Pharmazie und Medizin · Pharmacie et médecine 4 Die AKA informiert über Off-Label-Verschreibungen bezüglich Diagnose, Population und Dauer Psychopharmaka – Off-Label-Use (1/2) Pierre B a u m a n n , P i e r re Vo i r o l Regelmässig stellt sich dem Apotheker die Frage, ob ein Rezept für psychotrope Arzneimittel nicht eine Rückfrage beim behandelnden Arzt erfordert, da die Verschreibung off label erfolgt ist, d. h. offenbar bezüglich Diagnose, Demographie, Dauer oder Dosis nicht einer offiziell zugelassenen Anwendung entspricht. In diesem Beitrag wird das Dilemma zwischen den behördlich genehmigten Informationstexten, den von Experten verfassten Empfehlungen (Guidelines) und der Praxis dargestellt. In Teil 1 wird der Off-LabelUse in den Bereichen Diagnose/Indikation, Demographie und Dauer diskutiert, in Teil 2, der in der nächsten Nummer des pharmaJournals erscheint, die Verschreibung von Dosierungen ausserhalb des zugelassenen Bereiches. Die Pharmakotherapie spielt bei der Behandlung von psychischen Krankheiten neben der Psycho- und der Soziotherapie eine essenzielle Rolle. Noch vor etwa 20 Jahren war die Einteilung von Psychopharmaka übersichtlich: Die Indikation für Antidepressiva war eindeutig eine depressive Erkrankung, Antipsychotika waren die Mittel der Wahl für die Behandlung einer Schizophrenie und anderer Psychosen. Durch die klinische Forschung stellte es sich inzwischen heraus, dass sich gewisse Medikamente oder gar Medikamentenklassen neben ihrer Erstindikation auch für die Behandlung anderer Pathologien eignen. Je nach Land und Firma wurden dann zahlreiche Psychopharmaka sukzessive für neue Indikationen eingeführt: Die meisten Antidepressiva sind inzwischen für die Behandlung von Angststörungen zugelassen [1–3], verschiedene Antipsychotika sind erwiesenermassen für die Behandlung von bipolaren Störungen wertvoll. Die Wirksamkeit mancher Antiepileptika ist bei der ­bipolaren Störung inzwischen auch anerkannt und sie wurden dementsprechend für diese Indikation eingeführt [4–9]. Trotz dieser Öffnung gibt es zahlreiche Situationen, bei denen Medikamente «off label» verwendet werden. (Schweiz oder Ausland) für den freien Vertrieb zugelassenes Arzneimittel nicht entsprechend den genehmigten Informationstexten (Fachinformation; Summary of product characteristics (SPC)) eingesetzt wird, wie sie beispielsweise in der Schweiz im Arzneimittelkompendium veröffentlicht werden [10]. Am häufigsten ist ein Off-Label-Einsatz bei einer anderen (oder abgewandelten) Indikation, in einer anderen Dosierung (z. B. Dosis, Zeitintervall, Infusionsgeschwindigkeit), bei einer anderen Patientenpopulation (z. B. Alter, Geschlecht) oder in Abänderung der technisch-pharmazeutischen Vorgaben (z. B. Verlängerung der Haltbarkeitsfrist, Verwendung eines anderen ­Lösungsmittels, andere Mischungen). Der Off-Label-Use darf nicht verwechselt werden mit dem Begriff «unlicensed use» (wörtlich: unerlaubte Verwendung) eines Arzneimittels: pharmaJournal 22 | 11.2009 Verantwortung bei Off-LabelVerschreibungen Es gibt zahlreiche Situationen, in denen der verschreibende Arzt in Anbetracht von klinisch schwierigen oder gar aussichts­ losen Situationen Mühe hat, sich strikte an die in den SPC enthaltenen Weisungen zu halten und auf Grund von Guidelines und anderen Richtlinien eine Off-Label-Verschreibung wagt. Gemäss dem oben zitierten Off-Label-Use Schlusspapier (2006) hat der Arzt die Pflicht, den Patienten über eine Off-Label-Verschreibung zu informieren und sein Einverständnis einzuholen. Ebenso wird dort die pharmazeutische Sorgfaltspflicht definiert: «Der Apothekerin oder dem Apotheker obliegt Tabelle 1. Off-Label-Verschreibung von psychotropen Pharmaka: Die «4 D»: Diagnose, Demographie, Dosis, Dauer [11] Off-Label- Beschreibung Beispiel Diagnose Verschreibung eines Medikamentes für Topiramat