Das Tanum System

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Der Osnabrücker Bodenhimmel
Referat, 42. Jahrestagung der Externstein-Vortragstagen des Forschungskreises
Externsteine e.V., gehalten am 1. Mai 2008 in Horn/Bad Meinberg/Externsteine.
von Andis Kaulins1,2
(Copyright © 2008 Andis Kaulins. Alle Rechte vorbehalten.)
I. DER BEGRIFF DES BODENHIMMELS und MEGALITHISCHE ANLAGEN
Die "Projezierung" des Sternenhimmels auf die Erdoberfläche und ihre
Markierung auf irgendeine Weise (z.B. durch Steine, Megalithen bzw.
Monolithen, Dolmen, Menhire, oder auch Hügelgräber) wird in der Fachsprache
als "Bodenhimmel" bezeichnet.
In der "Hermetik"3 finden wir den Leitsatz der Gnostiker:4 "Was unten ist, ist
wie das, was oben ist, und was oben ist, ist wie das, was unten ist."
Diese "Bodenhimmels-Lehre" wurde von Hermes Trismegistos verbreitet.5 Der
Name Hermes bezog sich ursprünglich auf "steinerne Wegweiser".6
Sogar in den ägyptischen Hieroglyphen finden wir Hinweise darauf, dass die
alten Ägypter ihre Grenzsteine auch so plaziert haben - wörtlich "wie der
Himmel".7 Also, auch die Pharaonen benutzten Bodenhimmel.
Im Jahre 1902 berichtete die amerikanische Anthropologin Alice C. Fletcher 8 in
den Artikel Star Cult Among the Pawnee - A Preliminary Report, dass der Skidi
Stamm9 der Pawnee-Indianer in Amerika einen Sternen-Kult praktizierte, wobei
sie ihre Häuser und Wohnsiedlungen (ähnlich denen in Alt-Europa) nach den
Sternen aufbauten, also ein Bodenhimmel.10
J.D. (Doctor of Jurisprudence), Stanford University, USA; Dozent und Lehrbeauftragter
a.D., Rechtswissenschaft, FFA, Universität Trier; Autor, Langenscheidt Fachverlag.
2
Der Autor bedankt sich sehr bei Dr.jur. Gert Meier (Rechts- und Staatswissenschaften,
Geschichte
und
Neuer
Sprachen,
Göttingen;
ehemaliger
NATO-Stipendiat
für
Geisteswissenschaften, Stanford) für wichtige inhaltliche und redaktionelle Anregungen.
3
Hermetik, Wikipedia, <http://de.wikipedia.org/wiki/Hermetik>.
4
Siehe, The Gnosis Archive, <http://www.webcom.com/gnosis/library/hermet.htm>.
5
Jan Assman, Vorwort, Florian Ebeling (Ägyptologie, Universität Heidelberg), Das Geheimnis
des Hermes Trismegistos, <http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?docid=158245>, C.H.
Beck, 2005, ISBN 3-406-52816-3.
6
Hermes, Gnosis.org,<http://gnosis.org/hermes.htm>.
7
John F. Brock, Four Surveyors of the Gods: In the XVIII Dynasty of Egypt – New
Kingdom c. 1400 B.C.,
<http://www.fig.net/pub/cairo/papers/wshs_02/wshs02_01_brock.pdf>.
8
Alice C. Fletcher, Star Cult Among the Pawnee - A Preliminary Report, American
Anthropologist, October-December, 1902 Vol.4(4) S. 730,
<http://www.publicanthropology.org/Archive/Aa1902.htm>. Kurze Rezensionen dieses Artikels
findet man bei <http://snipurl.com/kk4o> bzw.
<http://64.233.183.104/search?q=cache:SrrXmq3hzRUJ:www.publicanthropology.org/Archive
/Aa1902.htm+Archive/Aa1902.htm&hl=en>.
9
Pawnee Indians of the North Central U.S., North American Indian Astronomy,
<http://physics.unr.edu/grad/welser/astro/american.html>.
10
H. Stiebritz, Die Pawnee <http://www.indianerwww.de/indian/pawnee.htm>.
1
-1-
2
Megalithen: Astronomische Markierungen der Vorzeit
Daß megalithische Anlagen in der Frühzeit astronomischen11 und
landvermessungs-technischen Zwecken gedient haben können, ist eine Idee,
die im Werden begriffen ist.
Dieser Prozeß des Werdens betrifft nicht nur die Grundsubstanz der Idee
selbst, sondern auch ihre Akzeptanz der Plausibilität.
In Deutschland erfolgt diese vor allem wegen der hiesigen Entdeckung der
Himmelscheibe von Nebra im Jahre 1999, eine Entdeckung, die zwingend
bewiesen hat, daß die Vorfahren der Germanen die Astronomie vor 3600
Jahren schon gut kannten.
In der klassischen Altertumswissenschaft ist offenbar eine Sinneswandel im
Gange. Eine durch Fakten erzwungene archäoastronomische Sicht findet
allmählich Einzug und muß sie finden.
Die Beweise für die Richtigkeit der astronomisch-bezogene Interpretation der
Megalithen mehren sich und lassen sich nicht mehr ignorieren. Stein für Stein,
besonders in Deutschland, wird die kulturelle Geschichte der Menschheit in
wesentlichen Aspekten neu geschrieben.12
Um die Tragweite dieser weitreichenden Entwicklung für die Frühzeit- und
Altertumswissenschaft zu erahnen, brauchen wir nicht weiter als nach
Schweden zu blicken, wo Göran Henriksson (Astronomie und Astrophysik) und
Mary Blomberg (Archäologie und Altertumsgeschichte) von der Uppsala
Universität, der ältesten Universität Skandinaviens, die Wichtigkeit der
Archäoastronomie in den letzten Jahren stark vertreten haben.
In den Abstract zu Archaeoastronomy: New trends in the field, with methods
and results from studies in Minoan Crete [Archäoastronomie: Neue
Forschungsrichtungen am Beispiel des minoischen Kretas]13 schreiben
die Autoren Henriksson und Blomberg wie folgt (wir übersetzen aus dem
Englischen):
Im weitesten Sinne zeigen unsere Ergebnisse eine systematische Beobachtung der
himmlischen Körper schon seit dem Ende der ersten minoischen Periode (etwa um 2000 v.d.
Ztr.) und auch die Verwendung der so erworbenen Kenntnisse zwecks Navigation und der
Regulierung eines lunisolaren Kalenders. [Betonung zugefügt]
Der Name Hermes bezog sich ursprünglich auf die "steinernen Wegweiser".
Diese Entwicklung haben einige Autoren als kluge Vordenker schon im voraus gesehen, z.B.
Gert Meier, Die deutsche Frühzeit war ganz anders, 1999, Grabert-Verlag, Tübingen,
Veröffentlichungen
aus
Hochschule,
Wissenschaft
und
Forschung,
Band
XX
<http://www.amazon.de/deutsche-Fr%C3%BChzeit-Standortbestimmung-VorgeschichteDeutschen/dp/3878471750>.
13
Göran Henriksson und Mary Blomberg, Archaeoastronomy: New trends in the field,with
methods and results from studies in Minoan Crete, Journal of Radioanalytical and Nuclear
Chemistry , Akadémiai Kiadó, co-published with Springer Science+Business Media B.V.,
(Online) Issue Volume 247, Number 3 / March, 2001 pp. 609-619, Springer Link Date Friday,
October 29, 2004 <http://www.springerlink.com/content/j81040078w2u2v12/>.
11
12
-2-
3
[„In broadest terms [our] results show systematic observation of the heavenly bodies from the
end of the early Minoan period (ca. 2000 BCE) and the use of the knowledge obtained to
regulate a lunisolar calendar and to navigate.]
Nicht nur das Wissenschaftliche, das Regulierende, und das Technische (für
den damaligen Raum und die Zeit), sondern auch das Kulturelle und das
Menschliche waren in der Frühzeit ausschlaggebend für die breite Verwendung
der Himmelskörper als naturgegebenen Markierungs-Vorlagen auf Erden.
Andreas Goppold, Professor a.D. für Kommunikation, Medien und Grundlagen
der Informatik an der Universität Ulm, schreibt in seiner Erklärung der
Noologie, der Wissenschaft des Denkens über Raum und Zeit, in Bezug auf die
epische Mythengestaltung im alten Griechenland and deren Projektion auf
den Sternenhimmel wie folgt: 14
„Die epische Kunst der Konstruktion von Semantischen Rhizomen [Wurzelwerk der Sprache]
liegt in der Komposition der ethischen Leitmotive einer Kultur in der Weise dass die mit den
Versen anklingenden Passagen den ganzen Kanon des Denkens und Empfindens durchlaufen
(und den Rezitator und seine Zuhörer durchlaufen lassen), welche eben den Empfindungs- und
Vorstellungshorizont einer Kultur abstecken.
Mit der Inszenierung solcher Aufführungen wurde das Kulturgerüst immer wieder aufgefrischt
als erlebbare Wirklichkeit. Dies garantierte die Kohärenz einer Kultur über (mehrere tausend
Jahre und km von) Raum und Zeit.
Dies lässt sich so ähnlich verstehen, wie die Projektion solcher sagenhafter Motive
auf den Sternenhimmel.
Auch diese sind Merkhilfen. So lassen sich die archäoastronomischen Interpretationen der alten
Mythen (H. v. Dechend) auch verständlicher machen. Es sind nicht eigentlich die
astronomischen Daten, die gespeichert wurden, sondern anhand der Bewegungen der Gestirne
wurden die Untereinander-Bewegungen und -Beziehungen der kulturellen Zentralthemen
memorisierbar.
Der Sternenhimmel lässt sich ja nach Belieben in verschiedene statische Figuren unterteilen,
von denen nur die Planeten periodische Ortswechsel vornehmen, aber trotzdem haben alle
Menschheitskulturen daraus ähnliche Konfigurationen gebildet.“ [Betonung zugefügt]
Somit wird es begreifbar, daß die Menschen der Frühzeit zwei eminent wichtige
Ansatzpunkte hatten, um die Megalithen als astronomisch-bezogene
Markierungen zu verwenden: zum einen als praktische irdische und territoriale
Wegweiser, mit denen unsere Ahnen die Erde kartographiert haben, und zum
anderen als kulturspezifische Markierungen, die eine erlebte und erlebbare
Wirklichkeit der damaligen Kulturgegebenheiten widergespiegelt haben.
Die Welt unten glich prinzipiell die Welt oben. Dies war das „hermetische“
Prinzip, und die Menschen haben daher viele Bodenhimmel auf Erden errichtet,
d.h. die Projektion der Sternenhimmel auf Erden (Bodenhimmel), und auch
umgekehrt: sie haben das eigene Kulturgerüstes auf den Sternenhimmel
projiziert.
Andreas Goppold, Noologie Vol II: Jenseits von Liebe, Wissen und Macht (NOO2-1), Die
Noo-Serie: Band II-1, Version: 070526, <http://www.noologie.de/noo2.pdf>.
14
-3-
4
II. Der Vor-Germanische Bodenhimmel und Osnabrück
Abbildung 1A15 (ursprünglich veröffentlich in Stars Stones and Scholars)16
zeigt unsere Entzifferung der Sternenzuordnungen der Megalithen VorGermaniens (d.h. Germanien wie es wohl in der Frühzeit war, natürlich, nicht
unter diesen Namen).
Unsere These war und ist, daß Vor-Germanien in der Frühzeit (etwa 3117 v. d.
Ztr.) durch Megalithen landvermessungs-technisch mit Hilfe der Astronomie
vermessen wurde. Zu diesem Zwecke wurden auf der Erde entsprechend
himmlischen Vorbildern (Modellen) Megalithen (bzw. Petroglyphen) so
errichtet, daß ihre irdische Positionen die Stellungen der Sterne im Himmel
widergespiegelten, also Bodenhimmel.
Wie man in Abbildung 1A sehen kann, entspricht Osnabrück im gesamt
Vor-Germanischen Bodenhimmel der Position der Sterne von Corona
Borealis (die Nördliche Krone) und Serpens Caput.
Dies heißt nicht, daß die damaligen Baumeister des Bodenhimmels genau die
gleichen Sterne eingesetzt haben, wie wir sie heute für diese Sternbilder
verwenden. Es heißt auch nicht unbedingt, daß genau die selben Sternbilder
damals existiert haben müssen. Es heißt aber doch, daß man im etwa die
gleichen hellen Sterne in diesem Himmelsgebiet verwendet hat, wie wir sie
heute verwenden.
Als der Verfasser dieses Beitrages im Jahre 2003 die Sternenzuordnung für
Osnabrück und Umgebung vornahm, gab es nur wenige stichhaltige Beweise
für diese Plazierung : außer, daß nach dem entdeckten Gesamtsystem, das für
Vor-Germanien galt, diese Sternenpositionen zwingend waren, d.h.: wenn die
anderen vom Autor in Vor-Germanien entdeckten Sternenzuordnungen
stimmten, dann konnte es – lagebedingt – auch in Osnabrück gar nicht anders
sein.
Andis Kaulins, Sternensteine - Darstellungen frühgeschichtlicher Astronomie am Beispiel
der Externsteine [Star Stones - Prehistoric Astronomy on the Example of the Extern Stones],
Frühgeschichtliche Astronomie in Norddeutschland, Schriftliche Fassung der Referate,
gehalten auf der 39. Jahrestagung des Arbeitskreises Walther Machalett am 06. und 07. Mai
2005 in Horn/Externsteine. CD-ROM erhältlich beim Forschungskreis Externsteine e.V.,
Postfach
1155,
32792
Horn-Bad
Meinberg
http://www.forschungskreisexternsteine.de/Rueckschau.html.
16
Andis Kaulins, Stars Stones and Scholars: The Decipherment of the Megaliths as an
Ancient Survey of the Earth by Astronomy, Trafford Publishing, Kanada, USA und Irland,
2003 (ungeb.), 2006 (gebunden) <http://www.trafford.com/4dcgi/robots/03-1722.html, und
<http://www.amazon.de/Stars-Stones-Scholars-Decipherment-Astronomy/dp/1412201357/>,
Rezensionen: Science Book Review <http://www.scienceagogo.com/news/books-21-906.shtml>, Customer Reviews, Amazon
<http://www.amazon.com/review/product/1412013445/ref=dp_top_cm_cr_acr_txt/0023824626-5286446?%5Fencoding=UTF8&showViewpoints=1>.
15
-4-
5
Abbildung 1A: Der Bodenhimmel Vor-Germaniens
Heute steht eine der größten und modernsten Sternwarten Deutschlands nur
etwa 25 km von Osnabrück entfernt. Osnabrück indessen hatte schon vor
vielen tausend Jahren mit der Astronomie zu tun gehabt. Im Jahre 1929
schrieb der damalige Osnabrücker Rektor Gustav Friedrichs, daß er
astronomische Zeugnisse des Altertums in Osnabrück und Umgebung gefunden
habe. Seine Entdeckungen hat Friedrichs in „Germanische Astronomie und
Astrologie während der Stein- und Bronzezeit veröffentlicht.17.
Gustav Friedrichs, Germanische Astronomie und Astrologie während der Stein- und
Bronzezeit (in zwei Abhandlungen: 1) Astronomie und Astrologie währen der Stein- und
Bronzezeit in Nordwesteuropa und 2) Die Gertrudenberger Höhle bei Osnabrück : eine
germanische Kulstätte um 1600 v. Chr.), Hellerau bei Dresden : Lindenberg, 1929 (Standort:
Hamburger Sternwarte, Signatur: 911/44); Faksimile Edition 1998, Band 69, Gustav
Friedrichs, Germanische Astronomie und Astrologie, Burkhart Weecke / Verlag, Horn am
Externsteine. <http://www.weecke-verlag.de/HTML/Verlag/elemente-start.htm>.
17
-5-
6
Der bronzezeitliche Friedhof bei Erfurt (von Friedrichs behandelt)
Abbildung 1B :
(Abb. 7 aus Friedrichs, „Der bronzezeitliche Friedhof bei Erfurt“)
Friedrichs zeichnet die Gräber des bronzezeitlichen Friedhofs bei Erfurt wie in
Abbildung 1B ein, und versucht hier verschiedene Sternen-Visurlinien durch
Feststellung der Azimute zu identifizieren (Abbildung 1C).
Abbildung 1C : (Abb. 11 aus Friedrichs, seine Erfurter Interpretation)
-6-
7
Um die Erklärung der Gräber des bronzezeitlichen Friedhofs zu Erfurt zu
ermöglichen, haben wir die Zeichnung von Friedrichs diesbezüglich weitgehend
auf Gräber mit Steinpackung (Englisch cairns) reduziert (Abbildung 1D).
Abbildung 1D : Gräber mit Steinpackung (Cairns), Erfurt
Wir haben festgestellt, daß die Gräber der bronzezeitlichen Friedhofs zu Erfurt,
wie es aus der astronomisch-geographischen Einteilung für Vor-Germanien in
Stars Stones and Scholars zu erwarten wäre, die Sterne von Perseus
(Abbildung 1F) und die Sterne der Pleiaden (siehe dazu auch Abbildung 1E)
darstellen (die Pleiaden sind eindeutig der zwingende Beweis hier) und es sind
sogar noch Sterne aus dem Fuhrmann da, inklusive Capella, die das Meridian
der Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleiche in 3117 v.d.Ztr. markiert haben.
Abbildung 1E : PLEIADEN, heute und Winterbourne Stoke 3000 v.d.Ztr
-7-
8
Abbildung 1F : Erklärung der Bronzezeitlichen Friedhof bei Erfurt :
Die Gräber mit Steinpackung (Cairns) als Perseus, Pleiaden, Fuhrmann
-8-
9
Abbildung 1G : (Abb. 12 aus Friedrichs)
Die Hünengräber von Odry, Kreis Konitz, Westpreußen (heute Polen)
Ähnlich haben wir die Hünengräber (Abbildung 1G) von Odry, Kreis Konitz,
Westpreußen, heute in Polen, analysiert. Wenn wir alles entfernen bis auf die
Hünengräber in Friedrichs Zeichnung von Odry, Konitz, Westpreußen
(Abbildung 1G), ergibt sich Abbildung 1H. Diese Abbildung zeigt eindeutig
daß Odry (schon vom Namen her linguistisch mit der Bedeutung „Wasser“,
indogermanisch *wod-or, verwandt) die Sterne des Wassermanns zeigt. In
Stars Stones and Scholars haben wir geschrieben, daß das Territorium des
heutigen Polens im megalithischen Zeitalter die Sterne des Wassermanns in
den germanischen Gebieten markiert hat. Die von Gustav Friedrichs
gezeichnete Karte von den Hünengräbern von Odry, Kreis Konitz, in
Westpreußen, heute Polen, bestätigt dies eindeutig (Abbildung 1H).
-9-
10
Abbildung 1H : Die Hünengräber von Odry als Wassermann
Diese zusätzlichen astronomischen Entzifferungen der Vor-Germanischen
megalithischen Orten, ermöglicht durch die megalithischen Ortskarten von
Gustav Friedrichs, bestätigen eindrucksvoll die landesweite systematische
Vorgehensweise der Vor-Germanen bei der Errichtung einer grossflächigen
Bodenhimmel, wobei Osnabrück die Stelle der Nördlichen Krone eingenommen
hat. Alles stimmt zusammen.
- 10 -
11
Im Rahmen seiner Abhandlung hat Friedrichs sich auch mit der Astronomie in
Osnabrück und Umgebung beschäftigt. Damit werden wir uns nun befassen,
denn es ist nicht nur so, dass Osnabrück im gesamt Vor-Germanischen
Bodenhimmel die Stelle der Nördlichen Krone einnimmt. Osnabrück bildete
selbst ein Teil eines lokalen Bodenhimmels, der rund um Osnabrück erstreckt.
III. DER OSNABRÜCKER BODENHIMMEL
Rektor Gustav Friedrichs, megalithischer Vordenker aus Osnabrück
Die Pionierarbeit Friedrichs ist auf diesem Gebiet ein prägnantes Beispiel dafür,
mit welchen vielfältigen Schwierigkeiten fast alle Forscher, die sich mit der
Megalithzeit beschäftigten, in den vergangenen Jahren zu kämpfen hatten.
Nicht nur war die Erklärung der Frühzeit in der Sache selbst schwierig. Wer
neue Wege ging, mußte Hohn und Spott seitens der irrelaufenden
herkömmlichen Wissenschaft in Kauf nehmen. Friedrichs schreibt:18
„Nach noch allgemein herrschender Ansicht haben Indogermanen und Germanen vor Beginn
unserer Zeitrechnung keine Astronomie getrieben. Nun befinden sich aber in der Bretagne in
Frankreich, in England und anderen Ländern Reihen von ganz gewaltigen Felsblöcken, die nach
dem französischen Korvettenkapitän Alf. Devoir verschiedene Punkte am Horizonte
bezeichnen, in denen die Sonne an verschiedenen Tagen im Jahre, wie am längsten oder
kürzesten Tage, oder an Tagen, die für die Landwirtschaft von Bedeutung sind, auf- oder
untergeht. Das zeigt, daß man schon zur Steinzeit in Nordwesteuropa Astronomie getrieben
hat. Alf. Devoir hat daher recht, wenn er schreibt: "In der Heide tauchte eine vielleicht weniger
gelehrte, aber nicht weniger alte Astronomie als die der Chaldaer auf, und wir ahnen, welcher
der geistige und wirtschaftliche Zustand unserer fernen Vorfahren sein konnte“. 19
Mitten in dem gewaltigen englischen Steindenkmal Stonehenge liegt ein großer flacher Stein,
der Altarstein, und 200 Schritte vor dem Eingange steht der sogenannte astronomische Stein.
Stand man nach der Vollendung des Denkmals vor dem Altarsteine, so sah man am 21. Juni,
dem längsten Tage, den glänzenden Sonnenball über dem astronomischen Steine aufgehen.
Jetzt geht die Sonne am längsten Tage etwas rechts davon auf. Aus dieser Abweichung hat der
englische Astronom Lokyer [Sir Joseph Norman Lockyer] berechnet, daß Stonehenge um 1680
v. Chr. erbaut ist. Also schon um 1680 v. Chr. verstand man astronomisch in England ganz
genau den längsten Tag festzustellen.
Wenn man nun aber glaubt, daß unsere Altertumsforscher im Sinne Devoirs und Lokyers
weiter gearbeitet hätten, so irrt man sich gewaltig. Als Direktor Teudt in Detmold mit Hilfe
zweier Berliner Astronomen nachwies, daß das Gut Österholz nördlich Lippspringe Sternlinien
zeige, äußerte sich ein bekannter Altertumsforscher, daß ihm übel würde, wenn er davor höre,
daß Indogermanen und Germanen Astronomie sollten getrieben haben, und von gebildeten
Laien wurde Teudt für einen Phantasten erklärt. Das hat mich natürlich nicht abgehalten,
Nachforschungen anzustellen, in welcher Weise zur Stein- und Bronzezeit in Nordwesteuropa
Astronomie getrieben ist.“
Nichtsdestotrotz wird die Arbeit Friedrichs leider immer noch nicht gebührend
gewürdigt, auch nicht von anderen Megalith-Forschern.
18
19
Ibid.
Mannus, B., I, S. 73.
- 11 -
12
Der Osnabrücker Astronom Dr. Andreas Hänel, selbst ein Verfasser von
Abhandlungen über die astronomische Orientierung von Megalithen, 20 auch in
Osnabrück, schrieb im Jahre 1993 unter den Titel Steinzeit-Sternwarten in
Osnabrück? wie folgt:21
Die Astronomie wird häufig als die älteste Wissenschaft bezeichnet. Doch wie weit lassen sich
die Anfänge der Sternenkunde zurückverfolgen? Eine ganz wesentliche Änderung in der
Entwicklung des Menschen gab es in der Jungsteinzeit. Bestritt der Mensch vorher seinen
Lebensunterhalt durch die Jagd von Tieren und das Sammeln von Früchten, so begann er in
dieser Zeit mit dem Ackerbau. Für die Festlegung von Saat- und Ernteterminen war ein
Kalender notwendig, der am Lauf der Gestirne abgeleitet werden konnte. Allerdings ist dies
schwierig nachzuweisen, da aus der Zeit keine schriftlichen Dokumente überliefert sind. So ist
man auf indirekte Schlüsse angewiesen. Immer wieder werden die Großstein- oder
Megalithbauten aus dieser Epoche als Sternwarten interpretiert. Eine stark ideologisch
geprägte Blüte erreichte die "germanische Astronomie" in den zwanziger und dreißiger Jahren.
