Dipl. Theol. Marcus Freitag FHöV NW Ethik Das ethische Urteil: Paula Will ich Entscheidungen und Urteile, die einer Handlung zugrunde liegen, nachvollziehbar beurteilen, muss ich zunächst die Handlung analysieren. Dazu sind vier Schritte der Analyse zu unterscheiden: 1. Problem benennen / Handlung beschreiben. Die Beschreibung setzt genaue Beobachtung voraus. P Je klarer, desto besser. Weniger ist oft mehr. Fakten, Fakten, Fakten! Was hat wer wem wann getan? 2. Auflösung / Differenzierung / Analyse: a) Verstehen einer Handlung. Dies setzt die Kenntnis der Zusammenhänge und Offenheit und Empathie für fremde Selbst- und A Weltverständnisse voraus. b) Das Erklären einer Handlung geschieht, indem die Handlungselemente (Anlass, Methode, Folge, Motiv, Ziel und Handlungsmotto) herausgearbeitet werden. Warum, mit welchem Ziel wurde so und nicht anders gehandelt? 3. Unterscheidungen / Urteil nach Kriterien (objektiv) U Das Bewerten und Beurteilen einer Handlung. Kompetente Beurteilung setzt Urteilfähigkeit voraus. Urteilen heißt: Anhand von Kriterien prägnant bewerten! Wie ist die Handlung nach Maßstäben zu beurteilen? 4. Lösung / Alternativen Die Problemlösung setzt eigene Handlungskompetenz voraus. Hier bündeln sich L A Sachkenntnis, Erfahrung und Handlungsfähigkeit. Nach einer Problemlösung und alternativen Handlungsmöglichkeiten suchen! Wie geht es weiter? Dipl. Theol. Marcus Freitag FHöV NW Ethik Handeln Der Mensch kann handeln. Handeln kann zwar auch von außen angestoßen sein – aber der wichtige Steuerungsfaktor ist der freie Wille. Die Ethik überprüft die Legitimität der Handlung. Dazu bewertet die Ethik die Elemente einer Handlung. Definition: 1. Eine Handlung ist die Gesamtheit von Anlässen, Motiven, Intentionen, Maximen, Methoden und Folgen zielgerichteten Verhaltens. 2. Handeln ist bewusstes, gewolltes, konkretes und zielgerichtetes Verhalten. 1. Anlässe sind äußerliche Anstöße für eine Handlung. 2. Methoden sind Handlungsweisen. 3. Folgen sind die tatsächlichen Ergebnisse, die durch die Handlung hervorgerufen wurden – absichtlich oder unbeabsichtigt! 4. Motive sind subjektive Beweggründe für eine Handlung. 5. Intentionen sind subjektive Ziele/Absichten, die der Handelnde verfolgt. 6. Maximen sind Maßstäbe und/oder Kriterien, mit denen der Handelnde seine eigene Handlung selbst bewertet. Hier: Das „Motto“, die handlungsleitende „Idee“ oder „Einstellung“ des Handelnden. Dipl. Theol. Marcus Freitag FHöV NW Ethik Kriterien und Maximen für ethisch verantwortliches Handeln Kriterien, die das Recht zur Verfügung stellt: I. Grundwertekatalog des GG: Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit etc. II. Gesetze, Vorschriften, Normen, Pflichten III. Handlungsgrundsätze: Rechtmäßigkeit, Erforderlichkeit, Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit. Kriterien, die die Ethik zur Verfügung stellt: 1. Die Universalisierbarkeit. „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die (von der) du wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“. (Allgemeiner Geltungsanspruch) 2. Die Rationalität. Welches Handeln ist vernünftig? Frage der rationalen Plausibilität der Begründung einer Handlung. 3. Die Zustimmungsfähigkeit /Akzeptanz. Ich handle dann ethisch, wenn jeder freie und sittliche Mensch meinem Handeln vernünftigerweise zustimmen können müsste. Die Moralität meines Handelns wird von der realen oder vernünftigerweise angenommenen Anerkennung freier und gleicher Mitmenschen getragen 4. Die Verantwortbarkeit. Ich handle dann ethisch, wenn ich mein Handeln gegenüber berechtigten Kontrollinstanzen (Staat, Gesellschaft, eigenes Gewissen, ggf. Kirchen oder andere moralische Instanzen), rechtfertigen und vertreten kann. Sowohl gegenüber anderen als auch gegenüber mir selbst hat mein Handeln Bestand. An seiner Rechtfertigung besteht kein Zweifel. ( 5. Der sittliche Wert. Ich handle dann ethisch, wenn ich in meinem Handeln moralische Werte verwirkliche. Die materielle Werthaftigkeit meines Handelns entscheidet über seine Moralität (z.B. Verfassung als Werteordnung). 5a) Die Menschenwürde (der erste und oberste sittliche Wert). Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck an sich, niemals bloß als Mittel brauchst. Dipl. Theol. Marcus Freitag FHöV NW Ethik Erläuterungen Kriterien, die das Recht zur Verfügung stellt überprüfen die Legalität einer Handlung. Fragen: Haben die zu untersuchenden Handlungen ein Gesetz oder eine Pflicht verletzt, liegt ein Dienstvergehen oder eine Straftat vor etc. Kriterien, die die Ethik zur Verfügung stellt, überprüfen die Legitimität einer Handlung; also die Übereinstimmung mit allgemein anerkannten Werten und Wertevorstellungen, Menschen- und Bürgerrechten, dem ethisch gesollten und in der Gesellschaft gewollten. 1. Das Kriterium der Universalisierbarkeit fragt nach dem allgemeinern Geltungsanspruch einer Handlung. Frage: Kann ich wirklich wollen, dass jeder in einer solchen Situation so handelt? 2. Das Kriterium der Rationalität überprüft die Begründung einer Handlung. Frage: Gibt es einen vernünftigen Grund für die Handlung? Ist diese Begründung plausibel? 3. Das Kriterium der Zustimmungsfähigkeit oder Akzeptanz hinterfragt die Möglichkeit der Anerkennung einer Handlung und ihrer Begründung durch unbeteiligte Dritte. Frage: Können unbeteiligte Dritte der Handlungsbegründung zustimmen und die Handlung als solche akzeptieren? 4. Das Kriterium der Verantwortbarkeit fordert, sich für sein Handeln zu rechtfertigen und es vor Kontrollinstanzen zu vertreten. Frage: Kann der Handelnde sich vor stattlichen Organen, vor der Gesellschaft, vor dem eigenen Gewissen und anderen anerkannten moralischen Instanzen für sein Handeln rechtfertigen? 5. Das Kriterium der materiellen Werthaftigkeit überprüft, ob gesellschaftlich anerkannte Werte betroffen und ggf. verletzt sind. Die Bedeutung des betroffenen Wertes entscheidet über den Status der Handlung. Frage: Welche Werte wurden durch die Handlung betroffen bzw. verletzt? Hierbei ist die Frage nach den grundlegenden Menschenrechten (Menschenwürde, Freiheit, Leben, Eigentum etc.) ebenso bedeutsam wie die nach persönlichen (Liebe, Treue, Familie, Freundschaft etc.) und berufsethischen Werten (Kameradschaft, Vertrauen, Pflichterfüllung etc.)