bei Sucht («Disorder») welches keine Verschreibungsbewilligung Kategorie für die zu behandelnde psychiatrische Störung vorliegt Demographie Definition des Off-Label-Use 2006 haben die Schweizerische Kantons­ apothekervereinigung und Swissmedic den Off-Label-Use folgendermassen definiert (www.swissmedic.ch; Off-Label_ Use_Schlusspapier.pdf): Ein «Off-LabelUse» eines Arzneimittels liegt vor, wenn ein von einer entsprechenden Behörde Für das betroffene Medikament liegt überhaupt keine (spezifisch schweizerische) behördliche Zulassung vor. Das Royal College of Psychiatrists hat sich mit dem Off-Label-Use in der psychiatrischen Praxis auseinandergesetzt (www.rcpsych.ac.uk/files/pdfversion/ cr142.pdf; Januar 2007). Es hat in einer Übersichtsarbeit vier Situationen von Off-Label-Verschreibungen definiert, die man sich als die «4 D» merken kann: ­Diagnose («disorder»), Demographie, Dosis, Dauer (Tabelle 1). Verschreibung eines Medikamentes Antipsychotika bei Kindern und für welches ausdrücklich keine Adoleszenten Verschreibungs­bewilligung für eine Bevölkerungsgruppe vorliegt Dosis Dauer Verschreibung von Dosen ausserhalb Bei Non-response, Verschreibung des in der Verschreibungsbewilligung von Antidepressiva in höheren als zugelassenen Bereiches zugelassener Dosis Verschreibung eines Medikamentes über Langzeitbehandlung von Schlaf- die in der Verschreibungsbewilligung störungen mit Benzo­diazepinen erlaubten Dauer Pharmazie und Medizin · Pharmacie et médecine zunächst die Validierung ärztlicher Verschreibungen. In Zweifelsfällen ist mit der verschreibenden Fachperson Rücksprache zu nehmen oder unter Umständen sogar die Ausführung der ärztlichen Verschreibung zu verweigern.» Für den Apotheker, der in erster Linie nur das Rezept vor sich hat und oft nur über spärliche Informationen vom Patienten verfügt, ist die Validierung der Verschreibung eine schwer zu erfüllende Aufgabe. Aussicht bestehen, dass das Off-LabelPräparat zu einem Behandlungserfolg führt [12]. Die Klinik zeigt, dass diese Bedingungen bei vielen psychiatrischen Patienten erfüllt sind und prinzipiell sind deshalb Off-Label-Verschreibungen von psychotropen Pharmaka in bestimmten Situationen indiziert. In der Schweiz besteht grundsätzlich keine Vergütungspflicht von off label verschriebenen Medikamenten durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Die folgenden Ausführungen diskuRückerstattung von Off-Labeltieren Off-Label-Verschreibungen in der Verschreibungen Psychiatrie geordnet nach den «4 D»: Diagnose, Demographie und Dauer. AusIn Deutschland gab es im Jahre 2002 eine führungen zu Off-Label-Dosen folgen in Rechtsprechung, wonach eine Off-Label- der nächsten Nummer des pharmaJournal. Verschreibung zu Lasten der Krankenkassen nur zulässig ist, wenn es sich um eine Diagnose schwere, lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beein- Drei Situationen sind allgemein bekannt: trächtigende Erkrankung handelt. Es darf keine andere Therapie verfügbar sein und 1. Ein für andere Indikationen eingeführes muss auf Grund von Studien eine gute tes Medikament wird für eine bestimmte Tabelle 2. Behandlung von bipolaren Störungen: CANMAT Empfehlungen von Medikamenten erster Wahl («First line treatment») [4] Bipolare Störung Medikamente resp. Kombinationen [4] Indikation nach Arznei­ mittelkompendium 2009 Akute Manie Lithium, Divalproat*, Olanzapin, Risperidon, Quetiapin, Quetiapin (Retardpräparat), Aripiprazol, Ziprasidon Lithium oder Divalproat + Risperidon Lithium oder Divalproat + Quetiapin Lithium oder Divalproat + Olanzapin Lithium oder Divalproat + Aripiprazol Lithium, Carbamazepin, Valproat, Aripiprazol, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon Akute bipolare I Depression Lithium, Lamotrigin, Quetiapin, Quetiapin (Retardpräparat) Lithium oder Divalproat + SSRI Olanzapin + SSRI