Der Komsomol in der Tauwetterperiode in regionaler Perspektive am Beispiel der Autonomen Sowjetrepublik Tatarstan und dem Gebiet Tscheljabinsk, 1953-1970 Katharina Uhl (Oxford) Das Thema Komsomol ruft bei vielen Menschen im postsowjetischen Raum Unverstaendnis und gleichzeitig Nostalgie hervor. Wie kann man sich mit etwas so langweiligem und formalem beschaeftigen, wo doch weitaus spannendere Themen auf eine eingehende Untersuchung warten Ausserdem weiss man doch schon alles darueber? So und so war es» und dann wird in Erinnerungen an die eigenen Erfahrungen der Jugendzeit geschwelgt. Dass es sich trotzdem lohnt, dieses Thema zu behandeln, und dass die Ergebnisse gewinnbringend fuer die Erforschung der sog. Tauwetterperiode sind wie auch aufschlussreiches Material fuer die Sozial- und Kulturgeschichte der Sowjetunion liefern, werden hoffentlich die folgenden Ausfuehrungen meines Dissertationsvorhabens deutlich machen, mit dem ich mich seit Oktober 2008 an der Universitaet Oxford beschaeftige. Der Ansatz, der hier kurz vorgestellt wird, konzentriert sich zunaechst auf die Organisationsgeschichte des Komsomol, untersucht dann die regionalen und lokalen Komsomolorganisationen als Lebenswelt und stellt zum Schluss einen ueberregionalen und globalen Zusammenhang her, indem das Thema Komsomol in den Kontext des Kalten Krieges eingeordnet wird. Organisationsebene: Stellung im sowjetischen System und kommunistisches Projekt Die erste Ebene, die einer Untersuchung unterzogen werden soll, ist die organisatorische Dimension des Komsomol, sein Platz im sowjetischen politischen und sozialen System und damit seine Stellung in der Historiographie der sowjetischen Nachkriegsgeschichte. Es ist noetig, auch diese grundlegende Ebene in die Untersuchung zu integrieren, da bisher keine wissenschaftliche Studie zum Komsomol in der poststalinistischen Aera vorliegt - weder in der westlichen noch in der postsowjetischen Geschichtsschreibung. Das westliche Standardwerk zur Geschichte des Jugendverbandes wurde 1959 verfasst und bewegt sich in den Argumentationszusammenhaengen der totalitaeren Schule (1), was auch fuer die anderen Studien aus der Zeit zutrifft. (2) Die neuere Geschichtsschreibung dagegen beschaeftigt sich entweder mit Jugend waehrend der Tauwetterzeit und kommt dabei auf den Komsomol lediglich am Rande zu sprechen (3) oder konzentriert sich auf die Jahre vor oder nach meinem Untersuchungszeitraum (4). Die sowjetischen Werke zur Geschichte des Komsomol moechte ich ? in geringem Umfang und hauptsaechlich in regionaler Perspektive - als Quellen in die Untersuchung integrieren, da sie Aufschluss bieten ueber das sowjetische Narrativ der Organisationsgeschichte sowie ueber konkrete Zahlen und Massnahmen.(5) Ausser nostalgisch angehauchten Werken der Erinnerungsliteratur, in denen die sowjetischen Narrative unueberhoerbar nachklingen, sind mir keine zeitgenoessischen russischen Studien zum Komsomol in der Tauwetterperiode bekannt. (6) Auf der Ebene der Organisationsgeschichte stellt sich zunaechst die einfache Frage: Was war der Komsomol? War die Jugendorganisation «das hauptsaechliche Indoktrinations- und Kontrollinstrument»(7), das eine einzige Aufgabe verfolgte, und zwar «die Mitglieder der nachfolgenden Generation von jungen Leuten in loyale und konformistische Erwachsene einer totalitaeren sozialen Ordnung zu verwandeln» (8)? Oder stellte der Jugendverband eines der vielen Glieder da, die den sowjetischen Staat als einen «modernen Partizipationsstaat» (9) charakterisierten, in dem der Einzelne durch die Massenorganisationen entscheidend auf die Geschicke in seiner eigenen Umgebung einwirken konnte und sie mitgestalten konnte? Diese polare Sinnzuschreibung an den Komsomol findet sich so in der bisherigen westlichen Literatur zu der Jugendorganisation im sowjetischen System. Mein Ansatz versucht davon ausgehend die Rolle des Komsomol in seiner Beziehung zur Kommunistischen Partei, zu den staatlichen Organen und zu den gesellschaftlichen Massenorganisationen zu untersuchen und so ein umfassenderes und weiteres Bild zu entwerfen, das die Besonderheiten der Epoche beruecksichtigt und Umbrueche deutlich macht. So soll eine Organisationsgeschichte des Komsomol entstehen, die vor allem dessen regionale Dimension in Augenschein nimmt. Die technizistische Interpretation von Staat und Gesellschaft, die auch nach Stalins Tod ihre Wirkungskraft behielt, betrachtete den kommunistischen Jugendverband im Wesentlichen als eine der gesellschaftlichen Massenorganisationen, denen die Rolle von «Transmissionsriemen» zugeschrieben wurde. Neben Gewerkschaften, Frauenraeten und den Berufsverbaenden wie z.B. die Schriftsteller- oder Komponistenverbaende kam dem Komsomol so die Aufgabe zu, auf der einen Seite den Willen der Partei unter der Bevoelkerung durchzusetzen, auf der anderen Seite aber auch ein Forum zu bieten, durch das die Gesellschaft auf die Geschicke des Staates einwirken konnte. (10) Dieser zweifachen Richtung der politischen und sozialen Kommunikation kommt nun besonderes Augenmerk zu, wenn es um eine Analyse der regionalen und lokalen Komsomolorganisationen geht. Die Fragen, die sich dabei stellen, sind zum einen die nach der Funktion, die der Jugendverband innehatte fuer die Kontrolle, die Sozialdisziplinierung und fuer das social und moral engineering eines entscheidenden Teils