Anton Bruckner Sinfonie Nr.8 c-­‐Moll WAB 108 (Urfassung 1887) Do 01.10.2015 / Fr 02.10.2015, jeweils 19.30 Uhr / Konzerteinführung 18.30 Uhr Stuttgart, Liederhalle, Beethoven-­‐Saal Sendetermin: 04.12.2015 auf SWR2 So 04.10.2015 19.30 Uhr / Konzerteinführung 18.30 Uhr Mannheim, Rosengarten, Mozartsaal Sa 23.04.2016, 19.30 Uhr Wiesloch, Palatin Radio-­‐Sinfonieorchester Stuttgart des SWR Dirigent: Eliahu Inball Empfohlen ab Klasse 8 Inhalt 1. Vorbemerkungen.................................................................................................................... 3 2. Zeittafel .................................................................................................................................. 4 3. Zu Bruckners Persönlichkeit und Situation im „Musikstreit“ ................................................. 5 4. Besonderheiten der Musik Bruckners .................................................................................... 7 5. Werke ..................................................................................................................................... 8 6. Zur achten Sinfonie ................................................................................................................ 8 Entstehung: ......................................................................................................................................... 8 Besetzung: ........................................................................................................................................... 9 Satzfolge: ............................................................................................................................................. 9 Formale Übersicht über die einzelnen Sätze:.................................................................................... 10 1. Satz: ........................................................................................................................................... 10 2. Satz: ........................................................................................................................................... 11 3. Satz: ........................................................................................................................................... 11 4. Satz: ........................................................................................................................................... 13 7. Textdokumente .................................................................................................................... 16 Hinweis: CD-Empfehlung des SWR: Anton Bruckner, Morton Feldman, Michael Gielen, SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg: Symphony No. 8 C Minor & "Coptic Light" Siehe: http://www.haenssler-classic.de/detailansicht/ansicht/symphony-no-8-c-minor.html 1. Vorbemerkungen Bruckners Sinfonien stellen in unserer schnelllebigen Zeit eine besondere Herausforderung an das Ohr und die Konzentration des Hörers dar, dauern doch einzelne seiner Sinfoniesätze – gerade in seiner „Achten“ – allein so lange (und länger!) wie manche Haydn- oder Mozartsinfonie, von der durchschnittlichen Dauer eines Titels der aktuellen U-Musik ganz zu schweigen. Wer sich jedoch auf den ruhigen, mitunter fast „vegetativen“ Fluss seiner Musik einlässt, dem eröffnen sich Klangwelten von einmaliger Größe und faszinierender Tiefe. Interessant ist, dass Bruckners Musik zu seiner eigenen Zeit dem Hörer offenbar ähnliche Widerstände bot wie heute. Grundlage dieser Handreichungen ist die Studienpartitur des Musikwissenschaftlichen Verlags der Internationalen Bruckner-Gesellschaft (Leopold Nowak (Hg.), Wien 1955). Einen guten Einstieg in Bruckners Leben und Werk bietet die rororo-Bildmonographie „Anton Bruckner“ von Karl Grebe (Reinbek bei Hamburg 1972), die auch zahlreiche weitere Literaturhinweise enthält. Weitere Materialien zu Bruckner und seine Wirkung enthält auch das Heft Nr. 22 der „Ideen und Arbeitsmaterialien für den Musikunterricht“ des Verbandes Deutscher Schulmusiker e.V. (Landesverband Baden-Württemberg) von Anne Kern zu Bruckners 7. Sinfonie (Karlsruhe 2001). 