kleine Projekte

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Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.2.1
Kleine Projekte (1)
► der überwiegende Teil öffentlicher Projekte ist von so geringer gesamtwirtschaftlicher Bedeutung, dass sie
auf die geltenden Marktpreise keinen Einfluss haben = kleine Projekte
►
die NKA muss daher nicht auf Preisänderungen Rücksicht nehmen; in das Bewertungskalkül gehen
lediglich Mengenänderungen ein
► weiterer Vorteil bei kleinen Projekten: das Problem der Pfadabhängigkeit spielt keine Rolle
► Als Verfahren zur Bewertung von Wohlfahrtswirkungen kleiner Projekte bietet sich demzufolge das
Konzept der Zahlungsbereitschaft an
► In den Änderungen der maximalen Zahlungsbereitschaften erhalten wir einen Wohlfahrtsindikator, mit dem
sich sowohl die positiven wie auch die negativen Mengenwirkungen kleiner öffentlicher Projekte bewerten
lassen
●
einesteils: Wert derjenigen Gütermengen, die zusätzlich bereitgestellt werden
●
andernteils: Rückgänge im Output, die projektbedingt durch den Abzug von Ressourcen aus anderen
Bereichen der Volkswirtschaft entstehen (Opportunitätskosten)
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.2.2
Kleine Projekte (2)
► in der Praxis der Bewertung bereitet es regelmäßig Schwierigkeiten, die negativen Outputwirkungen eines
Projekts direkt zu erfassen
► Ausweg: indirekte Bewertung, indem aus dem Wert der in einem Projekt eingesetzten Produktionsfaktoren
auf den Wert des dadurch auf anderen Märkten verdrängten Outputs zu schließen
► der Wert des verdrängten Outputs lässt sich dabei als Summe der mit ihrem jeweiligen Wertgrenzprodukt
bewerteten Änderungen der Inputmengen angeben
► bei Gewinnmaximierung: Wertgrenzprodukt eines Faktors entspricht seinem Preis (Lohn, Zinssatz, etc.)
► Die Wohlfahrtwirkungen, die durch ein kleines öffentliches Projekt entstehen (Nettonutzen bzw. -kosten)
setzen sich demnach zusammen aus
●
der mit ihrem Preis bewerteten Mengenänderung im Output der durch das Projekt erzeugten Güter
(volkswirtschaftlicher Nutzen) sowie
●
der (negativen) Summe der mit ihrem jeweiligen Faktorpreisen multiplizierten Inputmengen, die zugunsten
des Projekts aus anderen Verwendungen abgezogen werden (Opportunitätskosten)
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.2.3
Unvollkommene Märkte: Schattenpreise
► Wenn eine oder mehrere der obigen Annahmen (vollständige Konkurrenz, keine steigenden Skalenerträge,
keine externen Effekte, etc.) nicht erfüllt sind, stellen die auf den Märkten zu beobachtenden Preise unter
Umständen keinen geeigneten Bewertungsschlüssel für die Evaluation öffentlicher Projekte dar
 ggf. Preiskorrekturen
► für manche Güter existieren sogar gar keine beobachtbaren Preise  künstliche Verrechnungspreise
► korrigierte Preise sowie künstliche Verrechnungspreise = Schattenpreise
► für die Bewertung von Projektwirkungen mit Hilfe von Schattenpreisen müssen generell 2 Prinzipien der
NKA berücksichtigt werden:
●
Prinzip der Konsumentensouveränität, d.h. bei der Bewertung von Projektwirkungen kommt es letztendlich
darauf an, welchen Wert die Konsumenten diesen Wirkungen zuweisen
●
Mit-und-ohne-Prinzip, d.h. die relevante Vergleichsbasis für ein öffentliches Projekt ist die
Marktsituation, die ohne das öffentliche Projekt vorzufinden ist – und nicht der idealtypische Zustand
der vollkommenen Konkurrenz
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.2.4
Unvollkommener Wettbewerb auf Märkten für Inputfaktoren
► Annahme (3) nicht erfüllt, d.h. auch Märkte werden von dem öffentlichen Projekt beeinflusst, die nicht dem
Idealtypus der vollkommenen Konkurrenz entsprechen
► Bewertungsprobleme bei Verwendung vorgegebener Marktpreise ergeben sich vor allem dann, wenn man
versucht, die Opportunitätskosten des öffentlichen Projekts zu ermitteln
► Fall 1) unvollständige Konkurrenz, z.B. Angebotsmonopol, auf Märkten für Inputfaktoren, Märkte für
Konsumgüter weiterhin vollständige Konkurrenz
► das öffentliche Projekt ziehe Inputfaktoren aus anderen Konsumgütersektoren ab und reduziere damit
indirekt die für Konsumzwecke verfügbaren Gütermengen
► auch bei gewinnmaximierenden Unternehmen, die monopolistisch angebotene Inputfaktoren im
Produktionsprozess einsetzen, entsprechen die Preise der Inputfaktoren stets ihrem jeweiligen
Wertgrenzprodukt – und damit den Opportunitätskosten