der sowjetischen Bevoelkerung, naemlich der Jugend. Zum anderen dienten die Komsomolorganisationen aber auch als Forum, in dem individuelle oder Gruppeninteressen zum Ausdruck gebracht und durchgesetzt werden konnten, eigene Ideen ausgefuehrt werden konnten und wo man den eigenen Hobbys wie Sport, Musik etc. nachgehen konnte. Eine organisationsgeschichtlich angelegte Untersuchung kann hier ansetzen und nach dem Fokus und den Aktivitaeten der Komsomolorganisationen im regionalen und lokalen Kontext fragen. So wird auch die zentrale Diskussion der Tauwetterforschung von einer weiteren Seite her beleuchtet, naemlich die Diskussion, ob die Chruschtschowperiode nun als Aera der verstaerkten gesellschaftlichen Kontrolle gesehen werden soll oder als Zeit der Liberalisierung und des Aufbrechens der erstarrten Strukturen des Stalinismus. (11) In den Jahren nach Stalins Tod kam den gesellschaftlichen Organen zusammen mit anderen oeffentlichen Organisationsformen wie den Hauskomitees, Kameradschaftsgerichten, Kontrollgruppen und Elternkomitees, neue Bedeutung zu, da die Propaganda einen forcierten Uebergang von der sozialistischen zur kommunistischen Gesellschaft konkret in Aussicht stellte: Das Absterben des Staates, das dabei unweigerlich eintreten wuerde, wuerde die bisher staatlichen Aufgabenbereiche der Partei, dem Komsomol und den gesellschaftlichen Organisationen uebertragen. (12) In der Rhetorik des wieder belebten kommunistischen Projekts der Tauwetterzeit wird dem Komsomol also grosses Gewicht zugeschrieben, was ihn theoretisch ueber rein staatliche Organe wie die Sowjets oder stellt und ihn als ausschlaggebenden Faktor fuer Staat und Gesellschaft qualifiziert. (13) Hier laesst sich fragen, ob dieser rhetorische Impetus sich auch in der tatsaechlichen Organisationsstruktur in Bezug auf Jugend wieder finden laesst, indem die Beziehung der Komsomolorgane sowohl zu den staatlichen Organen wie auch zu der Kommunistischen Partei auf regionaler und lokaler Ebene beleuchtet wird. Die Dynamik, die von der Rhetorik des Tauwetters ausgeht, wurde auch konkret auf die Herrschaftsstrukturen im sowjetischen System uebertragen; es war Vladimir Dudincev`s Roman Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, der eine gross angelegte Antibuerokratismuskampagne inspirierte, die sich auf alle Ebenen der Verwaltung bezog. (14) Fuer eine Untersuchung des Komsomol ist hier interessant, ob sich die Kritik an buerokratischen und formalen Strukturen und Verfahrensweisen auf den rhetorischen Bereich beschraenkte oder ob sie Auswirkungen auf die alltaegliche Arbeit der Komsomolorganisationen im regionalen und lokalen Kontext hatte. Die organisatorische Dimension bietet also die Moeglichkeit, den Komsomol als Faktor innerhalb des politischen Systems und fuer die Gestaltung der sozialen Wirklichkeit zu analysieren, sein Aktivitaetsfeld auszuleuchten und gleichzeitig die Besonderheiten der Tauwetterperiode herauszuarbeiten. Diese bestehen in Bezug zur Jugend neben den politischen Reformen und der Liberalisierung des kulturellen Spektrums vor allem in der Wiederbelebung des kommunistischen Projekts. Der Begriff des kommunistischen Projekts wird hier verwendet in Anlehnung an Dietrich Beyraus Idee vom «bolschewistischen Projekt» und Juliane Fuersts «Soviet project», die beide auf den utopischen und visionaeren Charakter verweisen, der dieser Idee von der Umgestaltung von Gesellschaft und Individuum innewohnt. (15) Hier geht es vor allem um die Idee, dass die Errichtung der kommunistischen Gesellschaft konkret fuer die lebenden Generationen in Aussicht gestellt wurde. Seit 1948 wiederholten die Medien und die politische Rhetorik den Slogan vom allmaehlichen Uebergang von Sozialismus zum Kommunismus. Einen Hoehepunkt erfuhr diese Idee dann in den Jahren von Chruschtschows Regierung, als 1961 das dritte Parteiprogramm das Jahr 1980 als das Jahr festlegte, in dem die kommunistische Gesellschaft endgueltig erreicht sein wuerde. Erst gegen Ende der 1960er Jahre erfuhr diese dynamische Vorstellung eine Abschwaechung und 1971 wurde sie vom Slogan des «entwickelten Sozialismus» ersetzt, der sie auf ein rein rhetorisches Niveau reduzierte. (16) Die Wiederbelebung des kommunistischen Projekts bestand in einem expliziten Bezug zu Leninschen Traditionen der revolutionaeren AEra und des Buergerkriegs und entfaltete sich in einer komplexen Zeitstruktur, die dem des sozialistischen Realismus aehnelte und sich in einem Dreieck aus drei historischen Perioden bewegte: Die Gegenwart erschien nur insofern relevant, als dass sie ihre Bedeutung von einer der «Grossen Zeiten» ableitete, also der heroischen Vergangenheit der revolutionaeren Aera - spaeter auch des Grossen Vaterlaendischen Krieges -und der lichten kommunistischen Zukunft. (17) Der staendige Bezug auf eine oder beide der «grossen Zeiten» war zum einen dazu geeignet, Heroismus und Romantik unter der Jugend wachzurufen, die angeblich die unter ihren Vorgaengern geherrscht haetten, und sie so zu Heldentaten im Alltag aufzurufen, die laut der Komsomol`skaja pravda «die haerteste Form von Heldentum» (18) darstellten und die noetig waren, um die kommunistische Zukunft herbeizufuehren; auf der anderen Seite wurde so immer wieder betont, welche Charaktereigenschaften die jungen «Erbauer der kommunistischen Gesellschaft» (19) besitzen mussten, um in