Zufallsvariablen und ihre Verteilung(16.09.2004)

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Statistik III
Walter Zucchini
Fred Böker
Andreas Stadie
Inhaltsverzeichnis
1 Zufallsvariablen und ihre Verteilung
1
1.1
Diskrete Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.2
Stetige Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
1.3
Die Verteilungsfunktion einer Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . .
6
2 Erwartungswert
12
2.1
Erwartungswert einer Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.2
Erwartungswert einer Funktion einer Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . .
17
2.3
Momente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
2.4
Die Varianz einer Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
3 Stetige Verteilungen
23
3.1
Rechteckverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
3.2
Normalverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
3.3
Gammaverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
3.4
Chiquadratverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
3.5
Exponentialverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
3.6
Betaverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
4 Diskrete Verteilungen
60
4.1
Bernoulli-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
4.2
Binomialverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
4.3
Geometrische Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
4.4
Die negative Binomialverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
4.5
Poissonverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
5 Beziehungen zwischen Verteilungen
5.1
74
Diskrete Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
5.1.1
74
Bernoulli-Verteilung, Binomialverteilung . . . . . . . . . . . . . .
I
II
Inhaltsverzeichnis
5.2
5.1.2
Bernoulli-Verteilung, Geometrische Verteilung . . . . . . . . . . .
75
5.1.3
Bernoulli-Verteilung, Negative Binomialverteilung . . . . . . . . .
75
5.1.4
Geometrische Verteilung, Negative Binomialverteilung . . . . . . .
75
5.1.5
Binomialverteilung, Poissonverteilung . . . . . . . . . . . . . . . .
76
5.1.6
Binomialverteilung, Normalverteilung . . . . . . . . . . . . . . . .
77
5.1.7
Negative Binomialverteilung, Normalverteilung . . . . . . . . . . .
77
5.1.8
Summen poissonverteilter Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . . .
78
5.1.9
Poissonverteilung, Normalverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
Stetige Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
5.2.1
Exponentialverteilung, Gammaverteilung, Normalverteilung . . . .
79
5.2.2
Summe von gammaverteilten Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . .
79
5.2.3
Gammaverteilung, 2 -Verteilung, Normalverteilung . . . . . . . .
80
5.2.4
Summen normalverteilter Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . . .
80
5.2.5
Normalverteilung, 2 -Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
5.2.6
Normalverteilung, t-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
5.2.7
Normalverteilung, F-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
5.2.8
Normalverteilung, Lognormalverteilung . . . . . . . . . . . . . . .
87
6 Gemeinsame Verteilung von Zufallsvariablen
6.1
90
Gemeinsame Verteilungen zweier Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . . .
90
6.1.1
Gemeinsame Verteilung zweier diskreter Zufallsvariablen . . . . .
91
6.1.2
Gemeinsame Verteilung zweier stetiger Zufallsvariablen . . . . . .
92
6.1.3
Die gemeinsame Verteilungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . .
99
6.2
Gemeinsame Momente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
102
6.3
Bedingte Verteilungen, Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
110
6.3.1
Bedingte Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
110
6.3.2
Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
116
Die bivariate Normalverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
119
6.4
7 p-dimensionale Zufallsvariablen
125
7.1
Definitionen, Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
125
7.2
Die p-dimensionale Normalverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
130
7.3
Summen und Linearkombinationen von Zufallsvariablen . . . . . . . . . .
134
7.4
Weiteres zur multivariaten Normalverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . .
136
8 Schätzung von Parametern
8.1
Schätzmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
142
142
Inhaltsverzeichnis
8.2
III
8.1.1
Die Methode der Momente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
142
8.1.2
Die Maximum-Likelihood-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . .
144
Einige Eigenschaften von Schätzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
150
8.2.1
Erwartungstreue, Bias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
150
8.2.2
Standardfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
152
8.2.3
Mittlerer quadratischer Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
154
8.2.4
Konsistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
155
8.2.5
Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
158
9 Mischverteilungen
160
9.1
Diskrete Mischung diskreter Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
160
9.2
Diskrete Mischung stetiger Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
166
9.3
Stetige Mischungen diskreter Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
173
9.3.1
Die Beta-Binomialverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
173
9.3.2
Die negative Binomialverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
177
ML–Schätzung bei Mischverteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
179
9.4.1
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
179
9.4.2
Die Likelihoodfunktion für Mischverteilungen . . . . . . . . . . .
179
9.4.3
Parameterschätzung mit C.A.MAN . . . . . . . . . . . . . . . . .
