P R E S S E I N F O R M A T I O N 12. PH-Patiententreffen mit Angehörigen pulmonale hypertonie e.v. Lungenhochdruck: Neue Therapieansätze Frankfurt, 30. Oktober 2009. Bei der Behandlung des Lungenhochdrucks gibt es neue, viel versprechende Ansätze, das war der Tenor beim 12. Patiententreffen des Selbsthilfevereins pulmonale hypertonie e.v. (ph e.v.), das vom 30. Oktober bis 1. November 2009 stattfand. Drei Tage lang informierten sich die rund 280 Teilnehmer über neue Therapiekonzepte und innovative Medikamente. In den nächsten Jahren seien weitere Verbesserungen in der Behandlung des Lungenhochdrucks zu erwarten, sagte Professor Ardeschir Ghofrani, Universitätsklinikum Gießen. Die Patienten wurden aufgefordert, sich aktiv an dem Prozess zu beteiligen. In einzelnen Workshops wurden Themen wie das Krankheitsbild der Pulmonalen Arteriellen Hypertonie (PAH) bei Kindern und Jugendlichen, die Lebensqualität bei Lungenhochdruck oder die Wechselwirkung von Medikamenten angesprochen. Auch das körperliche Training für den Alltag wurde eingeübt. Ein weiteres Highlight war die Vergabe des Journalistenpreises für herausragende Beiträge zum Thema „Pulmonale Hypertonie“. Preise für erstklassigen journalistischen Einsatz Mit dem Journalistenpreis „Gemeinsam gegen Lungenhochdruck“ wurden Judith Kotra für den Fernsehbeitrag „Lungenhochdruck – oft zu spät erkannt“ im Bayerischen Fernsehen sowie Dr. Paul Janositz für den Artikel „Wenn die Luft wegbleibt“ in der Frankfurter Rundschau ausgezeichnet. Die prämierten Beiträge verdeutlichen, dass die Medien den Wissensstand über die seltene und tückische Erkrankung „Pulmonale Hypertonie“ durch eine qualifizierte und sachliche Berichterstattung sowohl in der Ärzteschaft als auch in der breiten Öffentlichkeit verbessern und so zu einer optimalen Diagnose und Therapie der Erkrankung beitragen können. Ein Sonderpreis wurde im Rahmen dieser Preisverleihung an Bruno Bosshard, selbst PH-Patient, für seinen herausragenden Einsatz zum Thema Lungenhochdruck mit seiner Internetseite www.lungenhochdruck.ch vergeben. Fortschritte bei Therapie der Pulmonalen Hypertonie „Die Situation der PH-Patienten hat sich in den letzten zehn Jahren enorm verbessert“, betonte Ghofrani. Eine Reihe neuer Medikamente seien entwickelt worden, die die Symptome der Krankheit gut behandeln könnten. Es geht dabei im Wesentlichen darum, die verengten Gefäße zu entkrampfen und zu weiten. Mittlerweile schlage vor allem die Kombinationsbehandlung positiv zu Buche. Die europäischen Leitlinien ermöglichten es, die Patienten je nach Krankheitstyp differenziert zu behandeln. Wenn jedoch eines der angewandten Medikamente nicht zum erwünschten Erfolg führe, könne kombiniert werden. Damit gibt sich der Giessener Mediziner jedoch nicht zufrieden. „Es ist noch in keinem einzigen Fall gelungen, einen Patienten mit Pulmonaler Arterieller Hypertonie zu heilen.“ Daher sieht Ghofrani noch große therapeutische Herausforderungen. Bei den neuen Strategien der Forschung geht es darum, die Signalwege, mit denen der Stoffwechsel in den Körperzellen gesteuert wird, zu untersuchen und gegebenenfalls zu beeinflussen. So ist es mit dem Phosphodiesterase-Hemmer (PDE-Hemmer) Sildenafil gelungen, in die Umbauprozesse der Lungengefäße 1 einzugreifen. Der Lungendruck wird gesenkt, die körperliche Leistungsfähigkeit steigt. Doch wirkt Sildenafil nicht nur in der Lunge, sondern beeinflusst auch andere Körpervorgänge. Eine spezifischere Wirkung verspricht man sich von Riociguat, das denselben Signalweg