der Lage zu sein, diese grossartige Aufgabe zu bewaeltigen. Die moralischen Anforderungen, die an die Jugend gestellt wurden, reichten von grundlegenden ethischen Vorstellungen wie Fleiss, Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe bis hin zu spezifisch kommunistischen Charakterzuegen wie Kollektivismus, Internationalismus und Atheismus. (20) Gleichzeitig wurde immer wieder herausgestellt, dass das kommunistische Projekt permanent diversen Bedrohungen ausgesetzt war. Hauptsaechlich Phaenomene wie Religion und Nationalismus, kulturelle Tendenzen aus Westeuropa und den USA sowie die zunehmende Bedeutung, die das Private fuer den Einzelnen annahm, wurden von offizieller sowjetischer Seite als Herausforderungen gesehen, die vor allem die Jugend von ihrer eigentlichen Bestimmung, also dem Bau des Kommunismus, ablenkte und somit das Gelingen des kommunistischen Projekts gefaehrdeten. Regionale Ebene der Lebenswelt: Diskurs, soziale Praxis und Raum Diese spezifischen Eigenheiten, die die Tauwetterperiode in Bezug auf Jugend aufweist, ihre Manifestationen in der regionalen und lokalen Ebene und die Bedeutungszuschreibungen, die der Komsomol im diskursiven sowie organisatorischen Spektrum erfuhr, lassen sich am besten untersuchen durch den Ansatz der Lebenswelt. Mein theoretischer Rahmen zu den Lebenswelten der sowjetischen Jugend in den 1950er und 1960er Jahren basiert auf der deutschen Alltagsgeschichte, die hier kombiniert wird mit Ansaetzen der Kulturgeschichte nach dem linguistic turn. Die Idee dabei ist, dass die Lebenswelt des Einzelnen aus sozialen Strukturen besteht, die erst durch ihre Wahrnehmung und Interpretation Bedeutung bekommen; der individuelle Akteur muss sich diese Strukturen also erst aneignen. (21) Dieser Prozess der Bedeutungszuschreibung an einzelne Aspekte der eigenen Wirklichkeit findet in bestimmten Denkstrukturen, Deutungsmustern und Handlungsdispositionen statt. Das bedeutet aber nicht, dass die Herstellung von Realitaet in der Wahrnehmung eines Subjekts beliebig oder zufaellig ist, sondern sie ist strukturiert durch kulturell erzeugte Denkmuster. (22) Auf der einen Seite besitzt so jedes Mitglied einer bestimmten Lebenswelt durch diesen Aneignungsprozess einen erheblichen Einfluss auf die Sinnzuschreibung an den einen oder anderen Aspekt der Wirklichkeit und damit auch auf dessen eigenwillige Interpretation; dieses Phaenomen kann als «Eigensinn» bezeichnet werden. Auf der anderen Seite ist aber die Deutungshegemonie immer umstritten und haengt davon ab, wie wirkungsmaechtige Strukturen praesentiert und durchgesetzt werden. (23) Wenn man als Historiker die Ebene der Wahrnehmung und der Interpretation der Lebenswelt durch ihre Mitglieder in Augenschein nimmt, betritt man unweigerlich ein Feld, das gepraegt ist von Vielschichtigkeit und Mehrdeutigkeit. Macht wird hier nur wirkmaechtig, wenn sie durch den Adressaten erfahren, wahrgenommen und akzeptiert wird. Die historische Analyse wird sich also darauf konzentrieren, die verschiedenen Formen zu untersuchen, die die Interpretationsmuster formen und beeinflussen. (24) Die Akteure der Macht, hier die staatlichen Organisationen genauso wie die Kommunistische Partei und vor allem der Komsomol, hatten indirekte wie auch direkte Mittel, um die Wahrnehmung zu beeinflussen. Meine Untersuchung konzentriert sich hier auf drei Dimensionen, in denen die Wahrnehmungsund Deutungsmuster konstituiert wurden. Diese wiederum strukturierten die Sinnzuschreibung an die Lebenswelten junger Leute in der Tauwetterzeit entscheidend liessen sie so zu erfahrener Realitaet werden. Dabei geht es um die diskursive Ebene, die Anordnung und Nutzung von oeffentlichem Raum und die Ebene sozialer Praktiken. Im Folgenden sollen diese drei Dimensionen kurz umrissen werden, um so das Spektrum aufzuzeigen, in dem sich die Analyse der Lebenswelt Komsomol bewegen wird. Unter Diskurs sollen hier hauptsaechlich sprachliche Aeusserungen verstanden werden, die definieren und eingrenzen, was Menschen zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt an einem bestimmten geographischen Ort innerhalb verschiedener sozialer Gruppierungen sagen, denken und tun koennen. Diskurse strukturieren also die Wahrnehmung der sozialen Realitaet wie auch den Handlungsspielraum einer speziellen sozialen Gruppe. Sie definieren auch, was in einer bestimmten historischen Situation als -wahr gilt, indem sie eine klare Trennlinie ziehen zwischen den akzeptieren AEusserungen und dem, was ausserhalb des Akzeptierten liegt. (25) Auch wenn die Inhalte der Diskurse im sprachlichen Bereich herausgearbeitet werden muessen, umfassen Diskurse in der vorliegenden Analyse aber auch soziale Praktiken. Sprache besitzt insofern eine praktische Dimension, als dass sie konstituierend fuer die Formation von Strukturen wirkt, die dann wiederum Muster bereitstellen, die die sozialen Praktiken praegen. (26) Ausserdem bestehen Diskurse nicht nur auf der Textebene sondern sie werden auch konstituiert, reproduziert und werden selbst wirkmaechtig in Alltagspraktiken, die Sinn- und Bedeutungssysteme produzieren und reproduzieren und die so ebenfalls in eine erweiterte Diskursanalyse integriert werden koennen. Indem sie auch die Wahrnehmung von Realitaet praegen haben soziale Praktiken die gleiche Funktion wie Sprache und Raum: Sie schaffen eine Deutungsstruktur und