182
9.4
10 Bayes’sche Verfahren
186
10.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
186
10.2 Das Theorem von Bayes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
186
10.3 Bayes’sche Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
190
10.4 Bemerkungen zu konjugierten Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
205
Literatur
208
Index
210
Formeln
216
Kapitel 1
Zufallsvariablen und ihre Verteilung
1.1 Diskrete Zufallsvariablen
Definition 1.1 Eine Zufallsvariable X heißt diskret, wenn sie nur endlich viele oder
höchstens abzählbar unendlich viele Werte annehmen kann.
Beispiel 1.1 Wir betrachten drei Situationen, die sich in den Bereichen der möglichen Werte unterscheiden.
a) Eine Münze wird zweimal geworfen. Sei X die Anzahl der dabei geworfenen ,,Köpfe”. Die
möglichen Werte dieser Zufallsvariablen sind: ; ; :
012
b) Eine Münze wird so lange geworfen, bis zum ersten mal ,,Zahl” erscheint. X sei die Anzahl der
bis dahin geworfenen ,,Köpfe”. Die möglichen Werte dieser Zufallsvariablen sind: ; ; ; : : : :
012
c) Sei X die Anzahl der Autos, die eine Firma im nächsten Jahr verkauft. Die möglichen Werte
dieser Zufallsvariablen sind: ; ; : : : ; N: (Dabei sei N die Anzahl der maximal produzierbaren
Autos.)
01
Definition 1.2 Sei X eine diskrete Zufallsvariable. Die Funktion PX mit
PX (x) = P (fX
=
xg)
heißt die Wahrscheinlichkeitsfunktion von X .
Wir wollen die Wahrscheinlichkeitsfunktionen für die drei Situationen aus Beispiel 1.1 bestimmen.
Beispiel 1.1 a:
Wir gehen von der Annahme aus, dass die Münze fair ist, d.h. beide Seiten der Münze, die wir mit K
für ,,Kopf” und Z für ,,Zahl” bezeichnen, haben die gleiche Chance aufzutreffen.
Möglichkeiten:
Werte von X :
Wahrscheinlichkeit:
(ZZ)
0
(ZK)
1
(KZ)
1
(KK)
2
1=4 1=4 1=4 1=4
1
2
KAPITEL 1. ZUFALLSVARIABLEN UND IHRE VERTEILUNG
Fasst man gleiche Werte von X zusammen, so ergibt sich:
P (fX = xg)
1=4
1=2
1=4
x
0
1
2
Dafür schreibt man auch
1=4
1=2
PX (x) = >
1=4
>
>
:
0
x=0
x=1
x=2
sonst :
8
>
>
>
<
Abbildung 1.1 zeigt eine graphische Darstellung der Wahrscheinlichkeitsfunktion. Die Höhe der
Stäbe entspricht den Wahrscheinlichkeiten.
1.0
P(x)
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
-1
0
1
2
3
x (Anzahl der Koepfe)
Abbildung 1.1: Wahrscheinlichkeitsfunktion für die Anzahl der Köpfe beim zweifachen
Münzwurf
Beispiel 1.1 b:
Die folgende Tabelle gibt die möglichen Wurffolgen bis zur ersten ,,Zahl” und die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten an.
Wurffolge
Z
KZ
KKZ
Wahrscheinlichkeit
1=2
1=4
1=8
Anzahl ,,Köpfe”
.
..
(1=2)k+1
.
..
x=k
.
..
K:::KZ
x=0
x=1
x=2
Damit ist die Wahrscheinlichkeitsfunktion von X gegeben durch
PX (x) =
(
(1=2)x+1
0
für x
sonst :
= 0; 1; 2; :::
Abbildung 1.2 zeigt den Graphen der Wahrscheinlichkeitsfunktion.
1.2. STETIGE ZUFALLSVARIABLEN
3
1.0
P(x)
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
-1 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9 10
x (Anzahl der Koepfe vor Zahl)
Abbildung 1.2: Wahrscheinlichkeitsfunktion für die Anzahl der Köpfe vor der ersten Zahl
Beispiel 1.1 c:
In diesem Beispiel können wir ohne zusätzliche Information keine Wahrscheinlichkeitsfunktion aufstellen.
Satz 1.1 Eine Wahrscheinlichkeitsfunktion hat die Eigenschaften:
a) PX (x) 0 für alle x ;
b) PX (x) > 0 für höchstens abzählbar unendlich viele x ;
c)
P
P (x) = 1 :
x X
Bei diskreten Zufallsvariablen gibt es Lücken zwischen den einzelnen Werten, d.h. Werte,
die die Zufallsvariable nicht annehmen kann.
