Lösungsblatt 1 Interdisziplinäre Institutionenanalyse Fachbereich Finanzwissenschaft Universität Heidelberg Christian F. Pfeil Ökonomische Grundlagen Frage 1 - Bestimmungsfaktoren • Gruppe 1: individuell kontrollierbare Faktoren – Zeit für Bildung des Humankapitals – Zeit zur Verrichtung der Arbeit – Konsumverzicht zwecks Vermögensaufbau • Gruppe 2: individuell nicht kontrollierbare Faktoren – gesellschaftliche Rahmenbedingungen (Wissensstand und Kapitalstock der Volkswirtschaft) – genetische Veranlagung – Angebots- und Nachfrageschocks mit dauerhafter Wirkung auf Preise der Produktionsfaktoren Frage 1 - Situation Lebensbeginn • anfangs sind beide Gruppen unsicher • zu Beginn des Arbeitslebens ist die Verwertung der Qualitäten unsicher • → Einkommensunsicherheit Frage 1 - Risikoeinstellung • risikoscheu bzw. -avers (Bsp.: risikobehaftete Finanzanlagen beinhalten Risikoprämie) Unsicherheit und Risikoaversion sind Gründe für Nachfrage nach Versicherungen, Arbeitslosenversicherung als Beispiel für staatliche Versicherung gegen Einkommensunsicherheit (Wohlfahrtsstaat) Frage 2a - Annahmen • ex ante sehr viele identische Individuen • Lebenseinkommen aus 2 Komponenten: – h - Erstausstattung mit Humankapital (aktuell in der Gesellschaft kumulierte Wissen, haben alle Individuen gemeinsam) – - Risiko, Qualifikation verwerten zu können (Arbeitsfähigkeit, Nachfrageschocks Einkommensunsicherheit, individuumsspezifisch) – Lebenseinkommen: y = h + mit E(y) = h und E() = 0 • Individuen sind risikoscheu bzgl. des Einkommens, d.h. streng konkave Nutzenfunktion 1 EXKURS: konkave Nutzenfunktion • hohes Einkommen mit c und Wahrscheinlichkeit p • niedriges Einkommen mit c und Wahrscheinlichkeit (1 − p) • erwartetes Einkommen: E[c] = pc + (1 − p)c • Risikoaversion: u(E[c]) = u(pc + (1 − p)c) > pu(c) + (1 − p)u(c) = E[u(c)] • Grafik 1 Frage 2a - optimaler Wohlfahrtsstaat • Staat beschrieben durch Steuersatz t mit t ∈ [0, 1] und z (einheitliche Pro-Kopf-Zahlung an Bürger) • individueller Konsum: c = (1 − t)y + z • aufgrund großer Anzahl von Individuen ist Wahrscheinlichkeitsverteilung der Einkommen (ex ante) gleich Verteilung der tatsächlich realisierten Einkommen (ex post) • d.h. ex ante erwartetes Einkommen = ex post beobachteten Durchschnittseinkommen → E[y] = h • Budgetbeschränkung Staat: durchschnittliche Staatseinnahmen t · E[y] = t · h gleich ProKopf-Zahlung z, d.h. z = t · h • Staat maximiert erwarteten Nutzen der Bürger unter Beachtung seiner Budgetbeschränkung • Konsumniveau eines Bürgers: c = (1 − t)y + t · h = y + t · (h − y) • ex post: Funktion steigend in t, wenn individuelles Buttoeinkommen h unterdurchschnittlich (y < h) und fallend in t, wenn Bürger überdurchschnittliches Einkommen bezieht (y > h) • δc δt > 0, wenn y < h und umgekehrt • nur Bezieher niedriger Einkommen profitieren • ex ante: E[u((1 − t)(h + ) + t · h)] • Nutzenmaximierung unter Beachtung der Budgetbeschränkung: • ∂E[u] ∂t = ∂E[u((1−t)(h+)+t·h)] ∂t • =E[u0 ((1 − t)(h + ) + t · h) · (h + ) · (−1)] + E[u0 ((1 − t)(h + ) + t · h) · (h)] • =−E[(h + ) · u0 ((1 − t)(h + ) + t · h)] + h · E[u0 ((1 − t)(h + ) + t · h)] • ∂E[u] ∂t = − {E[y · u0 (c)] − E[y] · E[u0 (c)]} • Definition Kovarianz: Cov[X1 , X2 ] = E[(X1 − µ1 )(X2 − µ2 )] → Maßzahl für Zusammenhang zweier Zufallsgrößen • Umformung: Cov[X1 , X2 ] = E[X1 , X2 ] − µ1 µ2 • es folgt: ∂E[u] ∂t = −Cov[y, u0 (c)] 2 • Kovarianz von Grenznutzen und Bruttoeinkommen ist negativ, weil Grenznutzen abnehmend: Cov[y, u0 (c)] < 0 folgt, dass erwarteter Nutzen mit Steuersatz • aufgrund des negativen Vorzeichens von ∂E[u] ∂t steigt, das Optimum ist eine Randlösung mit t∗ = 1 und z ∗ = h • Ergebnis: maximaler Wohlfartsstaat ist optimal, Einkommensunterschiede sollten durch das Steuer-Transfer-System vollständig ausgeglichen werden, wenn die Bürger risikoscheu sind und das Einkommen exogen gegeben ist • gilt für dieses Modell (1 Periode, risikoscheue Bürger, exogenes Einkommen) • das Einkommen wird vollständig als Steuer an den Staat abgeführt, jeder Bürger erhält eine Sozialleistung in Höhe des Durchschnittseinkommens • damit nimmt der Sozialstaat den Bürgern das Risiko, mit schwankendem Einkommen und Konsumniveau konfrontiert zu werden • der Staat sichert den Bürgern einen festen Lebensstandard zu, der seinem erwarteten Bruttoeinkommen enstpricht • parto-effiziente Ressourcenallokation Frage 2b - Annahmen • jetzt sollen Anreizwirkungen untersucht werden, deshalb wird eine Periode vorgeschaltet • Periode 1: Individuen entscheiden, wieviel sie in Humankapital investieren wollen • Periode 2: Konsum des Einkommens • höhere Investition in Periode 1 → höheres erwartetes Einkommen für Periode 2 • erwarteter Lebensnutzen: U = u(c1 ) + E[u(c2 )] • Anfangsausstattung Einkommen k in Periode 1 kann für Konsum oder Investition verwendet werden → k = c1 + h • Einkommen Periode 2 wie Grundmodell: y = h + • Anreizwirkung: Individuen antizipieren Umverteilung in Periode 2 und bilden evtl. zu wenig Vermögen in Periode 1 Frage 2b - ohne Umverteilung (laissez-faire) • ohne Umverteilung sind individuelles Einkommen und individueller Konsum identisch: c2 = y • erwarteter Lebensnutzen: U = u(k − h) + E[u(h + )] • U damit abhängig von Investitionsentscheidung h und exogenen Faktoren k und • jedes Individuum wählt ĥ so, dass der erwartete Lebensnutzen maximiert wird • ∂U ∂ ĥ = −u0 (k − ĥ) + E[u0 (ĥ + )] = 0 • u0 (k − ĥ) = E[u0 (ĥ + )] (I) 3 • ist das ein pareto-effizienter Zustand ? • laut Grundmodell ist eine Allokation pareto-effizient, wenn der Konsum in Periode 2 komplett abgesichert ist • das ist gegeben, wenn jedes Individuum in Höhe des Durchschnittseinkommens der Gesamtbevölkerung konsumiert: c∗2 = h∗ • gemäß der Nutzenfunktion ist die Bewertung des Konsums in beiden Perioden gleich: c∗1 = c∗2 • daraus folgt: c∗1 = h∗ und k = c∗1 + h∗ = 2h∗ und h∗ = k 2 • bei pareto-effizienter Allokation wird genau die Hälfte der Anfangsausstattung in Humankapital investiert • weil h∗ = k2 nicht gleich (I), ist die Ressourcenallokation bei