Präsentation Marc Schmid - Baden

Werbung
Überlegungen zur praktischen
Umsetzung traumapädagogischer
Ansätze in Frauenhäusern
Baden-Württemberg Stiftung:
Kinder in Frauenhäusern – Wege zur Verbesserung der
Versorgungssituation und der interdisziplinären
Unterstützung
Marc Schmid, Berlin, 10.03.2015
Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik Basel
Einleitung
„Was man mit Gewalt gewinnt,
kann man nur mit Gewalt behalten.“
Mahatma Gandhi
http://www.optikerschuetz.de
/images/blog/ghandi.jpg
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 2
Gliederung
1.
Einige Zahlen und Fakten zur häuslichen Gewalt
2.
Kinder im Rahmen von häuslicher Gewalt
3.
Transgenerationale Weitergabe -„Dating Violence“ und häusliche
Gewalt
4.
Psychische und soziale Folgen bei Kindern, die häusliche Gewalt
erlebten
5.
Was bedeutet „Traumapädagogik“?
6.
Überlegung zur Anwendung von traumapädagogischen
Konzepten in Frauenhäusern
7.
Schlussfolgerungen und Diskussion
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 3
Einleitung
Einige Fakten zur häuslichen Gewalt
› Bei epidemiologische Fragenbogen-Untersuchungen im
Selbsturteil berichten 11% der Frauen (Schöttle & Müller, 2004)
und 21% der Kinder (Wetzel et al., 1997) von Gewalt in ihren
Familien.
› Hochgerechnet sind 75‘000 Schweizer Frauen und 1,2 Millionen
deutscher Frauen körperlicher Gewalt oder deren Androhung
ausgesetzt (Wetzel & Pfeiffer, 1995).
› 7,6% der betroffenen Frauen geben in epidemiologischen
Umfragen an, dass sie schon einmal in ein Frauenhaus geflohen
sind (Schröttle & Müller, 2004).
› Dies entspricht in etwa den 50‘000 aufgenommenen Frauen aus
den Belegungsstatistiken der deutschen Frauenhäuser (Heynen,
2003).
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 4
Einige Zahlen und Fakten
Kinder und häusliche Gewalt
› Häusliche Gewalt kommt bei jüngeren Paaren mit kleinen
Kindern relativ zur Gesamtbevölkerung besonders häufig vor
(Fanuzzo et al., 1997).
› Kinder erleben je nach Studie in 75-90% der Fälle die
körperliche Gewalt zwischen den Eltern mit (Girzone, 2004;
Schröttle-Müller, 2004) .
› 18% der Kinder in Frauenhäusern erlebten auch sexuelle Gewalt
(Chambell & Alford, 1998).
› Eine Studie an 1‘000 misshandelten Frauen zeigte, dass deren
Kinder in 70% der Fälle ebenfalls vom Täter verprügelt wurden
(Bowker et al., 1988).
› 2/3 der betroffenen Frauen in Frauenhäusern sprechen über das
Erlebte nicht mit ihren Kindern und vermeiden das Thema aktiv
(Gomolla, 2009).
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 5
Kinder als Beteiligte von häuslicher Gewalt
Untersuchung von Schröttle & Müller (2004)
Häusliche Gewalt - Einbezug der Kinder
N = 458
Häufigkeit in %
Haben die Situation angehört
277
57,1%
Haben die Situation gesehen
242
50,0%
Gerieten in die Auseinandersetzung hinein
100
20,6%
Haben versucht, die Mutter zu verteidigen
121
25,0%
Haben versucht, Partner zu verteidigen
10
2,0%
Wurden selbst körperlich angegriffen
48
9,8%
Haben nichts mitbekommen
111
23,0%
Weiss nicht, ob die Kinder etwas
mitbekommen haben
54
11,1%
Keine Angabe
2
0,4%
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 6
Welche Auswirkungen kann das Erleben von
häuslicher Gewalt haben?
