Vorgehen bei Stich- und Schnittverletzungen mit

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Vorgehen bei Stich- und Schnittverletzungen mit potentiellem Infektionsrisiko
Regelablaufschema der Unfallkasse Berlin
Ziele:
Infektionsrisiken minimieren, insbesondere Stich- und Schnittverletzungen mit potentiellem Infektionsrisiko verhindern.
Im Falle einer Stich- und Schnittverletzung mit potentiellem Infektionsrisiko vorrangig eine Infektion durch
postexpositionelle Maßnahmen verhindern, des Weiteren die Frage nach dem Eintritt einer Infektion abklären.
Hauptaugenmerk wird auf die Verhinderung blutübertragbarer HBV-, HCV- und HIV- Infektionen gelegt.
Folgende grundlegende Arbeitsschutzvorgaben sollten im Betrieb erfüllt sein:
Gefährdungsbeurteilung (siehe ArbSchG, BioStoffV, technisches Regelwerk) mit Maßnahmenplanung, -durchführung
und Wirksamkeitskontrollen, z.B. Verwendung „sicherer“ Arbeitsgeräte/Instrumente;
Betriebsanweisung, Arbeitsanweisungen für risikoträchtige Tätigkeiten;
Festgelegtes, dokumentiertes Vorgehen bei Stich- und Schnittverletzungen mit potentiellem Infektionsrisiko
(Maßnahmeplan);
Unterweisung der Mitarbeiter;
Arbeitsmedizinische Beratung der Beschäftigten;
Individuelle arbeitsmedizinische Vorsorge und Impfangebote nach ArbMedVV.
Was nach Stich- und Schnittverletzungen mit potentiellem Infektionsrisiko zu tun ist:
1. Sofortmaßnahmen: Blutfluss fördern durch Druck auf das umliegende Gewebe (über mindestens eine Minute), intensive
antiseptische Spülung, Anlegen eines antiseptischen Wirkstoffdepots (antiseptischer Wirkstoff nach RKI-Empfehlung).
2. Erstuntersuchung: umgehende Vorstellung beim Arzt zur Beratung und Durchführung der weiteren medizinischen Maßnahmen (je
nach Betriebsregelung: zum Verfahren geschulte Ärzte der Ersten Hilfe, Betriebsarzt, Durchgangsarzt):
2.1 Einschätzung des Infektionsrisikos nach Art und Ausmaß der Exposition sowie der Disposition der verletzten Person
(Art und Ausmaß des Kontaktes mit potentiell infektiösem Material, Art und Ausmaß der Verletzung /
Immunstatus, Infektiosität und Risikopotential der Indexperson bekannt? // Immun- und Impfstatus der verletzten Person)
2.2 Untersuchung (serologische Blutuntersuchung) der verletzten Person nach dem Regelablaufschema, wenn ein potentielles
Infektionsrisiko besteht und das Einverständnis des/der Betroffenen vorliegt.
2.3 Entscheidung über ergänzende Untersuchungen der Indexperson:
Die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Infektiosität der Indexperson ist abzuschätzen.
Soweit möglich ist bei Einverständnis der Indexperson deren Infektionsstatus für HBV, HBC, HIV laut Anamnese und
Krankenakte zu erfassen. Falls bestimmte Fragestellungen² und konkrete Anhaltspunkte für eine Infektiosität der Indexperson,
aber keine serologischen Laborergebnisse vorliegen – ist die Durchführung einer serologischen Blutuntersuchung bei der
Indexperson nach Einholung ihres Einverständnisses und unter Berücksichtigung weiterer Vorraussetzungen1 angezeigt.
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2.4 Die Notwendigkeit postexpositioneller Prophylaxemaßnahmen ist für die verletzte Person zu prüfen und erforderlichenfalls
sind diese bei Einverständnis des/der Betroffenen umgehend durchzuführen, siehe:
postexpositionelle Hepatitis B-Impfprophylaxe nach STIKO-Empfehlung und
postexpositionelle Prophylaxe der HIV- Infektion nach den Deutsch-Österreichischen Empfehlungen.
Bei der HIV-PEP ist eine besonders sorgfältige Abwägung zwischen dem Nutzen der Behandlung und dem Risiko der
Medikamentennebenwirkungen erforderlich (HIV-Spezialisten hinzuziehen). Die Durchführung der HIV-PEP bedarf der
ausführlichen Aufklärung und ausdrücklichen Zustimmung des Betroffenen.
