Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Philologie Germanistisches

Werbung
Ruhr-Universität Bochum
Fakultät für Philologie
Germanistisches Institut
Oberseminar: Empirische Grammatikforschung
Prof. Dr. Karin Pittner / Dr. Judith Berman
Wintersemester 05/ 06
Resultativkonstruktionen
Christina Nies
Altenrathstraße l a
44379 Dortmund
Matr.-Nr.: 108 001 20 89 60
3. Fachsemester
Geschichte
Germanistik
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung ..................................................................................................2
2
Konstruktionsgrammatik - eine Definition .................................................2
2.1
Valenz ............................................................................................. 5
2.2
Der Ansatz Goldbergs/Jackendoffs ................................................6
3 Resultativ-Konstruktionen ...........................................................................7
3.1
Zusammenhang von Bedeutung und Aspekt-Struktur .................10
3.2
Realisierung der Argumente .........................................................11
3.3
Einzelfälle von Resultativkonstruktionen ....................................13
4 Resultativkonstruktionen im Deutschen ....................................................15
4.1
Goldbergs Ansatz - auf das Deutsche übertragbar? .....................16
5
Fazit ......................................................................................................19
6
Literaturverzeichnis ..............................................................................20
1 Einleitung
In dieser Arbeit möchte ich den Ansatz der Konstruktionsgrammatik
vorstellen. Dabei handelt es sich um die Idee, dass alle
grammatischen Phänomene und Muster mit Hilfe eines Formats den Konstruktionen - umschrieben werden können.
Während die Konstruktionsgrammatik in den USA seit mehreren
Jahren diskutiert wird, tritt sie in der deutschen Forschung nur
marginal auf. Im Folgenden möchte ich den Ansatz zunächst
vorstellen
und
die
wichtigsten
Begrifflichkeiten
sowie
das
Beschreibungsmuster vorstellen. Anschließend werde ich das
syntaktische Muster der Resultative näher untersuchen und
überprüfen, ob sich die von Goldberg und Jackendoff l
vorgestellten Interpretationen auch auf das Deutsche übertragen
lassen. Entsprechend der bisherigen Forschung beziehen sich die
meisten Arbeiten auf das Englische, zum Deutschen hat u.a. Stefan
Müller Untersuchungen angestellt, auf die ich ebenfalls Bezug
nehmen werde.
2 Konstruktionsgrammatik - eine Definition
Fried/Östman
beschreiben
in
ihrer
Einführung
zur
Konstruktionsgrammatik deren Basis, die auf drei Hypothesen
aufbaut:
speakers
rely an
patterns
-
relatively complex
constructions
-
for
meaning-form
building
linguistic
expressions
1Basis für diesen Teil der Arbeit ist der Aufsatz ,,The english resultative as a family of
constructions", den Goldberg und Jackendoff 2004 gemeinsam veröffentlicht haben. Hier
fassen sie ihre bisherigen Forschungsergebnisse zusammen.
7
ii.
linguistic expressions reflect the effects of interaction
between construcitons and the linguistic material, such as
words, whichs occur in them
iii.
constructions are organized into networks of overlapping
patterns related through shared properties (Friedlöstman
2004:12)
Die wichtigste Einsicht, die zugleich auch die vorrangige Motivation
dieser Grammatik darstellt, ist die Einsicht, dass die Kombination
einzelner Wörter zu einer Konstruktion selten dazu führt, dass
lediglich die Bedeutungen, die die einzelnen Bestandteile isoliert
hätten, miteinander verkettet werden. Es entstehen vielmehr ganz
neue Semantiken (FriedlÖstman 2004:12). Damit ist die Semanitk
nicht global eine parallele Komponente zur Syntax, für jede
Konstruktion muss deren Bedeutung analysiert werden.
7
Im Unterschied zu anderen Grammatiken tritt die einfachste,
möglicherweise
universale
Struktur
zugunsten
komplexer
Konstruktionen in den Hintergrund. Die „Vielfalt und Spezifizität
einzelsprachlicher Konstruktionen" tritt wieder in den Vordergrund
(Wildgen 1990:68). Die Konstruktionsgrammatik beschreibt also
nicht nur Strukturen, die produktiv sind, sondern auch solche, die
nur selten, unter Umständen auch nur einmal belegt sind: Sie
erfasst „Zentren (zentrale Konstruktionstypen) der Grammatik und
um sie herum die peripheren Nebenkonstruktionen" (Wildgen
1990:68).2
Trotz dieser gemeinsamen Basis verbergen sich hinter dem
Begriff „Konstruktionsgrammatik" eine Vielzahl konkurrierender
Theorien, die sich teilweise überschneiden, z.T. aber auch
BBBBB
Vgl. auch Fried/Östman (2004:16): „ The relation between `productive rules' and `idioms'
must be seen as a cline rom relatively productive to relytively frozen. "
2
gegenseitig
ausschließen.