fehlender Umverteilung nicht pareto-effizient • Ergebnis: das vollständige Fehlen von Umverteilung ist nicht optimal Frage 2b - mit Umverteilung • Staat beschrieben durch Steuersatz t mit und einheitliche Pro-Kopf-Zahlung z • individueller Konsum in Periode 2: c2 = (1 − t) · (h + ) + z • optimaler Wohlfahrtsstaat maximiert den erwarteten Lebensnutzen der Bürger unter Beachtung der Budgetbeschränkung • Schritt 1: Wirkungsanalyse (welchen Einfluss haben t und z auf die Handlungen der Individuen?) • Schritt 2: Festlegung von t und z so, dass Optimum erreicht wird • Schritt 1: • wenn Individuum Investitionsniveau bestimmt, antizipiert es Umverteilung (Besteuerung / Sozialleistung) • erwarteter Lebensnutzen: U = u(k − h) + E[u((1 − t)(h + ) + z)] • ∂U ∂h = −u0 (k − h) + E[(1 − t)u0 ((1 − t)(h + ) + z)] = 0 • u0 (k − h) = E[(1 − t)u0 ((1 − t)(h + ) + z)] (II) • Investitionsverhalten hängt implizit von t und z ab • Anreizwirkung des Wohlfahrtsstaates vorhanden • Staat muss bei Bestimmung der Politikvariablen Budgetbeschränkung und Anreizwirkung beachten • Schritt 2: • Einsetzen von z = t · h in (II) bringt u0 (k − h) = E[u0 ((1 − t)(h + ) + t · h) · (1 − t)] 4 • Umformung: u0 (k − h) = E[u0 (h + − th − t + th) · (1 − t)] → u0 (k − h) = E[u0 (h + (1 − t)) · (1 − t)] (III) • Investitionsentscheidung nun in Abhängigkeit von t • nun: γ = 1 − t • mit steigendem t nimmt γ ab, γ stellt somit Anreizwirkung auf t (Anreiz zur Bildung von Humankapital) dar • einsetzen in (III): u0 (k − h) = E[u0 (h + γ) · γ] (IV) • Investition in Humankapital hängt von der Anreizwirkung ab: h = f (γ) • Staat maximiert jetzt den Lebensnutzen unter Beachtung seiner Budgetbeschränkung und der Anreizwirkungen • erwarteter Lebensnutzen (s.o.) mit z = t · h, ausmultiplizieren, kürzen, zusammenfassen: U = u(k − h) + E[u(h + (1 − t))] • mit h = f (γ) und γ = 1 − t ergibt sich: U (γ) = u(k − f (γ)) + E[u(f (γ) + γ)] • erwarteter Lebensnutzen jetzt in Abhängigkeit von γ • Bestimmung des optimalen Wohlfahrtsstaates: Nutzenmaximierung • ∂U ∂γ = −f 0 (γ) · u0 (k − f (γ)) + E[u0 (f (γ) + γ)(f 0 (γ) + )] • einsetzen von (IV) bringt: U 0 (γ) = −f 0 (γ) · E[u0 (h + γ) · γ] + E[u0 (f (γ) + γ) · (f 0 (γ) + )] • h = f (γ) ergibt: U 0 (γ) = −f 0 (γ) · E[u0 (f (γ) + γ) · γ] + E[u0 (f (γ) + γ) · (f 0 (γ) + )] • zweiten E-Term teilen • U 0 (γ) = −f 0 (γ) · E[u0 (f (γ) + γ) · γ] + E[u0 (f (γ) + γ) · f 0 (γ)] + E[u0 (f (γ) + γ) · ] (6) • U 0 (γ) = E[u0 (f (γ) + γ)] · (1 − γ) · f 0 (γ) + E[u0 (f (γ) + γ) · ] • ausgehend von Zustand ohne Umverteilung (t = 0, γ = 1) wird jetzt die Wirkung einer marginalen Einführung der Staatstätigkeit beschrieben • einsetzen von γ = 1 bringt: U 0 (1) = E[u0 (f (γ) + γ) · ] • U 0 (1) = E[u0 (ĥ + ) · ] = Cov[u0 (ŷ), ŷ] • wie schon gezeigt ist die Kovarianz von Grenznutzen und Bruttoeinkommen negativ • es gilt: U 0 (1) < 0 • in einer Situation zunehmender Besteuerung sinkt Einkommen • weil Kovarianz von Einkommen und Grenznutzen negativ, steigt der Grenznutzen bei Besteuerung • weil