Übersicht Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom Neues zur Pharmakotherapie (Online-Zusatzmaterial) Thomas Duell, Gauting zu Arzneimitteltherapie 2017;35:60–70. Diagnostik und Stadien-adaptierte Therapie beim Lungenkarzinom (ungekürzt) Die im individuellen Fall adäquate Therapie hängt vom Tumortyp, Tumorstadium und den funktionellen Reserven ab. Entsprechend wichtig ist eine sorgfältige prätherapeutische Abklärung. Diese umfasst neben der Gewinnung einer Histologie auch die Umgebungs- und funktionelle Dia­ gnostik. Hierzu gibt es entsprechende Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie [15], aber auch anderer Fachgesellschaften wie der Europäischen Gesellschaft für medizinische Onkologie (www.esmo.org) oder des American College of Chest Physicians ACCP (www.chestnet.org). In der primären Diagnostik kommt der kontrastverstärkten CT von Thorax und Oberbauch eine entscheidende Bedeutung zu. Zur Histologiegewinnung und gegebenenfalls zum mediastinalen Staging ist die Bronchoskopie, unter Umständen kombiniert mit endobronchialem Ultraschall, unverzichtbar [15]. Zur Umgebungsdiagnostik kommen eine kontrastverstärkte kranielle MRT (oder CCT), eine Skelettszintigraphie und in potenziell operablen Stadien gegebenenfalls auch eine FDG-PET zum Einsatz [15]. Seit Anfang des Jahres ist eine revidierte Version der TNM-Klassifikation für Lungentumoren gültig. Tabelle 1 zeigt die neue 8. Version, die eine genauere Differenzierung nach Tumorgröße und Metastasierungsmuster vorsieht [16]. Bei der histologischen Aufarbeitung des Materials muss zunächst ein lungeneigener Tumor von Metastasen eines extra­pulmonalen Tumors abgegrenzt werden. Bei pulmonalen Tumoren erfolgt eine Differenzierung zwischen nichtkleinzelligem (NSCLC) und kleinzelligem Krebs (SCLC). Beim NSCLC unterscheidet man dann lichtmikroskopisch und gegebenenfalls immunhistochemisch (IHC) den squamösen (Plattenepithelkarzinom; PK) und nichtsquamösen Subtyp (Nicht-PK) [47], was für die medikamentöse Therapie bedeutsam ist. Letzterer umfasst neben dem überhaupt häufigsten Adenokarzinom (AK), das in weitere Subgrup- 1 AMT 35. Jahrgang 3 | 2017 pen unterteilt wird [47], auch nicht spezifizierbare NSCLC, die als NSCLC-NOS („not otherwise specified“) bezeichnet werden. Großzellige Karzinome sind bei genauer Betrachtung eine Seltenheit. Der Anteil von NSCLC-NOS sollte durch immunhistochemische Zusatzdiagnostik möglichst unter 10 % gehalten werden [47]. In einer eigenen Serie von 678 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC wiesen 63 % ein Adenokarzinom, 25 % ein Plattenepithelkarzinom und 12 % ein NSCLC-NOS auf [11]. Beim pulmonalen Adenokarzinom und allen übrigen NSCLC bei Nichtrauchern sollte zum Zeitpunkt der Diagnose eines fortgeschrittenen Stadiums eine molekularpathologische Untersuchung durchgeführt werden [20]. Für aktivierende Mutationen im EGFR-Gen sowie für ALK- und ROS-1-Genfusionen stehen zugelassene Medikamente zur Verfügung, die im Weiteren auch behandelt werden. Diese zusätzlichen Untersuchungen setzen ausreichend Biopsiematerial voraus. In den frühen Stadien I und II (Tumor mit und ohne hiläre Lymphknotenmetastasen) wird bei operablen Patienten die Resektion empfohlen; im Stadium II (mit Lymphknotenmetastasen) – wenn möglich – gefolgt von einer Cisplatin-basierten adjuvanten Chemotherapie [48]. Im lokal fortgeschrittenen Stadium III sollte je nach individueller Situation eine multimodale Therapie mit oder ohne Operation durchgeführt werden, wobei eine systemische Therapiekomponente hier bei Patienten in gutem Zustand obligat ist. Eine Strahlentherapie wird