2. Zeittafel 4. 9. 1824 Anton Bruckner wird in Ansfelden (Oberösterreich) als Sohn eines Lehrers geboren. Bereits in der Schule erhält er (bescheidenen) Orgel- und Kompositionsunterricht. 1837 Bruckner wird Sängerknabe am Stift St. Florian (Oberösterreich). 1840 Besuch des Lehrerseminars in Linz. Anschließend Schulgehilfe in Windhaag und Kronstorf. Ab 1845 Bruckner wirkt in St. Florian – zunächst als Hilfslehrer, später als Stiftsorganist. 1855 Bruckner wird Domorganist in Linz. Studien bei Simon Sechter in Wien. In Linz entstehen seine drei großen Orchestermessen sowie drei Sinfonien: eine in f-Moll, die „Nullte“ (beide hat er später nicht legitimiert) und die erste Sinfonie. 1863/65 Bruckner lernt mit dem „Tannhäuser“ (1863) und dem „Tristan“ das Werk Richard Wagners kennen, den er zeitlebens verehrt. 1868 Bruckner wird Lehrer für Musiktheorie und Orgelspiel in Wien. Konzertreisen als Organist nach Frankreich und England. 1875 Bruckner wird Lektor für Musiktheorie an der Universität Wien. 1876 Bruckner lernt anlässlich der ersten Aufführungen des „Rings“ Richard Wagner in Bayreuth kennen. Er widmet ihm seine dritte Sinfonie. 1883 Tod Richard Wagners. Der Schluss des langsamen Satzes von Bruckners siebter Sinfonie wird zu einem ergreifenden Klagegesang auf den Tod des verehrten Komponisten. 1884/85 Mit den erfolgreichen Aufführungen der siebten Sinfonie unter Nikisch und Levi wird Bruckner erstmals international wahrgenommen 1887 Bruckner beendet die Erstfassung seiner achten Sinfonie. Levi lehnt eine Aufführung jedoch ab, worauf Bruckner das Werk umarbeitet. 1890 Die zweite Fassung der achten Sinfonie wird vollendet. Bruckner wird aus gesundheitlichen Gründen pensioniert. 18. 12. 1892 Uraufführung der achten Sinfonie im Großen Musikvereinssaal in Wien durch die Wiener Philharmoniker unter Hans Richter. 11. 10. 1896 Bruckner stirbt in Wien. Sein Leichnam wird seinem Willen gemäß nach St. Florian überführt und unter der Orgel der Stiftskirche beigesetzt. Seine neunte Sinfonie bleibt unvollendet – das Finale liegt nur als Fragment vor. 3. Zu Bruckners Persönlichkeit und Situation im „Musikstreit“ Bruckners Persönlichkeit war – im Gegensatz zur Kraft und Tiefe seiner Musik – eher unsicher und schwach. In seiner Jugend in einem eher „ländlich behüteten“ Umfeld aufgewachsen, hatte er offenbar nie gelernt, sich und seine berechtigten künstlerischen Ansprüche durchzusetzen. So ist z.B. notorisch geworden, dass er selbst zur Zeit künstlerisch ausgereifter Meisterschaft ängstlich darauf bedacht war, durch Ablegen von Prüfungen vor vermeintlichen Autoritäten Anerkennung zu erlangen. Auch die mitunter (selbst für die damalige Zeit) mehr als peinliche Unterwürfigkeit in seinen Briefen (siehe unter „Textdokumente“) und seine nur allzu willfährige Bereitschaft, auf Grund von Ratschlägen wohlmeinender Freunde Änderungen in seinen Werken vorzunehmen, weist auf sein schwach ausgeprägtes Selbstbewusstsein hin. Persönliche Probleme mit seiner Umwelt, insbesondere auch in seinem Verhältnis zu Frauen (siehe den Brief an Josefine Lang unter „Textdokumente“) bestätigen das Gesamtbild. Dies musste in der Situation des Wiener „Musikstreit“ zwischen den „Klassizisten“ um Brahms und dem Kritiker Hanslick und den Wagner-Anhängern zu einer für ihn fatalen Situation führen: Bruckner, der aus seiner glühenden Verehrung für Wagner nie einen Hehl gemacht hatte, fand sich zwischen allen Stühlen wieder, da man in ihm den Vertreter Wagner’scher Tonsprache auf dem Gebiet der Sinfonie sah, gleichzeitig aber doch auch merkte, dass seine eigene Tonsprache mit Wagner in Wirklichkeit nicht viel zu tun hatte. Dadurch wurde seine Musik nicht nur zur „Kampfansage“ gegen die klassische Sichtweise, sondern – da sie ja noch nicht einmal „wagnerianisch“ war – für die im Wesentlichen konservative Wiener Szene schlichtweg zum Ärgernis. Für das Besondere der Musik Bruckners fehlte in der vergifteten Situation des Musikstreits nicht nur das Verständnis, sondern auch die Bereitschaft dazu – dies umso mehr, da Bruckner selbst am allerwenigsten dazu in der Lage war, dieses Verständnis