In Osnabrück glaubte der Rektor Gustav Friedrichs Abbildungen von Gestirnen und
Sternbildern auf den Steinen der Megalithgräber gefunden zu haben, und Runen sollten
astronomischen und kalendarischen Inhalt haben. Doch die Zeichnungen waren wohl der
Phantasie Friedrichs' entsprungen und bereits damals heftig umstritten.
Häufig wird die Ausrichtung der Großsteingräber zu Auf- oder Untergangspunkten heller
Gestirne als Beweis für astronomische Kenntnisse der Jungsteinzeitvölker herangezogen.
Bekannteste Beispiele sind Stonehenge in Südengland und die Steinreihen in der Bretagne. Für
den Osnabrücker Raum behauptete Friedrichs, daß die Teufelssteine in Lüstringen um 60 Grad
westlich von Süden ausgerichtet seien. Längs dieses Grabes hätte vor 3600 Jahren der
Untergang des hellsten Sternes am Himmel, Sirius, beobachtet werden können. Doch die
Messung mit einem einfachen Kompaß zeigt, daß die Teufelssteine um 83 Grad gegen Süden
abweichen und damit fast in ost- westlicher Richtung ausgerichtet sind. In dieser Richtung
kann Sirius nie auf- oder untergehen, sondern nur weiter südlich.
Um zuverlässigere Informationen zu erhalten, wurde eine genauere Untersuchung der
Ausrichtung von Großsteingräbern gestartet. Zunächst wurden mit einem Kompaß die
Richtungen der Eingänge von etwa 50 Großsteingräbern in der Bretagne, einem Zentrum der
Megalithkultur, gemessen. Und hier zeigte sich, daß fast alle Zugänge nach Südosten
ausgerichtet sind. In dieser Richtung geht die Sonne zum Winteranfang auf. Da die Sonne in
der Folge wieder höher wandert, wird der Zeitpunkt auch häufig (z.B. bei Naturvölkern) als
ihre Wiedergeburt interpretiert. Vielleicht symbolisierte das Licht der aufgehenden Wintersonne
in der Grabkammer für die Steinzeitmenschen eine Wiedergeburt der Toten.
Für 44 Langgräber des Osnabrücker Raums ergab sich ein anderes Ergebnis: sie sind vor allem
in Ost-West-Richtung orientiert. Der Zugang war wohl immer auf der südlichen Langseite,
zeigte also fast immer nach Süden. Eine ähnliche Ausrichtung war bereits früher von Berliner
Astronomen für fast 100 Megalithgräber in Mecklenburg gefunden worden. Im norddeutschen
Bereich zeigen die Eingänge also in die Richtung, in der die Sonne ihre höchste Stellung
erreicht. Damit haben die Menschen vor 5000 Jahren keine übertrieben genaue Sternwarten
gebaut, aber offenbar haben sie den Lauf der Sonne über den Himmel sehr genau verfolgt,
eine Kenntnis, die vielen Menschen unserer heutigen Zeit verloren gegangen ist. Die genauen
Ergebnisse der Untersuchungen sind in den Osnabrücker Naturwissenschaftlichen Mitteilungen
für 1991 und 1992 erschienen.
Dr. Andreas Hänel (Osnabrück), Abstract, Astronomie in der Steinzeit - astronomische
Orientierung von Megalithgräbern, „Auf der Suche nach den frühesten Hinweisen auf
astronomische Beobachtungen sind wir auf mögliche astronomische Orientierung von
Bauwerken angewiesen. Geeignete Monumente sind die megalithischen Bauten des
Neolithikums….“ http://www.math.uni-hamburg.de/math/ign/kolloq/koll.html#12.
21
Dr. Andreas Hänel, Steinzeit-Sternwarten in Osnabrück?, Der Osnabrücker Bürger, 69,
1993, http://www.home.uni-osnabrueck.de/ahaenel/megal.html.
20
- 12 -
13
Es mag richtig sein, wie Dr. Hänel vorträgt, daß Friedrichs hier und da
womöglich geirrt hat, aber sicherlich nicht absichtlich. Man hat im Jahre 1929
sein Bestes getan, um möglichst genaue Information zu bekommen. Dies war
damals wesentlich schwieriger als heute.
Pionierarbeit ist immer ein Wagnis. Wer wissenschaftliches Neuland betritt,
kann nicht fehlerfrei bleiben, denn der Weg ist vorher nicht bekannt und
manche Irrwege sind vorprogrammiert. Deshalb wird man keinen Pionier
finden - und Friedrichs war ein Pionier im wahrsten Sinne des Wortes –, der
immer Recht in allen seinen Hypothesen bzw. Messungen behält. Irrtümer sind
hier unvermeidlich, aber diese unvermeidlichen Irrtümer sollen unsere
Einschätzung der Pionierarbeit nicht schmälern.
Nicht, was falsch war, sondern was richtig war, ist wichtig.
Auch wir werden einige konkrete Beispiele geben, wo Friedrichs
möglicherweise geirrt hat Das bedeutet aber keinesfalls, daß wir seine Arbeit
nicht zu schätzen wissen. Ganz im Gegenteil, wir betrachten Gustav
Friedrichs als einen erstrangigen Vordenker der Verhältnisse des
Megalithikums. Er hat sehr früh erkannt, daß die Megalithen vielfach
auf die Fixsterne ausgerichtet waren, ein Gedanke, der damals fast
revolutionär war und immer noch nicht richtig verstanden wird.
Herkömmliche Archäologen und Astronomen suchen an den Megalithen fast
nur Sonnen- und Mondstellungen - als ob unsere Ahnen nichts besseres zu tun
gehabt hätten als, immer wieder und überall, die Stellungen von Sonne und
Mond zu prüfen. Weit hat diese Art der Forschung die herkömmliche
Wissenschaft nicht gebracht. Die Megalithen bleiben für diese Forscher – nach
wie vor – ein Buch mit sieben Siegeln. Anscheinend liegt das Geheimnis
anderswo.
Wenn Dr. Hänel schreibt, daß:
„In Osnabrück glaubte der Rektor Gustav Friedrichs Abbildungen von Gestirnen
und Sternbildern auf den Steinen der Megalithgräber gefunden zu haben, und
Runen sollten astronomischen und kalendarischen Inhalt haben. Doch die
Zeichnungen waren wohl der Phantasie Friedrichs' entsprungen und bereits
damals heftig umstritten“,
dann hat er total übersehen, daß gerade dieser Gedanke Friedrichs - die
Existenz eines Osnabrücker Bodenhimmels - der allerwichtigste Gedanke war.
Friedrichs hatte begriffen, daß die Sterne die Haupterklärung für die
Osnabrücker Megalithen liefern könnten, und nicht der Mond oder die Sonne.
Friedrichs – wie die moderne Astronomie es übrigens auch tut – schaute in
Richtung Sterne.
- 13 -
14
Dazu muß hier gesagt werden, daß es nicht der Autor dieses Beitrags war, der
die Wichtigkeit der Arbeit von Gustav Friedrichs zuerst erkannte. Dr. Gert
Meier, Vorsitzender der Forschungskreis Externsteine e.V. 22 liess die Arbeit von
Friedrichs dem Autor zukommen, mit der Bitte, die Arbeit Friedrichs
auszuwerten, und, wo nötig und falls möglich, weiterzuführen.
Die Ergebnisse dieser Prüfung und der weiterführenden Arbeit sind wichtig für
die Erforschung der Megalithen in Osnabrück und anderswo. Friedrichs wird
Recht behalten – Sterne sind die Schlüssel zur Lösung vieler Rätsel der
Megalithkultur.
Gustav Friedrichs und sein Heft, Germanische Astronomie und
Astrologie während der Stein- und Bronzezeit,23 darunter auch ein
Aufsatz über Astronomie in Osnabrück und Umgebung
Die alten Germanen kannten die Astronomie sehr wohl
Das von Friedrichs verfaßte, oben genannte 32-seitige Heft haben wir mühselig
aus der ursprünglichen altgermanischen Frakturschrift, die Albrecht Dürer
schon im Jahre 1513 verwendet hat,24 per Hand in moderne Schrift übertragen
und zusammen mit den gescannten Abbildungen aus dem Werk von Friedrichs
als Anhang integriert. Somit steht eine digitale Version dieses Pionierwerkes
zur Verfügung und erleichtert dadurch nicht nur die allgemeine Lesbarkeit,
sondern erlaubt auch das Lesen und Zitieren im Internet.
Wie aus diesem dem Werk erkennbar ist, war Gustav Friedrichs ein
hochintelligenter Mann, der seiner Zeit astronomisch weit voraus war. Wir
zitieren Friedrichs zu der allgemeinen Lage in seinem Forschungsgebiet im
Jahre 1929:25
Wollten daher die Indogermanen und Germanen das Wesen und das Wirken ihrer Götter
kennenlernen, so konnten sie das nur durch die Astronomie, denn diese lehrt uns die den
Göttern zugrunde liegenden astronomischen Erscheinungen und ihre Natur kennen. Wer daher
behauptet, die Indogermanen und Germanen hätten vor Chr. keine Astronomie getrieben, hat
keine Ahnung, daß allen unseren Mythen, Märchen und Sagen nur astronomische
Erscheinungen zugrunde liegen…. Der bronzezeitliche Friedhof [von Erfurt] zeigt uns … daß die
Archäologie wohl Altertümer entdecken und auch genau beschreiben kann, daß sie aber
vielfach nicht imstande ist, das wahre Wesen derselben zu erkennen; das vermag aber die
astrologische Astronomie, die leider bis jetzt von den Altertumsforschern fast ganz und gar
vernachlässigt ist, und von der sie daher kaum eine Ahnung haben.
Forschungskreis Externsteine e.V., eingetragen im Vereinsregister des Amtsgerichts Detmold
unter Nr. VR 1181, http://www.forschungskreis-externsteine.de/Impressum.html.
23
Gustav Friedrichs, Germanische Astronomie und Astrologie während der Stein- und
Bronzezeit (Astronomie und Astrologie währen der Stein- und Bronzezeit in Nordwesteuropa
und Die Gertrudenberger Höhle bei Osnabrück : eine germanische Kulstätte um 1600 v. Chr.),
Hellerau bei Dresden : Lindenberg, 1929 (Standort: Hamburger Sternwarte, Signatur:
911/44); Faksimile Edition 1998, Band 69, Gustav Friedrichs, Germanische Astronomie und
Astrologie, Burkhart Weecke / Verlag, Horn am Externsteine.
24
Fraktur (Schrift), Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Fraktur_(Schrift.
25
Ibid., S. 12, 19.
22
- 14 -
15
Seit der Entdeckung der Himmelsscheibe von Nebra wissen wir alle, daß
Gustav Friedrichs, damals vielfach belacht und ignoriert, Recht hatte und
alle seine Widersacher im Unrecht waren.
Es kann nicht mehr bestritten werden: die Alt-Germanen kannten die
Astronomie doch. Unsere Aufgabe heute ist leichter als damals die von
Friedrichs. Wir brauchen nicht mehr erst beweisen, daß die alten Germanen
bzw. deren Ahnen und Vorfahren die Astronomie als Wissenschafts kannten.
Heute geht es nur noch – aber immerhin! - um die Interpretation des
vorhandenen Beweismaterials. Das ist eine Aufgabe, bei der die
herkömmlichen archäologischen Forscher - heute wie zur Zeit Friedrichs - eine
„Erkennungs-Befähigung" in Bezug auf die Megalithen in Anspruch nehmen, die
sie gar nicht haben und nie hatten, nämlich, die Befähigung, die
Sternenzuordnung der verschiedenen megalithischen Steine und Schauplätze
zu erkennen.
Im Gegensatz beschäftigt der Autor dieses Beitrages sich mit diesem Thema
seit mehr als dreißig Jahren. Spezialisiert hat er sich insbesondere mit der
Zuordnungen von Megalithen und Petroglyphen zu Sternen oder Sternbildern
Diese Gebilde dienten in den Zeiten vor der Entdeckung der Schrift als
steinerne Dokumentations-Zeugnisse der Menschheit.
Die heutige Archäologie kann eine solche Erklärung nicht leisten; sie hält ihre
Augen permanent auf der Erde gerichtet. Die heutige Astronomie kann dies
auch nicht. Ihre Augen haben ständig den Himmel im Visier. Keiner der beiden
ist einer hermetischen Sicht der Dinge fähig. Sie besitzen weder die Erkenntis
noch Erfahrung, daß die Ur- und Frühzeitvölker die Dinge des Himmels und die
Dinge der Erde mit einander verbunden haben nach dem Motto: „Wie am
Himmel, also auch auf Erden“.
Seit der Vorzeit haben die Menschen die Stellung der Sterne als eine
himmlische Straßenkarte verwendet, die man unten auf der Erde duplizierte,
auf vielfältige Weise, und für viele Zwecke.
Auch Friedrichs war relativ unerfahren auf diesem Gebiet. Als Pionier konnte er
selbst
nicht
auf
langjährige
Erfahrungen
mit
der
megalithischen
Sternenzuordnung zurückgreifen. Er befand sich ja buchstäblich am Beginn der
archäoastronomischen Forschung. Außerdem standen ihm viel weniger Material
und Dokumentationen zur Verfügung, als wir es heute zur Hand haben.
Da unsere Informationsbasis viel breiter ist als die im Jahre 1929, werden wir
notgedrungen einige von Friedrichs Sternenidentifikationen zwar „verbessern“
müssen, wir werden dabei aber seinen großen Verdienst nicht schmälern.
- 15 -
16
Als der Verfasser dieses Beitrages sein Buch, Stars Stones und Scholars26
schrieb, hatte er von Gustav Friedrichs nie etwas gehört. Friedrichs war
weitgehend unbekannt. Erst durch die Initiative von Gert Meier erfuhr man,
daß Friedrichs in Deutschland schon im Jahre 1929 einige megalithische und
petroglyphische Schauplätze in Deutschland und Schweden als astronomisch
bezeichnet hat, was absolut richtig war. Wie Friedrichs selbst in seinem Werk
berichtet, brachte ihn erst der französischen Korvettenkapitän Alfred Devoir27
auf die Idee, daß die Stellung von Megalithen mit der Astronomie etwas zu tun
haben könnte.
Daß Friedrichs bei der Zuordnungen einzelner Steine zu Sternen und
Sterngruppen – unseres Erachtens nach – hier und da eventuell falsch lag,
erklärt sich unschwer: Er konnte nicht wissen, daß nicht nur Osnabrück im
Kleinen, sondern auch das spätere Germanien im Großen als Bodenhimmel
diente. Die Vorfahren der Germanen benutzten ein System, wobei sie die
Sternengruppierungen im Himmel auf der Erde widerspiegelten, „wie oben, so
auch unten“.
Durch unsere Abbildung 3 (diese beruht auf Abbildung 16 in Friedrichs’ Heft
von den „Hünengräber und alte heidnische Kultstätten in der Umgebung von
Osnabrück um 1600 v. Chr.“) wird Zuordnung der Steingruppen bei Osnabrück
zu Corona Borealis (Nördliche Krone) und Serpens Caput geradezu spektakulär
bestätigt.
Wir sehen, daß Abbildung 2 (dies entspricht Abbildung 16 von Friedrichs’) die
Sternlinien zeigt, die Friedrichs glaubte, in Hünengräber und heidnischen
Kultstätten in Osnabrück und Umgebung entdeckt zu haben. Wir selbst
befassen uns mit diesen Sternlinien hier nicht. Friedrichs hat diese
Sternlinien
ausführlich
beschrieben
und
sie
wurden
in
unserem
Gemeinschaftswerk28 kommentiert.
Was uns dagegen an Abbildung 2 interessiert, sind die megalithische Steine
und Hünengräber, die von Fachleuten zum Teil um die 3000 v.d.Ztr. datiert
worden sind, und die wir zwecks Sternenzuordnung untersuchen wollten – und
untersucht haben.
Wie man aus Abbildung 2 sehen kann, hat Friedrichs Sternlinien gezogen, die
Hünengräber und megalithische Steine auch mit Bauwerken aus ganz anderen
Epochen
verbinden.
Dafür
hat
er
das
Beobachter-basiertes
Horizontsystem für seine Visurlinien verwendet, wie es heute in der
Archäoastronomie allgemein üblich ist.
Andis Kaulins, Stars Stones and Scholars, siehe Fussnote 16.
GIOT P. R. Giot, Chronique de préhistoire et de protohistoire finistériennes pour 1984 [u.a.
Biographie v. Alfred Devoir] , Bulletin de la Société Archéologique du Finistère, 1984, B.
113, S.9-18, <http://cat.inist.fr/?aModele=afficheN&cpsidt=12075087.>
28
Gustav Friedrichs - Andis Kaulins - Gert Meier, Osnabrück und die Externsteine in der
Frühgeschichte, Weiße Reihe Bd. 1, Forschungskreis externsteine. V. 2008.
26
27
- 16 -
17
Dieses Koordinatensystem ist aber orts- und zeitabhängig und es ist deshalb
schwer zu beweisen, daß solche Sternlinien, auch wenn sie theoretisch möglich
sind, tatsächlich zu irgendeiner Zeit gezogen worden sind.
Wie Gert Meier aber schreibt, gibt es einige Anhaltspunkte, die für das
tatsächliche Vorhandensein dieser Sternlinien sprechen, wie z.B. die
Ähnlichkeit zu den Sternlinien von Oesterholz.29
Abbildung 2
(Friedrichs Abb. 16 „Hünengräber und alte heidnische Kultstätten in
der Umgebung von Osnabrück um 1600 v. Chr.“)
Um unsere eigene Forschungsansätze hier möglichst anschaulich zu halten,
haben wir zuerst alle Visurpunkte von Friedrichs entfernt - mit der Ausnahme
der alten megalithischen Steine. Das Resultat zeigen wir in Abbildung 3.
Gert Meier, Die Gertrudenhöhle zu Osnabrück und andere Osnabrücker
Schildbürgerstreiche (unveröffentlicht,Veröffentlichung in Vorbereitung, 2008).
29
- 17 -
18
Das Ergebnis ist ebenso spektakulär wie schlüssig. Wie Abbildung 3 zeigt,
bilden die Johannissteine, die Karlsteine, die Östringer Steine und der
Butterstein einen Bogen, der die Nördliche Krone (Corona Borealis) darstellt,
zusammen mit den Helmichsteinen, die R-Coronae markieren. 30
„In der Schüssel der Krone liegt der R Coronae, der sich regelmäßig durch Kohlenstoff in seiner
Atmosphäre verhüllt. Meistens kann er mit dem bloßen Auge beobachtet werden, doch hin und
wieder tritt der Stern plötzlich und unvorherbestimmbar an das Minimum der Sichtbarkeit
heran…. R Coronae ist das hellste Mitglied seiner Klasse....“
Abbildung 3
Sternenzuordnung der Megalithen von Osnabrück
Patrick Moore, Grosser Atlas der Sterne: Blick in die Unendlichkeit, Naumann & Göbel,
VEMAG, 2000, Köln. <http://www.abebooks.de/>, urspr. Atlas of the Universe, 1994, S. 184.
30
- 18 -
19
R-Coronae mag sogar den Namen der Helmichsteine (hell-mich) erklären, d.h.
ein Name der die beobachtete veränderliche Helligkeit von R-Coronae darstellt:
Die Identifizierung von Osnabrück als die irdische hermetische („wie oben, so
unten“) Entsprechung von den Sternen von Corona Borealis (Nördliche Krone)
brachte eine weitere faustdicke Überraschung. Der etwa 70-Tonnen schwere
Butterstein31 (Gattberg bei Belm, Osnabrück) war dem Autor vorher völlig
unbekannt. Aber als er Bilder der Osnabrücker Steine im Internet suchte, fand
er die Fotos die man in Abbildung 432 und Abbildung 533 sieht.
Dieser Stein heißt im Volksglauben „Butterstein“, da der Teufel ein Stück
daraus herausgebissen haben soll:34
„Die dem Butterstein zuzuordnende, wenig bekannte Sage: Dem Teufel fehlte für die
Zubereitung eines Festmahls Butter. So bat er eine vorüberkommende Marktfrau darum, von
der ihrigen zu kosten. Im Verlauf des daraufhin entbrennenden handgreiflichen Streits über
den Preis der Butter verwandelte der Teufel die Marktfrau und die Butter in Stein. An dem im
Gattberg liegenden Findling erkennt man die Stelle, von der der Teufel gekostet hat.“
Die Wahrheit ist aber, wie man auf diesen Bilder sehen kann, eher die, daß die
alten Baumeister den Stein so bearbeitet haben, daß er eine fast glatt
geschliffene gebogene Krone darstellt, so wie die Sterne der Nördlichen Krone
am Himmel erscheinen.
Der Meridian der Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche in der Epoche um das Jahr
3117 v.d.Ztr. (vor Christus) lief quer durch die Sterne von Corona Borealis (die
Nördliche Krone). Es ist dieser Meridian, den unseres Erachtens die
megalithischen Steingruppen von Osnabrück und Umgebung markieren.
Jede Steingruppe stellt einen bestimmten Stern dar.
So markiert zum Beispiel der Butterstein in Gattberg bei Belm, Osnabrück,
Alphekka, den hellsten Stern in der Nördliche Krone. Im Jahr 3117 v.d.Ztr.
betrug die Rektaszension 11h 48.952m und die Deklination 51° 40.777’.35
Die Östringer Steine markieren den Stern gamma, die Karlsteine den Stern
delta, die Johannissteine den Stern epsilon, und die Helmichsteine R-Coronae.
Alphekka’s Himmels-Deklination von etwa 52 Grad entspricht den
irdischen Breitengrad von Osnabrück (52° 17' N). Dies war sicherlich
Absicht seitens der Architekten des Bodenhimmels. Wie oben, so unten.
Mario H. Fietz, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stone.php?rcrd=10&menu=Osnabr%C3%BCck>.
32
Der Butterstein, Mario H. Fietz, Megalithen und Hünengräber, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stone.php?rcrd=10&menu=Osnabr%C3%BCck>.
33
Sagen aus Belm und seiner Umgebung, Gemeinde Belm
<http://www.belm.de/sagenhaftes.php>.
34
Helge Jarecki, Findlinge aus dem Osnabrücker Land, Osnabrücker Mitteilungen 1999,
Band 104, Seite 37, zitiert v. Mario H. Fietz, Megalithen und Hünengräber, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stone.php?rcrd=10&menu=Osnabr%C3%BCck>.
35
Starry Night Pro <http://www.starrynightstore.com/>.
31
- 19 -
20
Weiter südlich wird der Meridian der Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche auch von
den Sternen des Serpens Caput und womöglich auch von den Sternen Yed
Prior und Yed Post im Schlangenträger Ophiuchus (delta- und epsilon
Ophiuchii) markiert.
Weiter südlich im Himmel schneidet der Meridian Herbst-Tag-und-NachtGleiche dann seinen Weg auch durch den Skorpion und zwar fast durch den
Stern Antares, der direkt hinter den drei Kopfsternen des Skorpions liegt.
Der Meridian zieht direkt durch die drei Kopfsternen des Skorpions einige
hundert Jahre später, eine Sternenstellung die man in Österholz am Kreuzwech
vorfindet - wo die drei bzw. vier vorderen Sterne vom Skorpion den Meridian
im etwa dort durch Hügelgräber markiert sind.
Man könnte vermuten daß die Stellungen in Osnabrück einige hundert Jahre
älter sein könnten als die Stellungen in Oesterholz.
Einen weitern Indiz, daß Osnabrück der Meridian der Herbst-Tag-und-NachtGleiche in etwa 3117 v.d.Ztr. markierte, ist der Name Osnabrücks selbst.
Der vom Verfasser entdeckten Bodenhimmel „Vor-Germanien“ gab die
Sternenkonstellationen am Himmel um das Jahr –3117 v. d. Ztr. auf dem
Boden Belgiens, der Niederlande und Norddeutschlands wieder. Die zentrale
Position des nördlichen Pols der Ekliptik nahmen die Externsteine ein. Die
Hase, der Fluß, dessen Übergang Osnabrück sicherte, markierte damals, wie
das andere Flüsse in anderen Bodenhimmeln auch taten, die Himmelslinie der
Herbst-Tag-und-Nachtgleiche um die gleiche Zeit. Der Frühlingspunkt bzw. die
Himmelslinie der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche lag an der Unstrut in der
Nähe von Nebra, wo die Scheibe gefunden wurde.
Eine dieser beiden bedeutenden astronomischen Himmelslinien – die sich in
den beiden (!) Ost/West-Achsen des Osnabrücker Bodenhimmels, nämlich den
Visurlinien zu den Auf- und Untergangspunkten der Sonne am Tage der
Gleichen widerspiegelt - hat sich im Namen der Stadt Osnabrück erhalten.