3. Nachuntersuchungen nach dem Regelablaufschema beim Betriebsarzt oder D-Arzt
4. Eintrag ins Verbandbuch
5. Unfallanzeige an den Unfallversicherungsträger
6. Betriebsarzt informieren, falls dieser noch nicht involviert ist
7. Unfallanalyse und Ableitung von Maßnahmen mit Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung
1
-
Die Indexperson ist bekannt und nach Aufklärung einverstanden (Schweigepflichtsentbindung für die Weitergabe der Untersuchungsergebnisse).
-
Bei der Interpretation der Ergebnisse ist das Zeitfenster zu berücksichtigen, in dem die Indexperson schon infektiös aber noch nicht seropositiv sein
könnte (diagnostische Lücke nach Infektion: bis zu 3-6 Monate). In diesem Falle „trügerischer Sicherheit“ würden möglicherweise notwendige
postexpositionelle Maßnahmen bei der verletzten Person unterlassen werden.
-
Besteht der begründete Verdacht auf eine HIV-Infektion bei der Indexperson und wäre auch aufgrund von Art und Ausmaß der Exposition eine
medikamentöse Postexpositionsprophylaxe indiziert, sollte bei der Indexperson ein HIV-Schnelltest durchgeführt werden. In diesem Falle ist Eile
geboten, da mit einer medikamentösen Postexpositionsprophylaxe (HIV) bei der verletzten Person möglichst innerhalb von 2h begonnen werden sollte.
5
Wenn der HIV-Test der Indexperson ein positives Ergebnis ergibt, folgen ein Bestätigungstest und ggf. die Viruslastbestimmung .
-
Bei begründetem Verdacht auf eine HCV Infektion der Indexperson (z.B. Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe), sollte bei dieser ein Anti-HCVBestimmung und falls positiv eine HCV- PCR durchgeführt werden. Falls eine HCV-Infektiosität bei der Indexperson nachgewiesen wird, sollte auch bei
der verletzten Person nach 6 Wochen eine HCV- PCR durchgeführt werden, um eine HCV-Infektion ggf. frühzeitig diagnostizieren und rechtzeitig
behandeln zu können (Therapiebeginn innerhalb der ersten drei bis vier Monate nach Infektion bei ausbleibender Spontanheilung).
-
Falls eine Hepatitis B Aktiv-Passiv-Immunisierung (Passiv: HB-Immunglobulin) bei der verletzten Person nach STIKO-Empfehlung indiziert ist, ist eine
Bestimmung von HBs-Ag besser noch von HBV-DNA (PCR) bei der Indexperson sinnvoll. Die zusätzliche HB-Immunglobulingabe ist bei Niegeimpften,
Nonrespondern sowie bei Lowrespondern mit einem aktuellen Anti-HBs-Titer von <10 IU/l indiziert. Auf eine HB-Immunglobulingabe kann verzichtet
werden, wenn beim Verletzten jemals ein Anti-HBs-Titer von ≥100 IU/l dokumentiert wurde. Wenn eine Hepatitis B – Infektiosität bei der Indexperson
weitgehend ausgeschlossen werden kann (keine HBV-DNA nachweisbar), ist beim verletzten Mitarbeiter die zusätzliche Hepatitis B Immunglobulingabe
nicht erforderlich. Damit kann der verletzten Person das höhere Risiko von Nebenwirkungen (insbesondere allergische Reaktionen) durch eine
zusätzliche HB-Immunglobulingabe im Vergleich zur alleinigen Aktiv-Impfung erspart werden.
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Untersuchungen bei der Indexperson (sofern der aktuelle Infektionsstatus nicht bekannt, Laboruntersuchung nach Aufklärung und nur mit Einverständnis)
Parameter: Hepatitis B
Hepatitis C
HIV
Anti-HCV
(Falls positiv: Infektiosität
und Viruslast mittels
quantitativer HCV-PCR
bestimmen)
HIV-Screeningtest2
(Falls positiv: HIV-PEP-Indikation
für die verletzte Person prüfen;
Viruslast ermitteln, sofern diese
entscheidungsrelevant ist)
Zeitschiene:
Sofort nach
Übertragungsereignis
Nur wenn die verletzte Person keine HBV-Immunität hat und
eine zusätzliche Immunglobulingabe indiziert wäre, dann
HBs-Ag bei der Indexperson bestimmen
(im Einzelfall HBV-DNA-PCR1, z.B. bei konkretem HBVInfektionsrisiko der Indexperson in den letzten 1-3 Monaten)
Untersuchungen bei der verletzten Person (nach Aufklärung und mit informiertem Einverständnis der verletzten Person)
Parameter: Hepatitis B
Hepatitis B- Serologie NUR erforderlich bei unsicherer Immunität:
Anti-HBs-Titer nie ≥ 100 IU/L oder letzter Anti-HBs-Titer von ≥ 100
Zeitschiene:
IU/L vor mehr als 10 Jahren
Anti-HBc (Bestand schon z.Z. der Verletzung eine HBV-Infektion?)
