Pay What You Want im Online- und Offline

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Research
Pay What You Want im Online- und OfflineVertriebskanal
November 2016
Die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung zeigen, dass Nachfrager
den Preismechanismus „Pay What You Want“ nicht ausnutzen. Sowohl im
Offline- als auch im Online-Vertriebskanal trägt der Mechanismus dazu
bei, Kunden zu gewinnen, an sich zu binden und sich dadurch im
Wettbewerb durchzusetzen.
Eine innovative Möglichkeit, wie Unternehmen den steigenden Anforderungen im
Vertrieb begegnen können, stellt der Einsatz des Pricing-Instruments „Pay What You
Want“ (PWYW) dar. PWYW ist ein partizipativer Preismechanismus, der dem Kunden
die gesamte Kontrolle über den zu bezahlenden Preis überträgt. PWYW ermöglicht
Kunden, jeden beliebigen Preis zu wählen, selbst einen Preis von Null. Als mögliche
Einsatzfelder von PWYW empfehlen sich die Dienstleistungsbranche sowie der Markt
für digitale Produkte (Kim/Natter/Spann 2010). Dies verdeutlichen auch die Beispiele
aus der Praxis – PWYW findet insbesondere in der Gastronomie, Hotellerie oder der
Musikindustrie Anwendung.
Wie hoch ist die Zahlungsbereitschaft unter dem Einsatz von PWYW?
PWYW bringt die Gefahr mit sich, dass Nachfrager den Preismechanismus ausnutzen.
Es wird daher zum einen untersucht, ob Nachfrager eine Zahlungsbereitschaft grösser
als Null aufweisen, sie also bei einer vollständigen Kontrolle über den Preis überhaupt
bereit sind, etwas zu bezahlen. Zum anderen wird überprüft, inwieweit sich die
Zahlungsbereitschaft unter PWYW von der Zahlungsbereitschaft bei Angabe eines am
Markt gültigen Referenzpreises unterscheidet. Beim Bezahlungsvorgang im OnlineVertrieb stehen Nachfrager unter einer geringeren Beobachtung durch andere als im
Offline-Vertrieb. Dies hat möglicherweise negative Auswirkungen auf die
Zahlungsbereitschaft unter PWYW, was daher zusätzlich untersucht wird.
Wie ist die Wiederkaufabsicht von Nachfragern unter Einsatz von PWYW
im Vergleich zu einem fest vorgegebenen Preis?
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Im vorliegenden Beitrag wird ein Vergleich der Wiederkaufabsicht zwischen dem
Online- und Offline-Vertriebskanal vorgenommen.
Studienaufbau
Für die Beantwortung der Forschungsfragen wurde mittels einer Online-Befragung mit
Konsumenten ein Experiment durchgeführt. Für die Befragung wurden die Kategorien
Gastronomiedienstleistung und Kinokartenbestellung ausgewählt. Während der
vierwöchigen Datenerhebungsphase ergab sich eine Nettostichprobe von 487
vollständig verwertbaren Befragungen.
Empirische Ergebnisse zur Zahlungsbereitschaft
Es zeigte sich, dass die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten sowohl im Online- als
auch im Offline-Vertriebskanal signifikant über 0 € liegt. Dieses Ergebnis ist für beide
im Rahmen der vorliegenden Studie untersuchten Produkte, Gastronomiedienstleistung
und Kinobesuch, gültig. Lediglich zwei Probanden gaben bei Konfrontation mit den
entsprechenden Szenarien an, dass sie 0 € zahlen würden.
Im zweiten Schritt wird die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten unter Einsatz von
PWYW mit dem am Markt gültigen Referenzpreis verglichen. Der Referenzpreis für die
Gastronomiedienstleistung liegt sowohl beim Online-Kauf als auch beim Offline-Kauf bei
15 €, für den Kinobesuch beim Online- und auch beim Offline-Kauf bei 9 €. In allen
Szenarien ist die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten signifikant niedriger als der
Referenzpreis.
Die durchgeführten Experimente offenbaren zudem, dass bei beiden Produkten in den
Offline-Szenarien signifikant höhere Zahlungsbereitschaften erlangt werden als in den
Online-Szenarien (vgl. Abbildung 1). Dies ist dadurch zu begründen, dass Konsumenten
durch soziale Normen beeinflusst werden. Eine zentrale Grösse stellt hierbei die
Intensität der Interaktion mit anderen Individuen dar, da soziale Normen bei
persönlichen Interaktionen mit Individuen stärker gewichtet werden als bei
anonymisierten Interaktionen (Lynn 1990). Es ist daher das stärker empfundene
Gerechtigkeitsbewusstsein dafür verantwortlich, dass die Zahlungsbereitschaft in den
Offline-Szenarien grösser ist als in den Online-Szenarien.
