STUTTGARTER PHILHARMONIKER - Stadttheater Aschaffenburg

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© Thomas Niedermüller
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Apr 17
ORCHESTERKONZERT
STUTTGARTER
PHILHARMONIKER
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 5 B-Dur
Stadthalle am Schloss
ASCHAFFENBURGER ORCHESTERKONZERTE
STUTTGARTER
PHILHARMONIKER
Freitag, 7. April 2017 | 19:30 Uhr
Stadthalle am Schloss
Einführungsvortrag von Dr. Andreas Bomba
um 18:45 Uhr im Kleinen Saal
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PROGRAMM
EINFÜHRUNG
ANTON BRUCKNER (1824 - 1896)
Sinfonie Nr. 5 B-Dur
Introduction: Adagio - Allegro
Adagio: Sehr langsam
Scherzo: Molto vivace
Finale: Adagio – Allegro moderato
BRUCKNERS 5. SINFONIE
Er hat sie nie gehört: Anton Bruckner erlebte keine Aufführung seiner 5. Sinfonie, obwohl sie bereits 1878 komponiert
war, mehr als 20 Jahre vor seinem Tode. Die Uraufführung
am 9. April 1894 in Graz, in einer Bearbeitung seines Schülers Franz Schalk und von diesem dirigiert, konnte der
61jährige Komponist nicht miterleben, weil er krank war.
Zur Zeit der Komposition lebt Bruckner seit zehn Jahren in
Wien. Eben ist er (neben einer Dozentenstelle am Konservatorium) Lektor (eine unbesoldete Stelle) für Harmonielehre
und Kontrapunkt an der philosophischen Fakultät der
Universität Wien geworden, und er klagt: „Alles ist zu spät.
Fleißig Schulden machen und am Ende im Schuldenarrest
die Früchte meines Fleißes genießen und die Torheit des
Übersiedelns nach Wien ebendort besingen, kann mein
endliches Los werden. 1.000 fl. jährlich hat man mir genommen, und heuer gar keinen Ersatz – auch kein Stipendium
etc. gegeben.“ Am nächsten Tag beginnt er das Adagio der
Sinfonie aufzuschreiben. Doch ist das Bild vom bitterarmen,
erfolglosen Komponisten, das Bruckner in vielen Briefen an
seine Bekannten von sich gibt, wohl ein wenig zu differenzieren. Er ist ein durchaus anerkannter, ja verehrter Orgelvirtuose, den man auf Konzertreisen bis nach Großbritannien schickt. Zu Beginn seines Wiener Aufenthaltes erhielt
er ein staatliches Stipendium, unterrichtete viele Privat-
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schüler (was durchaus lukrativ war), eine Stelle an der k.k.
Lehreranstalt St. Anna brachte ein Übriges. Dennoch – zu
Beginn des Jahres 1874 fühlt sich Bruckner an einem Tiefpunkt. Obwohl er eifrigst darum bemüht ist, seine wirtschaftliche Stellung und sein öffentliches Ansehen zu verbessern, wurde seine Stelle an der Lehreranstalt gekündigt,
ein weiteres Stipendium verweigert und die Universitätsstelle nicht in eine bezahlte umgewandelt. Und: Als Sin­
foniker erhält er immer noch keinerlei Anerkennung.
Es scheint, dass Bruckner das Komponieren in solchen
seelischen Notlagen als Hilfe empfunden hat oder dass, wie
Peter Gülke es formuliert, die 5. Sinfonie ein „Zeugnis innerer Unabhängigkeit von äußeren Bedingungen ebenso wie
der Heilkraft von Musik [ist], welches das gegenüber Vertrauten oft penetrant zelebrierte Selbstmitleid dementiert
bzw. als vorsorglich errichteten Schutzzaun enttarnt.“ Seine
fünfte Sinfonie bezeichnete Bruckner selbst als sein „kontrapunktisches Meisterstück“, und es liegt nahe, den Beginn
seiner Tätigkeit an der Universität mit der besonderen Betonung kontrapunktischer Künste in Verbindung zu bringen.