Nicht das Göttergeschlecht der Asen hat, wie allgemein vermutet wurde,
Osnabrück und dem Osning den Namen gegeben. Der älteste Name von
Osnabrück dürfte sich von einem Wort ableiten, das uns als assanis36 im
Altpruzzischen erhalten geblieben ist. Es bedeutet „Herbst“. Danach wäre der
älteste Name von Osnabrück Assan. Der Fluß, dessen Furt As(a)n-is bewachte
und verteidigte, führte wahrscheinlich den Namen sasins. Das heißt im
Altpreußischen „Hase“.37 Auch in dem Namen (s)as(i)n-s steckt die Wortwurzel
asn. Aus der Sasins wurde im Laufe der Zeit die (s)has(ins)e.
Lothar Kilian, Zu Herkunft und Sprache der Prußen: Mit Wörterverzeichnis DeutschPrußisch, Rudolf Habelt Verlag, Bonn, 1980, S. 126. Die alten ausgestorbenen baltischen
Prußen haben Preußen der Name gegeben. Pruzzen, Wikipedia: „Die Prūsai (Eigenname),
Prussen, Prußen (lateinisch: Pruteni) oder Altpreußen waren ein baltischer Volksstamm, der
zwischen Weichsel und nördlich der Memel bis zum Fluss Minge bei Heydekrug/Šilutė siedelte,
und auf den der geografische Name Preußen zurückgeht.“
37
Ibid., S. 125.
36
- 20 -
21
Abbildung 4 und Abbildung 5
Der Butterstein (Der Stern Alphekka in Corona Borealis, die Nördliche Krone)
Gattberg bei Belm (Osnabrück)
Quelle: http://www.stonepages.de/db/stone.php?rcrd=10&menu=Osnabr%C3%BCck
Quelle: http://www.belm.de/sagenhaftes.php
- 21 -
22
Der Bedeutungsinhalt des Namens assan ging im Laufe der Zeit verloren.
Niemand erinnert sich mehr an die alte Himmelslinie der Herbst-Tag-undNachtgleiche, die Osnabrück den Namen gab. Er wurde zum Eigennamen. Im
Zuge der Germanisierung der Gegend um Osnabrück erhielt Assan den auf die
Befestigung hinweisenden Zusatz “burg/brück“.“
Es ist deshalb wahrscheinlich, daß Osnabrück, dessen Name normalerweise auf
den Begriff „Hase“ zurückgeführt wird, ursprünglich als das Gebiet genannt
wurde, wo die Herbst Tag-und-Nacht-Gleiche markiert war, allerdings nicht
erst – 1850 oder – 1600 v. d. Ztr., sondern um die Zeit um 3117 v.d.Ztr.
Daß der Hase an diesem Teil des Himmels bei den Germanen tatsächlich zu
Hause war, wird durch einen einzigartigen archäologischen Fund aus Österreich
belegt. Ernst Probst schreibt:38
„Die älteste Darstellung einer Hasenjagd ist auf der Außenseite eines Bronzegefäßes (Situla)
von Welzelach aus Tirol (Österreich) angebracht. Sie wurde gegen Ende der Hallstatt-Zeit um
500 v. Chr. geschaffen. Die Szene zeigt einen Jäger mit einer Keule in der linken Hand hinter
einem Hasen.“
Siehe hierzu Abbildungen 6, 7 und 8.
Es handelt sich hier allerdings nicht, wie die Archäologen glauben, um einen
Hasenjagd, sondern um eine astronomische Hasenvertreibung. Wer jagt schon
echte Hasen mit Keulen? und wer bildet Hasen fast so groß wie Menschen ab?
In der Interpretation dieser Abbildung haben die Archäologen wieder einmal
nicht erkannt, worum es geht. Vor allem haben sie die anderen Figuren und
Markierungen im Bild nicht wahrgenommen.
Wie wir entdeckten (Abbildung 8), ist diese Darstellung astronomisch. Die
punktähnliche Erhebungen auf der rechten Außenseite des Bronzegefäßes
markieren die hellsten Sterne im Sternbild Boötes und Waage. Außerdem sind
zwei Himmelsscheiben auch möglicherweise sichtbar, wahrscheinlich Sonne
und Mond zur Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche um etwa 501 v.d.Ztr, aber dies
ist ziemlich spekulativ. Zu dieser Zeit lief der Himmelsmeridian der Herbst-Tagund-Nacht-Gleiche rechts vom Boötes, wie in Abbildung 9 dargestellt.
Der Keulenschwinger und der Hase sind wohl Darstellungen der Sterne des
Sternbildes Herkules, der bei den Nomaden als Schafhirte mit Hund dargestellt
wurde. Der Arm des Keulenschwingers hat eindeutig die Form von Serpens
Caput. Boötes und Waage scheinen durch Pünktchen für Sterne dargestellt zu
sein. Ophiuchus ist wohl durch einen Schwertfisch dargestellt. Serpens Cauda
wird links unten markiert. Da Gesichter am rechten Rand zu erkennen sind, ist
es fraglich ob das Bronzestück jemals tatsächlich ein Gefäß war, oder ob dieser
Teilstück so vorgesehen war. Es ähnelt in seiner Form den Rollsiegeln aus dem
alten Orient.
Ernst Probst, Die Älteste Darstellung einer Hasenjagd, Archäologie-Welt
<http://archaeologienews.blog.de/2008/01/28/die_alteste_darstellung_einer_hasenjagd~3644217>.
38
- 22 -
23
Abbildung 6 : Astronomischer Hasenvertreibung
(Das Original)
Abbildung 7 : Astronomischer Hasenvertreibung
(Unsere Zeichnung mit Identifizierung der Merkmale)
- 23 -
24
Abbildungen 8 & 9 : Tiroler Hasen-Situla Entziffert
Auf jeden Fall, sehen wir, daß der Hase bei den Germanen als Sternbild
astronomisch bekannt und auf dem Bronzestück an demjenigen Teil
des Himmels positioniert war, dem in Osnabrück die Hase entspricht.
- 24 -
25
Der Meridian der Herbst-Tag-und Nacht Gleiche um 3117 v.d.Ztr. lief natürlich
auch
durch
den
nördlichen
Himmelspol
(Pol-Stern)
und
den
gegenüberliegenden Frühlingspunkt der Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleiche - es
ist ja schließlich dieselbe Linie. In der damaligen Epoche lief diese Linie dann
auch durch die Sterne Capella und Aldebaran.39
Das ist insoweit von Interesse, weil Gustav Friedrichs in seiner SternlinienForschung von Osnabrück und Umgebung Sternlinien zu Antares und Capella
gefunden hat. Friedrichs hat dann aber für diese Sternlinien die Datierung
übernommen, die die beiden Berliner Asstronomen Riem und Neugebauer im
Autrag von Wilhelm Teudt für die Anlage von Oesterholz ermittelt hatten,
nämlich – 1850 v. d. Ztr., auf eine Epoche zwischen -1850 und -1600 v.Chr.
jedenfalls, die weit nach 3117 v.d.Ztr. liegt. Könnten diese Daten irgendwie
übereinstimmen? Das können wir hier nicht beurteilen.
Durch die Präzession verschiebt sich die Lage des Himmelsäquators allmählich
(die Verschiebung beträgt 1 Grad pro 72 Jahre. bzw. 360 Grad in 25920
Jahren). In der Zeit zwischen -1800 und -1600 v.d.Ztr. durchquert der
Meridian der Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche nicht mehr die Nördliche Krone
sondern lag bei Seginus und Izar, Sterne im Sternbild Boötes (gamma und
epsilon Boötes) und durchquert die Mitte der Sterne des Sternbildes Waage
(Abbildung 10). Diese Sternenpositionen zeigen die megalithischen Steine
von Osnabrück aber nicht.
Die Nördliche Krone hat zwischen -1800 und -1600 v.d.Ztr. auch nicht mehr
eine Deklination von etwa 52° (Alphekka in 3117 v.d.Ztr. Rektaszension 11h
48.952m, Deklination 51° 40.777’), sondern weist nur noch einen
Winkelabstand zur Himmelsäquator von etwa 43° (in 1650 v.d.Ztr.
Rektaszension 12h 58.883, Deklination 43° 24.098’) auf. Sie ist um diese Zeit
– im Gegensatz zu 3117 v.d.Ztr. - astronomisch als Zentralpunkt für
astronomische Messungen weniger brauchbar. denn Osnabrück liegt auf der
Erde auf 52° 16‘ 37‘‘ n. Br.
Es gibt noch einen zweiten Grund warum Osnabrück möglicherweise bei
Breitengrad 52° für astronomische Messungen gut geeignet war. Genau wie
Stonehenge in England, (Breitengrad 51° 10′ 44″ N, 1° 49′ 34″ W, Dezimal
51.178889°, -1.826111°, UTM 5670373 582053 30U, SU1215342256)40 liegt
Osnabrück breitengradmäßig im etwa dort, wo die Azimuten von Mond und
Sonne in ihren Extremen durch 90° getrennt sind41. Dadurch wäre in der
Frühzeit die Voraussage von Mond- und Sonnenstellungen erleichtert worden.
Starry Night Pro <http://www.starrynightstore.com/>.
Stonehenge, Map Sources / GeoHack
<http://tools.wikimedia.de/~magnus/geo/geohack.php?pagename=Stonehenge&params=51_
10_44_N_1_49_34_W_region:GB-WIL_type:landmark_scale:2000>.
41
Andis Kaulins, The Cult of Horus and the Origins of Astronmy, Ancient World Blog:
<http://ancientworldblog.blogspot.com/2005/10/cult-of-horus-and-origins_112939208961787925.htm>.
39
40
- 25 -
26
Abbildung 10
Meridian der Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche 1657 v.d.Ztr.
(Der Meridian der Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche (die dicke graue Linie) im
Jahre 1657 v.d.Ztr. – mit Abbildung 3 zu vergleichen, von 3117 v.d.Ztr.)
- 26 -
27
Andere von Gustav Friedrichs kommentierte megalithische Orte im
Osnabrücker Bodenhimmel
Das Giersfeld (siehe Abbildung 11)
Die megalithischen Steine des Giersfeldes im Naturpark Teutoberger Wald sind
Teil des lokalen Osnabrücker Bodenhimmels. Die Wikipedia Beschreibung:42
„Das Steingräberfeld Giersfeld liegt in Westerholte bei Ankum im Landkreis Osnabrück in
Niedersachsen. Ein vorgeschichtlicher Rundwanderweg führt seit 1975 zu urgeschichtlichen
Denkmälern, die in dieser Ausgewogenheit in Norddeutschland an wenigen Stellen zu finden
sind. Der Rundwanderweg umschließt 500 ha und ist von Ankum aus beschildert. Er beginnt an
einem Parkplatz und ist 3,5 km lang.
Besonders ansehnlich sind die Megalithanlagen, von denen sechs am Rundweg liegen.
Zerstörungen der letzten Jahrhunderte haben die zwischen 3.500 und 2.800 v. Chr.
entstandenen Denkmäler in Ruinen verwandelt, die aber teilweise (besonders „Grumfeld
West“ „Rickelmann 2“ und die Steinkisten) noch recht imposant sind.“
Gustav Friedrichs schrieb über die megalithischen Anlagen des Giersfeldes wie
folgt:
„Die Hünengräber 1—6 stellen die sechs großen und glänzenden Sterne des Sternbildes des
Großen Bären dar, wie klar und deutlich Abb. I zeigt. Das Hünengrab für den siebten kleinen
und wenig leuchtenden Stern des Großen Bären ist nicht mehr vorhanden. Wahrscheinlich war
es entsprechend des von ihm vertretenen Sternes klein und fiel deshalb der Zerstörung leicht
zum Opfer.
[Abbildung 11 (Friedrichs Abbildung 1) : Das Giersfeld]
42
Giersfeld, Wikipedia <http://de.wikipedia.org/wiki/Giersfeld>
- 27 -
28
Auch das Sternbild des Kleinen Bären war auf dem Giersfelde durch Hünengräber dargestellt.
Es besteht aus zwei großen, einem mittleren und vier kleinen Sternen. Nur die beiden
Hünengräber 8 und 9, die die beiden großen Sterne vertreten, sind noch vorhanden, die
anderen sind der Vernichtung
anheimgefallen. Man kann aber nach den beiden noch
vorhandenen leicht feststellen, wo sie gelegen haben müssen. Das Sternbild des Großen Bären
hat auf dem Giersfelde eine Länge von ungefähr 1100 m. Es ist also von einer imponierenden
Größe.
Wenn auch nicht alle Hünengräber mehr da sind, so ist doch nicht der geringste Zweifel
vorhanden, daß wir es in den Hünengräbern des Giersfeldes mit den Sternbildern des Großen
und des Kleinen Bären zu tun haben.“
Wir stimmen Friedrichs in seine astronomische Analyse hier voll zu, denn das
Giersfeld bzw. Grumsfeld liegt nördlich von Osnabrück, die die Sterne der
Nördlichen Krone um die 3117 v.d.Ztr. dargestellt hat.
Die Sterne des Großen und des Kleinen Bären liegen unmittelbar nördlich
davon (Abbildung 12).
Da finden wir auch den Himmelsnordpol. Der Name Ankum könnte das Ankh
des alten Ägyptens entsprechen, das wir schon vor Jahren als das zentrale
Himmelsauge bzw. der allesverbindende Himmelsknoten identifiziert haben.43
Abbildung 12 zeigt wie man die Himmelskarte zwecks BodenhimmelsVerwendung angewendet hat.
Megalithische
Anlagen
wurden
entsprechend
ihrer
korrespondiernde
widerspiegelte himmlische Lage aufgestellt Megalithische Orte entsprachen die
Sterne des Himmels.
In 3117 v.d.Ztr. hat man den Bodenhimmel in Osnabrück und Umgebung
weitgehend entlang des Meridians der Tag-und-Nacht-Gleichen errichtet.
Ausnahmen sind Baccum (Drache, Nordekliptikpol) und Damme (Coma
Berenices, galaktischer Nordpol).
Demzufolge müssten sämtliche um Osnabrück liegende megalithische Stellen
ein lokaler Bodenhimmel bilden.
Megalithische Karten von Mario H Fietz im Internet44 erlaubten uns diesen
lokalen Bodenhimmel um Osnabrück fast vollständig zu identifizieren:
Andis Kaulins, Megaliths.net, „The Irish megalithic site of Knowth may be similarly named
as the "knot" or "ankh" of heaven at heaven's center.“ <http://www.megaliths.net/>
44
Mario H. Fietz, Megalithen und Hünengräber, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stone.php?rcrd=10&menu=Osnabr%C3%BCck>.
43
- 28 -
29
Abbildung 12: Bodenhimmel Osnabrück
Giersfeld, Baccum, Ankum, Vehrte, Damme
(Astronomisch gesehen)
Die Kreisrunde Zeichnungen zeigen die Lage von den um Osnabrück liegenden
Megalithen. Wir haben diese Zeichnungen und die dazugehörigen
Sternenzuordnungen in die astronomische Karte (von Starry Night Pro) zwecks
bessere Darstellung eingezeichnet.
- 29 -
30
Abbildung 13: Bodenhimmel Osnabrück : Vehrte und
Ostercappeln
Vehrte markierte Boötes
Vehrte („Fährte“?) (Abbildung 13) markierte den ähnlich genannten Boötes,
der Himmelsbote, Felsener Esch den Arcturus, Dreihausen epsilon-Boötes,
Teufels Teigrog und Teufelsbackofen delta-Boötes, der Süntelstein gammaBoötes, die Darpvenner Steine rho- und sigma-Boötes, und Dübberort I und II
und die Slopsteine drei Sterne links von Boötes. Die Sundermannsteine (beta),
Gretescher Steine (alpha) und Teufelsteine (epsilon) markierten Serpens
Caput. Der Name Unukalhai (Nahner Steine) bedeutet linguistisch Schlange,
lat. anguis.
- 30 -
31
Abbildung 14: Bodenhimmel Osnabrück : Damme45
Damme markierte Coma Berenices
Rechts von Boötes, markiert bei Vehrte und Ostercappeln, gibt es wenige helle
Sterne und auch nur drei megalithische Orte. Drei Hünengräber im Raum
Damme (Abbildung 14) entsprechen die Sterne der Coma Berenices (Haar
der Berenike). Das Hünengrab Neuenwalde markiert Diadem, das Stern alpha
in Coma Berenices. Das Großsteingrab Hülseberg markierte den Stern beta und
das Hünengrab Stappenberg markierte den Stern gamma. Coma Berenices
markiert den nördlichen Pol der Galaxis. Die alten Astronomen haben dies wohl
gewusst, und deshalb findet man hier wohl ein rechtwinkeliges Sternenbild.
Google Map aus Mario H. Fietz, Megalithen und Hünengräber, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stonepages.php?id=190>.
45
- 31 -
32
Abbildung 15 : Bodenhimmel Osnabrück : Der Baccumer
Berg
Baccum (Lingen/Ems)46 markierte den Drachen
Der Nördliche Pol der Ekliptik
Baccum liegt bei Lingen (Ems) und wird wie folgt historisch beschrieben:47
„Eine Ansiedlung muss im heutigen Baccum schon in der Jungsteinzeit (ca. 4.000 - 2.000 v.
Chr.) bestanden haben. Dafür sprechen sieben Großsteingräber sowie Steinwaffenfunde. Diese
wurden von den Leuten der Trichterbecherkultur errichtet. Ein Megalithgrab befand sich auf
dem Langenberg im Münnigbürener Esch, drei auf dem Steinbrink, südlich der B 214, nahe der
Gärtnerei, zwei auf der „Brömmlinge“, eins im „Forstort Schöttmer“. Die sieben Steingräber,
die heute zerstört sind, lagen in allen drei Ortsteilen am Abhang des Baccumer Berges. Dieses
lässt auf mehrere Sippen schließen, die um den Baccumer Berg herum wohnten. Über den
Verbleib der Findlinge, mit denen die Großsteingräber errichtet worden sind, gibt es keine
genauen Angaben. Auffallend sind die unbehauenen Steine im Fundament des Turmes der
katholischen Kirche. Da über einen Antransport aus der Umgebung während des Kirchbaus
nicht berichtet wird, ist es möglich, dass die Steine der Megalithgräber verwendet worden sind.
Das heutige Zentrum des Ortes Baccum mit der Kirche liegt in einer Talsenke. Es ist möglich,
dass sich hier in der Steinzeit ein Sumpf befand, was die relativ exponierte Lage der höher
liegenden Megalithgräber erklärt. Archäologen datieren die Entstehung der nordischen Variante
der ansonsten über weite Teile Europas und der Welt verbreiteten steinzeitlichen Anlagen
mehrheitlich in die mittlere Jungsteinzeit etwa zwischen 3.500 und 2.800 vor Christus.“
In der Osnabrücker Bodenhimmel markierte die megalithischen Steine von
Baccum den Nordekliptikpol, und die umliegenden Steine die Sterne des
Drachens. Mundersum („Mund“) markierte den Kopf (Eltamin, gammaDraconis). Das Großsteingrab auf dem Radberg bei Langen markierte Aldhibah
(zeta-Draconis). Die Hünensteine Thuine (Großsteingrab in der Kunkenvenne)
markierten
Aldhibain
(eta-Draconis).
Der
Hünensteingrab
Freren
(Großsteingrab im Alt-Ferener Forst) markierte Edasich (iota-Draconis).
Google Map aus Mario H. Fietz, Megalithen und Hünengräber, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stonepages.php?id=190>.
47
Baccum, Wikipedia <http://de.wikipedia.org/wiki/Baccum>
46
- 32 -
33
Abbildung 16 : Bodenhimmel Osnabrück
Wiemelsberger Steine, Ueffeln: Präzessionskreis & Himmelsnordpol48
Mario H. Fietz hat in Stonepages.de die Lageordnung der Steine vom
Wiemelsberg wie oben gezeichnet.
Der „Wiemelsberg“ hiess wahrscheinlich „Himmelsberg“ in der Frühzeit, denn
die Steine zeigen den Ouroboros,49 die Schlange die sich selbst in den Schwanz
beißt, als Symbol der Ewigkeit, hier als Symbol des Präzessions-Kreises, den
die Vor-Germanen sicherlich kannten, wie diese Steinenordnung zeigt.
Allgemein scheint es uns, daß die Decksteine alle den Form von
Schlangenköpfen haben (Abbildung 17), was hierzu gut passt.
Abbildung 17 : Wiemelsberg, Schlangenköpfe als Decksteine
Es wird berichtet von dieser Anlage:50 „Bei einer Ausgrabung durch den Grafen
Münster zu Langelage im Jahre 1807 entdeckte man 12 Tongefäße.“
Google Map aus Mario H. Fietz, Megalithen und Hünengräber, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stonepages.php?id=190>.
49
Ouroboros, Wikipedia <http://de.wikipedia.org/wiki/Ouroboros>.
50
Wiemelsbergersteine, Mario H. Fietz, Megalithen und Hünengräber, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stone.php?rcrd=114&menu=Osnabr%C3%BCck>. Beide
Bilder sind von Mario H. Fietz.
48
- 33 -
34
Möglicherweise hat man zu dieser Zeit den Himmel schon in zwölf Teile geteilt
und die 12 Tongefäße könnten symbolisch diese Einteilung darstellen. Dies
bleibt aber spekulativ bis man diese Tongefäße näher untersucht hat, um
festzustellen, ob sie irgendwelche besondere Merkmale aufweisen.
In der Nähe der Wiemelsberger Steine finden wir auch die großen Steine auf
dem Goldesch, Kampgoren, auch bekannt als das Großsteingrab Lintern
bei Ueffeln.51 Diese Steine sind Reste eines ovalen Steinkreises, wovon etwas
noch zu erkennen ist. Dieser Steinkreis markierte damals sicherlich den
Präzessionskreis
bzw.
Himmelsnordpol,
wie
auch
der
benachbarte
Matthiesings Opferstein in Ueffeln (Bramsche) (Abbildung 18), gegenüber
dem Friedhof, ein rundgeschliffener Stein der sicherlich die Nabe des Himmels
darstellen sollte.
Abbildung 18 : Bodenhimmel Osnabrück
Die Drehscheibe des Himmels in Ueffeln (Bramsche)
Diese Funktion blieb auch in der dazugehörige Sage erhalten. Wie Mario H.
Fietz berichtet:52
„Diesen Findling wollte, der Sage nach, der Teufel gegen die Kirche von Ueffeln schleudern und
sie zerstören. Die Macht des Teufels wurde aber dadurch gebrochen, dass stets zur Mitternacht
der Hahn auf dem benachbarten Hof Matthiesing krähte. Der Stein dreht sich dann um
seine eigene Achse.“
Es war tatsächlich die Drehscheibe des Himmels, der Himmelsnordpol.
Großsteingrab Lintern, Mario H. Fietz, Megalithen und Hünengräber, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stone.php?rcrd=57&menu=Osnabr%C3%BCck>.
52
Matthiesings Opferstein, Mario H. Fietz, Megalithen und Hünengräber, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stone.php?rcrd=88&menu=Osnabr%C3%BCck>.
51
- 34 -
35
Abbildung 19 : Grumfeld, Giersfeld, Reinecke, Meyer53
Friedrichs hat festgestellt daß Giersfeld die Sterne vom Großen Bären darstellt
(Abbildung 11, Abbildung 19):
Großsteingrab Grumfeld Ost markiert Dubhe (alpha-Ursa Majoris),
Großsteingrab Grumfeld West markiert Merak (beta-Ursae Majoris, Rickelmann
II (Giersfeld) markiert Phekda gamma-Ursae Minoris, Rickelmann I markiert
Alioth (epsilon-Ursae Majoris, Reinecke markiert Mizar (zeta-Ursae Majoris),
und Großsteingrab Meyer markiert Alkaid (eta-Ursae Majoris).
Allerdings sind die Sterne vom Großen Bär dann umgedreht, denn nördlich von
Boötes und der Nördliche Krone liegt im Himmel zuerst Alkaid und zuletzt
Dubhe. Es wäre möglich die Sterne anders herum zu interpretieren, aber für
unsere Zwecke ist es hier nicht notwendig, diese Frage in der Tiefe zu gehen.
Dafür müsste man die einzelnen Hünengräber genau in Detail studieren, um
festzustellen ob dort weitere Indizien für die eine oder die andere Lösung
vorhanden sind. Die Lagen der Hünengräber im System stehen aber ohne
jegliche Zweifel da, es sind die Sterne vom Großen Bären.
Google Map aus Mario H. Fietz, Megalithen und Hünengräber, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stonepages.php?id=190>.