Anti-HBs (Überprüfung der Immunität: gesichert wenn ≥ 100 IU/L)
Erstuntersuchung
ggf. postexpositionelle Maßnahmen nach den aktuellen STIKOEmpfehlungen (Impfstoff- und ggf. Immunglobulingabe) 3
Bei unsicherer Immunität zum Zeitpunkt der Verletzung sollte
nachgewiesen werden, ob es zu einer Infektion kommt oder nicht:
Hepatitis C
Hepatitis C-Serologie immer
erforderlich
HIV
HIV-Serologie
immer erforderlich
Anti-HCV (Bestand schon z.Z. der
Verletzung eine HCV-Infektion?)
HIV-Screeningtest²
(Ausgangswert)
ggf.4 nach 4 Wochen HCV- PCR
Nach 6 Wochen
HBs-Ag als relativ früher Parameter einer HBV-Infektion
Anti-HCV
HIV-Screeningtest5
ggf.4: HCV-PCR nach 6-8 Wochen
Nach 3 Monaten
Anti-HBc
Anti-HCV
HIV-Screeningtest5
Nach 6 Monaten
Anti-HBc und Anti-HBs als Abschlusswert
Anti-HCV
HIV-Screeningtest5
1
Minimierung der „diagnostischen Lücke“: Bei sicherem Ausschluss einer HBV-Infektiosität der Indexperson kann auf die Immunglobulingabe verzichtet werden.
2 Aktueller, verfügbarer HIV Screeningtest (4. Generation)
3 Wird postexpositionell geimpft sollte der Impferfolg im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge kontrolliert werden und erforderlichenfalls zuvor die Grundimmunisierung
vervollständigt werden. In den Arbeitsbereichen mit erhöhter HBV-Infektionsgefährdung ist dies vom Arbeitsgeber zu tragen.
4 HCV-PCR bei besonders erhöhtem HCV-Infektionsrisiko (z.B. Kanüle unbekannter und risikobehafteter Herkunft oder bei HCV-infektiöser Indexperson). Wir empfehlen die erste
HCV-PCR nach 4 Wochen, um die Sicherheit zu erhöhen, dass der Untersuchungszeitpunkt jenseits der diagnostischen Lücke liegt (nach Leitlinie 2-4Wochen). Ist die HCV-PCR
nach 4 und nach 6-8 Wochen zweimalig negativ, kann eine Hepatitis C-Infektion durch die Verletzung weitgehend ausgeschlossen werden.
5 Sollte eine HIV-PEP durchgeführt worden sein, verschiebt sich der Untersuchungstermin um die Therapiedauer der PEP.
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Regelablaufschema der Unfallkasse Berlin
Untersuchungen des/der Verletzten und Vorgehen nach Stich und Schnittverletzungen mit potentiellem Infektionsrisiko
Zeitschiene
Postexpositionelle
Maßnahmen umgehend
Untersuchung
Voraussetzungen/Einschränkungen/Bemerkungen
Anti HCV
wird als Ausgangswert erhoben
Anti HIV
bei wahrscheinlich oder sicher HIV-positivem Indexpatienten ist für die unfallversicherte Person die Notwendigkeit einer
6
medikamentösen Postexpositionsprophylaxe zu prüfen und ggf. anzubieten HIV-Spezialisten hinzuziehen
nach fallbezogener Risikobewertung
6
nachfolgend
ggf. PEP empfehlen/anbieten
6
Erstuntersuchung
Sofort
HBV Serologie ist nicht erforderlich, bei
1. Vorliegen eines Anti-HBs- Wertes von ≥100 IU/L innerhalb
der letzten 10 Jahre
2. erfolgreicher Grundimmunisierung
(ein dokumentierter Anti-HBs-Titer ≥ 100IU/L)
und letzte Impfung innerhalb der letzten 10 Jahre:
keine postexpositionelle
Maßnahme erforderlich
aktive Immunisierung, eine
Impfdosis (Hepatitis B)
letzte Impfung vor mehr als 10 Jahren
HBV-Serologie ist erforderlich bei:
Anti HBc, anti- HBs
1.