Während
Fillmore
stärker
das
Programm und die spezielleren Ausarbeitungen der Syntax
gefördert hat, sind die Arbeiten Lakoffs, Talmys und Langackers
eher mit der kognitiven Grammatik verbunden. Allen gemeinsam
ist die Konzentration auf „medium-scale"-Konstruktionen. Dabei
handelt es sich um syntaktische Erscheinungen weder durch eine
allgemeine Grammatik erklärt werden können, noch allein
beziehungsweise im Wesentlichen auf der Ebene des Lexikons
angelegt sind. Wildgen (1990:65) fasst den Mittelbereich, auf dem
die Konstruktionsgrammatik basiert, wie folgt zusammen:
zwischen
Lexikon
Satzsyntax.zwischen
und
Idiomatik
(allgmeiner)
und
genereller
Produktivität,
ii.
zwischen Idiomatik und genereller Produktivität,
iii.
zwischen
atomistischer
Zerlegbarkeit
und
unauflösbaren Gestalten,
iv.
zwischen
kognitiven
Universalien
und
individualpsychologischen Ausprägungen der Sprache,
d.h.
im
Bereich
komplexer,
gesellschaftlicher
Symbolsysteme.
Die Konstruktionsgrammatik ist generativ, insofern sie mögliche
grammatische
und
ungrammatische
Sätze
und
Strukturen
voneinander abgrenzt, also nicht nur vorliegende Daten erfasst
(Wildgen 1990:67). Sie versucht, "ein vollständiges und exaktes
Inventar von Strukturen (,Konstruktionen') zu postulieren, das die
möglichen grammatischen Sätze einer Sprache generiert und
dabei alle ungrammatischen Sätze explizit ausschließt" (Hens
1996:335). Gleichzeitig ist sie nicht
transformationell in dem
Sinne, dass "its presentation of the structure of a sentence will be
static or monostratal rather than dynamic or multistratal." (Fillmore,
zitiert nach Wildgen 1990:67, Hervorhebung im Orig.)
4
Der zentrale Begriff dieser Grammatik ist der der Konstruktion.
Dabei muss man zwischen „constructions" und „constructs"
unterscheiden. Konstruktionen sind symbolische Zeichen, die die
Basiseinheiten der linguistischen Analyse repräsentieren. Es
handelt sich um eine abstrakte Einheit, ein konventionelles Muster
der linguistischen Struktur. Konstrukte bezeichnen dagegen die
aktuell vorkommenden linguistischen Äußerungen, zum Beispiel
Sätze oder Phrasen, (Fried/Östman 2004:18). Die Besonderheit der
Konstruktionsgrammatik liegt darin, dass mit diesen Konstruktionen
das komplette grammatische Wissen repräsentiert werden kann,
also nicht mehr zwischen Lexikon, Syntax und anderen Ebenen der
Sprache unterschieden wird, sondern alle mit den gleichen
Strukturen umschrieben werden (Fried/Östman 2004:18). Zugleich
sind sie die Muster, die jeder Sprecher einer Sprache kennen
muss:
In summary, constructions are generalizations which represent all
the pieces of conventional or idiosyncratic language and which
speakers have to know directly. What speakers have to `figure out'
are (i) the ways in which those constructions can be combine with
other constructions and (ii) the ways in which particular lexical
items fit in them. (Fried/Östman 2004:23)
2.1 Valenz
Innerhalb der Konstruktionsgrammatik spielt die Valenz eine
wichtige
Rolle.
Laut
Hens
vereint
Fillmore
die
Konstituentenstukturen der Standard Theory mit den Einsichten
der Dependenzgrammatik und mit dem Merkmalsinventar der
Head-Driven Phrase Structure Grammar (Hens 1996:335).
Valenz wird im weitesten Sinne definiert als die Gesamtheit der
Kombinationsmöglichkeiten eines Wortes, ausgehend von der
Beobachtung, dass in der Umgebung eines Wortes oder einer
Wortklasse
nur
bestimmte
syntaktische
Einheiten
beziehungsweise Klassen von syntaktischen Einheiten möglich
sind. Als Valenzträger, also Wörter, die die syntaktische
Umgebung determinieren, treten in der Regel Wörter mit
prädikativer Funktion auf, aber auch Adjektive und deverbale
oder
deadjektivische
übernehmen.