der Grenznutzen die Ableitung des erw. Lebensnutzens ist, steigt der erw. Lebensnutzen mit zunehmender Besteueuerung an • Erklärung: Risikoaversion 5 • Bürger sind mit Wohlfahrtsstaat besser gestellt als ohne • maximaler Wohlfahrtsstaat (t = 1) ist bei Anreizwirkung aber nicht optimal, weil Anreize zur eignen Investition dann fehlen • bei endogenem Einkommen ist optimale Sozialleistung geringer als Durchschnittseinkommen, die Individuen müssen einen Teil des Risikos selbst tragen • optimaler Wohlfahrtsstaat erzeugt keine pareto-optimale Allokation, aber eine paretoVerbesserung ggü. dem Zustand ohne Umverteilung • optimaler Steuersatz liegt zwischen 0 und 1 EXKURS: Substitutions- und Einkommenseffekt • Wie reagiert ein Konsument, der zwei Güter (x1 , x2 ) zur Auswahl hat, auf die Preisänderung eines Gutes ? • Vermutung: Preisanstieg führt zu Nachfragerückgang • aber: Nachfrageanstieg bei Preisanstieg auch möglich (selbst wenn Gut normal) • Preisänderung eines Gutes hat zwei Effekte: 1. Änderung des relativen Preisverhältnisses, zu dem man ein Gut für ein anderes tauschen kann 2. Änderung der Kaufkraft des Einkommens • sinkt der Preis p1 , muss man weniger von Gut 2 aufgeben, um Gut 1 zu kaufen • zudem kann man mit gegebenem Einkommen mehr von Gut 1 kaufen, die Kaufkraft ist gestiegen • erster Teil: Substitutionseffekt • zweiter Teil: Einkommenseffekt • zur Veranschaulichung Zerlegung der Preisbewegung in zwei Schritte: 1. Änderung der relativen Preise und Anpassung (Senkung) des Einkommens, so dass Kaufkraft konstant bleibt 2. Anpassung der Kaufkraft bei neuem relativen Preisverhältnis • Zerlegung ist nur hypothetisch, Konsument wählt einfach neues Bündel als Reaktion auf Preisänderung • Hinweis: Substitutionseffekt immer entgegen der Preisänderung (Preis ↓, Nachfrage ↑) • Hinweis: Einkommenseffekt nicht immer entgegen der Preisänderung: normales Gut (Preis ↓, Nachfrage ↑) vs. inferiores Gut (Preis ↓, Nachfrage ↓) • Bsp.: Mais, Arbeit • wie der Gesamteffekt ausfällt, ist unklar, er kann bei sinkendem Preis positiv und negativ sein 6 • in der Summe ist ausschlaggebend, ob der Einkommenseffekt den Substitutionseffekt überwiegt oder nicht • das ist die Aufteilung nach Slutsky (Slutsky-Gleichung) • andere Möglichkeit: Hicks-Gleichung • Hicks hält bei neuem Preisniveau nicht die Kaufkraft, sondern den Nutzen konstant • Substitutionseffekt nach Hicks: konstantes Nutzenniveau bei neuem relativen Preisverhältnis • sinkt Preis p1 , wird Einkommen entzogen bis sich das Individuum das alte Nutzenniveau gerade wieder leisten kann • Einkommenseffekt: bei neuem Preisniveau wird Einkommensentzug rückgängig gemacht • Hicks-Substitutionseffekt auch entgegen der Preisänderung • Grafik 2 (Varian, S. 180) Frage 3 - Annahmen • repräsentativer Haushalt, dessen Nuten U sich aus dem Konsum eines Güterbündels x und der ihm zur Verfügung stehenden Freizeit ergibt: U (x, F ) • maximal steht ihm die Zeit F̄ zur Verfügung • das Arbeitsangebot (Arbeitszeit) ergibt sich dann aus