Pressemitteilung - Universität Tübingen

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Pressemitteilung
Tübingen, 10. September 2007
Exotische Sterne und der Versuch einer Erklärung
Internationales Forschungssymposium über Sterne ohne Wasserstoff
Vom 17. bis 21. September 2007 veranstaltet das Institut für Astronomie und Astrophysik der
Universität ein internationales astrophysikalisches Symposium mit dem Titel "HydrogenDeficient Stars". Ziel der Veranstaltung ist es, der Lösung des Rätsels um eine Gruppe besonders ungewöhnlicher Sterne näher zu kommen.
Fast alle Sterne haben an ihrer Oberfläche eine chemische Zusammensetzung, die sehr gut
verstanden ist. Wasserstoff und Helium, die beiden leichtesten chemischen Elemente, machen zu 73% bzw. 25% die Materie aus. Die restlichen 2% sind „schwere Elemente“, vorwiegend Kohlenstoff und Sauerstoff. Es gibt allerdings auch einige wenige Sterne, bei denen
das üblicherweise häufigste Element, der Wasserstoff, vollständig fehlt. Diese Exoten, die
Hydrogen-Deficient Stars, sind für die Astrophysiker besonders interessant, weil ihre Existenz mit den üblichen Theorien zur Entwicklung der Sterne nicht erklärt werden kann.
Alle Sterne verdanken ihr Leuchten den Kernfusionsprozessen, die in ihrem tiefen und heißen Innern ablaufen. Dabei werden Wasserstoff und Helium zu schwereren Elementen verschmolzen. Die „Brennasche“ dieser Kernfusion, vorwiegend Kohlenstoff und Sauerstoff,
bleibt im Sterninnern eingelagert. Am Ende seines Lebens wird ein Stern wie die Sonne fast
ausschließlich aus diesen beiden Elementen bestehen, allerdings bleiben sie verborgen unter einer chemisch unveränderten, also vorwiegend aus Wasserstoff und Helium bestehenden, Hülle. Für uns als Beobachter scheint sich der Stern also chemisch in seinem Aussehen
gar nicht zu verändern. In diesem Sinne sind diejenigen wenigen Sterne, die gar keinen
Wasserstoff mehr zeigen, sondern im Wesentlichen nur die Elemente, die ansonsten im Inneren verborgen bleiben, exotisch. Was ist mit ihnen passiert, dass sie ihren Wasserstoff
komplett verloren haben?
Eine mögliche Erklärung wird schon lange diskutiert, ja sie ist sogar eine unerwartete theoretische Vorhersage aus Sternentwicklungssimulationen. Sterne wie unsere Sonne werden ihr
Leben als so genannte weiße Zwerge beenden, das sind erkaltende „Sternleichen“, sobald
sie ihren „Brennstoff“, also Wasserstoff und Helium, fast vollständig aufgebraucht haben.
Überraschenderweise kann es allerdings unter bestimmten Umständen zu einem Wiedereinsetzen der Fusion des restlichen verbliebenen Heliums kommen. Dieses Ereignis setzt im
Sterninneren in kürzester Zeit sehr viel Energie frei. Man spricht von einem „Helium-Blitz“,
der als eine gewaltige thermonukleare Explosion angesehen werden kann. Der ehemals „toEBERHARD KARLS UNIVERSITÄT TÜBINGEN
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te“ weiße Zwerg ist nun wieder ein hell leuchtender Stern geworden. Aus diesem Grund bezeichnen die Astrophysiker solche Sterne als „wiedergeboren“.
In Folge dieses Helium-Blitzes kommt es zu großräumigen Materiebewegungen im Stern
(„Konvektion“). Der an der Sternoberfläche verbliebene Wasserstoff wird in das Sterninnere
gezogen, während gleichzeitig die „Asche“ der Heliumfusion, also Kohlenstoff und Sauerstoff, an die Sternoberfläche gerät und damit von uns gesehen werden kann. Damit ergibt
sich die faszinierende Möglichkeit, sämtliche im Sterninneren erzeugten Elemente direkt zu
sehen. Wir können Aussagen darüber machen, wie effektiv welche chemischen Elemente in
Sternen erzeugt werden und damit die chemische Entwicklung des Universums angetrieben
wird.
Dieses theoretische Szenario zur Bildung von „Sternen ohne Wasserstoff“ enthält eine Reihe
von anderen beobachtbaren Vorhersagen, anhand derer man es überprüfen kann. Diese
Vorhersagen stimmen aber nur zum Teil mit Beobachtungen überein. Das könnte daran liegen, dass Details dieses Szenarios unverstanden sind. Es wird aber auch diskutiert, dass
diese exotischen Sterne auch ganz anders gebildet wurden. Es ist denkbar, dass das Verschwinden des Wasserstoffs durch großräumige Materiebewegungen nicht durch einen Helium-Blitz verursacht wird, sondern durch die Verschmelzung des Sterns mit einem engen
Begleitstern oder einem seiner Planeten.
Der Klärung dieser und damit zusammenhängender Fragen versucht das Forschungssymposium näher zu kommen. Es werden etwa 80 Wissenschaftler aus 20 Ländern daran teilnehmen.
Weitere Informationen unter: http://astro.uni-tuebingen.de/~rauch/HYDEF07.html
Foto eines exotischen Sterns unter: http://www.uni-tuebingen.de/uni/qvo/index.html
Kontaktpersonen:
Prof. Klaus Werner und Dr. Thomas Rauch
Institut für Astronomie und Astrophysik
Universität Tübingen
Tel: 07071/29-78601
E-Mail: [email protected]
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