In
Substantive
können
Valenzwörterbüchern
diese
werden
Funktion
in
den
Lexikoneinträgen der Valenzträger die möglichen syntaktischen
Umgebungen notiert (Welke 2000:767).
Die Valenzgrammatik taucht in der Konstruktionsgrammatik
insofern auf, als dass diese aus lexikalischen Einträgen und
Phrasenstrukturen besteht, die durch Merkmale syntaktischer,
semantischer,
lexikalischer
und
pragmatischer
Art
gekennzeichnet sind. Diese Konstruktionen bilden die größeren
Einheiten,
die
den erlaubten
Konstrukten
einer Sprache
zugrundeliegen. Mittels der Merkmalsunifikation werden diese
Einheiten gebildet (Hens 1996:335).
2.2 Der Ansatz Goldbergs/Jackendoffs
Goldberg/Jackendoff vertreten die Grundidee, dass die einfachen
Sätze des Englischen direkt mit einer oder mehreren semantischen
Strukturen
korrelieren.
Goldberg
(1997:383)
gibt
vier
unterschiedliche semantische Strukturtypen an:
a) ditransitive:
X causes Y to receive Z
b) caused-motion: X causes Y to Move Z
c)
resultative:
c) transitive:
X causes Y to become Z3
X acts an Y; X expresses Y
Im nächsten Kapitel wird deutlich werden, dass diese Umschreibung für eine ResultativKonstruktion zu ungenau ist. Wie bei einer transitiven Struktur müssen zwei semantische
Muster angegeben werden. Resultative beinhalten entweder die Veränderung eines Status
oder eine Bewegung, die in dieser Umschreibung von Goldberg jedoch nicht impliziert ist.
Vorschlag: X causes Y to move to Z.
Im Gegensatz zu anderen Grammatiktheorien geht man in der
Konstruktionsgrammatik nicht davon aus, dass die Basismuster
einer Sprache durch semantische oder syntaktische Informationen,
die durch das (Haupt-)Verb spezifiziert werden, determiniert werden.
3 Resultativ-Konstruktionen
Resultative gehören zu den Verb-Konstruktionen und bilden
innerhalb
derer
eine
Konstruktionsstatus
besondere
nicht
Gruppe.
unbedingt
Einerseits
offenkundig
ist
ihr
markiert,
andererseits handelt es sich nicht nur um eine Konstruktion,
sondern um eine Familie von Konstruktionen (Goldberg/Jackendoff
2004:535). Dabei gibt es Konstruktionen, die sehr produktiv sind,
andere
dagegen
relativ
wenig
oder
gar
nicht.
Die
Unterkonstruktionen der Resultative lassen sich also zwischen
Zentrum und Peripherie, auf einer Skala mit den Polen produktiv
und idiomatisch einordnen.
Die einzelnen Muster weisen ein hohes Maß an syntaktischer und
semantischer
Variation
auf,
Goldberg/Jackendoff
(2004:536)
definieren für das Englische drei unabhängige Dimensionen von
Variation:
RP = AP vs. RP = PP
RP = Eigenschaft vs. RP = räumliche Konfiguration
Intransitiv vs. transitiv
innerhalb der transitiven RPs: selected vs. unselected
innerhalb der unselected: normal vs. fake reflexive
d) Wahl des "host"4
Die Wahl des ,,host" führen Goldberg / Jackendoff erst später an. Sie verstehen darunter die
NP, die eine Bewegung oder Veränderung erlebt.
irtn. (-)
Resultative beinhalten zwei subevents, jeweils eins für das Verb und
eins für die gesamte Konstruktion. Ihre Verbindung besteht darin,
dass das verbal subevent die Möglichkeit anzeigt, wie das
constructional subevent durchgeführt werden kann respektive im
jeweiligen Satz/Kontext durchgeführt wird (Goldberg/Jackendoff
2004:538).
