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Arbeitsblatt Utilitarismus Bentham

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Ethik 11
Grundpositionen der Ethik: Utilitaristische Ethik
22.10.2018
Quantitativer Hedonismus – Jeremy Bentham
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Die Natur hat die Menschheit unter die Herrschaft zweier souveräner Gebieter – Leid und Freude – gestellt.
Es ist an ihnen allein aufzuzeigen, was wir tun sollen, wie auch zu bestimmen, was wir tun werden. Sowohl
der Maßstab für Richtig und Falsch als auch die Kette der Ursachen und Wirkungen sind an ihrem Thron
festgemacht. Sie beherrschen uns in allem, was wir tun, was wir sagen, was wir denken: Jegliche
Anstrengung, die wir auf uns nehmen können, um unser Joch von uns zu schütteln, wird lediglich dazu
dienen, es zu beweisen und zu bestätigen. Jemand mag zwar mit Worten vorgeben, ihre Herrschaft zu
leugnen, aber in Wirklichkeit wird er ihnen ständig unterworfen bleiben. Das Prinzip der Nützlichkeit
erkennt dieses Joch an und übernimmt es für die Grundlegung jenes Systems, dessen Ziel es ist, das
Gebäude der Glückseligkeit durch Vernunft und Recht zu errichten. […]
Diese Bezeichnung [Prinzip der Nützlichkeit] hat man unlängst durch das Prinzip des größten Glücks oder
der größten Glückseligkeit ergänzt oder ersetzt. […] Das Wort Nützlichkeit verweist nicht so eindeutig auf
die Vorstellung von Freude und Leid, wie es die Wörter Glück und Glückseligkeit tun; es veranlasst uns auch
nicht zur Berücksichtigung der Zahl der betroffenen Interessen, obwohl die Zahl der Umstand ist, der in
größtem Ausmaß bei der Aufstellung des Maßstabs, um den es hier geht, mitwirkt: des Maßstabs für Richtig
und Falsch, mit dem allein die Angemessenheit menschlichen Verhaltens in jeder Situation angemessen
überprüft werden kann.
Arbeitsauftrag:
1. Erstellen Sie unter Verwendung der zentralen Begriffe eine Argumentationsskizze zu Jeremy
Benthams hedonistischer Grundlegung der Ethik.
2. Machen Sie ein Gedankenexperiment: „Was wäre, wenn alle Menschen ausschließlich nach dem
Lustprinzip handelten, d.h., ihre Handlungen einzig danach ausrichteten, ob sie ihnen Lust
verschafften?“ Welche Folgen hätte dieses allgemein verhalten für das handelnde Individuum, für
unmittelbar betroffene Individuen, für die Gesellschaft, die Menschheit?
Das Prinzip der Nützlichkeit
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Unter dem Prinzip der Nützlichkeit ist jenes Prinzip zu verstehen, das schlechthin jede Handlung in dem
Maß billigt oder missbilligt, wie ihr die Tendenz innezuwohnen scheint, das Glück der Gruppe, deren
Interesse in Frage steht, zu vermehren oder zu vermindern, oder – das gleiche mit anderen Worten gesagt
– dieses Glück zu befördern oder zu verhindern. Ich sagte: schlechthin jede Handlung, also nicht nur jede
Handlung einer Privatperson, sondern auch jede Maßnahme der Regierung. Unter Nützlichkeit ist jene
Eigenschaft an einem Objekt zu verstehen, durch die es dazu neigt, Gewinn, Vorteil, Lust, Gutes oder Glück
hervorzubringen […] oder […] die Gruppe, deren Interesse erwogen wird, vor Unheil, Unlust, Bösem oder
Unglück zu bewahren; sofern es sich bei dieser Gruppe um die Gemeinschaft im allgemeinen handelt, geht
es um das Glück der Gemeinschaft; sofern es sich um ein bestimmtes Individuum handelt, geht es um das
Glück des Individuums […]
Die Gemeinschaft ist ein fiktiver Körper, der sich aus Einzelpersonen zusammensetzt, von denen man
annimmt, dass sie sozusagen seine Glieder bilden. Was also ist das Interesse der Gemeinschaft? – Die
Summe der Interessen der verschiedenen Glieder, aus denen sie sich zusammensetzt.
Es hat keinen Sinn, vom Interesse der Gemeinschaft zu sprechen, ohne zu wissen, was das Interesse des
Individuums ist. Man sagt von einer Sache, sie sei dem Interesse förderlich oder zugunsten des Interesses
eines Individuums, wenn sie dazu neigt, zur Gesamtsumme seiner Lust beizutragen: oder […] die
Gesamtsumme seiner Unlust zu vermindern.