Metaanalyse von 118 Studien (Kitzmann et al., 2003)
› Internalisierende Probleme
d = -.50
› Externalisierende Probleme
d = -.43
› Andere psychische Probleme
d = -.35
› Soziale Probleme (inkl. Delinquenz)
d = -.38
› Schulische/Akademische Probleme
d = -.52
Journal of Consulting and Clinical Psychology
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 7
Welche Auswirkungen kann die Wahrnehmung von
häuslicher Gewalt haben?
› Wahrnehmung der Gewalt zwischen Eltern verstärkt die
negativen Auswirkungen von anderen Belastungsfaktoren.
› Untersuchung von Pelkowitz (2000): “Psychiatric disorders in
adolescents exposed to domestic violence and physical abuse “.
› Vergleich von
- 57 Jungen mit Misshandlung und elterlicher Gewalt
- 32 Jungen mit Misshandlung ohne elterliche Gewalt
- 96 Jungen ohne Misshandlung
› Jungen der 1. Gruppe hatten im Vergleich zur 2. Gruppe ein
noch höheres Risiko für
- Depressionen, Ängste, Oppositionelles Trotzverhalten.
› Den Kindern fehlt ein sicherer Ort!
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 8
Gliederung
1.
Einige Zahlen und Fakten zur häuslichen Gewalt
2.
Kinder im Rahmen von häuslicher Gewalt
3.
Transgenerationale Weitergabe -„Dating Violence“ und häusliche
Gewalt
4.
Psychische und soziale Folgen bei Kindern, die häusliche Gewalt
erlebten
5.
Was bedeutet „Traumapädagogik“?
6.
Überlegung zur Anwendung von traumapädagogischen
Konzepten in Frauenhäusern
7.
Schlussfolgerungen und Diskussion
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 9
Häusliche Gewalt und Dating Violence
Gewalt in eigenen Paarbeziehungen
› Erlebte häusliche Gewalt in Kombination mit eigenen
Gewalterfahrungen erhöht bei Jungen das Risiko für die Anwendung
von emotionaler und körperlicher Gewalt bei den ersten
Liebesbeziehungen (Dating Violence) deutlich (Wolfe et al., 2001).
› Junge Frauen mit einem Hintergrund von Gewalterfahrungen im
Elternhaus durchleben während den ersten Beziehungen zu jungen
Männer hingegen noch häufiger als andere Mädchen, dass ihre
Grenzen überschritten werden (O‘Keefe et al., 1997).
› Frauen, die als Kind Gewalt in ihren Familien erlebt haben, haben ein
5 Mal höheres Risiko in Armut zu leben und ein 4-10 Mal erhöhtes
Risiko für eine Beziehung zu einem gewaltigen Partner (Bensley et al.,
2003). Das Risiko erhöht sich dabei, je jünger die Frauen beim
Zusammenziehen sind und je ausgeprägter die eigene Misshandlung in
der Kindheit war.
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 10
Transgenerationale Weitergabe
„Gewalt ist die letzte Zuflucht des Unfähigen.“
Issac Asimov
Wichtige Fertigkeiten konnten nicht
erlernt werden!
Keine Modelle für:
1. Gemeinsame Konfliktlösung
2. Adäquaten Emotionsausdruck
3. Adäquate Selbstbehauptung
4. Selbstwirksamkeit in Beziehungen, Bedürfnisse negiert
5. Umgang mit Schwäche, Frustration
6. …………
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 11
Häusliche Gewalt und Trauma
Komplexe Traumafolgestörungen
„Post traumatic stress disorder is a poem
with many verses.“
Helen White
(US-Schriftstellerin, die über ihre Erfahrungen als
Krankenschwester im Vietnamkrieg berichtete)
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 12
Was ist ein Trauma?
Traumatisches Lebensereignis
Extreme physiologische
Erregung
Flucht
Freeze
Fight
Traumasymptome
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 13
Bei einer Traumatisierung laufen parallel zwei
unterschiedliche physiologische Prozesse ab
Übererregungs-Kontinuum
Dissoziatives-Kontinuum
Fight oder Flight
› Alarmzustand Wachsamkeit
› Angst/Schrecken
› Adrenalin System wird aktiviert –
Erregung
› Serotonerges System verändert
sich – Impulsivität, Affektivität,
Aggressivität
Freeze – ohnmächtige / passive
Reaktion
› Gefühlslosigkeit / Nachgiebigkeit
› Dissoziation
› Opioid System wird aktiviert
Euphorie, Betäubung
› Veränderung der Sinnes-, Körperwahrnehmung (Ort, Zeit etc.)