wie das körpereigene Stickstoffmonoxid (NO) benutzt. NO entspannt die Muskulatur der Gefäßwände und entlastet Herz und Lunge, indem es die Aktivität des Enzyms „lösliche Guanylatcyclase“ (sGC) beeinflusst. Ghofrani zitierte jüngste Studienergebnisse, wonach mit Riociguat der Lungenwiderstand um 30-40 Prozent gesenkt werden konnte. Patienten mit PAH oder CTEPH (Chronisch-Thromboembolischer PH) legten beim 6-Minuten-Gehtest eine deutlich längere Strecke zurück. Im Gegensatz zu dieser Phase-II-Studie werden „PATENT 1“ und „PATENT 2“, die aktuellen Phase-III-Studien, placebokontrolliert und doppelblind durchgeführt. Neuer Therapieansatz mit Krebsmedikamenten? Faszinierende Perspektiven für die Therapie eröffnet die Analogie zwischen Wucherungen in den Lungengefäßen und dem unkontrollierten Wachstum von Tumoren. Das legt den Einsatz von Krebsmedikamenten auch bei Patienten mit Lungenhochdruck nahe. Sollte damit der verengende Umbau der Lungengefäße gestoppt und eventuell sogar zurückgedrängt werden können? Diese Annahme hatte sich, wie Ghofrani berichtete, zunächst im Tierversuch bestätigt. Dann zeigte eine weltweite Studie an Patienten, die den Wirkstoff Imatinib erhielten, der gegen verschiedene Tumorerkrankungen zugelassen ist, ebenfalls einen deutlichen Rückgang des Gefäßwachstums. Lungenwiderstand und Herzvolumen gingen zurück, die 6-Minuten-Gehstrecke verlängerte sich. Eine neue Phase-III-Studie soll im Herbst starten. Hoffnungen werden auch in Sunitinib gesetzt, ein Wirkstoff, der etwa zur Behandlung des Nierenzellkarzinoms dient. Einen weiteren Therapieansatz bietet Serotonin. Der körpereigene Botenstoff ist an der Regulierung der Weite von Blutgefäßen oder der Atemwege beteiligt. PHPatienten weisen erhöhte Werte an Serotonin auf. Die Universität Gießen ist an Studien beteiligt, die die Wirkung des Serotoninhemmers Tergurid untersucht. Die bisherigen Ergebnisse sind laut Ghofrani positiv. Doch der Gießener Mediziner wies auch darauf hin, dass sich die Fortschritte durch neue Medikamente bisher hauptsächlich auf die Behandlung von PAH oder CTEPH beschränken. Dagegen gebe es kaum Studien für Patienten mit Formen des Lungenhochdrucks, die mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) oder interstitieller Lungenerkrankung (PH-ILD) einhergehen. Hier gibt es noch viel zu tun für die Pharmaforschung. Es sind Patienten gefragt, die sich an Studien beteiligen. Zwar ist dies stets auch mit Risiken verbunden, da die Verträglichkeit neuer Wirkstoffe bei Menschen meist noch unbekannt ist. Die positiven Aspekte überwiegen jedoch, denn es gibt die Chance, frühzeitig ein wirksameres Medikament zu bekommen. Auch werden die Teilnehmer an Studien gründlicher und häufiger untersucht als im Normalfall. Wenn sinnvoll, Kombinationstherapie wählen Über den Sinn einer Kombinationstherapie sprach Professor Ewert, Klinik für Innere Medizin an der Universität Greifswald. Der Mediziner verwies auf eine Studie seiner Hochschule. Diese zeige, dass sich das Überleben der PHPatienten in den letzten Jahren verdoppelte. Doch Ewert will sich damit noch nicht zufrieden geben. Ist der Verlauf der Erkrankung günstig zu beeinflussen, wenn mehrere krankmachende Mechanismen gleichzeitig beeinflusst werden? Mittlerweile steht eine Reihe neuer Medikamente zur Verfügung, die den pulmonalen Druck senken oder die Pumpfunktion des Herzens erhöhen können. Wenn es beispielsweise drei wirksame Medikamente gebe, warum sollten diese 2 nicht gleichzeitig eingesetzt werden, fragte Ewert. Bei