F̄ − F • die Arbeit wird mit dem Lohnsatz w vergütet • das Arbeitseinkommen beträgt damit (F̄ − F )w • dieses Arbeitseinkommen wird mit dem proportionalen Steuersatz t besteuert • das verbleibende Nettoeinkommen (F̄ − F )w(1 − t) wird vollständig für den Konsum des Güterbündels x zum Preis p ausgegeben (es wird nicht gespart) Frage 3 - Proportionale Steuer • repr. Haushalt maximiert seinen Nutzen max U (x, F ) unter Beachtung der Budgetbeschränkung (F̄ − F )w(1 − t) = px • F̄ w(1 − t) − F w(1 − t) = px • Dividieren durch p ergibt F̄ wp (1 − t) = x + F wp (1 − t) • linke Seite: maximal mögliches reales Nettoeinkommen (keine Freizeit) → Verwendung für Konsum oder Freizeit (bewertet zum realen Nettolohn) • hat sich Konsument für bestimmten Umfang an Freizeit entschieden, stehen Arbeitsangebot und Konsum zu gegebenen Preisen fest • Bedingung im Nutzenmaximum: M RSF,x = δU/δF δU/δx = w(1−t) p • MRS = Verhältnis, zu dem ein Gut gegen ein anderes getauscht wird • Was ist der Preis einer Einheit Freizeit ? - Nettolohn entgangener Arbeit 7 • Was ist der Preis einer Einheit x ? - Preis p • im Optimum ist MRS zwischen Freizeit und Konsum gerade dem Preisverhältnis aus Nettolohnsatz und Preis des Güterbündels • Grafik 3 (Wellisch, S. 94) • ohne Einkommensteuer: Budgetgerade läuft von F̄ nach F̄ wp • maximaler Nutzen in A • hier: Steigung der Indifferenzkurve (Grenzrate der Substitution zwischen Freizeit und Konsum) gleich Steigung der Budgetgerade (Opportunitätskosten der Freizeit) • Arbeitsangebot ist dann (F̄ − F1 ) • jetzt: proportionale Einkommensteuer wird eingeführt → Budgetgerade dreht sich um F̄ nach innen • Konsum des Güterbündels x wird teurer, Haushalt erhält für Verzicht auf Einheit Freizeit weniger x als ohne Besteuerung, Haushalt muss mehr Freizeit opfern, um alte Menge x zu erhalten • Haushalt wählt Freizeit-Güter-Kombination B • in unserem Bsp. verringert sich das Arbeitsangebot von (F̄ − F1 ) auf (F̄ − F2 ) • Argumentation: Freizeit wird relativ billiger, x wird durch F ersetzt, Nachfrage nach Freizeit steigt, Nachfrage nach x sinkt, Arbeitsangebot sinkt • unter anderen plausiblen Präferenzstrukturen auch andere Reaktion denkbar • genauerer Einblick: Zerlegung des Gesamteffektes in Substitutions- und Einkommenseffekt • Substitutionseffekt: Einführung der Besteuerung reduziert Opportunitätskosten der Freizeit von w auf w(1 − t) • würde der Haushalt soviel Einkommen erhalten, dass er auch nach Einführung der Steuer den Nutzen U 1 halten könnte, würde seine Nachfrage nach nun relativ billiger gewordener Freizeit eindeutig zunehmen • weil Güterbündel relativ teurer und Freizeit relativ billiger geworden ist, wird Konsum durch Freizeit ersetzt • geringerer Relativpreis der Freizeit führt zu Anstieg des Freizeitkonsums (Substitutionseffekt immer entgegen Preisänderung) • Substitutionseffekt führt also immer zu einem Rückgang des Arbeitsangebotes bei Besteuerung (A → C) • Wie kann erhöhte Freizeitnachfrage aussehen ? - keine Überstunden, geringere