Physiologisch
› Blutdruck  (Pulsrate )
› Atmung 
› Muskeltonus 
› Schmerzwahrnehmung 
Physiologisch
› Pulsrate  Blutdruck
› Atmung 
› Muskeltonus 
› Schmerzwahrnehmung 
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 14
Welche Erfahrungen mit Regeln bestehen?
Was passiert bei einer Regelübertretung?
Großhirn: bewusste
intellektuelle Verarbeitung
und Einordnung in
biographischen Kontext
Blockiert
Reiz
Pädagogische Intervention
Reiz /Verhalten
wird als potentiell
gefährlich
betrachtet
Reptiliengehirn
Automatismen: Kampf,
Flucht, Erstarrung (Freeze)
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 15
Biologische Faktoren
Genetik, prä- und perinatale
Risikofaktoren
Soziale
Wahrnehmung
weniger
soziale
Kompetenzen
PTSD:
Hyperarousal,
Intrusionen,
Vermeidung
Störungen
der
Empathiefähigkeit
Mentalisierung
Bindungsstörung
Störungen
der Interaktion
Störung der
Impulskontrolle
Selbstregulation
Stresstoleranz
Invalidierende,
vernachlässigende
Umgebung
Typ-II-Traumata
Selbstwert, Gefühl d.
Selbstunwirksamkeit
kognitive Schemata
Dissoziationsneigung/
Sinneswahrnehmung
Schmid (2008).
Störung der
Emotionsregulation
Störungen des
Körperselbst
Körperwahrnehmung
Somatisierung
Störung der
exekutiven,
kognitiven
Funktionen
| 16
Biologische Faktoren
Genetik, prä- und perinatale
Risikofaktoren
Soziale
Wahrnehmung
weniger
soziale
Kompetenzen
PTSD:
Hyperarousal,
Intrusionen,
Vermeidung
Störungen
der
Empathiefähigkeit
Mentalisierung
Bindungsstörung
Störungen
der Interaktion
Störung der
Impulskontrolle
Selbstregulation
Stresstoleranz
Invalidierende,
vernachlässigende
Umgebung
Typ-II-Traumata
Selbstwert, Gefühl d.
Selbstunwirksamkeit
kognitive Schemata
Dissoziationsneigung/
Sinneswahrnehmung
Schmid (2008).
Störung der
Emotionsregulation
Störungen des
Körperselbst
Körperwahrnehmung
Somatisierung
Störung der
exekutiven,
kognitiven
Funktionen
| 17
Biologische Faktoren
Genetik, prä- und perinatale
Risikofaktoren
Soziale
Wahrnehmung
weniger
soziale
Kompetenzen
PTSD:
Hyperarousal,
Intrusionen,
Vermeidung
Störungen
der
Empathiefähigkeit
Mentalisierung
Bindungsstörung
Störungen
der Interaktion
Störung der
Impulskontrolle
Selbstregulation
Stresstoleranz
Invalidierende,
vernachlässigende
Umgebung
Typ-II-Traumata
Selbstwert, Gefühl d.
Selbstunwirksamkeit
kognitive Schemata
Dissoziationsneigung/
Sinneswahrnehmung
Schmid (2008).
Störung der
Emotionsregulation
Störungen des
Körperselbst
Körperwahrnehmung
Somatisierung
Störung der
exekutiven,
kognitiven
Funktionen
| 18
Biologische/genetische Disposition zu heftigen Gefühlen
Negative Lerngeschichte mit Emotionen
Schwierigkeiten im
Umgang und bei
der Wahrnehmung
mit Emotionen,
„Angst“ vor Gefühlen
Bei niederem Erregungsniveau
viele Verhaltensalternativen
Gefühle werden
bedrohlich
unangenehm erlebt
und
nicht wahrgenommen oder
unterdrückt
In-Albon & Schmid, 2011
Schmid, 2013
Emotion wird als
Überforderung erlebt:
Gefühl der Leere, Taubheit
Selbstverletzung, Aggression,
Substanzkonsum, Suizidversuch
Fazit: Normale emotionale
Reaktionen im Alltag sollten
bemerkt und für eine gute
Beziehungsgestaltung nutzbar
gemacht werden!
