Die Patentierbarkeit von menschlichen embryonalen Stammzellen Robert Briske, M.mel. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht Herausgegeben von Prof. Dr. Hans Lilie Prof. Dr. Hans Lilie (Hrsg.), Schriftenreihe Medizin-Ethik-Recht, Band 42, 2012 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: ISSN 1862-1619 ISBN 978-3-86829-502-3 Schutzgebühr Euro 5 Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht (MER) Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Universitätsplatz 5 D- 06108 Halle (Saale) [email protected] www.mer.jura.uni-halle.de Tel. ++ 49(0)345-55 23 142 1 Gliederung A. Einleitung .......................................................................................................... 3 B. Naturwissenschaftliche Grundlagen .............................................................. 5 I. Embryonalentwicklung ...................................................................................... 5 II. Grundlagen der Stammzellforschung .............................................................. 8 1. Der Begriff „Stammzelle“ .............................................................................. 8 2. Das Potenzial von Stammzellen .................................................................. 9 3. Einteilung nach der Herkunft ...................................................................... 11 4. Alternative Methoden zur Gewinnung embryonaler Stammzellen .............. 13 C. Ethische Beurteilung der Gewinnung von embryonalen Stammzellen ..... 15 I. Diskussion hinsichtlich des Schutzes des Embryos ....................................... 15 1. Das Argument der Spezieszugehörigkeit ................................................... 16 2. Das Kontinuitätsargument .......................................................................... 17 3. Das Identitätsargument .............................................................................. 18 4. Das Potentialitätsargument ........................................................................ 19 5. Konsequenzen und Fazit ........................................................................... 21 II. Diskussion mit Interessen der Gesellschaft ................................................... 23 III. Zusammenfassung ....................................................................................... 25 D. Rechtlicher Rahmen der Patentierbarkeit .................................................... 25 I. Der rechtliche Umgang mit Stammzellen........................................................ 26 1. Gewinnung embryonaler Stammzellen ...................................................... 26 2. Import embryonaler Stammzellen .............................................................. 28 3. Verwendung embryonaler Stammzellen .................................................... 28 II. Grundlagen des Patentschutzes .................................................................... 28 III. Die relevanten Rechtsakte............................................................................ 29 1. Die Biotechnologierichtlinie ........................................................................ 29 2. Das TRIPS-Übereinkommen...................................................................... 30 3. Das Europäische Patentübereinkommen ................................................... 31 2 IV. Voraussetzungen der Patentierbarkeit ......................................................... 33 1. Erfindung und Entdeckung ......................................................................... 33 2. Neuheit....................................................................................................... 35 3. Erfinderische Tätigkeit................................................................................ 36 4. Gewerbliche Anwendung ........................................................................... 36 V. Ausschluss der Patentierbarkeit .................................................................... 37 1. Der ordre public-Vorbehalt als ethische Generalklausel ............................ 38 2. Regelbeispiele ........................................................................................... 39 3. Verwendung von menschlichen Embryonen .............................................. 40 a. Verfahrensgang des Brüstle-Verfahrens ................................................ 40 b. Der Begriff des menschlichen Embryos.................................................. 41 aa. Autonomer Begriff des Unionsrechts? .............................................. 41 bb. Enge oder weite Auslegung? ............................................................ 43 cc. Zusammenfassung ............................................................................ 47 c. Verwendung menschlicher Embryonen .................................................. 47 aa. Verwendung zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung ........... 48 bb. Erfordernis der vorherigen Zerstörung menschlicher Embryonen ..... 50 d. Auswirkungen der Brüstle-Entscheidung ................................................ 53 E. Fazit ................................................................................................................. 56 F. Literaturverzeichnis ........................................................................................ 58 3 A. Einleitung Die Hoffnungen, Erwartungen, aber auch die ethischen Bedenken hinsichtlich der Biotechnologie im Allgemeinen und der Stammzellforschung im Besonderen sind enorm. Es handelt sich um das vermutlich vielversprechendste Forschungsgebiet der Gegenwart. Durch die Grundlagenforschung an embryonalen Stammzellen erhofft man sich Erkenntnisse sowie therapeutische Perspektiven über bisher unheilbare Krankheiten. Dabei muss der Nutzen für die therapeutische Anwendung zwar erst noch erwiesen werden. Die Erwartungshaltung geht aber dahin, dass sich etwa Nervenzellen züchten lassen, um Alzheimer- oder Parkinson-Patienten Linderung und Heilung zu verschaffen.1 Auch die Ursachen von Unfruchtbarkeit, Entwicklungsstörungen bei Embryonen, Spontanaborten und angeborenen Schädigungen sollen geklärt werden.2 Sogar die Züchtung ganzer Organe wird für möglich gehalten.3 Ein extremes Beispiel für die Hoffnungen aber auch Illusionen in diesem Technologiebereich ist der Fall Hwang Woo-suk.4 Der südkoreanische Wissenschaftler veröffentlichte 2004 und 2005 Arbeiten, in denen die technische Hürde für „therapeutisches Klonen“ beim Menschen genommen wurde. Hwang Woo-suk wurde dermaßen mit Auszeichnungen und Privilegien überschüttet, dass aus diesem Anlass sogar eine Briefmarke herausgegeben wurde.5 Ende 2005 stellte sich heraus, dass die gesamte Forschungsarbeit erfunden und gefälscht wurde.6 Die Stammzellforschung hatte in den 1960er und 1970er Jahren ihren großen Durchbruch, als das Potential von Knochenmarkstransplantationen aufgrund der dort enthaltenen adulten Stammzellen erkannt wurde.7 Die Forschung mit embryonalen Stammzellen ist wesentlich jünger. Seit 1998 die bahnbrechende Arbeit des USamerikanischen Stammzellforschers Thomson zur Gewinnung und Etablierung emb1 2 3 4 5 6 7 BT-Drs. 14/7546, 16 (16 f.); Rosenau, in: FS Schreiber, 761 (763). BT-Drs. 14/7546, 16. BT-Drs. 14/7546, 16 (16 f.); Rosenau, in: FS Schreiber, 761 (763). Dazu Kempermann, Neue Zellen, 208 ff. Die Briefmarke ist abgedruckt bei Kempermann, Neue Zellen, 14. Kempermann, Neue Zellen, 209 f. Dabei stellte sich auch heraus, dass nicht 400 sondern 2000 Eizellen zur Herstellung der Zelllinien verbraucht wurden, die Hwang Woo-suk bekam, indem er Druck auf seine eigenen Labormitarbeiterinnen ausübte. Für die „Einführung der Methode der Übertragung von Geweben und Organen als klinische Behandlungspraxis in die Humanmedizin“ erhielt der Pionier der Knochenmarkstransplantation Edward Donnal Thomas gemeinsam mit dem Chirurgen Joseph Edward Murray 1990 den Nobelpreis für Physiologie und Medizin. 4 ryonaler Stammzellen aus den Blastozysten menschlicher Embryonen erschien, 8 entwickelte sich die Forschung an embryonalen Stammzellen zu einem eigenständigen Fachgebiet,9 welches mittlerweile erste Erfolge zu verzeichnen hat. Im Juni 2012 gelang es japanischen Wissenschaftlern, aus embryonalen Stammzellen Vorläuferzellen des menschlichen Auges zu züchten.10 Damit verbunden ist die Hoffnung mit diesen gezüchteten Netzhautzellen neue Behandlungsformen für Blinde und Patienten mit schlechter Sehkraft oder Augenverletzungen zu schaffen. Embryonale Stammzellen haben gegenüber adulten Stammzellen den wirtschaftlichen Vorteil, dass die Zellen unbegrenzt vermehrbar sind und damit zu einem Produkt werden können.11 Daher sind sie Gegenstand von weitreichenden Patentansprüchen. Beispielsweise wurden die wissenschaftlichen Ergebnisse von Thomson bereits 1996 durch mehrere Patente abgesichert.12 Das am 13.03.2001 erteilte USPatent 6,200,806 umfasst das Verfahren zur Herstellung humaner embryonaler Stammzellen und bildet damit das (strategische) Basispatent für den gesamten Forschungsbereich.13 Im Zusammenhang mit den rasanten Fortschritten in der Stammzellforschung und Gentechnik wurde auch die Forderung „kein Patent auf Leben“ immer lauter.14 Durch die Biotechnologie wurden ganz neue, ethisch strittige Probleme geschaffen. Daher ergab sich ein Bedarf an einer vereinheitlichten europäischen Patentgesetzgebung. Dies mündete 1998 in der Verabschiedung der Biotechnologie-Richtlinie15. Dort heißt es in Erwägungsgrund (1), dass die Biotechnologie in verschiedenen Industriezweigen eine immer wichtigere Rolle spielt und daher dem Schutz biotechnologischer Erfindungen eine grundlegende Bedeutung für die industrielle Entwicklung der Union zukommt. Die Richtlinie hat die nationalen deutschen Patentvorschriften maßgeblich beeinflusst. 8 9 10 11 12 13 14 15 Thomson et al., Science 282 (1998), 1145. Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 15. Cyranoski, Nature v. 15.06.2012, http://www.nature.com/news/biologists-grow-human-eyeprecursor-from-stem-cells-1.10835. Kempermann, in: Geyer, Biopolitik, 286 (291). Dazu Schneider, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 211 (213 ff.). Schneider, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 211 (214). Vgl. etwa www.keinpatent.de und www.greenpeace.de/themen/patente/patente_auf_leben, zuletzt abgerufen am 15.09.2012. Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 06.07.1998, ABl. L 213 vom 30.07.1998, 13, im Folgenden: BiotechnologieRL. 5 Die vorliegende Arbeit wird sich mit den Auslegungsproblemen der BiotechnologieRL hinsichtlich der Patentierbarkeit menschlicher embryonaler Stammzellen beschäftigen. Dazu ist es zunächst nötig sich die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Embryonalentwicklung und Stammzellforschung zu verdeutlichen. Anschließend werden die ethischen Probleme um die Gewinnung embryonaler Stammzellen diskutiert. Nachdem der biologische und ethische Rahmen abgesteckt ist, wird sich der Hauptteil der Arbeit auf das Normendickicht konzentrieren, welches sich um die Patentierbarkeit von embryonalen Stammzellen gebildet hat. Besonders die sog. Brüstle-Entscheidung des EuGH vom 18.10.2011 und ihre Auswirkungen werden dabei untersucht.16 B. Naturwissenschaftliche Grundlagen Als Grundlage der juristischen und ethischen Überlegungen ist es erforderlich, die naturwissenschaftlichen Grundbegriffe rund um die Stammzellforschung zu klären. Dazu wird zunächst zum besseren Verständnis die Embryonalentwicklung in vivo erörtert. I. Embryonalentwicklung Die Embryonalentwicklung beginnt mit Befruchtung der Eizelle durch ein Spermium. Durch das Eindringen des Spermiums in die Eizelle (sog. Imprägnation) entsteht ein neues Zellgebilde (sog. Zygote).17 Die Zygote enthält nun zunächst den haploiden Chromosomensatz des Vaters und den haploiden Chromosomensatz (sowie die DNS der Mitochondrien) der Mutter.18 Aus beiden Chromosomensätzen bildet sich jeweils ein Vorkern. Nachdem sich das in diesen beiden Vorkernen enthaltene Material verdoppelt hat, bewegen sich die Vorkerne aufeinander zu, um sich schließlich zu diploiden Chromosomensätzen zu vereinigen (sog. Konjugation).19 Durch die erste gemeinsame Teilung (Furchung) entsteht so ein zweizelliger Embryo, dessen beide Zellen einen diploiden Chromosomensatz aufweisen.20 Damit endet die Befruchtung 16 17 18 19 20 EuGH, GRUR 2011, 1104 – Brüstle/Greenpeace. Dazu unten D. IV. 3. a. – d. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 36; Wisser, in: Status des Embryos, 26 (27). Ein Chromosomensatz ist haploid, wenn er in einer Zelle nur einfach vorhanden ist, d.h. die Zelle von allen verschiedenen Chromosomentypen nur jeweils einen enthält (also insgesamt 23 Chromosomen). Diploid meint hingegen, dass ein zweifacher Chromosomensatz enthalten ist, wobei einer von der Eizelle und einer vom Spermium stammt. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 36; Weschka, Status und Schutz des menschlichen Embryos, 181. Wormer, Stammzellen, 31; Müller-Götzmann, Artifizielle Reproduktion, 219. 6 nach ca. 24 Stunden.21 Dann enthält die Zygote die volle art- und individualspezifische Erbinformation.22 Eine echte Kernverschmelzung von Ei- und Samenzelle (etwa im wörtlichen Sinne des § 8 I ESchG) findet nicht statt, d.h. es gibt zu keinem Zeitpunkt einen einzelligen Embryo mit einem einzigen Kern.23 „Kernverschmelzung“ kann daher nur das Zusammenfinden der beiden haploiden Chromosomensätze der Vorkerne zur Zellteilung meinen, d.h. der Moment, in dem die Zygote ein neues, sich teilendes diploides Genom erhält.24 Das erste Stadium, in dem väterliche und mütterliche Chromosomen gemeinsam in einem Zellkern vorkommen, ist somit das Zwei-Zell-Stadium.25 In den folgenden 6 bis 7 Tagen wandert die befruchtete Eizelle durch Kontraktionen des Eileiters und durch Flimmerhaare auf dessen Oberfläche in den Uterus.26 Dabei findet ein Stoffaustausch zwischen umgebenden Geweben und der Eizelle in beide Richtungen statt.27 Während dieser Wanderung teilen sich die embryonalen Zellen ungefähr alle 12 bis 36 Stunden in Tochterzellen (sog. Blastomeren) und wandeln sich so zur Morula (ab 16-Zell-Stadium).28 Dabei kommt es zwischen dem 4Zell- und dem 8-Zell-Stadium zu einem Wechsel der genetischen Steuerung der Zellen: die Gene des Embryos übernehmen von den mütterlichen Genen der Eizelle die weitere Regulation der Zell- und Organentwicklung.29 Im 8-Zell-Stadium ist das embryonale Genom voll aktiviert.30 Bis zum 8-Zellstadium (ca. am 2. Tag) sind die Zellen zudem totipotent, d.h. sie haben die Fähigkeit, sich jeweils unter gegebenen Umständen zu vollständigen und selbstständigen Individuen zu entwickeln.31 Theoretisch denkbar ist es, dass sich eine einzelne, dem Embryo entnommene Zelle, unter ge- 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 36, 38. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 37; Wisser, in: Status des Embryos, 26 (28). Deutscher Ethikrat, PID, 11 (Fn. 8); Nationaler Ethikrat, Genetische Diagnostik, 12; Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 37; Wormer, Stammzellen, 30 (mit Abbildungen auf S. 32 f.). Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 37; Taupitz, Jhb. Für Wissenschaft und Ethik 2008, 107 (121). Nationaler Ethikrat, Genetische Diagnostik, 12. Nationaler Ethikrat, Genetische Diagnostik, 13. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 38; Weschka, Status und Schutz des menschlichen Embryos, 182. Deutscher Ethikrat, PID, 11; Nationaler Ethikrat, Genetische Diagnostik, 13; Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 39; Wisser, in: Status des Embryos, 26 (28). Wisser, in: Status des Embryos, 26 (28). Plachot, Human Reproduction 15 (2000), 49; Wisser, in: Status des Embryos, 26 (28). Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 39; Bioethikkommission, Forschung an heS, 10. 7 eigneten Umständen als eigener, genetisch identischer Embryo weiterentwickeln kann.32 In der weiteren Entwicklung vergrößern sich die extrazellulären Räume und füllen sich mit Flüssigkeit, so dass aus der Morula nach ca. 4 Tagen eine Blastozyste (100 bis 200 Zellen) entsteht.33 In der Blastozyste ist deutlich die sog. innere Zellmasse (Embryoblast) von den umgebenden Zellen (Trophoblast) zu unterscheiden.34 Der Embryoblast entwickelt sich später zum Embryo und der Trophoblast ist die Vorstufe zur späteren Plazenta.35 Der Embryoblast hat noch die Fähigkeit, sich zu mehreren individuellen Embryonen zu entwickeln.36 Wegen der umfassenden Differenzierungsfähigkeit der inneren Zellmasse nennt man diese Zellen auch embryonale Stammzellen, die sich in alle Zellen eines Organismus entwickeln können.37 Am 7. Tag hat die Blastozyste den ersten Kontakt zur Gebärmutterschleimhaut aufgenommen (sog. Nidation).38 Damit beginnt die 7 Tage andauernde Implantationsphase, die zur Einbettung der gesamten Keimanlage in die Gebärmutterschleimhaut führt.39 Aufgrund verschiedener zellulärer Austauschprozesse zwischen dem mütterlichen Uterus und den embryonalen Trophoblastzellen ist zumindest von einer mittelbaren Abhängigkeit der Embryogenese von der Mutter auszugehen. 40 Erst nach der Nidation wächst der Embryo und es finden die gestaltgebenden Prozesse statt.41 Nach der Implantation in die Gebärmutter findet zu Beginn der dritten Woche die Ausbildung des Primitivstreifens statt, durch den die Körperachsen des Embryos (Kopf-Rumpf und Rücken-Bauch) sowie die drei Keimblätter (Ektoderm, Entoderm und Mesoderm) gebildet werden.42 Aus den Keimblättern leiten sich die Zellen aller somatischen Gewebe und Organe eines Organismus ab.43 Der Blastozyste selbst 32 Deutscher Ethikrat, PID, 11. BT-Drs. 14/7546, 8; Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 40; Junqueira/Carneiro/ Gratzl, Histologie, 402. 34 Deutscher Ethikrat, PID, 12; Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 40. 35 Deutscher Ethikrat, PID, 12; Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 40; Bioethikkommission, Forschung an heS, 10. 36 Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 40; Schroth, JZ 2002, 170 (175). 37 Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 40; Rohwedel, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 18 (20). Dazu ausführlicher unter B. II. 2. 38 Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 40; Müller-Götzmann, Artifizielle Reproduktion, 219. 39 Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 41; Müller-Götzmann, Artifizielle Reproduktion, 219. 40 Kummer, in: Biomedizin und Menschenrechte, 59 (70); Herzog, in: Status des Embryos, 34 (35). 41 Wallner, Moralischer Dissens, 11. 42 Nationaler Ethikrat, Genetische Diagnostik, 14; Bioethikkommission, Forschung an heS, 10. 43 Rohwedel, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 18 (20). 33 8 fehlen die erforderlichen Positionssignale zur Herausbildung der Körperachsen. 