Patienten mit HIV oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen seien solche Kombinationstherapien längst üblich. Das komplexe Krankheitsbild des Lungenhochdrucks lege es nahe, eine solche multimodale Behandlung auch hier sorgfältig zu prüfen. Studien zeigten, dass ein früher Beginn mit einer Kombinationstherapie sinnvoll sein kann. Nach dem üblichen Therapieschema werden die Patienten zunächst nur mit einem Wirkstoff, etwa Bosentan, behandelt. Wenn dieser nicht mehr anschlägt, bekommen sie einen anderen, etwa Sildenafil, worauf sich ihr Zustand wieder verbessert. Im Vergleich zu Patienten, die sofort mit einer Kombination behandelt wurden, waren ihre Leistungsparameter jedoch dauerhaft schlechter. Die schriftlichen Therapieempfehlungen, welche die derzeitige „First-lineMonotherapie“ festlegten, seien nur als „allgemeiner Fahrplan“ für den Arzt anzusehen, betonte Ewert. Wichtig sei, dass die Patienten sich äußerten und ihre individuellen Zielwerte definierten. Auch unter diesem Aspekt ist die Teilnahme an Studien besonders wichtig, denn nur damit lässt sich der Nutzen neuer Kombinationstherapien feststellen. Für erfolgreichere Therapien sieht es Ewert als notwendig an, früher zu beginnen, neue Substanzen und vor allem wesentlich schneller Kombinationen einzusetzen. Nach dem Motto „beginne früh und therapiere energisch“ rückt eine „First-line-Kombinationstherapie“ in den Vordergrund. Ewerts Prognose: In einigen Jahren wird die Einnahme eines Medikamenten-Cocktails für PHPatienten selbstverständlich sein. Wichtig sei, dass die Schemata für Kombinationstherapien wissenschaftlichen Kriterien entsprechen, die durch Studien entwickelt werden. Ewert forderte die Patienten auf, sich nicht damit zufrieden zu geben, dass sich ihr Zustand nicht verschlechtere. „Wenn Sie beim 6-Minuten-Gehtest zwei Drittel der Strecke schaffen, warum sollten Sie nicht eine weitere Verbesserung anstreben?“, fragte der Internist. Die Therapie sollte nicht nur Körperfunktionen verbessern helfen, auch Faktoren wie Vitalität, Emotionalität oder Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sollten gefördert werden. Linksherzinsuffizienz: Katheteruntersuchung des rechten Herzens Über Probleme von Patienten mit Lungenhochdruck, die zudem eine Linksherzerkrankung aufweisen, referierte Professor Rudolf Speich vom Universitätsspital Zürich. Bei Patienten mit PAH oder CTEPH führen Verengung oder Verstopfung der Lungengefäße zur Druckerhöhung, was letztlich die rechte Herzkammer schädigt. Bei einer Linksherzerkrankung kommt es dagegen zum Rückstau des Blutes in der Lunge. Somit erhöht sich der Druck in den Lungenarterien, die auf Dauer Schaden nehmen. Pulmonale Arterielle Hypertonie entsteht. Wie Speich ausführte, ist die Diagnose bei der diastolischen Linksherzinsuffizienz, die auf einer Schwäche beim Entspannen des Herzmuskels beruht, schwierig. Trotz starker Atemnot ergibt sich in Ruhe oft ein normales Echokardiogramm. Auch der Rechtsherzkatheter kann normal sein. Deshalb forderte Speich eine Katheteruntersuchung des rechten Herzens unter Belastung, wenn bei ungeklärter Atemnot die Druckwerte in Ruhe normal sind. Die Dringlichkeit einer adäquaten Diagnose zeigt sich in der hohen Zahl der Betroffenen mit diastolischer Linksherzinsuffizienz, die Speich in Deutschland auf eine Million beziffert. Um diese „neue Epidemie“ zu bekämpfen, sei noch viel Forschungsarbeit notwenig, sagte der Schweizer Mediziner. „Präkapillare“ und „postkapillare“ Form unterscheiden Auch Dr. Stefan