Die Semantik der subevents und deren Verknüpfung bedingen viele
Eigenschaften der Resultativ-Konstruktion, so sagt die Semantik des
constructional subevents die Syntax der Konstruktion wie im
folgenden Beispiel voraus:
Willy watered the plants flat
Syntax: Willy watered the plants flat
Semantics: Willy cause [Plants become flat]
Means: Willy water Plants (Goldberg/Jackendoff
2004:538)
Die semantischen Muster des constructional subevents können als
Gegensatzpaare aufgefasst werden: Entweder handelt es sich um
eine Eigenschaft, die sich verändert oder es wird ein bestimmter
Weg zurückgelegt (property vs. path resultative). Als zweites
Gegensatzpaar
führen
Goldberg/Jackendoff
noncausative
vs.
causative an. Der Unterschied besteht darin, dass in einem
noncausative resultative das host das Subjekt ist und seinen Status
in irgendeiner Weise wechselt, In einem causative resultative ist das
host das Objekt und verursacht eine Handlung. Diese beiden
Gegensatzpaare
charakterisieren
die
vier
wichtigsten
Konstruktionen unter den Resultativen:
Causative property resultative
Syntax: NP V NP AP / PP
Semantik: X cause [Y become Z]
R
muss also nicht zwangsweise das Ergebnis einer Handlung
ausdrücken.
3.1 Zusammenhang von Bedeutung und Aspekt-Struktur
Attributphrasen drücken meist einen Endstatus aus. Ausnahmen
bilden Ausdrücke mit Komparativ oder Superlativ, bei denen der
Wechsel des Status zeitlich nicht begrenzt ist:
(2)
Four hours, Bitt hammered the metal ever flatter.
(Goldberg/Jackendoff 2004:542f.)
Path-Resultatives sind nur dann telisch, wenn die RP eine Grenze
hat, die das Ende der Handlung beziehungsweise deren Ergebnis
anzeigt:
(3)
Bill schubste Harry vom Sofa.
(4)
Bin schubste Harry die Straße entlang.
Allerdings gibt es auch Sätze, die eine statische Situation
beschreiben,
sich
aber
nicht
von
den
path-resultatives
unterscheiden:
(5)
Die Straße schlängelt sich den Berg herunter.
Die Telezität einer Handlung entspricht also ihrer zeitlichen Struktur;
fehlt einem Satz eine inhärente Zeitstruktur, so ist er statisch.
Andererseits
weist
die
Zielgerichtetheit
einer
RP
auf
die
Zielgerichtetheit des constructional subevents hin, welches damit
wiederum auf die Zielgerichtetheit des resultativen Satzes verweist.
Diese Beobachtungen führen Goldberg/Jackendoff (2004:544) zu
der These, dass die Aspekt-Struktur des constructional subevents
die Aspektstruktur des Resultativ-Satzes dominiere. Sie könne
durch
allgemeine
Prinzipien,
die
die
Ereignisstruktur
mit
Veränderung, Ausdehnung, Bewegung und Wegen verbindet,
vorhergesagt werden.
Means: [verbal subevent] Bill watered the plants flat.
Noncausative property Resultative
Syntax: NP V AP 1 PP
Semantik: [X become Z]
Means: [verbal subevent]
The pond froze solid.
Noncausative path Resultative
,, ct
Syntax: NP V PP
Semantik: [X go Path
Means: [verbal subevent]
Result: [verbal subevent: X emit sound]
Result: [verbal subevent: X disappear]
Der Ball rollte den Berg hinunter. Der Wagen rumpelte über die
Straße. Causative path resultative
Syntax: NP V NP PP
Semantik: X cause [Y go Path]
Means: [verbal subevent]
Bill rollte den Bali den Berg hinunter. (GoldberglJackendoff
2004:536)
Beispiel c ist insofern eine Besonderheit, als dass hier die
Verbindung der subevents nicht unbedingt darin besteht, dass die
Möglichkeit der Durchführung ausgedrückt wird. Stattdessen
handelt es sich um ein Resultat, beispielsweise dem Geräusch,
dass eine Bewegung verursacht oder deren Endergebnis: Etwas
verschwindet aus dem Blickfeld. Diese Art der Verknüpfung ist
aber nur bei den noncausative path resultatives möglich, eine RP
Die zeitlichen Relationen sind dabei jedoch unterschiedlich: wird
eine Möglichkeit ausgedrückt, dann kann das constructional
subevent dem verbal subevent vorausgehen. Die subevents
können sich aber auch entweder überschneiden oder gleichzeitig
ablaufen
Die zeitliche Verknüpfung ist dabei abhängig davon, welche
semantische Relation zwischen den subevents besteht. Sie hängt
aber
auch
von
dem pragmatischen Weltwissen über die
subevents ab sowie von
Möglichkeitsausdrücke
der starken
in
einfachen
Tendenz/
Satzstrukturen
als
gleichzeitig auszudrücken (GoldberglJackendoff 2004:546).5
3.2 Realisierung der Argumente
Mit der Regel der Full Argument Realization (FAR) formulieren
Goldberg/Jackendoff die Forderung, das alle Argumente, die
obligatorisch
syntaktisch
sind
1
realisiert
lizenziert
werden.
werden
Das
führt
müssen,
dazu,
gleichzeitig
dass
unter
Umständen zwei Argumente die gleiche syntaktische Position
belegen.