tragen so zur Produktion von sozialer Realitaet bei. (27) Da sich die Akteure diese Strukturen der sozialen Welt in alltaeglicher Routine aneignen, scheint es sinnvoll, auch diese praktische Dimension in eine Annaeherung an die Lebenswelt zu integrieren und so ein weiter gefasstes Konzept von Kultur zu verwenden: Nicht nur die Struktur, die Kultur als ein Netz von Bedeutungen im Sinne von Clifford Geertzs Ansatz konstituiert (28), sondern auch die Art und Weise, wie die Akteure diese Strukturen verwenden, um ihre soziale Welt zu ordnen und zu ihr Bedeutung zuzuschreiben, sind massgeblich fuer die Wahrnehmung von Realitaet. Dem Akteur kommt deshalb eine bedeutende Rolle nicht nur im Konsum von Kultur sondern auch in der Produktion von Kultur in alltaeglichen sozialen Praktiken. (29) Grosse Aufmerksamkeit kommt in der Analyse der jugendlichen Lebenswelten der Tauwetterperiode also der Interaktion von Struktur und Praxis auf der alltaeglichen Ebene zu: Interessant ist, wie der Aneignungsprozess von sozialer Realitaet im aufgezeigten Kontext vonstatten geht, wobei von einem dynamischen Kulturkonzept ausgegangen wird, das Kultur als Praxis betrachtet, die permanent neu geschaffen wird. (30) In Anlehnung an Pierre Bourdieus Konzept des Habitat wird Kultur so auf der einen Seite als eine «Denk-, Handlungs- und Wahrnehmungsmatrix» (31) gesehen, also als eine symbolische Ordnung, die das Hintergrundwissen fuer individuelle Handlungen bietet. Die Akteure eignen sich diese «strukturierten Strukturen» an, die ihnen sowohl ein Reservoir an moeglichen Handlungen bieten als auch die Moeglichkeit, der eigenen Lebenswelt Bedeutung zuzuschreiben und sich so in sie zu integrieren. (32) Gleichzeitig wird aber auch die individuelle Praxis in Augenschein genommen, die fuer die Aneignung der Denk-, Handlungs- und Wahrnehmungsmuster von Bedeutung ist. Wenn man davon ausgeht, dass der Einzelne Realitaet schafft, indem er bestimmten Phaenomenen Bedeutung zuschreibt, dann hat jede Handlung auch einen gewissen Einfluss auf die Strukturen der Lebenswelt, da die Strukturen so geordnet und produziert bzw. reproduziert werden. Dabei ist ein hohes Mass an Kreativitaet moeglich, das dem Akteur erlaubt, innerhalb dieser kulturellen Muster zu agieren und gleichzeitig, auf sie einzuwirken. (33) Hier geht es also darum, sowohl die objektiven Strukturen der Lebenswelt zu untersuchen als auch deren Aneignung in eigensinniger Interpretation und sozialen und individuellen Praktiken. Raum ist eine weitere Komponente, die wichtig wird fuer die Wahrnehmung und Interpretation der eigenen Lebenswelt. Dabei wird dem sozial und kulturell produzierten Raum eine Doppelfunktion zugesprochen: Auf der einen Seite repraesentiert er die bestehende soziale Ordnung, auf der anderen Seite traegt oeffentlicher Raum aber auch dazu bei, diese soziale Ordnung zu reproduzieren oder sie durch ein neues System zu ersetzen, wie es in den Anfangsjahren der sowjetischen Macht der Fall war. Die deutsche Raumsoziologin Martina Loew benutzt dafuer den Terminus «(An)Ordnung»: «Raeumen (wohnt) sowohl eine Ordnungsdimension, die auf gesellschaftliche Strukturen verweist, als auch eine Handlungsdimension, das heisst der Prozess des Anordnens, inne». (34) Die «Produktion von Raum» (35) verlangt nach aktivem Ordnen von Koerpern und Objekten im Raum, was zur Schaffung oder Reproduktion von sozialen Strukturen fuehrt. Diese Mittel der Machterhaltung wurde extensiv von der sowjetischen Fuehrung benutzt, die von Anfang an ueberzeugt war von der «Raeumlichkeit des Sozialen» (36) und der raeumlichen Gestaltung grosse Aufmerksamkeit widmete. (37) Die Gestaltung und Nutzung von Raum wurde im sowjetischen Kontext also als ein Mittel der Macht eingesetzt, das auch noch im Tauwetter zusammen mit Diskursen und sozialen Praktiken seine Wirkung entfaltete und so zur Gestaltung der Lebenswelt beitrug. (38) Die Lebenswelt des Komsomol im Tauwetter kann in Anlehnung an Bourdieus Konzept des sozialen Feldes betrachtet werden als «eine Wirklichkeit», die die Menschen durch ihre Handlungen veraendern und die andererseits ihre Handlungen veraendert». (39) Konkret geht es dabei um die Fragen, wie die Aneignung der offiziellen und der informellen Diskurse auf der der regionalen und lokalen Ebene passierte und zu welchen eigensinnigen Interpretationen es kam, die unterschiedliche Handlungs- und Deutungsmuster schufen. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie die Komsomolorganisationen als Lebenswelt funktionierten, also wie sie auf der einen Seite die Sichtweise ihrer Mitglieder formten, auf der anderen Seite aber auch durch die Mitglieder gepraegt wurden. Globale Ebene: Kalter Krieg und die Angst um die Jugend Die beiden bisher ausgefuehrten Ebenen der Untersuchung lassen sich in den Rahmen des Kalten Krieges einbetten und eroeffnen so eine weitere, globale Ebene der Studie. Der Kalte Krieg wird hierbei nicht als politischer, militaerischer, ideologischer oder wirtschaftlicher Konflikt verstanden, sondern als «Kampf um die Seele der Menschheit, als Kampf fuer eine Lebensweise», wie Ex-Praesident George H.W. Bush es nannte. (41) Beide Protagonisten des Systemkonflikts, also die USA genauso wie die Sowjetunion, waren ueberzeugt von der Ueberlegenheit ihrer eigenen Lebensweise und ihres eigenen Weges zum Glueck. Waehrend die sowjetische Seite im