► Die Opportunitätskosten des öffentlichen Projekts werden durch die tatsächlichen Marktpreise der
Inputfaktoren erfasst – man muss nicht auf Schattenpreise zurückgreifen
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.2.5
Unvollkommener Wettbewerb auf Märkten für Konsumgüter
► Fall 2) unvollständige Konkurrenz, z.B. Angebotsmonopol, auf Märkten für die indirekt verdrängten
Konsumgüter
► ein gewinnmaximierender Monopolist (GE = GK) produziert eine geringere Menge, die er zu einem
höheren Preis anbietet
► zur Produktion der im Vergleich zur vollkommenen Konkurrenz geringeren Menge ist auch eine
vergleichsweise geringere Inputmenge erforderlich, so dass (bei nichtsteigenden Skalenerträgen) die
Grenzproduktivität der eingesetzten Faktoren mindestens so hoch ist wie bei der Produktionsmenge unter
vollständiger Konkurrenz
► der Güterpreis ist im Monopolfall höher als im Fall vollkommener Konkurrenz
►
das Wertgrenzprodukt eines Faktors ist daher höher als der Faktorpreis
► somit ist der Wert des verdrängten Outputs (nach Prinzip der Konsumentensouveränität = korrekte
Opportunitätskosten) größer als der Inputpreis für den entsprechenden Produktionsfaktor
► um Opportunitätskosten über die Faktorpreise zu ermitteln, müssen die Marktpreise für Inputfaktoren so
mit entsprechenden Aufschlägen versehen werden, dass sich als Schattenpreis das Wertgrenzprodukt ergibt
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.2.6
Schattenpreisbestimmung: Übersicht
Gütermärkte
vollkommen
unvollkommen
Faktormärkte
vollkommen
keine Korrektur der
Faktorpreise
Zuschlag zu den
Faktorpreisen
unvollkommen
keine Korrektur der
Faktorpreise
Zuschlag zu den
Faktorpreisen
► für die Ermittlung der Opportunitätskosten eines öffentlichen Projekts über die Preise der Inputfaktoren ist
eine Schattenpreisbildung nur dann notwendig, wenn die Märkte für die (indirekt) verdrängten
Konsumgüter unvollkommen sind; die Marktsituation auf den Faktormärkten hingegen ist irrelevant
► M.a.W.: Stimmen bei Inputfaktoren der Wert in der Entstehung (= Faktorpreis) und der Wert in der
Verwendung (= Wertgrenzprodukt) nicht überein, so ermitteln sich die Opportunitätskosten korrekt mit
Hilfe letzterer Größe
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.2.7
Steigende Skalenerträge
► Annahme (5) nicht erfüllt, d.h. Inputfaktoren werden durch das öffentliche Projekt aus einem
Konsumgütersektor abgezogen, dessen Produktionstechnologie steigende Skalenerträge aufweist
► 1. Möglichkeit: privates Monopol
 Monopolist verkauft Menge XMi zum Preis pMi
 der Marktpreis für Inputfaktoren muss mit einem Aufschlag versehen werden, damit sich der
Schattenpreis ergibt, der die Opportunitätskosten korrekt widergibt
► 2. Möglichkeit: staatliche Intervention in Gestalt einer Subventionierung der Produktion des Gutes
Wenn es hierdurch gelingt, auf dem Markt vollkommene Konkurrenz zu erhalten, wird die Menge X*i zum
Preis p*i abgesetzt
 eine Schattenpreisbildung ist nicht erforderlich (keine Preiskorrektur)
► 3. Möglichkeit: staatliche Produktion des Gutes und Verkauf nach z.B. Durchschnittskostenpreisregel
 Menge XDi zum Preis pDi  Wertgrenzprodukt eines Faktors liegt über seinem Preis
 der Marktpreis für Inputfaktoren muss mit einem Aufschlag (i.d.R. geringer als im Fall des privaten
Monopols) versehen werden, damit sich der korrekte Schattenpreis ergibt
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.1.8
Steigende Skalenerträge: Graphische Analyse
pi
Nachfrage
pMi
C
D
pDi
pi
B
p*i
XMi
GE
XDi
E
C
X*i
DK
GK
Xi
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.2.9
Steuern und Subventionen
► In entwickelten Volkswirtschaften findet keine Güterproduktion statt, die der Staat nicht durch eine
entsprechende Besteuerung belastet oder durch die Gewährung von Transfers kostenmäßig entlastet
► Hierdurch kommt es zu Preisverschiebungen auf den Güter- und Faktormärkten
► Diese machen wiederum Korrekturen über entsprechende Schattenpreise notwendig
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.1.10
Besteuerung von Unternehmungen: Graphische Analyse
pi
A = GK + t
A = GK
N
pSi
t
p*i
XSi
X*i
Xi
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.2.11
Besteuerung von Unternehmungen
► vollständige Konkurrenz; Staat erhebt pro Mengeneinheit eines Gutes einen Steuersatz in Höhe von t
► das öffentliche Projekt ziehe Inputfaktoren aus dem betrachteten Konsumgütersektor ab  Höhe der
Opportunitätskosten?