Arbeitsproduktivität, frühzeitige Pensionierung, Verringerung der täglichen / monatlichen Arbeitszeit • allerdings verringert die proportionale Lohnsteuer auch das Realeinkommen 8 • im Substitutionseffekt wurde dem Haushalt soviel Einkommen gegeben, dass er sein altes Nutzenniveau halten kann • das wird jetzt rückgängig gemacht • Einkommenseffekt (C → B) ist eine Änderung des Einkommens bei neuem relativen Preisverhältnis • hier: es wird bei konstanten Preisen (d.h. konstanter Budgetgerade) soviel Einkommen entzogen, wie ihm vorher dazugegeben wurde • Haushalt erreicht jetzt geringeres Nutzenniveau Ū2 • ist Freizeit ein normales Gut, ist der Einkommenseffekt dem Substitutionseffekt entgegengesetzt • Nachfrage nach Freizeit wird teilweise rückgängig gemacht • hier: in der Summe bleibt ein Nachfrageanstieg nach Freizeit Frage 4 - (Un)Gebundene Tansfers • um pareto-effiziente Allokation zu erreichen, müsste direkt an der Leistungsfähigkeit angesetzt werden • Unterstützung bei unterdurchschnittlicher Leistungsfähigkeit u.u. • Leistungsfähigkeit lässt sich aber in der Praxis nicht ausreichend gut fassen • deshalb wird auf andere Größen ausgewichen, z.B. Einkommen • Zusammenhang: wer hohes Einkommen erzielt, ist leistungsfähig (bestreitbar) • Transfers, die an solchen Hilfsgrößen angreifen, nennt man gebundene Transfer • Bsp.: Wohngeld, Mietkosten sinken • Vergleich mit freiem Transfer • Individuum erhält eine Geldleistung, ungebundener Transfer • Individuum kann jetzt zwar auch das Konsumbündel zusammenstellen, dass es mit gebundenem Transfer erhalten hätte (Finanzierung Mietkosten) • es erhält aber auch weitere Konsummöglichkeiten, kann die Unterstützung anderweitig verwenden • Grafik 4 (Corneo, S. 170) • Individuum konsumiert zwei Güter und erreicht U0 und Punkt A • Preis Gut 1 = 1 (Numéraire) • Gut 2 wird nun subventioniert zum Satz von σ pro konsumierter Einheit • Budgetbeschränkung x1 + (p2 − σ)x = y • durch Subvention verbilligt sich Gut 2 relativ zu Gut 1 9 • Drehung der Budgetgerade in y • Individuum erreicht Güterbündel B und höheren Nutzen Û • Gibt der Staat einen freien Transfer in Höhe von s Einheiten des Numéraire-Gutes, verschiebt sich die Budgetgerade nach außen • Individuum kann sich weiterhin Güterbündel B leisten • es kann aber auch ein anderes, höheres Nutzenniveau U ∗ und Güterbündel D erreichen • Ergebnis: der gleiche Subventionsbetrag führt bei einem freien Transfer zu einem höheren Nutzenniveau des Empfängers • anders: der Staat könnte durch freien Transfer die gleiche Nutzensteigerung ermöglichen, hätte aber geringere Ausgaben, wie bei gebundenem Transfer • diese nicht wahrgenommene Ersparnis öffentlicher Ausgaben ist die Zusatzlast des gebundenen Transfers Frage 5 - Wohlfahrtssicherung • Armutsbekämpfung: jeder Bürger muss einen Nutzen erreichen, der über einem exogen festgelegtem Niveau Ū liegt • Aufgabe des Staates: Verhinderung der Armut mit minimalen Ausgaben • Annahme: Staat hat vollständige Information, kennt Produktivität und