53
- 35 -
36
Abbildung 20 : Bodenhimmel Osnabrück : Gesamtüberblick54
Betrachten wir nun den Bodenhimmel Osnabrück in der Gesamtüberblick. Wie
in Abbildung 20 zu sehen ist, haben wir bisher die südlichen Megalithen des
Gesamtsystems erklärt. Das System geht aber im Norden bis Borger in
Emsland weiter. Wie man sehen kann, haben wir auch die Sterne dazu im
allgemeinen identifiziert, aber wir werden diese hier nicht behandeln. Dazu
reicht die Zeit nicht. Dieses System beinhaltet aber nicht die Megalithen von
Oldenburg, die einem anderen megalithischen System zugehören, das ich in
Stars Stones and Scholars erklärt habe,55 und das über das ganze Territorium
Vor-Germaniens verstreut ist. Davon werden wir nun kurz sprechen.
Google Map der Lagen, Mario H. Fietz, Megalithen und Hünengräber, Stonepages.de,
<http://www.stonepages.de/db/stonepages.php?id=190>. Entzifferung durch Andis Kaulins.
55
Andis Kaulins, Stars Stones and Scholars, siehe Fussnote 53.
54 54
- 36 -
37
ANLAGE I
Germanische
Astronomie und Astrologie
während der Stein- und Bronzezeit
Die Gertrudenberger Höhle bei Osnabrück
eine germanische Kultstätte
um 1600 v.Chr.
von
Gustav Friedrichs
Druck von Meinders & Elstermann, Osnabrück
1929
- 37 -
38
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Das astrologische Giersfeld im Kreise Bersenbrück, Provinz Hannover,
mit Sternbildern, Darstellungen des Sonnen- und Mondlaufes,
mit Sternlinien und Steinkalendern
1-11
Astronomie der Gallier und die Götter der Germanen
11-13
Astronomie in Österholz, nördlich Lippspringe
13-15
Der astronomische bronzezeitliche Friedhof auf dem Erfurter Flughafen
15-19
Astronomie bei Odry in Westpreußen im Kreise Konitz
19-23
Der Trebener Friedhof, Kreis Weißenfeld
23
Grundriß eines Hauses aus der Spätlatènezeit
24
Die Höhle in dem Gertrudenberge bei Osnabrück eine heidnische
Unterirdische Kultstätte, die bereits 1600 v. Chr. angelegt ist
25-29
Astronomie in der Umgebung von Osnabrück um 1600 v. Chr.
29-31
Eine wissenschaftliche und volkstümliche Forderung
31-32
___________________________________________________________________
Abkürzungen
A
U
UkT
Ult
Akt
Alt
Aufgang
Untergang
Untergang am kürzesten Tag
Untergang am längsten Tag
Aufgang am kürzesten Tag
Aufgang am längsten Tag
Alle anderen Abkürzungen folgen dem üblichen Muster.
Korrektur:
Tagundnachtgleiche nur so (Sprachlogik), nicht wie in vorliegender Broschüre
durch Bindestriche gefügt!
___________________________________________________________________
- 38 -
39
Astronomie und Astrologie
während der Stein- und Bronzezeit in Nordwesteuropa.
von Gustav Friedrichs
Nach noch allgemein herrschender Ansicht haben Indogermanen und Germanen vor Beginn
unserer Zeitrechnung keine Astronomie getrieben. Nun befinden sich aber in der Bretagne in
Frankreich, in England und anderen Ländern Reihen von ganz gewaltigen Felsblöcken, die nach
dem französischen Korvettenkapitän Alf. Devoir verschiedene Punkte am Horizonte
bezeichnen, in denen die Sonne an verschiedenen Tagen im Jahre, wie am längsten oder
kürzesten Tage, oder an Tagen, die für die Landwirtschaft von Bedeutung sind, auf- oder
untergeht. Das zeigt, daß man schon zur Steinzeit in Nordwesteuropa Astronomie getrieben
hat. Alf. Devoir hat daher recht, wenn er schreibt: "In der Heide tauchte eine vielleicht weniger
gelehrte, aber nicht weniger alte Astronomie als die der Chaldaer auf, und wir ahnen, welcher
der geistige und wirtschaftliche Zustand unserer fernen Vorfahren sein konnte". 56
Mitten in dem gewaltigen englischen Steindenkmal Stonehenge liegt ein großer flacher Stein,
der Altarstein, und 200 Schritte vor dem Eingange steht der sogenannte astronomische Stein.
Stand man nach der Vollendung des Denkmals vor dem Altarsteine, so sah man am 21. Juni,
dem längsten Tage, den glänzenden Sonnenball über dem astronomischen Steine aufgehen.
Jetzt geht die Sonne am längsten Tage etwas rechts davon auf. Aus dieser Abweichung hat der
englische Astronom Lokyer berechnet, daß Stonehenge um 1680 v. Chr. erbaut ist. Also schon
um 1680 v. Chr. verstand man astronomisch in England ganz genau den längsten Tag
festzustellen.
Wenn man nun aber glaubt, daß unsere Altertumsforscher im Sinne Devoirs und Lokyers
weiter gearbeitet hätten, so irrt man sich gewaltig. Als Direktor Teudt in Detmold mit Hilfe
zweier Berliner Astronomen nachwies, daß das Gut Österholz nördlich Lippspringe Sternlinien
zeige, äußerte sich ein bekannter Altertumsforscher, daß ihm übel würde, wenn er davor höre,
daß Indogermanen und Germanen Astronomie sollten getrieben haben, und von gebildeten
Laien wurde Teudt für einen Phantasten erklärt.
Das hat mich natürlich nicht abgehalten, Nachforschungen anzustellen, in welcher Weise zur
Stein- und Bronzezeit in Nordwesteuropa Astronomie getrieben ist.
Das
astrologische Giersfeld im Kreise Bersenbrück, Provinz Hannover, mit
Sternbildern, Darstellungen des Sonnen- und Mondlaufes, mit Sternlinien und
Steinkalendern.
Die speziellen Grenzen des Giersfeldes sind im Norden die Bauerschaft Grovern, im Osten der
Bollenberg, im Süden das Kirchspiel Üffeln und die Bauerschaft Westerholte, insbesondere der
unmittelbar an dem größten Stein-Denkmale liegende Hof des Grumfeld, und schließlich im
Westen wieder dieselbe Bauerschaft Westerholte. Die ganze Fläche des Giersfeldes umfaßt
ungefähr 2000 Morgen.
56
Mannus, B., I, S. 73.
- 39 -
40
Durch den nördlichen Teil des Giersfeldes zieht sich von Osten nach Westen eine Erhöhung;
der hervorragendste Punkt derselben ist ein etwa 5 Meter hoher künstlicher Hügel, welcher der
Giersberg heißt. Auf dem westlichen Teile des Giersfeldes, der meistens mit brauner Heide
bedeckt ist, liegen Hünen- und Hügelgräber: Die Hünengräber sind aus kleinen künstlichen
Hügeln errichtet.
Die Hünengräber 1—6 stellen die sechs großen und glänzenden Sterne des Sternbildes des
Großen Bären dar, wie klar und deutlich Abb. I zeigt. Das Hünengrab für den siebten kleinen
und wenig leuchtenden Stern des Großen Bären ist nicht mehr vorhanden. Wahrscheinlich war
es entsprechend des von ihm vertretenen Sternes klein und fiel deshalb der Zerstörung leicht
zum Opfer.
Abb. 1. Hünengräber. Hünenergänzungsgräber. Hügelgräber.
Die Denkmäler des Giersfeldes im Kreise Bersenbrück. Von Wilh. Hardebeck.
Auch das Sternbild des Kleinen Bären war auf dem Giersfelde durch Hünengräber dargestellt.
Es besteht aus zwei großen, einem mittleren und vier kleinen Sternen. Nur die beiden
Hünengräber 8 und 9, die die beiden großen Sterne vertreten, sind noch vorhanden, die
anderen sind der Vernichtung
anheimgefallen. Man kann aber nach den beiden noch
vorhandenen leicht feststellen, wo sie gelegen haben müssen. Das Sternbild des Großen Bären
hat auf dem Giersfelde eine Länge von ungefähr 1100 m. Es ist also von einer imponierenden
Größe.
Wenn auch nicht alle Hünengräber mehr da sind, so ist doch nicht der geringste Zweifel
vorhanden, daß wir es in den Hünengräbern des Giersfeldes mit den Sternbildern des Großen
und des Kleinen Bären zu tun haben.
Abb. 2 bietet links den Lageplan der sieben Steinhäuser 57 im Kreise Fallingbostel, Provinz
Hannover, und rechts das Sternbild der Andromeda. Ein Vergleich zeigt, daß das Sternbild der
Andromeda dem Lageplan der sieben Steinhäuser im Kreise Fallingbostel zugrund liegt. Auf
Abb. 3 sehen wir eine schwedische Felsenzeichnung mit einem Riesen und den Sternbildern
des Orion und des Kleinen Bären.
57
Dr. Jacob Friesen, Die sieben Steinhäuser im Kreise Fallingbostel
- 40 -
41
Unter dem Riesen mit dem Speere kann sich Wodan als wilder Jäger bergen, der den Speer
Gungnir als Waffe führte.
Sternbilder waren also nicht nur in Deutschland, sondern auch in Schweden zur Stein- und
Bronzezeit wohl bekannt.
Abb. 2 Links die 7 Steinhäuser im Kreise Fallingbostel, rechts das Sternbild der Andromeda.
Abb. 3 Lisleby, Tanum: Der Riese. 2 m. Das Sternbild des Orion und des Kleinen Bären
Von den Hünengräbern auf dem Giersfelde hat das kleinste drei und das
größte 18
Deckplatten gehabt. Den drei Deckplatten liegen der Vollmondstag, die Vollmondsnacht und
die Dämmerung zugrunde. Hat nun ein Hünengrab mehr als drei Deckplatten, so sind mehrere
Hünengräber aneinandergereiht.
- 41 -
42
Das größte Hünengrab an dem Hofe des Grumfeld besteht demnach aus sechs
aneinandergereihten Hünengräbern. Zwei von den Hünengräbern sind auch noch mit
Steinkreisen umgeben gewesen. Leider sind diese Steinkreise zerstört. Ein Hünengrab mit
unzerstörten Steinkreisen bietet uns aber Abb. 4 aus Westpreußen. Die drei großen Steine in
der Mitte bilden das Hünengrab, das von drei Steinkreisen umgeben ist, die von innen nach
außen 11, 31 und 67 Steine zählen. Die Steinkreise bieten uns einen Steinkalender. Man
durchlief den äußeren Steinkreis mit seinen 67 Steinen 11mal nach den 11 Steinen des inneren
Steinkreises, Das gab 737 Tage für zwei Jahre und für ein Jahr 368½ oder rund 369 Tage, also
die Tage des ältesten Sonnenjahres. Durchlief man den mittleren Kreis mit seinen 31 Steinen
11mal, so erhielt man 341 Tage. Nun verteilte man aber die Tage des Jahres auf Vollmondszeit
und
Neumondszeit.
Abb. 4. Trzebcz. Kreis Kulm. Prov. Westpreußen. 10 m.
Die Juden verrechneten von jedem Monat drei Tage auf die Neumondszeit, d. h. auf die Zeit,
wo man fast nichts vom Monde sieht. Das macht für das Jahr 36 Tage. Zieht man diese 36
Tage von den 351 Tagen des griechischen Mondjahres ab, so bleiben für die Vollmondszeit 318
Tage. Diese liegen den 318 Knechten Abrahams und den 318 Bischöfen des Konzils zu Nicäa
zugrunde. Rechnet man aber für die Neumondszeit zwei Tage, so erhält man im Sonnenjahre
von 365 Tagen 24 für die Neumondszeit und 341 für die Vollmondszeit. Wie die Zwölften
zeigen, die 12 Nächte vom Weihnachtsabend bis zum Dreikönigsabend, rechneten unsere
alten Vorfahren nur 12 Tage für die Neumondszeit und demnach im Mondjahre von 355 Tagen
343 für die Vollmondszeit. Nach Syncellus regierten die ersten neun ägyptischen Könige 341,
die ersten zehn 343, die ersten zwölf 365 und die ersten dreizehn 369 Jahre. Da haben wir
neben den eben erklärten 341 und 343 Jahren auch noch die 365 und die 369 Tage des neuen
und des alten Sonnenjahres.
Solche Steinkalender wie in Westpreußen, findet man aber auch sonst noch in Deutschland,
wie folgende Zeitungsnotiz zeigt:
- 42 -
43
Entdeckung einer vorgeschichtlichen Sternwarte.
Schwerin, 31. Aug. 28. (Funkspruch.) Als eine 3000 Jahre alte Sternwarte ist in
Mecklenburg eine aus der jüngeren Steinzeit stammende Steinkreisanlage „Der
Steinkamp" bei Bützow erkannt worden. Die vorgeschichtliche Sternwarte diente zur
Beobachtung des Jahres-Sonnenlaufes und zugleich als sehr genauer Kalender. Die
astronomischen Richtungen der Anlage sind sehr gut erhalten; als Erbauungsjahr wurde
das Jahr 1181 v. Chr. festgestellt. Die Steinkreise sind mit Hilfe eines einheitlichen
Maßes errichtet worden, das der noch heute gebräuchlichen Rute fast gleich ist.
Besonders interessant ist es, daß der Kalender, den jetzt die KalenderreformKommission des Völkerbundes vorschlägt, nämlich die Einteilung des Sonnenjahrs in 13
Monate von je 28 Tagen mit einem Neujahrstage, bereits vor 3000 Jahren bei der
Erbauung dieser Sternwarte gebräuchlich war.
Schon diese kurze Beschreibung zeigt, daß „Der Steinkamp" bei Bützow wirklich eine alte
Sternwarte gewesen ist.
Auf dem Giersfelde befinden sich auch zwei regelmäßige trichterförmige Vertiefungen, von
denen die größere oben etwa 100 Meter und unten 20 Meter im Durchmesser hat. Da sie
wegen der geognostischen Beschaffenheit des Bodens und wegen ihrer regelmäßigen Gestalt
durch Erdfälle nicht entstanden sein können, so sind über ihren Ursprung allerlei Vermutungen
aufgestellt, von denen aber keine besonders annehmbar erscheint. Ein ähnlicher, recht
regelmäßig geformter Erdtrichter von etwa 6 Meter Tiefe und 50 Meter oberem Durchmesser
findet sich auch bei Odry in Westpreußen 58 neben Hügelgräbern und Steinkreisen. An die
beiden ebenfalls ganz regelmäßig geformten Erdtrichter auf dem Giersfelde erinnern auch die
beiden Schneckenlöcher auf dem Gertrudenberge bei Osnabrück, in die man auf einem
Schneckenwege hinabsteigt. Zu diesen jedenfalls künstlich angelegten Erdtrichtern und
Schneckenlöchern gehört auch der künstlich angelegte Erdhügel auf dem Giersfelde, der
Giersberg oder der Heilige Berg. Auf solche Berge führen aber auch oft Schneckenwindungen,
wie z. B. auf den Wallberg bei Stillfried in Österreich 59. Statt der Berge erscheinen auch Türme,
die mittelst Schneckenwindungen erstiegen werden. So hat Kopenhagen zwei solcher Türme;
bei dem einen findet sich der Schneckengang im Innern und bei dem anderen an der
Außenseite. Der babylonische Turm vereinigte Erdtrichter und Berg. Eine Rampe führte von
außen bis mitten an den Turm; von da stieg man links auf Windungen in die Tiefe und rechts
auf solchen in die Höhe. Danach stellt der babylonische Turm in symbolischer Weise den Lauf
der Sonne im Jahre dar. Im Winter steigt sie mit immer kleiner werdenden Windungen am
Himmel in die Tiefe und im Sommer mit immer größer werdenden am Himmel in die Höhe, bis
sie am 21. Juni den höchsten Punkt daselbst erreicht hat. Allem Anscheine nach stellt auch der
Felsen von den Externscheinen, in dem sich das Sonnenheiligtum befand, einen babylonischen
Turm dar, denn es führte ursprünglich, wie Direktor Teudt nachgewiesen hat, 60 von einem
Nachbarfelsen eine Brücke in bedeutender Höhe an ihn heran. Diese entspricht der Rampe am
babylonischen Turme. Von da stieg man auf einer Treppe in das Sonnenheiligtum empor und
sah durch eine runde Öffnung am längsten Tage die Sonne aufgehen, wenn man in demselben
an einer bestimmten Stelle stand.
Auf dem Giersfelde symbolisiert der größere Erdtrichter den Sonnenlauf im Winter und der
Heilige Berg denselben im Sommer. Wahrscheinlich flammten in der Nacht am längsten Tage
auf ihm die Sonnenwendfeuer auf. Der kleinere Erdtrichter bezieht sich auf den Mondlauf.
Daß man den Lauf der Sonne, des Mondes und der Venus durch Labyrinth- und ineinander
geschachtelte Kreislinien darstellte, zeigt Abb. 5, denn daß die drei Labyrinthe
58
59
60
Mannus, B. VII, S. 227.
E. Krause, Die Trojaburgen Nordeuropas, S. 199.
Mannus. B. XVIII, S. 355.
- 43 -
44
mit ihren ineinander geschachtelten Kreisen den Lauf der Sonne, des Mondes und der Venus
als Morgen- und Abendstern darstellen, ist gar nicht zu verkennen. Erblickt man doch sogar
den Abend- und den Morgenstern als zwei Punkte in dem kleinsten Labyrinthe. In dem
Zigeunermärchen „Die Trennung des Himmels von der Erde“ von Wlislocki werden die drei
Teile des Vollmondtages durch den Sonnen-, den Mond- und den Windkönig und die beiden
Teile des Neumondtages durch den Feuer- und den Nebelkönig vertreten. Augenscheinlich
beziehen sich auf unserer Abbildung die drei kleinen Kreise und die beiden kleinen Vierecke
davor auf die drei Teile des 24stündigen Vollmondstages, den Tag, die Nacht und die
Dämmerung, und auf die Nacht und den Tag mit dem Abend- und Morgenrot des 24stündigen
Neumondstages.
Abb. 5 Gravure d’une des pierres de New-Grange. D’avres Coffey loc. cit.
Die Darstellung von Sternbildern durch Hünengräber und die des Sonnenlaufs und des
Mondlaufs durch künstliche Erdtrichter und künstliche Berge zeigt, daß man in Nordwesteuropa
zur Stein- und Bronzezeit der astrologischen Weltanschauung auch huldigte. Über die
astrologische Weltanschauung der alten Babylonier schreibt Professor Hugo Winckler, Die
babylonische Geisteskultur, S. 21: „Der Himmel ist das große Buch, wo sie selbst ihre
Betätigung zeigt, und wo man deshalb alles ablesen kann, was in der Welt und auf Erden sich
vollziehen muß.“ S. 32: „Der Babylonier faßt die ganze Erde und das Weltall als ein Spiegelbild
des Sternhimmels auf, er hat eine Himmelsgeographie, die zugleich eine irdische ist. Alles, was
die Erde zeigt, zeigt auch der Himmel: jede Stadt, jeder Fluß, jeder Erdteil ist auch da oben am
Himmel in den Sternen und ihren Gebieten verkörpert, und durch Beobachtung des
Sternhimmels kann man daher die Vorherbestimmung, das Schicksal der Staaten und Länder
berechnen.“ S. 37: „Die Darstellung geschichtlicher Ereignisse war also für altorientalische
Auffassung untrennbar mit der Bezugnahme auf die Himmelskunde verbunden.“
Wie nun die Bezugnahme irdische Ereignisse auf astronomische Erscheinungen beschaffen war,
mögen einige Beispiele zeigen. Die Gemahlin Nebukadnezars hieß Semiramis und stammte aus
einem Berglande. Als einen Ersatz für ihre Gebirgsheimat ließ deshalb Nebukadnezar in der
Nähe Babylons eine großartige Gebirgslandschaft anlegen. Sicher hat die Anlegung dieser
Gebirgslandschaft Jahre gedauert.
- 44 -
45
Auf zwei Tontafeln aus der Bibliothek Nebukadnezars wird aber gemeldet, daß dieser die
Gebirgslandschaft, die hängenden Gärten der Semiramis, in 15 Tagen hat anlegen lassen.
Dasselbe meldet der jüdische Geschichtsschreiber Josephus. Hugo Winckler zeigt nun, daß
Nebukadnezar sich für einen Abkömmling des Mondgottes hielt, und daß daher sein
Geschichtsschreiber die Aufgabe hatte, seine Taten mit denen des Mondgottes in Einklang zu
bringen. Nun baut aber der Mondgott die Vollmondsnacht oder den Vollmond als einen Palast,
Tempel usw. in 15 Tagen, den nur solange dauert die Mondzunahme. In dieser Zeit mußte
daher auch der Geschichtsschreiber des Nebukadnezar diesen seine Bauwerke vollenden
lassen. Man sieht, Nebukadnezar ist als eine astronomische Person aufgefaßt und sein Werk
auf einen astronomischen Abschnitt bezogen. Er konnte und durfte daher auch nicht länger an
seinem Werke arbeiten, als dieser zu seinem vollen Erscheinen gebrauchte. Die wirkliche
Bauzeit mußte daher völlig unberücksichtigt bleiben.
Der jüdische Erzvater Henoch wird 365 Jahre alt. Man sieht sofort, daß Henoch das
personifizierte Jahr ist und daher soviele Jahre lebt, als dieses Tage hat. Die beiden Halbjahre
des römischen Mondjahres von 355 Tagen haben 175 und 180 Tage. Wenn nun Abraham und
Isaak 175 und 180 Jahre alt werden, so zeigt das zweifellos, daß die beiden die beiden
Halbjahre eines Mondjahres von 355 Tagen sind. Die ersten 48 ägyptischen Könige regieren
nach Syncellus 1475 Jahre.61 In dem ältesten vierjährigen Zyklus, nach dem man einst
rechnete, hatten die Jahre 355, 383, 355 und 382 Tage. Das sind zwei gewöhnliche Mondjahre
und zwei Mondschaltjahre, die zusammen 1475 Tage haben. Vier Jahre haben 48 Monate.
Danach ist es so gut wie sicher, daß die ersten 48 ägyptischen Könige die 48 personifizierten
Monate des vierjährigen Zyklus sind, die daher soviele Jahre regieren, wie dieser Tage hat.
Man beachte, daß hier Monate als irdische Herrscher auftreten.
Wenn in dem Grimmschen Märchen „Allerleirauh“ eine Königstochter in einem Sonnenkleide
auf dem ersten Balle, in einem Mondkleide auf dem zweiten und in einem Sternkleide auf dem
dritten erscheint, so zeigt das an, daß man die Sterne auf die Dämmerung wie die Sonne auf
den Tag und den Mond auf die Nacht bezog. Danach vertreten die Hünengräber in der Form
von Sternbildern die Dämmerung, wie der größere Erdtrichter mit dem heiligen Berge den Tag
mit der Sonne und der kleinere die Vollmondsnacht mit dem Monde.
Die Grundlage der Hügelgräber läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen, da man nicht weiß, ob
noch alle vorhanden sind. Ist das der Fall, so hat man wohl die beiden Hügelgräber links auf
der Abbildung auf die Venus als Abend- und Morgenstern und die anderen vier rechts auf die
übrigen vier Planeten zu beziehen. Man beachte, daß dann sämtliche Gestirne auf dem
Giersfelde vertreten sind.
Wie man dazu kam, Sterne mit Gräbern in Beziehung zu setzen, lehrt uns das rumänische
Märchen „Die drei Sterne“ von Schullerus. In diesem Märchen sucht eine Frau ihren Mann, den
sie durch ihre Schuld verloren hat. Als sie ihn findet, gebiert sie einen Knaben. Kaum ist der
Knabe geboren, da brechen alle drei zusammen, und drei Sterne steigen am Himmel auf. Diese
drei Sterne sind der Morgenstern, der Abendstern und der nördliche Polarstern. Nach noch
vorhandenem niedersächsischen Volksglauben weilen die Seelen im lichten Himmelsraum,
teilen den Gestirnen ihr Licht mit, stellen Sonnen- und Sternschein her oder strahlen selbst als
glänzende Gestirne ihr Licht zur Erde nieder. Man faßte aber die Sterne auch als Schutzgeister
der Lebenden auf. Wenn ein Mensch geboren wird, zündet Gott ein neues Licht am Himmel an,
und wenn einer stirbt, so sinkt sein Stern vom Himmel herab und erlischt. 62 Hieraus ergibt
sich, daß man die Seelen auch als Sterne auffaßte, die am Himmel emporstiegen, wenn
Menschen starben, und daß man dem entsprechend die Auf- und Untergangspunkte der Sterne
61
62
Friedrichs, Die Geschichtszahlen der Alten sind Kalenderzahlen, S. 59.