Lithium + Divalproat Lithium oder Divalproat + Bupropion Lithium, Quetiapin, Antidepressiva (a) Erhaltungstherapie bei einer bipolaren Störung I Lithium, Carbamazepin, Lithium, Lamotrigin (beschränkte Wirkung für eine Prophylaxe einer manischen Phase), Aripiprazol Divalproat, Olanzapin, Quetiapin Lithium oder Divalproat + Quetiapin, Risperidon (Depotform), zusätzlich Risperidon (Depotform), Aripiprazol (hauptsächlich für die Prävention einer manischen Phase), Zugabe von Ziprasidon Akute bipolare II Depression Quetiapin – Erhaltungstherapie bei einer bipolaren II Störung Lithium, Lamotrigin – (a) Das Compendium erwähnt nicht spezifisch die Indikation für Antidepressiva bei einer Depression im Rahmen einer ­bipolaren Störung *Divalproat ist das Dimer von Valproat pharmaJournal 22 | 11.2009 psychiatrische Erkrankung verschrieben, 5 für welche keine offizielle Zulassung des Wirkstoffes vorliegt. Dies ist häufig der Fall unter der Annahme, dass es auf Grund seines Wirkmechanismus oder infolge von klinisch vielversprechenden Studien für diese Indikation geeignet sein sollte. Beispiel: Die Behandlung von Suchtkrankheiten kann heute als eine der grössten Herausforderungen in der Psychiatrie angesehen werden. Dies erklärt, warum alle möglichen Behandlungsstrategien untersucht wurden, so auch die Verwendung von Topiramat bei Opiatentzug. Zumindest in der Westschweiz hatten einigermassen vielversprechende Untersuchungen [13] zur Folge, dass Topiramat für diese Indikation häufiger eingesetzt wurde. Dies bewog 2008 den Hersteller zu einem Schreiben an die Ärzteschaft, um sie vor der Off-Label-Verschreibung ihres Produktes für einen Opiatentzug zu warnen. Auffallend ist die zunehmende Häufigkeit der Verschreibung von atypischen Antipsychotika bei anderen als den klassischen Indikationen und in Bevölkerungsgruppen, bei denen solche Medikamente gar nicht oder nur beschränkt zugelassen sind [16,17]. Bei Erwachsenen werden sie gerne für affektive Störungen und Demenz verschrieben, bei Adoleszenten für ADHD (Attention deficit hyperactivity disorder; Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung). In einer systematischen Übersicht über klinische Studien zur Verwendung atypischer Antipsychotika ausserhalb der üblichen Indikationen gab es ca. 20 verschiedene Anwendungsgebiete, zum Beispiel Spielsucht, Persönlichkeitsstörungen, Tics und Tourette-Störungen, Trichotillomanie, Verhaltens­ störungen, Anorexie. Das sind alles Pathologien, für die kaum ein pharmakotherapeutisches Instrumentarium zur Verfügung steht, die aber für den behandelnden Arzt eine grosse Herausforderung darstellen [18]. Am Beispiel der komplexen bipolaren Störung sollen in Tabelle 2 die Unterschiede zwischen den Angaben in der Fachinformation und denen in den sehr beachteten CANMAT Guidelines (­Canadian Network for Mood and Anxiety Treatments) bezüglich der Medikamente der ersten Wahl zur Behandlung von akuten Episoden und der Erhaltungstherapie gezeigt werden [4]. 2. Das Medikament ist gemäss klinischen Studien als Monotherapie in dieser Indi- Pharmazie und Medizin · Pharmacie et médecine 6 kation unwirksam, und es ist deshalb nicht für alle Bevölkerungsgruppen einauch nicht zugelassen. Andere Studien geführt worden. Antidepressiva, Moodhaben jedoch gezeigt, dass es als «Aug- stabilizer und Antipsychotika sind für mentor» geeignet ist, nämlich als Zusatz- schwangere Frauen allgemein nicht zugemedikation zu einem für diese Pathologie lassen, was den behandelnden Arzt in zugelassenen aber bei diesem Patienten eine echte Gewissensnot bringt. Die Unungenügend wirksamen Medikament. terbrechung einer erfolgreichen medikamentösen Behandlung einer Depression, Beispiel: Nach einer fachlich korrekten Behand- einer bipolaren Störung oder einer lung einer Major Depression mit einem dafür ­Schizophrenie erhöht das