kommunistischen Projekt die Erschaffung der kommunistischen Gesellschaft zu Lebzeiten der juengeren Generationen in Aussicht stellte, versuchte die Amerikanische Seite im amerikanischen ideologischen Projekt Liberalismus anzupreisen und die Vereinigten Staaten als vorbildliches liberales Imperium darzustellen. Nach Innen sollte das amerikanische Projekt ein integrierender Faktor sein, waehrend es aussenpolitisch aktives Engagement in der Dritten Welt rechtfertigte. (42) Hauptsaechlich richtete sich das Projekt, das vor allem die junge Generation als Zielgruppe hatte, auf den Kampf gegen den Kommunismus, um so das zu verteidigen, was als die eigene Lebensweise dargestellt wurde. (43) Gerade aber die anvisierte Mobilisierung der Jugend gelang nicht, da auf der einen Seite die propagierte aussenpolitische Friedfertigkeit offensichtlich nicht der Wirklichkeit entsprach und auf der anderen Seite das liberale Projekt immer staerker konservative Zuege annahm. (44) Die Jugendkultur entwickelte sich in den USA weitgehend unabhaengig von und zum Teil in Opposition zum amerikanischen Projekt und nahm eine zunehmend ablehnende Haltung gegenueber seinen Ideen an. In den USA nahm die neue Jugendkultur eine bis dahin unbekannte Widerstaendigkeit an, die die Sehnsucht nach tief empfundenen Gefuehlen, Aufrichtigkeit und Wahrheit mit der Bereitschaft verband, den langweiligen Lebensstil ihrer Eltern gegen ein abenteuerliches und risikoreiches Leben zu tauschen. Der Slogan «Lebe schnell, stirb jung und habe einen gut aussehenden Koerper» wurde zum Leitspruch des Grossteils der amerikanischen Jugend und fand seine Verkoerperung in dem Schauspieler James Dean. (45) Der wahrscheinlich bekannteste Film mit ihm, Rebel Without A Cause (Denn sie wissen nicht, was sie tun/ Бунтарь без идеала) aus dem Jahre 1955 verdeutlicht einen weiteren Aspekt der amerikanischen Jugendkultur: eine tiefe Sehnsucht nach Wahrheit und Aufrichtigkeit, das Beduerfnis, privaten Gefuehlen nachzugehen und zunehmende Bedeutung von Individualitaet und Privatheit. (46) Die Jugend der 1950er und 1960er Jahre stand also in ihrer Gesamtheit dem offiziellen amerikanischen Projekt, das ihren vollen Einsatz fuer die Verteidigung der amerikanischen Lebensweise forderte, eher ablehnend gegenueber; ihre Suche nach Wahrheit und Ehrlichkeit, nach privatem Glueck und individuellen Gefuehlen gepaart mit verstaerkter Aufmerksamkeit fuer Konsum, politischen Protest und Abenteuer liess die junge Generation als ungeeignet erscheinen, die Aufgabe zu bewaeltigen, die die Ideen des amerikanischen Projekts fuer sie bereit hielt. Dies neue Jugendkultur mit ihrer ablehnenden und gleichzeitig idealistischen Haltung nahm globalen Charakter an: Dieses «weltweite Phaenomen der ruhelosen Jugend» (47) bewegte sich sowohl in den USA und Westeuropa als auch in den Staaten des Ostblocks zwischen zunehmendem Konsum sowohl von materiellen als auch kulturellen Guetern und politischem Protest. (48) So laesst sich auch fuer die Sowjetjugend ein aehnliches Bild ausmachen. Phaenomene wie stilja`estvo, Hooliganismus und Trunksucht wurden im sowjetischen Kontext genauso als Bedrohung thematisiert wie subtilere Formen von Ablehnung des kommunistischen Projekts, also hauptsaechlich die Zuwendung zu der einen oder anderen Religion, steigende Bedeutung von Konsum, Sehnsucht nach individuellen Gefuehlen und privatem Glueck und steigendes Interesse an westlichen Kulturerzeugnissen. Der sowjetische Fall wird mit Blick auf den Komsomol im weiteren Verlauf der Forschung einer eingehenden Analyse unterzogen werden, weshalb die Probleme im sowjetischen Kontext hier nur kurz angeschnitten werden. Mit vergleichendem Blick laesst sich eine erstaunliche AEhnlichkeit der beiden Kontrahenten des Kalten Krieges feststellen: Die Eliten beider Laender fuerchteten aufgrund dieser ablehnenden Haltung der Jugend, sie fuer das eigene ideologische Projekt zu verlieren. Sie wurde sich bewusst ueber die Kluft zwischen dem Erwartungshorizont der jungen Generation und den Anspruechen der jeweiligen ideologischen Projekte. In beiden Laendern war klar, dass die geplante Zukunft nicht ohne die Zustimmung und den aktiven Beitrag der jungen Generation erreicht werden konnte, war es doch die Jugend, die die Zukunft gestalten und von ihr profitieren wuerde. Im Hier und Jetzt wurde die Unterstuetzung der jungen Generation als unabdingbare Voraussetzung dafuer gesehen, im Kalten Krieg die Oberhand zu gewinnen. Umso alarmierter reagierten die jeweiligen Eliten auf die ablehnende Haltung der Jugend, deren Strategien der Widerstaendigkeit die offizielle Seite meist hilflos und machtlos aussehen liess. (49) Mit Blick auf die regionale und lokale Ebene bietet dieser Interpretationsrahmen die Moeglichkeit, die daraus resultierenden Konflikte eingehend zu untersuchen und die Reaktion der herrschenden Kreise auf das Abdriften der Jugend sowie Versuche zu ihrer Integration in das kommunistische Projekt zu beleuchten. Diese globale Vernetzung von Jugendkultur verspricht interessante Einblicke in die Lebenswelt der Sowjetjugend, die eben nicht nur von den sowjetischen Diskursen gepraegt war, sondern in das weltweite Phaenomen westlicher Jugendkultur integriert war. Hier ist es interessant zu sehen, wo der Komsomol als offizieller Vertreter der Jugend sich positionierte und wie diese Haltung im regionalen