Bruckner wird gelegentlich nachgesagt, er habe dieselbe
Sinfonie neunmal komponiert. Schon sein Schüler und
Dirigent Franz Schalk schrieb: „In der Tat gibt es nichts Primitiveres als die Brucknersche Form.“ Gemeint ist, dass
Bruckners Sinfonien alle einem Grundplan zu folgen scheinen, einem „Schema“, das er zwar variiert, aber nicht grundsätzlich verlässt: Alle Sinfonien Bruckners (bis auf die unvollendete neunte) bestehen aus vier Sätzen nach klassischem
Vorbild: dem ersten (mäßig schnellen) Satz folgen ein langsamer (fast immer „Adagio“ überschrieben) und ein Scherzo, das Finale ist wieder (mäßig) schnell. Gegen Schalk setzten sich die Brucknerforscher August Halm und vor allem
Ernst Kurth zur Wehr. Kurth lehnte den üblichen Formbegriff
(als nur die äußeren Umrisse betreffend) zur Beschreibung
dieser Musik als untauglich ab und sprach stattdessen von
einem „Formvorgang“, von „symphonischem Strom“, von
„der Kraftquelle als dynamischem Einheitsvorgang des symphonischen Gestaltens.“ Die Ent­gegen­setzung von architektonisch vorgestellter Form als statischer „Schab­lone“ und
dynamischem Vorgang als „Werden, Schwellen, Vergehen“
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EINFÜHRUNG
EINFÜHRUNG
eröffnet tatsächlich Möglichkeiten zur Beschreibung, die sonst vermutlich
verborgen blieben. Bruckners sinfonisches Ideal wird
nach Hans-Joachim Hinrichsen vor allem durch
die Kategorie des „Durchbruchs“ erreicht, das sind
musikalische Höhepunkte,
die, über die vier Sätze der
Sinfonien verteilt, das Ziel
der vielen Steigerungswellen im eindrucksvollsten
Durchbruch des Finales
fin­den.
Anton Bruckner im Jahr 1868. In
diesem Jahr wird er Professor am
Wiener Konservatorium
Doch auch die für seine Zeit moderne Harmonik, der Gebrauch der Blechblasinstrumente mit ihren fanfarenartigen
Signalmotiven und punktierten Rhythmen und die ausgedehnten Gesangsperioden der Sätze sind Charakteristika,
die die Monumentalität der Musik hervorheben. Wesentlich
für den „organischen“ Eindruck, den die ausgedehnten Formen der Bruckner-Sinfonien auf den Hörer machen, ist der
lange Atem dieser Musik. Dazu trägt vor allem ihre metrische Organisation bei. Bruckner nummerierte in allen
seinen Partituren die Takte. Wichtig ist dabei die Portionierung der Musik in Abschnitte von zumeist vier (oder einem
Vielfachen von vier) Takten. Es gibt gelegentlich Ausnahmen
von dieser Regel, beispielsweise am Ende von Abschnitten,
wo die Musik vergeht oder abschwillt. Gleich das Allegro des
ersten Satzes beginnt mit sechs Abschnitten von je vier
Takten Länge. Eine derartige Gleichmäßigkeit suchten viele
seiner Zeitgenossen, insbesondere der von ihm hochver­
ehrte Richard Wagner peinlich zu vermeiden.
Wer die Partitur liest, wird zudem leicht bemerken, dass
Bruckner die Aufgaben auf die Instrumentalgruppen des
Orchesters überwiegend kollektiv verteilt. Holzbläser-,
Blechbläser- und Streichergruppe haben jeweils eine gemeinsame Aufgabe. Mischklänge unter einzelnen Vertretern
der drei Gruppen sind selten, auch Instrumentalsoli er­
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klingen am ehesten gegen Ende eines abschwellenden
Abschnitts oder als Klangfarbe von Gesangsgruppen. Häufig wird deshalb Bruckners Art, mit dem Orchester umzu­
gehen, mit den Klangmöglichkeiten der Orgel verglichen.