je nach individueller Gegebenheit in Kombination mit und ohne Operation beziehungsweise Chemotherapie in variabler Sequenz verabreicht [12]. Es empfiehlt sich immer die Diskussion in einem interdisziplinären Lungentumorboard. Im fortgeschrittenen Stadium IV (Metastasenstadium inkl. malignem Pleuraerguss) ist die systemische Therapie Mittel der Wahl [22], wobei der Wert von supportiven Maßnahmen wie einer frühzeitigen Palliativversorgung [41] und im Ein- Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Duell, Asklepios Lungenfachkliniken, Robert-Koch-Allee 2, 82131 Gauting, E-Mail: [email protected] Übersicht Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom Tab. 1a. Vorgeschlagene 8. Edition der TNM-Klassifikation für Lungenkarzinome [nach 16] [Übersetzt aus dem Englischen] T: Primärtumor Tx Primärtumor kann nicht beurteilt werden oder nur durch Nachweis maligner Zellen in Sputum/Bronchialsekret T0 Kein Nachweis eines Primärtumors Tis Carcinoma in situ T1 Tumor ≤ 3 cm in der größten Ausdehnung, umgeben von Lunge oder Pleura visceralis ohne bronchoskopisch nachweisbaren Befall proximal der Lappenbronchien a ■ T1a(mi) Minimal invasives Adenokarzinom b ■ T1a Tumor ≤ 1 cm in der größten Ausdehnung a ■ T1b Tumor > 1 cm, aber ≤ 2 cm in der größten Ausdehnung a ■ T1c Tumor > 2 cm, aber ≤ 3 cm in der größten Ausdehnung a Tumor > 3 cm, aber ≤ 5 cm oder mit einem der folgenden Merkmale c: T2 ■ Hauptbronchus betroffen, unabhängig vom Abstand zur, aber ohne Beteiligung der Hauptcarina ■ Infiltration der Pleura visceralis ■ verbunden mit Atelektase bzw. Retentionspneumonie; Teil- oder Totalatelektase ab Hilusregion ■ T2a Tumor > 3 cm, aber ≤ 4 cm in der größten Ausdehnung ■ T2b Tumor > 4 cm, aber ≤ 5 cm in der größten Ausdehnung T3 Tumor > 5 cm, aber ≤ 7 cm in der größten Ausdehnung oder verbunden mit einem oder mehreren weiteren Tumorknoten im selben Lappen wie Primärtumor oder der Tumor infiltriert einer der folgenden Strukturen: Brustwand (inkl. Pleura parietalis oder Pancoast-Tumor), Nervus phrenicus, parietales Perikard T4 Tumor > 7 cm in der größten Ausdehnung oder verbunden mit einem oder mehreren weiteren Tumorknoten in einem anderen ipsilateralen Lappen als Primärtumor oder Tumor infiltriert eine der folgenden Strukturen: Zwerchfell, Mediastinum, Herz, große Gefäße, Trachea, Nervus laryngeus recurrens, Ösophagus, Wirbelkörper, Hauptcarina N: Regionäre Lymph­knotenbeteiligung Nx Regionäre Lymphknoten nicht beurteilbar N0 Keine regionalen Lymphknotenmetastasen N1 Ipsilaterale Metastasen in peribronchialen und/oder hilären und intrapulmonalen Lymphknoten, auch durch Invasion per continuitatem N2 Metastasen in einem oder mehreren ipsilateralen mediastinalen und/oder dem subcarinalen Lymphknoten N3 Kontralaterale Metastasen in einem oder mehreren mediastinalen und/oder hilären Lymphknoten oder in ipsioder kontralateralen supraklavikulären und/oder Scalenus-lymphknoten M: Fernmetastasen M0 Keine Fernmetastasen M1 Fernmetastasen vorhanden M1a Weitere(r) Tumorknoten in einem kontralateralen Lappen; Tumor mit einem oder mehreren Knoten in Pleura oder Perikard bzw. mit malignem Pleura- und/oder Perikarderguss d M1b Singuläre, solitäre extrathorakale Metastase e M1c Mehrere extrathorakale Metastasen in einem oder mehreren Organen Anmerkung: Änderungen im Vergleich zur 7. Edition sind fett. a Ein sich ungewöhnlich oberflächlich ausbreitender Tumor mit einer invasiven Komponente begrenzt auf die Bronchialwand, der sich bis nahe an den Hauptbronchus erstrecken kann, wird ebenfalls als T1a klassifiziert. b Solitäres Adenokarzinom, ≤ 3 cm mit prädominant lepidischem