Rosenkranz, Klinik III für Innere Medizin an der Universität Köln, ging auf die unterschiedlichen Ursachen ein, die zur Entstehung eines Lungenhochdrucks führen können. Bei der „präkapillaren“ Form wird der Lungenhochdruck durch Krankheiten in der Lunge verursacht, etwa durch 3 verdickte Gefäße. Der Widerstand in den Lungenarterien erhöht sich, der Blutdruck steigt. Bleibt der Druck in der Lunge längere Zeit erhöht, kann sich das Blut in der rechten Herzkammer stauen. Das Herz wird geschädigt, es kann zur Insuffizienz kommen. Bei der „postkapillaren“ Form funktioniert die linke Herzkammer nicht richtig. Das Blut wird nicht vollständig ausgeworfen, so dass es sich in der Lunge staut und den Druck in der Lunge steigen lässt. Warum ist es wichtig, diese Formen auseinander zu halten? Es gebe jeweils andere Therapiemöglichkeiten, sagte der Kölner Mediziner. So können bei Rechtsherzerkrankungen Wirkstoffe wie Prostazykline, Endothelin-Antagonisten oder Phosphodiesterase-Hemmer eingesetzt werden, bei Linksherzerkrankungen sind diese Substanzen dagegen nicht wirksam. TAPSE-Wert und Blutmarker zur Überprüfung der Herzfunktion „In der Therapie des Lungenhochdrucks hat es in den letzten Jahren große Fortschritte gegeben“, bestätigte auch Rosenkranz. Dennoch sei die Krankheit bisher nicht heilbar. Bei der Entwicklung medikamentöser Therapien setzte man bisher vorrangig darauf, den Zustand der pulmonalen Gefäße zu verbessern. Doch mittlerweile findet ein Umdenken statt. Es gebe auch direkte Therapien, um die Funktionen des Herzens zu verbessern. Wichtig ist die Kontrolle des Verlaufs, etwa per Echokardiographie. Doch der rechtsventrikuläre Verlauf ist nicht leicht zu messen. Als aussagekräftiger Parameter, der relativ leicht zu erfassen ist, sieht Rosenkranz den TAPSE-Wert (tricuspidal annular plane systolic excursion). Auch die Magnetresonanztomografie werde immer genauer, da sie das schlagende Herz und eventuelle Fehlfunktionen sichtbar macht. Hilfreich ist der Blutmarker BNP (B-Type Natriuretic Peptide). Dieses Hormon wird vor allem von der Herzkammer bei Überlastung und Überfüllung des Herzens ausgeschüttet. Es bewirkt die Ausscheidung von Flüssigkeit über die Niere und die Erweiterung von Blutgefäßen und reguliert so das Herz-KreislaufSystem. Mit der Bestimmung des BNP-Spiegels im Blut lässt sich das Ausmaß der Herzschwäche (Insuffizienz) beurteilen sowie die Schwere anderer HerzKreislauf-Erkrankungen abschätzen. Aufwendigere Herzuntersuchungen können so vermieden werden. Ein steigender BNP-Spiegel deutet auf eine Verschlechterung der Herzfunktion hin. Allerdings gilt dies für Links- wie Rechtsherzinsuffizienz gleichermaßen. Entscheidend sei im Übrigen weniger die Höhe des Wertes als vielmehr sein zeitlicher Verlauf, sagt Rosenkranz. Die Veranstaltung erfolgte mit freundlicher Unterstützung unserer Fördermitglieder Actelion Pharmaceuticals Deutschland GmbH, Bayer Vital GmbH, Pfizer Pharma GmbH. Außerdem danken wir der GHD GesundHeits GmbH Deutschland, GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, Lilly Deutschland GmbH, NEBU-TEC GmbH, OMT GmbH Süd, Vivisol Deutschland, dem AOK Bundesverband, der Barmer Ersatzkasse, der DAK Hamburg, GKV Gemeinschaftsförderung Selbsthilfe sowie der Selbsthilfe Fördergemeinschaft der Ersatzkassen Siegburg für ihre freundliche Unterstützung. Kontaktdaten: pulmonale hypertonie e.v. (ph e.v.) 1. Vorsitzender Bruno Kopp Wormser Str. 20 76287 Rheinstetten Tel: 0721 35 28 381 Fax: 0721 35 28 880 E-Mail: [email protected] www.phev.de 4