W. Mannhardt, Germanische Mythen, S. 729.
- 45 -
46
als Gräber auffaßte, in denen die Körper der Menschen ruhten, deren Seelen als Sterne am
Himmel ihre Bahnen zogen.
An die beiden Erdtrichter auf dem Giersfelde knüpft sich auch eine Sage „Der Alkenkrug“.
In uralten Zeiten standen in der Nähe der Hünengräber zwei Gebäude, eine Scheune und ein
Wirtshaus, die einem Manne namens Alke gehörten. Gingen Leute von Alfhausen nach Merzen
zur Kirche, so pflegten sie bei Alke einzukehren. Er suchte die Leute immer zurückzuhalten und
fluchte eines Tages, sein Haus und seine Scheune sollten gleich in den Erdboden sinken, wenn
sie nicht noch Zeit zur Kirche hätten. Und siehe, da versanken die beiden Gebäude und Alke
mit ihnen. An ihrer Stelle entstanden zwei tiefe Kuhlen, die man Alkenkrug nennt. Wenn man
in der Nacht dreimal bei der größten Kuhle Alke mit Namen ruft, so erscheint er als ein
glühendes Rad und bestraft den Rufer.
Einst wettete der Bauer Grumfeld um 9 Pfund Silber, daß er in der nächsten Nacht Alke zum
Wettritt herausfordern wolle. Er ordnete an, daß die große Tür an seinem Hause offen bleiben
sollte, bestieg seinen Schimmel und ritt nach den Alkenkuhlen, rief dreimal Alke und gab dann
seinem Schimmel die Sporen und jagte davon, Alke als ein glühendes Rad folgte ihm. Fast
hatte dies ihn erreicht, als der Schimmel durch die Tür auf die Diele sprang und das glühende
Rad gegen den Türpfosten rannte, der verkohlte. 63
Unsere Sage beginnt mit der Vollmondszeit, wo in der Nähe der Hünengräber die
Vollmondsnacht als eine Scheune und der Vollmondstag als ein Wirtshaus stand, deren esitzer
die personifizierte Vollmondsabenddämmerung als der Wirt Alke war. Durch den Fluch war
aber über sein Besitztum die Neumondszeit herbeigeführt, in welcher die Vollmondsnacht als
eine Scheune in der schwarzen Neumondsnacht und der Vollmondstag als ein Wirtshaus in
dem weißen Neumondstage verschwand. Da aber sonst noch überall Vollmondszeit herrschte,
wo man auf der Erde nichts von der schwarzen Neumondsnacht und nichts von dem weißen
Neumondstage sieht, so erschienen diese als zwei tiefe Kuhlen oder Erdtrichter. Natürlich hatte
sich auch Alke aus einem Vertreter der Vollmondsdämmerung in einen solchen der
Neumondsdämmerung verwandelt, in der er als Sonne im Neumondsabendrote als ein
glühendes Rad erschien. Selbstverständlich konnte er auf der Erde nur zur Neumondszeit
erscheinen. Mit ihm erschienen dann aber auch der weiße Neumondstag und die schwarze
Neumondsnacht. Den weißen Neumondstag als einen Schimmel ritt Grumfeld als fliehender
Vollmondstag, verfolgt von der Sonne im Neumondsabendrote als einem glühenden Rade, das
dadurch die schwarze Neumondsnacht erzeugte, daß es den Türpfosten an Grumfelds Hause,
der Vollmondsnacht, verkohlte. Die Leute, mit denen Grumfeld gewettet hatte, waren Vertreter
der Vollmondsnacht. Da man den Vollmond auf Silber bezog, so bergen sich unter den 9 Pfund
Silber wohl die 9 Vollmondsnächte einer alten 9tägigen Woche um den Vollmondstag herum.
Die Sage bestätigt also die oben gegebene Erklärung der Erdtrichter auf dem Giersfelde. Weil
man aber die Sage, wie hier geschehen ist, noch nicht astrologisch und astronomisch zu
erklären versucht hat, so ist es bis heute auch noch nicht gelungen, eine annehmbare
Erklärung zu liefern.
Daß man auch in Deutschland wie in Babylon astrologische Geschichte und Geographie
gemacht hat und sogar noch im 16. Jahrhundert, läßt sich an der Chronik des Magisters Entzeit
zu Osterburg im Jahre 1579 nachweisen. Nach dieser Chronik, die im Museum zu Stendal
aufbewahrt wird, ist die Altmark 7 Meilen lang und 7 Meilen breit; sie hat 7 Städte und Stendal
4 Pfarrkirchen, außerdem 7 Flecken und 14 bewohnte Schlösser, 50 Adelsgeschlechter und 300
und etliche 60 Dörfer. Die Einwohner stammen von Japhet ab, und Drusus war im Hare 11 v.
Chr. in der Altmark. Die Altmark hat 4 Teile, und 28 Churfürsten haben darin regiert.
63
Mitteilungen des Historischen Vereins zu Osnabrück, B. I/III.
- 46 -
47
Daß die 7 Meilen, die 7 Flecken und 7 Städte auf die 7 Tage einer Woche, die 14 bewohnten
Schlösser auf die 14 Tage von zwei Wochen, die 28 Churfürsten auf die 28 Tage von vier
Wochen, die 4 Pfarrkirchen auf die vier Wochen eines Monats, die 4 Teile der Altmark auf die
vier Jahreszeiten, die 50 Adelsgeschlechter auf die 50 Wochen eines Mondjahres und die 300
und etliche 60 Dörfer auf die 365 Tage eines Sonnenjahres zu beziehen sind, ist wohl
unbestreitbar. Also noch reine astrologische Geschichte und Geographie, und von wirklicher
Geographie und wirklicher Geschichte auch keine Spur im 16. Jahrhundert.
In Osnabrück läßt sich sogar noch im 17. Jahrhundert astrologische Geschichte nachweisen.
Bei dem großen Brande in Osnabrück 1613 sollen 942 Häuser abgebrannt sein. Nun steht aber
fest, daß es höchstens 300 gewesen sein können. Woher nun aber die ungeheuer große Zahl
942? Man identifizierte Osnabrück mit einem Zeitraume von 3 Jahren über 36 Monaten und
gab ihm soviele Häuser, wie 36 Monate Tage haben. Davon haben die ersten 31 Monate 942
Tage und die letzten 5 Monate 153 Tage. Unter diesen 153 Tagen bergen sich auch die 153
großen Fische, die Petrus fing, als ihm Jesus am See Genezareth erschien. Daß man nun von
den 1095 Häusern, die den 1095 Tagen von 3 Jahren entsprechen, beinahe alle abbrennen
ließ, hat darin seinen Grund, daß man den großen Brand im Osnabrück in astrologischer
Auffassung mit dem großen Weltbrande identifizierte, bei dem ja auch fast alles verbrennt.
Bleibt doch bei dem großen Weltbrande in der Edda nur Hoddmimirs Holz verschont, wo Lif und
Lifthrasir, das einzige übriggebliebene Menschenpaar, verborgen lebt.
Infolge der Präzession ändern sich die Auf- und Untergangsstellen der Sonne, des Mondes und
der Fixsterne beständig. Die Linie, die ein Beobachter von seinem Standpunkte nach der Aufoder Untergangsstelle eines Sterns zieht, ist eine Sternlinie, die mit dem Meridian einen Winkel
bildet, den man Azimut nennt.
Nach Professor Dr. Neugebauer waren die Azimute 1600 v. Chr. in Osnabrück von Sirius 59.9°,
Capella 156.4°, Kastor 146.5°, Antares 71.5°, Sonne, Sommersolstitium 132.9°, Sonne,
Wintersolstitium 50.1°, Südliches Mondextrem 38.7°, Nördliches Mondextrem 143.7°.
Liest man diese Azimute von Süden über Osten, so erhält man die Aufgangsstellen der
Gestirne, und liest man sie von Süden über Westen, die Untergangsstellen derselben. Auf Abb.
1 sind nun verschiedene Gräber des Giersfeldes durch Linien miteinander verbunden. Diese
Linien bilden mit dem Meridian Azimute. Ein Vergleich zeigt nun, daß die Azimuthe des
Giersfeldes dieselben Azimute sind, welche Sonne, Mond, Sirius, Capella, Kastor und Antares
1600 v. Chr. in Osnabrück hatten. Die Hünengräber und Hügelgräber sind demnach um 1600
v. Chr. angelegt, da zwischen den Azimuten von Osnabrück und denen des Giersfeldes kaum
ein Unterschied ist, denn das Giersfeld ist nur 25 Kilometer von Osnabrück entfernt.
Astronomie zur Stein- und Bronzezeit in Österholz, nördlich Lippspringe,
in Osnabrück, bei Erfurt und in Odry in Westpreußen.
Julius Cäsar, Der Gallische Krieg, VI, 14, schreibt: „Außerdem stellen sie (die Druiden der
Gallier) viele Erörterungen an über die Gestirne und ihre Bewegung, über die Größe der Welt
und der Erde, über die Natur der Dinge sowie über die Macht und Gewalt der unsterblichen
Götter, und in alledem unterrichten sie auch die Jugend“.
Aus diesem Berichte Cäsars geht klar und unzweideutig hervor, daß die Druiden der Gallier zu
seiner Zeit schon Astronomie trieben, und daß sie ähnlich wie unsere Astronomen arbeiteten,
denn sie beobachteten die Sterne und stellten ihre Bewegung fest und stellten Erörterungen an
über die Größe der Welt und der Erde. Wie wir unsere Jugend in Astronomie unterrichten, so
taten auch sie es.
- 47 -
48
Und was sagt Cäsar von den Germanen? Der Gallische Krieg, VI, 21, heißt es: „Sie (Die
Germanen) glauben nur an solche Götter, die sie mit Augen sehen und deren segensreiche
Wirksamkeit sie handgreiflich erfahren, wie an die Sonne, den Feuergott (das Abendrot in der
Abenddämmerung) und an den Mond; die übrigen kennen sie nicht einmal vom Hörensagen“.
Hier sagt der Cäsar, daß die Sonne mit dem Vollmondstage, der Vollmond mit der
Vollmondsnacht und das Abendrot mit der Vollmondsabenddämmerung die Grundlagen der
drei höchsten Götter der Germanen sind. Er hat recht, wie sich leicht nachweisen läßt. Wie
man die Sonne auf den Vollmondstag und den Vollmond auf die Vollmondsnacht, so bezog man
die Sterne auch auf die Dämmerung. Das zeigt das schon besprochene Grimmsche Märchen
„Allerleirauh“. Mit der Königstocher vergleiche man die drei mythischen Schwestern in dem
Märchen „Der goldene Vogel“ von Haltrich. Darin kommt die erste Schwester in einem
Kupfermantel, die zweite in einem Silbermantel und die dritte in einem Goldmantel geflogen.
Hier erscheint das Abendrot als ein Kupfermantel, der Vollmond als ein Silbermantel und die
Sonne als ein Goldmantel, mit denen die weibliche Vollmondsabenddämmerung, die weibliche
Vollmondsnacht und der weibliche Vollmondstag zur Vollmondszeit über die Erde fliegen. In
dem Zigeunermärchen „Sonnenschein und Mondenschein“ von Wlisocki hatte ein König zwei
Söhne, die Sonnenschein und Mondenschein hießen, weil Sonnenschein die Sonne und
Mondenschein den Mond auf der Stirn abgebildet trugen. Sonnenschein ist der männliche
Vollmondstag und trägt deshalb die Sonne und Mondenschein die männliche Vollmondsnacht
und trägt deshalb den Vollmond auf der Stirn abgebildet. In ganz ähnlicher Weise wie
Sonnenschein und Mondenschein vertreten auch zwei von den drei höchsten Göttern der
Germanen den Vollmondstag mit der Sonne und die Vollmondsnacht mit dem Vollmonde. In
dem ungarischen „Die Schlangenhaut“ von Sklarek hat die Sonne den Mond und den Wind als
Söhne. Hier ist kein Zweifel, daß der Wind nur der Vertreter der Dämmerung sein kann. Die
goldenen Saiten, auf denen der Wind die Schönsten Melodien spielt, sind die Sterne. Ein
Windgott ist auch der germanische Wodan, dem als solchen die Vollmondsdämmerung
zugrunde liegt. Fährt er aber als wilder Jäger durch die Luft, so vertritt er die
Neumondsdämmerung. Thor als der stärkste der germanischen Götter führt die Sonne als den
alles zerschmetternden Hammer Miölnir und legt, wenn er seine Kraft um die Hälfte erhöhen
will, die Vollmondsnacht als Stärkegürtel an und besitzt die Vollmondsdämmerung als eiserne
Handschuhe, mit denen er einst die glühende Sonne im Abendrote als einen glühenden
Eisenstiel auffing, den ein Riese nach ihm warf. In der Edda ist der Mondgott Freyr und besitzt
als solcher die Vollmondsnacht als ein Schiff, das man bei der Mondabnahme wie ein Tuch
zusammenfaltet und bei der Mondzunahme wieder entfaltet. Es hat stets Fahrwind, denn zur
Vollmondszeit fährt es als die Vollmondsnacht alltäglich einmal um die ganze Erde. Wenn
Wodans Speer Gungnir als ein Rohrstengel erscheint, der sich aber, sobald er die Feinde trifft,
in jenen verwandelt, so ist er als Rohrstengel jedenfalls ein Symbol des Abendsterns, der sich
aber in die Dämmerung als in einen Speer verwandelt.
Cäsar hat also recht, wenn er mitteilt, daß den drei höchsten germanischen Göttern
astronomische Erscheinungen zugrunde liegen. Von den astronomischen Erscheinungen mußte
der Urmensch sich aber abhängig fühlen, denn Sein wohl und Weh hing von ihnen ab. Das
meldet denn auch Cäsar. Je nachdem die astronomischen Erscheinungen ihm nützten oder
schadeten, hielt er ihre Vertreter für Götter, ließ sie die Welt erschaffen, erhalten und regieren,
oder für Riesen, Teufel und Unholde aller Art, welche nur danach trachteten, dem Menschen zu
schaden.
Wollten daher die Indogermanen und Germanen das Wesen und das Wirken ihrer Götter
kennenlernen, so konnten sie das nur durch die Astronomie, denn diese lehrt uns die den
Göttern zugrunde liegenden astronomischen Erscheinungen und ihre Natur kennen. Wer daher
behauptet, die Indogermanen und Germanen hätten vor Chr. keine Astronomie getrieben, hat
keine Ahnung, daß allen unseren Mythen, Märchen und Sagen nur astronomische
Erscheinungen zugrunde liegen.
- 48 -
49
Ich habe dies schon mehrfach nachgewiesen,64 aber einen anderen, der dies auch getan hat,
kenne ich nicht. Es ist daher ganz selbstverständlich, daß jeder, der nachzuweisen sucht, daß
die Indogermanen und Germanen Astronomie getrieben haben, wie das der Direktor Teudt
getan hat, für einen Phantasten gehalten wird, den man nicht ernst nehmen kann.
Wie man dazu gekommen ist, erklärt Prof. Dr. Hermann Wirth in seinem groß angelegten
Werke „Aufgang der Menschheit“, B. I, S. 448: „Man hat nie eine Erklärung dafür geben
können, warum ausgerechnet die Germanen, die der gleichen Rasse wie die nordischen Völker
Italiens, Griechenlands, Iraniens und Indiens angehörten, keine gleich hochentwickelte
Himmelskunde besessen haben sollten, wo ihnen doch in ihrer nordischen Winternacht die
besten Beobachtungsmöglichkeiten gegeben waren. Nur die völlige Unwissenheit in bezug auf
die symbol- und schriftlichen Denkmäler der Urkultur der atlantisch-nordischen Rasse konnte
zu einer so verhängnisvollen Verkennung des wirklichen Tatbestandes führen.“ Das ist ein
vernichtendes, aber zutreffendes Urteil über alle die, welche den alten Germanen jede
Betätigung in der Astronomie absprechen.
Astronomie in Österholz, nürdlich Lippspringe.
Der Park mit den Wohngebäuden des Gutes Österholz, nördlich Lippspringe, zeigt die Formen
eines unregelmäßigen Sechsecks, in dem sämtliche Winkel und Seiten ungleich sind. Die
Seiten sind in einer Gesamtlänge von 1140 m durch ein den ganzen Park umgebendes, mehr
oder weniger altes, zum Teil auch zerfallenes Mauerwerk in der Natur, noch eindeutiger aber
im Kataster in ihrer Richtung ausgeprägt.
Direktor Teudt vermutete nun nach verschiedenen Zeichen in den Seitenlinien des
unregelmäßigen Sechsecks Sternlinien. Um zu wissen, ob seine Vermutung richtig war oder
nicht, schickte er einen Katasterauszug,65 der im vorigen Jahrhundert von staatlichen
Geometern aufgenommen war, und der das unregelmäßige Sechseck genau zeigte, an die
Observatoren des Astronomischen Recheninstituts der Universität Berlin ein. In dem von den
Professoren gelieferten Gutachten heißt es:
„Als Ergebnis der Untersuchung kann mitgeteilt werden, daß die Azimute aller sechs in Frage
kommenden Linien mit ausreichender, zum Teil mit überraschend großer Genauigkeit sich mit
den von uns für die Zeit um 1850 v. Chr. errechneten Azimuten von mythologisch bedeutsam
angegebenen Gestirnen decken.“
Die Untersuchung
Azimut
Seite der Mauern
1.
180
2.
39
3.
59
4.
151,5
5.
72,5
6.
138
ergab folgende Resultate:
Bezeichnung der Linie
Errechnetes Azimut
Meridian
Südl. Mondextrem, Aufgang
Sirius, Untergang
Capella, Untergang
Delta Oriones, Untergang
Kastor, Aufgang
180
39
59,1
151,3
72,6
138
Zeit
[v. Chr.]
1850
1850
1850
185066
Hieraus ergibt sich, daß die Azimute der Mauern schon sehr genau waren, denn nur bei drei
Linien zeigt sich eine ganz kleine Abweichung. Die Azimute bleiben aber nicht immer dieselben,
sondern verschieben sich infolge der Präzession alle 100 Jahre um 1,395°. Vergleicht man nun
den Azimut eines Sterns aus früherer Zeit mit seinem jetzigen, so kann man leicht berechnen,
in welchem Jahr er den ersteren gehabt hat. Bei den vier Fixsternen ergibt sich, daß sie die
Azimute der Mauern von 1850 v. Chr. hatten.
Mannus, Zeitschrift für Vorgeschichte, B. 18, S. 116. G. Friedrichs, Deutung des Mythischen
im allgemeinen und im besonderen in Nordwestdeutschland.
65
Siehe Abb. 6.
66
Unsere Welt, 1927, Heft 4, S. 107-114.
64
- 49 -
50
Über den Zweck der Anlage schreiben die Astronomen Dr. Neugebauer und Dr. Riem: „Was
den Zweck der ganzen Anlage anlangt, so wird durch ihre Beschaffenheit, Größe und Anlage
die Vermutung wachgerufen, daß hier eine für das ganze Volk bedeutsame Pflegestätte und
Lehrstätte der astronomischen Wissenschaft mit ihren vielfeitigen Aufgaben für den religiösen
Kult, die Astrologie, die Ackerbebauung und das übrige vom Kalender abhängige Volksleben
gewesen ist.“
Die beiden Astronomen haben recht, denn was sie sagen, das haben vor ihnen schon der
Korvettenkapitän Devoir und der englische Astronom Lokyer dargelegt, und dasselbe habe ich
in den obigen Ausführungen nachgewiesen.
Abb. 6. Österholz.
Auf dem Katasterauszuge, den Direktor Teudt den beiden Astronomen Riem und Neugebauer
schickte, befanden sich aber noch nicht die Süd-Nordlinie und die Ost-Westlinie, die unsere
Abbildung 6 von dem Sechsecke des Gutes Österholz hat, aber in der Mitte desselben befand
sich ein kleines Viereck, von dem jede Erklärung fehlte. Ich erkundigte mich nach der
Bedeutung des Vierecks und erfuhr, daß es einem kleinen Hügel darstellt, in dem sich eine
überwölbte Quelle befindet, zu der man hinabsteigen kann. Sofort wurde mir klar, daß diese
Quelle den Mittelpunkt der Anlage bildete, und daß daher auch an ihr die Meridianlinie und die
Ost-Westlinie vorbeiführen müßten, welche die erste Vorbedingung für eine astronomische
Anlage sind, und ohne die sie nicht existieren kann. Man erhält nun eine tadellose
Meridianlinie, wenn man von dem Schnittpunkte der Mond- und der Siriuslinie eine Linie an
dem kleinen Vierecke in der Mitte des Sechsecks vorbeiführt. Und eine tadellose Ost-Westlinie
gewinnt man, wenn man die Mondlinie und die Kastorlinie verlängert und von ihrem
Schnittpunkte ebenfalls eine Linie an dem kleinen Viereck in Mitte des Sechsecks vorbeiführt.
Nun hält die in dem Sechseck angenommene Meridianlinie I einer kritischen Prüfung nicht
stand, denn die eine Hälfte derselben hat eine andere Richtung als die andere.
- 50 -
51
Da nun eine andere tadellose Meridianlinie am richtigen Platze vorhanden ist, so muß man
annehmen, daß die anstößige Meridianlinie erst eine spätere Zutat ist und im Grunde mit der
wirklichen Meridianlinie gar nichts zu schaffen hat. Danach was das Sechseck ursprünglich nur
ein Fünfeck. Auch sieht man, daß die Siriuslinie ursprünglich unmöglich eine gebrochene Linie
dargestellt haben kann. Die alte Siriuslinie, die noch vorhanden ist, hat man erst später nach
Nordwest gerückt, und so ist aus der ursprünglich geraden Siriuslinie eine gebrochene Linie
geworden. Hieraus geht hervor, daß die Umfassungsmauern des Gutes Österholz ursprünglich
ein tadelloses Fünfeck darstellten, dessen Linien Sternlinien sind, und zwar genau dieselben,
welche die beiden Berliner Astronomen festgestellt haben.
Bei der Anstoß erregenden Meridianlinie und der nicht einwandfreien Siriuslinie haben nun die
Gegner Teudts eingesetzt und ihn der Phantasterei oder wohl der Fälschung bezichtigt und die
beiden Astronomen als Leute hingestellt, die sich falsche Ausrechnungen haben zuschulden
kommen lassen.
Abb. 7. Der bronzezeitliche Friedhof bei Erfurt
Damit haben aber die Gegner Teudts sich selbst in ein übles Licht gesetzt und die Erforschung
der Vorgeschichte unserer Vorfahren gehemmt, aber trotzdem wird die Wahrheit sich
allmählich durchsetzten.
Der astronomische bronzezeitliche Friedhof auf dem Erfurter Flughafen
Als man im Jahre 1926 bei Erfurt ein Stück Land für einen Flughafen einebnete, fand man
einen Friedhof aus der Bronzezeit, den uns Abbildung 7 zeigt.67 Darauf befinden sich Gräber
mit und ohne Steinpackung. Die Gräber ohne Steinpackung sind durch einen kleinen Kreis oder
durch einen Pfeil bezeichnet. Es fällt weiter nichts Astronomisches auf, als daß man die
Untergangslinie der Sonne am längsten Tage, den Meridian und die Ost-Westlinie erhält, wenn
man je zwei Gräber mit Steinpackung durch Linien verbindet. Ein echt astronomisches Bild
gewinnt man aber sofort, wenn man die Gräber ohne Steinpackung allein aufzeichnet, wie das
auf Abbildung 8 geschehen ist, und sie mit den senkrechten Strichen auf dem Schiff der
schwedischen Felsenzeichnung unserer Abbildung vergleicht.
67
Mannus, B. XX, S. 54.
- 51 -
52
Abb. 8. Die Gräber ohne Steinpackung auf dem bronzezeitlichen Friedhof auf dem Erfurter Flughafen
- 52 -
53
Unter den 29 senkrechten Strichen des Schiffes bergen sich die 29 Tage eines Mondmonats
von 29 Tagen. Diese sind in drei achttägige und eine fünftägige Woche eingeteilt. Nun hatten
aber einige Mondmonate 30 Tage. Rechnete man mit diesen, so zählte man den Tag dazu, der
durch den Strich unter dem Halbkreise über dem Schiffe dargestellt wird. Zwischen den beiden
Wochenzeichen sieht man Sonne und Mond als zwei kleine Kreise, den Abend- und den
Morgenstern als zwei Punkte über dem zweiten Wochenzeichen und die fünf alten Planeten als
fünf Punkte über der ersten Woche. Die Venus erscheint in doppelter Auffassung, nämlich als
Abendstern und Morgenstern, welche die beiden Dämmerungen regieren, wie die Sonne den
Tag und der Mond die Nacht, und als Planet in ihrer wirklichen Natur. Der Tag bildet das Segel
des Schiffes, in dem die drei Striche den 24stündigen Tag in den Tag, die Nacht und die beiden
Dämmerungen zerlegen. Da haben wir ein echtes Monatsschiff, das die 29 oder 30 Tage eines
Mondmonats, die Sonne, den Mond, den Morgenstern und den Abendstern und die fünf
Planeten als Jahrgäste hat.