zu wecken. Seine kritiklose Bewunderung Wagners lässt den Schluss zu, dass er, der glühende Verehrer, Wagners Musik vermutlich weniger „begriffen“ hatte als der zwar kritisch analysierende, aber Wagner nicht grundsätzlich ablehnende Brahms. Seine teilweise verletzenden persönlichen Äußerungen über Bruckner (siehe unter „Textdokumente“) müssen vor diesem Hintergrund gesehen werden. Vor dem gleichen Hintergrund muss man auch die zahlreichen Änderungsvorschläge von Bruckners Freunden sehen: In der irrigen Meinung, einen „Wagner der Sinfonie“ vor sich zu haben, der allerdings sein Handwerk nicht ganz versteht, bewegten sie Bruckner zu Änderungen, die sein Werk „gefälliger“ im Wagner‘schen Sinn machen sollten. Bruckner nahm diese Änderungen oft nur widerwillig und mit schlechtem Gewissen vor, war jedoch auf Grund seiner schwach ausgeprägten Persönlichkeit kaum in der Lage, seinen eigenständigen künstlerischen Standpunkt entsprechend zu vertreten. Es ist eine beklemmende Tatsache, dass seine neunte Sinfonie unvollendet bleiben musste, weil er sich wegen freundschaftlicher Ratschläge im hohen Alter noch einmal an eine Umarbeitung der ersten (!) und der dritten Sinfonie sowie der f-moll-Messe machte und so wertvolle (Lebens-)Zeit verlor, zumal in vielen Fällen den umgearbeiteten Fassungen heute aus künstlerischen Gründen nicht der Vorzug gegeben wird. 4. Besonderheiten der Musik Bruckners Bruckners Musik zeichnet sich durch folgende Besonderheiten aus: 1. In seinen Sinfoniesätzen liegen in der Regel drei groß angelegte Themenblöcke vor (im Gegensatz zum klassischen Themendualismus). 2. Die Themen lassen sich häufig so charakterisieren: 1. Thema als „Naturthema“ (die Töne des Hauptdreiklangs betonend – siehe jedoch Nr. 10 dieser Anmerkungen) – 2. Thema als „Gesangsthema“ – 3. Thema als „Unisono-Thema“ (mitunter gregorianischen Anklänge und zumindest latent bzw. strukturell vorhandene Einstimmigkeit). 3. Die einzelnen Themen sind häufig sehr lang und in sich oft ebenfalls dreigliedrig (im Gegensatz zur klassischen Zweigliedrigkeit), sie entwickeln sich eher „vegetativ“ als analytisch (was Hanslick als „dunkel“ bezeichnet, siehe unter „Textdokumente“). 4. Speziell die Hauptthemen zu Beginn der (Kopf-)Sätze erwachsen aus einem rhythmisch und harmonisch grundierendem „Medium“ (vgl. den Anfang von Beethovens neunter Sinfonie – die Ähnlichkeit dieses Anfangs zu vielen entsprechenden Stellen in Bruckners Sinfonie wurden diesem natürlich von konservativer Seite ebenfalls zum Vorwurf gemacht). 5. Seine Sinfonien sind auf das Finale hin angelegt und haben zyklischen Charakter, d. h. im Finale tauchen Themen vorheriger Sätze – meist das Hauptthema des Kopfsatzes – auf (auch dies verweist auf Beethovens 9. Sinfonie). 6. Vor allem in den Gesangsthemen findet man oft eine reichhaltige Ausarbeitung der Mittel- und Unterstimmen im Gegensatz zum sonst üblichen homophonen Oberstimmensatz. 7. Die Harmonik ist kühn und zukunftsweisend, vor allem mediantische Wendungen werden bevorzugt. 8. Im Gegensatz zur farbigen, mitunter schwülstigen Instrumentation Wagners sind die Klangfarben oft beklemmend fahl. Häufige Generalpausen setzen nicht nur Klangkontraste voneinander ab, sondern strukturieren auch die Form (hier kommt der Organist Bruckner zum Vorschein: Generalpausen bedeuten häufig Registerwechsel). 9. Typisch ist der „Bruckner-Rhythmus“: zwei Viertel gefolgt von drei Vierteltriolen (oder umgekehrt – für andere Notenwerte entsprechend), was mit der Kombination „2+3“ bzw. „3+2“ der auch sonst häufigen Bevorzugung der Zahl 3 entspricht. 10. Grebe (siehe „Vorbemerkungen“ überträgt dieses Denken in „2+3“ auch auf die Gesamtheit seines sinfonischen Werks: 6 Sinfonien (Nr. 3 – 7 und Nr. 9) haben im Kopfsatz Hauptthemen, deren Anfang den Grundton, den Grundton und die Quinte oder den Hauptdreiklang betonen und somit tonal sehr gefestigt erscheinen; die restlichen 3 (Nr. 1, 2 und eben 8 – alle in c-moll!) vermeiden in ihrem ersten Thema einen Anklang an den Hauptdreiklang geradezu ängstlich – so entsteht mit durch das Verhältnis der 6 erstgenannten Sinfonie zur Gesamtzahl aller wieder die Kombiantion „3+2“. 