Verhaltensmöglichkeiten
sind scheinbar blockiert
Bei höchstem
Erregungsniveau Anspannungsniveau wird
werden automatisierte
unerträglich
Lösungsmechanismen
eingesetzt
Die Signale die Gefühle für die
Verhaltenssteuerung
geben werden nicht bemerkt und
Verhalten wird nicht danach
ausgerichtet
Situation bleibt ungeklärt
Gefühle werden stärker
unangenehm belastende
Anspannungsgefühle Je höher Erregungsniveau desto
treten auf
weniger Verhaltensalternativen
andere Personen reagieren
dann oft ebenfalls emotionaler
Emotionsregulation
„Jeder kann wütend werden, das ist einfach.
Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im
richtigen Mass, zur richtigen Zeit, zum
richtigen Zweck und auf die richtige Art,
das ist schwer.“
Aristoteles
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 20
Biologische Faktoren
Genetik, prä- und perinatale
Risikofaktoren
Soziale
Wahrnehmung
weniger
soziale
Kompetenzen
PTSD:
Hyperarousal,
Intrusionen,
Vermeidung
Störungen
der
Empathiefähigkeit
Mentalisierung
Bindungsstörung
Störungen
der Interaktion
Störung der
Impulskontrolle
Selbstregulation
Stresstoleranz
Invalidierende,
vernachlässigende
Umgebung
Typ-II-Traumata
Selbstwert, Gefühl d.
Selbstunwirksamkeit
kognitive Schemata
Dissoziationsneigung/
Sinneswahrnehmung
Schmid (2008).
Störung der
Emotionsregulation
Störungen des
Körperselbst
Körperwahrnehmung
Somatisierung
Störung der
exekutiven,
kognitiven
Funktionen
| 21
Dissoziation und Trauma
› 10% der Traumatisierten entwickeln sofort eine
chronische Dissoziationsneigung (Overkamp, 2002).
› 50% bei sequentieller Traumatisierung (Murie et al.,
2001).
› Dissoziierende Erwachsene sprechen von
stärkeren/häufigeren Kindheitstraumata (Nash et al.,
2009)
› Extreme, emotional negativ aufgeladene
Familienatmosphäre scheint das Ausmass der
Dissoziationsneigung wesentlich zu beeinflussen
(Sanders & Giolas, 1991; DiTomasso & Routh, 1993).
Cartoon Renate Alf: http://www.zimannheim.de/psm_links.html
› Zusammenhang wird auch von anderen Faktoren
moderiert (Merckelbach & Muris, 2001).
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 22
Folgen von Dissoziation
Verlust der Selbst- und Fremdwahrnehmung
› Verhindert das Erlernen von sozio-emotionalen
Kompetenzen.
› Zeitweiliger Verlust des Gefühls für Zeit und Raum führt zu
Missverständnissen (Konfabulieren v.s. Lügen).
› Dissoziation verhindert Partizipation
› Erhöht das Risiko für Reviktimisierungen
› Teufelskreis aus mangelnder Reaktion und heftiger
werdenden pädagogischen Interventionen.
10. März 2015
| 23
Biologische Faktoren
Genetik, prä- und perinatale
Risikofaktoren
Soziale
Wahrnehmung
weniger
soziale
Kompetenzen
PTSD:
Hyperarousal,
Intrusionen,
Vermeidung
Störungen
der
Empathiefähigkeit
Mentalisierung
Bindungsstörung
Störungen
der Interaktion
Störung der
Impulskontrolle
Selbstregulation
Stresstoleranz
Invalidierende,
vernachlässigende
Umgebung
Typ-II-Traumata
Selbstwert, Gefühl d.
Selbstunwirksamkeit
kognitive Schemata
Dissoziationsneigung/
Sinneswahrnehmung
Schmid (2008).