Markteinkommen des Hilfebedürftigen • Staat unterstützt dann nur die Individuen, die durch eigne Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, Ū zu erreichen • bei diesen Individuen wird Ū mit geringsten Ausgaben erreicht, wenn der Staat ihnen eine Pauschalsubvention zahlt und ihnen die Arbeit-Freizeit-Entscheidung selbst überlässt • mit der Transferzahlung zi erreicht das Individuum i dann genau Ū • Annahmen: • Individuen haben identische Präferenzen • sie unterscheiden sich aber hinsichtlich ihrer Produktivität, d.h. Lohn wi / Stunde • Markteinkommen ist dann yi = wi · li • jedes Individuum hat eine Einheit Zeit, die für Arbeit l oder Freizeit f ausgegeben werden kann • ihre Arbeitszeit ist l = 1 − f • Grafik 5 (Corneo, S. 216) • ohne Unterstützung erreicht das Individuum Punkt L als Schnittpunkt der Budgetgerade mit der Nutzenfunktion ohne Umverteilung V (wi , 0) • die Freizeit ergibt sich aus 1 − l(wi , 0) 10 • ist dieses Nutzenniveau kleiner Ū , erhält das Individuum eine Pauschalsubvention, die Ū sicherstellt • Pauschalsubvention: Budgetgerade verschiebt sich nach außen • mit der neuen Budgetgerade kann auf Ū der Punkt S realisiert werden • die Freizeit beträgt jetzt 1 − l(wi , zi∗ ) • die Grafik zeigt, dass es keine billigere Methode gibt, das Individuum auf Ū zu bringen • unter allen Punkten auf Ū ist S der mit dem kürzesten vertikalen Abstand zur individuellen Budgetgerade • dieser Abstand entspricht der Höhe des Transfers • dabei geht das Arbeitsangebot des Hilfeempfängers zurück Frage 6 - Einkommenssicherung • normalerweise wird Armutsbekämpfung nicht als Sicherung eines minimalen Nutzenniveaus verstanden • sondern als Sicherung eines minimalen Konsumniveaus • Aufgabe des Staates: Einkommenssicherung bei minimalen Ausgaben • Armutsbekämpfung: jeder Bürger muss mindestens ein exogen festgelegtes Existenzminimum x̄ erreichen • als Konsequenz existiert ein kritischer Lohnsatz ŵ • Individuen mit einem Lohnsatz niedriger als ŵ verdienen ohne Umverteilung weniger als das Mindesteinkommen x̄ • Individuen mit einem höheren Lohnsatz als ŵ verdienen mehr als für x̄ nötig ist • damit Hilfeempfänger x̄ mit minimalen öffentlichen Ausgaben erreichen, sollen sie möglichst viel Einkommen selbst erzielen • Transferzahlung ist dann individuelles Markteinkommen minus Existenzminimum • das vom Individuum selbst beigesteuerte Arbeitspensum ist l¯i • das Individuum verpflichtet sich, l¯i Stunden einer Tätigkeit nachzugehen und erhält einen Transfer, der x̄ sichert • Grafik 6 (Corneo, S. 218) • Punkt L ist erreichbares Güterbündel ohne Unterstützung • damit wird x̄ aber nicht gesichert • das Individuum erhält eine Unterstützung, die auf gleichem Nutzenniveau liegt (Punkt S) • Punkt S wird erreicht, indem das Individuum eine Eigenleistung erbringt 11 • im Punkt S konsumiert das Individuum mehr und es arbeitet mehr • Ergebnis: unter vollständiger Information verursacht eine optimale Einkommenssicherung eine Zunahme des Arbeitsangebotes bei konstantem Nutzen 12