44 Nicht eingepflanzte Blastozysten können sich daher nicht weiterentwickeln und gehen zu Grunde.45 Mit dem Abschluss der Implantation und der Ausbildung des Primitivstreifens endet auch die Möglichkeit der Mehrlingsbildung. 46 Der Embryo ist erst jetzt ein Individuum. Mit Beginn der Implantation ist die Phase der sog. Blastogenese abgeschlossen und es folgt die Gastrulation (Bildung der Keimblätter), durch die die Organogenese beginnt (ab der 4. Woche).47 In der Organogenese erfolgt die Differenzierung einzelner Zellen zu den späteren Organanlagen.48 Damit ist die eigentliche Embryogenese abgeschlossen und es folgt mit der Fetogenese die Reifung aller Organe bis zum Ende der Schwangerschaft.49 II. Grundlagen der Stammzellforschung Viele Zellen haben nur eine kurze Lebensdauer und müssen ersetzt werden. Infolge der Zelldifferenzierung verlieren die meisten Zellen ihre Teilungsfähigkeit.50 Für Wachstum und Erneuerung abgestorbener Zellen sind die sog. Stammzellen zuständig. 1. Der Begriff „Stammzelle“ Stammzellen sind vereinfacht gesagt Zellen, von denen andere Zellen „abstammen“.51 Zellen vermehren sich durch Zellteilung. Die Besonderheit von Stammzellen besteht darin, dass eine Tochterzelle verschieden von der Mutterzelle sein kann. Die Tochterzelle differenziert52 sich weiter in den jeweiligen Zelltyp, während die (Tochter-)Stammzelle in einem undifferenzierten Zustand (mit gleichem Entwicklungspotenzial) bleibt.53 Dies wird auch als asymmetrische Teilung bezeichnet.54 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 Kummer, in: Biomedizin und Menschenrechte, 59 (72 f.). Kummer, in: Biomedizin und Menschenrechte, 59 (73). Nationaler Ethikrat, Genetische Diagnostik, 14; Schroth, JZ 2002, 170 (175); Knoepffler, in: Menschenwürde und medizinethische Konfliktfälle, 55 (57). Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 42; Wallner, Moralischer Dissens, 11; Müller-Götzmann, Artifizielle Reproduktion, 219. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 42; Müller-Götzmann, Artifizielle Reproduktion, 219. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 42; Müller-Götzmann, Artifizielle Reproduktion, 219. Müller/Hassel, Entwicklungsbiologie, 19.1.1. Kempermann, Neue Zellen, 131. Der Begriff kommt von differe = sich unterscheiden und bezeichnet eine Entwicklung, bei der sich die Zellen immer weiter spezialisieren, Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 219. Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 24. Müller/Hassel, Entwicklungsbiologie, 19.1.1. 9 In der Regel gibt es mehrere Differenzierungswege für unterschiedliche Zelltypen. Diese verschiedenen Möglichkeiten werden als das „Potenzial“ der Stammzelle bezeichnet. Meist spricht man in diesem Zusammenhang von „Multipotenz“, da die Stammzelle viele Entwicklungsmöglichkeiten hat.55 Damit lautet die klassische Stammzelldefinition: „Selbsterneuerung plus Multipotenz“.56 Etwas genauer gefasst geht man von drei Eigenschaften der Stammzellen aus: Sie können sich über lange Zeit selbst erneuern (proliferieren, vermehren), sie sind selbst nicht spezialisiert (undifferenziert) und sie haben die Fähigkeit, spezialisierte Zellen hervorzubringen.57 2. Das Potenzial von Stammzellen Da sich Stammzellen sowohl qualitativ als auch quantitativ in ihrem Potenzial unterscheiden, können sie anhand dessen auch charakterisiert werden.58 Daraus folgt ein stark vereinfachtes Modell einer Abstammungslinie von Zellen.59 Die oberste Hierarchieebene besteht aus totipotenten Stammzellen. Der Begriff der Totipotenz kann auf die Einzelzelle oder Gewebeverbände bezogen werden. 60 Der Begriff der Totipotenz wird uneinheitlich verwendet: zum einen beschreibt er die Fähigkeit, alle Zell- bzw. Gewebetypen bilden zu können, zum anderen wird er als weiteres Merkmal die Fähigkeit zur Selbstorganisation i.S.d. Bildung eines lebensfähigen Individuums verwendet.61 Es erscheint sinnvoll für die Fähigkeit, alle Zellarten des Körpers zu bilden (ohne die Fähigkeit zur Selbstorganisation), den Begriff der Omnipotenz (omnia = alle) zu verwenden.62 Der Begriff Totipotenz (totus = ganz) im engeren Sinne wird dann für Omnipotenz verbunden mit der Fähigkeit zur Bildung eines ganzen Individuums verwendet.63 Als Beispiel für totipotente Stammzellen wird meist die befruchtete Eizelle angeführt, denn aus ihr geht ein ganzer Organismus hervor. Dennoch passt die klassische Stammzelldefinition nicht ganz, denn es fehlt 55 56 57 58 59 60 61 62 63 Teilweise wird der Begriff Multipotenz aber noch im Zusammenhang mit Toti- und Pluripotenz verwendet. Dort bezeichnet Multipotenz, die am weitesten eingeschränkte Klasse der Stammzellen. Watt/Hogan, Science 287 (2000), 1427; Kempermann, Neue Zellen, 133. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 219. Kempermann, Neue Zellen, 133. Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 25. Denker, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 19 (22 f.); Beier, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 36 (39). Denker, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 19 (21); Schütze, Embryonale Humanstammzellen, 6. Denker, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 19 (25); so auch Bioethikkommission, Forschung an heS, 9. Bei Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort: Stammzellen, S. 1961 wird der Begriff der Omnipotenz synonym für Totipotenz verwendet. Denker, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 19 (25). 10 die Fähigkeit zur Selbsterneuerung: spätestens, wenn sie das 16-Zell-Stadium erreicht, hat sie die Fähigkeit zur Totipotenz eingebüßt.64 Nach aktuellen Erkenntnissen sind die Zellen des Embryos jedenfalls bis zum 8-Zell-Stadium totipotent.65 Daher werden diese Zellen durch § 8 I Hs. 2 ESchG dem Embryo gleichgesetzt. Aus den totipotenten Stammzellen gehen durch Zellteilungen und den dabei stattfindenden Differenzierungsvorgängen pluripotente Stammzellen hervor. 66 Unter Pluripotenz (plures = mehrere) versteht man die Fähigkeit, viele verschiedene, aber nicht alle Zelltypen zu bilden.67 Die Zellen der am 5. Tag erkennbaren inneren Zellmasse der Blastozyste können sich zwar zu allen Organgeweben differenzieren. 68 Ein vollständiges, lebensfähiges Individuum im Sinne eines Zwillings können diese Zellen aber nur noch hervorbringen, wenn sie die Plazenta des anderen Zwillings während der Embryo-Fetal-Phase mitbenutzen können.69 Die Zellen der Blastozyste sind daher „nur“ pluripotent.70 Wenn man heute von embryonalen Stammzellen spricht, dann sind diese pluripotenten Zellen der Blastozyste gemeint.71 Pluripotente Stammzellen erzeugen multipotente Stammzellen, die man wiederum in Langzeit- und Kurzzeit-Stammzellen aufteilen kann.72 Langzeit-Stammzellen sind entweder ruhend oder haben eine niedrige Teilungsfrequenz, bei der als Tochterzellen die Kurzzeit-Stammzellen entstehen können.73 Diese haben eine höhere Teilungsfrequenz und bringen sog. Progenitor-Zellen (progenitor = Vorläufer) hervor, deren Differenzierungspotential festgelegt ist.74 Die Progenitor-Zellen teilen sich symmetrisch in zwei Zellen mit gleicher Differenzierung.75 Da sie meist die unmittelbaren Vorläuferzellen von ausdifferenzierten Zellen sind, werden sie auch als Precursor-Zellen bezeichnet (precursor = Vorläufer).76 Man vermutet, dass die Stammzellen 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 Kempermann, Neue Zellen, 134. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 220. Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 25. Denker, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 19 (21); Beier, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 36 (45). Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 221. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 221. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 221. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 221. Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 25. Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 25. Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 25; Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 223. Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 25. Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 25. 11 eine „Backup“-Funktion haben, wohingegen die Vorläuferzellen auf Grund der hohen Teilungsfrequenz auf Verbrauch ausgelegt sind.77 Die sog. unipotenten Stammzellen können nur einen Zelltypen hervorbringen. Unipotente Stammzellen gibt es z.B. in der Haut und den Muskeln.78 3. Einteilung nach der Herkunft Man kann je nach der Herkunft zwischen adulten Stammzellen (AS-Zellen), embryonalen Keimzellstammzellen (EG-Zellen) und embryonalen Stammzellen (ESZellen) unterscheiden. Adulte Stammzellen79 werden aus dem bereits voll entwickelten Organismus gewonnen. Sehr praxisrelevant sind die AS-Zellen im Knochenmark, welche alle Blutkörperchen produzieren (sog. hämatopoetische Stammzellen).80 In jedem regenerationsfähigen Gewebe des Körpers befinden sich Stammzellen.81 Wenn man die entsprechenden Marker kennen würde, könnte man diese Stammzellen gegebenenfalls ebenso gut gewinnen wie die Stammzellen des Knochenmarks.82 Die AS-Zellen sind jedoch immer gewebespezifische Stammzellen und unterscheiden sich daher in ihrem Differenzierungspotential und in ihrer Teilungsfähigkeit von EG- und ES-Zellen.83 Da sie die Funktion haben das jeweilige Gewebe oder Organ frisch zu halten, sind sie je nach Aufgabe unipotent oder multipotent.84 Nur ES-Zellen sind in vitro (unter bestimmten Kulturbedingungen) unbegrenzt teilbar.85 Möglicherweise können derartige Kulturbedingungen aber auch für adulte Stammzellen gefunden werden. 86 Der größte Vorteil der adulten Stammzellen ist, dass man ohne Immunreaktionen autolog 87 transplantieren kann.88 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 Kempermann, Neue Zellen, 139. Müller/Hassel, Entwicklungsbiologie, 19.2.1. Die Bioethikkommission, Forschung an heS, 9 nennt diese Stammzellen „multipotente (gewebespezifische) Zellen. Auch gewebespezifische, somatische oder Körperstammzellen genannt, Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 223; Rohwedel, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 18 (28). Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort: Stammzellen, hämatopoetische, S. 1961. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 223; Hauskeller, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 27/2001, 7 (10). Hauskeller, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 27/2001, 7 (10). Hauskeller, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 27/2001, 7 (10). Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 223. Rohwedel, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 18 (28). Rohwedel, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 18 (28). D.h. die eingesetzten Stammzellen stammen vom Patienten selbst, Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort: Stammzelltransplantation, S. 1962. Rohwedel, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 18 (29). 12 EG-Zellen werden durch die Isolierung von primordialen89 Keimzellen aus frühgeburtlichen oder abgetriebenen Feten (zwischen der fünften bis neunten Schwangerschaftswoche) gewonnen.90 Die primordialen Keimzellen wandern während der Embryonalentwicklung entlang des Darms in die Gonaden.91 Wenn die Zellen in den auch Genitalleisten genannten Anlagen angekommen sind, können sie isoliert und ähnlich wie ES-Zellen in Kultur genommen werden.92 Die Gewinnung dieser Zellen ist mit den ethischen Problemen um den Schwangerschaftsabbruch belastet. Versuche aber zeigen, dass sich diese Methode weniger gut zur Gewinnung humaner Stammzellen eignet als die anderen Verfahren.93 Der Begriff der fetalen Stammzellen wird in diesem Zusammenhang uneinheitlich benutzt. Als fetale Stammzellen im engeren Sinne werden die primordialen Keimzellen des Fetus, aus denen sich über die Keimzellen die späteren Gonaden entwickeln, bezeichnet.94 Dies entspricht dem Begriff der EG-Zellen.95 Im weiteren Sinne werden mit diesem Begriff Stammzellen fetaler Organe und Stammzellen aus Nabelschnurblut gefasst, die im Wesentlichen mit adulten Stammzellen gleichzusetzen sind.96 Die aus den embryonalen Keimzellen von Feten gewonnenen Stammzellen sind vielleicht omnipotent, sicher aber pluripotent.97 ES-Zellen98 können aus frühen Embryonalstadien, typischerweise aus Blastozysten am 4. oder 5. Tag nach einer extrakorporalen Befruchtung, entnommen werden, wobei die verbleibende innere Zellmasse nicht mehr entwicklungsfähig ist.99 Meist handelt es sich bei den dazu benutzten Embryonen um überzählige Embryonen nach 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 Primordial kommt von lat. Primordium = Uranfang, Ursprung und steht für ursprünglich, von Anfang an, Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort: primordial, S. 1675. Hauskeller, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 27/2001, 7 (9). Gonaden sind die Geschlechtsdrüsen (Keimdrüsen); Eierstöcke (Ovarien) und Hoden (Testes), Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort: Gonaden, S. 784. Rohwedel, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 18 (21). Rohwedel, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 18 (21 f.). Hauskeller, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 27/2001, 7 (9 f.). Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 222. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 222. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 222 f. Bioethikkommission, Forschung an heS, 10. Der Begriff leitet sich aus dem englischen „human embryonic stem-cell“ ab und wird daher auch synonym mit „hes-cells“ abgekürzt, Schütze, Embryonale Humanstammzellen, 9 f. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 226; Rohwedel, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 18 (20). Wege zur Gewinnung embryonaler Stammzellen sind bei BT-Drs. 14/7546, 9 (Abbildung 1) illustriert. 13 einer durchgeführten In-vitro-Fertilisation zu therapeutischen Zwecken.100 In den USA sollen im Jahr 2004 ca. 400.000,101 in Deutschland im Jahr 2000 zwischen 60 und 70 verwaiste Embryonen vorrätig gewesen sein.102 Nach einer Lagerung von ca. 5 Jahren sollen die verwaisten Embryonen grundsätzlich fortpflanzungsmedizinisch nicht mehr geeignet sein, da das Risiko von Fehlbildungen zu groß sei.103 Unter bestimmten Bedingungen bleiben die so gewonnenen ES-Zellen in vitro pluripotent. Diese so etablierten permanenten Zelllinien können theoretisch unbegrenzt vermehrt werden.104 Die Blastozyste wird bei der Gewinnung embryonaler Stammzellen zerstört. Es ist aber zumindest denkbar, dass es in Zukunft Techniken geben wird, durch die ES-Zelllinien etabliert werden können und der Embryo lebensfähig bleibt.105 Bei Maus-Embryonen ist dies bereits gelungen.106 4. Alternative Methoden zur Gewinnung embryonaler Stammzellen Zur Etablierung menschlicher ES-Zellen werden alternative Methoden erforscht, damit die Zerstörung von Embryonen vermieden werden kann.107 Zwei Beispiele dafür sind die Induktion von Pluripotenz somatischer Zellen und die Reprogrammierung somatischer Zellen in ein embryonales Stadium durch Fusion mit embryonalen Stammzellen.108 Es gelang japanischen Forschern im Jahr 2006, Zellen aus der Schwanzspitze einer Maus durch vier definierte Faktoren in induzierte pluripotente Stammzellen (sog. iPS-Zellen) zu verwandeln.109 Die iPS-Zellen haben die gleichen Eigenschaften wie ES-Zellen.110 Im November 2007 gelang es schließlich mehreren Forschern menschliche Hautzellen in pluripotente Stammzellen umzuwandeln.111 Dennoch müssen die 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 226; Hauskeller, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 27/2001, 7 (9). Kreß, Medizinische Ethik, 130. Möller/Thaele, Reproduktionsmedizin 18 (2002), 136. Kreß, Medizinische Ethik, 130. Rohwedel, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 18 (20). BT-Drs. 14/7546, 10. BT-Drs. 14/7546, 10 mit Verweis auf Amit et al., Developmental Biology 227 (2000), 271. Überblick bei Bioethikkommission, Forschung an heS, 11 – 13. Dazu Wobus, Naturwissenschaftliche Rundschau 2008, 221 m.w.N.; DFG, Stammzellforschung, 37 ff.; Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 227 ff.; Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 65 f. Grotewold, Naturwissenschaftliche Rundschau 2008, 27 f. m.w.N.; Faltus, MedR 2008, 544 (545). Grotewold, Naturwissenschaftliche Rundschau 2008, 27; Wobus, Naturwissenschaftliche Rundschau 2008, 221; Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 65. Grotewold, Naturwissenschaftliche Rundschau 2008, 27 f. m.w.N.; Wobus, Naturwissenschaftliche Rundschau 2008, 221 (222). 14 Unterschiede zwischen den iPS-Zellen und den unveränderten embryonalen Stammzellen noch erforscht werden.112 Eine weitere Methode ist der Zellkerntransfer („Somatic Cell Nuclear Transfer, SCNT) eines adulten Zellkerns in eine zuvor entkernte Eizelle. 113 Das verbleibende Plasma der Eizelle besitzt die Kräfte, die eingeschränkte Potenz des adulten Zellkerns wieder zur vollen Potenz einer Zygote zu reaktivieren. 114 Damit kann sich die Eizelle zur Blastozyste mit einer inneren Zellmasse, den embryonalen Stammzellen, entwickeln.115 Mit Ausnahme der mitochondrialen DNS sind die so entstandenen Stammzellen mit dem Zellkern-Spender genetisch identisch.116 Wegen des hohen Verbrauchs von Eizellen und der brisanten Nähe zum therapeutischen Klonen ist die SCNT-Technik ethisch strittig und wird durch die neueren Ergebnisse zur induzierten Pluripotenz in ihrer Bedeutung zurücktreten.117 Die Reprogrammierung von Körperzellen wird demgegenüber als „Königsweg“ angestrebt.118 Die Befunde zur Reprogrammierung und induzierter Pluripotenz zeigen, dass das Entwicklungsprogramm von Zellen des Menschen keine Einbahnstraße ist, sondern dass es auch in umgekehrter Richtung experimentell gesteuert werden kann. 119 Diese Technologie bietet die Chance zur Gewinnung individueller, patientengeeigneter Spenderzellen für Zelltherapien und die Möglichkeit, die Entstehungsmechanismen von Krankheiten auf neue Weise zu erforschen.120 Dennoch wird angemahnt, dass die besten iPS-Zellen nicht an die Vorteile von embryonalen Stammzellen herankommen können, da sie aus dem Körper entnommen werden und daher genomisch dessen Alter hätten.121 Wenn zum Beispiel eine Haut- oder Blutzelle eines 50 Jahre alten Patienten reprogrammiert wird, trägt die gewonnene iPS-Zelle alle Mutationen, die sich im Laufe des natürlichen Alterungsprozesses während der 50 Jahre angehäuft haben.122 Es bestehe daher ein erhöhtes 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 Bioethikkommission, Forschung an heS, 12. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 227. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 227. Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, A Rn. 227. Bioethikkommission, Forschung an heS, 11. Wobus, Naturwissenschaftliche Rundschau 2008, 221 (222). Faltus, MedR 2008, 544 (545). Wobus, Naturwissenschaftliche Rundschau 2008, 221 (223). Wobus, Naturwissenschaftliche Rundschau 2008, 221 (224). So Brüstle wiedergegeben bei Klimpel, Welt Online vom 25.04.2012. So Brüstle wiedergegeben bei Klimpel, Welt Online vom 25.04.2012. 15 Krebsrisiko.123 Weitere Grundlagenforschung sowohl an embryonalen als auch an adulten Stammzellen ist daher nötig. C. Ethische Beurteilung der Gewinnung von embryonalen Stammzellen Hinsichtlich der Gewinnung von Stammzellen aus Embryonen zu Forschungszwecken werden in der ethischen Beurteilung zwei Argumentationslinien verfolgt: Zum einen sei ein Verbot erforderlich, um den Embryo zu schützen, und zum anderen wegen eines dahingehenden Allgemeininteresses.124 Es geht letztendlich um den moralischen Status von Embryonen, da diese zur Stammzellgewinnung in einem Frühstadium zerstört werden.125 Welche Schutzwürdigkeit kann frühen menschlichen Embryonen zugesprochen werden? I. Diskussion hinsichtlich des Schutzes des Embryos Es ist fraglich, ob dem Embryo in vitro bereits Menschenwürdeschutz zukommt. Die Diskussion lässt sich (vereinfacht) in zwei Positionen unterteilen: 126 Die erste Position127 geht davon aus, dass dem menschlichen Embryo mit abgeschlossener Befruchtung absoluter Würdeschutz zukommt, wohingegen die zweite Position128 von einem abgestuften Würdeschutz, entsprechend dem Erwerb bestimmter Eigenschaften in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien, ausgeht. Dabei wird oft auf die Ni- 123 124 125 126 127 128 So Brüstle wiedergegeben bei Klimpel, Welt Online vom 25.04.2012. Einteilung nach Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4. (S. 472) und Merkel, in: Bockenheimer-Lucius, Forschung an embryonalen Stammzellen, 41. Sehr anschaulich und systematisch ist die Diskussion um den ethischen Status humaner Embryonen bei Klar/Kunze/Zahradnik, Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie 1/2007, 21 aufgearbeitet und zusammengefasst. Systematisierung nach Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 201 (auch mit weiteren Unterteilungen) und Bioethikkommission, Forschung an heS, 18. Andere Unterteilungen finden sich z.B. bei Hoerster, JuS 2003, 529: „Es gibt im Wesentlichen vier unterschiedliche Positionen, die in der gegenwärtigen Diskussion als Antworten auf die Frage vertreten werden. Antwort 1: Das Lebensrecht beginnt mit der Befruchtung. Antwort 2: Das Lebensrecht beginnt mit der Geburt. Antwort 3: Das Lebensrecht beginnt mit der Befruchtung; es steht dem Embryo aber - anders als dem geborenen Menschen - nur in einer abgeschwächten Form zu. Antwort 4: Das Lebensrecht beginnt zu einem Zeitpunkt, der zwischen Befruchtung und Geburt liegt“ und bei Knoepffler, Angewandte Ethik, 79, der drei Positionen unterscheidet: Menschenwürde ab Befruchtung, ab Ausbildung des Primitivstreifens und zu einem späteren Zeitpunkt, spätestens aber ab der Geburt. Starck, JZ 2002, 1065 (1067); Eibach, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen,170 (185); dazu gehören auch u.a. der Philosoph Jürgen Habermas, der ehemalige Präsident der DFG Wolfgang Frühwald, die ehemaligen Bundesjustizminister Herta Däubler Gmelin und Hans-Jochen Vogel und der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau sowie der mittlerweile verstorbene Präsident der Bundesärztekammer Jörg-Dietrich Hoppe, vgl. Kreß, Medizinische Ethik, 16 f., 146 f. Statt vieler Herdegen, JZ 2001, 773 (774 ff.); Scholz, in: FS Baur, 673 (674 ff.); ähnlich Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.1 (S. 472 ff.). 16 dation als entscheidende biologische Zäsur abgestellt.129 Nach der zweiten Position ist eine Güterabwägung unter bestimmten Bedingungen möglich. In dieser Diskussion werden oft die auf dem christlichen Menschenbild beruhende Gottesebenbildlichkeit des Menschen und dessen unsterbliche Seele angeführt.130 Aus der Heiligkeit des menschlichen Lebens werden Menschenwürde und Lebensschutz der Embryonen abgeleitet. Für diejenigen, die nicht an die Existenz eines (christlichen) Gottes glauben oder einer anderen Religion angehören131, aber auch für den weltanschaulich neutralen Staat, ist diese theologische Argumentation jedoch nicht verbindlich.132 Dieser Ansatz kann zwar der Begründung einer entsprechenden Moral dienen, er taugt jedoch nicht zur Begründung (strafbewehrter) Rechte und Pflichten in einem säkularen Staat.133 Sie bleibt daher im Folgenden außer Betracht. Die Würde und Schutzwürdigkeit der Embryonen wird im Wesentlichen mit Hilfe der sog. SKIP-Argumente begründet: Spezies, Kontinuität, Identität und Potentialität. 1. Das Argument der Spezieszugehörigkeit Nach dem Speziesargument hat jedes Mitglied der Spezies Mensch Würde und da jeder menschliche Embryo zur Spezies Mensch gehört, steht ihm damit Würde zu.134 Gestützt wird dies auf den Gleichbehandlungsgrundsatz.135 Dagegen lassen sich mehrere Argumente anführen. Zum einen muss nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz nur wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt werden.136 Es ist aber gerade die zu entscheidende Frage, ob Embryonen in frühen Entwicklungsstadien dem ge129 130 131 132 133 134 135 136 So statt vieler Irrgang, Einführung in die Bioethik, 64; Heun, JZ 2002, 517 (522); Schroth, JZ 2002, 170 (177); Taupitz, Jhb. für Wissenschaft und Ethik 2008, 107 (122 m.w.N. in Fn. 93). Die Positionen der katholischen und evangelischen Kirchen werden referiert von Knoepffler, in: Menschenwürde und medizinethische Konfliktfälle, 55 (61 – 63). Dazu auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Lehmann, Das Recht, ein Mensch zu sein, Eröffnungsreferat bei der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda 24. September 2001. Im Islam, Judentum und den ostasiatischen Kulturen wird die Forschung mit embryonalen Stammzellen wesentlich liberaler als in der katholischen Kirche gesehen, dazu instruktiv Kreß, Medizinische Ethik, 150 – 157. Fenner, Angewandte Ethik, 2.3., S. 83; Kreß, Medizinische Ethik, 159; Seelmann, Rechtsphilosophie, § 12 Rn. 17; ähnlich auch BVerfGE 88, 203 (252) zum Lebensrecht des Ungeborenen: „es gilt unabhängig von bestimmten religiösen oder philosophischen Überzeugungen, über die der Rechtsordnung eines religiös-weltanschaulich neutralen Staates kein Urteil zusteht.“ Joerden, JuS 2003, 1051. Wiedergegeben bei: Irrgang, Einführung in die Bioethik, 55; Knoepffler, Angewandte Ethik, 79 f. Für das Speziesargument ist etwa Schockenhoff, in: Damschen/Schönecker, Der moralische Status menschlicher Embryonen, 11 ff. So wiedergegeben bei Merkel, Forschungsobjekt Embryo, 131. BVerfGE 1, 14 (52); 98, 365 (385);121, 317 (369). 17 borenen Menschen gleichgestellt werden sollen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kann daher mangels Vergleichsbasis nicht angewandt werden. Diese muss vielmehr zunächst normativ begründet werden.137 Da die Gleichstellung von geborenen Menschen und Embryonen zur Begründung der Gleichstellung herangezogen wird, handelt es sich um einen Zirkelschluss (sog. petitio principii).138 Die Privilegierung der eigenen Gattung wird nach Singer als Speziesismus bezeichnet, der ebenso wie Rassismus abzulehnen sei.139 Danach kann die Gattungszugehörigkeit weder eine notwendige noch hinreichende Bedingung für einen absoluten Würdeschutz und moralischen Sonderstatus des Menschen (im Vergleich zu Tieren) leisten. Um dieses Ziel erreichen zu können, müssten sich spezifische, ethisch relevante Eigenschaften oder Fähigkeiten angeben lassen, die für jeden Mensch und in jedem Entwicklungsstadium typisch sind. Biologische Eigenschaften, wie ein spezifischer Chromosomensatz, können eine derartige Begründung nicht leisten. 140 Aus der biologischen Beschreibung einer Spezieszugehörigkeit, also einer wertfreien empirischen Behauptung, soll ein normatives Werturteil geschlussfolgert werden. 141 Es handelt sich um einen sog. „Sein-Sollen-Fehlschluss“142, d.h. die Behauptung kann nicht allein durch diesen Schluss begründet werden. Im Gegensatz zu feststellbaren Tatsachenaussagen müssen normative Aussagen erst begründet werden. 143 Das Speziesargument als solches allein kann dies nicht leisten. 2. Das Kontinuitätsargument Die Prämisse des Kontinuitätsarguments ist, dass jedem Menschen Würde zusteht.144 Da die Entwicklung von der Zygote bis zum erwachsenen Menschen unter normalen Bedingungen als kontinuierlicher Prozess abläuft, bei dem keine moralisch 137 138 139 140 141 142 143 144 Steigleder, in: Schulz/Steigleder, 316 (326); Merkel, Forschungsobjekt Embryo, 131. Zum Zirkelschluss vgl. Puppe, Kleine Schule des juristische Denkens, 145: „Der Zirkel, also der logische Fehler, entsteht nun dadurch, dass die Konsequenz der Ausgangsthese wieder als deren Begründung verwendet wird.“ Singer, Praktische Ethik, 82 ff. Speziesisten sind nach Singer, a.a.O., S. 85 f. mit Rassisten vergleichbar, indem sie bei Interessenkollisionen ihrer Interessen mit denen von Angehörigen einer anderen Spezies, den Interessen der eigenen Spezies größeres Gewicht einräumen. Steigleder, in: Schulz/Steigleder, 316 (326); Merkel, Forschungsobjekt Embryo, 132 f.; Seelmann, Rechtsphilosophie, § 12 Rn. 19. Merkel, Forschungsobjekt Embryo, 131; Kempermann, Neue Zellen, 109. Auch naturalistischen Fehlschluss oder Humes Gesetz genannt, vgl. Quante, Allgemeine Ethik, 122: aus rein deskriptiven Ist-Aussagen sind keine Soll-Aussagen ableitbar. Dazu auch Fenner, Angewandte Ethik, 17. Fenner, Angewandte Ethik, 17 und 83 f. Dem entspricht Art. 1 I GG. 18 relevanten Zäsuren erkennbar seien, stehe daher jedem menschlichen Embryo Würde zu.145 Ein konkreter Zeitpunkt, an dem sich etwa die Empfindungsfähigkeit entwickle oder die Vernunftfähigkeit ergebe, lasse sich nicht willkürfrei festlegen. Zudem sei das Programm des Menschen bereits mit der „Kernverschmelzung“ vollständig beendet. Ob mit Kernverschmelzung wirklich das Programm des Menschen bereits vollständig ist, muss bezweifelt werden.146 Zwar enthält die Zygote nach der Furchung die vollständige Erbinformation. Aber ohne den Stoffaustausch und die Signale von der Mutter während der Wanderung in den Uterus würde das Entwicklungsprogramm enden. Die Regulation der Zell- und Organentwicklung übernimmt der Embryo zudem erst ab dem 8-Zell-Stadium nach Aktivierung der Gene. Bis zur Nidation besteht hinsichtlich der Embryogenese ein Abhängigkeitsverhältnis zur Mutter. Daher wird davon ausgegangen, dass das menschliche Programm erst mit der Nidation abgeschlossen ist.147 Die Nidation wird daher als bedeutsamer Einschnitt in der Entwicklung (in vivo) angesehen.148 Schließlich lässt sich eine kontinuierliche Entwicklung des Embryos in vitro zum geborenen Menschen nicht ohne die entscheidende Zäsur des Implantationsaktes annehmen.149 Es ist auch gerade die Frage, ob es für die moralische Bewertung relevante Einschnitte gibt. Das Kontinuitätsargument setzt also das voraus, was es erst noch beweisen müsste und ist damit ebenfalls ein Zirkelschluss.150 3. Das Identitätsargument Das Identitätsargument lautet: Jedes Wesen, das aktuell Person ist, hat Würde, viele Erwachsene sind mit Embryonen in moralrelevanter Weise identisch, also ha145 146 147 148 149 150 Wiedergegeben bei: Irrgang, Einführung in die Bioethik, 55; Knoepffler, Angewandte Ethik, 80. Für das Kontinuitätsargument ist etwa Honnefelder, in: Damschen/Schönecker, Der moralische Status menschlicher Embryonen, 61 ff. Auch bei BVerfGE 39, 1 (37) wird auf das Kontinuitätsargument abgestellt. Das BVerfG beschreibt diesen Prozess aber erst ab dem 14. Tag nach der Empfängnis, da „jedenfalls“ ab diesem Zeitpunkt nach gesicherter biologisch-physiologischer Erkenntnis dem Embryo ein Recht auf Leben i.S.v. Art. 2 II 1 GG zusteht. In diese Richtung argumentiert Starck, JZ 2002, 1065 (1068). Kummer, in: Biomedizin und Menschenrechte, 59 (72); Taupitz, Jhb. Für Wissenschaft und Ethik 2008, 107 (122 m.w.N. in Fn. 93). So etwa Weschka, Status und Schutz des menschlichen Embryos, 194; Taupitz, NJW 2001, 3433 (3438); ders. Jhb. Für Wissenschaft und Ethik 2008, 107 (122). Auch BVerfGE 88, 203 (251 f.) geht davon aus, dass jedenfalls ab Nidation „individuelles, in seiner genetischen Identität und damit in seiner Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit bereits fest gelegtes, nicht mehr teilbares Leben, das im Prozeß des Wachsens und Sich-Entfaltens sich nicht erst zum Menschen, sondern als Mensch entwickelt“, existiert. Ipsen, JZ 2001, 989 (994). Kempermann, Neue Zellen, 110; Klar/Kunze/Zahradnik, Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie 1/2007, 21 (23). 19 ben die Embryonen, mit denen sie identisch sind, Würde.151 Wenn aber irgendein Embryo Würde hat, dann habe jeder Embryo Würde.152 Nimmt man das Identitätsargument wörtlich, dann ist es jedoch erst ab dem Beginn der Nidation haltbar, da vorher noch die Möglichkeit der Mehrlingsbildung besteht und die wesentlichen Strukturierungen noch nicht stattgefunden haben. 153 Das menschliche Individuum erschöpft sich nicht in der Festlegung seiner Gene, da auch eineiige Zwillinge ab der Nidation verschiedene Individuen sind.154 Gegen das Zwillingsargument wird vorgebracht, dass durch Verbrauch des Embryos nicht nur ein potentieller Mensch, sondern gleich zwei getötet werden.155 Da dies voraussetzt, dass den vermeintlichen Zwillingen vor der Nidation Würde zukommt, läuft die Kritik auf einen Zirkelschluss hinaus. Zudem wird auch beim Identitätsargument aus der genetischen Identität, einem biologischen Fakt, eine normative Schlussfolgerung gezogen. Es fehlt an besonderen normativen Anknüpfungspunkten in Form von menschlichen Eigenschaften, um aus dem Identitätsargument den Menschenwürdeschutz von Embryonen abzuleiten.156 Der „Sein-Sollen-Fehlschluss“ liegt damit auf der Hand. Schließlich kann allein der Verweis auf eine Identität nicht für die Begründung von Würde genügen, da dem Embryo nicht wegen seiner genetischen Identität mit dem geborenen Menschen Würde zukommen kann, sondern nur, weil er selbst würdebegründende Eigenschaften haben könnte.157 4. Das Potentialitätsargument Nach dem Potentialitätsargument hat jedes Wesen, das potentielle Person ist, Würde und da der Embryo ein Wesen sei, das potentiell Person sei, hat jeder Embryo 151 152 153 154 155 156 157 Wiedergegeben bei: Irrgang, Einführung in die Bioethik, 55 f; Knoepffler, Angewandte Ethik, 80. Für das Identitätsargument ist etwa Enskat, in: Damschen/Schönecker, Der moralische Status menschlicher Embryonen, 101 ff. Irrgang, Einführung in die Bioethik, 56. Kempermann, Neue Zellen, 110; Knoepffler, Angewandte Ethik, 81; Rosenau, in: FS Schreiber, 761 (768); Irrgang, Einführung in die Bioethik, 64. Heun, JZ 2002, 517 (521); Rosenau, in: FS Schreiber, 761 (769); Nationaler Ethikrat, Import menschlicher embryonaler Stammzellen, 18. Starck, JZ 2002, 1065 (1069). Weschka, Status und Schutz des menschlichen Embryos, 200; Merkel, Forschungsobjekt Embryo, 179; Klar/Kunze/Zahradnik, Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie 1/2007, 21 (24). Klar/Kunze/Zahradnik, Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie 1/2007, 21 (24). 20 Würde.158 Dem Embryo wird der Grundrechtsschutz zugeschrieben, der ihm auch als geborener Mensch unstreitig zustehen würde.159 Auch dieses Argument ist gewichtigen Einwänden ausgesetzt. 160 Das Potentialitätsargument lässt sich noch über die Kernverschmelzung hinaus in die Vergangenheit ausdehnen, denn das Potential, sich zu einem vollständigen Menschen zu entwickeln, haben bereits Spermium und Eizelle.161 Die Fähigkeit, ein vollständiges Leben zu bilden, besteht auch bereits mit dem Eindringen des Spermiums in die Eizelle. Dennoch wird dieses Stadium nicht geschützt. Den ca. 30.000 in Deutschland kryokonservierten Zellen im Vorkernstadium kommt kein Grundrechtsschutz nach dem Potentialitätsargument zu.162 Bei diesen Zellen ist das Spermium bereits in die befruchtungsfähige Eizelle eingedrungen, es fehlt lediglich an der „Verschmelzung“. Bei ungestörter Entwicklung hätte sich ohne weiteres ein Embryo gebildet, so dass nicht von einer verstärkten Potentialität allein aufgrund der Kernverschmelzung ausgegangen werden kann.163 Schließlich sollte auch berücksichtigt werden, dass durch die Möglichkeit eines SCNT164 die Entwicklungsfähigkeit des menschlichen Lebens manipulierbar geworden ist.165 Damit ist die Potentialität als Abgrenzungskriterium unscharf geworden.166 Das Potentialitätsargument kann auch die Schutzbedürftigkeit von verwaisten Embryonen kaum begründen, da diese in Deutschland nicht auf andere Frauen übertragen werden dürfen, um gespaltene Mutterschaften zu vermeiden.167 Diese Potentialität wird vom Gesetzgeber nicht geschützt.168 Man muss auch berücksichtigen, dass nicht jede befruchtete Eizelle das „Potential“ besitzt, geboren zu werden. Auch ohne Abtreibung entwickeln sich ca. 70 % der 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 Wiedergegeben bei: Irrgang, Einführung in die Bioethik, 56. Für das Potentialitätsargument ist etwa Wieland, in: Damschen/Schönecker, Der moralische Status menschlicher Embryonen, 149 ff. Ausführlich und kritisch zu diesem Argument Kreß, Medizinische Ethik, 165 ff. Rosenau, in: FS Schreiber, 761 (768). Auch BVerfGE 39, 1 (41): „Die von Anfang an im menschlichen Sein angelegten potentiellen Fähigkeiten genügen, um die Menschenwürde zu begründen.“ Logische Einwände gegen die aktive Potenz vom Embryonen erhebt Kummer, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 148 (151 – 153). Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.1 (S. 473); Kempermann, Neue Zellen, 110; Heun, JZ 2002,517 (520). Rosenau, in: FS Schreiber, 761 (768). Rosenau, in: FS Schreiber, 761 (768); Heun, JZ 2002, 517 (520). Dazu oben unter B. II. 4. Kreß, Medizinische Ethik, 166 f. Kreß, Medizinische Ethik, 167. Vgl. § 1 I Nr. 1 ESchG. Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.1 (S. 474). 