1.2 Stetige Zufallsvariablen
Es gibt auch Zufallsvariablen, die im Prinzip jeden Zwischenwert annehmen können, z.B.
Temperatur am Mittag
Marktanteil
Umsatz
Solche Zufallsvariablen heißen stetig. Man verwendet eine Dichtefunktion, um Wahrscheinlichkeiten zu beschreiben.
4
KAPITEL 1. ZUFALLSVARIABLEN UND IHRE VERTEILUNG
Definition 1.3 Die Dichtefunktion fX einer stetigen Zufallsvariablen X hat die Eigenschaften
a) fX (x) 0
b)
für alle x,
1
R
fX (x)dx = 1,
1
c) P (fa X
b
bg) = Ra fX (x)dx
für alle a und b mit a b.
Die in Definition 1.3 erwähnte Wahrscheinlichkeit kann aufgefasst werden als Fläche unterhalb der Dichtefunktion zwischen den Punkten a und b (siehe Abbildung 1.3).
0.5
f(x)
0.4
0.3
0.2
P({a<X<b})
0.1
0.0
-4
-2
a
0
2
b
4
x
Abbildung 1.3: Wahrscheinlichkeit als Fläche unter der Dichtefunktion
Eine stetige Zufallsvariable kann jeden möglichen Wert in dem Bereich annehmen, in dem
fX (x) > 0 ist. Wichtig ist jedoch die folgende Eigenschaft stetiger Zufallsvariablen. Sei X
eine stetige Zufallsvariable und x0 ein beliebiger Wert. Dann ist
P (fX
=
x0 g) = 0 :
Das bedeutet, die Wahrscheinlichkeit, dass eine stetige Zufallsvariable einen ganz bestimmten Wert x0 annimmt, ist gleich Null. Man erinnere sich daran, dass eine diskrete Zufallsvariable jeden ihrer möglichen Werte mit positiver Wahrscheinlichkeit annehmen kann.
Für stetige Zufallsvariablen gilt damit für alle a und b mit a b
P (fa X
bg) = P (fa < X bg) = P (fa X < bg) = P (fa < X < bg) :
Überzeugen Sie sich, dass diese Eigenschaft für diskrete Zufallsvariablen nicht gilt, indem
Sie die obigen Wahrscheinlichkeiten für Beispiel 1.1 a mit a = 0 und b = 2 ausrechnen.
Eine Dichtefunktion beschreibt das Verhalten einer stetigen Zufallsvariablen. Man kann sie
auch als die Antwort auf Fragen folgender Art ansehen:
1.2. STETIGE ZUFALLSVARIABLEN
5
Wie groß wird unser Marktanteil im nächsten Jahr sein (wenn wir, wie bis jetzt, weitermachen)?
Solche Fragen haben keine einfachen Antworten, wie z.B. 23.4%.
0.10
f(x)
0.08
0.06
0.04
0.02
0.0
0
10
20
30
40
50
x (Marktanteil in %)
Abbildung 1.4: Mögliche Dichtefunktion für den Marktanteil im nächsten Jahr
Der genaue Anteil wird von vielen und komplexen Faktoren abhängen, z.B. politischen Faktoren, dem
Klima und anderen zufälligen Einflüssen, die man nicht im voraus wissen kann. Man ist höchstens in
der Lage, die möglichen Werte zu bestimmen und anhand statistischer Methoden ihr wahrscheinliches
Verhalten zu schätzen. Die Antwort auf solche Fragen beschreibt man mit Hilfe einer Dichtefunktion.
So könnte der Marktanteil im nächsten Jahr durch die Dichtefunktion in Abbildung 1.4 gegeben sein.
0.10
f(x)
0.08
0.06
0.04
P({X<20})
0.02
0.0
0
10
20
30
40
50
x (Marktanteil in %)
Abbildung 1.5: P (fX < 20g) als Fläche unterhalb der Dichtefunktion
Um Entscheidungen zu treffen, muss man mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten. Solch eine Entscheidung könnte z.B. sein: Soll man jetzt etwas dagegen unternehmen, dass der Marktanteil im nächsten
sinkt oder sollen wir jetzt nichts unternehmen. Dazu muss man wissen, wie groß
Jahr nicht unter
diese Wahrscheinlichkeit ist. Kennt man die zugehörige Dichtefunktion, so ist diese Wahrscheinlichkeit gegeben durch
20%
P (fX < 20g) =
Z20
1
fX (x)dx :
6
KAPITEL 1. ZUFALLSVARIABLEN UND IHRE VERTEILUNG
Diese Wahrscheinlichkeit entspricht der Fläche unterhalb der Dichtefunktion links von
bildung 1.5).