Störung der
Emotionsregulation
Störungen des
Körperselbst
Körperwahrnehmung
Somatisierung
Störung der
exekutiven,
kognitiven
Funktionen
| 24
Körperwahrnehmung und Trauma
› Traumatische Erfahrungen werden über körperliche MicroPraktiken im Körper gespeichert.
› Im Trauma „eingefrorene Energie“ verbleibt im Körper.
› Körperwahrnehmung als Auslöser für posttraumatisches Erleben.
› Schlechtere Körperwahrnehmung und Koordination.
› Eigenes Körperbild, weniger Körperpflege.
› Kaum Gefühl für Körpergrenzen – reduzierte
Schmerzwahrnehmung.
› Auffälliges Sexualverhalten (völlige Vermeidung, Promiskuität,
Schmerzen, Gefühle von Ekel).
› Trauma als Risikofaktor für viele somatische Erkrankungen.
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 25
Körperliche Symptome und Hochrisikoverhalten
bei Opfern von häuslicher Gewalt in der Kindheit
Bair-Merritt et al. (2006), Review Pediatrics
› Geringere Gewichtszunahme im Säuglings- und
Kleinkindalter
› Sehr viel geringerer Immunstatus
› Schlechterer Gesundheitszustand in standardisierten
medizinischen Testverfahren
› Mehr Arztbesuche, weniger Vorsorgeuntersuchungen
› Viel mehr Gebrauch und Missbrauch von psychotropen
Substanzen
› Häufiger mehr Sexualpartner, Geschlechtskrankheiten und
ungewünschte Schwangerschaften
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 26
Biologische Faktoren
Genetik, prä- und perinatale
Risikofaktoren
Soziale
Wahrnehmung
weniger
soziale
Kompetenzen
PTSD:
Hyperarousal,
Intrusionen,
Vermeidung
Störungen
der
Empathiefähigkeit
Mentalisierung
Bindungsstörung
Störungen
der Interaktion
Störung der
Impulskontrolle
Selbstregulation
Stresstoleranz
Invalidierende,
vernachlässigende
Umgebung
Typ-II-Traumata
Selbstwert, Gefühl d.
Selbstunwirksamkeit
kognitive Schemata
Dissoziationsneigung/
Sinneswahrnehmung
Schmid (2008).
Störung der
Emotionsregulation
Störungen des
Körperselbst
Körperwahrnehmung
Somatisierung
Störung der
exekutiven,
kognitiven
Funktionen
| 27
Biologische Faktoren
Genetik, prä- und perinatale
Risikofaktoren
Soziale
Wahrnehmung
weniger
soziale
Kompetenzen
PTSD:
Hyperarousal,
Intrusionen,
Vermeidung
Störungen
der
Empathiefähigkeit
Mentalisierung
Bindungsstörung
Störungen
der Interaktion
Störung der
Impulskontrolle
Selbstregulation
Stresstoleranz
Invalidierende,
vernachlässigende
Umgebung
Typ-II-Traumata
Selbstwert, Gefühl d.
Selbstunwirksamkeit
kognitive Schemata
Dissoziationsneigung/
Sinneswahrnehmung
Schmid (2008).
Störung der
Emotionsregulation
Störungen des
Körperselbst
Körperwahrnehmung
Somatisierung
Störung der
exekutiven,
kognitiven
Funktionen
| 28
| 29
Teufelskreis im Team
Narzissmusfalle
Lohmer, 2002
Mitarbeiter zieht sich zurück
oder reagiert über.
Auftreten der Symptomatik,
Entwertung des Mitarbeiters.
Mitarbeiter fühlt sich unwohl,
überfordert, emotional stark
involviert.
Jugendliche/r „testet“ Beziehung
aus, Reinszenierung von Abbrüchen,
Beziehungserfahrungen.
Narzissmusfalle
Jugendliche/r macht
„besonderes“
Beziehungsangebot.
Jugendliche/r fordert
Beziehung immer
stärker und intensiver
ein.
Hält diese intensive
Beziehungen kaum aus.
Mittlerer Abstand in der Beziehungsgestaltung
„Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen sollen.
