1 Erwartungswert / mean value / moyen E[X] Akademische Disziplin der Statistik/academic field of statistics/ la discipline statistique/estadística/disciplina academica della statistica Erwartungswert einer Zufallsvariablen / mean value of a random variable Definition (Erwartungswert einer diskreten Zufallsvariablen X) Sei X eine diskrete Zufallsvariable mit Zähldichte pk = P(X=xk ), k∈K. K ist die Indexmenge, mit der die Elemente des Ereignisraums Ω bezeichnet werden: Ω = {ω k | k ∈ K }. Dann heißt die Zahl E(X) := ∑ p k⋅X k k∈K Erwartungswert von X. K enthält endlich viele oder abzählbar viele Werte xi ; i = 1, 2, …, n oder i = 1, 2, …, ∞. Definition (Erwartungswert einer stetigen Zufallsvariablen X) Sei X eine stetige Zufallsvariable mit der Dichtefunktion f: D → R. Dann heißt die Zahl E(X) := xf(x)dx D Erwartungswert von X. Zu beiden Definitionen werden einige Illustrationen gegeben. 2 Illustration 1 (Der faire, ideale, ungezinkte Würfel) Ω = {k ∈ K | K={1,2,3,4,5,6}} = {1, 2, 3, 4, 5, 6} sowie p k = 1 (k=1,2,3,4,5,6) 6 6 1 6 E(X) = ∑ p k x k = ∑ k = 3.5. 6 k=1 k=1 Illustration 2 (Eine diskrete Dreiecksdichte) Sei X eine Zufallsvariable X : Ω → R mit Ω = { k ∈ K | K={1,2,...,K}} = { 1, 2, 3, ..., K} sowie p k = ak (k=1,2,...,K). Dann folgt für a (wegen der Eigenschaften der Wahrscheinlichkeit) K K aK(K+1) 2 1 = ∑ pk = a ∑ k = ⇒a= 2 K(K+1) und k=1 k=1 K K 2 2K+1 E(X) = ∑ p k x k = a ∑ k = . 3 k=1 k=1 Illustration 3 (Symmetrie, Formulierung als Aufgabe) Gegeben sei die Zufallsvariable X mit folgenden Werten und zugehöriger Zähldichte xk -2 -1 0 1 2 pk 0.125 0.25 0.25 0.25 0.125 Berechnen Sie den Erwartungswert von X. Lösung: E(X)=0 aus Symmetrie; dies gilt allgemein für symmetrische Zufallsvariable. Sei X eine Zufallsvariable, deren Dichtefunktion f die Eigenschaft f(x) = f(-x) für alle x∈R besitzt. Dann gilt, daß 0 der Erwartungswert von X ist, wenn überhaupt ein Erwartungswert existiert. M.a.W. es gilt der folgend Satz. Satz (Mittelwert einer symmetrischen Zufallsgröße) Eine um den Punkt S symmetrisch verteilte Zufallsvariable X hat den Mittelwert S. Beweis: Sei X diskret. Dann gibt es zu jeder Realisierung S + xk =: yk mit pk = P[X = yk ] ein anderes y i =S-xk mit gleichem pk = pi = P[X = yi ]; damit ist der Beweis für den diskreten Fall abgeschlossen. Sei X stetig. Dann gilt für die Dichte f(S+x) = f(S-x). Illustration 4 Sei p1 = P[X = -2], p2 = P[X = -1], p3 = P[X = 1], p4 = P[X = 2] und p1 = p4 und p2 = p3, dann ist S=0. 3 Illustration 5 (Drei Zähldichten mit identischem Mittelwert nach Prof. Schwarze) xj 4 6 8 10 12 14 16 Dichte 1 0.05 0.05 0.15 0.5 0.15 0.05 0.05 Dichte 2 0 0.15 0.2 0.3 0.2 0.15 0 Dichte 3 0.05 0.1 0.15 0.25 0.4 0.05 0 E(X) = 10 Schwarze-102 0,6 0,5 0,4 Dichte 1 Dichte 1 Dichte 2 0,3 Dichte 3 0,2 0,1 16 14 12 10 8 6 4 0 x M.a.W. Der Mittelwert reicht nicht aus, um eine diskrete Zufallsvariable zu charakterisieren. Die graphischen Abbildungen der drei Dichten folgen auf der nächsten Seite. 4 Die Zähldichten der Illustration 4 5 Die Verteilungen der Illustration 5 6 Die Verteilungen der drei Zufallsvariablen in einem Bild: M.a.W. der Mittelwert reicht nicht aus, um eine Verteilung zu charakterisieren. Illustration 6 (Eine stetige Dreiecksverteilung) Sei X gemäß der Dreiecksverteilung 10.2 mit Parametern a=b=0, c=2 und h=1 verteilt. Dann hat X die Dichte f(x) = 1 - 0.5x , 0≤x≤2 und das Aussehen: f(x) 1 0 1 2 x Es ist 2 3 2 x x 2 E(X) = xf(x)dx = (1-0.5x)xdx = = . | D 2 6 0 3 0 2 Illustration 7 (Eine stetige Zufallsvariable) Sei X eine Zufallsvariable mit der Dichtefunktion f(x) = axb, 0<x<b, d.h. D = (0,b). Aus der Bedingung D f(x)dx = 1 erhält man: b b+1 ab b+1 b+1 b+1 b(b+1) 1= f(x)dx = ⇒a= und E(X) = xf(x)dx = ( )x dx = . b+1 b+1 b+2 D 0 bb+1 b 0 b 7 Bemerkung 1 (Lineare Transformation von Zufallsvariablen) Sei g: R → R eine integrierbare Funktion. Dann gilt: E(g(X)) = ∑ g(xk)pk , falls X diskret ist und k E(g(X)) = D g(x)f(x)dx , falls X stetig ist. Insbesondere gilt mit Y:= a + bX (a,b∈R): E(Y) = a + bE(X). Beweis: Ist X diskret, dann ist auch Y diskret und es gilt: E(Y) = ∑ p k yk = ∑ p k(a + bxk) = a ∑ p k + b∑ p k x k =a + bE(X) . k k k k Ist X stetig, dann ist auch Y stetig und es gilt: E(Y) = yf(y)dy = (a+bx)f(x)dx = a f(x)dx + b xf(x)dx = a + bE(X) n D D D D Bemerkung 2 (Ungleichung von Markov) Sei X eine Zufallsvariable mit nichtnegativen Werten, dann gilt die folgende Markovsche Ungleichung: E(X) P[ X ≥ c] ≤ , c > 0. c Beweis: Hier wird nur der diskrete Fall vorgeführt. Falls X stetig ist, verläuft der Beweis analog. E(X) = ∑ p k x k = ∑ p k x k + ∑ p k x k ≥ k k:x k <c k:x k ≥c ∑ p x = c ∑ p = c P(X ≥ c) . k:x k ≥c k k k:x k ≥c k Beispiel 1 Beispiel 2 Beispiel 3 Beispiel 4 Beispiel 5 Beispiel 6 n (Eine stetige parametrische Verteilung mit Mittelwert 1 und variabler Varianz) (Eine diskrete Zufallsvariable für die der Mittelwert nicht existiert) (Eine stetige Zufallsvariable für die der Mittelwert nicht existiert) (Die fragwürdige Rolle des Durchschnitts) (Das arithmetische Mittel einer identisch und unabhängig verteilten Zufallsstichprobe, Formulierung als Aufgabe) (Formulierung als Aufgabe zu einer diskreten Dreiecksverteilung) (RELIABILITY, STATISTICS, BIAS, CHEBYSHEV, VARIANCE, EFFICIENCY, VARIATION)