2.
3.
4.
5.
nicht oder unvollständig Geimpften
Impferfolg der Grundimmunisierung wurde nie durch eine Anti-HBs-Titerkontrolle dokumentiert
Low-/ Nonrespondern (Anti-HBs-Titer nie ≥ 100 / >10IU/L)
letzte Impfung, bzw. letzter Anti-HBs-Titer ≥100 IU/l vor mehr als 10 Jahren
keine Anti-HBs-Titer-Werte zugänglich
aktueller Anti-HBs: ≥ 100 IU/L
keine
aktueller Anti-HBs: 10- 99 IU/L
Anti-HBs: 10- 100 IU/L
aktive Immunisierung,
4
eine Impfdosis
aktueller Anti-HBs: <10 IU/L
oder
Anti-HBs nicht innerhalb von 48h bestimmbar
4
aktive Immunisierung
5
und HB-Immunglobulin
(baldmöglichst)
ggf. Vervollständigung der
Grundimmunisierung mit AntiHBs-Titerkontrolle bzw.
Nachholen der fehlenden
Impferfolgskontrolle (dokumentierter Anti-HBs-Wert ≥100
IU/L) über den Betriebsarzt als
Arbeitgeberangebot .*
*Hinweis für den Arbeitgeber/Betriebsarzt: Postexpositionell ist eine arbeitsmedizinische Vorsorge beim Betriebsarzt anzubieten. Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen
begründen bei entsprechender Gefährdung das Angebot oder die Veranlassung individueller arbeitsmedizinischer Vorsorge mit Impfangebot (siehe ArbMedVV).
4
so bald wie möglich, zumindest innerhalb von 48 Stunden
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Auf eine HB-Immunglobulingabe kann verzichtet werden, wenn beim
Verletzten jemals ein Anti-HBs-Titer von ≥100IU/l dokumentiert wurde.
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Vorgehen bei Stich- und Schnittverletzungen mit potentiellem Infektionsrisiko
Regelablaufschema der Unfallkasse Berlin
NACHUNTERSUCHUNGEN:
ZeitUntersuchung
schiene
nach
6 Wochen
Anti HCV
oder HCV-PCR, wenn beim Indexpatienten der begründete Verdacht
auf eine oder der Nachweis einer HCV-Infektion bestand
bei Serokonversion / HCV-Genom Nachweis
umgehende fachärztliche
Betreuung zur antiviralen
Frühtherapie
nachfolgend
und BK-Anzeige
Weiterleitung zum Facharzt
und BK-Anzeige
nicht erforderlich bei ausreichender** prä- bzw. postexpositioneller
Immunisierung
bei HBs-Ag-Nachweis / bei Serokonversion:
Weiterleitung zum Facharzt
und BK-Anzeige
umgehende fachärztliche
Betreuung zur antiviralen
Frühtherapie
und BK-Anzeige
Weiterleitung zum Facharzt
und BK-Anzeige
Weiterleitung zum Facharzt
und BK-Anzeige
umgehende fachärztliche
Betreuung antiviralen
Frühtherapie
und BK-Anzeige
bei Serokonversion:
Weiterleitung zum Facharzt
und BK-Anzeige
Anti HBc /anti- HBs nicht erforderlich bei ausreichender** Immunisierung
bei Serokonversion:
Weiterleitung zum Facharzt
und BK-Anzeige
Anti HCV
bei Serokonversion
Anti HIV
Anti HBc
bei Serokonversion:
nicht erforderlich bei ausreichender** Immunisierung
bei Serokonversion:
nach
26 Wochen
Postexpositionelle
Maßnahmen umgehend
bei Serokonversion:
Anti HIV
HBs-Ag / Anti-HBc
nach
12 Wochen
Voraussetzungen/Einschränkungen/Bemerkungen
Anti HCV
bei Serokonversion
Anti HIV
** ausreichend: vollständige Grundimmunisierung mit nachfolgender dokumentierter Impferfolgskontrolle (Anti-HBs ≥100 IU/L) und letzte Impfung (z.B. auch die postexpositionelle
Auffrischimpfung) innerhalb der letzten zehn Jahre. Bzw. Ein dokumentierter Anti-HBs-Wert von ≥100UI/L innerhalb der letzten 10 Jahre.
