Das Retinoblastom – Diagnose und Therapie

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Das Retinoblastom – Diagnose und Therapie
1. Was ist ein Retinoblastom? ........................................................ 2
2. Aufbau und Funktion des Auges ................................................. 2
3. Klinik des Retinoblastoms ........................................................... 3
4. Wie erkennt man ein Retinoblastom
(Symptome und Diagnose) ......................................................... 5
5. Stadieneinteilung des Retinoblastoms........................................ 8
6. Ablauf der Erstuntersuchung an der
Universitäts-Augenklinik Essen .................................................. 8
7. Die Behandlung des Retinoblastoms .......................................... 9
8. Therapiekontrolle und Prognose ............................................... 13
9. Kontaktadressen ....................................................................... 15
© Zentrum für Augenheilkunde - Universitätsklinikum Essen
Hufelandstraße 55
45122 Essen
Tel.: 0201 723 2969
E-Mail: [email protected]
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1. Was ist ein Retinoblastom?
Das Retinoblastom ist der häufigste im Auge auftretende Tumor im
Kindesalter mit einer Häufigkeit von einem betroffenen Kind auf etwa 18.000
Lebendgeburten. In absoluten Zahlen tritt der Tumor nur selten auf (in
Deutschland ca. 60 Fälle/Jahr). Es handelt sich um einen bösartigen Tumor,
der von genetisch veränderten, unreifen Netzhautzellen (Retinoblasten)
ausgeht und unbehandelt zum Tod führt. Gleichzeitig ist es eine der wenigen
heilbaren bösartigen Krebserkrankungen: Frühzeitig erkannt und therapiert
überleben mehr als 95 % der Patienten. Wenn nur ein Auge betroffen ist,
spricht man von einem unilateralen (einseitigen) Retinoblastom. Dies betrifft
etwa zwei Drittel der erkrankten Kinder. Sind beide Augen erkrankt, handelt es
sich um ein bilaterales (beidseitiges) Retinoblastom.
Im Folgenden möchten wir einen kurzen Überblick über die Symptome,
Diagnostik und Behandlung des Retinoblastoms geben sowie auf die
Erblichkeit dieser Erkrankung eingehen. Zum besseren Verständnis wird
zunächst der Aufbau des Auges erklärt.
2. Aufbau und Funktion des Auges
Das Auge ist ein Sinnesorgan und leitet seine Informationen über den
Sehnerv direkt zum Gehirn weiter.
Abb. 1: Anatomie des Auges
Die aus festem Bindegewebe bestehende schützende äußere Hülle des
Auges besteht aus der weißen Lederhaut und geht vorne in die durchsichtige
Hornhaut über, welche sozusagen das Fenster des Auges bildet. Die
Netzhaut kleidet den Augapfel von innen aus und enthält die Sinneszellen,
welche über ein komplexes Netz aus Nervenzellen Verbindung zu den
Sehnervenfasern haben. Diese laufen in der Sehnervenscheibe zusammen
und bilden den Sehnerv. Die Aderhaut bildet mit einem dichten Gefäßnetz die
mittlere Schicht und ernährt die äußeren Netzhautschichten. Sie geht vorne in
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den Strahlenkörper und die Regenbogenhaut über mit einer zentralen
Öffnung, der Pupille, die sich je nach Helligkeit verengt und weitet. Hinter der
Iris ist die aus durchsichtigen elastischen Fasern bestehende Linse am
Ziliarkörper aufgehängt. Die Regenbogenhaut trennt die zwischen Hornhaut
und Linse gelegene, mit Kammerwasser gefüllte Augenkammer in eine
Vorder- und eine Hinterkammer. Der Glaskörper füllt den Raum hinter der
Linse aus, er besteht aus einem Fasergerüst und einer darin eingebetteten
transparenten, gallertartigen Masse.
Die Funktion des Auges kann am besten mit der einer Kamera verglichen
werden. Als Objektiv dienen Hornhaut und Linse, dem Film entspricht die
Netzhaut. Das durch Lichtreize entworfene Bild auf der Netzhaut wird über die
Nervenfasern als elektrische Impulse dem Gehirn zugeleitet, wo dann der
Seheindruck entsteht.
3. Klinik des Retinoblastoms
Das Retinoblastom entsteht in der Netzhaut und kann sich in verschiedene
Richtungen ausbreiten. In der Frühphase entstehen weißliche Tumoren
zunächst am hinteren Augenpol, die unterhalb oder oberhalb der Netzhaut
wachsen können (Abb. 2a). Bei einem Wachstum in Richtung des Glaskörpers
können sich Tumorzellen von der Oberfläche lösen und im Glaskörperraum
schweben. In diesem Fall spricht man von einer Glaskörperaussaat des
Tumors (Abb. 2b). Siedeln sich die abgelösten Tumoranteile an einer anderen
Stelle der Netzhaut an, so entstehen intraokulare Absiedlungen. Dadurch kann
das Bild mehrerer Tumore (multifokal) vorgetäuscht werden, obwohl es sich
um einen einzelnen (solitären) Tumor handelt. Infolge der Glaskörperaussaat
kann auch der vordere Augenabschnitt mitbeteiligt sein.
