Tiergesundheit Circo-Impfung senkt die Umrauschquote Das Circovirus ist auch an Fruchtbarkeitsstörungen beteiligt. Prof. Dr. Mathias Ritzmann und Dr. Andreas Palzer erläutern, wann es sinnvoll ist, auch die Sauen zu impfen.* Fotos: Heil, Schmoll (1) K *) Prof. Dr. Mathias Ritzmann, ­Veterinärmedizinische Universität Wien; Dr. Andreas Palzer, Tierarztpraxis Scheidegg S 10 top agrar 11/2010 Ferkelimpfung rechnet sich fast immer Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten der Impfung: Entweder es werden nur die Sauen gegen PCV 2 geimpft, man vakziniert ausschließlich die Ferkel oder beide zusammen. Bevor die Ferkelimpfstoffe eingesetzt werden durften, war es üblich, die Sauen zu impfen. Die Ferkel wurden dabei passiv über die Biestmilch immunisiert. Über Ausnahmegenehmigungen und die spätere Zulassung haben die Ferkelimpfstoffe den Sauenimpfstoff dann jedoch mehr und mehr verdrängt. Die Impfung der Ferkel führt nachweislich zu höheren Tageszunahmen und die Futterverwertung ist verbessert. Zudem verenden weniger Tiere, und es tre- Es ist wissenschaftlich belegt, dass PCV 2 auch Aborte auslösen kann. eine andere Impfung hat sich weltweit so schnell etabliert und zeigt eine so überzeugende Wirkung wie die Schutzimpfung gegen das Circovirus vom Typ 2. Die PCV 2-Impfung ist inzwischen zur Standardmaßnahme in der Ferkelerzeugung geworden. Denn die klinische und wirtschaftliche Bedeutung, die das PCV 2 weltweit für die Schweineproduktion hat, ist enorm. Der Erreger ist an vielen Komplexerkrankungen beteiligt (siehe Kasten rechts). Als es noch keine PCV 2-Impfstoffe gab, beschränkte sich der Infektionsschutz lange Zeit auf die Verbesserung des Managements und der Hygiene in den betroffenen Betrieben. Der 20-Punkte-Plan nach Madec, der dazu erarbeitet wurde, hat auch heute noch Bedeutung. Denn die Impfung darf Probleme im Ma- nagement und bei der Hygiene nicht kaschieren! Zudem wirken die Hygienemaßnahmen nicht nur gegen PCV 2, sondern auch gegen deren Begleitkeime. Ein Erreger, viele Krankheitsbilder PCV 2-Infektionen sind an vielen Krankheitsbildern beteiligt. Die nach wie vor wichtigste Erkrankung ist das Kümmern der Absetzferkel, das so genante Postweaning Multisystemic Wasting Syndrome (PMWS). Die Haut-Nieren-Form (PDNS) der Erkrankung tritt inzwischen deutlich seltener auf. Wie weit PCV 2 überhaupt am PDNS beteiligt ist, wird unter Wissenschaftlern kontrovers diskutiert. Denn ein ähnliches Krankheitsbild konnten amerikanische Forscher kürzlich auch ohne Beteiligung von Circoviren ausgelösen. Zudem tritt das PDNS auch bei PCV 2-geimpften Schweinen auf. Weitere wirtschaftlich bedeutsame Komplexerkrankungen sind der Porcine Respiratory Disease Complex (PRDC) und Fruchtbarkeitsstörungen bei Sauen. Am PRDC sind darüber hin- aus auch andere Erreger wie PRRSV, Influenzaviren, Mykoplasmen, Pasteurellen, Streptokokken, Actinobacillus pleuropneumoniae (APP) und andere Bakterien beteiligt. Bislang ist zwar noch unklar, welche Rolle PCV 2 beim PRDC spielt. Der Erreger scheint Wechselwirkungen mit anderen Erregern auzulösen und/oder deren Wirkung zu verstärken. Die Circo-Impfung schützt in diesem Zusammenhang natürlich nur gegen das PCV 2. Um PRDC in den Griff zu bekommen, ist deshalb in jedem Fall eine korrekte Diagnostik und eine gezielte Therapie unerlässlich. Auch die Bedeutung des PCV 2 bei Fruchtbarkeitsstörungen ist eindeutig belegt. Circo-Infektionen können Aborte, eine erhöhte Anzahl