Wachstumsmuster und ≤ 5 mm Eindringtiefe. c T2-Tumoren mit diesen Merkmalen werden als T2a klassifiziert, sofern ≤ 4 cm im größten Durchmesser oder wenn Größe nicht bestimmbar und als T2b, falls > 4 cm, aber ≤ 5 cm in der größten Ausdehnung. d Die meisten pleuralen oder perikardialen Ergüsse bei Lungenkrebs sind Tumor-bedingt (maligne); in den seltenen Fällen, in denen trotz weiderholter Analyse keine malignen Zellen mikroskopisch nachweisbar sind und das Sekret serös und kein Exsudat und nach entsprechender klinischer Einschätzung eine Karzinose unwahrscheinlich ist, kann der Erguss bei der Klassifizierung vernachlässigt werden. e Dies schließt die Beteiligung eines einzelnen (nichtregionären) Lymphknotens ein. TNM: Tumor, Lymphknoten, Metastase; Tis: Carcinoma in situ; T1a(mi): minimal invasives Adenokarzinom 2 AMT 35. Jahrgang 3 | 2017 Übersicht Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom Tab. 1b. Vorgeschlagene Eingruppierung für die 8. Edition der TNM-Klassifikation bei Lungenkrebs [nach 16] [Übersetzt aus dem Englischen] Okkultes Karzinom TX N0 M0 Stadium 0 Tis N0 M0 Stadium IA1 T1a(mi) N0 M0 T1a N0 M0 Stadium IA2 T1b N0 M0 Stadium IA3 T1c N0 M0 Stadium IB T2a N0 M0 Stadium IIA T2b N0 M0 Stadium IIB T1a–c N1 M0 T2a N1 M0 T2b N1 M0 T3 N0 M0 T1a–c N2 M0 T2a–b N2 M0 T3 N1 M0 T4 N0 M0 T4 N1 M0 T1a–c N3 M0 T2a–b N3 M0 T3 N2 M0 T4 N2 M0 Stadium IIIC T3 N3 M0 T4 N3 M0 Stadium IVA Jedes T Jedes N M1a Jedes T Jedes N M1b Stadium IVB Jedes T Jedes N M1c Stadium IIIA Stadium IIIB Anmerkung: Änderungen im Vergleich zur 7. Edition sind fett. TNM: Tumor, Lymphknoten, Metastase; Tis: Carcinoma in situ; T1a(mi): minimal invasives Adenokarzinom zelfall auch einer palliativen Strahlentherapie und anderer Lokalmaßnahmen nicht zu unterschätzen ist [22]. Standardtherapie des NSCLC ohne Nachweis einer therapierelevanten molekularen Alteration Bei der Mehrzahl der Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung ist die Platin-basierte Kombinationstherapie derzeit immer noch Mittel der Wahl in der Erstlinienbehandlung [22], da die Prävalenz therapierelevanter Mutationen in unserer Bevölkerung bei deutlich unter 20 % liegt. Seit einer 2002 publizierten, ersten groß angelegten Studie zum fortgeschrittenen NSCLC [37] gilt die Platin-basierte Dublette mit Gemcitabin, Vinorelbin, Docetaxel oder Paclitaxel unabhängig vom histologischen Subtyp als jeweils gleichwertiger Standard, 3 AMT 35. Jahrgang 3 | 2017 wobei in Deutschland bei Patienten in gutem Zustand Cisplatin bevorzugt eingesetzt werden sollte [15]. Für Patienten mit pulmonalem Nicht-Plattenepithelkarzinom ist es in den letzten Jahren zu relevanten Verbesserungen in der medikamentösen Tumortherapie gekommen. Zunächst wurde der monoklonale Antikörper (MAB) gegen den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) Bevacizumab (Avastin®) auf Basis einer 2006 publizierten Studie zugelassen, in der ein signifikanter Überlebensvorteil der Kombination von Bevacizumab mit Paclitaxel/Carboplatin gegenüber der alleinigen Chemotherapie (12,3 vs. 10,3 Monate; HR 0,79; p = 0,003) demonstriert wurde [33]. Bevacizumab kann bei Erreichen einer zumindest stabilen Erkrankungssituation und problemloser Verträglichkeit nach üblicherweise sechs Zyklen einer Induktionsphase Übersicht Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom im Sinne einer Erhaltungstherapie bis zum Progress oder intolerablen Nebenwirkungen weiter gegeben werden, wobei der Nutzen dessen nie mittels einer Studie überprüft wurde. Als weitere spezifische Therapie für das Nicht-Plattenepithelkarzinom kam die Kombination von Pemetrexed