Sehnerv
Abb. 2a: Typisches Retinoblastom am hinteren Augenpol unmittelbar
neben dem Sehnervenkopf
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Abb 2b: Großes Retinoblastom mit diffusem Wachstum in den
Glaskörperraum
Bei einem Wachstum in Richtung Aderhaut tritt oft eine Netzhautablösung
auf. Tumoranteile, die sich ablösen können führen zu einer Absiedlung unter
die Netzhaut. Es besteht eine erhöhte Gefahr für einen Einbruch des Tumors
in die Aderhaut. In sehr fortgeschrittenen Fällen kann auch die Lederhaut
durchwachsen werden und es so zu einer Infiltration der Augenhöhle kommen.
Die Ausbreitung des Tumors entlang des Sehnervs führt zu einer
Mitbeteiligung der Gehirnstrukturen, der Hirnhaut und der Liquorräume
(Rückenmarkflüssigkeit bzw. Hirnwasser). Durch einen Einbruch in das
Gefäßsystem der Aderhaut kann es zu Metastasen in Knochenmark,
Knochen, Lymphknoten und Leber kommen. Die regionalen Lymphknoten
werden über einen Einbruch des Tumors in das vordere Augensegment sowie
in die Augenhöhle erreicht. Grundsätzlich kann das Retinoblastom infolge
eines kontinuierlichen Wachstums jede Struktur des Auges infiltrieren. Das
Auftreten von Gefäßneubildungen in der Regenbogenhaut, Tumorzellen in der
Vorderkammer, eine begleitende Entzündung der Augenhöhle oder ein
erhöhter Augeninnendruck können dabei in sehr fortgeschrittenen Fällen
auftreten.
In einem Drittel der Fälle tritt das Retinoblastom in beiden Augen auf.
Hierbei handelt es sich nicht um ein Tumorwachstum von dem einen in das
andere Auge, sondern um neue Tumoren, die nicht zeitgleich auftreten
müssen. Zunächst einseitige Erkrankungen können im weiteren Verlauf
beidseitig werden. Es können sich auch in einem Auge mehrere, unabhängig
voneinander entstandene Tumoren entwickeln.
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4. Wie erkennt man ein Retinoblastom? (Symptome und
Diagnose)
Der Tumor tritt praktisch immer vor dem 5. Lebensjahr auf, da das
Wachstum des Retinoblastoms nur von unreifen Netzhautzellen ausgehen
kann. Das durchschnittliche Alter bei der Diagnosestellung beträgt bei den
einseitigen Retinoblastomen etwa 23 Monate und liegt bei den beidseitigen
Retinoblastomen bei ca. 12 Monaten. Etwa 10 % der Retinoblastome sind
bereits bei der Geburt nachweisbar, knapp die Hälfte im ersten Lebensjahr. In
unserer Klinik werden 90 % der Fälle vor einem Alter von 3 Jahren
diagnostiziert.
Da der Tumor in einem äußerlich unveränderten Auge bei Säuglingen und
Kleinkindern wächst, kann er über längere Zeit symptomlos bleiben. Die
einseitige Beeinträchtigung des Sehvermögens der kleinen Kinder wird meist
erst durch eine Schielstellung (in 25 %) bemerkt. Das häufigste Erstsymptom
ist allerdings eine bei bestimmten Beleuchtungsverhältnissen weiß
erscheinende Pupille, die wie ein Katzenauge wirkt und meist auf Fotos auffällt
(Leukokorie) im Gegensatz zu einer rot aufleuchtenden oder schwarz
erscheinenden Pupille (Abb. 3). Seltener fällt ein erhöhter Augeninnendruck,
ein schmerzhaftes rotes Auge, eine Sehverschlechterung, Entzündung der
Augenhöhle oder eine Pupillenveränderung auf.
Abb. 3 Leukokorie des linken Auges bei fortgeschrittenem Retinoblastom
Da in den meisten Fällen die ersten Symptome von den Eltern bemerkt
werden, kommt dem zuerst aufgesuchten Kinder- oder Augenarzt eine
Schlüsselfunktion zu; er muss an einen seltenen, das Sehvermögen und das
Leben bedrohenden Tumor denken, dem er bisher möglicherweise noch nie
begegnet ist.
Deutliche Warnzeichen liegen vor
• wenn eine oder beide Pupillen erweitert oder weißlich-gelb gefärbt sind
(Leukokorie),
• wenn ein Auge gerötet ist und schmerzt,
• bei Schielen oder einer Sehstörung.
Zur Diagnosestellung muss immer eine Augenhintergrunduntersuchung in
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Narkose bei maximal erweiterter Pupille durchgeführt werden sowie eine
Ultraschalluntersuchung. Bei ungehindertem Einblick auf den
Augenhintergrund kann der erfahrene Augenarzt die Diagnose eines
Retinoblastoms anhand der charakteristischen Erscheinung meist ohne
Zusatzdiagnostik stellen und von anderen, gutartigen Erkrankungen
abgrenzen.
Um krankhafte Veränderungen in der Augenhöhle und im Schädel zu
erfassen, ist weiterhin ein bildgebendes Verfahren notwendig, wobei eine
Kernspintomographie des Kopfes (MRT Schädel) mit einer speziell für die
Untersuchung von Augen zur Verfügung stehenden Zusatzeinrichtung
durchgeführt wird, um die Tumorausdehnung sicher festzustellen. Zusätzlich
muss eine kinderärztliche Untersuchung durchgeführt werden, ggf. müssen
weitere Zusatzuntersuchungen eingeleitet werden. In Einzelfällen kann eine
Punktion des Knochenmarks und der Rückenmarksflüssigkeit notwendig
werden.