Aber das Herz kann uns sagen, was wir tun müssen.“
Joseph Joubert
Emotionales
Engagement
Reflektierende/
professionelle
Distanz
Dammann, 2006; Schmid, 2007
| 31
Traumapädagogische Beziehungsgestaltung
http://images.easyart.com/i/prints/rw/lg/3/3/Maxi-Posters-Balance-is-the-key-to-life--Elephant-on-ball--331158.jpg
| 32
Pollak et al., 2003
……
| 33
| 34
| 35
| 36
| 37
| 38
| 39
| 40
Halt!
| 41
Ärger / Wut
| 42
Gute Balance
Wer diesen Job gut und
emotional engagiert machen
möchte, braucht
ausreichend persönliche,
soziale, institutionelle und
gesellschaftliche
Ressourcen!
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 43
Einführung in die Traumapädagogik
„Man ist dort zu Hause, wo man verstanden wird.“
Indianisches Sprichwort
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 44
Grundidee zur Analyse von Problemverhalten
Vom Du zum Wir – Überspitzt das klassische Modell
Erziehungsmassnahmen zur
Veränderung
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 45
Grundidee zur Analyse von Problemverhalten
Vom Du zum Wir – Überspitzt das klassische Modell
Kind muss sich verändern
Erziehungsmassnahmen zur
Veränderung
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 46
Grundidee zur Analyse von Problemverhalten
Vom Du zum Wir
Interaktion
pädagogische
Begegnung
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 47
Grundidee zur Analyse von Problemverhalten
Vom Du zum Wir
Die Beziehung- und Beziehungsfähigkeit soll sich
verbessern? Wie können wir gemeinsam unsere
Ziele erreichen?
Interaktion
pädagogische
Begegnung
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 48
Traumapädagogik: Korrigierende Beziehungserfahrung
Traumapädagogische Haltung
Traumatisierendes Umfeld
Traumapädagogisches Milieu
• Unberechenbarkeit
• Transparenz/Berechenbarkeit
• Einsamkeit
• Beziehungsangebote/Anwaltschaft
• Nicht gesehen/gehört werden
• Beachtet werden/wichtig sein
• Geringschätzung
• Wertschätzung (Besonderheit)
• Kritik und Entmutigung
• Lob und Ermutigung
• Bedürfnisse missachtet
• Bedürfnisorientierung
• Ausgeliefert sein – andere
bestimmen absolut über mich
• Mitbestimmen können –
Partizipation
• Leid
• Freude
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 49
Neue Beziehungserfahrungen führen zur
Veränderung
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 50
Traumapädagogische Praxis
Was ist für Frauenhäuser interessant?
1.
Konzept des Sicheren Ortes für Klienten, Kinder und
Mitarbeiter
2.
Narrative für den Aufenthalt für die Familie
3.
Psychoedukation für Kinder und Eltern
4.
Biographiearbeit – Repräsentation positiver Vateranteile
5.
Abuse clarification process – Briefe an die Kinder, an die Frau
6.
Resilienzstunden und traumapädagogische Förderung
7.
…….etc…………………..
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 51
Haltung
Sicherer Ort
Sicherer
Ort
=
Äussere
Sicherheit
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
+
Innere
Sicherheit
| 52
Traumapädagogik
Mitarbeiter als Teil des pädagogischen Konzeptes
•
Traumatisierte Kinder lösen bei professionellen Helfern intensivste
Gefühle aus – Phänomen der sekundären Traumatisierung.
•
Letztlich ist für die Frage, ob ein Kind nach einer Eskalation auf einer
Wohngruppe verbleiben und gehalten werden kann, nicht das
Problemverhalten entscheidend, sondern die Tragfähigkeit des Teams.
•
Nur „stabile, sichere Mitarbeiter“ können in Krisensituationen
stabilisieren und deeskalieren.
•
Mitarbeiter benötigen in Krisensituationen ähnliche innerpsychische
Fertigkeiten (natürlich auf viel höherem Niveau) wie die Kinder
(Emotionsregulation, Resilienzfaktoren).