5. Werke Autorisierte Werke: 9 Sinfonien (1. in c-Moll, 2. in c-Moll, 3. in d-Moll, 4. in Es-Dur, 5. in B-Dur, 6. in A-Dur, 7. in E-Dur, 8. in c-Moll, 9. – unvollendet – in d-Moll) 3 Orchestermessen (in d-Moll, e-Moll und f-Moll), Te Deum und Psalm 150 Streichquintett in F-Dur, Intermezzo für Streichquartett in d-Moll mehrere geistliche Vokalwerke a capella Nicht autorisierte oder vor 1865 entstandene Werke sowie Gelegenheitskompositionen: 2 Sinfonien in f-Moll und d-Moll („Nullte“), Ouverture in g-Moll, Streichquartett in c-Moll verschiedene kirchenmusikalische Werke a capella und mit Instrumenten weltliche Vokalmusik für Männerchor 6. Zur achten Sinfonie Entstehung: Bruckner begann mit der Arbeit an der achten Sinfonie im Jahr 1884 (noch vor der Uraufführung der siebten) und stellte bis zum Herbst 1887 die erste Fassung fertig, die er Hermann Levi – der für den triumphalen Erfolg der siebten Sinfonie maßgeblich mit verantwortlich war – übersandte. Levi hieß jedoch diese Fassung nicht gut, was bei Bruckner zu tiefer Niedergeschlagenheit führte. Er machte sich sofort an die Umarbeitung des Werks, dessen zweite Fassung schließlich 1890 fertig gestellt wurde. Die Änderungen betreffen vor allem die Instrumentation (dreifache statt doppelte Holzbläser), den Schluss des 1. Satzes (der in der Urfassung im fff in strahlendem C-Dur endet), den 2. Satz (das Trio wurde völlig neu komponiert) sowie zahlreiche Kürzungen und harmonische Änderungen im 3. und 4. Satz. Im Gegensatz zu manchen Umarbeitungen anderer Sinfonien, die Bruckner auf Anraten wohlmeinender Freunde vornahm, führte die Umarbeitung der achten tatsächlich zu einem Ergebnis, das „stimmiger“ erscheint und die Zweitfassung zur bis heute bevorzugten macht. Besetzung: 3 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte 8 Hörner (die Hörner 5-8 wechseln mit Wagnertuben), 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba Pauken, Schlagwerk: Triangel, Becken (nur im dritten Satz) Harfen („dreifach wo möglich”, nur im Trio des zweiten und im dritten Satz) Streichorchester Satzfolge: 4 Sätze: Allegro moderato (c-moll) – Scherzo: Allegro moderato (c-moll) mit Trio: Langsam (As-Dur) – Feierlich langsam; doch nicht schleppend (Des-Dur) – Finale: Feierlich, nicht schnell (c-moll) Formale Übersicht über die einzelnen Sätze: 1. Satz: Sonatenhauptsatzform mit drei Themenblöcken (c-moll) Exposition (T. 1 – T. 152): Beginn des 1. Themas in den Bässen (pp) unter einem tonal unbestimmten Streichertremolo auf f. Dreiteilige Gestalt (jedes Motiv doppelt): 1. Motiv in punktiertem Rhythmus mit charakteristischem Sextsprung (vgl. „Siegfried-Motiv“ aus Wagners „Ring“), 2. Motiv ab T. 11 verbindet Punktierung mit Bruckner-Rhythmus (Viertel gefolgt von Vierteltriolen), 3. Motiv ab T. 18 mit fallender Linie im Bruckner-Rhythmus kadenziert abschließend nach c-moll. Wiederholung ab A (T. 23) im Tutti. 2. Thema ab B (T. 51, G-Dur): viermalig aufsteigende Linie im Bruckner-Rhythmus; ab T. 59 Verarbeitung mit Umkehrung in den Bässen (T. 63ff), die im T. 72 mit einem „Rienzi-Doppelschlag“ endet; anschließend ab C (T. 73) variierte Wiederholung des Abschnitts. Überleitung zum 3. Thema ab T. 89 (auf- und absteigende Dreiklänge). 3. Thema ab D (T. 97, es-moll): Unisono-Linie in den Bläsern unterstützt von triolischen Streicher-Pizzicati. Erster dyn. Höhepunkt in T. 103. Verarbeitung ab E (T. 109) mit Steigerung zum fff-Es-Dur-Quartsextakkord bei F (T. 125) mit Trompetenfanfaren. Epilog ab T. 129 mit 1. Thema, zum Schluss bei G (ab T. 139) in Es-Dur komplett von Solo-Horn bzw. Solo-Oboe vorgetragen. Durchführung (T. 153 bei Buchstabe H – T. 298): Im ersten Abschnitt Verarbeitung des 1. Themas, vor allem auch in der Umkehrung (ab T. 169ff). Ab K (T. 193) Fortspinnung der Umkehrung des 2. Themas; lange Steigerung bis L (T. 225): ab hier Kombination des 1. Themas mit dem augmentierten Themenkopf des 2. Themas in der Umkehrung. Ab N (T. 249) praktisch nur noch Rhythmus des 1. Themas. Übergang zur Reprise ab P (T. 279) mit 1. Thema. Reprise (T. 298; Auftakt zu Buchstabe Q – T. 417): Der Einsatz der Reprise erscheint verschleiert: Bruckners Studierbuchstaben legen Beginn bei Q nahe; ebenso könnte man aber auch den Einsatz des 1. Themas in der Oboe in T. 283 als Beginn der Reprise interpretieren. Stark verkürzter 1. Themenblock: Einsatz des 2. Themas bei R (T. 311, Ges-Dur). 