(6) Bin watered the plants flat.
Water: transitiv
Fordert Agens und Patiens
c.s.: Causer (Subjekt), Patiens (Objekt) + Prädikativ
Damit werden fünf Argumente auf drei syntaktische Positionen
verteilt: Willy und the plants gehören zu beiden subevents, sie
haben also multiple thematische Rollen.
Jackencloff und Goldberg führen in diesem Zusammenhang auch an, dass in komplexen
Sätzen, also Einheiten, die aus zwei oder mehr Sätzen bestehen, die Möglichkeiten dem
Hauptereignis vorangestellt werden, während einfachere Strukturen diese Option nicht
aufweisen. Da Resultative meist in einfachen Satzstrukture ausgedrückt werden, ist diese
Art der zeitlichen Verknüpfung also eher selten.
5
11
Eine Konstruktion mit zwei Patiens wäre in diesem Fall jedoch
ungrammatisch:
(7) *Bin watered the plants the ground wet.
In diesem Fall muss eine andere Konstruktion gewählt werden:
(8) Bill made the ground wet by watering the plants.6
Die FAR muss noch dahingehend ergänzt werden, dass nur die
Rollen der Konstruktion (rC) mit Rollen des Verbs (rV) zu
vereinheitlichen sind, wenn sie semantisch kompatibel sind, also
wenn rV als eine Möglichkeit von rC konstruiert werden kann
(GoldberglJackendoff 2004: 550).
Ein Beispiel aus dem Deutschen zeigt jedoch, dass die semantische
Kompatibilität nicht immer zwingend notwendig ist - zumindest im
Deutschen.
(9) Sie trank den anderen unter den Tisch.
(10)Sie trank den Wein leer.
Es handelt sich zwar in beiden Fällen um das Verb trinken, die
Ergebnisse sind jedoch unterschiedlich.
Außerdem muss beachtet werden, dass das Verb als Beispiel l
Möglichkeit konstruiert werden kann, dies aber nicht zwingend
erforderlich ist.
(11)Sie wischte den Tisch ab (der nicht sauber wurde). Hier soll
laut Goldberg/Jackendoff deutlich werden, dass das Objekt nicht
notwendigerweise affiziert sein muss. Wenn es affiziert
ist, dann
ist es als Patiens konstuierbar. Ausschlaggebend sind immer die
spezifischen Semantiken des Verbs, nicht seine allgemeine
Verbklasse. Damit werden Ausdrücke möglich wie:
Dieses Beispiel könnte auch als Beweis dafür gelten, dass Resultative in der Regel durch
einfache Sätze ausgedrückt werden..
6
1'13,
(12) Sie wischte den Tisch sauber. (Goldberg/Jackendoff
2004:550)
3.3 Einzelfälle von Resultativkonstruktionen
Wie bereits erwähnt handelt es sich im Unterschied zu den
anderen vorgestellten Konstruktionen bei den Resultativen nicht
um eine einzelne Konstruktion, sondern um eine Familie von
Konstruktionen!
Neben den vorgestellten wichtigsten Konstruktionen gehen
Goldberg/Jackendoff von vielen Einzelfällen aus, deren Mehrheit
sehr individuell ist und nur eine geringe Anzahl von Beispielen,
manchmal auch nur ein einziges Vorkommen, aufweisen.8
Zumindest drei subconstructions weisen neben den bereits
vorgestellten wichtigsten Resultativen eine relative Häufigkeit auf.
Bei den sogenannten Follow Cases bestimmt das Objekt den
Weg beziehungsweise die Bewegung, des Subjekt durch seine
eigene Bewegung oder seine Spuren. Zwar handelt es sich um
transitive Sätze, aber das Subjekt ist der host. Das direkte Objekt
ist ein verbales Argument, aber kein Patiens. Es ist also nicht mit
anderen causative resultative constructions vereinbar, da die
semantische
Kohärenz
verletzt
ist
(Goldberg/Jackendoff
2004:5543.