und lokalen Kontext aussah. So bietet der Kalte Krieg also einen Rahmen, der das Thema Komsomol und Sowjetjugend sowohl in einen globalen Zusammenhang stellt als auch weitere Anknuepfungspunkte fuer die Untersuchung der regionalen und lokalen Lebenswelt bietet. Dabei ist auch die Frage interessant, ob und wie die nukleare Gefahr als Bedrohung fuer das eigene Leben empfunden wurde. Fuer die USA lassen sich verschiedene Ansichten ueber den Bedrohungscharakter der Atomrhetorik finden (50), waehrend fuer die Sowjetunion bisher kaum Studien vorliegen, die emotionsgeschichtlich die nukleare Bedrohung untersuchen. (51) Das wird vor allem fuer das Gebiet Tscheljabinsk interessant, wo 1957 der atomare Unfall im Atomkraftwerk Majak stattfand, der vergleichbare Auswirkungen wie der Supergau in Tschernobyl hatte, von sowjetischer Seite aber erst waehrend der Perestrojka thematisiert wurde. (52) Die Annaeherung an das Thema Komsomol auf drei verschiednen Ebenen « der organisationsgeschichtlichen, der lebensweltlichen und der globalen» ermoeglicht es, ein umfassendes Bild des kommunistischen Jugendvereins im Tauwetter zu entwerfen. Dabei werden sowohl Methoden der aktuellen Geschichtswissenschaft in die Untersuchung integriert, als auch die Historiographie zum Tauwetter beruecksichtigt. Der Fokus auf den Komsomol bietet so eine weitere Facette der Geschichtsschreibung zum Tauwetter und beleuchtet ausserdem einen weiteren Aspekt der Sozial- und Kulturgeschichte der sowjetischen Periode. Anmerkungen 1. Ralph T. Fisher, Pattern for Soviet Youth. A Study of the Congresses of the Komsomol, 19181954 (New York 1959). 2. Alan Kassof, The Soviet Youth Program (Cambridge/Mass. 1965); Merle Fainsod, ?The Komsomol «Youth under Dictatorship», in Merle Fainsod, How Russia Is Ruled (Cambridge/Mass. 1956), S. 240-61; Otto Luchterhandt, «Die Stellung der sowjetischen Jugend und die Rolle des Komsomol im Entscheidungsprozess», in Boris Meissner/Georg Brunner (hgg.), Gruppeninteressen und Entscheidungsprozess in der Sowjetunion (Koeln 1975), S. 233256. 3. Sheila Fitzpatrick, «Social Parasites. How Tramps, Idle Youth, and Busy Entrepreneurs Impeded the Soviet March to Communism», in Cahiers du monde russe 47(2006), S. 377-408; Juliane Fuerst, «The Arrival of Spring» Changes and Continuities in Soviet Youth Culture and Policy between Stalin and Khrushchev», in Polly Jones (hg.), The Dilemmas of De-Stalinization. Negotiating Cultural and Social Change in the Khrushchev Era (Abingdon 2006), S. 135-153; Juliane Fuerst, «Friends in Private, Friends in Public: The Phenomenon of the Kompaniia among Soviet Youth in the 1950s and 1960s», in Lewis H. Siegelbaum (hg.), Borders of Socialism: Private Spheres of Soviet Russia (Basingstoke 2006), S. 229-249. 4. Juliane Fuerst, Stalin`s Last Generation. Soviet Post-War Youth and the Emergence of Mature Socialism (Oxford 2010) [noch nicht erschienen]; Alexey Yurchak, Everything Was Forever, Until It Was No More: The Last Soviet Generation (Princeton 2006). 5. So z.B. E.R. Tagirov, Dejatel`nost` KPSS po formirovaniju sozialisticheskogo obraza sowetskoj molodegi (Kazan` 1987); J.M. Ilinskii u.a. (hgg.), Geschichte des Leninschen Komsomol, vol. 2 (Berlin 1983); Poljanichko V.P. Komsomol oblasti v pjatiletke. Chronika. Zifry. Fakty. 1966-1970 (Tscheljabinsk 1971); Iz istorii Tscheljabinskoj oblastnoj komsomol?skoj organisazii. Daty, zifry, fakty (Tscheljabinsk 1967); Iz proschlogo Tscheljabinskogo komsomola. Stranizy vospominanyj (Tscheljabinsk 1964). 6. Komsomol - Moja sud`ba. 90-letiju Tscheljabinskoj oblastnoj komsomol`skoj organisazii posvjastschaetsja (Tscheljabinsk 2008); Filippova I.A. Sa istoritscheskuju pamjat`, sa preemstvennost` pokolenij. Sa dostojnuju gizn` molodegi. K 85-letiju VLKSM (Tscheljabinsk 2003). 7. Fisher, Pattern for Soviet Youth, S. IX. 8. Kassof, The Soviet Youth Program, S. 1. 9. Jerry F. Hough/Merle Fainsod, How the Soviet Union Is Governed (Cambridge, Mass./London 1979), S. 277. 10. Melanie Ilic and Jeremy Smith (hgg.), Soviet State and Society Under Nikita Khrushchev (London 2009); Boris Meissner, Das Verhaeltnis von Partei und Staat im Sowjetsystem (Opladen, 1982); Boris Meissner, «Wandlungen im Herrschaftssystem und Verfassungsrecht der Sowjetunion», in Erik Boettcher (hg.), Bilanz der AEra Chruschtschow (Stuttgart, 1964), pp. 141-171; Dietrich Beyrau, «Das bolschewistische Projekt als Entwurf und soziale Praxis», in Wolfgang Hardtwig (hg.), Utopie und politische Herrschaft im Europa der Zwischenkriegszeit (Muenchen 2003), S.13-39; Hough/Fainsod, How the Soviet Union Is Governed, S. 277-319; Политическая организация развитого социалистического общества. Правовые проблемы (Киев 1976), S. 29-31. 11. Zu dieser Diskussion siehe kurz Polly Jones, «Introduction: The Dilemmas of DeStalnization», in Polly Jones (hg.), The Dilemmas of De-Stalinization: Negotiating Cultural and Social Change in the Khrushchev Era (London 2006), S. 1-18; Oleg Kharkhordin, The Collective and the Individual in Russia. A Study of Practices (Berkeley 1999), S. 297-303. 12. Melaine Ilic/ Jeremy Smith, «Introduction», in Melanie Ilic and Jeremy Smith (hgg.), Soviet State and Society Under Nikita Khrushchev (London 2009), S. 1-7; Meissner, «Wandlungen im Herrschaftssystem», S. 144-6; Polititscheskaja organisazija razvitogo sozialistitscheskogo soobstschestva. Pravovye problemy (Kiev 1976), S. 333-339. 