„Werden, Schwellen, Vergehen“, Steigerungen und Spannungsabbau werden durch Lautstärkeveränderung (crescendo, decrescendo), durch Wiederholung und Sequenzierung kleiner rhythmischer Bausteine sowie durch deren
Beschleunigung oder Verlangsamung erzielt, alles unter
Beibehaltung der oben beschriebenen metrischen Portionierung. Bruckners Verwendung der Harmonien hat die
Zeitgenossen in viele Gegner und wenige Befürworter geteilt und ihn in die Nähe der „Neudeutschen“ um Wagner
und Liszt stellen lassen. Er verwendet zwar auch traditionelle Akkordverbindungen, die überwiegend aus Dreiklängen
bestehen, in den sogenannten „Chorälen“, also den homophonen Blechbläserpartien, die im „alten Stil“ gehalten
sind. Aber er nutzt alle harmonischen Errungenschaften seiner Zeit, um immer wieder weit voneinander entfernte
Tonarten miteinander zu verbinden.
Untypisch für Bruckner ist zwar, dass der erste wie der letzte
Satz der Fünften mit einer langsamen Einleitung beginnt,
die beide Sätze eng aufeinander bezieht. Typischerweise
aber stellt er das Allegro-Hauptthema des ersten Satzes zu
Beginn zweimal vor, erst piano, dann direkt anschließend
forte. Das zweite Thema nennt Bruckner stets „Gesangsperiode“. Es setzt im ersten Satz der fünften, wie häufig bei
Bruckner, nach einer Generalpause ein. Nach seiner ersten
Formulierung tritt eine Gegenmelodie hinzu. Beide werden
variiert und ausgesponnen. Auch das Erscheinen eines
dritten Themas von dem aus sich in mehreren Anläufen eine
neue Steigerungswelle entwickelt, ist typisch. Alle drei
liefern Material zur Verarbeitung im Zentrum des Satzes.
Seine langsamen Sätze hat Bruckner beinahe stets „Adagio“ überschrieben. Im Allgemeinen haben sie eine fünf­
teilige Form, in der zwei Themen mehrfach einander ab­
lösen (nach dem Schema ABA‘B‘A“). Das Oboenthema über
einer Streicherbegleitung lässt sich aus den Anfangstönen
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Normalerweise ist ein
Scherzo schon allein aufgrund seines Tempos in jeder Hinsicht als Gegensatz
zu einem Adagio zu verstehen. In Bruckners Fünfter
werden wir gewissermaßen
mit den Ohren auf die Ähnlichkeit beider Sätze gestoßen. Beide beginnen mit
demselben Streichersatz!
Der Mittelteil des Scherzos
im 2/4-Takt nimmt sich aus
wie eine Studie über Tonleitern.
KÜNSTLERPORTRAIT
EINFÜHRUNG
des Satzes ableiten. Das
gilt auch für das nur scheinbar ganz gegensätzliche
zweite Thema.
Anton Bruckner in einem Gemälde
von Hermann von Kaulbach
aus dem Jahr 1885
Das Finale der Sinfonie wiederholt die Einleitungstakte des
ersten Satzes. Die Idee, Zitate aus den ersten Sätzen und
das kecke, eingefügte Vorauszitat aus dem Finale einzu­
fügen, gewissermaßen bevor es „richtig“ losgeht, hat
Bruckner offensichtlich von der neunten Sinfonie seines
großen Vorbildes Beethoven abgeschaut. Das erste Thema
des Finalsatzes wird sogleich als Fugenbeginn präsentiert,
so als sollte jeder Zweifel beseitigt werden, dass Bruckner
hier sein kontrapunktisches Meisterstück abliefern wollte.
Nach einem ersten Höhepunkt folgt die Gesangsperiode,
die, in immer neuen Varianten an- und abschwellend, breit
ausgesungen wird. Der weitere Verlauf bringt Beispiele
neuer kontrapunktischer Kunst: Das dritte Thema, ein
Blechbläserchoral, wird zum Fugenthema. Die umfangreiche Fuge lässt insgesamt sechs kunstvolle Abschnitte verschiedener Machart erkennen. Kurz vor Schluss erscheint
schließlich noch einmal das Hauptthema des ersten Satzes.
