Sonntag, 27. Februar 2011 glaube(n) Hintergrund Mit Blumen, Früchten, Räucherstäbchen und Licht werden die Götter verehrt. „Ewige Ordnung“ Im Mandir in der Schießstattstraße beten und feiern die Salzburger Hindus in den angemieteten Räumen ihre Feste. „Gäste wie beim Tag der Religionen sind herzlich willkommen “, so Rama Mahli (im blauen Sari) und betont: „Unser Wunsch ist es, einen eigenen Tempel zu bauen.“ Fotos: ibu Religion und Alltag sind nicht zu trennen Hinduismus.„Er ist mehr als eine Religion. Ich würde von einer Philosophie des Lebens sprechen, die das tägliche Handeln beeinflusst“, macht Rama Mahli den Versuch, die bunteste und unüberschaubarste Glaubensgemeinschaft der Erde zu erläutern. So kennt der Hinduismus Millionen von Göttern. ist. In den Tempel kommen die Gläubigen vor allem am Wochenende, zum Ende der Fastentage oder den großen Festen. „Vergleichbar mit Weihnachten ist Diwali – das Lichterfest im Oktober oder November. Der genaue Termin richtet sich nach dem Mond. Es werden neue Kleider getragen, alles ist geschmückt, die Kinder dürfen sich über Geschenke freuen und abends gibt es ein Feuerwerk.“ Viele Götter, Traditionen und Rituale Ingrid Burgstaller Salzburg. „Warum so viele Götter? Mit dieser Frage bin ich immer wieder konfrontiert“, schmunzelt Rama Mahli und klärt auf: „Das sind nichts anderes als die verschiedenen Formen eines einzigen Gottes, an den wir glauben.“ Als Hauptgötter gelten Brahma, Vishnu und Shiva. Sie bilden eine Trimurti, eine Dreieinigkeit und stellen als Schöpfer, Erhalter und Zerstörer den Kreislauf des Werdens und Vergehens dar. Dazu kommt ihre weibliche Seite. So tritt Lakshmi, die Göttin des Glücks, des Reichtums und der Schönheit als Gegenpart von Vishnu auf. „Es ist kompliziert“, gibt die in Nordindien Geborene zu, die 1985 nach Salzburg kam und seit langem das „Maharaja“ betreibt. In ihrem Restaurant wurden die Weichen für die Salzburger Tempelgemeinde gestellt, die in den 90er Jahren schließlich in die Salzburger Schießstattstraße eingezogen „Hindu ist man durch die Geburt, wir kennen keine Taufe. Aber jeder kann Hinduismus für sich praktizieren.“ Durch das Gebet erfolgt die Kontaktaufnahme mit dem Göttlichen. Eine besondere Rolle spielt die Verwendung von sakralen Sprüchen und heiligen Silben (mantras). „In fast jedem Haus ist ein Gebetsplatz oder Altar eingerichtet“, so Rama Mahli, die schätzt, dass in Salzburg 150 bis 200 „Hindu-Familien“ beheimatet sind. Der Hinduismus kennt viele Rituale wie Pujas, das ist eine Zeremonie oder ein Gottesdienst, der zu Ehren einer Gottheit stattfindet. Sie erhält Opfergaben wie Blumen, Räucherstäbchen, Süßigkeiten oder Speisen. „Die Götter mögen das“, ist die dreifache Mutter Rama Mahli überzeugt, die ihre Traditionen weitergibt. Sie betont aber gleichzeitig: „Wir sind sehr offen für andere Religionen und interessieren uns. Wir müssen alle gut zusammenleben.“ Mit 900 Millionen Anhängern ist der Hinduismus nach dem Christentum und dem Islam die drittgrößte Religion der Erde. Die Wurzeln reichen Jahrtausende zurück und haben ihren Ursprung in Indien, wo heute die Mehrheit der Hindus lebt. Rechte und Pflichten der Hindus hängen im Alltag wesentlich mit der Zugehörigkeit zur jeweiligen Kaste zusammen. Aufgrund seiner vielseitigen Philosophien und Praktiken ist beim Hinduismus auch von einer Religionsfamilie oder Hindu-Traditionen die Rede. Die Inder sprechen von „Sanatana Dharma“, der „ewigen göttlichen Lebensordnung“. Es gibt keine einheitliche Organisation oder Glaubensbekenntnis und keinen Religionsstifter. Die ältesten heiligen Schriften sind die Veden. Oft wird der Hinduismus als polytheistische Religion bezeichnet, da unzählige Göttinnen und Götter verehrt werden. Doch viele Hindus sehen in ihnen lediglich unterschiedliche Gesichter eines Gottes. Sie glauben an einen Kreislauf der Wiedergeburten (samsara) und die Möglichkeit der Befreiung aus diesem Kreislauf (moksha). Fakten: Der Hinduismus in Öster- reich ist offiziell wenig organisiert. Seit 1998 gilt die Hinduistische Religionsgesellschaft in Österreich (HRÖ) als „eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft“ , die aber im Gegensatz zu„staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften“ nicht die volle Anerkennung mit den damit verbundenen Rechten besitzt. Laut Volkszählung 2001 gab es 3.629 Hindus in Österreich. Schätzungen sprechen derzeit von 11.000 Gläubigen. Neben Mandirs in Wien findet sich seit den 90er Jahren auch ein hinduistischer Tempel in der Stadt Salzburg.