3. Thema bei T (T. 341, c-moll); an Stelle des Quartsextakkords bei F (s.o.) erklingt jetzt bei V (T. 369) der Rhythmus des 1. Themas im fff in den Blechbläsern, dazu aufsteigende Linie in den anderen Stimmen bis zum c-moll-Quartsextakkord in T.383 m. Auftakt. Coda im pp ab X (T. 393, evtl. auch mit den pp-Paukenwirblen schon ab T. 390) mit verklingendem 1. Thema. 2. Satz: Scherzo: Scherzoform kombiniert mit Sonatenelementen (c-moll): „Exposition“ (T. 1 – T. 64): Kombination der zwei Hauptgedanken: fallende auftaktige Achtelketten (im Tremolo) als Begleitung zum eigentlichen Hauptthema: dreimal ansteigende, den c-moll-Dreiklang umfassende Linie mit Oktavsprung g-g am Ende (ab T. 3). Modulation über mehrere (meist mediantische) Zwischenschritte in die Parallele Es-Dur bei E (T. 41), die nach kurzer Ausweichung in die moll-Subdominante as-moll (T. 49) ab F (T. 53) bestätigt wird. „Durchführung“ (T. 65 bei Buchstabe G – T. 134) mit Verarbeitung der beiden Hauptgedanken in der Umkehrung. „Reprise“ (T. 135 bei Buchstabe N – T. 195): Fast wörtliche Wiederholung der Exposition mit Schluss in C-Dur ab S (T. 175, entspricht der Es-Dur-Stelle bei E, s.o.). Trio (As-Dur): zweiteilig mit kurzer Überleitung, anschl. Scherzo da capo 1. Teil (T. 1 – T. 44): Das fallende Schlussmotiv des achttaktigen periodischen Hauptthemas wird ab A (T. 9) umgekehrt. Modulation in die Mediante E-Dur bei C (T. 25), ab hier Kombination der rectus- und inversus-Richtung. Abschließender Teil ab D mit fallender Motivik in sanften Hornklängen, untermalt von Streichern und Harfe (E-Dur). 2. Teil (T. 45 bei Buchstabe E – T. 93): Kurze Rückführung (variierte Fortspinnung der Hornklänge) zur Reprise des Hauptthemas bei F (T. 61). Verkürzter modulierender Abschnitt bis H (T. 67 – entspricht C im 1. Teil), hier jetzt in C-Dur. Auch dieser Abschnitt wird verkürzt und rückt mediantisch über E-Dur zum Abschlussteil ab K (T. 85 – entspricht D im 1. Teil) in As-Dur. 3. Satz: Freie Rondoform A – B – A‘ – B‘ – A‘‘ mit Coda (Des-Dur) Teil A (T. 1 – T. 46): Dreigliedriges Hauptthema in Bar-Form über begleitendem Klangteppich im BrucknerRhythmus: 1. Stollen mit erst steigendem, dann fallendem Sekund-Seufzer und anschließen- der zweimalig fallender Tonleiter; 2. Stollen (ab T. 11) wieder mit zweifachem SekundSeufzer gefolgt von zweimalig ansteigendem Dreiklang bei A (T. 15) und abschließender Halbschluss-Wendung; Abgesang (ab T. 21) mit erst ansteigender, dann wieder (von den Harfen unterstützter) fallender choralartiger Melodik (auf der Mediante F-Dur endend). Ab B (T 29) verkürzte Wiederholung (ohne 1. Stollen, in G-Dur endend). Teil B (T. 47 bei Buchstabe C – T. 94): Das Seitenthema (zwischen E-Dur und cis-moll schwankend) mit charakteristischem Sextsprung abwärts und punktiertem Rhythmus (vgl. Hauptthema des 1. Satzes) endet in der fallenden Tonleiter des 1. Stollens des Hauptthemas. Wiederholung ab D (T. 57). Einem choralartigen Einschub der Wagnertuben in T. 67 folgt eine variierte Form des Seitenthemas. Ab E (T. 81, Wechsel in den 3/4-Takt!) Überleitung mit diminuiertem Kopfmotiv und fallender Tonleiter. Teil A‘ (T. 95 bei Buchstabe F – T. 140): In diesem Abschnitt (wieder im 4/4-Takt) wird vor allem die fallende Tonleiter als thematisches Material im Sinne einer ersten Durchführung verarbeitet: ab G (T. 109) in den Mittelstimmen zusammen mit dem Seufzermotiv, ab H (T. 117) in rectus- und inversusForm gleichzeitig; erster dyn. Höhepunkt in T. 125. Teil B‘ (T. 141 bei Buchstabe K – T. 184): Nur wenig veränderte Wiederholung des B-Teils (in Es-Dur statt E-Dur): der Abschnitt nach dem choralartigen Einschub (T. 161) ab M (T. 165) ist verkürzt, die Überleitung viel ruhiger gestaltet und ohne Taktwechsel. Teil A‘‘ (T. 185 bei Buchstabe N – T. 254): Eigentliche Durchführung des Hauptthemas über einem durchgehenden Begleitrhythmus in