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DAN ETTINGER
Dirigent
Dan Ettinger ist einer der international gefragtesten Dirigenten seiner Generation. Seit Beginn der Spielzeit 2015/2016 ist
er Chefdirigent der Stuttgarter Philharmoniker und Generalmusikdirektor der Landeshauptstadt Stuttgart.
Von 2009 bis 2016 war er GMD des Nationaltheaters Mannheim, von 2010 bis 2015 Chefdirigent des Tokio Philharmonic
Orchestra und ist dort derzeit „Conductor Laureate“. Beim
Israel Symphony Orchestra war er von 2005 an Chefdirigent
und Musikdirektor, heute ist er dort erster Gastdirigent. Als
Hausdirigent und Chorleiter an der Israeli Opera in Tel Aviv
erarbeitete er sich ein vielfältiges Repertoire. 2003 wurde er
Assistent von Daniel Barenboim an der Staatsoper Unter den
Linden in Berlin und wirkte hier bis 2009 als Kapellmeister.
Zahlreiche Gastauftritte führen ihn regelmäßig an die renommiertesten internationalen Opern- und Konzerthäusern wie
die Metropolitan Opera New York, die Washington National
Opera, das Royal Opera House London, die Opéra National de
Paris, das New National Theatre in Tokio, das Opernhaus
Zürich, die Salz­burger Festspiele sowie die Staatsopern in
Wien und München.
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© Benjamin Ealovega
VORSCHAU
KÜNSTLERPORTRAIT
STUTTGARTER PHILHARMONIKER
Die Stuttgarter Philharmoniker wurden im September 1924
gegründet und 1976 von der Baden-Württembergischen
Landeshauptstadt Stuttgart in ihre Trägerschaft genommen.
Seit Herbst 2015 ist Dan Ettinger Chefdirigent des Orchesters.
Konzertanter Triumph und Höhepunkt seiner ersten Spielzeit
war eine Aufführung von Puccinis Turandot mit internatio­
naler Starbesetzung, dem Tschechischen Philharmonischen
Chor Brünn und den Aurelius Sängerknaben.
Neben mehreren Konzertreihen in ihrer Heimatstadt spielen
die Stuttgarter Philharmoniker regelmäßig in vielen Städten
des südwestdeutschen Raumes und geben jedes Jahr Gastspiele im In- und Ausland. Unter den Reisezielen der letz­ten Jahre waren Italien (Mailand), Österreich (Salzburg), die
Schweiz (Luzern, Zürich) und Belgien (Antwerpen).
Seit 2013 sind die Stuttgarter Philharmoniker Festspiel­
orchester der Opernfestspiele in Heidenheim, die Marcus
Bosch als künstlerischer Direktor leitet.
Im Februar 2007 erhielten die Stuttgarter Philharmoniker
aus der Hand des Enkels des Komponisten den „Prix Rachmaninoff 2006“ für ihren Konzert-Zyklus mit allen Sinfonien,
Klavierkonzerten und weiteren Orchesterwerken Rachmaninoffs.
Die künstlerische Arbeit des Orchesters ist durch Rundfunkund CD-Aufnahmen dokumentiert. Unter anderem sind
Alexander Skrjabins „Prométhée“ sowie die 1. und 3. bis
7. Sinfonie von Gustav Mahler erschienen. Zuletzt wurde
eine CD mit Beethovens Sinfonien Nr. 3 und 5 veröffentlicht.
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Mai 17
KAMMERKONZERT
20:00 Uhr
JONATHAN BISS
Klavierabend
Ludwig van Beethoven (1770 - 1827):
Sonate in A-Dur, op. 2 Nr. 2
Sonate in d-Moll, op. 31 Nr. 2 („Der Sturm“)
Sechs Bagatellen, op. 126
Sonate in c-Moll, op. 111
Stadttheater Bühne 1 | 14-28 EUR
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IHR HUSTEN
STEHT NICHT IN DER PARTITUR
Ein Taschentuch vor dem Mund kann die Geräuschentwicklung um
die Hälfte reduzieren. Bitte nehmen Sie Rücksicht – die Musiker auf
der Bühne und das Publikum werden es Ihnen danken.
www.stadttheater-aschaffenburg.de
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