20 (siehe Ab-
1.3 Die Verteilungsfunktion einer Zufallsvariablen
Definition 1.4 Die Verteilungsfunktion einer Zufallsvariablen X ist definiert durch
FX (t) = P (fX
tg)
t 2 IR :
Diese Definition gilt für eine beliebige Zufallsvariable, egal ob diese stetig oder diskret ist.
0.5
f(x)
0.4
0.3
0.2
F(t)
0.1
0.0
0
2
t
4
6
8
10
x
Abbildung 1.6: Verteilungsfunktion F (t) als Fläche unterhalb der Dichtefunktion
Satz 1.2
a) Für eine stetige Zufallsvariable X mit Dichtefunktion fX (x) gilt
FX (t) =
Z
t
1
fX (x)dx :
b) Für eine diskrete Zufallsvariable X mit Wahrscheinlichkeitsfunktion PX (x) gilt
FX (t) =
X
xt
PX (x) :
1.3. DIE VERTEILUNGSFUNKTION EINER ZUFALLSVARIABLEN
7
Bei einer stetigen Zufallsvariablen kann man sich unter der Verteilungsfunktion die Fläche
unterhalb der Dichtefunktion von 1 bis t vorstellen (siehe Abbildung 1.6).
Beispiel 1.2 (Exponentialverteilung mit Parameter = 1) Die Dichtefunktion der Zufallsvaria-
blen X sei gegeben durch
fX (x) =
(
e x für x 0
0 sonst :
1.5
f(x)
1.0
0.5
0.0
0
1
2
3
4
5
x
Abbildung 1.7: Dichtefunktion der Exponentialverteilung mit dem Parameter = 1
1.0
F(t)
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
0
1
2
3
4
5
t
Abbildung 1.8: Verteilungsfunktion der Exponentialverteilung mit dem Parameter = 1
Dann ist die Verteilungsfunktion
FX (t) =
0
0
Dieses Integral ist für t < . Für t Z
0
t
Z
t
1
fX (x)dx :
0 erhält man
e x dx = e x t0 = ( e t )
(
e 0) = e t + 1 = 1
e t:
8
KAPITEL 1. ZUFALLSVARIABLEN UND IHRE VERTEILUNG
Damit gilt für die Verteilungsfunktion (siehe Abbildung 1.8)
FX (t) =
(
0
1
für t < 0
e t für t 0 :
Beispiel 1.3 (Anzahl der ,,Köpfe” beim zweifachen Münzwurf) In Beispiel 1.1a hatten wir die
folgende Wahrscheinlichkeitsfunktion für die Anzahl der ,,Köpfe” beim zweifachen Werfen einer
Münze bestimmt.
1=4
1=2
PX (x) = >
1=4
>
>
:
0
8
>
>
>
<
für x
für x
für x
sonst
=0
=1
=2
Die Verteilungsfunktion ist dann
8
>
>
>
<
0
1=4
FX (t) = >
3=4
>
>
:
1
0
für t <
für
t<
für
t<
für
t:
0
1
2
1
2
Diese Verteilungsfunktion ist in Abbildung 1.9 zusammen mit der Wahrscheinlichkeitsfunktion dargestellt.
Wahrscheinlichkeitsfunktion
P(x)
1.0
0.5
0.0
-2
-1
0
1
2
3
4
3
4
x (Anzahl der Koepfe)
Verteilungsfunktion
F(t)
1.0
0.5
0.0
-2
-1
0
1
2
t (Anzahl der Koepfe)
Abbildung 1.9: Wahrscheinlichkeits- und Verteilungsfunktion für die Anzahl der Köpfe beim
zweifachen Münzwurf
1.3. DIE VERTEILUNGSFUNKTION EINER ZUFALLSVARIABLEN
9
Anschaulich ist die Verteilungsfunktion also die Summe der Höhen der Stäbe bis einschließlich t. Beachten Sie, dass die Verteilungsfunktion an den Sprungstellen den oberen Wert
annimmt. Die Verteilungsfunktion ist also stetig von rechts.
Satz 1.3 (Eigenschaften einer Verteilungsfunktion) Eine Verteilungsfunktion FX hat
die Eigenschaften:
a)
b)
c)
FX (t) 1 ;
FX (t1 ) FX (t2 ),
0
falls t1 < t2 ;
t!lim1 FX (t) = 0 ;
tlim
!1 FX (t) = 1 ;
e) FX ist stetig von rechts.
d)
Jetzt sei die Verteilungsfunktion einer Zufallsvariablen X gegeben, und wir wollen die Dichteoder Wahrscheinlichkeitsfunktion von X bestimmen.