13. Azarkin A. N., Vertschenko I.N., Leninskij komsomol. Otscherki po istorii VLKSM (Moskau 1963), S. 787. 14. Denis Kozlov, «Naming the Social Evil. The Readers of Novyi Mir and Vladimir Dudintsev`s Not By Bread Alone, 1956-59 and Beyond», in Polly Jones (hg.), The Dilemmas of De-Stalinization. Negoriating Cultural and Social Change in the Khrushchev Era (Abingdon 2006), S. 80-98; Dietrich Beyrau/Ivo Bock, «Einfuehrung», in Dietrich Beyrau and Ivo Bock (hgg.), Das Tauwetter und die Folgen. Kultur und Politik in Osteuropa nach 1956 (Bremen 1988), S. 7-21. 15. Beyrau, «Das bolschewistische Projekt»; Juliane Fuerst, «The Relaunch of the Soviet Project, 1945-1964. Introduction», in Slavonic and East European Review 86(2008), S. 201-207. 16. Klaus Gestwa, Stalinschen Grossbauten des Kommunismus: Technik- und Umweltgeschichte der Sowjetunion, 1948-1967, unveroeffentlichte Habil. (Tuebingen, 2007); Dietrich Beyrau, «Das sowjetische Modell: UEber Fiktionen zu den Realitaeten», in Peter Huebner (hg.), Arbeiter im Staatssozialismus: Ideologischer Anspruch und soziale Wirklichkeit (Koeln 2005), S. 47-70; Programma Kommunistitscheskoj partii Soetskogo Sojusa. Prinjata XXII s`jezdom KPSS (Moskau 1961). 17. Die Idee stammt von Katerina Clarks Analyse der sozialisltischen Romane, siehe Katerine Clark, The Soviet Novel. History as Ritual (Chicago 2000), S. 39-40; ausserdem Beyrau, «Das sowjetische Modell». 18. «Samyj trudnyj geroizm» // Komsomol`skaja pravda, 28.3.1959. 19. So z.B. «S`ezd stroitelej kommunistitscheskogo obstschestva» // Komsomol`skaja pravda, 8.10.1961. 20. Siehe dazu kompakt Katharina Uhl/Alexa von Winning, «Erinnern ohne Gedaechtnis. Religion und Identitaet in Tatarstan», in Osteuropa 59(2009), S. 161-178. 21. Silvia Serena Tschopp, «Das Unsichtbare begreifen. Die Rekonstruktion historischer Wahrnehmungsmodi als methodische Herausforderung der Kulturgeschichte», in Historische Zeitschrift 280(2005), S. 39-81. 22. Rainer Lindner. «Osteuropaeische Geschichte als Kulturgeschichte», in Osteuropa 53(2003), S. 1757?71; Silvia Serena Tschopp, «Die Neue Kulturgeschichte - Eine (Zwischen)Bilanz», in Historische Zeitschrift 289(2009), S. 573-605. 23. Alf Luedtke, «Introduction: What Is the History of Everyday Life and Who Are Its Practitioners»?, in Alf Luedtke (hg.). The History of Everyday Life: Reconstructing Historical Experiences and Ways of Life (Princeton 1995), S. 3-39. 24. Alf Luedtke, «Einleitung: Herrschaft als soziale Praxis», in Alf Luedtke (hg). Herrschaft als soziale Praxis. Historische und sozial-anthropologische Studien (Goettingen 1991), S. 9-63. 25. Philipp Sarazin. Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse (Frankfurt am Main 2003), S. 760; Achim Landwehr, Geschichte des Sagbaren. Einfuehrung in die historische Diskursanalyse (Tuebingen 2001), S. 7-13 und S. 70-83; Joerg Baberowski, Der Sinn der Geschichte (Muenchen 2005), S. 11-30. 26. Landwehr, Geschichte des Sagbaren, S. 100-1. 27. Ute Daniel, Kompendium Kulturgeschichte. Theorien, Praxis, Schluesselwoerter (Frankfurt am Main 2001), S. 171-2; Wolfgang Kaschuba. «OEffentliche Kultur - Kommunikation, Deutung und Bedeutung», in Friedrich Jaeger and Joerg Ruesen (hgg.), Handbuch der Kulturwissenschaften, Band 1 (Stuttgart 2004), S. 128-38. 28. Clifford Geertz, The Interpretation of Cultures (New York 1973). 29. Egon Flaig, «Habitus, Mentalitaeten und die Frage des Subjekts: Kulturelle Orientierungen sozialen Handelns», in Friedrich Jaeger and Joerg Ruesen (hgg.), Handbuch der Kulturwissenschaften, Band 3 (Stuttgart 2004), S. 356-371; Reinhard Sieder, «Sozialgeschichte auf dem Weg zu einer historischen Kulturwissenschaft», in Geschichte und Gesellschaft 20(1994), S. 445-468. 30. Karl H. Hoerning, «Kultur als Praxis», in Friedrich Jaeger/Joerg Ruesen (hgg.), Handbuch der Kulturwissenschaften, Band 1 (Stuttgart 2004), S. 139-151; Luedtke, «Introduction». 31. Karin Hartewig, «Wer sich in Gefahr begibt, kommt [nicht] darin um», sondern macht eine Erfahrung! Erfahrungsgeschichte als Beitrag zu einer historischen Sozialwissenschaft der Interpretation, in Berliner Geschichtswerkstatt (hg.), Alltagskultur, Subjektivitaet und Geschichte. Zur Theorie und Praxis von Alltagsgeschichte (Muenster 1994), S. 110-124, Zitat S. 112. 32. Hartewig, «Wer sich in Gefahr begibt»; Landwehr, Geschichte des Sagbaren, S. 89-97; Achim Landwehr/Stefanie Stockhorst, Einfuehrung in die europaeische Kulturgeschichte (Paderborn 2004), S. 80-82; Lutz Raphael. «Habitus und sozialer Sinn: Der Ansatz der Praxistheorie Pierre Bourdieus», in Friedrich Jaeger/Joerg Ruesen (hgg.), Handbuch der Kulturwissenschaften, Band 2 (Stuttgart 2004), S. 266-292; Hoerning, «Kultur als Praxis»; Wolfgang Kaschuba, «Popular Culture and Workers' Culture as Symbolic Orders. Comments on the Debate About the History of Culture and Everyday Life», in Alf Luedtke (hg.), The History of Everyday Life. Reconstructing Historical Experiences and Ways of Life (Princeton 1995), S. 169-197. 33. Landwehr/Stockhorst, Einfuehrung in die europaeische Kulturgeschichte, S. 80-2; Raphael, «Habitus»; Silvia Serena Tschopp/Wolfgang E.J. Weber, Grundfragen der Kulturgeschichte. Kontroversen um die Geschichte (Darmstadt 2007), S. 47-8. 