tot geborener bzw. lebensschwacher Ferkel und Mumien hervorrufen. grenzen, kann der Tierarzt ein Serumprofil der Herde erstellen. Dazu werden jeweils fünf Blutproben von Jungsauen, Altsauen und Absetzferkeln sowie je fünf Proben gegen Ende der Aufzucht bzw. in der Mitte der Mast gezogen und auf Antikörper untersucht. Weniger Umrauscher durch PCV 2-Sauenimpfung Das Circovirus vom Typ 2 ist aber auch an Reproduktionsstörungen beteiligt. In eigenen Untersuchungen wurden 210 Proben aus 87 verschiedenen Schweine haltenden Betrieben mit Fruchtbarkeitsproblemen auf PCV 2 untersucht. Ergebnis: Der Erreger konnte im Schnitt in 27 % aller untersuchten Aborte sowie tot und lebenschwach geborenen Ferkel nachgewiesen werden. Das Impfen der Sauen kann daher in Problembetrieben dazu beitragen, die Umrausch- und Abortrate zu senken und die Zahl der tot bzw. lebensschwach geborenen Ferkel zu reduzieren. Besonders deutlich zeigt sich der Impferfolg bei Jungsauen. Deshalb wird die JungsauenImpfung von vielen Ferkelerzeuger- betrieben bereits routinemäßig durchgeführt – selbst wenn die Tiere schon einmal als Ferkel vakziniert wurden. Die Altsauen werden bei diesem Verfahren produktionsorientiert geimpft. Ein Zusatz-Effekt der Sauenimpfung: Die Ferkel werden passiv vor PCV 2- Infektionen geschützt. Ein Schutz, der bis zur Schlachtung anhalten kann. Ein weiterer Vorteil der Sauenimpfung ist die Vereinheitlichung der maternalen Antikörpertiter. Dadurch lässt sich der Impfzeitpunkt für die Ferkel leichter eingrenzen. Doch Achtung: Die Ferkel der geimpften Sauen sollten so spät wie möglich geimpft werden, um eine Wechselwirkung zwischen Impf- und maternalen Antikörpern auszuschließen. Wir fassen zusammen Bei anhaltenden Fruchtbarkeitsproblemen in der Sauenherde macht es Sinn, nicht nur die Jung-, sondern auch die Altsauen gegen PCV 2 zu impfen. ten weniger Kümmerer auf. Klinische Symptome werden deutlich seltener beobachtet, inbesondere bei den Atemwegserkrankungen. In den meisten Betrieben werden die Ferkel kurz vor oder beim Absetzen geimpft. Denn in der Vergangenheit steckten sich die Ferkel hauptsächlich im Flatdeck an. Seit Beginn der Ferkelimpfung verschiebt sich der Infektionszeitpunkt aber in vielen Betrieben immer weiter in die Mast. In diesen Beständen kann es daher sinnvoll sein, die Läufer erst beim Einstallen in den Maststall zu impfen. Das gilt auch dann, wenn Ferkel unterschiedlicher Herkunft zugekauft werden. Letztlich muss sich der Impftermin allerdings immer daran orientieren, wann sich die Schweine infizieren. Und das kann betriebsspezifisch sehr unterschiedlich sein. Selbst innerhalb eines Bestandes kann der Zeitpunkt der Infektion variieren, zum Beispiel dann, wenn die Herde aufgestockt wird und vermehrt Tiere zugekauft werden. Um den Infektionszeitpunkt einzu- n Pauschale Empfehlungen zur PCV 2Impfung sind nicht sinnvoll. Der Impftermin muss sich vielmehr am Infektionszeitpunkt orientieren. Dazu wird ein Serumprofil des Bestandes erstellt. n Die Ferkelimpfung ist inzwischen bei vielen Sauenhaltern bzw. Erzeuger- gemeinschaften Standard. Meist wird beim Absetzen geimpft. Bei später Infektion oder Zukauf verschiedener Herkünfte kann aber auch beim Einstallen in den Maststall geimpft werden. n Auch die Jungsauen werden in den meisten Betrieben gegen PCV 2 geimpft. Bei anhaltenden Furchtbarkeitsproblemen macht es darüber hinaus Sinn, auch die Altsauen zu vakzinieren. top agrar 11/2010 S 11