therapiekonzepten ist es heute durchaus möglich, inoperable Tumoren ohne wesentlichen
Funktionsverlust
zum
Verschwinden
zu
bringen.
Allerdings
ist
dies
eine
Behandlungsmethode, die deutlich an die Substanz des Patienten geht. Wer eine 6wöchige
Bestrahlung evtl. mit begleitender Chemotherapie hinter sich hat, weiß davon ein Lied zu singen.
Es muß also ganz individuell nach verschiedenen Gesichtspunkten die für den einzelnen
passende Therapie gewählt werden.
Handelt es sich um frühe Tumorstadien des Kehlkopfes, so kann häufig durch eine Teilentfernung
des Kehlkopfes mit Erhalt der Stimmfunktion der Tumor beseitigt werden. Diese Teilresektionen
können auf herkömmliche Art und Weise durch Eröffnung des Kehlkopfes von außen erfolgen.
Hierfür muß in den meisten Fällen zumindest für einige Tage ein Luftröhrenschnitt angelegt
werden. Die elegantere Lösung in diesen Fällen ist natürlich die endoskopische Chirurgie, bei der
die Geschwulst von innen entfernt wird. Hierfür wird überwiegend der CO2-Laser verwendet. Für
die endoskopische Laserchirurgie müssen allerdings von Patientenseite einige Vorbedingungen
erfüllt werden. Die Halswirbelsäule muß ausreichend überstreckt werden können, lang
hervorstehende Frontzähne dürfen die Sicht nicht versperren. Nur wenn der Tumor endoskopisch
übersichtlich darstellbar ist, so kann er auch endoskopisch laserchirurgisch entfernt werden, was
für den Patienten weniger Funktionsverluste und kürzere Krankenhausaufenthaltsdauern
bedeutet. Durch verbesserte Operationstechniken und Optimierung der Operationslaser gelingt
es immer häufiger, die Tumoren des Kehlkopfes organerhaltend zu operieren. Durch die Fortschritte der endoskopischen Laserchirurgie und die Fortschritte der nicht operativen Behandlung
mit kombinierter Strahlen- und Chemotherapie ist es zu einem starken Rückgang der Kehl-
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kopftotalentfernungen gekommen.
Allerdings muß man bei der endoskopischen Laserchirurgie von vornherein anstreben, den
Tumor beim ersten Mal und komplett entfernen zu können. Die vielfach ausgeübte „Salamitaktik",
bei der scheibchenweise immer mehr vom Kehlkopf entfernt wird, ist aus onkologischer und vor
allem auch aus psychologischen Gründen sehr zweifelhaft. Jeder von Ihnen, der seinen Kehlkopf
verloren hat, weiß, welch ein einschneidendes Ereignis dies in seinem Leben war und wird
verstehen können, warum wir uns bemühen, den Betroffenen diesen Organverlust möglichst zu
ersparen. In einigen Fällen bleibt aber keine andere Wahl, als den Kehlkopf total zu entfernen, um
den Tumor sicher eliminieren zu können und auch dem Betroffenen die Sicherheit zu geben, dass
mit dem Kehlkopf auch der Tumor gänzlich entfernt wurde.
Wenn im Rahmen der Tumorkonferenz möglichst in Anwesenheit der Angehörigen und des
Patienten die Durchführung einer Laryngektomie ärztlicherseits erwogen wird, muß eine intensive
Vorbereitung des Patienten erfolgen. Diese Vorbereitung muß auf verschiedene Schultern verteilt
werden und braucht Zeit, in der sich der Patient langsam an die Vorstellung, ohne Kehlkopf leben
zu müssen, gewöhnen kann. Da ist zum einen die Vorbereitung von ärztlicher Seite. In
verständlicher Form muß über die bevorstehende Operation und evtl. Nachbehandlungen
gesprochen werden und auch die damit verbundenen Funktionsstörungen hingewiesen werden:
Änderung der Atmung, Verlust der Stimme etc.
Es hat sich bei uns sehr bewährt, die Familien der Erkrankten mit in diese Gespräche
einzubeziehen, um sie von Anfang an mit den Problemen zu konfrontieren, die sie dann erwarten,
wenn der Operierte wieder nach Hause entlassen wird. Ist die Entscheidung zur Operation von
der gesamten Familie mitgetragen, ist die Akzeptanz der Folgen dann auch entsprechend höher.