Abb. 9. Die Darstellung von Sonne, Mond, Venus, den Planeten
und Tag und Nacht auf dem bronzezeitlichen Friedhof bei Erfurt
Genau so wie die Striche des Schiffes stellen auch die Gräber ohne Steinpackung die 29 und
30 Tage der Mondmonate dar. Da haben wir auch drei Wochen von je acht und eine vierte von
nur fünf Tagen. Auch fehlt das eine Grab nicht, mit dem man Monate von 29 Tage in solche
von 30 verwandelte.
Abbildung 9 zeigt die Gräber mit Steinpackung allein. Unter diesen müssen sich nun nach dem
schwedischen Monatsschiffe Sonne, Mond, Venus, die fünf Planeten und die vier Teile des
24stündigen Tages bergen. Das ist denn auch der Fall. In dem kleinen Viereck unten erblicken
wir deutlich die vier Teile des 24stündigen Tages, den Tag, die Nacht und die beiden
Dämmerungen, in dem größeren Viereck darüber Sonne, Mond, Venus und die fünf Planeten
und in den noch übrigen Gräbern mit Steinpackung noch einmal Sonne, Mond, Venus und die
fünf Planeten. Die Gräber ohne Steinpackung zerfallen in 21 Skelettgräber und 9 Brandgräber.
Die Brandgräber finden wir durch kleine Kreise und die Skelettgräber durch einen Pfeil
bezeichnet.
- 53 -
54
Der bronzezeitliche Friedhof bei Erfurt zeigt also drei Arten von Gräbern: Gräber mit
Steinpackung, Brandgräber und Skelettgräber. Nach der ganzen Sachlage muß man
annehmen, daß man drei Stände unterschied, von denen jeder seine besondere Bestattungsart
hatte. Auch müssen es Erbbegräbnisse gewesen sein, die immer wieder belegt wurden, denn
sonst konnte die astrologische Anlage nicht bestehen bleiben. Diese drei Stände sind nach der
Edda von Heimdall als Knechte, Bauern und Edlinge geschaffen worden, also echt mythischer
Natur.
Abbildung 10 zeigt, daß man auch in dem Regierungsbezirk Stade Gräber auf Sonne, Mond,
Abend- und Morgenstern und die fünf Planeten bezogen hat, denn links auf der Abbildung
sehen wir zweifellos Sonne, Mond, Abend- und Morgenstern und rechts auf derselben außer
diesen Gestirnen auch noch die fünf Planeten.
Gräber bei Goldbeck, Regb. Stade
Abb. 10
Gräber b. Bullerberg, Regb. Stade.
In meiner Broschüre „Die Deutung des Mythischen“ habe ich schon mitgeteilt, daß man in
vielen Hügelgräbern eine größere und eine kleine Urne und einen Stein findet. In der größeren
Urne finden sich in der Regel Asche und Knochen und in der kleineren Beigaben. In dem
Märchen aus der Oberpfalz „Sonne und Mond“ vom Schönwerth wird bei der Mondzunahme die
schwarze Neumondsnacht als ein Jäger von der Sonne von der Erde weggenommen und sitzt
nun in ihr, und der Mond zieht den weißen Neumondstag als ein Mädchen an sich, und dies ist
nun die Spinnerin im Monde. Das geschah, weil zur Vollmondszeit von der schwarzen
Neumondsnacht und dem weißen Neumondstage auf der Erde nichts zu sehen ist. Das Märchen
erklärt also, wie man astrologisch dazu gekommen ist, Gräber auf Sonne und Mond zu
beziehen, denn Sonne und Mond erscheinen hier gewissermaßen als Gräber der schwarzen
Neumondsnacht und des weißen Neumondstages als Personen. Der bronzezeitliche Friedhof bei
Erfurt zeigt also dieselben astronomischen Anschauungen wie das schwedische Felsenschiff,
ein Zeichen, daß zur Bronzezeit in Schweden und in Deutschland ein Unterschied in den
astronomischen Anschauungen nicht vorhanden war.
Von allen astronomischen Erscheinungen fehlen nur noch die Azimute. Um diese zu finden,
verbinde man die Gräber durch Linien, wie dies auf Abbildung 11 geschehen ist. Mit den so
erhaltenen Azimuten vergleiche man die Azimute, die Prof. Dr. Neugebauer die Freundlichkeit
hatte, mir für 1800 v. Chr. für Erfurt mitzuteilen. Sirius 59,9°, Kastor 142,9°, Capella 149,9°,
Antares 73,5°, Sonne, Sommersolstitium 131,6°, Sonne, Wintersolstitium 51,4°, Nördliches
Mondextrem 141,7° und Südliches Mondextrem 40,5°. Ein Vergleich zeigt, daß eine größere
Übereinstimmung vorhanden ist, als man erwartet hat. Die kleinen Differenzen, welche
vorhanden sind, hat man aber wohl nicht zum größten Teile auf das Konto unserer alten
germanischen Astronomen zu schreiben, sondern auf das der Anfertiger der Abbildung, die
keine Ahnung davon hatten, daß es sich um Azimute handelte, bei denen Zehntelgrade scharf
zu berücksichtigen sind, und auf wiederholte Vervielfältigung mit einfachen Hilfsmitteln. Wie
das ganz selbstverständlich ist, spielen nicht die Fixstern-Azimute die Hauptrolle, sondern die
Richtungslinien und die Azimute von Sonne und Mond im Laufe des Jahres, denn diese waren
von der allergrößten Wichtigkeit.
Nach diesen Darlegungen ist der bronzezeitliche Friedhof bei Erfurt ein echt astrologischer und
astronomischer Mondmonatsfriedhof, wie man ihn sich gar nicht besser wünschen kann. Sicher
ist auch, daß zu seiner Anlage nicht geringe geometrische und astronomische Kenntnisse
gehört haben.
- 54 -
55
Der bronzezeitliche Friedhof zeigt uns auch, daß die Archäologie wohl Altertümer entdecken
und auch genau beschreiben kann, daß sie aber vielfach nicht imstande ist, das wahre Wesen
derselben zu erkennen; das vermag aber die astrologische Astronomie, die leider bis jetzt von
den Altertumsforschern fast ganz und gar vernachlässigt ist, und von der sie daher kaum eine
Ahnung haben.
Abb. 11. Die Azimute des bronzezeitlichen Friedhofes bei Erfurt v. 1800 v. Chr.
Astronomie bei Odry in Westpreußen im Kreise Konitz
Ein ähnliches Gräberfeld wie das Giersfeld im Kreise Bersenbrück, Provinz Hannover, liegt bei
Odry, Kreis Konitz, Westpreußen. Abbildung 12. Es ist vom Regierungslandmesser Stephan
genau vermessen worden.68 Zwölf Kreise lassen sich auf der Abbildung mit Sicherheit
feststellen. In jedem Kreise ist ein Grab gefunden mit Asche, Kohlen und gebrannten
Menschenknochen ohne Urne. Die Kreise haben einen Durchmesser von 15--32 m, und die
Steine der Kreise sind 25-70 Zentimeter hoch. Die Kreise II, IV und VI haben im Innern flache
Hügel, die in der Mitte 50--75 Zentimeter hoch sind. Die übrigen sind eben. In der
Nachbarschaft der Kreise befinden sich noch 18 Hügelgräber. Die Höhe der Hügel ist 0,50 bis 2
Meter, ihr Durchmesser 8--20 Meter. Sie sind nur ganz ungefähr durch Ermittelung der Höhe
und der Durchmesser bestimmt. Nach Stephan betrug die ursprüngliche Zahl der Steine in de
Kreisen: I 29, II 18, III 16, IV 22, V 23, VI 20, VII 18, VIII 20, IX 24 (?), X 20 (?). Während
bei den Hünengräbern drei oder vier Steinkreise vorhanden sind, mit deren Hilfe man die Tage
des Jahres bestimmen kann, haben die Gräber bei Odry nur einen Steinkreis, so daß mehrere
Steinkreise von verschiedenen Gräbern nötig sind, um die Tage des Jahres bestimmen zu
können.
68
Mannus, B. VII, S. 213.
- 55 -
56
III 16. VIII 20
= 320
IV
= 22
V
= 23
_____________________
365
III 16. II 18 = 288
I
= 29
II
= 18
X
= 20
________________
355
IX 24. I 29
= 696
II
= 18
III
= 16
________________
730:2 = 365
III 16. VI 20 = 320
X
= 20
I
= 29
________________
369
III 16. VIII 20 =
320
II
=
18
III
=
16
____________________
354
Da haben wir die Tage von einem griechischen und einem römischen Mondjahre und von
einem alten und neuen Sonnenjahre.
Wie auf dem Giersfelde nur zwei Hünengräber Steinkreise haben, so findet man von 30
Hügelgräbern bei Odry auch nur 12 mit Steinkreisen. Auf dem Giersfelde findet man zwischen
Hünengräbern Hügelgräber. Bei Odry ist es umgekehrt, da findet man zwischen Hügelgräbern
Hünengräber. So liegt ein Hünengrab fast mitten auf einer Linie, die man vom Mittelpunkt des
Kreises II nach dem Mittelpunkt des Kreises III zieht. Es besteht aus drei Steinen, die 15, 75
und 80 Zentimeter hoch sind. Diese drei Steine entsprechen den drei Decksteinen eines
einfachen Hünengrabes, die, wie schon gezeigt ist, Symbole von Tag, Nacht und Dämmerung
sind. Da die Dämmerung bedeutend kürzer als Tag und Nacht ist, so ist auch der
Dämmerungsstein in der Regel bedeutend kleiner als der Tag- und der Nachtstein. Ein
anderes, aber kleineres Hünengrab liegt sogar in dem Rande des Hügelgrabes 18. Die Steine
sind 20, 20 und 5 Zentimeter hoch. Auch hier finden wir wieder, daß der Dämmerungsstein
bedeutend kleiner als der Tag- und Nachtstein ist. Ein drittes Hünengrab liegt fast in der Mitte
zwischen dem 18. Hügelgrab und dem Steinkreise X. Die drei Steine desselben sind 15, 15 und
10 Zentimeter hoch. Auch hier ist der Dämmerungsstein wieder kleiner als der Tag- und der
Nachtstein. Zwischen dem 18. Hügelgrabe und dem Steinkreise II findet man sogar zwei
Hünengräber von je drei Steinen dicht nebeneinander. Auch hier sind die Dämmerungssteine
kleiner als die Tag- und Nachtsteine. Also auch Hünengräber finden sich auf dem Gräberfelde
bei Odry. Auf dem Giersfelde fanden wir zwei künstliche Erdtrichter und einen kleinen
künstlichen Berg. Den künstlichen Erdtrichter finden wir auch bei Odry, doch der dazu
gehörende künstliche Berg wird nicht erwähnt. Dagewesen ist er aber sicher; ob man ihn nun
nicht beachtet hat, oder ob er schon der Zerstörung einheimgefallen ist, vermag ich nicht zu
entscheiden.
Nach diesen Feststellungen muß man annehmen, daß auch das Gräberfeld bei Odry ganz
ähnlich wie der bronzezeitliche Friedhof bei Erfurt rein astronomisch und astrologisch angelegt
ist. Die Gräber müßten sich auf die Tage von Mondmonaten und deren Wochen beziehen. Das
ist denn auch tatsächlich der Fall. Es sind im ganzen 30 Gräber mit und ohne Steinkreise
vorhanden. Von diesen liegt, wie Abbildung 12 zeigt, das Grab I mit Steinkreis oben rechts
weit ab, die übrigen 29 zerfallen in vier Abteilungen, von denen Abteilung A vier, Abteilung B
acht, Abteilung C 9 und Abteilung D acht Gräber enthält. In den römischen Monaten von 29
Tagen hat nun die erste Woche vier, die zweite acht, die dritte neun und die vierte acht Tage,
und es ist kein Zweifel, daß wir in den vier Abteilungen die vier Wochen eines Mondmonats von
29 Tagen mit seinen vier Wochen vor uns haben. Die 30 Tage mancher Mondmonate erhielt
man dadurch, daß man zu den 29 Gräbern das Grab oben rechts weit ab zählte.
Danach muß man erwarten, daß genau so wie auf dem bronzezeitlichen Friedhofe bei Erfurt
auch auf dem Gräberfelde bei Odry Sonne, Mond, Venus, die fünf Planeten und die vier Teile
des 24stündigen Tages dargestellt sind. Das läßt sich denn auch nachweisen.
- 56 -
57
Abb. 12. Die vorgeschichtlichen Steinkreise zu Odry, Kr. Konitz, Westpr.
Aufgenommen durch den Reg.-Landmesser Stephan.
Wie wir schon wissen, werden Sonne und Mond und auch wohl Venus durch Kreise dargestellt.
Danach müssen sich unter den 12 Gräbern mit Steinkreisen Sonne, Mond und Venus viermal
bergen. Das erstemal finden wir drei Kreise mit fünf Hügelgräbern in Woche D. Das sind
Sonne, Mond und Venus mit den fünf Planeten.
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Abb. 13 Die Azimute des Gräberfeldes bei Odry, Kreis Konitz, Westpr. V. 1700 v. Chr.
Zum zweitenmal sehen wir Sonne, Mond und Venus als die Kreise VIII, IX, X in der Woche B
unten. Die noch in der Woche befindlichen vier Hügelgräber vertreten die vier Teile des
24stündigen Tages, Tag, Nacht und die beiden Dämmerungen. Zum drittenmal erblicken wir
Sonne, Mond und Venus als Kreise in Woche A mit einem Hügelgrab. Nun zeigt uns das
schwedische Felsenschiff, daß man die Venus auch wohl in dem Morgensterne und dem
Abendsterne als zwei Sterne auffaßte. Dieser Auffassung trägt unsere Darstellung Rechnung,
indem es die Venus als Kreis und auch als Hügelgrab darstellt. Zum viertenmal finden wir
Sonne, Mond und Venus als die Kreise I, XI und IV. Von diesen Kreisen stehen zwei oben und
einer unten auf unserer Abbildung.
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Ähnlich stehen auch Sonne, Mond und Venus auf Abbildung 9, und zwischen ihnen befinden
sich die fünf Planeten. Auf Abbildung 12 sind es die fünf Hünengräber, welche die fünf Planeten
vertreten und sich daher zwischen Sonne, Mond und Venus befinden. Nach der Feststellung,
daß bei der Anlage des Gräberfeldes bei Odry Astronomie und Astrologie in reichem Maße
verwandt ist, muß man als selbstverständlich annehmen, daß auch Sternlinien benutzt sind,
um die Lage der Gräber zu bestimmen. Man verbinde verschiedene Gräber in der Weise, wie
dies auf der Abbildung 13 geschehen ist, und man erhält dieselben Azimute, die Prof. Dr.
Neugebauer die Freundlichkeit hatte, von Odry um 1700 v. Chr. mir mitzuteilen. Sirius 58,4°,
Kastor 149,3°, Capella 158,8°, Delta des Orion 73,2°, Sonne, Sommersolstitium 134,7°,
Sonne, Wintersolstitium 48,3°, Südliches Mondextrem 36,2° und Nördliches Mondextrem
146,8°. Zu bemerken ist noch, daß Stephan wohl die Mittelpunkte der Gräber mit Steinkreisen,
aber nicht die der Hügelgräber genau festgestellt hat, sondern nur ungefähr. Was nun die
Genauigkeit der Azimute anbetrifft, so gilt davon dasselbe wie von der der Azimute von dem
bronzezeitlichen Friedhofe bei Erfurt.
Ein Vergleich zeigt, daß dieselben astrologischen und astronomischen Auffassungen, die wir bei
dem bronzezeitlichen Friedhofe bei Erfurt fanden, sich auch bei dem Gräberfelde bei Odry
finden.
Vor der alten Trebener Kirche, Kr. Weißenfels, befindet sich ein slawischer Friedhof, angeblich
aus dem 12. Jahrhundert, der mit Bauschutt 50—80 cm überschüttet war. Nach der Entfernung
des Bauschuttes fand man 12 Gräber mit voller Steinpackung, 14 ohne alle Steinpackung und
8 mit halber Steinpackung durcheinander.69 Die 12 Gräber mit voller Steinpackung liegen
ziemlich dicht gedrängt in der Mitte des Friedhofs, 4 von den 14 ohne Steinpackung im
Westen, 7 weit davon im Osten und eins von den letzten drei noch weiter im Osten und die
anderen beiden im Norden darüber. Die 8 Gräber mit halber Steinpackung sind genau so
angeordnet wie die 8 Gräber auf dem Friedhofe bei Erfurt, die sich auf Sonne, Mond, Venus
und die 5 Planteten beziehen. Auf diese müssen sich daher auch die 8 Gräber mit halber
Steinpackung auf dem Trebener Friedhofe beziehen. Und daraus muß man schließen, daß die
12 Gräber mit voller Steinpackung die 12 Monate des Jahres, die 4 im Westen ohne
Steinpackung die Wochen eines Monats und 7 im Osten ohne solche die 7 Tage einer Woche
darstellen. 4 7tägige Wochen haben 28 Tage. Um diese auf die 29 und 30 Tage von
Mondmonaten zu bringen, hat man 1 oder 2 Tage nötig. Diese bergen sich unter den drei
Gräbern, die am weitesten nach Osten und Norden liegen. Die drei verschiedenen Grabarten
hat man wohl auf drei verschiedene Stände zu beziehen.
Auf dem Trebener Friedhofe findet man auch noch 30 große Steine, die jetzt flach liegen, von
denen man aber vermutet, daß sie einst aufrecht standen und Grabsteine waren. Sie bilden
von Westen nach Osten 4 deutlich voneinander getrennte Gruppen. Die erste enthält 5, die
zweite und dritte je 8 und die vierte 9 Steine. Wir haben hier dieselbe Wocheneinteilung wie
bei dem schwedischen Felsenschiff und auf dem Erfurter Friedhofe, denn leicht sieht man, daß
die 9 Steine der vierten Gruppe sich auf die 8 Tage einer 8tägigen Woche und den einen
Zusatztag beziehen. Der Trebener Friedhof ist also ein echt astrologisch-astronomischer
Friedhof. Aus dem gesamten beigebrachten Material muß man sogar schließen, daß alle alten
germanischen Friedhöfe echt astrologisch-astronomisch angelegt waren. Das kann nicht
wundernehmen, da ja die Weltanschauung der alten Germanen echt astrologisch war, was
freilich unsere Altertumsforscher immer noch nicht einsehen wollen.
Hat man nun Friedhöfe astrologisch und astronomisch angelegt, so muß man vermuten, daß
sich diese Anlage auch bei Häusern findet. Das ist auch der Fall.
69
Mannus, B. XI/XII, S. 338.
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60
Im Mannus, Ergänzungsband VI, S. 60, findet sich der Grundriß eines Hauses aus der
Spätlatènezeit, der mit C bezeichnet ist. Er stammt aus dem Dorfe Tarolath, Kr. Freystadt,
Niederschlesien. In dem Grundriß befinden sich 55 Löcher, in denen die Pfosten standen, auf
denen das Haus errichtet war. Diese beziehen sich auf die 12 Monate des Jahres, auf die 4
Wochen des Monats, auf die Tage von 3 achttägigen und einer fünftägigen Woche, den
Zusatztag und auf Sonne, Mond, Venus und die 5 Planeten. Die 54 Pfosten bilden 7 Gruppen,
die sich ziemlich deutlich voneinander abheben. Die 12 Monatspfosten standen an der unteren
Südseite, etwas über ihnen nach Westen der Zusatzpfosten und ihnen gegenüber in der Mitte
der Nordseite die 7 Pfosten für Sonne, Mond und die 5 Planeten. Zwischen diesen und dem
Westende an der Nordseite befanden sich die 5 Pfosten für die 5tägige Woche. Von Westen
nach Osten durch die Mitte waren zuerst die Pfosten von 2 achttägigen Wochen, dann die 4
Wochenpfosten des Monats and zuletzt am Ostende die Pfosten der dritten achttägigen Woche
aufgestellt. Die Venus wurde durch einen ganz kleinen Pfosten in der achttägigen Woche am
Westende vertreten.
Zweifellos dienten die Pfosten des Hauses auch als Kalender, denn man brauchte nur an den
betreffenden Monats-, Wochen- und Tagpfosten Zeichen aufzuhängen, und man hatte das
Datum des Tages.
Das Haus zu Tarolath ist also ein echt astrologisch-astronomisches Haus, und die
Weltanschauung ihrer Erbauer war die astrologische, wie sie Hugo Winckler dargelegt hat. Und
weil man das noch nicht erkannt hat, ist auch der Grundriß des Hauses noch nicht richtig
gedeutet worden, und man steht verständnislos vor der Anordnung der Pfosten.
Wir können uns daher nicht wundern, wenn sogar behauptet wird, daß die alten Germanen
ihre Kultur nicht selbst geschaffen, sondern erst von dem Orient bekommen hätten. Professor
Hermann Wirth, „Aufgang der Menschheit“, S. 411, trifft deshalb den Nagel auf den Kopf, wenn
er schreibt: „Wir haben alsdann feststellen können, daß unser ganzes wohlgeordnetes
Entwicklungsschema der menschlichen Geistesgeschichte, das die geistige Bewußtwerdung und
Reifung der Menschheit erst in eine „geschichtliche“ Zeit der Orients verlegt und eine
davorliegende
kontinuierte
Primitivität
eines
vorgeschichtlichen
Zeitalters
sich
zurechtkonstruiert hatte, eine haltlose Hypothese ist, welche uns als eine geistige Belastung
aus der Selbstüberhebung jener orientalisch-mittelländischen Verfallzeit durch unsere
theologisch-humanistische altphilologische Geschichtsschule vererbt worden ist.“
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61
Astronomie in Osnabrück und Umgebung.
Die Höhle in dem Gertrudenberge bei Osnabrück
eine heidnische unterirdische Kultstätte, die bereits 1600 v. Chr. angelegt ist.
In dem Gertrudenberge bei Osnabrück befindet sich eine Höhle, von der der Geometer
Hollenberg 1852 eine Karte angefertigt hat, die uns Abbildung 15 zeigt. Die Höhle ist über 100
Meter lang, 5 bis 30 Meter breit und 2 bis 4 Meter hoch.