Retinom
Mit dieser Bezeichnung ist ein spontan zurückgebildetes Retinoblastom
gemeint, welches meist als Zufallsbefund in 1% bis 2 % bei der Untersuchung
nicht erkrankter Verwandter von an Retinoblastom erkrankten Kindern zu
finden ist. Es tritt nicht im Kindesalter auf und weist keine bösartige Entartung
auf. Klinisch erscheint dieser Tumor wie ein Retinoblastom im
Rückbildungsstadium nach Strahlentherapie. Eine Behandlung ist nicht
erforderlich, jedoch sind regelmäßige, lebenslange Kontrollen wie bei einem
behandelten Retinoblastom notwendig, da vitale (lebende) und potentiell
wachstumsfähige Tumorzellen vorliegen. Genetisch verhält sich das Retinom
wie ein echtes Retinoblastom mit allen sich daraus ergebenden
Konsequenzen in der genetischen Beratung.
Trilaterales Retinoblastom
Man versteht darunter die sehr seltene Kombination eines erblichen
Retinoblastoms mit einem Hirntumor im Bereich der Mittellinie. Es handelt sich
hierbei nicht um Metastasen, sondern um einen selbständig wachsenden
Tumor, der feingeweblich der Struktur des Retinoblastoms ähnelt. Die
Manifestation erfolgt meist gleichzeitig mit dem Retinoblastom, die Prognose
ist jedoch sehr viel schlechter.
Vererbung/Genetik des Retinoblastoms
Es muss zwischen einer erblichen und einer nicht erblichen Form des
Retinoblastoms unterschieden werden. Die Mehrzahl der Fälle (90 %) entsteht
isoliert neu (sporadisch), d. h. die Erkrankung ist bei keinem der Angehörigen
nachzuweisen. In ca. 10 % sind bereits weitere Erkrankungen in der Familie
bekannt (familiäres Retinoblastom). Zugrunde liegt eine Veränderung des
genetischen Materials (Mutation) im Retinoblastom-Gen (RB1-Gen), welches
sich auf dem Chromosom 13 befindet. Zur Tumorentstehung müssen beide
Kopien des RB1-Gens inaktiviert werden.
Die nicht-erbliche Form geht von zwei Veränderungen in einer einzigen
Netzhautzelle aus (somatische Mutation) und kann deshalb nicht an eigene
Kinder weitergegeben werden. Sie ist stets einseitig und es findet sich in dem
betroffenen Auge nur ein einziger Tumor.
Die erbliche Form tritt bei etwa 40% aller Patienten auf und weist bereits
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eine Veränderung des Retinoblastom-Gens in den Keimbahnzellen auf
(germinale Mutation), so dass in allen Körperzellen die genetische
Veränderung vorhanden ist. Aus diesem Grund können in den meisten Fällen
auch Blutzellen zur Identifikation der für die Veranlagung zum Retinoblastom
ursächlichen Mutation verwendet werden. Durch einen Verlust der zweiten
Kopie des Retinoblastom-Gens in mindestens einer Netzhautzelle entsteht der
Tumor. Das erbliche Retinoblastom betrifft deshalb meist beide Augen.
Außerdem finden sich häufig mehrere Tumoren in einem Auge. Die
Veranlagung zur Entwicklung eines Retinoblastoms wird als dominant
erbliches Merkmal weitergeben. Hat ein Kind mehrere Tumoren oder sind
nahe Angehörige ebenfalls erkrankt, kann so von einer erblichen Form
ausgegangen werden.
Beim familiären Retinoblastom sind meist alle Beteiligten beidseits
erkrankt. Aufgrund des Erbgangs wird von dem betroffenen Elternteil die
krankheitsverursachende Mutation mit einem Risiko von nahezu 50 % an die
Nachkommen vererbt. Wegen einer unvollständigen Penetranz (nicht alle
Genträger erkranken) ist das tatsächliche Erkrankungsrisiko jedoch geringer.
In seltenen Fällen überwiegen in einer Familie einseitige Erkrankungen
(verminderte Expressivität). Die Tumordisposition wird dann auch über nicht
erkrankte Angehörige weitergegeben, so dass auch für die Kinder nicht
erkrankter Angehöriger ein erhöhtes Risiko besteht.
Bei nicht-familiär beidseitig erkrankten Patienten und einem Teil der
isoliert einseitigen Erkrankungen beträgt das Risiko für die Entwicklung eines
Retinoblastoms bei eigenen Kindern nahezu 50 %. Auch bei Geschwistern
besteht ein erhöhtes Risiko von 2 %. Ist die krankheitsverursachende Mutation
aus Blut bzw. Tumormaterial bekannt, so kann das Risiko genau bestimmt
werden.