21 Embryonen169 nicht richtig weiter und werden mit der Regelblutung ausgeschwemmt.170 Selbst bei 15 % der eingenisteten Embryonen kommt es zu Fehlgeburten.171 Die Potentialität bleibt rein fiktiv, wenn nicht weitere, gewichtige Umstände hinzutreten. Dies zeigt sich auch bei Embryonen in vitro bzw. in Zellkulturen, denn diese Embryonen können die ihnen zugeschriebene Potentialität nicht ohne Implantation in den Uterus erfüllen.172 Erst mit der Nidation kann die Fiktion zu einer relativ gesicherten Prognose und zu einem realen Potential mit wirklichen Lebenschancen werden.173 5. Konsequenzen und Fazit Wie gerade dargelegt, sind die SKIP-Argumente gewichtiger Kritik ausgesetzt und vermögen nicht zu überzeugen. Dennoch wird teilweise vertreten, dass die wenig überzeugenden SKIP-Argumente als Kriterien des Menschseins herangezogen werden können, da sie kumulativ ein so hohes Maß an Plausibilität vermittelten, dass vernünftige Zweifel ausgeschlossen seien.174 Die Kumulation nicht überzeugender Argumente kann jedoch nicht durch eine Gesamtschau zu einer überzeugenden Begründung werden. Wie Plausibilität aus unplausiblen Argumenten gewonnen werden kann, bleibt unklar. Wer für einen absoluten Lebensschutz ab der Befruchtung ist, der muss sich auch den entsprechenden Konsequenzen stellen. Konsequent muss man dann strikt gegen eine liberale Abtreibungsregelung, die künstliche Befruchtung mit der Notwendigkeit der „Verwerfung“ von Embryonen, die Präimplantationsdiagnostik, den Einsatz von nidationshemmenden Mitteln und den Import von embryonalen Stammzelllinien sein. Diese Konsequenzen dürften allerdings nicht auf große gesellschaftliche Akzeptanz stoßen.175 Auch das BVerfG hat die Regelung des § 218 I 2 StGB und damit 169 170 171 172 173 174 175 Nach Eibach, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen,170 (186) nisten sich etwa 40 % der Embryonen aufgrund von Fehlregulationen innerhalb des Embryos und fehlender Voraussetzungen der Mutter nicht ein. Irrgang, Einführung in die Bioethik, 52; Bioethikkommission, Forschung an heS, 20; Rosenau, in: FS Schreiber, 761 (771); Kummer, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 148 (149). Eibach, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen,170 (186). Rosenau, in: FS Schreiber, 761 (768); Ipsen, JZ 2001, 989 (994); Kreß, Medizinische Ethik, 166. Rosenau, in: FS Schreiber, 761 (768). So Beckmann, in: Status des Embryos, 170 (196 f.), der selbst davon ausgeht, dass keines der SKIP-Argumente einzeln vollständig überzeugen kann. Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.1 (S. 473). 22 auch den Einsatz von nidationshemmenden Mitteln gebilligt. 176 Die pränidative Phase der ersten 10 bis 12 Tage der Embryonalentwicklung ist damit rechtlich quasi ungeschützt.177 Aus einem absoluten Würdeschutz müsste man konsequent auch einen "Anspruch auf Nidation des Embryos" begründen, da sich das werdende Leben ohne einen solchen Anspruch nicht weiter entwickeln könne und ihm so seine absolut geschützte Würde gleich wieder entzogen würde.178 Ein solcher Anspruch würde auf eine "Zwangsnidation" für die Frau hinauslaufen und damit ihre eigene Menschenwürde verletzen.179 Man kann die Diskussion um den Schutz von Embryonen mit dem Aufeinandertreffen zweier diametraler Auffassungen zusammenfassen: „in dubio pro libertate“ und „in dubio pro embryone“.180 Der erste Zweifelssatz beruht auf dem Wertepluralismus eines modernen Staates, der seinen Bürgern eine größtmögliche Selbstbestimmung ermöglicht. Der zweite Zweifelssatz (oder auch Vorsichtsargument) entstammt der Moraltheorie und besagt, dass bei bleibenden moralischen Zweifeln der mögliche Nutzen in keinem Verhältnis zum möglichen moralischen Schaden steht. Da die SKIP-Argumente stark umstritten und teilweise wenig überzeugend sind, müssen die verbleibenden moralischen Zweifel hinter dem Zweifelssatz „in dubio pro libertate“ zurückstehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Embryonen wie Sachen zu behandeln oder schutzlos sind. Zwar geht ein absoluter Schutz ab der Befruchtung zu weit, aber es ist dennoch angemessen von einem Sonderstatus des pränidativen Embryos auszugehen.181 Es spricht damit viel für eine graduelle Abstufung des moralischen Status und dem damit verbundenen Schutz des Embryos, dessen Schutzanspruch sich im Laufe der Embryonalentwicklung stetig intensiviert. Dem frühen Embryo kommt ein niedrigerer Schutz zu, der im Laufe der Schwangerschaft, vor allem ab Nidation und mit dem Erwerb von Bewusstsein und Empfindungsfähigkeit, zunimmt. Eine Abwägung mit dem Recht auf Forschungsfreiheit und dem Recht auf Gesundheit der durch die möglichen Heilungschancen begünstigten schwer kranken Menschen, muss mög- 176 177 178 179 180 181 BVerfGE 88, 203 (251). So auch Dreier, JZ 2007, 261 (268); ders., 2008, 297 (298). Ähnlich Scholz, in: FS Baur, 673 (676). Scholz, in: FS Baur, 673 (676). Klar/Kunze/Zahradnik, Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie 1/2007, 21 (25). So auch Kreß, Medizinische Ethik, 169 ff.; Beier, Reproduktionsmedizin 16 (2000), 332 (341). 23 lich sein. Dass dies im deutschen Recht nicht kohärent berücksichtigt wird, ändert jedoch nichts an der ethischen Beurteilung.182 II. Diskussion mit Interessen der Gesellschaft Aber auch wenn man Embryonen keinen absoluten Würdeschutz zuschreibt, wird mit Allgemeininteressen bzw. dem Schutz der Gesellschaft argumentiert. Zum einen könne es zu einem Werteverfall in der Gesellschaft kommen. Die Gesellschaft müsse vor unerwünschten abschüssigen Entwicklungen jedweder Art geschützt werden. 183 Eine erlaubte Forschung an embryonalen Stammzellen würde die Heiligkeit des Lebens in Frage stellen.184 Zum anderen verstoße die Stammzellforschung gegen das Selbstverständnis des Menschen, nicht einem bestimmten Zweck untergeordnet zu werden.185 Zunächst sei darauf hingewiesen, dass die Rechtsordnung nicht von einer Heiligkeit des menschlichen Lebens ausgeht. Das Lebensrecht wird, wie sich etwa aus Art. 2 II 3 GG ergibt, gerade nicht uneingeschränkt gewährleistet.186 Auch der Vorwurf, es würde zu einer abschüssigen gesellschaftlichen Entwicklung in Form eines Werteverfalls kommen, muss bezweifelt werden. Zum einen ist eine derartige Entwicklung durch die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs, des Einsatzes nidationshemmender Mittel und der Präimplantationsdiagnostik187 nicht eingetreten. Zum anderen ist die Forschung an embryonalen Stammzellen seit 2002 eingeschränkt durch das StZG erlaubt und auch insoweit ist kein Werteverfall zu beobachten. Der beschworene Dammbruch blieb damit in den letzten Jahrzehnten aus und ist aufgrund der restriktiven Regelungen auch nicht zu befürchten. Gegen die Gewinnung und Forschung mit embryonalen Stammzellen wird schließlich noch vorgebracht, dass es zum moralischen Selbstverständnis des Menschen im 182 183 184 185 186 187 Zu Inkohärenzen und denkbaren Lösungsansätzen Kreß, Medizinische Ethik, 169 ff, 212 ff. Sog. Dammbruch-Argument oder auch „slippery slope“. So etwa Johannes Paul II., Enzyklika Evangelium vitae über den Wert und die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens, Tz. 63. So wiedergegeben bei Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.2 (S. 475). Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.2 (S. 475); ähnlich auch Kreß, Medizinische Ethik, 172 ff. Die PID ist nach dem neuen § 3a I ESchG grundsätzlich verboten, aber nach § 3a II, III ESchG ausnahmsweise erlaubt. Dazu etwa Czerner, MedR 2011, 783 und Hübner/Pühler, MedR 2011, 789. 24 Sinne einer Gattungssolidarität gehört, nicht einem bestimmten Zweck untergeordnet zu werden.188 Dabei wird auf Kant und Hegel zurückgegriffen: „Die Menschheit selbst ist eine Würde; denn der Mensch kann von keinem Menschen (weder von anderen noch so gar von sich selbst) bloß als Mittel, sondern muß jederzeit zugleich als Zweck gebraucht werden und darin besteht eben seine Würde (die Persönlichkeit), dadurch er sich über alle andere Weltwesen, die nicht Menschen sind, und doch gebraucht werden können, mithin über alle Sachen erhebt.“189 „Die Persönlichkeit enthält überhaupt die Rechtsfähigkeit und macht den Begriff und die selbst abstrakte Grundlage des abstrakten und daher formellen Rechtes aus. Das Rechtsgebot ist daher: sei eine Person und respektiere die anderen als Personen.“190 Diese Aspekte wurden von Dürig in seiner berühmten Objektformel zusammengefasst: „Die Menschenwürde als solche ist betroffen, wenn der konkrete Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, zur vertretbaren Größe herabgewürdigt wird.“ 191 Jedem Menschen steht daher voraussetzungslos die Solidarität aller Menschen im Sinne einer Gattungssolidarität zu.192 Auch die menschlichen Embryonen sollen als selbstzweckliche Mitglieder der menschlichen Gesellschaft geachtet werden.193 Dagegen wird wiederrum vorgebracht, dass die Embryonen in unserer Gesellschaft auf unterschiedliche Weise instrumentalisiert werden.194 Zum Beispiel wird durch das Verbot einer gespaltenen Mutterschaft der Embryo instrumentalisiert, da es untersagt wird, verwaiste Embryonen auf eine andere Frau zu übertragen.195 Das Verbot der gespaltenen Mutterschaft wird damit für höherrangiger als der Schutz des Embryos erachtet. 196 Aus der Tatsache, dass eine solche Instrumentalisierung stattfindet, kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass sie auch zulässig ist. Das berechtigte Interesse, nicht instrumentalisiert zu werden, muss aber der Abwägung auch der Gegeninteressen zugänglich sein. 197 188 Wiedergegeben bei Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.2 (S. 475). Kant, Metaphysik der Sitten, 600 f. 190 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, 95. 191 Dürig, AöR 81 (1956), 117 (127). 192 Vossenkuhl, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen,163 (164 f.). 193 Wiedergegeben bei Fenner, Angewandte Ethik, 207. 194 Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.2 (S. 475). 195 Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.2 (S. 475). 196 Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.2 (S. 475). 197 Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.2 (S. 475 f.). 189 25 Nach dem oben vertretenen Ansatz198 kommt dem frühen Embryo kein absoluter, aber ein gradueller Schutz zu. Eine Abwägung ist daher möglich. Von manchen Autoren wird bezweifelt, ob die Nutzlosigkeit im Sterben (des Embryos) zum Selbstverständnis des Menschen gehöre.199 Dem ist entgegenzuhalten, dass zu diesem Selbstverständnis auch das Interesse schwer kranker Menschen geheilt zu werden gehört, wodurch wiederum (Grundlagen-)Forschung notwendig wird.200 Diese Heilungschancen sind höher zu gewichten als die Interessen verwaister Embryonen, die faktisch dem Tod durch Verwerfung geweiht sind.201 Die (Grundlagen-)Forschung an embryonalen Stammzellen kann möglicherweise eine derartige Heilungschance für viele Menschen bedeuten. III. Zusammenfassung Dem frühen Embryo kommt danach kein absoluter Menschenwürdeschutz zu. Die Nidation im Uterus der Frau ist der entscheidende biologische Einschnitt in der Embryonalentwicklung. Geht man (wie hier vertreten) von einer graduellen Abstufung des Lebensschutzes von Embryonen aus, so ist eine Abwägung mit dem Recht auf Forschungsfreiheit und dem Recht auf Gesundheit schwerkranker Menschen möglich. Vor allem die Forschung und Gewinnung von embryonalen Stammzellen aus verwaisten Embryonen erscheint ethisch legitim, wenn damit hochrangigen Forschungszielen gedient wird.202 Aber selbst wenn man der hier vertretenen Meinung nicht folgt, so kann man nicht behaupten, dass es einen gesellschaftsübergreifenden Konsens in dieser Frage gibt. Vielmehr ist der Dissens die Regel geworden.203 D. Rechtlicher Rahmen der Patentierbarkeit Im Folgenden wird der rechtliche Umgang mit Stammzellen in Deutschland im Überblick dargestellt, um die nationalen Wertentscheidungen bezüglich der Stammzellforschung zu verdeutlichen und um zu klären, inwieweit die Forschung an embry198 199 200 201 202 203 Unter C. I. 5. Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.2 (S. 478). Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.2 (S. 476). Schroth, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann, Einführung, § 14.5.4.2 (S. 476). Ähnlich auch Vossenkuhl, in: Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen, 163 (169): „Es ist eine solide ethische Grundlage für Forschungen mit embryonalen Zellen, die allein dem Ziel dienen, künftigen Menschen und jetzt lebenden Kranken die Möglichkeit zu geben, ein gutes und menschenwürdiges Leben zu führen.“ Dazu auch Kreß, Medizinische Ethik, 170 ff. So auch allgemein Weber-Hassemer, Bundesgesundheitsblatt 51 (2008), 895 (898): „Jedenfalls in Deutschland ist in bioethischen Streitfragen nicht Konsens, sondern eher Dissens die Regel.“ 26 onalen Stammzellen erlaubt ist. Anschließend wird der Frage nachgegangen, inwieweit die Ergebnisse der rechtlich zulässigen Forschung an embryonalen Stammzellen patentierbar sind, wenn diese Forschung zu konkreten Erfindungen führt. I. Der rechtliche Umgang mit Stammzellen Ein einheitliches Gesetz für das gesamte Gebiet der Biotechnologie bzw. der regenerativen Biologie und Medizin existiert nicht.204 Der Schutz von Embryonen und embryonalen Stammzellen ist Gegenstand des Gesetzes zum Schutz von Embryonen (EschG) und des Gesetzes zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang mit Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen (StZG).205 Zweck der Gesetze soll der Schutz der Menschenwürde und des Lebensrechts der Embryonen sein.206 Sie verfolgen jedoch auch Zwecke, die nicht dem Schutz von Embryonen dienen, sondern dem sogar entgegenstehen.207 Daher wird auch vertreten, dass diese Normen nicht das Leben des Embryos, sondern allein dessen Würde schützen.208 ESchG und StZG enthalten verschiedene Embryodefinitionen.209 Embryonale Stammzellen sind nicht totipotent i.e.S., da sie sich nicht zu einem vollständigen Individuum entwickeln können. Sie sind pluripotent und sind damit weder ein Embryo noch eine totipotente Zelle i.S.d. § 8 I ESchG und § 3 Nr. 4 StZG. Die unterschiedlichen Embryo-Definitionen wirken sich insoweit nicht aus. Die Gewinnung und Verwendung von EG-Zellen, adulten Stammzellen, neonatalen Stammzellen (aus Nabelschnurblut) sowie von iPS-Zellen werden weder durch das StZG noch durch das ESchG verboten.210 1. Gewinnung embryonaler Stammzellen Die Gewinnung embryonaler Stammzellen ist in Deutschland hingegen nach § 2 I ESchG, welcher die missbräuchliche Verwendung von Embryonen regelt, verbo204 205 206 207 208 209 210 Ausführlich zu den verschiedenen normativen Grundlagen Faltus, Handbuch Stammzellenrecht, Rn. 69 ff., der treffend von einem „Normendschungel“ spricht. Dazu Faltus, Handbuch Stammzellenrecht, Rn. 91 ff.; Schütze, Embryonale Humanstammzellen, 298 ff. Kritisch zum StZG Taupitz, JZ 2007, 113 ff. Vgl. § 1 StZG. Deutsch/Spickhoff, MedizinR, Rn. 778 verweisen in diesem Zusammenhang auf die §§ 2 I, 1 I Nr. 6 ESchG und §§ 6 II, 7 II Nr. 1 lit. a ESchG. Letztere könne man als gesetzgeberisches Tötungsdelikt deuten. Hoyer, in: Igl/Welti, GesundheitsR, Rn. 1303 m.w.N. Dazu Faltus, Handbuch Stammzellenrecht, Rn. 103 – 114. Müller-Terpitz, in: Spickhoff, Medizinrecht, § 2 StZG Rn. 2. 27 ten. Eine missbräuchliche Verwendung ist jede Verwendung zu einem Zweck, der nicht der Erhaltung des Embryos dient.211 Denn die Gewinnung embryonaler Stammzellen hat die Vernichtung des Embryos zur Folge. Dies gilt einschränkungslos auch für verwaiste Embryonen, die im Rahmen künstlicher Befruchtung geschaffen wurden, aber nicht mehr auf die Spenderin übertragen werden, z.B. weil diese bereits erfolgreich befruchtet wurde oder verstorben ist.212 In der Praxis werden diese Embryonen verworfen.213 Nach § 1 I Nr. 2 ESchG ist bereits die Erzeugung von Embryonen zur Stammzellgewinnung verboten. Die Herstellung von totipotenten Zwillingen durch Klonen von bereits in vitro befruchteten Embryonen verstößt gegen § 6 I ESchG. Durch reproduktives Klonen dürfen daher keine Embryonen zur Gewinnung embryonaler Stammzellen geschaffen werden.214 § 2 I ESchG ist nach §§ 3, 9 StGB nur auf im Inland begangene Taten anwendbar. Tatort ist nach § 9 I StGB jeder Ort, an dem der Täter gehandelt hat und an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist. Daher dürfen weder Handlungsnoch Erfolgsort in Deutschland liegen, sonst macht sich der Forscher strafbar.215 Gewinnt ein deutscher Forscher dagegen im Ausland embryonale Stammzellen oder beteiligt sich dort an der Herstellung, macht er sich nach dem ESchG nur strafbar, wenn die Handlung auch im Ausland unter Strafe steht oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt, § 7 II StGB. Nach § 2 I ESchG i.V.m. §§ 26, 27, 9 II StGB ist die Beteiligung an der Gewinnung embryonaler Stammzellen im Ausland strafbar, wenn der deutsche Forscher Beteiligungshandlungen i.S.d. §§ 26, 27 StGB in Deutschland vornimmt. Nach § 9 II 2 StGB gilt dies sogar, wenn die Tat im Ausland nicht strafbewehrt ist. Der Import von pluripotenten Stammzellen ist insoweit nicht strafbar, solange keine Hilfeleistung oder Anstiftung zur konkreten Herstellung der embryonalen Stammzellen im Ausland durch den Importeur erfolgte.216 211 212 213 214 215 216 BGH, NJW 2010, 2672 (2675, Tz 33 f.); Schroth, JZ 2002, 170 (171); Lilie/Albrecht, NJW 2001, 2774 (2775). Schroth, JZ 2002, 170 (171); Hoyer, in: Igl/Welti, GesundheitsR, Rn. 1302. Schroth, JZ 2002, 170 (171). Hoyer, in: Igl/Welti, GesundheitsR, Rn. 1301 f. Lilie/Albrecht, NJW 2001, 2774 (2775). Schroth, JZ 2002, 170 (172); Lilie/Albrecht, NJW 2001, 2774 (2776); Hoyer, in: Igl/Welti, GesundheitsR, Rn. 1306. 28 2. Import embryonaler Stammzellen Nach § 13 I StZG ist es strafbar, embryonale Stammzellen ohne Genehmigung (§ 6 I StZG) zu importieren oder zu verwenden.217 Eine Genehmigung ist nach §§ 6 I IV, 4 II Nr. 1 lit a StZG möglich, wenn embryonale Stammzellen vor dem 01.05.2007 gewonnen wurden und die Forschung hochrangigen Forschungszielen i.S.v. § 5 StZG dient. Der Import von embryonalen Stammzellen, die aus Embryonen gewonnen wurden, die in Folge einer Präimplantationsdiagnostik (PID) nicht übertragen wurden (verwaiste Embryonen), ist nach § 4 II Nr. 1 lit. b StZG verboten. 218 § 5 Nr. 2 lit. b StZG hat durch die Entdeckung der iPS-Zellen neue Relevanz bekommen. Wenn die iPS-Zellen den gleichen Erkenntnisgewinn ermöglichen würden wie embryonale Stammzellen, so wäre ein Import embryonaler Stammzellen nicht mehr möglich. Derzeit ist dies jedoch (noch) nicht der Fall.219 3. Verwendung embryonaler Stammzellen Für die Verwendung embryonaler Stammzellen in Deutschland gilt ebenfalls das grundsätzliche Verbot des § 4 I, II StZG. Zwar kann die Verwendung zur Forschung nach den §§ 4 II, 5, 6 I, IV StZG erlaubt werden, jedoch fehlt eine Regelung, die die Nutzung und Anwendung der Forschungsresultate ermöglicht.220 Die im Inland rechtlich zulässig durchgeführten Forschungsprojekte laufen damit momentan ins Leere.221 Allerdings ist die Verwendung von differenzierten Vorläuferzellen nicht verboten, da diese nicht mehr embryonale Stammzellen i.S.d. § 3 Nr. 2 StZG sind. Die Verwendung embryonaler Stammzellen ausschließlich im Ausland ist nicht strafbar, soweit dies im Ausland nicht strafbewehrt ist. Auch die Teilnahme an der Verwendung embryonaler Stammzellen im Ausland von Deutschland aus ist nicht strafbar. II. Grundlagen des Patentschutzes Das Patentrecht gehört zu den Immaterialgüterrechten und ist wie das Eigentum (§ 903 BGB) ein absolutes Recht, vgl. § 9 S. 1 PatG. Es gewährt dem Inhaber das zeitlich beschränkte Recht zur ausschließlichen Nutzung an dem Gegenstand des 217 218 219 220 221 Dazu Hoyer, in: Igl/Welti, GesundheitsR, Rn. 1305 ff. Krit. dazu Kreß, ZRP 2011, 68 (69), der darauf hinweist, dass die PID mittlerweile in Deutschland zulässig ist und daher auch die Forschung an derartigen Stammzelllinien erlaubt werden sollte. Dazu Faltus, MedR 2008, 544 (546 f.). Kritisch dazu Kreß, Medizinische Ethik, 141 ff. Kreß, Medizinische Ethik, 141. 