Satz 1.4 Sei X eine stetige Zufallsvariable mit der Verteilungsfunktion FX . Dann ist die
Dichtefunktion von X gegeben durch
fX (x) = FX0 (x) :
Beispiel 1.4 (Exponentialverteilung mit dem Parameter stetigen Zufallsvariablen sei (vergleiche Beispiel 1.2)
FX (x) =
(
0
1
= 1) Die Verteilungsfunktion einer
für x 0
e x für x > 0 :
Dann gilt
fX (x) =
dFX (x)
dx
(
= 00 (
für x 0
e x ) = e x für x > 0 :
Für diskrete Zufallsvariablen erhält man die Wahrscheinlichkeitsfunktion, indem man an den
Sprungstellen der Verteilungsfunktion die Differenz berechnet.
10
KAPITEL 1. ZUFALLSVARIABLEN UND IHRE VERTEILUNG
Beispiel 1.5 Die Verteilungsfunktion einer diskreten Zufallsvariablen X sei gegeben durch
0
1=8
FX (x) = > 3=8
>
>
7=8
>
>
:
1
8
>
>
>
>
>
<
x<1
1x<2
2x<3
3x<4
4x:
X kann die Werte 1; 2; 3 und 4 annehmen. Da FX an der Stelle 1 von 0 auf 1=8 springt, wird der
Wert 1 mit der Wahrscheinlichkeit 1=8 angenommen, der Wert 2 mit der Wahrscheinlichkeit FX (2)
FX (1) = 3=8 1=8 = 1=4. Die vollständige Wahrscheinlichkeitsfunktion ist
1=8
1=4
PX (x) = > 1=2
>
>
1=8
>
>
:
0
8
>
>
>
>
>
<
x=1
x=2
x=3
x=4
sonst :
Abbildung 1.10 zeigt die Verteilungsfunktion und die Wahrscheinlichkeitsfunktion.
Verteilungsfunktion
1.0
F(x)
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
-1
0
1
2
3
4
5
6
5
6
x
Wahrscheinlichkeitsfunktion
1.0
P(x)
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
-1
0
1
2
3
4
x
Abbildung 1.10: Verteilungs- und Wahrscheinlichkeitsfunktion für Beispiel 1.5
Allgemein gilt:
1.3. DIE VERTEILUNGSFUNKTION EINER ZUFALLSVARIABLEN
11
Satz 1.5 Sei X eine diskrete Zufallsvariable mit der Verteilungsfunktion FX . Dann ist
die Wahrscheinlichkeitsfunktion von X gegeben durch
PX (x) = FX (x)
lim FX (x
h!0
h>0
h) :
Mit Hilfe der Verteilungsfunktion ist es besonders einfach, Wahrscheinlichkeiten auszurechnen, dass eine Zufallsvariable Werte in einem Intervall (a; b℄ annimmt. Denn es gilt:
Satz 1.6 Sei X eine Zufallsvariable mit der Verteilungsfunktion FX . Dann gilt
P (fa < X
bg) = FX (b)
FX (a) :
(1.1)
Dieser Satz gilt sowohl für stetige als auch für diskrete Zufallsvariablen. Wie wir schon
gesehen haben (siehe S. 4), kommt es bei stetigen Zufallsvariablen nicht darauf an, ob es in
der Gleichung (1.1) < oder heißt. Für diskrete Zufallsvariablen gilt dieser Satz jedoch nur
in dieser Form, wenn a und b mögliche Werte der Zufallsvariablen sind!
Beispiel 1.6 (Exponentialverteilung mit dem Parameter stetigen Zufallsvariablen sei (vergleiche Beispiel 1.2 und 1.4)
FX (x) =
(
0
1
e x
für x für x >
= 1) Die Verteilungsfunktion einer
0
0:
Dann gilt
P (f1 < X
2g) = FX (2)
=
e 1
FX (1) = (1
2
e = 0:3679
e 2 ) (1 e 1 )
0:1353 = 0:2326 :
Beispiel 1.7 Die Zufallsvariable X besitze die Verteilungsfunktion aus Beispiel 1.5. Dann gilt
P (f1 < X
3g) = FX (3) FX (1) = 7=8 1=8 = 3=4
P (f1 < X < 3g) = FX (2) FX (1) = 3=8 1=8 = 1=4
P (f1 X 3g) = FX (3) = 7=8
und
P (f1 X < 3g) = FX (2) = 3=8 :
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