Man kann also von einer Handlung sagen, sie entspreche dem Prinzip der Nützlichkeit, […] wenn die ihr
innewohnende Tendenz, das Glück der Gemeinschaft zu vermehren, größer ist als irgendeine andere ihr
innewohnende Tendenz, es zu vermindern. […] Von einer Handlung, die mit dem Prinzip der Nützlichkeit
übersteinstimmt, kann man stets entweder sagen, sie sie eine Handlung, die getan werden soll, oder zum
mindesten, sie sei keine Handlung, die nicht getan werden soll […]
Ethik 11
Grundpositionen der Ethik: Utilitaristische Ethik
22.10.2018
Das hedonistische Kalkül
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Wenn man einen Menschen für sich betrachtet, so ist für ihn der Wert einer Freude oder eines Leids
gemäß den folgenden Umständen größer oder geringer:
a) die Intensität,
b) die Dauer,
c) die Gewissheit oder Ungewissheit,
d) die Nähe oder Ferne,
e) die Folgenträchtigkeit,
f) die Reinheit einer Lust oder Unlust.
Für eine Anzahl von Personen kommt für die Berechnung noch ein weiterer Umstand hinzu:
g) das Ausmaß, das heißt die Anzahl der Personen, auf die Lust oder Unlust sich erstrecken oder (mit
anderen Worten) die davon betroffen sind.
Wenn man also die allgemeine Tendenz einer Handlung, durch die die Interessen einer Gemeinschaft
betroffen sind, genau bestimmen will, verfahre man so:
1. Man beginne mit einer der Personen, deren Interessen am unmittelbarsten durch eine derartige
Handlung betroffen zu sein scheinen, und bestimmt den Wert jeder erkennbaren Freude und jeden
erkennbaren Leids, die die Handlung hervorgebracht hat.
2. Man addiere die Werte aller Freuden auf der einen und die aller Leiden auf der anderen Seite. Wenn
die Seite der Freude überwiegt, ist die Tendenz der Handlung im Hinblick auf die Interessen der
einzelnen Personen insgesamt gut; überwiegt die Seite des Leids, ist ihre Tendenz insgesamt schlecht.
3. Man bestimmte die Anzahl der Personen, der Interessen anscheinend betroffen sind, und wiederhole
dieses Verfahren im Hinblick auf jeden von ihnen.
4. Man addiere die Zahlen, die den Grad der guten Tendenz ausdrücken, die die Handlung hat, das Gleiche
tue man für die Handlungen, die eine schlechte Tendenz zeigen.
5. Man ziehe die Bilanz: Befindet sich das Übergewicht au der Seite der Freude, so ergibt sich daraus für
die betroffene Gesamtzahl oder Gemeinschaft von Individuen eine allgemein gute Tendenz der
Handlung; befindet es sich auf der Seite des Leids ergib sich daraus für die gleiche Gemeinschaft eine
allgemein schlechte Tendenz.
Arbeitsauftrag:
1. Wende Sie das hedonistische Kalkül auf den folgenden Fall an. Verwenden Sie dabei eine Punkteskala
von -5 (großes Leid) bis +5 (große Freude):
„Eine Familie braucht ein neues Auto. Die Familie besteht aus Vater, Mutter, zwei Kleinkindern und
einem großen Hund. Der Vater hat schon immer von einem schnellen Wagen geträumt und mochte
dringend einen Sportwagen anschaffen. Er hat bereits in seiner Jugend viele Autorennen besucht.
Zugleich ist er ein guter Automechaniker. Das Familienbudget gibt aber nur einen Mittelklassewagen
her, so dass höchstens ein älterer Sportwagen gekauft werden kann. Die Mutter ist eher pragmatisch
und nüchtern veranlagt. Sie liebt keine schnellen Autos und denkt vor allem daran, dass im Auto die
Kinder, der Hund und Einkäufe oder Gepäck bei Urlaubsfahrten untergebracht werden müssen.
Außerdem sollte es günstig im Unterhalt sein. Die Kinder hingegen finden es cool, von ihrem Vater in
einem Sportwagen zur Schule gebracht zu werden.“
2. Arbeiten Sie heraus, welche Schwierigkeiten sich bei der Anwendung des Hedonistischen Kalküls
ergeben und nennen sie Kritikpunkte am hedonistischen Kalkül.
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