•
Sowohl die Heranwachsenden als auch die Mitarbeiter brauchen
letztlich einen sicheren Ort, an dem sie sich selbstwirksam erleben.
| 53
Schmid, 2010
Leitung
Institutionelle
Versorgungskette
„Versorger„
„Fachdienst“
„Gruppenpädagogen“
Kind
Externe Hilfen: Kollegiale Intervision/ Supervision/ Coaching/ Verband
Institutionelle Versorgungskette
im Frauenhaus
Leitung
„Versorger
sozial
pädagogische
„Fachkraft“
Belastete
Mütter
Kind
Externe Hilfen: Kollegiale Intervision/ Supervision/ Coaching/ Verband
Traumapädagogische Krisenanalyse
„Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben muss man es
aber vorwärts.“
Sören Kierkegaard
Traumapädagogische Verhaltensanalysen:
Jedes kindliche Verhalten macht auf Basis vorheriger
sozialer Lernerfahrungen einen Sinn – es gibt einen
„guten Grund“ für jedes noch so bizarre Verhalten!
Gibt es Auslöser (Trigger), die mit traumatischen
Erlebnissen assoziiert sind? Wurden Sicherheitsbedürfnisse des Jugendlichen verletzt?
Beziehungs-, Autonomie- und Sicherheitsbedürfnisse
des Kindes und der pädagogischen Fachkraft müssen
versorgt werden (im Alltag, in weiteren ähnlichen
Situationen)!
http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Ki
erkegaard.jpg
Was muss ein Kind lernen, um sich in ähnlichen
Situationen
zukünftig adäquater verhalten zu können,
10. März 2015
wie kann dieser Lernprozess gefördert werden?
Gliederung
Steigerung der Selbstwirksamkeit durch Fallreflektion
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 57
Drei Ebenen der Unterstützung
› Administrative Ebene (eher Fachdienst)
› Abläufe
› Fachliche Weisungen
› Rechtliche Rahmenbedingungen
› Edukative Ebene
› Vermittlung von Wissen, Techniken
› Fallverstehen
› Supportive Ebene
› Emotionale Unterstützung / Entlastung
› Verständnis
Schmid, 2010, 2013, 2015
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 58
Gemeinsames Narrativ
Narrativ für den Aufenthalt im Frauenhaus
• Du bist hier, weil…….
• Deine Mutter ist mit euch hier hergekommen, weil…….
• Deine Mutter und dein Vater haben Probleme, weil…….
• Der Vater hat ……….. , weil………
• Das heisst für die Beziehung zu deinem Vater…..
• Hier bekommen Sie Unterstützung bei…..
• ………………………………………………………………
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 59
Traumapädagogische Konzepte
Psychoedukation – Selbstbemächtigung
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 60
Biographiearbeit, Kontaktpflege und
Risikoeinschätzung
CAVE: Kategorialisierungen und Loyalitätskonflikte
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 61
„Signs of safety programm“
Lösungsorientiertes Kinderschutzprogramm
• Grundidee: Lösungsorientierte Arbeit mit
Skalierungsfragen
• Wie sicher und versorgt fühlt sich Ihr Kind auf einer Skala
von 1-10?
• Kindeswohl ist nichts Dichotomes, im Sinne von gefährdet
ja oder nein, sondern als ein Kontinuum bzgl. sich
steigernder Gefährdung anzusehen.
• Eine solche Haltung und ein solches Vorgehen erleichtern
Veränderungen und die Kontaktaufnahme.
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 62
Positive und negative Eltern-Introjekte
++
++
Papa
Mama
Ich
++
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 63
Negative Eltern-Introjekte
--
++
Papa
Mama
Ich
-Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 64
Soziale und leibliche Eltern
Das Haus meines Lebens
Jeder Mensch bringt
Anlagen und Eigenschaften mit und er
übernimmt und lernt ganz viel über das Leben
von seiner Familie.