mit Cisplatin auf Basis der Daten einer 2008 veröffentlichten Studie hinzu, in der sich im Vergleich gegenüber der Kombination von Gemcitabin/Cisplatin ein signifikanter Überlebensvorteil für die Subgruppe der Adenokarzinome (inkl. etwa 8 % großzelliger Karzinome) fand (12,6 vs. 10,9 Monate; HR 0,84; p = 0,03). Für eine Subgruppe von 12 % Patienten mit NSCLC-NOS ergab sich kein Vorteil für den Pemetrexed-Arm [35]. Später kam es zu einer Zulassungserweiterung für die Erhaltungstherapie, wobei Pemetrexed nach Erreichen einer Stabilisierung (oder besserem Ergebnis) nach vier bis sechs Zyklen einer Erstlinien-Induktionstherapie mit Pemetrexed/Cisplatin als Monotherapie weitergegeben werden kann. In der Paramount-Studie zeigte sich bei Patienten mit Nicht-Plattenepithelkarzinom, die nach vier Zyklen mit Pemetrexed/Cisplatin zumindest stabil geblieben waren (n = 539; 57 % der Ausgangspopulation), unter Weitergabe von randomisiert Pemetrexed vs. Placebo ein signifikanter Überlebensvorteil für die aktive Therapie. Der primäre Endpunkt (PFS) wurde erreicht, ab Randomisierung wurde auch ein signifikanter Vorteil für das Gesamtüberleben (13,9 vs. 11 Monate; HR 0,78; p = 0,0195), wie auch für das 1-Jahres-Überleben (58 % vs. 45 %), berichtet [24]. Somit stehen für Patienten mit fortgeschrittenem Nicht-Plattenepithelkarzinom laut Zulassung neben den oben genannten Platin-Dubletten auch die Kombination Pemetrexed/Platin sowie die Dreierkombination aus Paclitaxel/Carboplatin und Bevacizumab zur Verfügung. Die jeweilige Auswahl erfolgt nach individueller Erfahrung, etwaigen Komorbiditäten, dem klinischen Zustand sowie den zu erwartenden spezifischen Toxizitäten. Bei Patienten in gutem klinischem Zustand wird bei Progress auch die Einleitung einer Zweit-, Dritt- und gegebenenfalls weiterführenden Therapie empfohlen [15, 22]. Für die Zweitlinienbehandlung standen bis vor kurzem als zugelassene Arzneistoffe nur Docetaxel, Pemetrexed (Nicht-PK) und Erlotinib zur Verfügung. Auch die Entscheidung für eine systemische Folgetherapie muss individuell getroffen 4 AMT 35. Jahrgang 3 | 2017 Abkürzungsverzeichnis AK Adenokarzinom ALK Anaplastische Lymphomkinase CCT Kraniale Computertomographie CT Computertomographie DCR Disease control rate EGFR Epidermal growth factor receptor FDG-PET Fluordesoxyglucose-Positronen-EmissionsTomographie FGF Fibroblastärer Wachstumsfaktor G-BA Gemeinsamer Bundesausschuss HIF Hypoxie-induzierbarer Faktor HR Hazard-Ratio ICI Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren IHC Immunhistochemisch MAB Monoclonal antibody MRT Magnetresonanztomographie NR Not reached n. s. Nicht signifikant NSCLC Non-small cell lung cancer NSCLC-NOS NSCLC not otherwise specified OS Overall survival PD-1 Programmed-death-receptor-1 PDGF Platelet-derived growth factor PD-L1 Ligand am programmed-death-receptor-1 PFS Progression-free survival PK Plattenepithelkarzinom ROS1 Proto-oncogene tyrosine-protein kinase SCLC Small cell lung cancer TGF Tumorwachstumsfaktor TKI Tyrosinkinase-Inhibitoren UAW Unerwünschte Arzneimittelwirkung VEGF Vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor werden, wobei hier insbesondere der klinische Zustand prognostisch ausschlaggebend ist. Im klinischen Alltag erreichen nur etwa 50 % der Patienten einer Linie auch die folgende Therapielinie [51], sodass derzeit nur ein Teil der betroffenen Patienten von den aktuellen therapeutischen Innovationen profitiert. Tabelle 2 (siehe Hauptartikel) gibt eine Übersicht über alle zugelassenen Therapieinnovationen, die im Folgenden diskutiert werden. Übersicht Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom