+ + phre + immer Schizophrenie Fakten und Mythen W. Wolfgang Fleischhacker Abt. für Biologische Psychiatrie MUI Innsbruck Mythen bezüglich Schizophrenie • Schizophrenie ist unheilbar/unbehandelbar • Schizophrenie ist eine geistige Behinderung • von Schizophrenie kann man sich nicht erholen • schizophrene Patienten sind gefährlich und unberechenbar • schizophrene Patienten können nicht arbeiten • schizophrene Patienten können keine Familie haben • Schizophrenie wird durch Erziehungsfehler verursacht Häufigkeit schizophrener Störungen Lebenszeitrisiko ca. 1 % Erkrankungsgipfel: 2. und 3. Lebensjahrzehnt Frauen erkranken gleich häufig wie Männer, allerdings später kommt in allen Kulturkreisen und sozialen Schichten vor Schizophrenie - Symptome • Realitätsverkennung Wahn Halluzinationen • Desorganisation formale Denkstörungen inadäquater Affekt • Einschränkung der Psychomotorik flacher Affekt Sprachverarmung Antriebsreduktion ICD-10: F2 Schizophrenie Diagnostik Erforderlich für die Diagnose Schizophrenie ist mindestens ein eindeutiges Symptom (zwei oder mehr wenn weniger eindeutig) der unten genannten Punkte 1-4 oder mindestens zwei Symptome der Punkte 5-8. Diese Symptome müssen ständig während eines Monats oder länger deutlich vorhanden gewesen sein. Eine organische Ursache der Störung (z.B. Gehirnerkrankungen, Drogeneinfluss etc.) muss ausgeschlossen sein. ICD-10: F2 Schizophrenie – Diagnostik I 1. Gedankenlautwerden, Gedankeneingebung oder Gedankenentzug, Gedankenausbreitung. 2. Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten, deutlich bezogen auf Körper- oder Gliederbewegungen oder bestimmte Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen; Wahnwahrnehmungen. 3. Kommentierende oder dialogische Stimmen, die über den Patienten und sein Verhalten sprechen, oder andere Stimmen, die aus einem Teil des Körpers kommen. 4. Anhaltender, kulturell unangemessener oder völlig unrealistischer (bizarrer) Wahn, wie der eine religiöse oder politische Persönlichkeit zu sein, übermenschliche Kräfte und Fähigkeiten zu besitzen (z.B. das Wetter kontrollieren zu können oder im Kontakt mit Ausserirdischen zu sein). ICD-10: F2 Schizophrenie – Diagnostik II 5. Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität, begleitet entweder von flüchtigen oder undeutlich ausgebildeten Wahngedanken ohne deutliche affektive Beteiligung, oder begleitet von anhaltenden überwertigen Ideen täglich über Wochen oder Monate auftretend. 6. Gedankenabreißen oder Einschiebungen in den Gedankenfluss was zu Zerfahrenheit, Danebenreden oder Neologismen führt. 7. Katatone Symptome wie Erregung, Haltungsstereotypien oder wächserne Biegsamkeit (flexibilitas cerea), Negativismus, Mutismus und Stupor. ICD-10: F2 Schizophrenie – Diagnostik III 8. »Negative« Symptome wie auffällige Apathie, Sprachverarmung, verflachte oder inadäquate Affekte, zumeist mit sozialem Rückzug und verminderter sozialer Leistungsfähigkeit. Diese Symptome dürfen nicht durch eine Depression oder eine neuroleptische Medikation verursacht sein. 9. Eine eindeutige oder durchgängige Veränderung bestimmter umfassender Aspekte des Verhaltens der betreffenden Person, die sich in Ziellosigkeit, Trägheit, einer in sich selbst verlorenen Haltung und sozialem Rückzug manifestiert. Schizophrene Störungen Störungen von Denken, Fühlen, Wahrnehmen und Verhalten = gesamte Persönlichkeit betroffen Schizophrenie - Verlauf 22 % nur eine Episode keine Restsymptomatik 35 % mehrere Episoden keine oder minimale Restsymptomatik 8% 35 % Restsymptomatik nach der ersten Episode wiederholte Episoden, keine restitutio ad integrum Restsymptomatik nimmt nach jeder Episode zu Vulnerabilitäts-Stress-Coping Modell Prozesse der neuronalen Reifung Stress ererbte konstitutionelle Faktoren konstitutionelle konstitutionelle Vulnerabilität Vulnerabilität pränatale Ereignisse erworbene konstitutionelle Faktoren postnatale Stressoren Psychose beeinträchtigte Bewältigungsmuster Schizophrenie: genetisches Risiko Bei Erkrankten: Eltern 12 % Geschwister 10 % Zwillingen Monozygot 50 % Dizygot 15 % Verwandte 2. Grades 2-5 % “Modifizierte” Dopaminhypothese der Schizophrenie Mesocorticale Bahn Hypoaktivität: Negativsymptome kognitive Defizite Tuberoinfundibuläre Bahn Nigrostriäre Bahn Mesolimbische Bahn Hyperaktivität: Positivsymptome Schizophrenie - Behandlung • Psychopharmaka Antipsychotika (Neuroleptika) • Psychosoziale Massnahmen Psychotherapie - Familientherapie - Psychoedukation - Verhaltensmodifikation Soziotherapie - Erlernen sozialer Fertigkeiten - Sicherung sozialer Grundbedürfnisse - (Arbeits-) Rehabilitation Pharmakotherapie der Schizophrenie • je früher, desto erfolgreicher • 80 % aller Ersterkrankten erholen sich innerhalb von 3-6 Monaten • bei 60-80 % aller Patienten kann durch Langzeitbehandlung mit Antipsychotika ein Rückfall vermieden werden • Nutzen/Risiko-Profil muss bei jedem Patienten individuell abgestimmt werden Frühwarnzeichen • Nervosität, Spannung • Gedächtnisstörungen • Niedergeschlagenheit • sozialer Rückzug • Leistungsknick • eigenartige („bizarre“ Vorstellungen) • Schlafstörungen • Unruhe • Konzentrationsstörungen • Lustlosigkeit • Übererregbarkeit • Wahrnehmungsveränderungen