Bei Kindern mit nur einseitig auftretendem Retinoblastom liegt in 90 % die
nicht-erbliche Form des Retinoblastoms vor. In den verbliebenen 10 % der
Fälle handelt es sich jedoch trotz einseitiger Erkrankung um ein erbliches
Retinoblastom, so dass bei den Nachkommen von einem erhöhten Risiko
ausgegangen werden muss (1–7 %). Für Geschwister von einseitig erkrankten
Kindern wurde ein Wiederholungsrisiko von 1 % ermittelt. Durch Untersuchung
von Tumormaterial können die ursächlichen Mutationen bei den meisten
Betroffenen erkannt werden. Wenn diese nicht im Blut nachweisbar sind, kann
ein Wiederholungsrisiko für Geschwister ausgeschlossen werden.
Durch molekulargenetische Untersuchungen kann die Beurteilung des
Erkrankungsrisikos für den Einzelnen entscheidend verbessert werden. Durch
Mutationsanalysen kann häufig ein erhöhtes Risiko festgestellt oder mit hoher
Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. So können die Vorsorge- und
Kontrolluntersuchungen auf jene Kinder beschränkt bleiben, welche ein
mutiertes RB1-Gen geerbt haben. Dadurch wird auch eine psychische
Entlastung für die betroffenen Familien erreicht.
Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der molekulargenetischen
Risikobestimmung ist die Verfügbarkeit der erforderlichen Proben. Es sollte
von dem erkrankten Kind, seinen Geschwistern und den Eltern Blut
bereitgestellt werden sowie nach Möglichkeit Tumormaterial, insbesondere bei
den nicht-familiären Erkrankungen. Bei neugeborenen Kindern aus
betroffenen Familien ist es wichtig, Nabelschnurblut zur genetischen
Untersuchung abzunehmen.
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5. Stadieneinteilung des Retinoblastoms
Das Retinoblastom wird weltweit nach der sog. ABC-Klassifikation
eingestuft. Im Stadium A finden sich umschriebene, kleine Tumoren die auf
die Netzhaut beschränkt sind und mindestens 3 mm vom Netzhautzentrum
und 1,5 mm vom Sehnerv entfernt sind. Im Stadium B finden sich alle anderen
auf die Netzhaut beschränkten Tumoren. Im Studium C finden sich Tumoren
mit einer begrenzten, die Netzhaut überschreitenden Aussaat und im Stadium
D große, multiple Tumoren mit diffuser Aussaat und Abhebung der Netzhaut.
Das Stadium E beschreibt große Tumoren mit Komplikationen wie Erhöhung
des Augendrucks, Tumoraussaat in die vordere Augenkammer,
Tumorwachstum außerhalb des Auges und beginnende Schrumpfung des
Auges. In diesem Stadium ist in der Regel eine Therapie mit dem Ziel, das
Auge zu erhalten, nicht mehr möglich.
6. Ablauf der Erstuntersuchung an der UniversitätsAugenklinik Essen
Wird ein Kind mit dem Verdacht auf ein Retinoblastom unserer Abteilung
zugewiesen, so erfolgt zunächst nach einem ersten Gespräch über die
Vorgeschichte (Familie, Schwangerschaft, Geburt, Entwicklung,
Erkrankungen) und der Aufklärung durch die Anästhesie am folgenden Tag
eine Inspektion beider Augen in Narkose mit weitgetropften Pupillen,
verbunden mit einer Ultraschalluntersuchung der Augen und einer
Blutentnahme für die Humangenetik (Abb. 4). Wegen der Narkose muss das
Kind im ersten Lebensjahr mindestens vier Stunden und nach dem 12.
Lebensmonat mindestens sechs Stunden vor der Untersuchung nüchtern
bleiben, d. h. es darf nichts essen und trinken. Bis zu zwei Stunden vor der
Untersuchung darf das Kind klare Flüssigkeit (z. B. ungesüßter Tee) zu sich
nehmen. Nach Absprache kann eine Unterbringung im Elternhaus der
Essener Elterninitiative für krebskranke Kinder (s. Kontaktadressen) arrangiert
werden.
Abb. 4: Untersuchung eines Kinds mit Retinoblastom in Narkose
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Bestätigt sich durch die klinische Untersuchung die Diagnose eines
Retinoblastoms, wird gemeinsam mit den Eltern die Therapie geplant und
eingeleitet. Der Therapieplan wird innerhalb einer Tumorkonferenz unter
Mitarbeit aller beteiligten Fachabteilungen (Augenklinik, Kinderklinik,
Strahlenklinik, Röntgendiagnostik, Humangenetik) am Folgetag intensiv
besprochen. Da es klinisch stumme Verlaufsformen der Erkrankung gibt (z. B.
Retinome), werden sowohl die Eltern als auch die Geschwister augenärztlich
untersucht und eine Blutprobe an die Humangenetik weitergeleitet, um die
familiäre Form zu erkennen. Ferner wird im weiteren Verlauf ein Termin zur
Beratung in der humangenetischen Sprechstunde vereinbart. Die genetische
Beratung von Eltern, die ein erkranktes Kind haben oder selbst erkrankt sind,
ist zwingend erforderlich, um eine verlässliche Berechnung des
Erkrankungsrisikos der Nachkommen zu ermöglichen.