34. Martina Loew, Raumsoziologie (Frankfurt am Main 2001), S. 131; ausserdem Monica Ruethers, «OEffentlicher Raum und gesellschaftliche Utopie. Stadtplanung, Kommunikation und Inszenierung von Macht in der Sowjetunion am Beispiel Moskaus zwischen 1917 und 1964», in Jan C. Behrends (hg.), Zwischen partei-staatlicher Selbstinszenierung und kirchlichen Gegenwelten: Sphaeren von OEffentlichkeit in Gesellschaften sowjetischen Typs / Between the Great Show of the Party-State and Religious Counter- Cultures: Public Spheres in Soviet-Type Societies (Frankfurt am Main 2003), S. 65-96. 35. Henri Lefebvre, «The Production of Space», in Michael J. Dear (hg.), The Spaces of Postmodernity: Readings in Human Geography (Oxford 2002), S. 131-41. 36. Klaus Gestwa, «Technik als Kultur der Zukunft. Der Kult um die -Stalinschen Grossbauten des Kommunismus?», in Geschichte und Gesellschaft 30(2004), S. 37-73, Zitat S. 43. 37. Loew, Raumsoziologie, S. 166-172 und S. 210-217; Klaus Gestwa, «Raum - Macht – Geschichte», in Osteuropa 55(2005), S. 46-69. 38. So auch die Theorie Michel Foucaults zu Macht und Raum, siehe Paul Rabinow, «Ordonnance, Discipline, Regulation: Some Reflection on Urbanism», in Setha M. Low/Denise Lawrence-Zuniga (hgg.), The Anthropology of Space and Place. Locating Culture (Oxford 2003), S. 353-362; Gestwa, «Technik als Kultur der Zukunft»; R. Peet, «Social Theory, Postmodernism, and the Critique of Development», in Georges Benko/Ulf Strohmayer (hgg.). Space and Social Theory (Oxford 1997), S. 72-87; Ruethers, «OEffentlicher Raum»; auch Henri Lefebvres Sichtweise korrespondiert mit der Foucaults, vgl. Lefebvre, “The Production of Space?. 39. Zitat bei Hartewig, «Wer sich in Gefahr begibt», S. 112; ausserdem Silvia Serena Tschopp/Wolfgang E.J. Weber, Grundfragen der Kulturgeschichte. Kontroversen um die Geschichte (Darmstadt 2007), S. 47-8. 40. Melvyn P. Leffler, For the Soul of Mankind. The United States, the Soviet Union, and the Cold War (New York 2007), S. 3. 41. Jeremi Suri, Power and Protest. Global Revolution and the Rise of Detente (Cambridge/Mass. 2003), S. 131-151; John Patrick Diggins, The Proud Decades. America in War and Peace, 1941-1960 (New York/London 1989), S. 74. 42. David Caute, The Dancer Defects. The Struggle for Cultural Supremacy during the Cold War (Oxford 2003), S. 160-218; Diggins, The Proud Decades, pp.95-176; Leffler, For the Soul of Mankind, S. 72-98; Eric Hobsbawm, Age of Extremes. The Short Twentieth Century, 1914-1991 (London 1994), S. 231-240; Alan Brinkley, «The Illusion of Unity in Cold War Culture», in Peter J. Kuznick/James Gilbert Rethinking Cold War Culture (Washington/London 2001), S. 6173. 43. Jeffrey Brooks, «Stalin's Ghost. Cold War Culture and U.S.-Soviet Relations», in Klaus Larres/Kenneth Osgood, The Cold War after Stalin's Death. A Missed Opportunity for Peace? (Plymouth 2006), S. 115-134; Ira Chernus, «Meanings of Peace. The Rhetorical Cold War after Stalin», in Klaus Larres/Kenneth Osgood, The Cold War after Stalin's Death. A Missed Opportunity for Peace? (Plymouth 2006), S. 95-113; Suri, Power and Protest, S. 94-105; Diggins, The Proud Decades, S. 247-257; Brinkley, «The Illusion of Unity in Cold War Culture». 44. Zitiert in Diggins, The Proud Decades, S. 198; siehe auch ibid. S..196-201; Hobsbawm, Age of Extremes, S. 324-328. 45. Hobsbawm, Age of Extremes, S. 334; Brinkley, «The Illusion of Unity in Cold War Culture»; Diggins, The Proud Decades, S 45-6 und S. 196-201. 46. So die CIA, zitiert in Suri, Power and Protest, S. 129. 47. Dazu kompakt den Sammelband Axel Schildt/Detlef Siegfried (hgg.), Between Marx and Coca-Cola : youth cultures in changing European societies, 1960-1980 (New York/Oxford 2006). 48. So aehnlich auch bei Leffler, For the Soul of Mankind, pp.3-9; Peter Filene, «Cold War Culture' Doesn't Say It All», in Peter J. Kuznick/James Gilbert (hgg.), Rethinking Cold War Culture (Washington 2001), S. 156-174. 49. Die meisten Studien gehen davon aus, dass die Angst real empfunden wurde und z.T. von Behoerden und Politikern bewusst genutzt wurde, so z.B. Peter J. Kuznick and James Gilbert, «U.S. Culture and the Cold War», in Peter J. Kuznick and James Gilbert (eds.), Rethinking Cold War Culture (Washington and London 2001), S. 1-13; Suri, Power and Protest, S. 7-43; Eric S. Singer, «Generalprobe fuer den Weltuntergang. Planer, Buerger und die Kultur des Zivilschutzes in Baltimore, 1950-1954», in Bernd Greiner/ Christian Th. Mueller/ Dierk Walter (hgg.), Angst im Kalten Krieg (Hamburg 2009), S. 34-60; andere Studien gehen davon aus, dass die Angst wenn ueberhaupt nur peripher vorhanden war, so z.B. Ira Chernus, «Meanings of Peace. The Rhetorical Cold War after Stalin», in Klaus Larres/Kenneth Osgood (hgg.), The Cold War after Stalin's Death. A Missed Opportunity for Peace? (Plymouth 2006), S. 95-113; Zubok, A Failed Empire, pp.123-153; Leffler, For the Soul of Mankind, pp.147-150; Filene, «Cold War Culture' Doesn't Say It All». 50. So z.B. kurz bei Oksana Bulgakowa, «Wer hat Angst vor?» « Phobien in amerikanischen und sowjetischen Filmen der 1950er Jahre», in Bernd Greiner/ Christian Th. Mueller/ Dierk Walter (hg.), Angst im Kalten Krieg (Hamburg 2009), S. 347-374. 51. V.N. Novoselow, Sozdanie atomnoj promyschlennosti na Urale (Tscheljabinsk 1999); V.N. Novoselov/V.S. Tolstikov Atomnyj sled na Urale (Tscheljabinsk 1997); V.N. Novoselov/V.S. Tolstikov, Tajny «sorokovki» (Ekaterinburg 1995).