Nicht minder wichtig ist die Vorbereitung von Seiten des Pflegepersonals. Von dieser Seite
bekommt der Patient praktische Hinweise, wie z.B. für den Umgang mit Trachealkanülen,
Absaugetechnik und anderes mehr. Erfahrungsgemäß ist für Fragen des Patienten und seiner
Angehörigen die Hemmschwelle gegenüber dem Pflegepersonal niedriger als gegenüber den
Ärzten. Die Patienten sind dankbar, wenn das Pflegepersonal seine Erfahrungen zur Betreuung
von Kehlkopflosen weitergibt.
Ein weiterer wichtiger Vorbereitungspunkt vor der Operation ist das Gespräch mit dem
Logopäden. Wir verfügen in unserer Klinik über 2 Logopäden, denen jeder Patient vor der
Kehlkopfentfernung vorgestellt wird. Ihre Aufgabe ist es, die Betroffenen über die Möglichkeiten
der Stimmrehabilitation zu informieren, insbesondere über die Technik der Ructus-Sprache, also
der Speiseröhrensprache. Da die Logopäden aber auch nach der Operation die Unterweisung für
den Gebrauch der Servox-Sprechhilfe durchführen und die Patienten im Umgang mit
Stimmprothesen schulen, sind sie sehr gut auch über diese Möglichkeiten der Stimmrehabilitation
informiert und können fachkundig beraten.
Bei all dieser Vorbereitung fehlt noch ein wichtiger Aspekt: der Kontakt mit einem Menschen, der
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die Erfahrung, ohne Kehlkopf zu leben selbst gemacht hat und die selben Ängste und Nöte, in
denen der Patient sich zur Zeit befindet, am eigenen Körper erlebt hat. Ärzte, Krankenschwestern, Logopäden können viel über die Erkrankung und die Behandlung mit ihren Folgen
erzählen, aber selbst durchlebt hat keiner von ihnen dieses Schicksal. Was weiß ein Arzt oder ein
Logopäde, wie es dem frisch Kehlkopflosen nach der Entlassung wieder in seiner alten Umgebung geht? Welche Probleme bei alltäglichen Verrichtungen ihn erwarten? Diese Tipps zur
Bewältigung der Probleme im täglichen Leben sind dem Patienten wichtiger als eine detaillierte
Aufklärung über die einzelnen Schritte der Operation.
Deshalb sind wir Ihnen, die als Patientenbetreuer tätig sind, sehr dankbar, daß Sie diese
verantwortungsvolle Aufgabe übernommen haben, den frisch mit der Diagnose Kehlkopfkrebs
konfrontierten Patienten zu betreuen und zu beraten. Für meinen Bereich hier in Braunschweig
kann ich feststellen, dass die Zusammenarbeit ausgezeichnet ist. Sobald die erforderlichen
Untersuchungen abgeschlossen sind und die Durchführung einer Laryngektomie diskutiert wird,
erfolgt die Benachrichtigung des Patientenbetreuers, der es dann sehr kurzfristig möglich macht,
dass er selbst oder ein Vertreter in die Klinik kommt und sich des neuen Patienten annimmt.
Welche Erwartungen werden nun an diesen Kontakt zwischen Patient und Patientenberater
gestellt? Von welcher Seite werden Erwartungen gestellt? Der Patient verspricht sich von diesem
Gespräch eine objektive Beratung von einer Person, die hier keine eigenen Interessen verfolgt,
wie dies möglicherweise den Ärzten oder dem Pflegepersonal unterstellt werden könnte. Des
weiteren erhofft derjenige, der noch keine Vorstellung von dem hat, was ihn nach der Operation
wirklich erwartet, von dem, der alles schon hinter sich hat, praktische Hinweise, Erlebnisberichte
und vor allem natürlich die Bestätigung, dass man auch ohne Kehlkopf weiterleben und sogar gut
und glücklich weiterleben kann. Er möchte die Bestätigung, dass der Entschluß, sich den
Kehlkopf entfernen zu lassen richtig ist. Was erwartet nun die ärztliche Seite von diesem
Gespräch?
Aus zwei Gründen können wir Ärzte diese Aufgabe, die der Patientenbetreuer übernommen hat,
nicht selbst ausfüllen. Wir kennen die speziellen Probleme der Kehlkopflosen nur aus der Sicht
des Behandelnden nicht aber aus eigener Erfahrung und können deshalb nicht überzeugend
sein. Zum anderen muß ein solches Gespräch mit sehr viel Ruhe und Zeitaufwand geführt
werden. Ich muß es leider ganz deutlich sagen, dass bei der derzeitigen Situation im
Gesundheitswesen gerade diese Art von Patientengesprächen, die psychologische Betreuung
viel zu kurz kommt, da wegen der Geld- und somit auch Personalknappheit diese wichtige
ärztliche Aufgabe nicht erfüllt werden kann.