7. Die Behandlung des Retinoblastoms
Grundsätzlich steht bei der Wahl der Therapieform der Erhalt des Lebens
über dem Erhalt des Sehvermögens. Entscheidend ist die vollständige
Zerstörung bzw. Entfernung des Tumors. In fortgeschrittenen Fällen kann es
deshalb notwendig sein, das betroffene Auge zu entfernen, um das Überleben
des Kindes zu sichern, insbesondere dann, wenn die Funktion des betroffenen
Auges weitgehend verloren ist. In allen anderen Fällen muss sorgfältig geprüft
werden, ob eine Zerstörung des Tumors unter Erhalt des betroffenen Auges
und einer nutzbaren Funktion möglich ist, ohne die Überlebenschance des
betroffenen Kindes zu verschlechtern oder ihm eine nicht angemessene
therapiebedingte Belastung zuzumuten.
Die Therapieplanung wird sowohl von der Ausdehnung des Tumorleidens
und dem Befall eines oder beider Augen als auch vom Alter des Kindes
bestimmt und erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Augenärzten,
Radiologen, Humangenetikern, Strahlentherapeuten, Kinderärzten und den
betroffenen Eltern.
Therapie des einseitigen Retinoblastoms
Bei fortgeschrittenen Tumoren mit weitgehendem Verlust des
Sehvermögens ist die Entfernung des Auges (Enukleation) die sicherste
Behandlungsmethode, da so bei einem normal sehenden Partnerauge die
Risiken anderer Behandlungsstrategien vermieden werden können. Durch die
vollständige Entfernung des Tumors wird gleichzeitig bei den nicht-erblichen
Retinoblastomen das betroffene Kind von seinem Tumorleiden geheilt. In
ausgesuchten Fällen kann bei einer frühzeitigen Diagnose eine Behandlung
mit dem Ziel, das betroffene Auge zu erhalten, versucht werden. Hier kommt
insbesondere die lokale Strahlentherapie, ggfs. in Kombination mit anderen
Behandlungsmethoden, in Frage. Da die einseitigen Retinoblastome meistens
erst sehr spät erkannt werden und deshalb bereits einen weit fortgeschrittenen
Befund aufweisen, sind die betroffenen Augen auch sehr häufig zum Zeitpunkt
der Erstdiagnose erblindet. Die Entfernung des meist erblindeten Tumorauges
bedeutet für das Kind deshalb keine veränderte Wahrnehmung oder
schlechtere Orientierung.
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Therapie des beidseitigen Retinoblastoms
Das Ziel jeder Therapie ist die vollständige Tumorkontrolle und Rückbildung
unter Erhalt eines möglichst guten Sehvermögens an zumindest einem Auge
durch eine individuelle Kombination der zur Verfügung stehenden
Therapiemöglichkeiten. Falls möglich sollten die Tumoren möglichst lokal
behandelt werden. Solitäre kleine Retinoblastome können sicher zerstört
werden. Kommt eine solche Behandlung nicht mehr in Frage, weil bereits zu
große Tumoren oder sogar eine Glaskörperaussaat vorliegt, kann in vielen
Fällen durch eine Chemotherapie eine Verkleinerung der Tumoren angestrebt
werden. Häufig findet sich in einem Auge ein weit fortgeschrittener Befund, so
dass der Erhalt des Augapfels nicht sinnvoll erscheint. Sollte jedoch an dem
besseren Auge eine Chemotherapie notwendig sein, kann mit der Enukleation
des stärker betroffenen Auges zunächst gewartet werden, da manchmal unter
der Therapie eine massive Tumorrückbildung eintritt und eine
augenerhaltende Behandlung möglich werden kann. Wenn allerdings das
schlechtere Auge bereits erblindet ist, eine Glaskörperaussaat oder Infiltration
des vorderen Augensegments oder des Sehnervs besteht, gibt es keine
Alternative zur Enukleation. Kommt es am letzten, besseren Auge zu einer
Infiltration des Sehnervs oder Glaskörperaussaat, bleibt als einzige
augenerhaltende Therapie nur noch die Bestrahlung von außen (perkutane
Strahlentherapie). Ist allerdings kein nützliches Sehvermögen zu erwarten, so
muss auch das zweite Auge entfernt werden, um das Leben des Kindes nicht
zu gefährden. Da eine moderne Chemotherapie mit hoher Wahrscheinlichkeit
ein sehr viel geringeres Risiko für die Entstehung weiterer bösartige Tumoren
hat als die perkutane Bestrahlung, ist man heute bestrebt, auf die perkutane
Strahlentherapie so weit wie möglich zu verzichten, insbesondere wenn das
betroffene Kind das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Im Folgenden werden die einzelnen therapeutischen Möglichkeiten genauer
erläutert:
7.1 Enukleation
Darunter versteht man die operative Entfernung des Auges. Sie ist bei
funktionslosen Augen oder Augen, die nach einer Therapie erblinden würden,
die einzig sinnvolle Option. Das Auge wird dabei in Vollnarkose mit einem
möglichst langen Anteil des Sehnervs entfernt. Lider, Tränendrüse und
Muskeln werden nicht beeinträchtigt. Als Platzhalter wird in die Tiefe der
Augenhöhle ein Kunststoffimplantat eingesetzt. Darüber werden die Muskeln
sowie die Bindehaut vernäht. Unmittelbar nach dem Eingriff können
Schmerzen auftreten, es kann zu einem Bluterguss in die Augenhöhle
kommen sowie in extrem seltenen Fällen zu einer Infektion. Etwa 10 bis 14
Tage nach der Operation wird eine erste Prothese angepasst und in den
Bindehautsack eingesetzt, wenn die Wunde geheilt und die Schwellung
zurückgegangen ist. Dieses künstliche Auge aus Glas wird dem Partnerauge
entsprechend individuell angefertigt und kann oft kaum von einem natürlichen
Auge unterschieden werden. Durch die über dem Platzhalter vernähten
Muskeln werden die Augenbewegungen des verbleibenden Auges in
begrenztem Ausmaß durch die Prothese mitgemacht. Nach der Entfernung
des Auges ist noch ein stationärer Aufenthalt von ungefähr 2 Tagen
notwendig.