► Die Unternehmungen erhalten den Produzentenpreis q, der geringer ist als der Marktpreis pS
► bei vollkommener Konkurrenz entspricht der Preis eines Produktionsfaktors am Markt seinem
Wertgrenzprodukt, das aber zum Produzentenpreis (und nicht zum Marktpreis) des Gutes bewertet wird
 die am Markt vorgefundenen Faktorpreise müssen über einen entsprechenden Aufschlag korrigiert werden,
damit sie die Opportunitätskosten (= Wert der verwendeten Inputfaktoren) korrekt widergeben
► Sofern der Staat Subventionen vergibt, die sich an der produzierten Menge orientieren, ergeben sich
hinsichtlich der Schattenpreise analoge, aber im Vorzeichen entgegengesetzte Folgerungen
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.2.12
Zusatzlast der Besteuerung
► Mit der Erhebung von Steuern sind weitere Wirkungen verbunden, die für die Erfassung der
Opportunitätskosten eines öffentlichen Projekts von Bedeutung sind: Zusatzlast der Besteuerung („excess
burden“)
► Staat besteuere zum Zweck der Finanzierung eines öffentlichen Projektes ein Konsumgut mit einem
Steuersatz in Höhe von t pro abgesetzter Mengeneinheit (s. Graphik)
► Der Verlust an Konsumentenrente übersteigt die Steuerzahlungen des Haushalts um die Fläche BCD
= Zusatzlast der Besteuerung
► quantitative Größenordnung der Zusatzlast empirisch umstritten (zwischen 1 und 55 Cents pro zusätzlichem
Euro Steueraufkommen)
► Daraus folgt, dass die Nominalkosten eines öffentlichen Projekts mit einem Aufschlag zu versehen sind,
dessen Höhe sich nach dem Umfang der Zusatzlast bemisst; erst dann werden die volkswirtschaftlichen
Opportunitätskosten korrekt erfasst
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.1.13
Zusatzlast der Besteuerung: Graphische Analyse
pi
E
pSi
p*i
A = GK + t
D
B
XSi
C
X*i
A = GK
Xi
Univ.-Prof. Dr. Stefan D. Josten
Bewertung öffentlicher Projekte B.2.14
Würdigung der Preiskorrekturen
► Schattenpreise, die über Korrekturen an den tatsächlich zu beobachtenden Marktpreisen zustande kommen,
beinhalten i.d.R. ein mehr oder weniger hohes Maß an Willkür
► Viele Nutzen-Kosten-Analytiker plädieren daher dafür, dass Marktpreise, sofern sie vorhanden sind,
unkorrigiert in eine Projektbeurteilung einfließen sollten
►
Ein weiterer Grund für diese Position findet sich in dem riesigen Informationsbedarf, der aufträte, sobald
man auf die Produktions- und Kostenfunktionen von Unternehmen zurückgreifen müsste, um in korrigierter
Form die Bewertung von Projektwirkungen durchzuführen
► Um andererseits einer systematischen Unterschätzung der Kosten öffentlicher Projekte vorzubeugen, bietet
es sich unter pragmatischen Gesichtspunkten an, diese pauschal mit einem Aufschlag zu versehen; dieser
könnte z.B. bei etwa 20% der Nominalkosten liegen
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