29 Rechts im gesetzlich vorgeschriebenen Umfang (sog. alleiniges Benutzungsrecht) sowie das Recht, jeden anderen von der Nutzung des Rechts auszuschließen (sog. Verbietungsrecht).222 Die Erteilung eines Patents ist nicht mit einer Erlaubnis zur uneingeschränkten Verwendung des patentierten Gegenstandes verbunden. 223 Die Versagung eines Patents führt nicht unmittelbar zu einem Nutzungsverbot. Ohne Patentschutz kann die Erfindung von jedermann im Rahmen des geltenden Rechts verwendet werden. Das Patentrecht gehört zu den vermögenswerten Rechten und steht unter dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG. Nach dem BVerfG gehören zu den konstituierenden Merkmalen des Patentrechts als Eigentum sowohl die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der erfinderischen Leistung an den Patentinhaber im Wege privatrechtlicher Normierung als auch seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können.224 Dies macht den grundgesetzlich geschützten Kern des Patentrechts aus.225 Die Funktion des Patents besteht darin, einen Anreiz für erfinderische Tätigkeiten zu bieten und soll den Erfinder durch ein ausschließliches Nutzungsrecht für seine Erfindungs-, Investitions- und Innovationsleistung belohnen.226 Die abgesicherte Aussicht auf Gewinn macht die Investition in teure Entwicklungen erst lohnenswert.227 III. Die relevanten Rechtsakte Das deutsche Patentrecht wird durch ein Geflecht verschiedener internationaler und supranationaler Rechtsakte beeinflusst. Für die Patentierung biotechnologischer Erfindungen sind folgende Rechtsakte relevant: 1. Die Biotechnologierichtlinie Die Patentierbarkeit von biotechnologischen Erfindungen wird durch die BiotechnologieRL vom 06.07.1998 für die Mitgliedstaaten determiniert. Dabei handelt es sich 222 223 224 225 226 227 Jestaedt, PatentR, Rn. 14; Götting, GewRS, § 23 Rn. 1; van Raden, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 149 (150); Haedicke, JuS 2002, 113 (116); Erwägungsgrund (14) S. 1 BiotechnologieRL. Haedicke, JuS 2002, 113 (116); Erwägungsgrund (14) S. 1 BiotechnologieRL. BVerfG, GRUR 2001, 43 (44) - Klinische Versuche. BVerfG, GRUR 2001, 43 (44) - Klinische Versuche. Erwägungsgrund (46) BiotechnologieRL; Spranger, Jhb. für Wissenschaft und Ethik 2004, 263 (264); Haedicke, JuS 2002, 113 (114). Van Raden, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 149 (150); Haedicke, JuS 2002, 113 (114 f.): "Die Kosten für die Entwicklung eines einzelnen Medikaments können ohne weiteres mehrere 100 Millionen US $ betragen". Vgl. Erwägungsgründe (2) und (3) BiotechnologieRL. 30 um den zweiten Anlauf, da 1995 der erste Vorschlag der Kommission vom Europäischen Parlament abgelehnt wurde.228 Die BiotechnologieRL wurde im Jahre 2005 (verspätet)229 in das deutsche Patentrecht umgesetzt. Bei der Auslegung und Anwendung des deutschen Patentrechts sind daher insoweit die verbindlichen Ziele der Richtlinie zu beachten.230 Es besteht eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung, wenn die umgesetzten nationalen Vorschriften mehrdeutig sind.231 Es ist dann derjenigen Auslegungsmethode der Vorrang zu geben, die zu einem richtlinienkonformen Ergebnis führt.232 Soweit den Mitgliedstaaten ein inhaltlicher Gestaltungsspielraum überlassen wird, kann bei der Auslegung und Anwendung auf Wertungen der nationalen Rechtsordnung zurückgegriffen werden. 2. Das TRIPS-Übereinkommen Im Zusammenhang mit der Gründung der WTO wurde 1994 das TRIPSÜbereinkommen233 abgeschlossen, das am 01.01.1995 in Kraft getreten ist.234 Ziele des Abkommens sind nach Art. 7 TRIPS die Innovationsförderung, Verbreitung von Technologie, Erweiterung der Vorteile für Erzeuger und Nutzer sowie ein gesellschaftlich und wirtschaftlich vertretbarer Interessenausgleich zwischen Rechten und Pflichten durch den Schutz und die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums. Durch das TRIPS sollen Behinderungen des internationalen Handels beseitigt und ein angemessener Mindestschutz des geistigen Eigentums gewährleistet werden.235 Das TRIPS bindet als von der Union unterzeichnete Übereinkunft die Organe der Union und die Mitgliedstaaten.236 Der EuGH überprüft zwar grundsätzlich nicht die 228 229 230 231 232 233 234 235 236 Dazu ausführlich Barton, Der "Ordre public" als Grenze, 115 ff. Nach Art. 15 I 1 BiotechnologieRL war die Richtlinie bis zum 30.07.2000 umzusetzen. Vgl. Art. 288 III AEUV i.V.m. Art. 4 III EUV, sog. Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit. Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 769; Canaris, in: FS Bydlinski, 47 (80); Roth, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 14 Rn. 40. Roth, in: Riesenhuber Europäische Methodenlehre, § 14 Rn. 40. Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights bzw. Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, Anhang 1 C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation vom 15.04.1994, BGBl. II, 1730, im Folgenden: TRIPS. Zum historischen Hintergrund des TRIPS Forkel, NJW 1997, 1672 (1676 f.) und zur Bedeutung des TRIPS für das Patentrecht Straus, GRUR Int 1996, 179. Präambel zum TRIPS; Götting, in: Tietje, Int WirtschaftsR, § 12 Rn. 88. Vgl. Art. 216 II AEUV und Beschluss des Rates 94/800/EG vom 22.12.1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche, Abl. L 336 vom 23.12.1994, 1. 31 Rechtmäßigkeit von Unionsrecht am Maßstab des TRIPS, 237 er sieht es aber als integralen Bestandteil der Unionsrechtsordnung an.238 Nach dem Prinzip der völkerrechtskonformen Auslegung ist das sekundäre Unionsrecht TRIPS-konform auszulegen, wenn die Bestimmungen des TRIPS in die ausschließliche Vertragsschlusskompetenz der Union fallen.239 Angesichts des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts240 führt dies dazu, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten in Bereichen, in denen das TRIPS anwendbar ist und in dem die Union bereits Rechtsvorschriften erlassen hat, verpflichtet sind, so weit wie möglich den Wortlaut und Zweck des TRIPS zu berücksichtigen.241 Die Artt. 27 bis 34 TRIPS regeln einen Mindeststandard für den Patentschutz. Die BiotechnologieRL enthält Regelungen auf dem Gebiet der Patente und ist daher so weit wie möglich in übereinkommenskonformer Weise auszulegen.242 Dies wird in Art. 1 II BiotechnologieRL und den Erwägungsgründen (12) und (36) auch ausdrücklich klargestellt. Durch diese Hervorhebung des TRIPS wird der Zweck der BiotechnologieRL erkennbar, zu restriktiven Einschränkungen der Patentfähigkeit bestimmter Kategorien biotechnologischer Erfindungen durch die Mitgliedstaaten entgegenzuwirken.243 3. Das Europäische Patentübereinkommen Das EPÜ244 schafft nach Art. 1 EPÜ für die Vertragsstaaten ein gemeinsames Recht für die Patenterteilung. Es ermöglicht dem Erfinder durch eine einzige Patentanmeldung beim Europäischen Patentamt (EPA) in München ein Bündel nationaler Patente in einem einheitlichen Verfahren zu erhalten, Art. 2 I, II EPÜ. Der Inhaber des europäischen Patents hat in jedem Vertragsstaat, für das es erteilt ist, dieselben Rechte, die ihm ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent gewähren würde, Art. 64 I EPÜ. 237 238 239 240 241 242 243 244 EuGH, Rs. C-149/96, Slg. 1999, I-8395 (Tz. 47) – Portugal/Rat. EuGH, GRUR Int 2012, 440 (Tz. 39 m.w.N.) – SCF. EuGH, Rs. C-431/05, Slg. 2007, I-7026 (Tz. 35) - Merck Genéricos; EuGH, GRUR Int 2010, 843 (Tz. 72) – Sojamehl; Götting, in: Tietje, Int WirtschaftsR, § 12 Rn. 96. Dazu Polzin, JuS 2012, 1 ff. EuGH, Rs. C-300/98 und C-392/98, Slg. 2000, I-11307 (Tz. 47) – Dior; Rs. C-431/05, Slg. 2007, I7026 (Tz. 35) - Merck Genéricos; EuGH, GRUR Int 2010, 843 (Tz. 72) – Sojamehl. EuGH, GRUR Int 2010, 843 (Rn. 73) – Sojamehl. König/Müller, EuZW 1999, 681 (683); Straus, GRUR Int 2010, 911 (912 Fn. 4). Europäisches Patentübereinkommen in der Fassung vom 29.11.2000 zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung Europäischer Patente vom 05.10.1973 (BGBl. II 1976, 649, 826) in der am 13.12.2007 geltenden Fassung, vgl. Bekanntmachung vom 19.02.2008 (BGBl. II, 179), im Folgenden: EPÜ. 32 Das Übereinkommen ist ein von nationalen Rechtssystemen unabhängiges, autonomes Patentrechtssystem.245 Bei der Auslegung des EPÜ sind die nationalen Gerichte und Patentbehörden grundsätzlich nicht an die Entscheidungen des EPA gebunden.246 Aus dem völkerrechtlichen Grundsatz der harmonischen Rechtsanwendung folgt jedoch, dass die Rechtsauffassungen der jeweils anderen Organe zu berücksichtigen sind.247 Nur mit guten Gründen kann von der Auslegung des Übereinkommens durch das EPA und der nationalen Gerichte abgewichen werden. Art. 52 EPÜ regelt, welche Erfindungen patentierbar sind, und Art. 53 EPÜ, für welche Erfindungen keine Patente erteilt werden. Das TRIPS ist nicht unmittelbar auf das EPÜ anwendbar,248 aber durch die Neufassung des EPÜ im Jahr 2000 wurde Art. 52 EPÜ an Art. 27 I TRIPS angepasst.249 Auch Art. 53 EPÜ wurde an Art. 27 II TRIPS angeglichen.250 Als „spätere Übung“ i.S.v. Art. 31 III lit. b WVK251 ist das TRIPS von völkerrechtlich erstrangiger Bedeutung.252 Zwar hat das EPA dies noch nicht für Art. 53 EPÜ, aber für Art. 52 EPÜ, bestätigt.253 Dementsprechend sind die Artt. 52, 53 EPÜ in TRIPS-konformer Weise auszulegen. Im Zusammenhang mit biotechnologischen Erfindungen ist im Rahmen der Artt. 52, 53 EPÜ zudem Art. 164 EPÜ i.V.m. den Regeln254 26 ff. AO EPÜ255 zu beachten, welche sich ausdrücklich auf biotechnologische Erfindungen beziehen. In diesen Vorschriften wurde die BiotechnologieRL (klarstellend) umgesetzt, obwohl die Europäische Patentorganisation nicht Normadressat der Richtlinie ist.256 Da es sich beim EPÜ und dem TRIPS jeweils um erstrangiges Völkerrecht handelt, sind die R 26 ff. AO EPÜ für die 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 EPA, J 15/80, ABl. EPA 1981, 213 (216) - Prioritätsrecht; Stauder, in: Singer/Stauder, EPÜ, Art. 1 EPÜ Rn. 2; Jestaedt, PatentR, Rn. 71. EPA, Entsch. v. 05.07.1995 - T 452/1991, BeckRS 1995, 30587338; BGH, GRUR 1998, 895 (896) – Regenbecken; Jestaedt, in: Benkard, EPÜ, Art. 1 EPÜ Rn. 5; ders., PatentR, Rn. 72. EPA, G 1/83, ABl. EPA 1985, 60 (61) – Zweite medizinische Indikation; Jestaedt, PatentR, Rn. 72; Bruchhausen, GRUR Int 1983, 205 (208). EPA, Entsch. v. 26.04.2004 – G 2/02 und 03/02, ABl. EPA 2004, 483 Tz. 8.9; Steinbrenner, in: Singer/Stauder, EPÜ, Art. 52 EPÜ Rn. 3. Steinbrenner, in: Singer/Stauder, EPÜ, Art. 52 EPÜ Rn. 2. Schatz/Stauder, in: Singer/Stauder, EPÜ, Art. 53 EPÜ Rn. 7 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (Wiener Vertragsrechtskonvention), vom 23.05.1969 (BGBl. II 1985, 926), im Folgenden: WVK. Straus, GRUR Int 1998, 1 (15). EPA, G 1/83, ABl. EPA 1985, 60 (61) – Zweite medizinische Indikation; Schatz/Stauder, in: Singer/Stauder, EPÜ, Art. 53 EPÜ Rn. 9. Im Folgenden abgekürzt als: R. Ausführungsordnung zum Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente vom 05.10.1973 in der Fassung des Beschlusses des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation vom 7.12.2006 und zuletzt geändert durch den Beschluss des Verwaltungsrats vom 26. Oktober 2010, im Folgenden: AO EPÜ. Treichel, Jhb. für Wissenschaft und Ethik 2004, 279 (281). 33 Auslegung nur von zweitrangiger Bedeutung.257 Die BiotechnologieRL ist für die Auslegung der Artt. 52, 53 EPÜ nur von drittrangiger Bedeutung nach dem TRIPS und der AO EPÜ.258 IV. Voraussetzungen der Patentierbarkeit Nach § 1 I PatG setzt die Patenterteilung voraus, dass es sich um eine Erfindung i.S.d. PatG handelt, diese Erfindung neu (§ 3 PatG) ist, auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) beruht und gewerblich anwendbar ist (§ 5 PatG).259 1. Erfindung und Entdeckung Eine gesetzliche Definition des Erfindungsbegriffes fehlt. In § 1 I PatG findet sich nur der Hinweis, dass Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt werden.260 Eine Erfindung wird überwiegend als eine technische Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges definiert.261 Erfindungen können danach auf jedem technischen Gebiet Patentschutz erlangen, wenn sie hinreichend beschreibbar, beherrschbar und wiederholbar sind.262 Abzugrenzen sind Erfindungen von Entdeckungen, die nach § 1 III Nr. 1 PatG nicht patentierbar sind. Bei Naturstoffen kommt der Abgrenzung von Entdeckung und Erfindung eine größere Bedeutung zu als bei anderen chemischen Stoffen, da sie existent und bisher unbekannt waren.263 Dabei sind vor allem die im menschlichen Körper vorkommenden Stoffe von Interesse, um neuartige Behandlungsmethoden zu entwickeln. Es besteht die Sorge, dass das so gewonnene Wissen mit Hilfe von "Patenten auf Leben" eine "Kommerzialisierung des menschlichen Körpers" zur Folge haben wird.264 Außerdem wird befürchtet, dass es durch die vorschnelle Patenterteilung zur Monopolisierung wichtiger biotechnologischer Informationen kommen könn- 257 258 259 260 261 262 263 264 Schatz/Stauder, in: Singer/Stauder, EPÜ, Art. 53 EPÜ Rn. 11. Schatz/Stauder, in: Singer/Stauder, EPÜ, Art. 53 EPÜ Rn. 12. § 1 I PatG entspricht weitgehend Art. 3 I BiotechnologieRL sowie Art. 52 I EPÜ. So auch Art. 27 I TRIPS und Art. 52 I EPÜ. BGH, GRUR 1969, 672 – Rote Taube; GRUR 198, 849 (850) – Antiblockiersystem; GRUR 1986, 531 (533) – Flugkostenminimierung; Obenland/v. Samson, in: Büscher/Dittmer/Schiwy, § 1 PatG Rn. 11; Bacher/Melullis, in: Benkard, PatG, § 1 PatG Rn. 43; Mes, PatG, § 1 PatG Rn. 9; Jestaedt, PatentR, Rn. 135. Van Raden, in: Hauskeller, Humane Stammzellen, 149 (152); Ahrens, GewRS, Rn. 88 f. BPatG, GRUR 1978, 238 (239) - Naturstoffe. So www.greenpeace.de/themen/patente/patente_auf_leben, zuletzt abgerufen am 15.09.2012. 34 te. Diese Befürchtungen lassen sich aber bereits mit den Grundlagen des Patentrechts weitgehend ausräumen. Entdeckungen zeigen auf, welche Naturgesetze, Stoffe, Wirkungszusammenhänge, Eigenschaften, Vorgänge oder Erscheinungen bisher unbekannt, aber objektiv in der Natur vorhanden sind.265 Sie sind also reine Erkenntnisse.266 Außerhalb von menschlicher Einflussnahme kann es keine Erfindungen geben.267 Die wissenschaftlichen Grundlagen müssen allen Menschen zur Verfügung stehen. Daher ist eine Erfindung nicht nur das abstrakte Wissen, sondern erst die Umsetzung dieses Wissens in einer praktischen Anwendung.268 Dementsprechend ist nach § 1a I PatG der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung einschließlich der Keimzellen sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile keine Erfindung i.S.d. PatG. 269 § 1a I PatG setzt Art. 5 I und Erwägungsgrund (16) Satz 2 BiotechnologieRL in das deutsche Recht um.270 Damit bestätigt auch das europäische Recht, dass bloße Entdeckungen nicht Gegenstand eines Patents sein können.271 Auf diese Weise soll die Achtung der Menschenwürde gewährleistet werden, indem der menschliche Körper unverfügbar und unveräußerlich bleibt.272 Nach § 1a II PatG273 kann ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers oder ein auf andere Weise durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil eine patentierbare Erfindung sein, auch wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist. Ein derartiger Bestandteil kann das Ergebnis technischer Verfahren zu seiner Identifizierung, Reinigung, Bestimmung und Vermehrung außerhalb des menschlichen Körpers sein, zu deren Anwendung nur der Mensch fähig ist und die die Natur selbst nicht vollbringen kann.274 Der Ausschluss des § 1a I PatG gilt nicht für embryonale Stammzellen. Diese sind weder ein embryonaler menschlicher Körper noch Keimzellen, sondern pluripotente 265 266 267 268 269 270 271 272 273 274 Kraßer, PatentR, § 11 II. 1.; Jestaedt, PatentR, Rn. 138; Ahrens, GewRS, Rn. 94. BPatG, GRUR 1978, 238 (239) - Naturstoffe. Ahrens, GewRS, Rn. 94. Kraßer, PatentR, § 11 II. 1.; Jestaedt, PatentR, Rn. 137. Dem entspricht R 29 I AO EPÜ zur Konkretisierung von Art. 52 EPÜ. Dem entspricht R 29 II AO EPÜ. Erwägungsgrund (16) S. 3 BiotechnologieRL. EuGH, GRUR Int 2001, 1043 (1047, Tz. 71, 77) - Biotechnologie-Richtlinie; Straus, Jhb. für Wissenschaft und Ethik 2004, 111 (112); Calliess/Meiser, JuS 2002, 426 (428). Umsetzung von Art. 5 II BiotechnologieRL, vgl. auch Erwägungsgrund (20) BiotechnologieRL. Dem entspricht R 29 II AO EPÜ. Erwägungsgrund (21) BiotechnologieRL. 35 Stammzellen, die Embryonen entnommen wurden.275 Aufgrund von § 1a II PatG können isolierte multi-, pluri- und omnipotente Stammzellen eine mögliche Erfindung sein, genau wie Verfahren, deren unmittelbares Ergebnis ein Teil des menschlichen Körpers ist.276 Die Rechte aus einem solchen Patent können sich jedoch nicht auf den menschlichen Körper und dessen Bestandteile in seiner natürlichen Umgebung erstrecken.277 Allerdings gilt dies nicht für totipotente Stammzellen im hier verwendeten engeren Sinne. Da totipotente Stammzellen die Fähigkeit haben, ein ganzes Individuum hervorzubringen, sind sie selbst ein menschlicher Körper i.S.d. § 1a I PatG und damit nicht patentierbar.278 Ein sog. "Patent auf Leben" kann es somit nicht geben. Dies wird bereits durch § 1a I PatG und Art. 5 I BiotechnologieRL hinreichend gewährleistet. 2. Neuheit Nur neue Erfindungen sind patentierbar, §§ 1 I, 3 PatG. Neu sind Erfindungen, die noch nicht zum Stand der Technik gehören. Der Stand der Technik umfasst alle technischen Kenntnisse, die vor dem Anmeldetag (bzw. Prioritätstag) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Es wird also nicht auf die Existenz eines Gegenstandes, sondern auf die Zugehörigkeit einer bestimmten Information zum Stand der Technik abgestellt.279 In der Natur vorkommende Stoffe, wie z.B. ein Mikroorganismus, der ein Antibiotikum produziert, oder (isolierte) Stammzellen zur Therapie neuraler Defekte, sind neu und patentierbar, wenn ein wiederholbarer Weg aufgezeigt wird, wie der in der Natur vorhandene Stoff der Allgemeinheit dauerhaft zur Verfügung gestellt werden kann.280 Nur ein öffentlich zugänglicher Naturstoff ist in diesem Sinne nicht mehr neu.281 Ein derartiger Naturstoff fällt aber schon nicht unter den Begriff der Erfindung. 275 276 277 278 279 280 281 Heinemann/Kersten, Stammzellforschung, 115. Hartmann, GRUR Int 2006, 195 (198). Erwägungsgrund (20) BiotechnologieRL. Hartmann, GRUR Int 2006, 195 (198); Treichel, Jhb. für Wissenschaft und Ethik 2004, 279 (284). Treichel, Jhb. für Wissenschaft und Ethik 2004, 279 (283); Haedicke, JuS 2002, 113 (115). Treichel, Jhb. für Wissenschaft und Ethik 2004, 279 (283). BPatG, GRUR 1978, 238 (239) - Naturstoffe. 