Das entnommene Auge wird histologisch feingeweblich aufgearbeitet.
Dabei kommt einem möglichen Einwachsen von Tumorzellen in den Sehnerv
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oder in die Aderhaut besondere Bedeutung zu, da hierdurch ein erhöhtes
Risiko für eine Metastasierung des Tumors besteht und ggf. eine
Chemotherapie notwendig wird. Bei jeder Enukleation wird zudem
Tumorgewebe entnommen, um eine molekulargenetische Untersuchung
durchführen zu können und damit eine genauere Aussage über das
Vererbungsrisiko treffen zu können.
7.2 Lokale Therapieverfahren
7.2.1 Laserkoagulation
Dabei wird in Narkose ein Laserstrahl durch die Pupille auf den Tumor
gelenkt und das Tumorgewebe durch Hitze zerstört. Die Laserbehandlung
kommt bei kleineren Tumoren am hinteren Pol und in der peripheren Netzhaut
in Frage. Meist ist eine wiederholte Behandlung erforderlich.
7.2.2. Kryokoagulation (Vereisung)
Der Tumor wird von außen unter Kontrolle des Augenspiegels mit einer
Metallsonde lokalisiert und mehrmals durchgefroren. Hierdurch werden die
kälteempfindlichen Tumorzellen zerstört. Die Therapie eignet sich für kleine
Tumoren der peripheren Netzhaut, größere Tumoren müssen oft wiederholt
oder durch andere Therapieverfahren ergänzt behandelt werden. Im Vergleich
zu der Laserkoagulation geht allerdings auch ein größerer Teil gesunder
Netzhaut verloren. Die Behandlung verursacht zudem eine vorübergehende
Schwellung der Lider und der Bindehaut.
7.2.3. Behandlung mit Strahlenträgern (Brachytherapie)
Bei dieser sogenannten Brachytherapie wird ein Strahlenträger, der auf
seiner Innenseite mit einem strahlenden Material beschichtet ist (meist
Ruthenium-106), operativ im Bereich des zu behandelnden Tumors nach
Eröffnen der Bindehaut von außen auf die Lederhaut aufgenäht und nach
Erreichen einer bestimmten Strahlendosis an der Tumorspitze wieder entfernt.
Es sind somit zwei Operationen in Vollnarkose notwendig. Wie lange der
Strahlenträger auf dem Auge verbleiben muss, wird von der Höhe des Tumors
beeinflusst und genau berechnet. Es wird lokal eine hohe Strahlendosis im
Bereich des Tumors erreicht unter Schonung des umliegenden Gewebes. Das
strahlensensible Retinoblastom wird dann allmählich in ein inaktives
Narbengewebe umgewandelt. Dieses Therapieverfahren eignet sich für
einzelne mittelgroße Tumoren. Auch bei einer begrenzten, lokalisierten
Glaskörperaussaat kann eine Brachytherapie noch angewandt werden sowie
in Kombination mit anderen Therapieverfahren. Die Komplikationen sind
abhängig von der Lage des Tumors. Es kann zu einer Linsentrübung kommen,
eine strahlenbedingte Schädigung der Netzhaut oder eine
Sehnervenschädigung eintreten, die zur Sehverschlechterung führen und
auch Blutungen sowie Durchblutungsstörungen im Auge verursachen können.
Aus rechtlichen Gründen (Strahlenschutzbestimmungen) muss das Kind
während der in der Regel höchstens 2 Tage dauernden Bestrahlung isoliert
bleiben, wobei nach entsprechender Aufklärung ein Elternteil mit
aufgenommen und bei dem Kind bleiben kann.
7.3. Chemotherapie
Die systemische Chemotherapie ist in den letzten Jahren zu der am
häufigsten angewandten Methode in der augenerhaltenden Therapie des
Retinoblastoms geworden, nachdem die Langzeitkomplikationen der
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perkutanen Strahlentherapie bekannt wurden (s. unten). Dabei werden
Medikamente wie Cyclophosphamid, Carboplatin, Vincristin und Etoposid über
eine Vene (intravenös) verabreicht und erreichen so die Tumorgefäße, um hier
wirksam zu werden. Moderne Studien haben zeigen können, dass damit eine
hohe lokale Tumorkontrollrate erreicht werden kann.
Bei der sogenannten Thermochemotherapie wird nach Gabe von
Carboplatin eine Erwärmung des Tumorgewebes mittels Laserbehandlung
durchgeführt. Jeder einzelne Tumor wird 10 bis 20 Minuten behandelt.
Dadurch kann die Wirksamkeit der Chemotherapie soweit verbessert werden,
dass eine vollständige Tumorzerstörung erreicht wird.
