„Forensisch relevante kinder- und jugendpsychiatrische Störungsbilder“ am 25.04.15 in Fischbachau Dr. med. R. Weber-Steinbach Neuruppin Psychopathologischer Befund Äußere Erscheinung Bewusstsein Orientierung Interaktion/Kontakt Aufmerksamkeit/Konzentration Gedächtnis/Merkfähigkeit Zeiterleben Sprechen und Sprache Denken Formal/Inhaltlich/Wahn Wahrnehmung Halluzinationen/Personenverkennung/Ich-Bewusstsein Intelligenz Stimmung u. Affektivität Psychomotorik (Ausdrucksverhalten) Funktionelle Störungen des Schlafes/Essens/Ausscheidung/Sexualität Komplexe Verhaltensweisen Suizidalität/selbstverletzendes Verhalten/ abnorme Interessen und Bindungen/Zwänge/ Phobien/Dissoziation/Impulsivität/Spiel ICD-10 Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00 – B99) Neubildungen Krankheiten des Blutes … (D50 – D90) • Psychische und Verhaltensstörungen (F00 – F99) • • Krankheiten des Urogenitalsystems (N00 – N99) • • Medizinisch-somatische Perspektive Psychische Störungen infolge: Entzündungen des Gehirns (-häuten) Tumoren, Missbildungen, Traumata Durchblutungsstörungen Sauerstoff-Mangel Epilepsie hormoneller Störungen (Schilddrüse) genetische Defekte (M. Down) Medikamenten-Nebenwirkungen Intoxikation (Alkohol, Cannabis) neurobiologische Defizite der Transmittersysteme F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F10 Störungen durch Alkohol F11 Störungen durch Opioide F12 Störungen durch Cannabinoide F13 Störungen durch Sedativa oder Hypnotika F14 Störungen durch Kokain F15 Störungen durch andere Stimulantien einschließlich Koffein F16 Störungen durch Halluzinogene F17 Störungen durch Tabak F18 Störungen durch flüchtige Lösungsmittel F19 Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum Sonstiger psychotroper Substanzen F1x.0 Akute Intoxikation F1x.1 Schädlicher Gebrauch F1x.2 Abhängigkeitssyndrom F1x.3 Entzugssyndrom F1x.4 Entzugssyndrom mit Delir F1x.5 Psychotische Störung Schizophrenie Symptomatik: Denkstörungen, Halluzination, Verkennungen von Personen, Wahn, gestörte Affektivität und Antrieb, Interessenverlust, Stupor, Katatonie, „Zerfall der Persönlichkeit“ Ätiologie: Genetik? Sozialisation, Vulnerabilität des Gehirns, auslösende Ereignisse? nicht eindeutig Beginn: Jugendlichen-Alter oder später, selten vorher beide Geschlechter Verlauf: häufige Chronifizierung Heilung? schubweise, Residuen Behandlung: immer medikamentös, Psychoedukation, kognitive Trainings, Elternarbeit Beziehung Konflikt Struktur Krankheitserleben und Behandlungsvoraussetzungen OPD-KJ (2003) Achse Struktur OPD-KJ 2 Steuerung Impulssteuerung Affekttoleranz Steuerungsinstanzen (Gewissensbildung) Selbstwertregulation Identität Kohärenz Selbsterleben Selbst-Objekt-Differenzierung Objekterleben Zugehörigkeit Interpersonalität Fantasien emotionale Kontaktaufnahme Reziprozität Affekterleben Empathie Fähigkeit, sich zu trennen Bindung Zugang zu Bindungsrepräsentationen sichere innere Basis Fähigkeit, allein zu sein Nutzen von Bindungsbeziehungen Steuerung – Stufe 2 (6-12 J.) Impulssteuerung Gefühle gut steuern und mitteilen erträgt Befriedigungsaufschub (Frustrationstoleranz) Schulstunde ruhig und situationsgerecht durchhalten Affekttoleranz negative Affekte wahrnehmen und aushalten kann Gefühle zum Ausdruck bringen stabile Gefühlslage Steuerungsinstanzen Normen und Gebote kennen und befolgen durchschaut (antizipiert) Folgen des Handelns Fehler eingestehen Selbstwertregulation Gleichgewicht nach Kritik und Misserfolgen (auch mit Hilfe Dritter) Kränkung ertragen Allgemeine diagnostische Kriterien Persönlichkeitsstörung nach DSM IV einer A. Ein überdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten, das merklich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweicht. Dieses Muster manifestiert sich in mindestens 2 der folgenden Bereiche: 1. Kognition (also die Art, sich selbst, andere Menschen und Ereignisse wahrzunehmen und zu interpretieren), 2. Affektivität (also die Variationsbreite, die Intensität, die Labilität und Angemessenheit emotionaler Reaktionen), 3. Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen, 4. Impulskontrolle. B. Das überdauernde Muster ist unflexibel und tiefgreifend in einem weiten Bereich persönlicher und sozialer Situationen. C. Das überdauernde Muster führt in klinisch bedeutsamer Weise zu Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen. D. Das Muster ist stabil und langdauernd, und sein Beginn ist zumindest bis in die Adoleszenz zurückzuverfolgen. oder ins frühe Erwachsenenalter E. Das überdauernde Muster lässt sich nicht besser als Manifestation oder Folge einer anderen psychischen Störung erklären. F. Das überdauernde Muster geht nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz (z. B. Droge, Medikament) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors (z. B. Hirnverletzung) zurück. Diagnostische Kriterien Ein durchgängiges Muster von Instabilität im Bereich der Stimmung, der zwischenmenschlichen Beziehungen und des Selbstbildes. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter, und die Störung manifestiert sich in den verschiedensten Lebensbereichen. Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein: 1. Ein Muster von instabilen, aber intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen, das sich durch einen Wechsel zwischen den beiden Extremen der Überidealisierung und Abwertung auszeichnet; 2. Impulsivität bei mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Aktivitäten, z. B. Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, Ladendiebstahl, rücksichtsloses Fahren und Fressanfälle (außer Suizid oder Selbstverstümmelung, siehe dazu (5)); 3. Instabilität im affektiven Bereich, z. B. ausgeprägte Stimmungsänderungen von der Grundstimmung zu Depression, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Zustände gewöhnlich einige Stunden oder, in seltenen Fällen, länger als einige Tage andauern; 4. Übermäßige, starke Wut oder Unfähigkeit, die Wut zu kontrollieren, z. B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut oder Prügeleien; 5. Wiederholte Suiziddrohungen, -andeutungen oder -versuche oder andere selbstverstümmelnde Verhaltensweisen; 6. Ausgeprägte und andauernde Identitätsstörung, die sich in Form von Unsicherheit in mindestens zwei der folgenden Lebensbereiche manifestiert: dem Selbstbild, der sexuellen Orientierung, den langfristigen Zielen oder Berufswünschen, in der Art der Freunde oder Partner oder in den persönlichen Wertvorstellungen; 7. Chronisches Gefühl der Leere oder Langeweile; 8. Verzweifeltes Bemühen, ein reales oder imaginäres Alleinsein zu verhindern (außer Suizid oder Selbstverstümmelung, siehe dazu (5)); 9. vorübergehende, stressabhängige, paranoide Vorstellungen oder ernste dissoziative Symptome Emotional-instabile Persönlichkeits(-entwicklungs)-störung Symptomatik: affektive Instabilität Identitätsstörung Nähe-Distanz-Regulation Ätiologie: Traumatisierung Misshandlung Vernachlässigung übermäßige Schmerzen Sozialisation Beginn: häufig auffällige Kindheit (andere Diagnosen) Jugend (u. Kindheit) Jungen < Mädchen Verlauf: langfristig im Erwachsenenalter Symptomatik häufig rückläufig Behandlung: Psychotherapie u. U. Medikamente F63.1 Pathologische Brandstiftung (Pyromanie) Dieses Verhalten ist zum einen durch häufige, anscheinend unmotivierte vollendete oder versuchte Brandstiftung an Häusern oder anderen Objekten charakterisiert; zum anderen durch eine Beschäftigung mit allem, was mit Feuer und Brand in Zusammenhang steht. Die betreffenden Personen interessieren sich auch übermäßig für Löschfahrzeuge und Gegenstände zur Brandbekämpfung sowie für andere mit Feuer in Verbindung stehende Themen und alarmieren die Feuerwehr. Die Hauptmerkmale sind: Wiederholte Brandstiftung ohne erkennbare Motive wie materieller Gewinn, Rache oder politischer Extremismus; starkes Interesse an der Beobachtung von Bränden; die betreffende Person berichtet über Gefühle wachsender Spannung vor der Handlung und starker Erregung sofort nach ihrer Ausführung. Diagnostische Kriterien: A. Zwei oder mehrere vollzogene Brandstiftungen ohne erkennbares Motiv. B. Die Betroffenen beschreiben einen intensiven Drang, Feuer zu legen, mit einem Gefühl von Spannung vorher und Erleichterung nachher. C. Die Betroffenen sind ständig mit Gedanken oder Vorstellungen des Feuer legens oder den Umständen des Feuer legens beschäftigt (z.B. mit Feuerwehrautos oder damit, die Feuerwehr zu rufen). Autismus-Spektrum-Störung (ASD) Hauptsymptome Auffälligkeiten der sozialen Interaktion Auffälligkeiten kommunikativer Funktionen repetitive, stereotype Verhaltensweisen und Interessen Asperger-Syndrom frühkindliche Entwicklung meist unauffällig später: fehlende Freundschaften, ungewöhnliche, spezif. Interessen unangemessenes soz. Verhalten häufig durchschnittliche Intelligenz abnorme sprachliche und kognitive Entwicklung fehlen Frühkindlicher Autismus (Kanner) Jungen : Mädchen = 4 : 1 Manifestation vor 3. Lebensjahr keine Periode unauffälliger Entwicklung bis 50% deutlich intellektuell minderbegabt (low-funktioning-autism)