sextolischen Sechzehnteln (als 12/8-Takt notiert) als gebrochene Dreiklänge oder (ab T. 220) als Sekundbewegung oder Tonrepetition: Zunächst 1. Stollen des Hauptthemas gefolgt von einer Kombination des Sekund-Seufzers mit der zweimal erklingenden ansteigenden Choralmelodik des Abgesangs (bei O, T. 197), an die beide Male ein in den Hörnern im ff erklingendes Zitat des „Siegfried-Motivs“ aus Wagners „Ring“ angehängt wird (auf den Bezug zum Hauptthema des 1. Satzes sei hier noch einmal hingewiesen). Darauf folgt bei P (T. 205) – weiterhin im ff – der 2. Stollen des Hauptthemas. Ab T. 211 Kombination der fallenden Tonleiter mit der fallenden Sexte des Seitenthemas; Fortspinnung ab T. 215 und Kombination ab R (T. 219) mit rhythmischen Elementen des Hauptthemas des 1. Satzes (im Bass) bis zum ersten Höhepunkt bei S (T. 223). Nach Generalpause bei T (T. 227) erneuter Anlauf mit großer dyn. Steigerung; Modulation über Ces-Dur (bei U, T. 235) und den überm. Quintsextakkord ces-es-ges-a zum absoluten Höhepunkt des Satzes bei V (T. 239ff): Der aufsteigende Dreiklang des 2. Stollens erklingt über einem Es-Dur-Quartsextakkord im fff mit zweimaligem Triangel und Beckenschlag (im Gegensatz zur siebten Sinfonie hier nicht umstritten!), gefolgt von der im A-Teil erwähnten Halbschluss-Kadenz und dem Abgesang. Coda (T. 255, vier Takte vor Buchstabe X – T. 291): Die Coda verbindet das Seitenthema mit dem Seufzermotiv des Hauptthemas und einer aus der fallenden Tonleiter entwickelten edlen melodischen Linie auf der G-Saite der Violine 1 (ab T. 263). Die ebenfalls fallende Hornmelodik stellt gleichzeitig einen Rückgriff auf die Hornklänge dar, mit denen die beiden Teile des Trios beschlossen werden. 4. Satz: Sonatenhauptsatzform mit drei Themenblöcken Exposition (T. 1 – T. 215 bei Buchstabe P): Dreigliedriges 1. Thema in Bar-Form über einem hämmernden Rhythmus der Streicher (Viertel mit Vorschlägen): 1. Stollen in doppelt punktiertem Rhythmus und mit charakteristischem Sextsprung aufwärts (T. 8/9, vgl. Hauptthema des 1. Satzes) beginnt – wie dort – tonal unbestimmt auf fis, geht dann mediantisch weiter über D-Dur, b-moll, Ges-Dur nach Des-Dur (T.11) und endet in schmetternden Trompetenfanfaren. 2. Stollen ab A (T. 17) wiederholt ein Ton höher (endet in Es-Dur). Der Abgesang (B, T. 31) bringt erstmals die Tonika c-moll; auf den auch hier vorkommenden Sextsprung aufwärts folgt eine abwärts gerichtete Tonleiter, die über eine neapolitanische Wendung nach c-Moll kadenziert. Überleitung ab T. 40 bei allmählicher dyn. Beruhigung. Choralartiges 2. Thema in As-Dur mit rhythmisch und melodisch reichen Mittel- und Unterstimmen bei D (T. 69); unmittelbare Wiederholung bei E (T. 79) und anschließende durchführungsartige Verarbeitung. Nochmaliges Erklingen bei G (T. 111) im Tutti. Ab H (T. 123) Überleitung, an derem Ende in der Pauke Rhythmus und fallende Quart des 3. Themas vorweggenommen wird (T. 131). 3. Thema schließlich bei I (T. 135): quasi-unisono zwischen Bläsern und Streichern, die mit der fallenden Quart und dem gleichmäßigen Viertelrhythmus einen Marsch andeuten. Tonart wie im ersten Satz es-moll, ebenso wie dort ist in der Melodie die Betonung der Moll-Terz ges besonders deutlich. Die ab T. 139 immer wieder ansetzende fallende Linie wird (nach einer Generalpause) bei L (T. 159) kurz wie ein Choral behandelt, bevor bei M (T. 167) der Marsch wieder einsetzt, der zwischen N und O (T. 183 – 211) seinen dynamischen Höhepunkt erreicht, wobei in den Blechbläsern der Rhythmus des Hauptthemas aufgegriffen wird. Durchführung (T. 215 bei Buchstabe P – T. 436): Die Hörner führen bei P den Abschnitt zwischen N und O im p weiter und eröffnen damit gleichzeitig die Durchführung, da die erreichte Tonart Es-Dur in der Wiederholung dieser Phrase sofort wieder in Frage gestellt wird. Zwischen Q (T. 231) und T. 300 (eins vor V) Verarbeitung des „Chorals“ von L (s.o.), sowohl als rectus wie auch als inversus (z.B. bei S – T. 253 – und bei T – T.265 – in den Bässen), kombiniert mit dem Stollen des 1. Themas (bei R, T. 239) und Elementen des 2. Themas (bei T); bei U (T. 285) schließlich Umkehrung