Bei der Chemoreduktion wird die Chemotherapie primär zur Verkleinerung
des Tumors eingesetzt, um anschließend den Tumor lokal behandeln zu
können (Kryo- oder Laserbehandlung, Brachytherapie).
Durch eine ca. 24 Stunden vor der Chemotherapie durchgeführte
Kältebehandlung der Netzhaut wird in ausgewählten Fällen bei bestehender,
begrenzter Glaskörperaussaat versucht, die Wirkstoffkonzentration der
Medikamente im Auge zu erhöhen.
Wird nach Enukleation eines an Retinoblastom erkrankten Auges
histologisch ein großflächiger Einbruch in die Aderhaut oder eine Infiltration
des Sehnervs jenseits des Auges nachgewiesen, ist ebenfalls eine
ergänzende (adjuvante) Chemotherapie angezeigt. Bei eingetretener
Metastasierung kann die Überlebensrate der Kinder durch eine
Chemotherapie gebessert werden.
7.4. Neue Chemotherapie-Protokolle
7.4.1. Intraarterielle Chemotherapie
Bei der intraarteriellen Chemotherapie wird ein chemotherapeutisches
Medikament (in der Regel Melphalan) über einen über die Arterie eines Beines
bis nahe an die Augenhöhle vorgeschobenen Katheter direkt in das
Blutgefäßsystem des Auges gegeben. Dies hat den entscheidenden Vorteil,
dass Chemotherapeutika nicht im ganzen Körper wirken und lokal eine hohe
Konzentration erreicht wird, erfordert aber einen hohen apparativen Aufwand
und hat spezifische Risiken, die wesentlich durch die Katheterisierung von
wichtigen Blutgefäßen bei in der Regel kleinen Kindern bedingt sind. Diese
Methode wird schon seit mehr als 20 Jahren in Japan durchgeführt und hat
durch das Engagement der New Yorker Arbeitsgruppe in der letzten Zeit
weltweite Aufmerksamkeit erlangt. Der Stellenwert der Methode ist noch
unklar. Gesichert ist, dass in einzelnen Fällen Tumorkontrollen erreicht
werden, die mit anderen Methoden nicht erreicht werden können.
Offensichtlich bestehen aber auch spezifische Risiken durch die Punktion der
Arterie; häufig lässt die anatomische Situation aber auch keine gezielte
Platzierung des Katheters zu. Im Einzelfall muss über den Einsatz dieser
Methode unter Würdigung aller anderen Alternativen entschieden werden.
7.4.2. Intravitreale Chemotherapie
Die intravitreale Chemotherapie (Eingabe von Medikamenten in den
Glaskörper) galt lange Zeit nicht als mögliche Option, da die Eröffnung eines
Auges mit einem Retinoblastom als zu gefährlich galt und möglicherweise ein
Wachstum des Retinoblastoms außerhalb des Auges zur Folge haben könnte.
Neuere Studien haben gezeigt, dass dieses Risiko unter Berücksichtigung
einer Vielzahl von Vorsichtsmaßnahmen sehr gering ist und eine solche
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direkte Eingabe eines Chemotherapeutikums in das Auge Komplikationen
ersparen kann, wie sie z.B. bei der intraarteriellen Chemotherapie auftreten
können. Das verwendete Medikament ist in der Regel Melphalan, ähnlich wie
bei der intraarteriellen Chemotherapie. Auch mit dieser Methode können
Augen behandelt werden, die mit anderen Methoden wie oben beschrieben
nicht oder nicht mehr behandelt werden können. Dies gilt insbesondere für
Augen mit einem erneuten Tumorwachstum nach Ausschöpfung aller
konventionellen Behandlungsmethoden. Auch bei dieser Methode muss im
Einzelfall entschieden werden, ob eine Anwendung möglich ist, da weltweit
erst begrenzte Erfahrungen bestehen.
7.5. Perkutane Strahlentherapie
Sie erlaubt in bis zu 80% der Fälle eine vollständige Tumorkontrolle unter
Erhalt des Auges und eines brauchbaren Sehvermögens durch eine
Bestrahlung im seitlichen Feld mit Aussparung der Linse. Das Auge wird
während der Bestrahlung durch eine Vakuumkontaktlinse in einer festen
Position gehalten. Die Gesamtstrahlendosis wird in 25 Sitzungen appliziert.
Die Behandlung verläuft somit über 5 Wochen fünfmal wöchentlich und kann
bei den kleinen Kindern nur in Narkose durchgeführt werden. Die
Fraktionierung hilft, die strahlenbedingten Nebenwirkungen zu reduzieren.
Moderne Strahlenquellen mit genau ausrichtbarem Strahlengang vermeiden
die Bestrahlung der vorderen Augenabschnitte. Da das Retinoblastom
strahlensensibel ist, wird es durch die Behandlung in inaktives Narbengewebe
umgewandelt.