36 3. Erfinderische Tätigkeit Eine Erfindung im Rahmen der Stammzellforschung darf sich, wie alle Erfindungen, nicht für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben, d.h. er muss auf einer erfinderischen Tätigkeit i.S.v. § 4 S. 1 PatG beruhen.282 Dem Patentierungserfordernis der erfinderischen Tätigkeit kommt erhebliche praktische Bedeutung zu.283 Für den Bereich der menschlichen embryonalen Stammzellen ergeben sich aber keine Besonderheiten. 4. Gewerbliche Anwendung Patente werden nur für Erfindungen erteilt, die gewerblich anwendbar sind, § 1 I PatG.284 Nach § 5 I PatG gilt eine Erfindung als gewerblich anwendbar, wenn ihr Gegenstand auf irgendeinem gewerblichen Gebiet einschließlich der Landwirtschaft hergestellt oder benutzt werden kann.285 § 1a III PatG, welcher Art. 5 III BiotechnologieRL286 umsetzt, stellt nur eine zusätzliche Voraussetzung für die Patentierbarkeit von Sequenzen oder Teilsequenzen von Genen auf. Danach ist die konkrete Beschreibung der gewerblichen Anwendung erforderlich. Für isolierte Stammzellen enthält § 1a III PatG also keine zusätzliche Voraussetzung. Nach dem Bericht der Europäischen Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien der Kommission (EGE)287 vom 07.05.2002 müsse eine isolierte Stammzelle zusätzlich modifiziert sein, damit sie gewerblich anwendbar ist.288 Begründet wird dies damit, dass isolierte Stammzellen dem menschlichen Körper, Fötus oder Embryo, dem sie entnommen wurden, so ähnlich seien, dass ein Patent möglicherweise als Kommerzialisierung des menschlichen Körpers angesehen werde.289 Auch fehle es an einer konkreten Anwendbarkeit. Vielmehr hätten die iso- 282 283 284 285 286 287 288 289 So auch Art. 56 S. 1 EPÜ. Die Definition beruht auf Art. 5 S. 1 Straßburger Patentübereinkommen. Auch nach der amtlichen Fußnote 5 zu Art. 27 I 1 TRIPS können die Begriffe "erfinderische Tätigkeit" und "gewerblich" durch die Synonyme "nicht naheliegend" bzw. "nützlich" ersetzt werden. Dazu Jestaedt, GRUR 2001, 939. So auch Art. 52 I EPÜ. Die Definition beruht auf Art. 3 Straßburger Patentübereinkommen. So auch Artt. 57, 52 IV EPÜ. Art. 33 IV 1 PCT enthält eine ähnliche Begriffsbestimmung für die internationale vorläufige Prüfung von Patentanmeldungen. Dazu auch Erwägungsgründe (22) S. 3 und (24) BiotechnologieRL. Nach Art. 7 und Erwägungsgrund (44) BiotechnologieRL bewertet die EGE alle ethischen Aspekte im Zusammenhang mit der Biotechnologie. EGE, Opinion Nr. 16, S. 15. EGE, Opinion Nr. 16, S. 15. 37 lierten Stammzellen ein sehr großes, dafür aber unbeschriebenes Anwendungspotential.290 Art. 7 BiotechnologieRL sowie die Erwägungsgründe (19) und (44) verdeutlichen, dass die Stellungnahmen der EGE bei der Auslegung der BiotechnologieRL zu berücksichtigen sind.291 Die Stellungnahme Nr. 16 vermag aber nicht zu überzeugen. Die EGE trennt nicht klar zwischen der gewerblichen Anwendbarkeit und der Abgrenzung von Entdeckung und Erfindung. Für die gewerbliche Anwendbarkeit ist irrelevant, ob der Gegenstand des Patents dem Naturstoff entspricht. Der Begriff "gewerblich" ist lediglich von der "rein persönlichen" und "privaten" Anwendbarkeit zu unterscheiden.292 § 1a II PatG und Art. 5 II BiotechnologieRL machen hinreichend deutlich, dass auch mit Bestandteilen des menschlichen Körpers identische Stoffe patentierbare Erfindungen sein können. Eine Erfindung in diesem Bereich setzt zwar die Isolierung, aber nicht die Modifizierung voraus.293 Daher müssen isolierte Stammzellen nicht modifiziert werden, um Gegenstand eines Patents zu sein. V. Ausschluss der Patentierbarkeit Da die Patenterteilung nicht dazu führt, dass man die Erfindung ohne Rücksicht auf die restliche Rechtsordnung verwenden darf, ist das Patentrecht für das Verbot der Nutzung des patentierten Gegenstandes und dessen ethische Beurteilung grundsätzlich nicht geschaffen.294 Daher wird auch vom "wertneutralen Charakter des Patentrechts" gesprochen.295 Das Patentrecht sei eben nicht das "bessere Embryonenschutzgesetz" oder das "bessere Strafrecht".296 Allerdings kann das Patentrecht als Teil der Rechtsordnung nicht wertneutral sein, da es, wie alle anderen Gesetze, den systemimmanenten Schranken unterliegt, wie etwa der Verfassung, der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten. 297 Zudem beruhen auch die verschiedenen Patentrechtstheorien, die die Notwendigkeit bzw. Vor- 290 291 292 293 294 295 296 297 EGE, Opinion Nr. 16, S. 15. Hartmann, GRUR Int 2006, 195 (198). Jestaedt, PatentR, Rn. 164. Hartmann, GRUR Int 2006, 195 (198). Haedicke, JuS 2002, 113 (116); Calliess/Meiser, JuS 2002, 426 (429); Götting, in: Götting/Sternberg-Lieben, Der Mensch als Ware, 43 (47). So Herdegen, JZ 2000, 633 (637); Spranger, GRUR Int 1999, 595 (597). Calliess/Meiser, JuS 2002, 426 (429). Straus, Jhb. für Wissenschaft und Ethik 2004, 111 (114); Moufang, GRUR Int 1993, 439 (443 ff.); Jestaedt, PatentR, Rn. 174. 38 teilhaftigkeit des Patentwesens begründen sollen, auf ethischen Grundgedanken.298 Mit anderen Worten: es gibt kein „wertfreies“ (ethikfreies) Recht,299 also auch kein wertfreies Patentrecht. 1. Der ordre public-Vorbehalt als ethische Generalklausel Die europäischen Rechtsordnungen enthielten bereits vor dem TRIPS und der BiotechnologieRL „Ethische Generalklauseln“.300 Denn zur Harmonisierung des europäischen Patentrechts wurde 1963 das Straßburger Patentübereinkommen301 abgeschlossen, dessen Art. 2 lit. a einen ordre public für Erfindungen bestimmt. § 2 I PatG302, mit dem Art. 6 I BiotechnologieRL umgesetzt wird, schließt die Patentierbarkeit von Erfindungen aus, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde. Nach dem EuGH bietet Art. 6 I BiotechnologieRL zusätzliche Sicherheit zur Wahrung der Menschenwürde, da so auch künftige Entwicklungen und nicht vorhersehbare Erfindungen erfasst werden können.303 Damit ist im Bereich des unantastbaren Kerns der Menschwürde für eine Wertneutralität des Patentrechts kein Raum.304 Der Ausschluss ist anhand von Art. 27 II TRIPS auszulegen. Diese Norm setzt voraus, dass die gewerbliche Verwertung der betreffenden Erfindung in dem fraglichen Vertragsstaat zum einen nicht erlaubt ist und zum anderen dies zum Schutze der in Art. 27 II TRIPS näher bestimmten Interessen notwendig ist. Der Schutz der öffentlichen Ordnung wird so konkretisiert, dass er den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen sowie die Vermeidung von ernsten Schädigungen der Umwelt umfasst.305 Nach Art. 27 II TRIPS ist es nicht möglich, bestimmte Gegenstände als nicht patentierbar zu erklären, gleichzeitig aber deren Vermarktung, also Vertrieb oder Verkauf usw., zu erlauben, da der Patentausschluss „notwendig“ sein muss, um die öf- 298 299 300 301 302 303 304 305 Säger, GRUR 1991, 267 (268 f.). Zu den verschiedenen Patentrechtstheorien auch Götting, GewRS, § 5 Rn. 19 ff. Rüthers, Rechtsordnung und Wertordnung, 19. Rogge, GRUR 1998, 303. Übereinkommen zur Vereinheitlichung gewisser Begriffe des materiellen Rechts der Erfindungspatente (Straßburger Patentübereinkommen) vom 27.11.1963, BGBl. II, 649, 658. Dem entspricht Art. 53 lit. a EPÜ. EuGH, GRUR Int 2001, 1043 (1047, Tz. 76) - Biotechnologie-Richtlinie; Calliess/ Meiser, JuS 2002, 426 (429). Calliess/Meiser, JuS 2002, 426 (429). Zu den mit TRIPS verfolgten Zielen siehe oben D. III. 2. 39 fentliche Ordnung und die guten Sitten zu schützen.306 Es darf kein milderes, objektiv gleich effektives und mit dem WTO-Recht vereinbares Mittel geben, um die öffentliche Ordnung zu schützen.307 Dabei kann ein solcher Verstoß nicht allein daraus abgeleitet werden, dass die Verwertung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften verboten ist.308 Dahinter steht die Überlegung, dass ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der Rechtsordnung (sog. qualifizierter Verstoß) erforderlich ist, da sich einfache Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Bereich der modernen Biotechnologie zu schnell wandeln können.309 2. Regelbeispiele § 2 II 1 PatG, mit dem Art. 6 II BiotechnologieRL umgesetzt wird, konkretisiert diese Generalklausel. Aus dem Wortlaut von § 2 II 1 PatG folgt bereits, dass diese Aufzählung nicht abschließend ist. Dies wird noch durch Erwägungsgrund (38) S. 2 BiotechnologieRL klargestellt. Dort wird in Satz 3 zudem noch ein fünftes Beispiel gegeben: ein Verfahren zur Herstellung von hybriden Lebewesen, die aus Keimzellen oder totipotenten Zellen von Menschen und Tieren entstehen, ist nicht patentierbar. Die "informatorische Aufzählung" der Beispiele soll den nationalen Gerichten und Patentämtern allgemeine Leitlinien für die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten geben.310 In Erwägungsgrund (42) S. 2 BiotechnologieRL wird der Ausschluss jedoch dahingehend eingeschränkt, dass er auf keinen Fall für Erfindungen gelten soll, die therapeutische oder diagnostische Zwecke verfolgen und auf den menschlichen Embryo zu dessen Nutzen angewandt werden. Anders als die Generalklausel knüpfen die Regelbeispiele nicht an die Verwertung der Erfindung an, sondern stellen bereits auf die Ausführung bestimmter Verfahren als solche (lit. a, b, d) oder auf die Verwendung menschlicher Embryonen an sich (lit. c) ab. 306 307 308 309 310 Straus, GRUR Int 1996, 179 (189); Van Overwalle, in: Genetic Engineering and the World Trade System, 77 (81); Reyes-Knoche, in: Stoll/Busche/Arend, TRIPS, Art. 27.2 TRIPS Rn. 11. Reyes-Knoche, in: Stoll/Busche/Arend, TRIPS, Art. 27.2 TRIPS Rn. 12. Siehe § 2 I Hs. 2 PatG, Art. 27 II Hs. 2 TRIPS, Art. 6 I Hs. 2 BiotechnologieRL, Art 53 lit. a Hs. 2 EPÜ. Barton, Der "Ordre public" als Grenze, 221 f.; Rogge, GRUR 1998, 303 (304). So Erwägungsgrund (38) S. 1 der BiotechnologieRL. 40 3. Verwendung von menschlichen Embryonen Für die Forschung mit ES-Zellen ist vor allem der Ausschluss nach § 2 II 1 Nr. 3 PatG und Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL relevant.311 Danach werden insbesondere für die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken keine Patente erteilt. Der EuGH hat in seiner BrüstleEntscheidung vom 18.10.2011 dieses Regelbeispiel näher konkretisiert.312 a. Verfahrensgang des Brüstle-Verfahrens Der deutsche Stammzellforscher Oliver Brüstle hatte am 19.12.1997 ein deutsches Patent angemeldet, das isolierte und gereinigte Vorläuferzellen, Verfahren zu ihrer Herstellung aus embryonalen Stammzellen und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten betrifft.313 Die Besonderheit des Patents besteht darin, dass die Erfindung nicht unmittelbar auf Embryonen zurückgreift, sondern auf pluripotente embryonale Stammzelllinien im Rahmen eines mehrstufigen Herstellungsprozesses.314 Lediglich zur Etablierung der Stammzelllinien mussten Embryonen verbraucht werden. Gegen dieses Patent erhob Greenpeace e.V. eine Nichtigkeitsklage nach § 81 I 1 Var. 1 PatG vor dem BPatG (§ 65 I PatG).315 Das BPatG erklärte das Patent mit Verweis auf §§ 22 I Alt. 1, 21, 2 II 1 Nr. 3 PatG für nichtig, soweit es Vorläuferzellen, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden, und die Verfahren zu ihrer Herstellung umfasst.316 Auf die Berufung zum BGH317 legte dieser dem EuGH drei Vorlagefragen zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vor.318 Dabei ging es vor allem um die Auslegung von Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL. Der Begriff „menschlicher Embryo“ wird in der Richtlinie nicht definiert. Auch was unter dem Begriff „Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken“ zu verstehen ist, war unklar. Schließlich fragte der BGH, ob eine technische Lehre auch dann nach 311 Dem entspricht Art. 53 lit. a EPÜ i.V.m. R 28 lit. c AO EPÜ. EuGH, GRUR 2011, 1104 – Brüstle/Greenpeace. 313 Patent DE 19756864 C1. 314 Patent DE 19756864 C1, S. 4 Zeilen 33–36 definiert die embryonalen Stammzellen als totipotent, meint aber damit Pluripotenz im hier verwendeten Sinne. Es handelt sich lediglich um eine falsa demonstratio, Dederer, GRUR 2007, 1054 (1055). 315 Da es sich bei der Nichtigkeitsklage um eine sog. Popularklage handelt, arg. e contrario aus § 81 III PatG, war Greenpeace auch klagebefugt. 316 BPatG, GRUR 2007, 1049 – Neurale Vorläuferzellen; dazu krit. Dederer, GRUR 2007, 1054. 317 Der BGH ist bei Nichtigkeitsverfahren nach § 110 I PatG als Berufungsinstanz zuständig. 318 BGH, GRUR 2010, 212 – Neurale Vorläuferzellen. 312 41 Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL von der Patentierung ausgeschlossen ist, wenn die Verwendung menschlicher Embryonen nicht zu der mit dem Patent beanspruchten technischen Lehre gehört, aber notwendige Voraussetzung für die Anwendung dieser Lehre ist. Der EuGH319 folgte weitgehend den Schlussanträgen des Generalanwalts Bot320 und entschied in einer „extrem patentfeindlichen Weise“.321 b. Der Begriff des menschlichen Embryos Um den Begriff des menschlichen Embryos zu definieren, muss erst geklärt werden, ob es sich dabei um einen autonomen Begriff des Unionsrechts handelt und wenn ja, ob dieser Begriff eng oder weit auszulegen ist. aa. Autonomer Begriff des Unionsrechts? Da der Begriff des menschlichen Embryos in der BiotechnologieRL nicht definiert wird, gingen die Mitgliedstaaten in ihren Länderstellungnahmen davon aus, dass die Definition den Mitgliedstaaten überlassen werden sollte.322 Dies sei deswegen geboten, da es innerhalb der Mitgliedstaaten, vereinfacht betrachtet, zwei Gruppen gibt, wobei die erste Gruppe der Auffassung ist, dass der menschliche Embryo von der Befruchtung an existiert (z.B. Estland, Deutschland, Vereinigtes Königreich), während die zweite Gruppe davon ausgeht, dass er erst ab der Nidation vorliegt (z.B. Spanien, Schweden).323 Mangels eines unionsweiten bioethischen Konsenses soll der Begriff des Embryos gerade nicht autonom ausgelegt werden.324 Auch der EGMR hält sich mangels Konsens in dieser Frage sehr zurück und lässt den Mitgliedstaaten insoweit ein Ermessen.325 Der EuGH befürwortet dennoch eine autonome Auslegung des Embryo-Begriffs, der damit im gesamten Gebiet der Union einheitlich auszulegen sei. 326 Begründet wird dies mit dem Zweck der BiotechnologieRL, wie er aus den Erwägungsgründen 319 EuGH, GRUR 2011, 1104 – Brüstle/Greenpeace. Generalanwalt Bot, Schlussanträge vom 10.03.2011, Rs. C-34/10. 321 So Taupitz, GRUR 2012, 1. 322 Generalanwalt Bot, Schlussanträge vom 10.03.2011, Rs. C-34/10, Tz. 51. 323 Generalanwalt Bot, Schlussanträge vom 10.03.2011, Rs. C-34/10, Tz. 67 - 69. 324 Laimböck/Dederer, GRUR Int 2011, 661 (663). 325 EGMR, NJW 2005, 727 (730 f.) - Vo/Frankreich; EuGRZ 2006, 389 (393) –Evans/Vereinigtes Königreich. 326 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 26) – Brüstle/Greenpeace; zustimmend Taupitz, GRUR 2012, 1; Groh, EuZW 2011, 910 (911); so bereits Müller, Patentfähigkeit von Arzneimitteln, 316; Sattler de Sousa e Brito, GRUR Int 2007, 759; dies., GRUR Int 2011, 466 (466 f.). 320 42 (3) und (5)-(7) hervorgehe.327 Es solle ein wirksamer und harmonisierter Patentschutz in allen Mitgliedstaaten herbeigeführt werden, damit Investitionen in die Biotechnologie weiter fortgeführt und gefördert werden. Ohne einheitliche, unionsweite Definition des menschlichen Embryos würde das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigt.328 Denn es bestünde die Gefahr, dass die Patentierung in demjenigen Mitgliedstaat beantragt würde, welcher die engste Konzeption des Begriffs des menschlichen Embryos hat und somit in Bezug auf die Möglichkeiten der Patentierung am großzügigsten ist, während die Patentierung dieser Erfindungen in den anderen Mitgliedstaaten ausgeschlossen wäre.329 Anders als Art. 6 I BiotechnologieRL lasse Art. 6 II BiotechnologieRL den Mitgliedstaaten keinen Spielraum für die dort angeführten Patentausschlüsse, weil diese Bestimmung gerade darauf abziele, die im ersten Absatz vorgesehenen Ausnahmen einzugrenzen.330 Angesichts der Zielrichtung ist dem EuGH zuzustimmen. Eine autonome Auslegung des Begriffs „menschlicher Embryo“ ist im Rahmen der BiotechnologieRL geboten. Die BiotechnologieRL verweist in Erwägungsgrund (39) S. 1 auf die in den Mitgliedstaaten anerkannten ethischen und moralischen Grundsätze, deren Beachtung vor allem auf dem Gebiet der Biotechnologie wegen der potentiellen Tragweite der Erfindungen in diesem Gebiet und deren inhärenter Beziehung zur lebenden Materie erforderlich ist. Damit wird ein gesamteuropäischer Ordre public beschrieben.331 Dafür spricht auch Erwägungsgrund (40) BiotechnologieRL, da dort ein europäischer Konsens deklariert wird. Ein derartiger Ordre public muss durch Rückgriff auf die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten und die Europäische Menschenrechtskonvention332 konkretisiert werden.333 Die Biomedizinkonvention des 327 328 329 330 331 332 333 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 27) – Brüstle/Greenpeace. EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 28) – Brüstle/Greenpeace. EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 28) – Brüstle/Greenpeace; so auch Generalanwalt Bot, Schlussanträge vom 10.03.2011, Rs. C-34/10, Tz. 56. EuGH, Rs. C-56/03, Slg 2005, I-5335 (5386, Tz. 78) - Kommission/Italien; EuGH, GRUR Int 2001, 1043 (1045, Tz. 37 – 39) - Biotechnologie-Richtlinie. Herdegen, GRUR Int 2000, 859 (860); Barton, Der "Ordre public" als Grenze, 222 f. Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.10.2010, BGBl II, 1198, im Folgenden: EMRK. Herdegen, GRUR Int 2000, 859 (860); Moufang, GRUR Int 1993, 439 (445). 43 Europarates334 wird jedoch erst zu berücksichtigen sein, wenn sie von allen EUMitgliedstaaten (u.a. Deutschland) ratifiziert wurde.335 Die Vereinbarkeit von § 2 II 2 PatG, welcher auf das ESchG verweist, mit der BiotechnologieRL hängt davon ab, ob die Embryonenbegriffe des ESchG und der RL gleich sind.336 bb. Enge oder weite Auslegung? Der EuGH gelangt anschließend zum Ergebnis, dass der Begriff „menschlicher Embryo“ weit auszulegen sei.337 Jede menschliche Eizelle sei vom Stadium ihrer Befruchtung an als „menschlicher Embryo“ i.S.d. Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL anzusehen, da die Befruchtung geeignet sei, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen.338 Dies gelte zudem auch für die unbefruchtete menschliche Eizelle, in die ein Zellkern aus einer ausgereiften menschlichen Zelle transplantiert wird (sog. „Dolly-Methode“) oder die durch Parthenogenese339 zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden ist.340 Auch diese Verfahren seien geeignet den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen. 341 Der EuGH verwendet damit die denkbar extensivste Definition des menschlichen Embryos. Der EuGH betont einleitend, dass er sich der Sensibilität des Themas bewusst sei und dass er sich nicht berufen fühle, auf Fragen medizinischer oder ethischer Natur einzugehen.342 Er beschränkt sich ausdrücklich darauf, die Vorschriften der BiotechnologieRL auszulegen.343 334 Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin: Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin (Biomedizinkonvention des Europarates) vom 04.04.1997, im Folgenden: Biomedizinkonvention. 