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Vorgehen bei Stich- und Schnittverletzungen mit potentiellem Infektionsrisiko
Regelablaufschema der Unfallkasse Berlin
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Hinweise zur HIV- Postexpositionsprophylaxe bei beruflicher Exposition (Deutsch-Österreichische Empfehlungen,
Juni 2013)
Indikation zur HIV-PEP bei beruflicher HIV-Exposition (Indexperson HIV-positiv)
Expositionsereignis
Viruslast bei der Indexperson
>50 Kopien/ml
Infektionsrisiko
<50 Kopien/ml
oder unbekannt
Massive Inokulation (>1ml) von Blut oder anderen (Körper-) Flüssigkeiten mit
(potentiell) hoher Viruskonzentration
HIV-PEP empfehlen
HIV-PEP empfehlen
(Blutende) Perkutane Stichverletzung mit Injektionsnadel oder anderer
Hohlraumnadel; Schnittverletzung mit kontaminiertem Skalpell, Messer o.ä.
HIV-PEP empfehlen
HIV-PEP
HIV-PEPanbieten
anbieten gering-mittel
gering-mittel
Oberflächliche Verletzung (z.B. mit chirurgischer Nadel) ohne Blutfluss;
Kontakt von Schleimhaut oder verletzter/geschädigter Haut mit Flüssigkeit
mit potentiell hoher Viruskonzentration
Perkutaner mit anderen Körperflüssigkeiten als Blut (wie Urin oder Speichel);
Kontakt von intakter Haut mit Blut, auch bei hoher Viruskonzentration;
HIV-PEP anbieten
HIV-PEP
Nicht indiziert
HIV-PEP
Nicht indiziert
HIV-PEP
Nicht indiziert
hoch
vernachlässigbar
Haut- oder Schleimhautkontakt mit Körperflüssigkeiten wie Urin und Speichel
Nicht indiziert ist eine HIV PEP, wenn das Expositionsereignis gar nicht zu einer Übertragung geeignet war oder wenn zwar das
Expositionsereignis zu einer Übertragung geeignet gewesen wäre, aber keine Information zum Serostatus der Indexperson vorliegt und auch keine
Hinweise dafür vorliegen, dass eine Infektion wahrscheinlich sein könnte, oder die Indexperson zwar mit HIV infiziert ist, aber effektiv behandelt
wird und daher nicht mehr infektiös ist.
Einleitung einer indizierten HIV-PEP möglichst innerhalb von 2 Stunden.
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Standardprophylaxe:
Raltegravir + Tenofovir-DF/Emtricitabin (= Isentress 400mg 1-0-1 + Truvada 245/200mg 1-0-1)
Alternativ zu Isentress: Lopinavir/Ritonavir (Kaletra 200/50 mg 2-0-2)
Alternativ zu Truvada: Zidovudin/Lamivudin (Combivir 300/150 mg 1-0-1)
Experten-Konsultation:
Die langjährige Erfahrung mit postexpositioneller Prophylaxe einer HIV-Infektion im medizinischen Bereich zeigt, dass trotz ausführlicher nationaler
und internationaler Leitlinien individuelle Besonderheiten der HIV-Exposition immer wieder den Rat von im Umgang mit der PEP erfahrenen
Experten erfordern. Ein solcher Rat von in der HIV-Therapie erfahrenen Ärztinnen und Ärzten sollte in der Regel zeitnah nach Einleitung jeder
PEP eingeholt werden, insbesondere aber dann, wenn die Indikation sowie die Art und der Umfang der Prophylaxe im Rahmen dieser
Empfehlungen nicht eindeutig geregelt sind. Im Einzelnen betrifft dies alle folgenden Situationen:
-
Zeitraum zwischen möglicher Exposition und Beginn einer Prophylaxe ist länger als 24 Stunden
-
Ein hohes Infektionsrisiko besteht aufgrund massiver Inokulation von virushaltigem Material
-
Art und Infektionsgefährdung durch das verursachende Instrument der akzidentellen Verletzung ist weitgehend unklar
-
Exponierte Person ist (vermutlich) schwanger
-
Die Index-Person wurde lange antiretroviral vorbehandelt und eine Multiresistenz der Viren ist nachgewiesen oder möglich
-