Als Komplikation können strahlenbedingte Schäden der Netzhaut und des
Sehnervs, ein vermindertes Knochenwachstum im Bestrahlungsfeld und die
Entwicklung einer Linsentrübung sowie eine Schädigung der Tränendrüse mit
nachfolgend Problemen eines trockenen Auges auftreten. Die perkutane
Bestrahlung war bis vor wenigen Jahren die Standardtherapie
fortgeschrittener beidseitiger Retinoblastome und führte zu einer enormen
Steigerung der Heilungsrate. Allerdings haben Langzeituntersuchungen
gezeigt, dass ein Drittel der auf diese Weise behandelten Patienten bis zum
30. Lebensjahr an einem bösartigen Zweittumor im Bestrahlungsfeld
erkranken. Daher hat diese Therapie ihren Stellenwert verloren, und es wird
nach Alternativen gesucht. Die perkutane Strahlentherapie kommt deshalb als
Therapiemöglichkeit nur in Frage, wenn alle anderen Therapiemöglichkeiten
ausgeschöpft sind und noch ein nützliches Sehvermögen des betroffenen
Auges zu erwarten ist.
8. Therapiekontrolle und Prognose
Wenn der erste Behandlungszyklus des Retinoblastoms beendet ist,
müssen beide Augen bzw. die Augenhöhle regelmäßig kontrolliert werden, um
neue Tumoren und ein erneutes Tumorwachstum (Rezidiv) frühzeitig zu
erkennen. Der Abstand zwischen den Untersuchungen hängt sowohl vom
Alter des Kindes als auch der gewählten Therapieform sowie dem genetischen
Befund ab. In den ersten beiden Lebensjahren können relativ kurze Abstände
erforderlich sein, da dann das Risiko für neue Tumoren am höchsten ist.
Unmittelbar nach einer Therapie sollten etwa alle 4 Wochen
Narkoseuntersuchungen durchgeführt werden, so dass mögliche neue
Tumoren früh erkannt und lokal behandelt werden können. Zusätzlich sollten
ambulante Nachsorgetermine in der Kinderklinik stattfinden, wobei die
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Untersuchungsabstände im Einzelfall abgestimmt werden müssen.
Ist ein Kind Merkmalträger und hat die Veranlagung zur Entwicklung eines
Retionoblastoms geerbt, sind erste Tumorherde oft schon bald nach der
Geburt erkennbar. Mit engmaschigen augenärztlichen Kontrollen sollte so früh
wie möglich begonnen werden, d. h. unmittelbar nach der Geburt.
Bis zum 4./5. Lebensjahr müssen die Untersuchungen in Narkose
durchgeführt werden, um auch die peripheren, kritischen Areale der Netzhaut
sicher einsehen zu können. Mit 5 Jahren ist meistens eine zuverlässige
Untersuchung ohne Narkose möglich. Im Zweifelsfall, insbesondere bei einer
massiven Abwehr des Kindes, sollte jedoch immer eine Narkoseuntersuchung
durchgeführt werden.
Aufgrund der deutlichen Fortschritte in der Therapie werden heute 5Jahresüberlebensraten von mehr als 95 % für ein- und beidseitige
Retinoblastome in Ländern mit einem entwickelten Gesundheitssystem
erreicht. Kinder mit unilateralem Retinoblastom haben ein gesundes Auge
ohne Beeinträchtigung des Sehvermögens und können ein ganz normales
Leben führen. Auch bei der Mehrzahl der Kinder mit bilateralem Retinoblastom
bleibt mindestens ein Auge mit ausreichender Funktion erhalten. Die
Langzeitprognose bei Patienten mit erblichem Retinoblastom wird wesentlich
durch ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung vom Tumoren außerhalb des
Auges (Zweittumoren) beeinflusst. Die häufigsten Zweittumoren sind bösartige
Knochentumoren und Weichteiltumoren. Dies muss bei der Therapieplanung
berücksichtigt werden. Nach einer perkutanen Strahlentherapie ist eine
erhöhte Rate von Zweittumoren im Bestrahlungsfeld gesichert. Ob es auch
nach einer Chemotherapie zu einem vermehrten Auftreten von Zweittumoren
kommt, ist derzeit noch nicht bekannt.
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9. Kontaktadressen
Universitätsklinikum Essen
Tumorsprechstunde des Zentrums für Augenheilkunde
Herr Prof. Bornfeld, Frau Dr. Biewald, Frau Dr. Metz, Frau Dr. Deike
Frau Augusto (Sekretärin)
Hufelandstraße 55
45122 Essen
Telefon.: 0201-723-2969
Telefax: 0201 723
E-Mail: [email protected]
Kinderstation (Station A1)
Telefon: 0201 723 2271
Klinik für pädiatrische Onkologie
Frau Prof. Fleischhack, Frau Dr. Temming
Telefon: 0201 2768
Station K3: 0201-723-2255
Institut für Humangenetik
Herr Prof. Lohmann
Telefon: 0201 723 4560
Klinik für Strahlentherapie
Herr Prof. Sauerwein
Telefon: 0201 723 2051
Elternhaus, Selbsthilfegruppen
Essener Elterninitiative zur Unterstützung krebskranker Kinder e.V.
Kaulbachstr. 8-10
45147 Essen
Telefon: 0201 878570
Telefax: 0201 /87857155
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.krebskranke-kinder-essen.de/Startseite/37_de_Startseite.html
Kinder-Augenkrebs-Stiftung (KAKS)
Adenauerallee 13
53113 Bonn
Telefon. 0228 688460
Telefax 0228 6884644
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.kinderaugenkrebsstiftung.de/
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