Rückfallrisiko. zugelassenen Antidepressivum weisen leider Welche Situation ist schädlicher: Das oft ­generell ca. ein Drittel der Patienten eine un­ geringe Risiko von Teratogenität vieler genügende Response auf. Lithium ist bei einer Psychopharmaka oder das psychische monopolaren akuten Depression unwirksam Leiden der werdenden Mutter, welches und nicht zugelassen. Als Zusatzmedikation sich auch auf den Foetus auswirken kann? («Augmentor») kann es jedoch oft die depressive Zu dieser Fragestellung gibt es kaum seriSymptomatik innerhalb weniger Tage spektaku- öse wissenschaftliche Untersuchungen! lär verbessern. Lithium hat inzwischen eine Indi- Es ist deshalb eine Reevaluation der klinikation für diese Anwendung als «Augmentor» schen Situation und der aktuellen Medierhalten, aber nicht Thyroidhormone, für welche kation durch den Arzt notwendig, welähnliche Ergebnisse vorliegen [14]. cher dann gegebenenfalls die bisherige durch eine risikoärmere Medikation er3. Das Off-Label-Präparat wird als Zu- setzt. satzmedikation zu einem für die vorlieEine besondere Gruppe sind Kinder gende Indikation zugelassenen Medika- und Adoleszente. Für sie sind nur wenige ment verschrieben, um dessen Neben- Medikamente für die Behandlung von wirkungen zu mindern. Selbstverständ- relativ häufigen psychiatrischen Störunlich wäre es besser, eine Medikation zu gen wie frühe Psychosen, Schizophrenien wählen, welche keine Komedikation be- und Depressionen zugelassen. Es gilt auch nötigt, um Nebenwirkungen zu bekämp- hier für den Arzt, das Nutzen-Risiko-Verfen. Die Praxis zeigt aber, dass dies nicht hältnis abzuwägen. immer möglich ist. Gewisse Medikamente sind zwar für spezielle Bevölkerungsgruppen zugelasBeispiel: Zahlreiche Antipsychotika wie auch sen, aber z. B. ist für das Antidepressivum manche Antidepressiva weisen als Nebenwir- Reboxetin die maximale Dosis bei Patienkung eine Gewichtszunahme auf. Eine manch- ten >65 Jahren geringer als bei jüngeren mal durchaus wünschenswerte und sehr häufige Patienten. Beispiel: Gemäss Fachinformation gibt es für die Verschreibung von Risperidon für die Behandlung einer Schizophrenie keine Beschränkung der Dauer, nach der gleichen Quelle müsste jedoch bei schwerem aggressivem Verhalten oder bei schweren psychotischen Symptomen bei einer Demenz die Behandlung mit Risperidon nach drei Monaten abgebrochen und nur bei Wiederauftreten der Symptome darf die Behandlung wieder aufgenommen werden. Ähnliche Anweisungen liegen für die Behandlung von bipolaren Störungen (manische Phase) mit Risperidon vor. Einen besonderen Platz nehmen die Benzodiazepine für die Behandlungen von Angst- und Schlafstörungen ein. Grund dafür ist der Verlust an Wirksamkeit nach einer bestimmten Behandlungsperiode infolge Toleranz, aber auch ein Abhängigkeitsrisiko, weshalb deren Verschreibung in vielen Ländern zeitlich begrenzt ist. Rolle der Apotheker Nebenwirkung vom Antiepileptikum Topiramat ist Gewichtsverlust, weshalb dieser Wirkstoff ger- Bei der Behandlung der Schizophrenie und anderer Psychosen ist schon länger bekannt, dass «therapeutische Fenster», das bedeutet hier, ein Unterbruch der Medikation für Wochen oder Monate, die Rückfallquote erheblich erhöhen. Es kann aber Medikamente geben, welche auf Grund mangelnder Langzeitstudien oder aus anderen Gründen nicht für eine jahrelange Behandlung im Sinne einer Prävention zugelassen waren, und deshalb die Gefahr besteht, sie bei chronischen Patienten off label zu verschreiben. Dauer ne, aber off label zur Behandlung der uner- Diagnose Noch bis Ende der siebziger Jahre des empfohlen wird [15]. vergangenen Jahrhunderts wurde empBeispiel: Eine typische Nebenwirkung von sero- fohlen, schon nach wenigen Wochen oder tonergen Antidepressiva (SSRI) sind sexuelle Stö- Monaten nach einer erfolgreichen Berungen, welche mit Mirtazapin