Die ärztliche Tätigkeit muß sich also auf die rein medizinischen Tätigkeiten beschränken wie
Untersuchungen, Operationen, Spritzen, Verbände etc. Den Rest der Zeit werden wir beschäftigt
mit Dokumentationsaufgaben für die Krankenhausverwaltung und mit Anfragen der zahlungsunfähigen Krankenkassen, warum der Patient nicht schon einen Tag früher hätte entlassen werden
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können, um somit einen Tagessatz einsparen zu können. Die Krone setzt dem ganzen das
Arbeitszeitgesetz auf, das es uns verbietet, länger als 10 Stunden am Tag zu arbeiten. Ich muß
einen Assistenzarzt, der abends nach 18.00 Uhr noch Gespräche mit Patienten oder
Angehörigen führt, nach Hause schicken, sonst mache ich mich als Verantwortlicher strafbar und
habe mit Sanktionen des Gewerbeaufsichtsamtes zu rechnen.
Zurück zum eigentlichen Thema: Wir sind deshalb den Patientenbetreuern dankbar, dass sie
diesen Teil der Betreuung mit soviel Zeiteinsatz und Engagement übernehmen.
Nachdem wir von ärztlicher Seite über den Eingriff und die sich ergebenden Konsequenzen
aufgeklärt haben, erwarten wir von den Patientenbetreuern, dass sie die praktischen Fragen der
Patienten beantworten. Wie lebt es sich mit dem Tracheostoma? Wie wirken sich Erkältungen
aus? Werde ich die Ersatzsprache lernen können? Wie reagiert die Umgebung auf die
Servox-Sprechhilfe? Ändert sich die Beziehung zum Partner? Sind sexuelle Beziehungen noch
möglich? Muß ich Kleidungsgewohnheiten ändern? Ist die Nahrungsaufnahme verändert? Bleibt
das Schmecken trotz eingeschränkten Riechens erhalten? Kann ich telefonieren?
All diese Fragen kann nur der beantworten, der selbst diese Situationen durchlebt hat und aus
eigener Erfahrung redet. Das wird vom Patienten angenommen, da es kein theoretisches Gefasel
ist. Tipps der Patientenbetreuer für den Umgang mit Versorgungsamt, Kuranträgen etc. sind
zuerst wichtige Hilfen für die in dieser Beziehung meist unerfahrenen neuen Patienten.
Frauen sind zwar 10mal weniger von Kehlkopfkrebs betroffen als Männer, die Probleme, die einer
kehlkopflosen Frau begegnen, sind aber um so größer. Die Beratung einer Patientin sollte auch
bevorzugt von einer kehlkopflosen Frau durchgeführt werden, da sicher nur eine Frau der
anderen Frau vermitteln kann, wie sie mit den Folgen ihrer Erkrankung umzugehen hat. Deshalb
möchte ich anregen, doch auch vermehrt weibliche Patientenberater auszubilden und einzusetzen. Auf der Liste der Patientenberater in unserem Einzugsgebiet habe ich noch keinen
einzigen Frauennamen gefunden. Was sollte der Patientenbetreuer von ärztlicher Seite möglichst
unterlassen? Dies ist ein sehr delikates Thema, das wir aber in diesem Zusammenhang nicht
auslassen sollten.
Ich halte es für sehr nützlich, wenn der Patientenbetreuer, bevor er den Patienten besucht,
zunächst Kontakt mit dem behandelnden Arzt aufnimmt und von ihm Mitteilungen erhält, über die
Person des Patienten, das Krankheitsbild, die geplante Operation, z.B. Laryngektomie mit oder
ohne
Neck
diss.,
mit
oder
ohne
Stimmprothese,
mit
oder
ohne
anschließende
Strahlenbehandlung etc. Damit kann sich der Patientenbetreuer besser auf das bevorstehende
Gespräch vorbereiten und es ist gewährleistet, dass Arzt und Patientenbetreuer die gleiche
Richtung einschlagen. Sehr unglücklich fände ich es, wenn der Patientenbetreuer in seinem
Gespräch mit dem Patienten versuchen würde, die vorgesehene Therapie anzuzweifeln oder gar
von ihr abzuraten. Dies könnte in etwa so ablaufen: Was, sie sollen noch nachbestrahlt werden?