Erhebliche unerwünschte Wirkungen des initialen Prophylaxeregimes stellen eine Durchführung dieser Prophylaxe infrage oder machen
eine Umstellung erforderlich
Sofern vor Ort kein Rat von ausgewiesenen Experten eingeholt werden kann oder diese nicht bekannt sind, kann hierfür auch - allerdings nur
während der üblichen Arbeitszeiten (Mo.-Fr. ca. 9.00 - 17.00) das RKI (Tel: 030/18754 3467 oder -3420) in Anspruch genommen werden, über das
auch eine Vermittlung an Experten in der Nähe erfolgen kann. Außerhalb der Dienstzeiten kann über die Infektionsepidemiologische
Rufbereitschaft Rat eingeholt werden (Tel: 030/18754-0) Eine ad-hoc Telefonberatung für Notsituationen (Screening- und ggf. Verweis-Funktion
an mögliche Behandler, nicht jedoch Indikationsstellung und/oder medizinische Interventionsberatung) bietet auch die Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit Beratungszeiten täglich ab 10 Uhr, Mo-Do bis 22 Uhr, Fr-So bis 18 Uhr (Tel: 0221/ 892031).
Die Deutsche AIDS-Hilfe bietet auf der Homepage des HIVReport (www.hivreport.de) eine Liste der Kliniken, die 24 Stunden am Tag eine
Beratung zur HIV-PEP durchführen können (Selbstauskunft der Kliniken und Testanrufe).
Im Sinne einer guten Arbeitsschutzorganisation sollte bei entsprechender Gefährdung eine Vernetzung mit den entsprechenden Experten schon
im Vorfeld erfolgen und Absprachen für das Vorgehen nach einem Unfallereignis mit HIV-Übertragungsgefahr getroffen werden.
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Vorgehen bei Stich- und Schnittverletzungen mit potentiellem Infektionsrisiko
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Hinweise zur HIV- Postexpositionsprophylaxe bei beruflicher Exposition (Deutsch-Österreichische Empfehlungen,
Januar 2008)
Infektionrisiken nach Expositionsbedingungen (mittleres Risiko einer HIV-Infektion nach perkutaner Exposition mit nachweislich HIV-infektiösem Blut: 0,3%):
Art der HIV Exposition
Expositionsrisiko in Relation zum mittleren Risiko
Tiefe Stich- oder Schnittverletzung
16:1 (5%)
Sichtbare, frische Blutspuren auf dem verletzenden Instrument
5:1 (1,5%)
Verletzende Kanüle oder Nadel war zuvor in einer Vene oder Arterie platziert
5:1 (1,5%)
Indexperson hat hohe Viruslast (akute HIV-Infektion, AIDS, ART)
6:1 (2%)
Exposition von Schleimhaut
1:10 (0,03%)
Exposition von entzündlich veränderten Hautpartien
1:10 (0,03%)
Indikation zur HIV-PEP bei beruflicher HIV-Exposition gegenüber HIV-haltigen Körperflüssigkeiten:
Art der Exposition
Perkutane Verletzung mit Injektionsnadel oder anderer Hohlraumnadel (Körperflüssigkeit mit hoher
Viruskonzentration: Blut, Liquor, Punktatmaterial, Organmaterial, Viruskulturmaterial)
HIV-PEP?
empfehlen
-
tiefe Verletzung (meist Schnittverletzung), sichtbares Blut
dringend empfehlen
-
Nadel nach intravenöser Injektion
dringend empfehlen
Oberflächliche Verletzung (z. B. mit chirurgischer Nadel)...
-
... und der Indexpatient hat AIDS oder eine hohe Hl-Viruskonzentration
anbieten
empfehlen
Kontakt von Schleimhaut oder verletzter/geschädigter Haut mit Flüssigkeiten hoher Viruskonzentration
anbieten
Kontakt von intakter Haut mit Blut (auch bei hoher Viruskonzentration)
nicht empfehlen
Perkutaner Kontakt mit anderen Körperflüssigkeiten als Blut (wie Urin oder Speichel)
nicht empfehlen
Haut- oder Schleimhautkontakt mit Körperflüssigkeiten wie Urin und Speichel
nicht empfehlen
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