Posttraumatische Belastungsstörung in der gesetzlichen Unfallversicherung Definition nach ICD-10 (F43.1) Posttraumatische Belastungsstörung Diese entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z.B. zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0) über. Traumatische Neurose Leitlinie der AWMF http://www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll/051-010.htm Agoraophobie: Eine posttraumatische Belastungsstörung schließt u. U. eine Agoraphobie aus siehe hier Kausalprüfung in der gesetzlichen Unfallversicherung: Individueller Versicherter ist Maßstab: Auch psychische Reaktionen können rechtlich wesentlich durch ein Unfallereignis verursacht werden. Basis dieser Beurteilung müssen zum einen der konkrete Versicherte mit seinem Unfallereignis und seinen Erkrankungen und zum anderen der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und psychischen Gesundheitsstörungen sein. Diagnosesystem Die Feststellung einer PTBS muss aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit sie nachvollziehbar ist (zB ICD 10 = Zehnte Revision der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO aus dem Jahre 1989, vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) ins Deutsche übertragen, herausgegeben und weiterentwickelt; DSM IV = Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen der Amerikanischen psychiatrischen Vereinigung aus dem Jahre 1994, deutsche Bearbeitung herausgegeben von Saß/Wittchen/Zaudig, 3. Aufl 2001). Aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisstand ist Maßstab. Ausgangsbasis müssen die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich sein (vgl ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Fritze, Ärztliche Begutachtung, 6. Aufl 2001, Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl 2005; Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO; vgl speziell Venzlaff/ Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 4. Aufl 2004). Außerdem sind, soweit sie vorliegen und einschlägig sind, die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen (vgl Leitlinie Somatoforme Störungen 1, AWMF-Leitlinien-Register Nr 051/001; Leitlinie Posttraumatische Belastungsstörung, ICD-10: F 43.1, AWMF-Leitlinien-Register Nr 051/010; die nicht aktualisierte Leitlinie Ärztliche Begutachtung in der Psychosomatik und Psychotherapeutischen Medizin Sozialrechtsfragen AWMF-Leitlinien-Register Nr 051/022, jeweils im Internet unter: www.uni-duesseldorf.de/awmf). Hinzu kommen andere aktuelle Veröffentlichungen (vgl nur die Beiträge in: MedSach 2006, 49 ff sowie M. Fabra, MedSach 2006, 26 ff; V. Kaiser, BG 2005, 679 ff; E. Wehking, MedSach 2004, 164 ff; zu ähnlichen Anforderungen bei der Beurteilung psychischer Störungen im Rentenrecht: BSG Beschluss vom 9. April 2003 B 5 RJ 80/02 B -). Diese verschiedenen Veröffentlichungen sind jedoch jeweils kritisch zu würdigen, zumal ein Teil der Autoren aktive oder ehemalige Bedienstete von Versicherungsträgern sind oder diesen in anderer Weise nahe stehen. Anmerkung: dazu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 31 U 477/08 24.09.2008 - Agoraphobie "Der Senat hatte zunächst festzustellen, dass in der wissenschaftlichen Literatur ein noch nicht entschiedener Meinungsstreit über die Verursachung einer Agoraphobie bzw. einer Panikstörung mit Agoraphobie besteht. Dies haben Prof. Dr. S und Dr. S übereinstimmend dargestellt. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die jeweils angeführten Fundstellen in der Literatur so zutreffend sind, wie die befassten Sachverständigen sich auch gegenseitig bestätigen. Nicht entscheidend ist, dass die von Prof. Dr. S zitierten Fundstellen wenige Jahre jünger sind als die von Frau Dr. S genannten. Daraus allein vermochte der Senat nicht zu folgern, dass die herr-schende Meinung in der Wissenschaft nunmehr die von Prof. Dr. S favorisierte Ansicht vertritt. Der Senat hat auch keine Bedenken, dass in den genannten Studien jeweils nachvollziehbar die jeweilige Hypothese bestätigt wurde. Dies allein führt aber nicht zur Beseitigung des Meinungsstreites. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass weiter zwischen der so genannten biologischen Theorie und der psychodynamischen Theorie Streit über die Verursachung der Agoraphobie und ihrer Hierarchisierung besteht. Ist der Entstehungsmechanismus einer solchen psychiatrischen Erkrankung aber nicht geklärt, ist es nicht Aufgabe der Gerichte durch die Auswahl von Sachverständigen oder die juristische Bewertung naturwissenschaftlicher Lehrmeinungen für die eine oder andere Position Partei zu ergreifen oder durch Gutachtenaufträge den Fortschritt der medizinischen Erkenntnis voranzutreiben. Diesen in ständiger Rechtsprechung des BSG dargelegten Grundsätzen folgt auch der Senat (vgl. BSGE 81, 84, 89; SozR 3 2500 § 28 Nr. 4). Sind die Zusammenhänge aber ungeklärt, so trägt die Klägerin die Feststellungslast." Stellenwert des ärztlichen Sachverständigengutachtens Die Klärung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes macht die Einholung von Sachverständigengutachten und die eigenständige verantwortliche Beurteilung des konkreten Einzelfalls durch einen Sachverständigen nicht entbehrlich. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung des Sachverständigen, von der er nur wissenschaftlich begründet abweichen kann, und macht sein Gutachten für die Beteiligten und das Gericht transparent und nachvollziehbar. Denn auch für die Beurteilung des Einzelfalles kommt es nicht auf die allgemeine wissenschaftliche Auffassung des einzelnen Sachverständigen an, sondern den aktuellen medizinischen Erkenntnisstand. Schädigendes Ereignis muss klar festgestellt sein Ohne klare Feststellung des oder der schädigenden Ereignisse und der naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhänge hinsichtlich der geltend gemachten Gesundheitsstörung kann eine zuverlässige Ursachenbeurteilung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und in Abwägung der verschiedenen Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache nicht erfolgen. Schwere des Unfallereignisses ist von Bedeutung Die Schwere des Unfallereignisses ist von Bedeutung (zum Missverhältnis zwischen Unfallereignis, Krankheitsverlauf und psychischen Reaktionen vgl S. Brandenburg, MedSach 1997, 40, 41 f). Hinzu kommt, dass bestimmte Diagnosen ein entsprechend schweres Ereignis voraussetzen, zB erfordert das posttraumatische Belastungsssyndrom nach der ICD 10 F 43.1 "ein belastendes außergewöhnliches Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde". Wesentlichkeit wissenschaftlich begründet Auch die Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache bei psychischen Gesundheitsstörungen muss wissenschaftlich begründet sein. Berücksichtigung konkurrierender Ursachen Wunschbedingte Vorstellungen seitens des Versicherten nach einem Unfall, zB allgemein nach einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ("Unfall als Regressionsangebot") oder konkret auf eine Verletztenrente, vermögen einen wesentlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und nun bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen nicht zu begründen. Soweit diese Vorstellungen neben das als naturwissenschaftliche Ursache der bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen anzusehende Unfallereignis treten, sind sie als konkurrierende Ursache zu würdigen und können nach dem oben Gesagten der Bejahung eines wesentlichen Ursachenzusammenhangs zwischen der versicherten Ursache Unfallereignis und den psychischen Gesundheitsstörungen entgegenstehen (BSGE 18, 173, 176 = SozR Nr 61 zu § 542 RVO; BSG vom 29. Januar 1986 9b RU 56/84 -; BSG vom 5. August 1987 9b RU 36/86 - SozR 2200 § 581 Nr 26; vgl zum sozialen Entschädigungsrecht BSGE 19, 275, 278 = Nr 174 zu § 162 SGG; zum Zivilrecht: BGHZ 137, 142, 148 ff). siehe Bundessozialgericht B 2 U 1/05 R 09.05.2006 Symptome Dissoziation Flashbacks ----Albträume Vermeidungsverhalten -------Unterdrücken der belast. Erinnerung Gefühlstaubheit --- vegetative Übererregung Ängstlichkeit --- Depression Erklärung(sversuch) Verarbeitung im Sinne exzessiver negativer Bewertung: => negative Emotionen zusätzlich => Vermeidungsverhalten Störung des Traumagedächtnisses: ( schlimmes Geheimnis) (Wiedererleben ) situative Auslöser erzeugen Gefühl der aktuellen Bedrohung Therapie Kontakte wiederaufbauen kontrolliertes Wiedererleben Imaginationsübung en Konfrontation in vivo Selbsterprobung kontinuierliche Supervision Traumagedächtnis elaborieren dysfunktionale Traumabewertungen modifizieren Verhaltensstrategien müssen fallengelassen werden http://www.joachim‐ skupien.de/?Glossar_zur_gesetzlichen_Unfallversicherung:P:Posttraumatische_Belastungsst%F6rung