Da habe ich aber ganz schlechte Erfahrungen mitgemacht. Lassen sie das bloß sein. Oder: Wozu
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soll denn eine Stimmprothese eingesetzt werden? Sie sehen doch bei mir, dass man mit dem
Servox sehr gut zurecht kommt. Damit Sie mich nicht falsch verstehen, in unserem Bereich hier
habe ich derartige Erfahrungen glücklicherweise nie machen müssen. Anderenorts sollen sich
aber derartige Gespräche abgespielt haben.
Sie werden sich vorstellen können, dass ein solches Vorgehen das Verhältnis zwischen Ärzten
und Patientenbetreuern nicht gerade fördert. Ebensowenig wie etwa Hinweise, den
behandelnden Arzt oder die Klinik zu wechseln, da man anderswo vielleicht besser aufgehoben
sei. Ich halte es für wichtig, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Krankenhaus und dem
Patientenbetreuer besteht, der möglicherweise selbst in diesem Krankenhaus operiert worden ist.
Wenn ein Krankenhaus einen Betreuer um Mithilfe bittet, vertraut es ihm seinen Patienten an.
Dieses Vertrauen sollte nicht missbraucht werden. Ist, aus weichem Grund auch immer, der
Betreuer mit der Behandlung durch das Krankenhaus, in das er gerufen wurde nicht
einverstanden oder hat er andere Vorstellungen von dem Therapiekonzept, so sollte er lieber die
Betreuung in diesem Hause ablehnen, als den Patienten zu verunsichern.
Wie ich vorhin schon erwähnte, ist es wichtig, dass der Patient sich sicher und gut aufgehoben
fühlt. Dies wird dann der Fall sein, wenn er merkt, dass er nach einem Konzept behandelt wird,
das von allen Beteiligten akzeptiert wird. Verunsicherung ist in diesem Zustand vor einer großen
Tumoroperation psychologisch äußerst ungünstig. Gibt es wirklich grundlegende Klagepunkte
Ihrerseits am Vorgehen oder Verhalten einzelner Ärzte oder eines Krankenhauses, so sollten Sie
sich auf jeden Fall mit den leitenden Ärzten in Verbindung setzen und in einem Gespräch die
strittigen Punkte ansprechen und zu klären versuchen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein leitender Arzt, dem am Wohl seiner Tumorpatienten
gelegen ist, ein derartiges Gespräch ablehnen wird. Meine Damen und Herren, mit erfolgter
Operation ist die Betreuung ja nicht beendet. Nach dem Eingriff muß der frisch
Kehlkopfexstirpierte sich mit der neuen Situation auseinandersetzen. Das was man ihm vorher
theoretisch versuchte klarzumachen ist nun eingetreten, und er muß die vielen Veränderungen im
täglichen Leben selbst bewältigen. Jetzt werden die Fragen konkreter. Jetzt ist erst recht
Unterstützung angesagt, um die Integration in den Alltag bewältigen zu können.
Hier ist auch die Angehörigenbetreuung von großer Bedeutung. Die Angehörigen merken nun
konkret, was sich im Familienleben verändert hat und brauchen Hilfe wiederum von jemandem,
der diese Situation schon bewältigt hat und über eigene Erfahrungen verfügt.
Deshalb sei großer Dank ausgesprochen den Ehefrauen wie z.B. Frau Weidner, die sich
vorbildlich um die Familienangehörigen neuer Kehlkopfpatienten bemühen.
Diese Kontakte der Familien kehlkopfloser Patienten sollten auch nach Abschluss der
Behandlung weiter bestehen bleiben in Form von mehr oder weniger regelmäßigen Treffen zu
unterschiedlichen Anlässen. Diese Treffen von normal Sprechenden und Kehlkopflosen
verhindern die Isolation der Kehlkopfpatienten und fördern die Integration in den normalen Alltag.
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Meine Damen und Herren, ich habe mit einem Vortrag versucht, Ihnen meine Gedanken zur
medizinischen Versorgung und zur prä- und postoperativen Betreuung von Kehlkopfpatienten
darzulegen. Ich hoffe, dass ich deutlich genug ausdrücken konnte, welche Hilfe Ihre Mitbetreuung
für uns Ärzte im Krankenhaus bedeutet.
Was Sie mit Ihrem Engagement für die Kehlkopflosen erreichen, kann kein Krankenhaus leisten
und keine Krankenkasse bezahlen. Dafür sei Ihnen allen herzlichen Dank gesagt.
Auch für Ihre Aufmerksamkeit vielen Dank.
(Prof. Dr. med. H.-G. Schroeder)
August 2002
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