Lodtmann, Professor in Helmstedt und geborener Osnabrücker, schreibt 1753 (Monumenta
Osnabrugensia) über die Höhle unter dem Gertrudenberge:
„Eine Höhle von wunderbaren Windungen unter dem bei Osnabrück liegenden
Gertrudenberge, die in den gewachsenen Felsen mit unendlicher Mühe gegraben ist,
vielleicht eine Wohnstätte alter Germanen, bemerkenswert wegen gewaltigen Umfangs,
wird durch dies hier hergestellte Monument (so bezeichnet Lodtmann seine
Niederschrift) geschildert. Du findest hier, o Wanderer, wenn du Interesse hast für
Wunder, ein sinnreiches und klug angelegtes Labyrinth, das man anstaunen muß, eine
Höhle, welche die nimmermüde Hand trotz der Härte des Felsgesteins ausgemeißelt
hat. Trittst du hinein, so wirst du erschreckt durch die wunderbaren Verschlingungen
der mannigfachsten Wege, ohne zu ahnen, welchen Weg zu gehen das richtige ist. Und
hast du dich für einen Weg entschieden, so wirst du denselbeben Weg zurückgeführt,
weißt aber nicht, daß du den Schritt zurückgelenkt hast. Wenn du glaubst, vorwärts zu
gehen, so biegst du zur Seite in der geheimnisvollen Höhle, und glaubst du, rückwärts
zu wenden, so merkst du, daß du zu weit vorwärts gegangen bist. Unbetretbar und
kaum wieder entrinnbar würde das Labyrinth sein, das nach jeder Seite für die
gewundene Krümmung (in den Fels hinein) ausgehöhlt, wenn nicht Gestein, das im
Laufe der Zeit von der Decke niederfiel, glücklicherweise die täuschenden Wege
verrammelte.“
„Wenn man durch den Eingang hinabsteigt, stößt man auf sechs Öffnungen. Von diesen
sind drei so verschüttet, daß man weder hindurchgehen, noch hindurchkriechen kann:
drei, A, B, C, sind offen. Wenn man nun A, die von der linken Seite die erste ist, betritt,
findet man sofort vier andere. Von diesen sind zwei ganz und gar durch Felsblöcke
verschüttet, eine dritte halb verschüttet; wenn man die vierte betritt, wird man zuerst
nach links geführt, aber man wird bald nachher zurückkehren, da auch jene verstopft
ist; sich nach rechts wendend, kehrt man zur zweiten Öffnung B zurück. Wenn man
wiederum die zweite Öffnung B betritt und sich nach links wendet, schreitet man durch
die Öffnung A zurück. Wenn man nun aber nach rechts vorschreitet, stößt man auf
einen freien Platz, wo man vier Öffnungen sehen kann, ohne diejenige, durch die man
gekommen ist. Welche auch immer nun von diesen man betritt, bringt man bald nach
rechts, bald nach links vor, und nach rechts vorgedrungen, kehrt man nach einigen
Irrgängen zurück durch die Öffnung, die die dritte C zum Eingang der Höhle ist. Wenn
man nun auch diese wiederum betritt, so wird man, sich nach links wendend,
zurückgeführt aus dem Eingange B; nach rechts, wo die längsten Irrgänge der Höhle
sind, bald hierin, bald dorthin geführt, zehnmal vorgeschritten, auch zehnmal wegen
verschütterter
Öffnungen,
die
nicht
einmal
einen
Kriechenden
Menschen
hindurchlassen, zurückgekehrt, kommt man endlich nach vielen Irrwegen zum Eingang
der Höhle zurück. Hier und da begegnen einem freie und fast runde Plätze, wo zehn und
mehr Personen Platz haben können; diese haben im Umkreise Öffnungen, in die man
eintreten und austreten kann. Jene kann man mit Zimmern vergleichen.“
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62
Nach Lodtmann befindet sich neben der Höhle auch noch ein Labyrinth, das Abbildung 14
schematisch darstellt. Als aber um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die Höhle an Bierbrauer
verpachtet wurde, haben diese mit Einwilligung des Magistrats die Eingänge in dem Labyrinthe
zugemauert. Labyrinthe findet man auch in manchen Kirchen Frankreichs und auch in einer
Kirche in Salzburg. Das nimmt wunder, denn die Labyrinthe sind nicht christlichen Ursprungs.
Abb. 14.
Es läßt sich aber nachweisen, wie sie in diese hineingekommen sind. Der Papst Gregor VI.
empfahl den Missionaren, die heidnischen Tempel nicht zu verbrennen, sondern durch
Besprengung mit Weihwasser in christlich Kirchen umzuwandeln. Finden sich nun in
französischen Kirchen Labyrinthe, so befanden sich diese in den heidnischen Tempeln, die
durch Besprengung mit Weihwasser ein Bestandteil der christlichen Kirchen geworden. Und es
ist kein Zweifel, daß in den Labyrinthen in den christlichen Kirchen auch noch am 1. Mai
dieselben Kämpfe zwischen den Vertreter des Winters und dem des Sommers ausgefochten
sind wie in den heidnischen Tempeln. Wenn nun Professor Lodtmann neben der
Gertrudenberger Höhle ein Labyrinth gefunden hat, so ist das ein unanfechtbarer Beweis, daß
diese einem unterirdischen Tempel ihre Entstehung verdankt. Labyrinthe stellen nun die aufund absteigenden Bahnen der Sonne und des Mondes am Himmel dar, wie die Erdtrichter und
der Heilige Berg auf dem Giersfelde und die Schneckenlöcher auf dem Gertrudenberge bei
Osnabrück zeigen.
Auf dem schwedischen Monatsschiffe erblichen wir Sonne und Mond als zwei kleine Kreise
zwischen den beiden Wochenzeichen, die Venus als Abend- und Morgenstern als zwei Punkte
neben dem linken Wochenzeichen, die fünf Planeten als fünf Punkte neben dem rechten
Wochenzeichen und die vier Teile des 24stündigen Tages als ein vierteiliges Segel. In ganz
ähnlicher Weise treten diese Sachen in der Gertrudenberger Höhle auf, wie Abbildung 15 zeigt.
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63
Abb. 15. Die Gertrudenberger Höhle bei Osnabrück nach der Karte von Hollenberg 1852.
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Da sehen wir Sonne, Mond und Venus als drei kleine Vierecke, die ihrer Größe entsprechen, in
dem linken Teile des Querabschnittes, die fünf Planeten als fünf kleine Vierecke in dem rechten
Teile derselben und die vier Teile des 24stündigen Tages, den Tag, die Nacht und die beiden
Dämmerungen, als zwei größere und zwei kleinere Gebilde in dem Südteile der Höhle. Noch
einmal werden Sonne, Mond, Venus, die fürnf Planeten und die vier Teile des 24stündigen
Tages in ganz ähnlicher Weise in dem mittleren und dem nördlichen Teile der Höhle
dargestellt. Die obere Darstellung, ist für die Vollmondszeit und die untere für die
Neumondszeit. Die Symbole für Sonne, Mond und Sterne waren Säulen. Nach dem
schwedischen Monatsschiff gehören dazu aber auch die vier Wochen mit ihren Tagen. Auf dem
bronzezeitlichen Friedhofe bei Erfurt und auf auf dem Gräberfelde bei Odry sind die Tage durch
Gräber dargestellt worden. Das ging heir natürlich nicht. Man mußte eine andere Art der
Darstellung wählen. Nur durch die verschiedene Gestaltung der Höhlenräume konnte dies
bewerkstelligt werden. Es fällt denn auch nicht schwer, vier Haupträume in der Höhle zu
unterscheiden, die durch verschiedene Bodenmuster kenntlich gemacht und mit den römischen
Ziffern I bis IV bezeichnet sind. Diese vier Räume sind Symbole der vier Wochen eines Monats,
von denen drei Wochen je acht und eine fünf Tage hat, wie auch die Wochen auf dem
schwedischen Monatsschiff und auf dem bronzezeitlichen Friedhofe bei Erfurt. Wie di Wochen
durch die großen Räume der ganzen Höhle, so werden die Tage durch die kleineren der
Wochen dargestellt. Sid sind durch kleine gestrichelte Linien voneinander getrennt und mit den
Ziffern 1 bis 5 und 1 bis 8 bezeichnet. Man beachte auch den mit 30 bezeichneten Zusatztag!
Von den bekanntesten astronomischen Erscheinungen fehlt in der Höhle anscheinend die
Darstellung der Fixsterne. Daß diese aber dagewesen ist, unterliegt bei der ganzen Sachlage
kaum einem Zweifel. Auf dem Giersfelde sind die Fixsterne durch Sternbilder und Sternlinien
dargestellt. Ähnlich dürfte die Darstellung derselben auch in der Gertrudenberger Höhle
gewesen sein. Höchst wahrscheinlich befand sich die Darstellung der Sternbilder an der Decke
der Höhle. Darauf deutet hin, daß noch vor mehr als hundert Jahren ein Osnabrücker Senator
die Höhle and jedem Neujahrstage durch Lämpchen erleuchten ließ, und daß dann jung und alt
aus Osnabrück nach der Höhle wanderte, um sich ihre Beleuchtung anzusehen.
Bei dem Gute Österholz sind Sternlinien zum Grundriß desselben, benutzt. Untersuchen wir, ob
das nicht auch bei der Gertrudenberger Höhle der Fall gewesen ist. Verbindet man die äußeren
Ecken und Kanten der Höhle durch Linien, so erhält man ein Siebzehneck. Die Azimute, welche
die Seiten des Siebzehnecks mit dem Meridian bilden, sind identisch mit den Azimuten, die bei
der Besprechung des Giersfeldes für Osnabrück um 1600 v. Chr. von Sonne, Mond und vier
Fixsternen angegeben sind. Unter den 17 Linien des Siebzehnecks finden sich dreimal
Meridian, fünfmal Mond-, dreimal Sirius-, einmal Antares-, zweimal Kastor- und dreimal
Sonnenlinien. Das Überwiegen der Sonnen-, der Mond- und Meridianlinien erklärt sich daraus,
daß diese für die Leute der Steins- und Bronzezeit das waren, was für uns heute der Kalender
ist.
Sternlinien oder Azimute erhält man auch, wenn man in die Augen fallende Ecken und Kanten
der Höhle quer durch dieselbe verbindet, wie zwei Ost-West- und eine Sirius- und eine
Antareslinie zeigen. Daraus geht hervor, daß nichts in der Höhle zufällig, sondern alles wohl
bedacht ist, wenn wir heute auch nicht alles mehr verstehen. Leute, welche, die fixe Idee
haben, daß vor Chr. in Deutschland keine Astronomie getrieben ist, werden versuchen, auch
die Sternlinien der Gertrudenberger Höhle für Zufallslinien zu erklären. Das ist aber bei der
Gertrudenberger Höhle schwieriger als bei dem Grundriß von Österholz, denn außer den
Sternlinien zeigt ja diese auch noch Darstellungen von den übrigen astronomischen
Erscheinungen. Wer nun leugnet, daß in der Gertrudenberger Höhle Sternlinien sich finden,
muß auch die Darstellung der übrigen astronomischen Erscheinungen leugnen. Und das dürfte
schwerlich gelingen.
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Astronomie in der Umgebung von Osnabrück um 1600 v. Chr.
In der Umgebung von Osnabrück finden sich zahlreiche Hünengräber und sicher nachweisbare
alte heidnische Kultstätten. Abbildung 16 zeigt eine Karte von diesen Hünengräbern und alten
heidnischen Kultstätten, die nach den Meßtischblättern von Osnabrück, Rulle und Hasbergen
angefertigt ist. Sie ist also möglichst genau. Verbindet man nun die Hünengräber und
Kultstätten durch Linien, wie das auf der Karte geschehen ist, so erhält man Sternlinien oder
Azimute von Sonne, Mond und Sternen um das Jahr 1600 v. Chr.
Abb. 16. Hünengräber und alte heidnische Kultstätten
in der Umgebung von Osnabrück um 1600 v. Chr.
Den Meridian erhielt man, indem man eine Linie von den Nahner Steinen über die Östringer
Steine, und die Ost-Westlinie oder den Azimut zur Zeit der Tag- und nachtgleichen, indem man
eine Linie von den Östringer Steinen über die Karlsteine, und eine nochmalige solche Linie,
indem man eine Linie von den Sundermannsteinen über das alte heidnische Heiligtum auf dem
Gertrudenberg zog. Das sind Linien, die auch ein Volk auf der niedrigsten Kulturstufe nicht
entbehren kann, denn sie bestimmen die vier Haupthimmelsrichtungen.
Dann finden wir fünf Sonnenlinien, die mit der Ost-Westlinie oder der Linie der Tag- und
Nachtgleichen die Anfänge der vier Jahreszeiten anzeigen. Und die beiden Mondlinien zeigen
uns den Mond in seinem höchsten Stande im Norden und seinem niedrigsten im Süden. Das
sind also Linien, die zur Herstellung eines Kalenders nicht zu entbehren waren. Daß man schon
in Nordwesteuropas zur Stein- und Bronzezeit Steinkalender besaß, ist schon bei der
Besprechung des Giersfeldes nachgewiesen.
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Beobachtete man nun die Unter- und Aufgangspunkte der Sonne und des Mondes im Laufe des
Jahres und des Mondmonats, so ist sicher, daß man auch die Untergangs- und Aufgangspunkte
von besonders in die Augen fallenden Sternen, denen man astrologische Bedeutung zuschrieb,
beobachtete. Der glänzende Stern am nächtlichen Himmel ist nun ohne Zweifel der Sirius, der
auch schon bei den alten Ägyptern eine große Rolle spielte. Wir finden daher seine Azimute
viermal. Vier andere auffallende und astrologisch wichtige Sterne sind Antares, der große
glänzende Stern in dem Sternbilde des Skorpion, Capella, der größte und hellste Stern im
Fuhrmann, der Deltastern im Gürtel des Orion und Kastor, der zweithellste Stern im Sternbilde
der Zwillinge. Jeder dieser vier Sterne ist nur mit zwei Linien vertreten. Sie treten also hinter
der Sonne und dem Sirius weit zurück. Außer Sonne, Mond und Fixsternen unterscheidet man
aber auch noch Planeten oder Wandelsterne. Daß man zur Stein- und Bronzezeit in
Westeuropa diese auch schon kannte und darstellte, zeigt ihre Darstellung auf dem
schwedischen Felsenschiff, dem bronzezeitlichen Friedhof zu Erfurt, auf dem Gräberfelde bei
Odry, im Regierungsbezirk Stade und in der Höhle des Gertrudenberges bei Osnabrück. Unsere
Karte von der Umgebung von Osnabrück, welche Hünengräber und alte heidnische Kultstätten
zeigt, ist also eine astronomische Karte in astrologischer Auffassung, die alles darstellt, was
man von Sonne, Mond und astrologisch wichtigen Fixsternen um 1600 v. Chr. wußte. Man
beachte, daß einige von den Linien bis zu 10 Kilometer lang sind. Daß man zur Stein- und
Bronzezeit schon solche lange Linien mit Sicherheit herzustellen vermochte, beweisen die
ebensolangen und noch längeren Menhirreihen, die Korvettenkapitän Devoir in der Bretagne
nachgewiesen hat.
Bekannt ist, daß die Gegner Teudts im Mannus, B. 20, Zeitschrift für Vorgeschichte, alles
mögliche versucht haben, um den Nachweis zu liefern, daß die Linien des Grundrisses von dem
Gute Österholz nicht Sternlinien, sondern nur Zufallslinien sind, weil die alten Germanen nicht
fähig gewesen sein sollen, Sternlinien herstellen zu können. Unsere Altertumsforscher stellen
diese Behauptung auf, weil sei noch nicht imstande gewesen sind, von unseren Mythen,
Märchen und Sagen auch nur einen Mythus, ein Märchen und eine Sage befriedigend und
anschaulich zu deuten. Sie haben daher auch keine Ahnung von der wirklichen
Weltanschauung, dem wirkliche Wissen und Können unserer alten Vorfahren. Stellen sie doch
sogar die ungeheuerliche Behauptung auf, daß unsere sämtlichen Mythen und Märchen aus
dem Oriente stammen. Man vergleiche hier auch, was Prof. Hermann Wirth „Aufgang der
Menschheit“, B. I, S. 195, über di Astronomie der Eskimos sagt: „Wir finden bei den Eskimos
eine außerordentlich entwickelte Beobachtung des Sonnenlaufes in Verbindung mit bestimmten
Punkten in der Landschaft. Aus neuerer Zeit wissen wir von den Ammasalik, daß sie den
kürzesten Tag genau vorher zu bezeichnen imstande sind, nicht nur mit Hilfe des Punktes der
Sonnenwende, sondern auf Grund des Sternes Altaire im Morgendämmerungslicht. Der Lenz
beginnt bei ihnen, wenn die Sonne an demselben Punkte wie Altaire aufgeht. Die Eskimos von
Hudson Bay bestimmen das Herannahen der Sonnenwende aus dem Sonnenlauf in bezug auf
gewisse feste Punkte in der Landschaft.“ S. 196: „Bei den Indianerstämmen von Arizona wird
der Lauf der Sonne genau beobachtet, sowohl zur Bestimmung kultischer Feste als auch für die
werktägigen Verrichtungen.“ Und was die Indianer und Eskimos können, das sollten unsere
alten Indogermanen und Germanen nicht gekonnt haben?
Darüber schreibt mir Prof. Dr. Neugebauer: „Leider gestattet die Archäologie es nicht, den
Bewohnern des alten Germaniens eine gewisse Kultur zuzuschreiben. Ja, wenn es Kaffern oder
Hottentotten wären, da wäre alles erlaubt. Die stehen geistig hoch, und da dürfen die kühnsten
Behauptungen aufgestellt werden. Aber bei den alten Germanen oder Kelten verbietet das der
orthodoxe Kanon.“
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Selbstverständlich wird man auch versuchen, die von mir nachgewiesenen astronomischen
Linien der alten Germanen als nicht astronomische hinzustellen. Das ist aber bei meinen Linien
unendlich schwieriger als bei Teudts Linien, denn bei mir spielen Fixsternlinien gar nicht die
Hauptrolle wie bei Teudt, sondern Meridian-, Ost-West-, Sonnen- und Mondlinien in den
verschiedenen Jahreszeiten. Auch handelt es sich bei mir nicht um einen Ort, sondern um
verschiedene. Haben doch Astronomen festgestellt, daß die astronomische Pflege- und
Kultstätte Österholz, der bronzezeitliche Friedhof bei Erfurt, das Gräberfeld bei Odry in
Westpreußen, das großartige Steindenkmal Stonehenge in England, das Giersfeld im Kreise
Bersenbrück, die Höhle im Gertrudenberge bei Osnabrück und die Hünengräber und
Kultstätten um Osnabrück herum von 1850 bis 1600 v. Chr. angelegt sind. Da darf man wohl
darauf gespannt sein, mit was für Behauptungen man den Leuten weiszumachen versuchen
wird, daß die alten Germanen Dummköpfe von solcher Güte waren, daß sie keine Astronomie
zu treiben imstande waren.
Eine wissenschaftliche und volkstümliche Forderung
Nach dem beigebrachten Material steht fest, daß wir in der Höhle des Gertrudenberges bei
Osnabrück eine alte Kultstätte unserer Vorfahren um 1600 v. Chr. vor uns haben. Unsere
Pflicht ist es nun jedenfalls, diese alte Kultstätte, die bis jetzt einzig in Deutschland dasteht, in
ihrer ursprünglichen Gestalt wieder herzustellen. Das ist möglich, wenn wir dabei die
Beschreibung der Höhle von Professor Lodtmann, die Karte derselben von Hollenberg, die
Abbildung des bronzezeitlichen Friedhofes bei Erfurt und alte heidnische Überbleibsel in
christlichen Kirchen benutzen.
Nachdem aus der Höhle alles entfernt ist, was Bierbrauer seit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts in ihr angelegt haben, ist sie wieder in den Zustand zu versetzen, in dem
Hollenberg sie 1852 vorfand. Die vier Teile der Höhle stellen die vier Wochen eines Monats dar,
und zwar die beiden Wochen im Süden die beiden Wochen der Vollmondszeit und die beiden im
Norden die der Neumondszeit. Die Wochen sind durch verschiedenfarbige Ränder scharf
voneinander zu trennen. In den Vollmondswochen wird jeder Tag durch eine goldene, jede
Nacht durch eine silberne und die beiden Dämmerungen durch eine hellgraue Färbung
kenntlich gemacht. Dagegen erscheint im Norden in den Neumondswochen der Tag weiß und
half schwarz. Sonne, Mond, Venus und die fünf Planeten werden durch Säulen vertreten, die
ihrer Größe und sonstigen Eigenschaften entsprechen. Daher ist im Süden die Mondsäule als
ein Symbol des Vollmonds silberfarbig, aber im Norden als ein solches des Neumonds schwarz.
Die Fixsterne, die natürlich auch in der Höhle nicht gefehlt haben, sieht man and der Decke
derselben als kleine Glühlämpchen in der Form der bekanntesten Sternbilder. Sie dienen auch
zur Beleuchtung der Höhle. Die Azimute der 17 Seiten der Höhle werden wohl am besten an
den Wänden der Höhle in irgendeiner praktischen Form angebracht.
In der Kirche in Oldendorf bei Melle erblickt man Wodan als den heiligen Martin, Freyr
erscheint in der Sakristei als ein Bischof, dem eine junge Frau auf einer Schüssel einen
gebratenen Eberkopf bringt, und Baldur sieht man als Friedensfürsten hinter dem Altar auf der
Ostwand. Erinnern wir uns nun, das Papst Gregor den Missionaren empfahl, die heidnischen
Tempel nicht zu verbrennen, sondern durch Besprengung mit Weihwasser in christliche Kirchen
zu verwandeln, so muß die Kirche in Oldendorf bei Melle aus einem alten heidnischen Tempel
entstanden sein, in dem die Bildnisse oder Statuen der drei höchsten heidnischen Götter sich
befanden. Daher sind auch in der Gertrudenberger Höhle als einer altheidnischen Kultstätte die
Bildnisse der Statuen der drei höchsten germanischen Götter anzubringen. Daß diesen der
Vollmondstag mit der Sonne, die Vollmondsnacht mit dem Vollmonde und Dämmerungen mit
den Sternen oder dem Abend- und Morgenrote zugrunde liegen, wissen wir schon. Das hat
schon Cäsar klar und deutlich erkannt, ja, er behauptet sogar, daß andere Götter die
Germanen nicht einmal vom Hörensagen kennen.
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Wie Baldur den Vollmondstag mit der Sonne auf der Höhe seiner Entwicklung vertritt, der den
Sieg der Vollmondszeit über die Neumondszeit genießt und daher in Frieden herrscht, so
vertritt Thor ihn als den stärksten aller asischen Kämpfer, der bei der Mondzunahme den
Riesen, den Vertretern der nun verschwindenden Neumondszeit, die Schädel mit seinen
Hammer Miölnir, der Sonne, zertrümmert. Weil nun die alten Germanen zweifellos
kriegerischer Natur waren und Thor, wie Cäsar bezeugt, als Kriegsgott verehrten, so würde ich
dafür sein, Thor in der Höhle als den Riesenfäller an Stelle Baldurs darzustellen.
Aber auch das Labyrinth, das Professor Lodtmann so interessant beschreibt, und von dem er
noch einen Teil, den Abbildung 14 schematisch darstellt, hat begehen können, muß wieder
zugänglich gemacht werden. Wir werden dann ein altgermanisches unterirdisches Labyrinth
kennen lernen, daß vor ungefähr 3500 Jahren angelegt wurde. Stellt man nun die
Gertrudenberger Höhle mit ihrem Labyrinthe so wieder her, wie sie ursprünglich gewesen ist,
so hat man einen altgermanische unterirdische Kultstätte aus dem 16. Jahrhundert vor unserer
Zeitrechnung, wie man sie sich gar nicht besser wünschen kann.
Wie die Gerturdenberger Höhle, so sind auch das Giersfeld, der bronzezeitliche Friedhof bei
Erfurt und das Gräberfeld bei Odry in ihrer ursprünglichen Form wieder herzustellen. Bei dem
Gute Österholz sind Zeichen anzubringen, die seinen Grundriß als echt astronomisch erkennen
lassen. Und es ist Sorge zu tragen, daß die Hünengräber und alten Kultstätten in der
Umgebung von Osnabrück so kenntlich gemacht werden, daß man in ihnen Gegenstände einer
alten geographischen Landkarte in astrologischer Auffassung erkennt. Geschieht da alles, so ist
jeder, ob jung oder alt, imstande, festzustellen, daß unsere Vorfahren, die alten Germanen,
keinem Volke des Altertums an astro-Kenntnisse und Fertigkeiten nicht gering waren, denn
ohne diese hätten sie nicht solch gewaltigen Steindenkmale wie die Hünengräber und eine
unterirdische Kultstätte mit einem Labyrinthe wie die Höhle in dem Gertrudenberge bei
Osnabrück anlegen könne.
Stelle man die Gertrudenberger Höhle in ihrer Ursprünglichkeit wieder her, so hätte Osnabrück
eine Sehenswürdigkeit, wie sie nicht zum zweitenmale in Deutschaland vorhanden ist, und die
zweifellos alljährlich einen Fremdenstrom nach Osnabrück führen würde.
_____________________________
Anmerk.: Wilhelm Teudt, Germanische Heiligtümer, S. 107—143, führt 47 Signallinien der
alten Germanen an, die von Norden nach Süden oder von Westen nach Osten über erhöhte
Punkte liefen, und auf denen Signalfeuer angezündet wurden. Bielfach lassen sich die
Leuchtfeuerstellen noch nachweisen, nur selten bis zu einem Grad von der Nordsüd- oder
Westostlinie abweichen. Daß die alten Germanen neben diesen Linien auch noch Linien für die
Auf- und Untergangspunkte von Sonne, Mond und besonders in di Augen fallenden Fixsternen
hatten, ist wohl selbstverständlich
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ANLAGE II
ASTRONOMISCHE BEGRIFFE
Um die Diskussion astronomischer Gegebenheiten verständlich zu machen,
braucht man einige Grundkenntnisse in der Astronomie70 und der sphärischen
Trigonometrie. Hiermit zeigen wir eine Kurzfassung der Grundlagen der
sphärischen Trigonometrie auf, und erklären bildlich die wichtigsten Begriffe,
womit jeder dann diese Diskussion verstehen kann.
Grundlagen der Sphärischen Trigonometrie - Kurzfassung71
Die sphärische Trigonometrie kann wie folgt zusammengefaßt werden:
“Der Himmelsäquator wird vom Erdäquator aus projiziert und die Erdachse wird zur Weltachse
verlängert. Auf diese Weise erzeugt man von der Erde aus ein Koordinatensystem für den
Himmel.