des 3. Themas. Ab V (T. 301) Kombination von Abgesang des 1. Themas (auch in der Umkehrung) mit dem 3. Thema im Tutti; ab Z (T. 345) Durchführung des Stollens des 1. Themas, dem bei Aa (T. 387) dem 3. Thema entlehnte Streicherfiguren und bei Dd (T. 429, kurz vor der Reprise) erstmalig wieder die hämmernden Viertel des Anfangs unterlegt werden. Reprise (T. 437 bei Buchstabe Ee – T. 709): Stark veränderte Eintritt des 1. Themas: sequenzierende Verlängerung des Stollen – erst bei Ff (T. 463) erklingen wieder die Trompetenfanfaren. Anschließend nochmalige Durchführung des Stollens und – ab Ii (T. 501) – auch des Abgesangs (fallende Linie!). Überleitung mit Schlusssteigerung ab Kk (T. 521) zum dyn. Höhepunkt in T. 535 (ces-Moll mit sixte ajoutée as). 2. Thema ab Mm (T. 547) im wesentlichen wie in der Exposition zwischen D und G (s.o.), die dort anschließende Wiederaufnahme des 2. Themas und Überleitung entfällt hier. 3. Thema ab Pp (T. 583) als Fugato, wobei in der kontrapunktischen Arbeit das thematische Material auch in der Umkehrung erklingt (z.B. T. 587 im Vc., T. 597 bei Qq in der Vl. I). Dynamische Steigerung bis Ss (T. 617); dort erklingt erstmalig das Hauptthema des 1. Satzes wieder. Überleitung zu Coda mit rhythmischer Beschleunigung der Bewegung des 3. Themas. Coda ab Uu (T. 647). Über ruhig aufsteigenden Tonleitern der Violinen entwickelt sich über 32 Takte hinweg der Stollen des Hauptthemas bis zur bei Ww (T. 679) beginnenden Schlussapotheose: Zunächst Zitat des Scherzo-Themas in den Hörnern in F-Dur, schließlich plagale Wendung nach C-Dur bei Xx (T. 687). Hier die Fanfaren vom Ende des Stollens in Kombination mit dem Scherzo-Thema; ab Zz (T. 697) bis Schluss dann gleichzeitiges Erklingen des in strahlendes C-Dur gewendeten Hauptthemas des 1. Satzes (die Verwandtschaft zum „Siegfried-Motiv“ wird hier besonders deutlich!) und des Scherzo-Themas. Gewaltiger UnisonoSchluss mit dem abschließenden Motiv des verwandelten Hauptthemas des 1. Satzes (= Umkehrung des Scherzo-Themas). 7. Textdokumente Bruckner 1863 an den Dichter August Silberstein, der den Text der Männerchor-Kantate „Germanenzug“ verfasste: „Hochverehrtester Herr Doctor! Ihr über alle Maßen gelungenes, prachtvolles ausgezeichnetes Gedicht habe ich bereits in Händen und statte hiermit meinen tiefsten, innigsten Dank ab...Was rathen Euer Wohlgeboren mir hinsichtlich des Rhythmus? Kann ich doch wohl meinen alten dreitheiligen Rhythmus beibehalten (3/4 Tact) oder soll ich, oder muß ich nicht vielmehr um dem Gedichte gerecht zuwerden den zweitheiligen Marschrhythmus wählen (4/4 Tact)...erbitte mir noch, bevor ich anfange, Ihre Ansicht hierüber. Es ist freilich überaus kühn von mir, und sehe ein, daß ich großer Schuldner bleibe; aber das gerechte große Vertrauen, welches ich zu Ihnen habe, nöthigt mich dazu, daß ich H. Doctor nebst der Mühe noch Auslagen bereiten muß...“ Bruckner an Josefine Lang (Linz) 1866: „Sehr geehrtes, liebenswürdiges Fräulein!...Meine größte und innigste Bitte, die ich hiemit an Sie, Frl. Josefine zu richten wage, ist, Fräulein Josefine wollen mir gütigst offen und aufrichtig Ihre letzte und endgiltige aber auch ganz entscheidende Antwort schriftlich zu meiner Beruhigung mitteilen und zwar über die Frage: Darf ich auf Sie hoffen und bei Ihren lieben Ältern um Ihre Hand werben? oder ist es Ihnen nicht möglich aus Mangel an persönlicher Zuneigung mit mir den ehelichen Schritt zu thun? Fräulein sehen, daß die Frage ganz entscheidend ist, das eine oder andere bitte ich inständigst mir so bald als möglich eben so entschieden, aber gewiß, eben-so entschieden zu schreiben...entweder: ich darf um Sie werben, oder gänzliche ewige Absage, (kein Mittelding etwa vertrösten oder umschreiben, da bei mir die höchste Zeit bereits vorhanden ist)...“ (Die erst Siebzehnjährige lehnte den Antrag des fast 42jährigen Bruckner wegen des großen Altersunterschieds ab.) Bruckner an Baron v. Wolzogen (Bayreuth) über seinen Besuch bei Wagner 1873 und über seine Bitte, die dritte Sinfonie Wagner widmen zu dürfen: „...Ich kam eben vom Theaterbau um 5 Uhr in den Wahnfried, als der Meister aller Meister mir mit offenen Armen entgegen eilte, mich in seine Arme einschloß und sagte: „Lieber Freund mit der Dedication hat es seine Richtigkeit, Sie bereiten mir mit dem Werke ein ungemein großes Vergnügen.