behandelt wer- handlung einer akuten Depression das den können. Deshalb wird Mirtazapin gerne als Antidepressivum auf eine um ca. 50 ProZusatzmedikation in geringeren als üblichen Do- zent niedrigere «Erhaltungsdosis» umzusen empfohlen. Da Mirtazapin selbst nur als An- stellen. Inzwischen ist klar geworden, tidepressivum aber nicht für die Behandlung von dass eine Behandlung mit der gleichen sexuellen Funktionsstörungen bei mit SSRI be- Dosis, mit welcher der Therapieerfolg erhandelten depressiven Patienten eingeführt zielt wurde, während mindestens 6–12 wurde, handelt es sich hier im Grunde genom- Monaten weitergeführt werden soll [14]. men um eine Off-Label-Indikation. Zudem hat es sich gezeigt, dass bei einer rekurrenten Depression, also nach einer Demographie Depression, die durch mehr oder weniger regelmässig erscheinende Rückfälle chaViele psychotrope Pharmaka sind entwe- rakterisiert ist, die Medikation während der mangels klinischer Studien, die deren mindestens 3–5 Jahren in voller Dosis Wirksamkeit und Verträglichkeit belegen, weiterverabreicht werden soll. oder mangels Interesse der Hersteller Wie eingangs erwähnt, obliegt der Apothekerin oder dem Apotheker die Validierung ärztlicher Verschreibungen. Dazu gehört auch die Überprüfung der Vollständigkeit des Rezeptes (Dosis usw.) Gegebenenfalls ist mit der verschreibenden Fachperson Rücksprache zu nehmen oder unter Umständen sogar die Ausführung der ärztlichen Verschreibung zu verweigern. Greift man auf die «4 D» zurück, so ist zu berücksichtigen, dass der Apotheker keine Kenntnis von der(n) somatischen und/oder psychischen Diagnose(n) hat, welche die Ärzteschaft beim Patienten, der ihm ein Rezept vorlegt, gestellt hat. Es besteht deshalb für den Apotheker keine direkte Möglichkeit zu überprüfen, ob das verschriebene Medikament bei wünschten Gewichtszunahme bei Olanzapin pharmaJournal 22 | 11.2009 Pharmazie und Medizin · Pharmacie et médecine diesem Patienten indiziert ist. Tatsächlich könnte hier eine Rücksprache mit dem Arzt zur Validierung der Verschreibung in vielen Situationen angezeigt sein, was aus zeitlichen und organisatorischen Gründen nicht immer einfach ist. einer Rücksprache mit dem behandelnden Arzt, bevor er das Medikament dem Patienten übergibt, aber es trifft auch zu, dass der Pharmazeut nicht immer über die bereits erfolgte Dauer der Verschreibung informiert ist. Da u e r D e m o g raphie Dieser Artikel wurde im Auftrag der AKA geschrieben von: Pierre Baumann, Prof. Dr. rer. nat., dipl. Chem., Klinischer Pharmakologe SPC Département de psychiatrie (DP-CHUV), Site de Cery, Prilly-Lausanne E-Mail: [email protected] Pierre Voirol, Dr. pharm., Spitalapotheker FPH, Pharmacie du CHUV, Lausanne Mit der Einsicht, dass die Rückfallgefahr bei vielen psychiatrischen Leiden ein grosses Risiko darstellt, wird heute viel häufiger eine Langzeittherapie angestrebt, und zwar bei der vollen Dosis, welche zur Remission des Patienten geführt hat. Hingegen fehlen Hinweise auf einen Nutzen von Off-Label-Langzeitanwendung. Der Apotheker hat auch hier die Möglichkeit Da, wie oben erwähnt, viele psychotrope Pharmaka nicht für alle Alterskategorien zugelassen sind, oder im Falle von Schwangerschaft nur bei strenger Überprüfung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses verschrieben werden sollten, ist es für den Apotheker auch hier im Zweifelsfalle angezeigt, sich beim Arzt zu vergewissern. z Wir danken Frau Andrea Appenzeller, Apothekerin (Rees, Nordrhein-Westfalen, Deutschland) für ihre stimulierenden Fragen und Diskussionsbeiträge. Korrespondenzadresse Arzneimittelkommission der Schweizer Apotheker AKA Postfach 5247, 3001 Bern Tel. 044 994 75 63, Fax 044 994 75 64 E-Mail: [email protected] Literatur auf Anfrage und unter www.pharmaSuisse.org im Mitgliederbereich. pharmaJournal 22 | 11.2009 7