Als Zenit bezeichnet man jenen Punkt, der sich am Himmel genau über dem Beobachter
befindet. Nadir ist der Name des Gegenpunktes zum Zenit auf der Himmelskugel. Der
Beobachter befindet sich auf einem Punkt auf der Erdoberfläche….
Der Himmelsmeridian geht durch den Zenit und beide Pole.
Alle Sterne am Himmel beschreiben durch die Drehung der Erdachse scheinbare Kreisbahnen.
Dabei legt jeder Stern pro Sterntag 360° horizontal gemessen zurück…. Als Tagbogen wird
der Bogen bezeichnet, den ein Stern vom Aufgangspunkt bis zum Untergangspunkt beschreibt.
Der Schnittpunkt des Tagbogens mit dem Meridian ist der Höchstpunkt des Sternes und wird
auch als Kulminationspunkt bezeichnet. Zirkumpolarsterne haben auch einen tiefsten Punkt
am Tagbogen, welcher unterer Kulminationspunkt genannt wird.
Astronomische Koordinatensysteme bzw. „Sternen-Visursysteme“
[1.] Das Horizontsystem als Koordinatensystem
Der Grundkreis liegt in der Ebene des Beobachters. Die Höhe auf der Himmelskugel wird in
Grad gemessen. Der Horizont liegt auf 0°, der Zenit auf 90° und der Nadir auf –90°.
Häufig wird anstelle der Höhe auch die Zenitdistanz verwendet, welche sich aus 90° weniger
der Höhe ergibt.
Als Nullpunkt wird der Südpunkt gewählt und von dort aus kann der zweite Positionswinkel,
das Azimut, gemessen werden. Das Azimut ist der Winkel zwischen Himmelsmeridian und
Vertikal des Gestirns. Man misst das Azimut in Richtung Westen von 0 bis 360°.
Die Polhöhe an einem Ort ist gleich der geographischen Breite. Auf der Nordhalbkugel
erleichtert der Polarstern die Messung.
Der Vorteil des Horizontsystems ist, dass man die Höhe eines Objektes auch dann messen
kann, wenn man den Horizont nicht genau bestimmen kann. Denn die Richtung zum Zenit
stimmt mit der Richtung der Schwerkraft überein. Zwei früher sehr gebräuchliche
Messinstrumente machen sich die Eigenschaften des Horizontsystems zu Nutze: der Theodolit
und der Sextant.
Empfehlenswert als Online-Grundkurs ist Sterngucker, Bayerische Rundfunk
<http://www.br-online.de/wissen-bildung/spacenight/sterngucker/index.html>.
71
Sphärische Trigonometrie, Wikipedia
<http://de.wikipedia.org/wiki/Sph%C3%A4rische_Trigonometrie>.
70
- 69 -
70
[2.] Das Äquatorsystem als Koordinatsystem
Neben dem Horizontsystem, in dem sich die Koordinaten eines Sternes auf Grund der
Erdrotation ständig ändern, gibt es das Äquatorsystem.
Der Himmelsäquator dient als Grundkreis für dieses System.
Die Höhe über dem Himmelsäquator wird als Deklination bezeichnet. Sie kann Werte zwischen
90° (Himmelsnordpol) und -90° (Himmelssüdpol) annehmen.
Die andere Koordinate des Äquatorsystems ist die Rektaszension, die vom Frühlingspunkt aus
entlang dem Himmelsäquator gemessen wird.
Die Rektaszension hängt zusammen mit dem Stundenwinkel. Dieser wird vom Schnittpunkt
des Himmelsäquators mit dem Himmelsmeridian aus nach Westen von 0° bis 360° bzw. von 0
h bis 24 h gezählt.
…
Sterne als Zeitmesser
Aus der momentanen Position eines Sterns lässt sich die Uhrzeit ermitteln (oder umgekehrt).
Die Sternzeit ist definiert als Stundenwinkel des Frühlingspunktes, das heißt als der Winkel
zwischen dem Ortsmeridian (dem Großkreis, auf dem der Zenit, der Nordpunkt und der
Südpunkt des Horizonts liegen) und dem Deklinationskreis des Frühlingspunktes (dem
Großkreis, auf dem sich der Frühlingspunkt und die beiden Himmelspole befinden).
Gezählt wird dieser Winkel auf dem Himmelsäquator, und zwar vom Ortsmeridian in
Richtung SWNO zum Frühlingspunkt.
0 Uhr Sternzeit bedeutet, dass der Frühlingspunkt gerade den Ortsmeridian durchläuft, also für
einen Beobachter auf der Nordhalbkugel genau im Süden bzw. für einen Beobachter auf der
Südhalbkugel genau im Norden steht.
Eine Stunde der Sternzeit wird naheliegenderweise mit 15° (Winkel
gleichgesetzt, sodass 24 Sternzeitstunden einem 360°-Winkel entsprechen.
im
Gradmaß)
Ein Sterntag ist der Zeitraum zwischen zwei aufeinanderfolgenden Meridiandurchgängen des
Frühlingspunktes. Er ist nur geringfügig (um 0,0084 s) kürzer als die Rotationsdauer der Erde,
die etwa 23 h 56 min 4 s beträgt.
Mit Hilfe der letzten Angabe lassen sich Sternzeit und Sonnenzeit (bürgerliche Zeit) ineinander
umrechnen.
…
Sterne sind in gewisser Hinsicht auch Zeitmesser für sehr lange Zeiträume. Auf Grund der
Kreiselbewegung der Erdachse verschiebt sich der Frühlingspunkt um ca. 50'' pro Jahr.
Innerhalb eines platonischen Jahres, das sind ca. 26000 Jahre, durchläuft er einmal die ganze
Ekliptik. Dieses Phänomen wird als Präzession bezeichnet.”
Diese Koordinaten-Systeme zeigen wir nun illustriert im Bild mit
begleitender Erklärung.
- 70 -
71
Abbildungen 1 bis 4 : Astronomische Koordinatensysteme im Vergleich
Horizontsystem und Äquatorsystem
Abbildung 1: Das Horizontsystem (Azimut Az, Astronomische Höhe h)72
(Messungen bezogen auf dem Horizont)
Abbildung 2: Das Äquatorsystem
(Stundenwinkel t, Deklination δ)73
(Messungen bezogen auf dem Himmelsäquator)
Harald Geier-Greiner, Koordinatensysteme: Das Horizont-System, <http://www.greiergreiner.at/hc/horizont.htm>.
73
Harald Geier-Greiner, Koordinatensysteme: Das Äquator-System I (ruhend)
<http://www.greier-greiner.at/hc/parall_1.htm>.
72
- 71 -
72
Abbildung 3: Das Äquatorsystem
(Rektaszension α, Deklination δ)74
(Messungen bezogen auf dem Himmelsäquator)
Abbildung 4: Das Äquatorsystem
(Stundenwinkel t, Deklination δ, Rektaszension α, Sternzeit θ)75
Harald Geier-Greiner, Koordinatensysteme: Das Äquator-System II (rotierendes)
<http://www.greier-greiner.at/hc/parall_2.htm>.
75
Harald Geier-Greiner, Koordinatensysteme: Das Äquator-System II (rotierendes)
<http://www.greier-greiner.at/hc/parall_2.htm>.
74
- 72 -
73
Abbildung 5
Astronomische Koordinatensysteme (als Tabelle)76
Horiizontsystem und Äquatorsystem verglichen
Galaktisches System
Ekliptikalsystem
Horizontsystem
Äquatorsystem
ruhendes
(mit)bewegtes
Horizont
Äquator als Basisebene
Deklination δ
Höhe h (über Horizont)
von 0  bis 90 
von 0  bis 90  (wahlweise: N/ S statt +/)
Azimut a
Stundenwinkel τ
Rektaszension α
in 1 
als Uhrzeit
in 1 
von S nach W
von S nach W
v. Frühlingspunkt nach O
orts- und zeitabhängig zeitabhängig
[nicht abhängig]
Sternkoordinaten
ein Stern hat
beide Koordinaten des
ändern sich
nur feste Deklination Sterns sind fest
Umrechnung: τ = θ  α (Sternzeit = θ)
Die zwei erwähnten astronomischen Koordinatensysteme – das Horizontsystem
und das Äquatorsystem - sind in Abbildungen 1, 2, 3 und 4 verglichen und
wie in der Tafel in Abbildung 5 zu unterscheiden. Der Hauptunterschied der
zwei Systeme (Horizont, Äquator) besteht in der Orts- und Zeitabhängigkeit:77
Der Nachteil des [Horizontsystems] besteht darin, dass Azimut und Höhe sowohl orts- als
auch zeitabhängig sind…. Der Vorteil [des Äquatorsystems] besteht darin, dass
Rektaszension und Deklination eines Fixsterns vom Beobachtungsort unabhängig sind, da sich
der Frühlingspunkt mit den Fixsternen synchron mitbewegt und die Fixsterne auf
Parallelkreisen zum Himmelsäquator verlaufen. Die Deklination ist deshalb bei Fixsternen
immer gleich.
Letzteres gilt aber nicht für längere Zeitepochen, da es auch eine Präzession in
Rektaszension und Deklination gibt. Der Himmelsäquator steigt bzw. fällt
während der Präzessionszyklus von etwa 29520 Jahren, ensprechend der Lage
des Erdäquators. Dadurch ändern sich auch die äquatoriale Koordinaten eines
Sterns über Jahrtausende. Darauf werden wir noch zurückkommen.78
Koordinatensystme, Urania Uhura, Exoplanet, Astrophysik
<http://home.arcor.de/sannah/blue/blueframes.html>.
77
Walter Stelzer, Astronomie <http://www.walterstelzer.homepage.tonline.de/Astronomie.html>.
78
Präzession in Rektaszension und Deklination,
Veroeffentlichungen des Astronomisches Institute der Universitaet Bonn, vol. 36,
pp.5-7, 1949 <http://adsabs.harvard.edu/abs/1949VeBon..36....5.>.
76
- 73 -
74
Das Astronomische Koordinaten-Horizontsystem (Azimutalsystem)
Um unsere Diskussion nun optimal weiter zu führen, erklären wir hier bildlich
einige Grundbegriffe dieser astronomischen Koordinatensysteme.79
Der Zenit (Abbildung 6)80 ist der Punkt des Himmels der senkrecht über dem
Beobachter steht, ausgehend vom Erdmittelpunkt.81
Abbildung 6 : Zenith
Der Nadir (Abbildung 7) wird in der Himmelsnavigation als der dem Zenit
gegenüberliegenden Fußpunkt bezeichnet.82 Die astronomische Höhe h eines
Sterns (Abbildung 8) liegt zwischen 0° und +90° und 0° und -90°, gemessen
vom Horizont (0°) bis maximal zum Zenit (+90°) bzw. Nadir (-90°).83
Koordinatensysteme am Himmel <http://einklich.net/rec/astro/koordinatensysteme.htm>;
Coordinate Systems, ThinkQuest.org
<http://library.thinkquest.org/29033/begin/coordinate.htm>;
Ottmar
Labonde,
Astronavigation, <http://www.ottmarlabonde.de/index.htm>;Klaus Völkel, Grundkurs
<http://www.voelkel.bnv-bamberg.de/phas/seiten/koordinatensysteme.html>.
80
Brian Brondel, Celestial Sphere, Wikibooks
<http://en.wikibooks.org/wiki/Image:Draw_Celestial_Sphere.bjb.svg>.
81
Zenit, Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Zenit_%28Richtungsangabe%29>.
82
Nadir, Wikipedia <http://de.wikipedia.org/wiki/Nadir_(Astronomie)>.
83
Astronomische Höhe, Encarta: “Winkelabstand eines Himmelskörpers vom Horizont … der
Winkel zwischen der Ebene des Horizonts und der Verbindungslinie vom Auge zu dem
Himmelskörper … Bogenmaß …, der den Himmelskörper mit dem Horizont verbindet.”
<http://de.encarta.msn.com/encyclopedia_761575856/Astronomische_H%C3%B6he.html>.
79
- 74 -
75
Abbildung 7 : Zenith, Nadir, Horizontebene84
Abbildung 8 : Astronomische Höhe, Azimut, Himmelsmeridian85
Walter Stelzer, Astronomie
<http://www.walterstelzer.homepage.t-online.de/Astronomie.html>.
85
Walter Stelzer, Astronomie
<http://www.walterstelzer.homepage.t-online.de/Astronomie.html>.
84
- 75 -
76
Die astronomische Höhe reicht vom Horizont (0°) des Beobachters bis
maximal Zenit (90°).86
In Abbildung 8 ist die Astronomische Höhe des Sterns etwa 50°:87
“Der Höhenwinkel wird auch kurz als Höhe bezeichnet…. Den Höhenwinkel eines
Himmelskörpers nennt man astronomische Höhe (auch deutsch Altitude); er wird üblicherweise
mit h bezeichnet. Die Höhe eines Gestirns kann zwischen +90° (der Zenit) und -90° (der
Nadir) betragen, wobei eine positive Höhe anzeigt, dass das Objekt über dem Horizont steht,
während eine negative Höhe bedeutet, dass das Objekt unter dem Horizont steht. Zusammen
mit dem Azimuth a bildet die Höhe h ein topozentrisches horizontales Koordinatensystem oder
allgemeiner ein azimutales Koordinatensystem.”
Derjenige Vertikalkreis, der sich als Projektion des (Orts)-Meridians des
Beobachters auf die Sphäre ergibt, heißt Himmelsmeridian. Der
Himmelsmeridian (Abbildung 8) ist nämlich eine gedachte Linie, die durch
eine gedachte Projektion des Meridians vom Erdmittelpunkt aus an die
"Himmelskugel" "entsteht". Sie führt vom Nordpunkt am Horizont über den
Himmelspol und den Zenit nach Süden zum Südpunkt des Horizonts. “Der
Nullmeridian in der Astronomie ist derjenige, der durch den Frühlingspunkt
verläuft. Hier schneiden sich Ekliptik und Himmelsäquator.“ 88
Das (bzw. der) Azimut (Az) gibt die Himmelsrichtung des Objektes als
Winkel an (In Abbildung 9 ist der Azimut etwa 15°).89 Das Azimut ist der
Winkel zwischen Himmelsmeridian und das Vertikal des Gestirns.
Abbildung 9 : Azimut (Süd) und Astronomische Höhe in der Praxis90
Bei Azimut-Südrichtung mißt man in Richtung Osten von 0 bis 360°. Bei
Azimut-Nordrichtung mißt man in Richtung Westen von 0 bis 360° (Abbildung
10). Die Azimut Südrichtung (sog. astronomisch, S-W-N-O): 0° (bzw.
360°) ist demnach Süden, 90° ist Westen, 180° Norden und 270° Osten. Die
Azimut Nordrichtung (sog. geodätisch, N-O-S-W): 0° (bzw. 360°) ist
demnach Norden, 90° ist Osten, 180° Süden und 270° Westen.
Koordinatensysteme am Himmel <http://einklich.net/rec/astro/koordinatensysteme.htm>.
Vertikalwinkel, Wikipedia <http://de.wikipedia.org/wiki/Vertikalwinkel>.
88
Constanze Rödig, Sphärische Astronomie <http://greier-greiner.at/hc/parall2.htm>.
89
Azimut, Wikipedia: „Es wird meistens von Norden, manchmal aber auch von Süden gezählt
– dann hat z.B. ein Stern im Westen ein Azimut von 90° statt 270°.
<http://de.wikipedia.org/wiki/Azimut>.
90
Rektaszension, Wikipedia <http://de.wikipedia.org/wiki/Rektaszension>.
86
87
- 76 -
77
Abbildung 10 : Das bzw. der Azimut – Astronomisch und Geodätisch91
An sich hat “das” bzw. auch “der” Azimut mehrere Definitionen, die manchmal
zu Verwirrung führen. Die astronomische Navigation meint mit Azimut den
Winkel vom gegissten Standort (gekoppelter Ort) zum gerechneten Bildpunkt
(Fußpunkt) eines Gestirns. In der Kartographie versteht man unter dem
Azimut den im Uhrzeigersinn gemessenen Winkel zwischen Geographisch-Nord
(Nordpol) und einer beliebigen Richtung auf der Erdoberfläche.92
Abbildung 11 : Das Horizontsystem in der Anwendung (Nordrichtung)93
Harald Geier-Greiner, Koordinatensysteme: Das Horizont-System <http://www.greiergreiner.at/hc/horizont.htm>.
92
Azimut, Wikipedia <http://de.wikipedia.org/wiki/Azimut>.
93
Koordinatensysteme, Physik-Web für die Kollegstufe K12 und K13, LEIFI
<http://leifi.physik.unimuenchen.de/web_ph12/grundwissen/12himmelskugel/koordinaten.htm>.
91
- 77 -
78
Von den zwei für uns wichtigen astronomischen Koordinaten-Systemen haben
wir nun eins vorgestellt, nämlich das Horizontsystem, wobei die Messungen
in Verbindung mit dem Horizont des Betrachters durchgeführt werden
(Abbildung 11). Es gibt auch ein zweites astronomisches Koordinatensystem,
das man das Äquatorsystem bzw. Äquatorialsystem nennt. Wichtige
Kurzdefinitionen für Begriffe das Äquatorsystem sind:94,95
“Stundenwinkel
Winkelabstand eines Gestirns zum Meridian. Wird mit der (täglichen)
Himmelsbewegung nach Westen gezählt und in Zeiteinheiten (h, m, s) gemessen.
Rektaszension
Abstand des Gestirns vom Frühlingspunkt. Wird mit der [jährlichen]
Bewegung der Sonne nach Osten gezählt und in Zeiteinheiten (h, m, s) gemessen.
Sternzeit
ist der Stundenwinkel des Frühlingspunktes und vermittelt mithin zwischen
Stundenwinkel eines Objektes und seiner Rektaszension.
Frühlingspunkt
der Schnittpunkt der Ekliptik mit dem Himmelsäquator, an dem die Sonne
zum Frühlingsäquinoktium (ca. 21.03.) steht; aus historischen Gründen auch Widderpunkt …
genannt, obgleich er mittlerweile in den Fischen (Psc) liegt.”
Deklination
die Projektion der Breitenkreise der Erde auf eine (imaginäre) Himmelskugel.
Abbildungen 12 und 13 zeigen den Himmelsäquator und Himmelsnordpol.
Abbildung 12 : Himmelsäquator und Himmelsnordpol96
Ibid.
Deklination (Astronomie), Wikipedia
<http://de.wikipedia.org/wiki/Deklination_%28Astronomie%29 >
96
Celestial Sphere, Wikibooks
<http://en.wikibooks.org/wiki/Image:Celestial_Sphere.bjb.svg>.
94
95
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79
Abbildung 13 : Himmelsäquator und Erdäquator, Himmelsnordpol
Graphik angepaßt auf deutsch von Nick Strobel’s Astronomy Notes97
Abbildung 14 : Deklination und Rektaszension98
Nick Strobel, Astronomy Notes <http://www.astronomynotes.com/index.html>; Nick
Strobel. Reference Markers <http://www.astronomynotes.com/nakedeye/s4.htm>.
98
Rektaszension und Deklination, Astrologie-Lexikon, Cortesi, Astrologische Texte
<http://www.cortesi.ch/Glossar/gl_rektaszension.htm>.
97
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80
Der Himmelsäquator (Abbildung 13) ist die Projektion des Erdäquators
auf die Himmelssphäre, bzw. auf die Himmelskugel.99
Die Deklination (δ) (Abbildung 14) „entspricht der Projektion der
Breitenkreise der Erde auf eine (imaginäre) Himmelskugel. Die Deklination gibt
den Winkelabstand eines Objektes vom Himmelsäquator an. Werte nördlich
des Äquators sind positiv, Werte südlich davon negativ. Die Deklination ist
unabhängig von Beobachtungsort und -zeitpunkt. Am Nordpol ist die
Deklination mit der maximalen Höhe identisch (90 Grad).“100 Der
Himmelsnordpol hat also die Deklination +90°, der Himmelssüdpol die
Deklination −90°. Der Abstand (Winkelabstand in Grad), den ein Stern im
Augenblick seines Meridiandurchgangs vom Zenit hat, heißt Zenitabstand.
„Entfernungen und scheinbare Größen am Firmament werden in Grad
gemessen - zum Kugelmodell passend: Einmal um den Himmel herum sind es
360 Grad - ein voller Kreis wie der Himmelsäquator. Der Halbkreis, etwa von
Himmelspol zu Himmelspol, misst 180 Grad. Und vom Äquator zu jedem Pol
sind es 90 Grad, ein Viertelkreis. Ein Grad wird in 60 Bogenminuten (60')
unterteilt, eine Bogenminute in 60 Bogensekunden (60''). So beschreibt man
auch den scheinbaren Durchmesser, den ein Objekt am Himmel hat. Sonne
und Mond haben beispielsweise beide einen scheinbaren Durchmesser von
einem halben Grad (30 Bogenminuten).“101
„Die Rektaszension (α, RA) (Abbildung 14) ist analog zu den irdischen
Längengraden. Längengrade (auch Meridiane) verlaufen senkrecht zum
Äquator und durch die Erdpole.“102 „Die Rektaszension ist der Winkel
zwischen dem Längenkreis des Frühlingspunktes bis zum Längenkreis, über
dem das beobachtete Objekt steht, auf der Äquatorebene gemessen. Als
Nullpunkt der Rektaszension dient dabei der Frühlingspunkt. Die Rektaszension
wird gegen den Uhrzeigersinn gemessen und in Stunden angegeben, wobei 24
Stunden 360 Grad entsprechen.“103
Sirius, der hellste Himmelsstern, hat heute (Abbildung 15) die Rektaszension
6h 45m 9s und liegt entsprechend 101.287 Grad östlich des Frühlingspunktes.
Die Deklination von Sirius ist (minus) -16° 42' 58" (d.h. unterhalb des
Himmelsäquators).
Zum
Vergleich:
durch
die
Wanderung
des
Frühlingspunktes, war in 3117 v.d.Ztr. die Rektaszension von Sirius 3h 1.406m
und die Deklination 22° 53.460’. Archäoastronomen verwenden diese Werte
für Ihre historischen Studien selten, gerade wegen diese Präzessions-bedingte
Diskrepanzen. Wir werden zeigen, daß diese doch nützlich sind.
Himmelsäquator, Wikipedia <http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84quator>, Lexikon der
Astronomie <http://lexikon.astronomie.info/keywords/Himmelsaequator.html>.
100
Deklilnation, Wikipedia <http://de.wikipedia.org/wiki/Deklination_(Astronomie)>.
101
Sterngucker, Bayerischer Rundfunk, BR-Online <http://www.br-online.de/wissenbildung/spacenight/sterngucker/erde/himmelskoordinaten.html>.
102
Sterngucker, Bayerischer Rundfunk, BR-Online <http://www.br-online.de/wissenbildung/spacenight/sterngucker/erde/rektaszension.html>.
103
Rektaszension, Wikipedia <http://de.wikipedia.org/wiki/Rektaszension>.
99
- 80 -
81
Abbildung 15 : Sirius, Rektaszension und Deklination
(in unsere Epoche)104
Abbildung 16 : Das Äquator System in der Praxis105
S = Stern
δ = Deklination
α = Rektaszension
t = Stundenwinkel
Celestial Coordinate System, Astronomy 161: The Solar System, University of
Tennessee <http://csep10.phys.utk.edu/astr161/lect/time/coordinates.html>.
105
Koordinatensysteme, Physik-Web, LEIFI <http://leifi.physik.unimuenchen.de/web_ph12/grundwissen/12himmelskugel/koordinaten.htm>.
104
- 81 -
82
Abbildung 17 : Das Äquatorsystem im Überblick
S = Stern
δ = Deklination
α = Rektaszension
t = Stundenwinkel
Zusammenfassung des Äquatorsystems106
“Das sogenannte äquatoriale Koordinatensystem (Abbildung 17) ist analog
zum Koordinatensystem auf der Erde definiert.
Basis ist der Himmelsäquator, den man sich als auf den Himmel projizierten
Erdäquator vorstellen kann.
Die Deklination [entspricht] der geographischen nördlichen und südlichen
Breite und gibt in Graden die nördliche oder südliche Entfernung eines Sterns
vom Himmelsäquator ab.
Die Rektaszension entspricht der geographischen Länge. Weil man mit der
Rektaszension indirekt auch die Erdumdrehung mißt, gibt man die
Rektaszension … auch in Stunden und Minuten an.”
Rektaszension und Deklination, Astrologie-Lexikon, Cortesi, Astrologische Texte
<http://www.cortesi.ch/Glossar/gl_rektaszension.htm>.
106
- 82 -
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