Fragen und ungelöste Probleme bei der Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (ungekürzt) Bei aller Euphorie und der offensichtlich hohen Wirksamkeit gibt es im Zusammenhang mit den genannten Checkpoint-Inhibitoren einige offene Fragen und ungelöste Probleme. Ungeklärt ist, welcher Ansatz (Anti-PD1/AntiPD-L1) der bessere ist, Unterschiede sind klinisch derzeit noch nicht sicher zu erkennen. So liegt die Zielstruktur von Anti-PD-1-Antikörpern maßgeblich auf T-Zellen (Abb. 3a, siehe Hauptartikel), sodass eine Bindung überall dort stattfinden kann, wo sich die T-Zellen gerade aufhalten (d. h. Lymphknoten, Blut, Tumor). Anti-PD-L1-Antikörper dagegen finden ihr Ziel im Tumor (Abb. 3b, siehe Hauptartikel), was natürlich eine adäquate Zugänglichkeit voraussetzt. Überdies gibt es weitere Unterschiede im Einfluss auf die Immunregulation, die über die Interaktion von PD-1/ PD-L1 hinausgehen und möglicherweise Unterschiede in der immunvermittelten Toxizität bedingen [6]. Ein weiterer kritischer Punkt ist die Patientenselektion über Biomarker, um so die Patienten vorab auszuwählen, die am ehesten von der neuen (und kostenträchtigen) Therapie profitieren werden. Naheliegender Biomarker ist die PD-L1-Expression auf den Krebszellen, die immunhistochemisch nachgewiesen wird. Leider wurden in den verschiedenen Studien jeweils unterschiedliche Antikörper, Färbeplattformen, Scoringsysteme und Cut-off-Werte verwendet, sodass es bislang keine verbindlichen Standards und damit keine Vergleichbarkeit gibt [19, 49]. Wurde eine Therapie mit einem Checkpoint-Inhibitor aufgenommen, so wird diese in der Regel problemlos vertragen. Sie ist aber immer mit dem Risiko des Auftretens von unerwünschten immunvermittelten Reaktionen verbunden, wobei milde Haut- und Schleimhauttoxizitäten am häufigsten sind [28]. Je nach Substanz kommt es bei bis zu 10 % der Patienten zu teils schwerwiegenden, bislang in dieser Form unbekannten immunologischen Komplikationen, wie einer Hypothyreose, Pneumonitis, Kolitis, Dermatitis, Hypophysitis, Hepatitis oder Vaskulitis [14, 28]. Diese können sich durch sehr unspezifische Symptome manifestieren, müssen aber rasch richtig interpretiert und entsprechend konsequent immunsuppressiv behandelt werden, um irreversible oder gar letale Folgen abzuwenden. Inwieweit Patienten mit vorbestehenden Autoimmunerkrankungen oder auch chronischen Infektionen Checkpoint-Inhibitoren erhalten können, ist derzeit unklar [28]. Die Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren stellt auch neue Anforderungen an die Definition des Therapieansprechens. Entgegen der Erfahrung bei konventioneller Chemotherapie kann es unter Checkpoint-Inhibitoren zu einer sogenannten Pseudoprogression kommen, wobei bekannte Läsionen wachsen oder neue hinzutreten, bevor – unter Umständen erst nach Monaten – eine Regression eintritt [28]. Dies wurde insbesondere bei der Therapie des Melanoms mit dem Anti-CTLA-4-MAB Ipilimumab beobachtet, soll aber auch unter Anti-PD-1/PD-L1-Antikörpern auftreten [28]. Beim NSCLC dürfte dies jedoch eine Rarität darstellen, weshalb bei Eintreten einer relevanten Tumorprogression nach vier bis acht Wochen je nach Dynamik ein Therapieabbruch erwogen werden sollte. An einer Harmonisierung des Nachweisverfahrens wird derzeit gearbeitet [36]. Literatur 1. Barlesi F, Park K, Ciradiello F, et al. Primary analysis from OAK, a randomized phase III study comparing atezolizumab with docetaxel in advanced NSCLC. ESMO Congress 2016, Abstr. LBA44_PR. 2. Barlesi F, Steins M, Horn L, et al. 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