Als
Erklärungsansatz
könnte
man
zusätzliche
subevents
annehmen. Damit können aber nur Fälle beschrieben werden, in
denen das direkte Objekt den Weg des Subjekts bestimmt und
das Verb als Bewegung konstruierbar und transitiv ist. Es sind
BBB
Es wäre - zumindest für das Deutsche - zu überprüfen, ob es sich bei den anderen
Konstruktionen nicht auch um Gruppen handelt. Abweichungen sind sehr wahrscheinlich.
Dann ist eine Definierung notwendig, wann man von Ausnahmen und wann von einer
Untergruppe sprechen sollte.
8 Solche subconstructions sind mit Redewendungen vergleichbar.
14
jedoch auch andere Fälle belegt, die eine neue Relation
beschreiben: die ,,instance".
Hier kann das Verb zwei Rollen einnehmen, entweder die route
role oder die sought-after role.
Bei der route Role kann das verbal subevent entweder eine
Instanz (take) oder eine Möglichkeit (ride, sä!, drive) ausdrücken.
(13) NP V NP PP
X go-by way of Y Path
Bill took the train to New York.
Chris rode the Oregon Tran to Kansas. (GoldberglJackendoff
2004:554)
Nimmt das Verb die sought-after Role ein, kann das Verbal
subevent nur eine Instanz (follow, track, race) ausdrücken:
(14) NP V NP PP
X go-after Y Path
Bill followed the thief into the library (GoldberglJackendoff
2004:554)
Bei diesen Beispielen zeigt sich, dass das Verb fast die gleiche
Semantik hat wie die Konstruktion, wenn das verbal subevent eine
Instanz ausdrückt.
Die zweite Untergruppe der Resultative sind ,,Danzing Mazurkas".
Hier
wird
dem
Umstand
Resultativkonstruktion
Rechnung
inakzeptabel
wird,
getragen,
wenn
dass
das
die
Objekt
referentiell ist, d.h. seine Rolle durch etwas anderes als das
Subjekt
Goldberg
identifiziert
/
wird.
Jackendoff
Prädikatskomplex
zu
In
dafür,
beschreiben.
diesem
Verb
Fall
und
Postverbal
plädieren
Objekt
als
auftretende
Objekte sind keine direkten Objekte, noncausative tpath
15
resultatives bilden dann einen neuen Typ von möglichen
subevents (Goldberg/Jackendoff 556).
Zuletzt stellen Goldberg/Jackendoll die „spie cases" vor, bei denen
die FAR verletzt wird, da der Gegenstar, der in Bewegung ist, nicht
ausgedrückt wird:
(15) Bill bled an the floor.
(16) Bill ate off the floor.
Dieser Mangel wird wahrscheinlich durch das Weltwissen
ausgeglichen, da in beiden Fallen eindeutig erschließbar ist,
welcher
Gegenstar
sich
in
Bewegung
befindet:
Blut
beziehungsweise Nahrung. Hier handelt es sich um Verbklassen,
die das Themen-Argument bereits implizieren. Meist handelt es sich
um Verben, die mit dem Körper zusammenhängen: bluten,
schwitzen, essen usw. (Goldberg/Jackendoff 2004:556; vgl. auch
Goldberg 2005:19f).
Wird der Weg nicht ausgedrückt, kann er doch durch das Verb
impliziert werden:
(17) Bill crossed (the street) to our siele.
(18) Bill entered (the room) through the bathroom window. In
diesen Fällen ist eine PP zwar möglich, aber nicht obligatorisch.
Goldberg/Jackendoll (2004:557) nennen diese Untergruppe PPadjunct path construction.
4 Resultativkonstruktionen im Deutschen
Für die [eutsche Sprache stellt Müller fest, dass resultative
Prädikate wie im Englischen in der Regel das Resultat eines Events
beschreiben, das durch das Hauptverb ausgedrückt wird. Die
resultativen Prädikate sind entweder durch ein Adjektiv oder eine
PP ausgedrückt (Müller 2002:209).
(19) Sie streicht die Tür schwarz.
16
(20)
Er
schneidet
die
Wurst
in
Scheiben.
(nach Müller 2002:209).
Im
Deutschen
können
Resultative
jedoch
nicht
danach
unterschieden werden, ob sie ein transitives Verb oder ein
Intransitives beinhalten. Beiden Konstruktionen - solche mit
intransitiven Basisverben sowie solche, die ein transitives Verb
enthalten - können einheitlich als das Ergebnis der ,,transitivization
of an intransitive verb" interpretiert werden (Müller 2002:219f.).