335 Dann könnte vor allem Art. 18 Biomedizinkonvention, der die Forschung an Embryonen in vitro betrifft, Relevanz erhalten. Allerdings ist nach Art. 18 II Biomedizinkonvention die Erzeugung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken verboten. Nach Art. 18 I Biomedizinkonvention ist ein angemessener Schutz des Embryos zu gewährleisten, sofern die Forschung an Embryonen in vitro zugelassen ist. 336 Ähnlich bereits BGH, GRUR 2010, 212 (215, Tz. 32) – Neurale Vorläuferzellen. 337 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 34) – Brüstle/Greenpeace. So bereits Generalanwalt Bot, Schlussanträge vom 10.03.2011, Rs. C-34/10, Tz. 119 (erster Spiegelstrich). 338 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 35) – Brüstle/Greenpeace. 339 Die Parthenogenese wird auch als sog. „Jungfernzeugung“ bezeichnet und ist eine Form der eingeschlechtlichen Fortpflanzung, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort: Parthenogenese, S. 1557. 340 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 36) – Brüstle/Greenpeace. 341 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 36) – Brüstle/Greenpeace. 342 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 30) – Brüstle/Greenpeace. 343 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 30) – Brüstle/Greenpeace mit dem Verweis auf EuGH, EuZW 2008, 216 (218, Tz. 38) - Sabine Mayr. 44 Diese Beschränkung des EuGH ist aus mehreren Gründen zweifelhaft. Der Embryo-Begriff des EuGH lässt sich nicht ohne Rückgriff auf biologische und medizinische Zusammenhänge bestimmen, da sonst kaum nachvollziehbar die Embryonen erklärbar sind, die ohne Befruchtung entstehen können.344 Die Interpretation von öffentlicher Ordnung und guten Sitten ist zwar eine Rechtsfrage, kann aber nicht ohne Rückgriff auf die in den Mitgliedstaaten anerkannten ethischen und moralischen Grundsätze beantwortet werden.345 Auch Erwägungsgrund (40) BiotechnologieRL verdeutlicht, dass bei den Patentverboten eine in der Union bestehende ethische Übereinstimmung kodifiziert werden soll. Auch auf die Stellungnahme der Europäischen Gruppe für Ethik und Naturwissenschaften ist der EuGH nicht eingegangen,346 obwohl dies die einzige europäische Instanz mit Ethikkompetenz ist.347 Auch durch die Erwägungsgründe (16) und (43) BiotechnologieRL348 fließen ethische Überlegungen in die Auslegung der Richtlinie ein.349 Ein Verstoß gegen die europäische öffentliche Ordnung und die guten Sitten kann daher auch nur mit in allen Mitgliedstaaten bestehenden allgemein anerkannten ethischen Grundsätzen begründet werden. Diese fehlen aber bei der Definition des Embryos durch den EuGH weitgehend.350 Wie gering der Minimalkonsens bezüglich der Biotechnologie in Europa ist, zeigt sich bereits daran, dass die in diesem Bereich besonders intensiv forschenden Länder, wie z.B. das Vereinigte Königreich und Deutschland, bis heute nicht einmal die Biomedizinkonvention ratifiziert haben. 351 Berücksichtigt man daher den europäischen Minimalkonsens zu dieser Frage, so ist eine restriktive Auslegung des Embryo-Begriffs geboten. Dafür sprechen außerdem auch die ethischen Grundsätze der europäischen Forschungsförderung (2007 bis 2013).352 Die Züchtung menschlicher Embryonen aus344 345 346 347 348 349 350 351 352 So auch Starck, JZ 2012, 145; Stieper, MedR 2012, 314 (315). Vgl. Erwägungsgrund (39) BiotechnologieRL; Groh, EuZW 2011, 910 (911). EGE, Opinion Nr. 16; kritisch zur Stellungnahme bei D.III.4. Straus, GRUR Int 2011, 1048 (1049). Der noch in Erwägungsgrund (43) BiotechnologieRL herangezogene Art. F Abs. II des Vertrages über die Europäische Union entspricht heute Art. 6 EUV und den Artt. 1, 2 EU-Grundrechte-Charta. Starck, JZ 2012, 145 (145 f.). Vgl. Generalanwalt Bot, Schlussanträge vom 10.03.2011, Rs. C-34/10, Tz. 67 – 70. So auch BGH, GRUR 2010, 212 (216, Tz. 41) – Neurale Vorläuferzellen; Taupitz, GRUR 2012, 1 (2); Stieper, MedR 2012, 314 (315). Lilie, in: FS Schreiber, 729 (732). Art. 6 I Beschluss Nr. 1982/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 über das Siebte Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007 bis 2013), ABl. L 412 vom 30.12.2006, 1 ff.; im Folgenden: Beschluss Nr. 1982/2006/EG. 45 schließlich zu Forschungszwecken oder zur Gewinnung von Stammzellen wird danach zwar nicht gefördert.353 Allerdings kann die Forschung an embryonalen Stammzellen gefördert werden.354 Dabei kommt es sowohl auf den Inhalt des wissenschaftlichen Vorschlags als auch auf die rechtlichen Rahmenbedingungen des jeweiligen Mitgliedstaats an.355 Bei der Gewinnung menschlicher embryonaler Stammzellen unterliegen die Institutionen, Organisationen und Forscher strengen Genehmigungsund Kontrollvorschriften gemäß den rechtlichen Rahmenbedingungen des jeweiligen Mitgliedstaats.356 Auch das Folgeprogramm („Horizont 2020“) wird daran, soweit ersichtlich, nichts ändern.357 Dieser Aspekt wird vom EuGH nicht einmal erwähnt. Die sehr weite Auslegung des Embryo-Begriffs begründet der EuGH mit systematischen und teleologischen Argumenten. Zunächst wird auf Erwägungsgrund (16) BiotechnologieRL verwiesen, woraus folge, dass bei der Ausübung des Patentrechts die Menschenwürde gewährleistet werden müsse.358 Aus dem systematischen Zusammenhang der Artt. 5 I, 6 I, II BiotechnologieRL sowie Erwägungsgrund (38) BiotechnologieRL wird geschlussfolgert, dass es das Ziel der Richtlinie sei, jede Möglichkeit der Patentierung auszuschließen, sobald die der Menschenwürde geschuldete Achtung durch die Patentierung beeinträchtigt werden „könnte“.359 Mit der Aussage, dass die Achtung der Menschenwürde beeinträchtigt werden „könnte“,360 wird lediglich ein Scheinargument geliefert. Mit der böswilligen Interpretation, dass der Patentanmelder die Würde nicht achten möchte, kann jedes beliebige Ergebnis begründet werden.361 Ob Embryonen Träger der Menschenwürde (im unionsrechtlichen Sinne) sein können, wird dabei aber offengelassen, so dass der Subsumtionsschluss letztendlich ins Leere geht. Da der EuGH die oben ausgeführten 353 Art. 6 II 3. Spiegelstrich Beschluss Nr. 1982/2006/EG. Art. 6 III UAbs. 1 Beschluss Nr. 1982/2006/EG. 355 Art. 6 III UAbs. 1 Beschluss Nr. 1982/2006/EG. 356 Art. 6 III UAbs. 3 Beschluss Nr. 1982/2006/EG. 357 So ausdrücklich die Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Horizont 2020 - das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, KOM(2011) 808 endgültig vom 30.11.2011, S. 7; sowie der dem Beschluss Nr. 1982/2006/EG entsprechende Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ (2014-2020), KOM(2011) 809 endgültig vom 30.11.2011. 358 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 32) – Brüstle/Greenpeace. 359 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 33 f.) – Brüstle/Greenpeace. 360 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 34) – Brüstle/Greenpeace. 361 Taupitz, GRUR 2012, 1 (2). 354 46 verschiedenen ethischen Erwägungen ohne nähere Begründung ausblendet,362 ist seine Argumentation in diesem entscheidenden Punkt nicht nachvollziehbar. Der Inhalt der Menschenwürde wird weder im Ansatz konkretisiert noch wird die Frage erörtert, ob es sinnvoll und möglich ist, den Inhalt der Menschenwürde im konkreten Kontext biotechnologischer Erfindungen für alle Mitgliedstaaten einheitlich zu bestimmen.363 Schließlich hatte der EuGH in der Omega-Entscheidung betont, dass der primärrechtliche Begriff der öffentlichen Ordnung eng zu verstehen sei und nur herangezogen werden könne, wenn eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliege, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre.364 Die Union muss daher einen Kernbereich kultureller und historischer Eigenarten der Mitgliedstaaten offenhalten, wozu auch die bioethischen Wertentscheidungen gehören.365 Aber auch dogmatisch vermögen die Argumente des EuGH nicht zu überzeugen. Art. 27 II TRIPS lässt einen Patentausschluss nur dann zu, wenn die Verhinderung der gewerblichen Verwertung der Erfindung zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder guten Sitten „notwendig“ ist.366 Der Tatbestand von Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL muss daher TRIPS-konform restriktiv ausgelegt werden, so dass es nur in den notwendigen Fällen zum Patentausschluss kommt.367 Auch ist Zurückhaltung geboten, da eine wegen des Verstoßes gegen den Ordre public abgelehnte Patentanmeldung nicht mehr rückwirkend geheilt werden kann.368 Die gesellschaftliche Akzeptanz bestimmter Technologien ist einem ständigen Wandel unterworfen, so dass nie ganz ausgeschlossen werden kann, dass eine Erfindung, die heute als Ordre public-widrig angesehen wird, in Zukunft nicht doch anders bewertet wird.369 362 363 364 365 366 367 368 369 Siehe dazu oben C. Groh, EuZW 2011, 910 (911). EuGH, NVwZ 2004, 1471 (Tz. 30) – Omega. Gärditz, in: Recht und Medizin, 11 (31); Taupitz, GRUR 2012, 1 (4). Koenig/Müller, EuZW 1999, 681 (684); Hartmann, GRUR Int 2006, 195 (199); Laimböck/Dederer, GRUR Int 2011, 661 (663). Dazu bereits oben D. III. 2. Koenig/Müller, EuZW 1999, 681 (684); Hartmann, GRUR Int 2006, 195 (199); Laimböck/Dederer, GRUR Int 2011, 661 (663). Straus, Jhb. für Wissenschaft und Ethik 2004, 111 (116); Laimböck/Dederer, GRUR Int 2011, 661 (663). Straus, Jhb. für Wissenschaft und Ethik 2004, 111 (116); Laimböck/Dederer, GRUR Int 2011, 661 (663). So auch die Comments by the President of the European Patent Office on G 2/06, S. 21. 47 cc. Zusammenfassung Eine restriktive Auslegung von Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL ist somit „zwecks Bewahrung interessengerechter Flexibilität“370 erforderlich. Da entgegen dem EuGH auch die ethischen Grundüberzeugungen der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind, erscheint die oben vertretene Anknüpfung an die Nidation371 als ein sinnvoller Minimalkonsens, der ferner der gebotenen Zurückhaltung entspricht. An der Auffassung des EuGH ist zudem die Zurückverweisung irritierend, wonach die nationalen Gerichte entscheiden sollen, ob Stammzellen, die aus menschlichen Blastozysten gewonnen werden, unter den Begriff des menschlichen Embryos fallen.372 Zum einen wird damit die Vorlagefrage 1 lit. c) des BGH nicht beantwortet. 373 Zum anderen wird das mühsam begründete Dogma der autonomen Auslegung ohne weitere Begründung insoweit aufgegeben.374 Diese Passage sorgt für weitere Ungewissheiten bei der Patentierbarkeit menschlicher Stammzellen. Da das Blastozystenstadium zeitlich der Befruchtung folgt, müsste auch dieses Stadium konsequent der Embryo-Definition des EuGH unterfallen.375 Folgt man dagegen der hier vertretenen Auffassung, so kann den nationalen Gerichten kein Auslegungsspielraum verbleiben. Auch die Blastozyste ist dann ein Embryo i.S.v. Art. 6 II BiotechnologieRL, der zur Gewinnung von Stammzellen zerstört wird. Die dadurch gewonnenen pluripotenten Stammzellen sind hingegen keine Embryonen in diesem Sinne, da nur totipotente Stammzellen geeignet sind, den „Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“.376 c. Verwendung menschlicher Embryonen Auch die Auslegung von „Verwendung zu industriellen und kommerziellen Zwecken“ ist problematisch. Zum einen ist unklar, ob der Patentausschluss auch die Verwendung zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung umfasst. Zum anderen stellte sich im Brüstle-Verfahren die Frage, ob eine Erfindung, die selbst nicht die Verwendung menschlicher Embryonen zum Gegenstand hat, von der Patentierung aus370 Straus, Jhb. für Wissenschaft und Ethik 2004, 111 (117). Oben unter C. III. 372 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 37) – Brüstle/Greenpeace. 373 Die Vorlagefrage 1 lit. c) lautet: „Sind auch Stammzellen umfasst, die aus menschlichen Embryonen im Blastozystenstadium gewonnen worden sind?“ 374 Taupitz, GRUR 2012, 1 (2). 375 Uhrich, Jura 2012, 172 (174). 376 Dies scheint für den EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 35) – Brüstle/Greenpeace das maßgebende Kriterium zu sein. 371 48 geschlossen ist, weil sie ein Erzeugnis betrifft, dessen Herstellung die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen erfordert. Hintergrund dieser Fragestellung ist die Unterscheidung von Ursprungshandlung und Verwertungshandlung, wie sie in Deutschland praktiziert wird.377 Diese Differenzierung ist auch in der europäischen Forschungsförderung bekannt.378 aa. Verwendung zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung In seinem Vorlagebeschluss hielt der BGH eine enge Auslegung für möglich, die das Verbot auf Erfindungen beschränke, mit deren Benutzung ein Handeltreiben mit menschlichen Embryonen oder deren industrielle Verwertung einherginge, die nach allgemeiner europäischer Rechtsüberzeugung moralisch verwerfliche Handlungen darstellen.379 Der EuGH ging auf diese Erwägung nicht ein und antwortete auf die zweite Frage erneut mit einer denkbar weiten Auslegung: Der Patentausschluss beziehe sich auch auf die Verwendung zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung.380 Die weite Auslegung des Patentausschlusses wird zum einen damit begründet, dass sich aus den Rechten an einem Patent auch grundsätzlich die industrielle oder kommerzielle Verwertung der patentierten Erfindung ergebe. 381 Zum anderen lasse sich das Verwertungsrecht nicht von den mit der wissenschaftlichen Forschung verfolgten Zwecken trennen.382 Dabei verkennt der EuGH jedoch Inhalt und Grenzen des Patents, indem er den zitierten Erwägungsgrund (14) missversteht.383 Danach ist der Patentinhaber gerade nicht positiv zur Anwendung und wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung, sondern lediglich negativ dazu berechtigt, Dritte von der Verwertung der Erfindung auszuschließen. Da das Patent den Inhaber also nicht von Beschränkungen der For- 377 378 379 380 381 382 383 Taupitz, GRUR 2012, 1 (2): „Diese Unterscheidung ist die ethische Legitimation der Rechtslage in Deutschland, wonach (gemäß Embryonenschutzgesetz) zwar der inländische Verbrauch von Embryonen für Forschungszwecke (und – verkürzt gesagt – der Verbrauch von Embryonen im Ausland „unter deutscher Beteiligung”) verboten ist, die aus einem Embryonenverbrauch im Ausland gemäß dortiger Rechtslage früher einmal gewonnenen embryonalen Stammzellen aber gemäß Stammzellgesetz (nach staatlicher Genehmigung) sehr wohl in das Inland importiert und hier für Forschungszwecke verwendet werden dürfen.“ Art. 6 II, III Beschluss Nr. 1982/2006/EG. BGH, GRUR 2010, 212 (Tz. 48) – Neurale Vorläuferzellen. 380 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 46) - Brüstle/Greenpeace. EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 42) – Brüstle/Greenpeace mit Verweis auf Erwägungsgrund (14) BiotechnologieRL. EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 43) – Brüstle/Greenpeace. Groh, EuZW 2011, 910 (911); so auch schon zum BPatG Trips-Herbert/Grund, PharmR 2007, 397 (403). 49 schung, Anwendung und Vermarktung befreit, geht das Argument des EuGH fehl. Zudem hatte bereits der BGH in seinem Vorlagebeschluss darauf hingewiesen, dass Patente ausschließlich für gewerblich anwendbare Erfindungen erteilt werden, so dass unklar ist, ob „zu industriellen und gewerblichen Zwecken“ das Verwendungsverbot für Embryonen überhaupt einschränken sollte.384 Durch Vergleich der einzelnen Sprachfassungen von Erwägungsgrund (14) und Art. 6 BiotechnologieRL wird dies verdeutlicht. In den meisten Fassungen werden dort dieselben Begriffe verwendet.385 Lediglich in der deutschen Fassung weicht der Wortlaut voneinander ab.386 Der EuGH ist darauf jedoch nicht eingegangen. Eine Ausnahme wird aber gemacht, wenn die Erfindung therapeutischen oder diagnostischen Zwecken dient und zum Nutzen des menschlichen Embryos angewandt werden kann.387 Dieser Passus wurde so aufgefasst, dass nicht der beforschte Embryo selbst gemeint sei, sondern die menschlichen Embryonen als Gruppe, so dass ein Verbrauch von Embryonen zu Forschungszwecken gruppennützig erlaubt sei.388 Diese Interpretation der EuGH-Entscheidung ist aber nicht zwingend. Man kann therapeutische und diagnostische Zwecke etwa im Verfahren der Präimplantationsdiagnostik oder jedenfalls in medizinischen Verfahren zugunsten des Embryos, z.B. durch eine Gentherapie am Embryo, sehen. Eine derartige Ausnahme vom Patentausschluss dürfte jedoch ins Leere laufen, da medizinische Verfahren nach § 2a I Nr. 2 PatG, Art. 53 lit. c EPÜ nicht patentierbar sind.389 In Verbindung mit § 1a I PatG muss man wohl auch den (totipotenten) Embryo als menschlichen Körper i.S.d. § 2a I Nr. 2 PatG ansehen. Die vom EuGH beanstandete Zweckbündelung von Forschungs- und Verwertungsinteressen wirft weitere Fragen auf. Auch die Forschung zugunsten der Embryonen erfolgt nicht aus rein altruistischen Motiven heraus, sondern zumindest auch 384 BGH, GRUR 2010, 212 (Tz. 47) – Neurale Vorläuferzellen. Englisch: „industrial and commercial purposes”; französisch: „des fins industrielles ou commerciales”; italienisch: „fini industriali o commerciali”; niederländisch: „industriële of commerciële doeleinden”. 386 Erwägungsgrund (14): „Verwertung zu industriellen und gewerblichen Zwecken”; Art. 6 I: „gewerbliche Verwertung”, Artikel 6 Absatz II lit. c: „Verwendung … zu industriellen oder kommerziellen Zwecken”. 387 EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 44 - 46) – Brüstle/Greenpeace mit Verweis auf Erwägungsgrund (42) S. 2 BiotechnologieRL und EPA, ABl. EPA 2009, 306 (Tz. 25-27) – Verwendung von Embryonen/WARF. 388 Starck, JZ 2012, 145 (147). 389 So auch BGH, GRUR 2010, 212 (Tz. 48) – Neurale Vorläuferzellen; Faltus, Handbuch Stammzellenrecht, Rn. 143; Stieper, MedR 2012, 314 (315, Fn. 8). 385 50 dazu, die erheblichen Investitionskosten durch eine kommerzielle Verwertung auszugleichen.390 Außerdem folgt aus dem Erwägungsgrund (42), dass „auf keinen Fall“ der Patentausschluss für dem Gruppennutzen der Embryonen dienende Erfindungen gelten soll. Damit wird deutlich, dass es sich nur um ein extremes Beispiel handelt. 391 Es bleibt gerade unklar, ob auch Patentschutz für die Anwendung der Erfindung für Forschungszwecke möglich ist.392 Es besteht also ein gewisser Spielraum um auch die Wissenschaftsfreiheit393 zu berücksichtigen. bb. Erfordernis der vorherigen Zerstörung menschlicher Embryonen Der EuGH beantwortete die dritte Frage dahingehend, dass eine Erfindung von der Patentierung ausgeschlossen sei, wenn die Verwertung der Erfindung die Zerstörung menschlicher Embryonen erfordere.394 Dies soll selbst dann gelten, wenn die Herstellung der embryonalen Stammzellen vor der Verwertung der Erfindung liegt. 