Von meiner leiblichen Mutter
habe ich folgende Eigenschaften
und Fähigkeiten
Braune Augen
Schwarze Haare
Gut kochen
Schlechte Augen (Brille)
Von meiner Pflegemutter habe ich
übernommen, gelernt, bekommen
Mich nicht so schnell
über alles aufregen,
Aufräumen,
Selbstbewusstsein,
Geliebt zu werden
Von meinem leiblichen Vater
habe ich folgende
Eigenschaften und Fähigkeiten
Sommersprossen
Form der Hände
Körpergrösse
Gut Fussballspielen
Von meinem Pflegevater habe ich
übernommen, gelernt, bekommen
Gute Noten in der
Schule,
Mich anzustrengen,
Fahrrad reparieren,
Geliebt zu werden
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 65
Umgang mit Eltern als Täter
Therapeutische Briefe
• Eine gute therapeutische Möglichkeit ist es, wenn die Eltern den
Kindern einen therapeutischen Brief schreiben.
– Eltern müssen die Verantwortung für ihr Handeln zu 100%
übernehmen.
– Eltern müssen analysieren und kindgerecht beschreiben, was
genau vorgefallen ist.
– Sie müssen beschreiben, was das Kind mutmaßlich dabei
empfunden hat.
– Eltern müssen einen Sicherheitsplan aufstellen und eindeutig
schreiben, wie sie sich in vergleichbaren Situationen in
Zukunft verhalten sollen.
– Was das Kind tun kann, falls es sich unwohl fühlen sollte.
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 66
Traumapädagogische Matrix
(Lang et al., 2009)
Ebenen des sicheren Ortes
Ansatzpunkte
› Verbesserung der Fertigkeiten der
Emotionsregulation.
Kinder
Institution
Struktur
Mitarbeiter
› Verbesserung der Sinnes- und
Körperwahrnehmung – Reduktion
der Dissoziationsneigung.
› Selbstfürsorge
› Aufbau von positivem Selbstbild,
Selbstwirksamkeit und sozialen
Fertigkeiten (inkl. Verbesserung der
Stresstoleranz).
› Erarbeitung von dynamischen
Resilienzfaktoren.
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 67
Fazit
Schlussfolgerungen und Diskussion
› Kinder und Frauen aus einem Umfeld mit häuslicher Gewalt sind psychisch
massiv belastet. Traumatisierte Kinder, die zusätzlich zu eigenen Misshandlungen
auch häusliche Gewalt erleben, leiden besonders häufig und intensiv unter
komplexen Traumafolgestörungen.
› Ein Screening auf psychische Belastungen und Traumafolgestörungen ist bei
jedem Fall indiziert.
› Die Kinder, aber auch ihre Mütter, weisen einen spezifischen sozialpädagogischen
Bedarf auf – bei der Beziehungsgestaltung müssen die psychosoziale
Lerngeschichte und traumatischen Beziehungserfahrungen beachtet werden.
› Das Konzept des „sicheren Ortes“ korrespondiert gut mit den Ideen und
Methoden der „Frauenhausbewegung“.
› Viele traumapädagogische Techniken und Haltungen lassen sich sowohl für
Mütter als auch die Kinder gut für die Arbeit in Frauenhäusern adaptieren.
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 68
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.renatealf.de/bilder/angebote/Vortraege.jpg&imgrefurl=http://www.renatealf.de/angebote.htm&usg=__35KsKF_
LSiNsfljchWHoKKMOFO4=&h=236&w=312&sz=39&hl=de&start=0&sig2=8Z0fH8K3VODJ263z4P6Mtg&zoom=1&tbnid=ZVJN-1QY9jyLjM:&tbnh=132&tbnw
=175&ei=rK3KTsrSMYXDhAfQq93TDw&prev=/search%3Fq%3Drenate%2Balf%2Bkarikaturen%26hl%3Dde%26sa%3DX%26rlz%3D1T4SKPB_deDE372DE373%26biw%3
D1141%26bih%3D755%26tbm%3Disch%26prmd%3Dimvnso&itbs=1&iact=hc&vpx=101&vpy=446&dur=3051&hovh=188&hovw=249&tx=55&ty=212&sig=102430348529118613965
&page=1&ndsp=21&ved=1t:429,r:14,s:0
10. März 2015
| 69
Kontakt und Literatur
Marc Schmid
Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik
Schanzenstrasse 13, CH-4056 Basel
+41 61 265 89 74
[email protected], www.upkbs.ch
www.equals.ch www.IPKJ.ch MST-Schweiz.ch
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. März 2015
| 70
Herunterladen