So
kommt
Müller
zu
folgender
Definition
für
Resultativkonstruktionen:
In Resultativkonstruktionen wird ein intransitives oder intransitiv
gebrauchtes Verb mit einem weiteren Prädikat kombiniert, dessen
Subjekt als Objekt der gesamten Konstruktion realisiert wird.
(Müller 2005:2)
4.1 Goldbergs Ansatz - auf das Deutsche übertragbar?
Goldbergs Ansatz, Konstruktionen zu beschreiben, ist für das
Englische - soweit ich das beurteilen kann - durchaus einleuchtend.
Auch wenn man die im vorangegangenen Abschnitt aufgezählten
Gemeinsamkeiten
englisch-
und
deutschsprachiger
Resultativkonstruktionen betrachtet, liegt die Annahme nahe, dass
sich diese Analyseweise auch auf das Deutsche übertragen lässt.
Bei genauerer Betrachtung treten jedoch Probleme auf, die
Goldbergs Theorie nicht mehr anwendbar machen.
Probleme sind schon deshalb naheliegend, weil das Englische als
isolierende Sprache eine sehr starre Syntax hat, in der die
Konstituenten nicht beliebig innerhalb eines Satzes oder einer
Phrase
verknüpft
synthetischen
werden
Sprache,
ist
können.
die
Im
Stellung
Deutschen,
der
einer
Konstituenten
BBBBBBBB
17
weitgehend frei, dadurch ergibt sich eine Fülle von Möglichkeiten,
mit den gleichen Konstituenten Phrasen oder Sätze zu bilden.
Goldbergs
Analyse
basiert
jedoch
darauf,
dass
die
Resultativkonstruktionen an eine bestimmte phrasenstrukturelle
Konfiguration
gebunden
sind.
Das
Objekt
einer
Resultativkonstruktion sowie deren Bedeutung sind durch die
Konstruktion lizenziert. Solch eine Grammatik, deren Analyse darauf
beruht, dass Bedeutungen an Phrasen festgemacht werden,
funktioniert
jedoch
nur,
wenn
die
Konstituentenstellung
der
entsprechenden Phrasen fest ist (Müller 2005:11). Hier liegt der
Grund dafür, dass Müller den Ansatz Goldbergs für nicht anwendbar
auf das Deutsche hält.
Schwierigkeiten ergeben sich aber auch bei der Interaktion mit
anderen Bereichen der Grammatik. Für die Umstellung von
Argumenten müssen nach Müller folgende Fakten berücksichtigt
werden:
Argumente können umgestellt werden.
Das finite Verb kann in Erst- oder Letztstellung stehen.
Adjunkte können überall zwischen Argumenten stehen.
Subjekt, Objekt, Adjunkt oder Resultativprädikat können
vorangestellt werden. (Müller 2005:11)
Damit sind für eine Resultativphrase im Deutschen mindestens vier
Konstruktionen notwendig. Zusätzlich bestehen die Möglichkeiten
der
Fokusaufspaltung
sowie
der
Voranstellung,
außerdem
erforderten passive Konstruktionen und solche mit Adjunkten oder
Derivation ebenfalls gesonderte - und eventuell jeweils mehrere Konstruktionen (Müller 2005:12f.)
Alternativ schlägt Müller einen lexikonbasierten Ansatz vor,
aufbauend auf der Head-Driven Phrase Structure Grammar. Die
BBB
18
Valenzinformationen werden in einer Liste repräsentiert, wie am
Verb reparieren dargestellt:
(19) Reparieren: SUBCAT NP [st], NP [str] )
in der Liste sind zwei Argumente aufgeführt, die einen
strukturellen Kasus haben. Dieser kann je nach syntaktischer
Umgebung als Nominativ, Akkusativ oder Genitiv realisiert
werden. Generell gilt für Argumente mit strukturellem Kasus, dass
das erste Argument den Nominativ und das Zweite den Akkusativ
zugewiesen bekommt, wenn es sich um eine verbale Umgebung
handelt (Müller 2005:7).
Die HPSG-Analyse für das Deutsche basiert in der Regel auf der
Annahme, dass in verknüpften Konstruktionen zunächst die
beiden Verben miteinander kombiniert werden und anschließend
der Verbalkomplex mit den jeweiligen Argumenten der beteiligten
Verben. Dabei werden die Komplemente des eingebetteten Verbs
zu eigenen Argumenten.