395 Wenn die Herstellung embryonaler Stammzelllinien die Zerstörung menschlicher Embryonen erfordere, so könne eine Erfindung, die sich auf die Verwertung dieser Stammzelllinien bezieht, nicht patentiert werden. Dass sich die Auslegung des EuGH mit der WARF-Entscheidung des EPA deckt, ist jedoch kein Argument,396 da der EuGH in keiner Weise an sie gebunden ist.397 Da der EuGH nicht zwischen der Verwendung von menschlichen Embryonen und der späteren Erfindung, die diese Verwendung voraussetzt, unterscheidet, werden Assoziationen zur US-amerikanischen „Fruit-of-the-poisenous-Tree-Doctrine“ geweckt.398 Entscheidend ist aber, ob sich das ethische Unwerturteil, welches aus der Gewinnung embryonaler Stammzellen aus menschlichen Embryonen folgt, auch auf die Folgehandlungen erstreckt.399 Der EuGH hat selbst eine Möglichkeit der Verwertung 390 391 392 393 394 395 396 397 398 399 Groh, EuZW 2011, 910 (911); Barton, Der "Ordre public" als Grenze, 237. Ohly, LMK 2011, 326137. BGH, GRUR 2010, 212 (216, Tz. 48) – Neurale Vorläuferzellen. Art. 13 EU-Grundrechte-Charta. Die Wissenschaftsfreiheit gehört zum gemeineuropäischen Grundrechtsstandard, Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 13 EU-GRCharta Rn. 1 (m.w.N. in Fn. 2). EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 49) – Brüstle/Greenpeace. Ähnlich bereits EPA, ABl. EPA 2009, 306 (Tz. 22) – Verwendung von Embryonen/WARF. EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 49) – Brüstle/Greenpeace. So aber scheinbar der EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 45) – Brüstle/Greenpeace. Ohly, LMK 2011, 326137. So BGH, GRUR 2010, 212 (217, Tz. 59) – Neurale Vorläuferzellen; Trips-Herbert/Grund, PharmR 2007, 397 (406); Ohly, LMK 2011, 326137. BGH, GRUR 2010, 212 (Tz. 60) – Neurale Vorläuferzellen. 51 der Früchte des verbotenen Baumes anerkannt, indem er die Verwendung zu therapeutischen und diagnostischen Zwecken zulässt. Man muss aber noch darüber hinausgehen. Viele europäische Rechtsordnungen erlauben die Gewinnung embryonaler Stammzellen aus überzähligen Embryonen. Diese embryonalen Stammzellen dürfen für hochrangige Forschungsziele auch nach Deutschland importiert werden.400 Die vom EuGH beschworene Menschenwürde der Embryonen wird daher durch den Patentausschluss nicht wirklich besser geschützt.401 Die embryonalen Stammzellen werden legal gewonnen, es wird legal mit den pluripotenten Zellen, denen keine Menschenwürde zukommt, geforscht und auch die Verwertungshandlungen hinsichtlich dieser Erfindungen sind erlaubt. Der EuGH verstößt damit gegen den Grundsatz, dass ein Rechtsgut, dessen Benutzung unter einem gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt steht, im Allgemeinen nicht als so hochrangig eingestuft werden kann, dass seine Verwertung im Rahmen einer patentgeschützten Erfindung als Gefährdung der tragenden Grundlagen der Rechtsordnung anzusehen wäre.402 Die Begründung des EuGH geht auch in diesem Punkt fehl. Das entscheidende Argument für eine restriktive Auslegung ist aber die TRIPSkonforme Auslegung der Vorschrift. Aus dem Umkehrschluss zu Art. 27 II TRIPS folgt, dass ein Patentierungsverbot nicht zulässig ist, wenn eine kommerzielle Verwertung der Erfindung erlaubt ist.403 Soweit die Verwertung der Erfindung nicht gegen den jeweiligen nationalen Ordre public verstößt, ist ein Ausschluss der Patentierbarkeit nicht mit dem TRIPS vereinbar. Da die Verwendung der aus pluripotenten, embryonalen Stammzellen gewonnenen Vorläuferzellen nicht unter das deutsche ESchG fällt und nach dem StZG erlaubt sein kann404, ist eine Verwendung der entsprechenden Erfindung in Deutschland legal und ein Patentierungsverbot TRIPS-widrig.405 Der EuGH erwähnt zwar Art. 27 TRIPS, geht aber in den Entscheidungsgründen nicht auf die Norm und die Verpflichtung der Union ein. Dies ist misslich, da künftig etwa in den USA entwickelte und patentierte Medikamente, die auf embryonalen Stammzellen basieren, in der Union nachgeahmt, importiert und vertrieben werden 400 401 402 403 404 405 Dazu oben unter D. I. 2. Straus, GRUR Int 2011, 1048 (1049). Sattler de Sousa e Brito, GRUR Int 2007, 759 (760); Rogge, GRUR 1998, 303 (305); Straus, GRUR 1992, 252 (260). BGH, GRUR 2010, 212 (218, Tz. 62) – Neurale Vorläuferzellen; Sattler de Sousa e Brito, GRUR Int 2007, 759 (761); Straus, GRUR Int 1996, 179 (189); Stieper, MedR 2012, 314 (315). Dazu oben D. I. 3. Sattler de Sousa e Brito, GRUR Int 2007, 759 (761). 52 können.406 Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Vereinbarkeit der EuGHEntscheidung mit Art. 27 TRIPS zum Gegenstand eines Verfahrens bei der Welthandelsorganisation gemacht wird.407 Auf der Grundlage der EuGH-Entscheidung und der Befürworter dieser Entscheidung wäre der einzige Ausweg aus dem Dilemma das Verbot der Verwertung solcher Erfindungen. D.h. den europäischen Patienten müssten diese (hypothetischen) Medikamente verweigert werden. Diese Problematik wird sogar noch dadurch verschärft, dass der EuGH nicht nur den Patentausschluss auf die Zerstörung von Embryonen, sondern allgemeiner auf die vorherige Verwendung von Embryonen bezieht.408 Sollte im Wege des wissenschaftlichen Fortschrittes ein Verfahren entwickelt werden, embryonale Stammzellen zu gewinnen ohne die Blastozyste zu zerstören, so dürften wohl auch die daraus folgenden Erfindungen nicht patentiert werden, da auch dann Embryonen verwendet wurden. Eine Alternative dazu ist die TRIPS-konforme restriktive Auslegung von Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL. Ein von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenes Gutachten kam ebenfalls zu diesem Ergebnis. 409 Es kommt auf den Umfang des geltend gemachten Patentanspruchs an.410 Im Brüstle-Verfahren ging es nicht um die Gewinnung, sondern um den Gebrauch bereits erzeugter embryonaler Stammzellen. Der Tatbestand von Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL ist nach der hier vertretenen restriktiven Auslegung nur dann erfüllt, wenn die Erfindung nur durch eine wiederholte Zerstörung menschlicher Embryonen ausgeführt werden kann.411 406 407 408 409 410 411 Straus, GRUR Int 2011, 1048 (1049). Feldges, GRUR 2011, 1107 (1108); Straus, GRUR Int 2011, 1048 (1049). Das WTORechtsschutzverfahren richtet sich nach der Vereinbarung über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten vom 15. April 1994, BGBl. II S. 1749, welche Bestandteil des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) ist, das gem. Bek. v. 18. 5. 1995 (BGBl. II S. 456) für die Bundesrepublik Deutschland am 1. 1. 1995 in Kraft getreten ist. Dazu im Überblick Tietje, in: Ehlers/Schoch, Rechtsschutz im ÖffR, § 3 Rn. 25 ff. EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 52) – Brüstle/Greenpeace. Plomer, Stem Cell Patents, 78: “It follows that where the claim relates to an invention involving the use of an embryo for industrial or commercial purposes, the scope of the exclusion must be considered by reference to the claim itself product/cell or process, and should not reach out to the historical use of the human embryo in research which preceded the object of the patent claim.” Trips-Herbert/Grund, PharmR 2007, 397 (403). Dederer, GRUR 2007, 1054 (1055); Straus, GRUR Int 2010, 911 (917); Feldges, GRUR 2011, 1107 (1108); Taupitz, GRUR 2012, 1 (3). 53 d. Auswirkungen der Brüstle-Entscheidung Die Brüstle-Entscheidung des EuGH betrifft zunächst nur die Auslegung der BiotechnologieRL und damit das Patentrecht der Mitgliedstaaten.412 Bereits Generalanwalt Bot hatte betont, dass die Entscheidung keine rechtlichen Folgen auf die unterschiedlichen nationalen Definitionen des Embryos, vor allem im Bereich des Schwangerschaftsabbruchs, habe.413 So lässt sich auch die Hervorhebung des EuGH verstehen, dass er nur die Richtlinie juristisch auslegen wird und dass die Richtlinie nicht die Verwendung menschlicher Embryonen im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen zum Gegenstand hat.414 Dies wird allerdings bezweifelt. Liest man die Entscheidung des EuGH so, dass der weite Embryo-Begriff mit der Menschenwürde begründet wird, so könnte man meinen, dass die Forschung mit embryonalen Stammzellen genauso gegen die Menschenwürde verstoßen würde.415 Es wird daher vertreten, dass der EuGH über das Patentrecht hinaus Maßstäbe zur Bestimmung des Begriffs und Schutzes des Embryos gesetzt habe.416 Konsequent könnte dann auch die Forschung mit embryonalen Stammzellen nicht mehr durch die europäische Forschungsförderung gefördert werden.417 Es wird zudem befürchtet, dass sich die Entscheidung auch auf so brisante Fragen wie die IVF und die PID auswirken könnte.418 Der EuGH spricht nur davon, dass die der Menschenwürde geschuldete Achtung durch das Patent beeinträchtigt werden „könnte“ und stellt nicht Inhalt und Reichweite der Menschenwürde klar. Es bleibt damit unklar, ob die Entscheidung wirklich so weit gehen sollte. Die Selbstbeschränkungen des EuGH und auch die Grundsätze der Omega-Entscheidung419 deuten auf eine zurückhaltende Position hin. Folgt man insoweit der Zurückhaltung des EuGH, so hat die Entscheidung unmittelbar keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der Forschung und der europäischen Forschungsförderung.420 Die erforderlichen Investitionen zur Forschung und Entwicklung 412 413 414 415 416 417 418 419 420 Da das EPA nicht an die EuGH-Rechtsprechung gebunden ist, hat die EuGH-Entscheidung auch keine unmittelbaren Auswirkungen auf das EPÜ. Generalanwalt Bot, Schlussanträge vom 10.03.2011, Rs. C-34/10, Tz. 49. EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 30, 40) – Brüstle/Greenpeace. So jedenfalls Starck, JZ 2012, 145 (146). Starck, JZ 2012, 145 (146). So Liese wiedergegeben bei Bolzen, Welt Online vom 21.11.2011; Starck, JZ 2012, 145 (146). Starck, JZ 2012, 145 (146); Sattler de Sousa e Brito, GRUR Int 2011, 466 (467). EuGH, NVwZ 2004, 1471 (Rn. 30 f.) – Omega; zum Verhältnis der Omega-Entscheidung zur Brüstle-Entscheidung Taupitz, GRUR 2012, 1 (4). Taupitz, GRUR 2012, 1 (4); Straus, GRUR Int 2011, 1048 (1049). 54 sind hoch und risikoreich, weshalb sie nur bei angemessenem Rechtsschutz rentabel sind.421 Da der Patentschutz die Amortisations- und Gewinnaussichten verbessert, ist er geeignet, die Bereitschaft zu solchen Investitionen zu steigern. 422 Mangels Patentierbarkeit der Forschungsergebnisse wird mittelbar die Investition in Forschung mit embryonalen Stammzellen abnehmen oder sogar ganz unterbleiben. Dem wird von Kritikern, wie etwa Greenpeace, entgegengehalten, dass Patente Forschung und Entwicklung zum Schaden von Patienten und Ärzten behindern.423 Dabei werden aber die Korrektive des Forschungsprivilegs (§ 11 Nr. 2 PatG) sowie die Möglichkeiten von Patententeignungen (§ 13 PatG) und Zwangslizenzen (§ 24 PatG) übersehen.424 Unabhängig davon wird die Forschung an und mit adulten Stammzellen sowie iPS-Zellen zunehmen. Ein Patent zwingt zur Offenbarung der Erfindung und fördert auf diese Weise auf der Erfindung aufbauende weitere Forschung, da dadurch eine wichtige Quelle technischer Information, über Problemlösungen und auch über Entwicklungstendenzen erschlossen werden.425 Diese Quelle wird nun versiegen. Forschungsergebnisse in der Stammzellforschung mit Embryonen werden in Folge der Brüstle-Entscheidung länger oder dauerhaft in Europa geheim gehalten.426 Es ist darüber hinaus zu befürchten, dass durch die Brüstle-Entscheidung sowohl die Gesetzgeber aller Mitgliedstaaten, welche die Gewinnung pluripotenter embryonaler Stammzellen erlauben, als auch ein ganzes Forschungsfeld stigmatisiert werden.427 Dies gilt auch für die involvierten Forscher, die nach der Logik des EuGH durch die Forschung mit legal gewonnenen Stammzelllinien Embryonen zu (verwerflichen) industriellen und kommerziellen Zwecken verwenden.428 Die drohende Stigmatisierung wurde bereits im Schlussantrag des Generalanwalts deutlich, als dieser indirekt die Stammzell-Forscher in die Nähe des organisierten Organhandels durch 421 422 423 424 425 426 427 428 So ausdrücklich Erwägungsgrund (2) BiotechnologieRL; vgl. auch Erwägungsgrund (17) BiotechnologieRL Kraßer, PatentR, § 3 IV 5. So ausdrücklich Greenpeace unter www.greenpeace.de/themen/patente/patente_auf_leben/artikel/ greenpeace_stellungnahme_keine_patente_auf_leben/, zuletzt abgerufen am 15.09.2012. Nach Vorwerk, GRUR 2009, 375 haben diese Korrektive die speziellen Funktion die öffentliche Ordnung mit dem Patentschutz in Einklang zu bringen bzw. nach erfolgter Patenterteilung die Grenzen zwischen sittlicher und unsittlicher Ausübung des mit dem Patent verliehenen Rechts abzustecken. Kraßer, PatentR, § 3 IV 3; Pretnar, GRUR Int 2004, 776 (781); Taupitz, GRUR 2012, 1 (5). Taupitz, GRUR 2012, 1 (5). Straus, GRUR Int 2011, 1048 (1050); Taupitz, GRUR 2012, 1 (4). Straus, GRUR Int 2011, 1048 (1050). 55 Kriegsverbrecher im ehemaligen Jugoslawien brachte.429 Angesichts der europäischen Forschungsförderung sowie der Forschungsgesetzgebung vieler Mitgliedstaaten ist diese Verurteilung der Verwendung zugelassener Stammzelllinien nicht nachvollziehbar.430 Wie bereits oben dargelegt,431 muss ein absoluter Menschenwürdeschutz konsequent auch zum Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen, der PID und Nidationshemmern führen. Wenn all dies ebenso stigmatisiert werden soll, dann ist außerordentlich fraglich, wer mit „Scheuklappen“ argumentiert.432 Es ist schwer vorstellbar, dass bedeutende Therapiefortschritte in der Forschung mit embryonalen Stammzellen, wenn sie auf der ganzen Welt angewandt würden, in Europa verboten würden.433 Zieht man diese Konsequenzen nicht aus der Entscheidung, so ist dennoch fraglich, ob letztendlich die Menschenwürde der Embryonen besser geschützt wird. Bleibt es bei der legalen Forschung mit embryonalen Stammzellen in Verbindung mit einem Verbot der Patentierung, so kann jeder die jeweilige Erfindung ungehindert kommerziell nutzen. Erfindungen aus anderen Staaten können daher ohne Rücksicht auf etwaige Patente in Europa als Generika produziert werden. Da dies nach der hier vertretenen Auffassung gegen Art. 27 II TRIPS verstößt, ist der BGH vom EuGH in ein Dilemma befördert worden. Er muss sich entscheiden, ob er § 2 II 1 Nr. 3 PatG im Sinne des EuGH in jeder Hinsicht weit oder restriktiv und TRIPS-konform auslegt. Wie dieses Konkurrenzproblem zwischen Völkerrecht und Europarecht zu lösen ist, bleibt abzuwarten.434 Es bleibt zu hoffen, dass die verfehlte EuGH-Rechtsprechung spätestens durch die Schaffung eines einheitlichen europäischen Patents überwunden werden kann. Nachdem sich 25 Mitgliedstaaten geeinigt haben, hat die Kommission nach Ermächtigung des Rates und Zustimmung des Europäischen Parlaments im Verfahren der 429 430 431 432 433 434 Generalanwalt Bot, Schlussanträge vom 10.03.2011, Rs. C-34/10, Tz. 106. Kritisch zum Generalanwalt auch Sattler de Sousa e Brito, GRUR Int 2011, 466 (467); Straus, GRUR Int 2011, 1048 (1050). C. I. 5. So aber Generalanwalt Bot, Schlussanträge vom 10.03.2011, Rs. C-34/10, Tz. 107 im Kontext seines Jugoslawien-Vergleichs: „Mit derartigen Scheuklappen zu argumentieren, könnte nicht zu einer für die breite Mehrheit akzeptablen Lösung führen.“ So schon Trips-Herbert/Grund, PharmR 2007, 397 (408). Nach Art. 216 II AEUV muss die Normenkonkurrenz wohl zugunsten des TRIPS aufgelöst werden. 56 verstärkten Zusammenarbeit am 13.04.2011 zwei Verordnungsvorschläge vorgelegt.435 Die Brüstle-Entscheidung konnte dabei noch nicht berücksichtigt werden. E. Fazit Auf der Grundlage der hier vertretenen graduellen Abstufung des Lebensschutzes von Embryonen ist die Gewinnung von embryonalen Stammzellen aus verwaisten Embryonen ethisch legitim, wenn damit hochrangige Forschungsziele gefördert werden können. Daraus ergeben sich folgende Schlussfolgerungen für das Patentrecht: Adulte Stammzellen und auch die iPS-Zellen können Gegenstand von Patenten sein. Sie sind ethisch und rechtlich unproblematisch. Totipotente Stammzellen sind als menschlicher Körper i.S.d. § 1a I PatG anzusehen und damit nicht patentierbar. Isolierte pluripotente embryonale Stammzellen können Gegenstand einer Erfindung sein. Dies ergibt sich aus § 1a II PatG. Entgegen der EGE-Stellungnahme sind sie gewerblich verwertbar, ohne dass sie zusätzlich modifiziert werden müssen. Nach der Brüstle-Entscheidung des EuGH können Erfindungen, die pluripotente embryonale Stammzellen verwenden, gegen Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL verstoßen. Der Embryo-Begriff ist nach dem EuGH weit auszulegen. Jede menschliche Eizelle, die wie der durch Befruchtung einer Eizelle entstandene Embryo den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang setzen kann, ist Embryo i.S.d. Art. 6 II lit c BiotechnologieRL. Auch die Verwendung des Embryos zu industriellen oder kommerziellen Zwecken ist weit auszulegen, so dass die Forschung als Verwendung darunter fällt. Eine Erfindung ist von der Patentierung ausgeschlossen, wenn die Verwertung der Erfindung die Zerstörung menschlicher Embryonen erfordert. Dies gilt selbst dann, wenn die Herstellung der embryonalen Stammzellen vor der Verwertung der Erfindung liegt.436 Nach der hier vertretenen Auffassung überzeugt dies nicht. Aufgrund der gebotenen Zurückhaltung wegen des sehr geringen europäischen Minimalkonsenses in bioethischen Fragen und der TRIPS-konformen Auslegung des europäischen Sekundärrechts ist Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL in jeder Hinsicht restriktiv auszulegen. 435 436 Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes, KOM(2011), 215 endg. und Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Umsetzung der verstärkten Zusammenarbeit bei der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes im Hinblick auf die anzuwendenden Übersetzungsregelungen, KOM(2011), 216 endg. EuGH, GRUR 2011, 1104 (Tz. 49) – Brüstle/Greenpeace. 57 Erst mit Nidation handelt es sich um einen Embryo i.S.d. BiotechnologieRL. Der Tatbestand von Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL ist zudem nur dann erfüllt, wenn die Erfindung nur durch eine wiederholte Zerstörung menschlicher Embryonen ausgeführt werden kann. Bei der gebotenen Berücksichtigung der Wissenschaftsfreiheit ist eine Verwendung zu Zwecken der Forschung mit Art. 6 II lit. c BiotechnologieRL vereinbar. 58 F. Literaturverzeichnis Ahrens, Claus: Gewerblicher Rechtsschutz, Tübingen, 2008. Amit, Michael et al.: Clonally derived human embryonic stem cell lines maintain pluripotency and proliferative potential for prolonged periods of culture, Developmental Biology 227 (2000), 271. Barton, Tanja: Der "Ordre public als Grenze der Biopatentierung, Berlin, 2004. Beckmann, Rainer: Der Embryo und die Würde des Menschen, in: Beckmann, Rainer/Löhr, Mechthild (Hrsg.), Der Status des Embryos, Würzburg, 2003, S. 170 (zitiert als: Beckmann, in: Status des Embryos, 170). 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Er promoviert über die prozessuale Bewältigung von Schutzrechtskumulationen im Immaterialgüterrecht.