Praxis der Depressionsbehandlung Kapitel 12 „Lithiumaugmentation“ Arbeitsblatt 12.2 „Patientenaufklärung: Lithiumaugmentation bei unipolarer Depression“ 12.2 Patientenaufklärung: Lithiumaugmentation bei unipolarer Depression Liebe Patientin, lieber Patient, Ihr behandelnder Arzt hat Ihnen zur Behandlung einer depressiven Episode die zusätzliche Gabe von Lithium empfohlen. Was ist Lithium und wann wird es eingesetzt? Lithium ist ein natürlich vorkommendes Metall, das in Form von Lithiumsalzen als Medikament zur Behandlung von psychischen Erkrankungen eingesetzt wird. Wenn die Gabe eines Antidepressivums keine ausreichende Wirkung gezeigt hat, kann durch eine zusätzliche Gabe von Lithium eine Wirkverstärkung erreicht werden (sog. Lithiumaugmentation). Bei vielen Patienten kann durch eine solche Kombinationstherapie ein Abklingen der Depression erreicht werden. Auch zur Rückfallvorbeugung kann die Lithiumtherapie weitergeführt werden, wodurch viele Patienten ein symptomfreies Leben führen können. Ähnlich wie bei der Behandlung mit einem Antidepressivum muss nach Finden der richtigen Dosis etwa 2 Wochen bis zum Eintritt der antidepressiven Wirkung gewartet werden. Wie bei den meisten medikamentösen Therapien kann kein Therapieerfolg garantiert werden. Lithium stellt jedoch eine seit vielen Jahren angewandte Möglichkeit dar, Patienten zu helfen, die auf eine alleinige Antidepressivagabe nicht ausreichend gut angesprochen haben. Lithium kann ferner auch zur Behandlung von bipolar affektiven Erkrankungen (manischdepressive Krankheit) eingesetzt werden. Was muss bei der Behandlung mit Lithium beachtet werden? Bei der Behandlung mit Lithium gibt es keine Standarddosis, die für jeden Patienten gleich ist. Die Findung der individuell richtigen Dosis erfolgt anhand von Blutentnahmen. In diesen wird überprüft, wieviel von der eingenommenen Dosis im Blut ankommt und ein sog. Lithiumspiegel bestimmt. Dieser Spiegel sollte im Bereich von 0,6 bis 0,9 mmol/l liegen. 2017, Springer-Verlag Berlin Heidelberg. Aus: Konrad (Hrsg.) Praxis der Depressionsbehandlung Praxis der Depressionsbehandlung Kapitel 12 „Lithiumaugmentation“ Arbeitsblatt 12.2 „Patientenaufklärung: Lithiumaugmentation bei unipolarer Depression“ Zur Bestimmung des Lithiumspiegels sind regelmäßige Blutentnahmen nötig, zu Beginn der Behandlung in der Regel 1- bis 2-mal wöchentlich, was im Verlauf der Behandlung auf größere Abstände ausgeweitet werden kann. Im Rahmen der Blutentnahme werden zusätzlich noch weitere Werte kontrolliert (z. B. Blutsalze, Nieren- und Schilddrüsenwerte). Lassen Sie die Ergebnisse der Blutuntersuchungen von Ihrem Arzt in Ihrem Lithiumpass vermerken. Diesen sollten Sie immer bei sich führen. Neben der regelmäßigen Kontrolle der Laborwerte sollten regelmäßig Körpergewichts- und EKG-Kontrollen erfolgen. Vor Beginn der Behandlung mit Lithium wird Ihr Arzt bei Ihnen diese Untersuchungen sowie eine Blutentnahme durchführen. Damit Ihr Arzt die Dosis richtig einstellen kann, ist eine regelmäßige Einnahme des Medikaments zu festen Einnahmezeiten wichtig. Die Bestimmung des Lithiumspiegels erfolgt unmittelbar vor der Einnahme der nächsten Dosis. Der Einnahmezeitpunkt sollte sich nicht um mehr als 1-2 Stunden verschieben. Sollten Sie die Einnahme einer Tablette vergessen haben, dann verzichten Sie darauf, die Tablette zusammen mit der nächsten Dosis nachträglich einzunehmen. Bei einem Lithiumspiegel unterhalb des Zielbereiches kann Lithium nicht ausreichend gut wirken. Bei einem Lithiumspiegel oberhalb des Zielbereichs können Zeichen einer Überdosierung auftreten. Typische Überdosierungssymptome sind: grobes Händezittern, Durst, Übelkeit, Durchfall, verwaschene Sprache, Gangunsicherheit, Muskelschwäche, Benommenheit und Verwirrtheit. Im Fall solcher Zeichen suchen Sie bitte sofort einen Arzt auf und nehmen bis dahin kein weiteres Lithium ein. Auch innerhalb des Wirkspiegelbereiches können Nebenwirkungen auftreten. Diese können umfassen: vermehrtes Wasserlassen und Durstgefühl, feines Händezittern, Gewichtszunahme, Einschränkung der Schilddrüsenfunktion, Einschränkung der Nierenfunktion. Teils kann es auch zu EKG-Veränderungen, Verschlechterung von Hauterkrankungen (z. B. Schuppenflechte), sexuellen Funktionsstörungen, Durchfall und Wassereinlagerungen (Ödemen) kommen. Bei erhöhtem Flüssigkeits- oder Kochsalzverlust steigt der Lithiumspiegel, und es besteht die Gefahr einer Überdosierung. Typische Situationen sind Schwitzen bei starker körperlicher Anstrengung, Hitze und Saunabesuche, starke Durchfälle, Erbrechen, Fieber, 2017, Springer-Verlag Berlin Heidelberg. Aus: Konrad (Hrsg.) Praxis der Depressionsbehandlung Praxis der Depressionsbehandlung Kapitel 12 „Lithiumaugmentation“ Arbeitsblatt 12.2 „Patientenaufklärung: Lithiumaugmentation bei unipolarer Depression“ kochsalzarme oder Nulldiäten, größere Operationen. Achten Sie besonders in diesen Situationen auf eine ausreichende Trinkmenge und lassen Sie bei Unsicherheit Ihren Lithiumspiegel ärztlich kontrollieren. Der Lithiumspiegel kann auch durch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ansteigen. Informieren Sie darum alle behandelnden Ärzte über Ihre Lithiummedikation und zeigen Sie Ihren Lithiumpass vor. Insbesondere Blutdruckmedikamente, Diuretika („Wassertabletten“) und frei verkäufliche Schmerzmittel (Ibuprofen, Diclofenac, Indometacin) haben den größten Einfluss. Greifen Sie bei Schmerzen bevorzugt auf Paracetamol oder ASS (Aspirin®) zurück. Ein Fehlbildungsrisiko beim ungeborenen Kind kann bei einer Behandlung in der Schwangerschaft nicht ausgeschlossen werden. Eine verlässliche Empfängnisverhütung wird darum für die Behandlungsdauer empfohlen. Besprechen Sie das weitere Vorgehen bei Kinderwunsch mit Ihrem lithiumverordnenden Arzt. Bitte besprechen Sie die angesprochenen Punkte mit Ihrem Arzt im Rahmen des Aufklärungsgespräches und stellen Sie Rückfragen zu Dingen, die Ihnen unklar erscheinen. 2017, Springer-Verlag Berlin Heidelberg. Aus: Konrad (Hrsg.) Praxis der Depressionsbehandlung