Auch die Analyse von Resultativkonstruktionen läuft auf diese
Weise ab. Dabei wird das Subjekt des eingebetteten Adjektivs
zum Objekt des einbettenden Prädikats.
Diese erste Regel impliziert auch die Resultativbedeutung, eine
Zweite informiert über die Flexion des Stammes. Damit können
auch Konstruktionen mit Verben wie leer fischeng sowie Verben
im Passiv abgedeckt werden.
Anders als bei Goldberg wird eine Resultativkonstruktion also
nicht über eine bestimmte Relation bestimmter Elemente in einer
Konstruktion
definiert,
sondern
über
einen
verwendeten
BBBBBBB
Hier können vielleicht auch Partikelverben eingebracht werden. Müller führt sich gesondert
auf, da sie ja generell für die Konstruktionsgrammatik nach Goldberg problematisch sind. Er
plädiert für eine morphologische Analyse der Partikelverben, was in der Forschung nicht
unumstritten ist (vgl. Müller 2005:4ff)
9
R
Lexikoneintrag, für den die Position der einzelnen Elemente
innerhalb der Konstruktion nicht von Bedeutung sind.
5 Fazit
Abschließend kann man sagen, dass die Konstruktionsgrammatik
durchaus eine attraktive Möglichkeit darstellt, die Grammatik zu
beschreiben. Ihre Vorteile liegen hauptsächlich darin, dass
einerseits alle Ebenen der Sprache mit einem Muster umschrieben
werden und andererseits auch die Peripherie, also weniger
produktive Phänomene berücksichtigt werden.
Als Nachteil hat sich - zumindest in Bezug auf den Ansatz
Goldbergs
-
herausgestellt,
dass
deren
Definition
und
Darstellungsmuster für Konstruktionen des Deutschen zu eng
gefasst sind. Bei synthetischen Sprachen muss die relativ freie
Konstituentenstellung berücksichtigt
werden ebenso
wie
die
Veränderung der Satzstruktur durch Passivierung. Das können die
Konstruktionen Goldbergs nicht leisten. Stattdessen muss - wie von
Müller vorgestellt, die HPSG einen größeren Stellenwert erhalten
und die Defintion einer Phrase als Resultativkonstruktion
im Lexikon vorgenommen werden.
#'-
2
20
6 Literaturverzeichnis
Fried, Mirjam / östman, Jan-Ola: A thumbnail sketch of construction
grammar, in: dies. (Hg.): Construction grammar in a cross-Ianguage
perspective, Amsterdam u.a.: Benjamins, s. 1186.
Goldberg, Adele (1995): Constructions. A constructions grammar
approach to argument structure, Chicago: Univ. of Chicago Press.
Goldberg, Adele (1997): The relationships between verbs and
constructions, in: Verspoor, Marjolijn u.a. (Hg.): Lexical and
syntactical
constructions
and
the
construction
of
meaning,
Amsterdam/Philadelphia: Benjamins, s. 383-398.
Goldberg, Adele 1 Jackendoff, Ray (2004): The english resultative
as a familiy of constructions, in: Language, Vol. 80, S. 532-568.
Goldberg, Adele (2005): Argument Realization, in: Östman, JanOla
(Hg.): Construction grammars. Cognitive grounding and theoretical
extensions, Amsterdam: Benjamins, S. 17-43.
Hens, Gregor (1996): (jm) (einen Brief) schreiben: Zur Valenz in der
Konstruktionsgrammatik, in: Linguistische Berichte 164, S. 334-355.
Müller, Stefan (2002): Complex predicates: verbal complexes,
resultative constructions and particle verbs in German, Stanford,
Calif.: CSLI.
Müller, Stefan (2005). Resultativkonstruktionen, Partikelverben und
syntaktische vs. lexikonbasierte Konstruktionen. Entwurf vom
4.12.2005.
http:llwwvv.c1.uni-bremen.del-stefanIPS/cxg.pdf
Welke, Klaus (20002): Art. Valenz, in: Glück, Helmut (Hg.): Metzler
Lexikon Sprache, S. 767-768.
Wildgen, Wolfgang (1990): Konstruktionsgrammatik, in: Wagner,
Karl Heinz; Wildgen, Wolfgang (Hg.): Studien zur Grammatik und
Sprachtheorie, Bremen: Universitätsbuchhandlung, S. 65-84.
Herunterladen