Abbildung 1: Offline- vs. Online-Zahlungsbereitschaft
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Empirische Ergebnisse zur Wiederkaufabsicht
Aus den Analysen resultiert, dass für die Gastronomiedienstleistung und den
Kinobesuch sowohl online als auch offline eine hohe Wiederkaufabsicht vorliegt, wenn
PWYW zum Einsatz kommt. Die Wiederkaufabsicht ist, im Gegensatz zur
Zahlungsbereitschaft, nicht davon abhängig, ob der Kauf online oder offline getätigt
wird.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Kunden ihre finale Preissetzungsmacht nicht
vollständig ausnutzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn PWYW im OfflineVertriebskanal Anwendung findet. Zudem verdeutlichen die Ergebnisse, dass
Nachfrager unter Einsatz von PWYW eine höhere Wiederkaufsabsicht im Vergleich zu
einer Fixpreisstrategie aufweisen.
Für die Erzielung möglichst hoher Zahlungsbereitschaften ist die Vorgabe
angemessener Referenzpreise zu empfehlen.
PWYW kann somit als vertriebliches Preisinstrument mit Zukunftspotenzial betrachtet
werden. Für die Erzielung möglichst hoher Zahlungsbereitschaften beim Einsatz von
PWYW ist die Vorgabe angemessener Referenzpreise, d.h. Referenzpreise, die sich nahe
am allgemeinen Durchschnittspreis vergleichbarer Produkte befinden, zu empfehlen.
Aufgrund der signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Zahlungsbereitschaft im
Offline- vs. Online-Vertriebskanal ist es zudem angeraten, dass PWYW in den
betrachteten Branchen vor allem offline zum Einsatz kommt, wobei die soziale Distanz
gering und der soziale Austausch stark ausgeprägt sein sollte. Nützlich ist es also
beispielsweise, wenn die Beziehungen zwischen Käufer und Verkäufer nah und vertraut
gestaltet werden und der Bezahlvorgang nicht zu diskret gestaltet wird. Die dadurch
verringerte soziale Distanz bzw. erhöhte Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager
führt dazu, dass sich die Zahlungsbereitschaft der Kunden aufgrund sozialer Normen
erhöht.
Eine weitere Möglichkeit, die zur Erhöhung der Zahlungsbereitschaft von Nachfragern
denkbar ist, stellt die Verknüpfung von PWYW mit einer Spendenaktion dar. Wird
beispielsweise Nachfragern im Rahmen von PWYW kommuniziert, dass 10 Prozent des
selbst gewählten Preises an eine wohltätige Einrichtung gespendet werden, findet
ebenfalls eine Ansprache sozialer Normen von Individuen statt.
Neben der Erzielung hoher Zahlungsbereitschaften gilt es für Unternehmen, bei den
Nachfragern eine hohe Wiederkaufabsicht unter PWYW zu gewährleisten.
Empfehlenswert ist es hierfür, im Rahmen der Kommunikation (z.B. in Slogans) explizit
auf die Möglichkeit des Kunden, die Preise selbst zu bestimmen, zu verweisen. Auf
diese Weise kann z.B. die Wahrnehmung einer fairen Preisgestaltung beim Nachfrager
gefördert und ihm das Gefühl einer hohen Einflussnahme auf das Unternehmen
vermittelt werden.
Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten in
allen im Rahmen der vorliegenden Studie untersuchen Szenarien signifikant niedriger
war als der Referenzpreis. Dies stellt hinsichtlich des zu erwarteten Umsatzes ein
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gravierendes Problem dar. Allerdings kann dies gegebenenfalls durch einen höheren
Absatz kompensiert werden, da die Wiederkaufabsicht unter Einsatz von PWYW hohe
Werte aufweist. In der Unternehmenspraxis ist folglich genau abzuwägen und mitunter
experimentell zu testen, wann der Einsatz von PWYW sinnhaft ist.
Autoren
Dr. Verena Batt ist Postdoctoral Researcher an der Professur für Marketing und
Unternehmensführung der Universität Basel.
Dr. Matthias Holzer ist Referent für Trend- und Zukunftsforschung bei der ZF
Friedrichshafen AG.
Jasmin Farouq, M.Sc., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am
Institut für Marketing an der Universität St. Gallen.
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