“ 2 1/2 Stunden bin ich dann so glücklich gewesen, neben dem Meister zu sitzen,...dann mußte (vielmehr) durfte ich, der Hochbeglückte, den Meister in sein Haus begleiten. Am anderen Tage ließ er mir noch eine gute Reise wünschen – „also wo die Trompete das Thema beginnt,“ hinzusetzend. In Wien, in Bayreuth sagte Er oft: ist die Sinf. schon aufgeführt; aufführen, aufführen. Anno 882 sagte mir der damals schon leidende Meister, indem er mich bei der Hand hielt: „Verlassen Sie sich, ich selbst werde die Sinfonie u. alle Ihre Werke aufführen.“ Ich sagte: O Meister! darauf erwiederte der Meister: Waren Sie schon im Parsifal? Wie gefällt er Ihnen? Weil mich Hochselber bei der Hand hielt, ließ ich mich auf die Knie, Hochseine Hand an meinen Mund drückend und küssend und sagte: O Meister ich bethe Sie an!!! Der Meister sagte hierauf: Nur ruhig – Bruckner – gute Nacht !!!...“ Bruckner an Eva Wagner (Bayreuth) über die Aufführung der siebten Sinfonie in München 1885: „...Vom Enthusiasmus über meine 7. Sinfonie in München werden wohl Fräulein Eva durch Herrn Baron von Wollzogen in Kenntniß gesetzt worden sein. Nach der Walküre wurde mit den neuen vier Tuben der CBT [= „Contrabasstuba“, Anm. d. Verf.] und den Hörnern im Dunkel des Hoftheaters dreimal die Trauermusik aus dem zweiten Satze meiner 7. Sinfonie, die ich zum Andenken meines unerreichbaren Ideales unmittelbar in jener so bitteren Trauerzeit schrieb, aufgeführt, und zwar zum Andenken an den Heißgeliebten, Unsterblichen Meister aller Meister! Wie ergriffen waren wir alle! Über Ihren schwankenden Gesundheitszustand bin ich sehr beunruhigt, und wünsche aus ganzer Seele baldigste und dauernde Genesung! Für Ihren sehr ehrenden Brief danke ich sehr; er ist für mich ein kostbares Kleinod! Hoch! Hoch! Hoch! Ihrer Gnaden Frau Mama ! Hoch den Fräuleins! Hoch Hr. Siegfried ! Hoch Fräulein Eva! meiner hohen Gönnerin!“ Hermann Levi (aus München) an Bruckner 1885 zur siebten Sinfonie: „Hochgeehrter Herr! Ihrem Wunsche gemäß habe ich auf Sonntag 1/211 Uhr eine Probe (...) angesetzt. Die Generalprobe findet Montag früh 10 Uhr statt. Vorgestern habe ich die Sinfonie probirt. Das Orchester hat natürlich gestutzt und gar Nichts verstanden. Die Leute sind nämlich hier unglaublich reactionär. Aber das macht Nichts. Wenn sie nur gut spielen; und das werden sie. Mit Wagner geht es ebenso. (Ich glaube, es sind nicht 3 Wagnerianer im Orchester!)...“ Eduard Hanslick über Bruckner aus dem „Tagebuch eines Musikers der modernen Oper VI. Teil“: „...Eine andre Symphonie von Bruckner (in E-Dur) hat im Jahre 1886 denselben tumultuarischen Erfolg errungen. Für die Wagnerianer ist Bruckner einfach „der zweite Beethoven“. Mir erscheint diese Musik krankhaft, unnatürlich aufgeblasen, verderblich. Wie jedes größere Werk Bruckners, enthält auch die E-Dur-Symphonie geniale Einfälle, interessante, ja schöne Stellen – hier sechs, dort acht Takte – zwischen diesen Blitzen dehnt sich aber unabsehbares Dunkel, bleierne Langeweile und fieberhafte Überreizung...“ Johannes Brahms über Bruckner (mitgeteilt in: Klose, „Meine Lehrjahre bei Bruckner“): „Bei Bruckner handelt es sich gar nicht um die Werke, sondern um einen Schwindel, der in ein bis zwei Jahren tot und vergessen sein wird. Bruckners Werke unsterblich, oder vielleicht gar Sinfonien? Es ist zum Lachen.“ Hugo Wolf über die Uraufführung von Bruckners achter Sinfonie im Dezember 1892: „Dies Symphonie ist die Schöpfung eines Giganten und überragt an geistiger Dimension, an Fruchtbarkeit und Größe alle anderen Symphonien des Meisters. Der Erfolg war trotz der unheilvollsten Kassandrarufe, selbst von seiten Eingeweihter, ein fast beispielloser. Es war ein vollständiger Sieg des Lichts über die Finsternis, und wie mit elementarer Gewalt brach der Sturm der Begeisterung aus, als die einzelnen Sätze verklungen waren. Kurz, es war ein Triumph, wie ihn ein römischer Imperator nicht schöner wünschen konnte.“