6. Mut zur Freiheit „Veni, veni Emmanuel! Captivum solve Israel! – O komm, o komm, Emmanuel, mach frei Dein armes Israel!“ 8. Philharmonisches Konzert 8. Philharmonisches Konzert *25.5.11 STADTHALLE ca. 1 ½ Std., eine Pause Dame Evelyn Glennie Schlagzeug Dietger Holm Dirigent Philharmonisches Orchester der Stadt Heidelberg Breitkopf & Härtel, Wiesbaden Boosey & Hawkes Music Publishers Ltd. Edwin F. Kalmus & Co., Inc. Ton- & Bildaufnahmen während des Konzerts sind nicht gestattet. Für die Unterstützung der Philharmonischen Konzerte in der Spielzeit 10/11 danken wir Programm Franz Liszt (1811–1886) Orpheus S98 Symphonische Dichtung Nr. 4 Franz Liszt Hamlet S104 Symphonische Dichtung Nr. 10 James MacMillan (*1959) Veni, veni, Emmanuel für Schlagzeug & Orchester Mephisto-Walzer Nr. 1 S110 Der Tanz in der Dorfschänke Introit – Advent Heartbeats Dance – Hocket Transition: Sequence I Gaude, Gaude Transition: Sequence II Dance – Choral Coda – Easter Pause der Mehrwert von Musik Franz Liszt und die Programmmusik Franz Liszt, fanatisch umjubelter Klaviervirtuose und umstrittener Komponist, am 22. Oktober 1811 im burgenländischen Raiding geboren, war eine der schillerndsten Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Liszt machte nicht nur wegen seiner außergewöhnlichen pianistischen Fähigkeiten, wegen seines hochvirtuosen, oft als „dämonisch“ wahrgenommenen Spiels, das im 19. Jahrhundert europaweit eine Art Starkult, eine wahre „Lisztomanie“ zur Folge hatte, von sich reden. Auch als Komponist und Publizist hat er die Musikgeschichte und das Musikleben seiner Zeit entscheidend geprägt. Mit seinem kompositorischen wie schriftstellerischen Werk bereicherte, wenn nicht gar initiierte er die zum Teil hitzigen, manchmal polemischen Diskussionen seiner Zeit. Eine dieser Diskussionen war in der Mitte des 6 Franz Liszt ca. 1860 19. Jahrhunderts der so genannte „Musikstreit“, eine Debatte um Innovation und Fortschritt in der Musik, um das Für und Wider der Programmmusik, die Liszt vor allem in seiner Weimarer Zeit schriftstellerisch wie kompositorisch, mit Ouvertüren, zwei Programmsymphonien und dreizehn Symphonischen Dichtungen anführte. Eine Schwierigkeit in der Diskussion war und ist bis heute die mehr als unklare Terminologie: Der Begriff „Programmmusik“ ist weit verbreitet und doch – oder gerade deswegen – unklar und schwammig. Wo – in Abgrenzung zur so genannten Absoluten Musik – fängt Programmmusik an? Schon bei der Ton- oder Klangmalerei, also bei der Nachahmung akustischer Reize und Phänomene mit Instrumenten? Ist „Seelenmalerei“, also der musikalische Ausdruck von Gedanken und psychischen Zuständen auch der Programmmusik zuzurechnen? Ist eine Komposition nur dann Programmmusik, wenn eine neue musikalische Form entwickelt wird, die aus einem zugrundeliegenden Sujet hervorgeht und sich von bestehenden Musikgattungen unterscheidet? 8 „Wenn ich früherhin von dem Schwindel hörte, der in Deutschland und namentlich in Berlin ausbrach, als sich Liszt dort zeigte, zuckte ich mitleidig die Achsel und dachte: Das stille sabbatliche Deutschland will die Gelegenheit nicht versäumen, um sich ein bißchen erlaubte Bewegung zu machen, es will die schlaftrunkenen Glieder ein wenig rütteln, und meine Abderiten an der Spree kitzeln sich gern in einen gegebenen Enthusiasmus hinein, und einer deklamiert dem andern nach: ‚Amor, Beherrscher der Menschen und der Götter!‘ [...] So dachte ich, so erklärte ich mir die Lisztomanie, und ich nahm sie für ein Merkmal des politisch unfreien Zustandes jenseits des Rheines.“ Heinrich Heine in „Musikalische Saison von 1844“ Einige feststehende Grundmerkmale gibt es dennoch: Programmmusik ist Instrumentalmusik. Auch der Aspekt, dass eine programmatische Komposition auf bestimmte Weise außermusikalische Inhalte zur tönenden Darstellung bringt und damit bildhafte Assoziationen beim Hörer hervorruft, scheint unumstritten. Frühe Ansätze für diese Art von „bedeutungsvoller Musik“ finden sich schon in der Renaissance und im Barock: in Kompositionen von Johann Jakob Froberger, Girolamo Frescobaldi, Johann Kuhnau (BIBLISCHE HISTORIEN), Johann Sebastian Bach (CAPRICCIO SOPRA LA LONTANANZA DEL SUO FRATELLO DILETTISSIMO), François Couperin (LE PARNASSE OU L’APOTHÉOSE DE CORELLI oder L’APOTHÉOSE DE LULLY), um nur wenige Beispiele zu nennen. Im frühen 19. Jahrhundert ist in diesem Kontext vor allem Felix Mendelssohn-Bartholdy zu nennen, der mit seinen Konzertouvertüren (z. B. OUVERTÜRE ZU EIN SOMMERNACHTSTRAUM von 1826 oder DIE HEBRIDEN op. 26 von 1829) prototypische Vorformen der Symphonischen Dichtung geschaffen 10 hat und als Wegbereiter der Programmmusik angesehen werden kann. Eine weitere Wurzel der Symphonischen Dichtung ist in den „symphonies à programmes“ zu finden, die im Paris des späten 18. Jahrhunderts zahlreich aufgeführt wurden. Bei den Aufführungen wurden ausformulierte Programme als Handzettel an das Publikum verteilt, auf denen eine Art dramatische Handlung beschrieben wurde. Das Hörempfinden und die Vorstellungskraft der Zuhörer wurden hierdurch gezielt in eine bestimmte Richtung gelenkt und das Publikum gemäß der Intention des Komponisten dazu animiert, im musikalischen Verlauf innewohnende Handlungsverläufe nachzuvollziehen. Ein Höhepunkt dieser Entwicklung ist in der Symphonie fantastique aus dem Jahr 1830 von Hector Berlioz zu sehen, der das Programm zu seinem monumentalen Opus mit dem Untertitel „Episode de la vie d’un artiste“ („Episoden aus dem Leben eines Künstlers“) in direkter Fortführung der erwähnten Tradition schon vor der geplanten Uraufführung in der Pariser Tageszeitung „Le Figaro“ abdrucken ließ. Gerade jenes Programm war es, dass Liszt 11 „Am Vorabend dieses Tages besuchte mich Liszt. Wir kannten uns noch nicht. Ich sprach mit ihm über Goethes ‚Faust‘, den er, wie er mir gestand, noch nicht gelesen hatte, und für den er sich nachher sehr bald ebenso begeisterte, als ich. Wir empfanden lebhafte Sympathie füreinander, und seit der Zeit hat sich unser Verhältnis stets intimer gestaltet und befestigt. Er wohnte dem Konzert bei, wo er dem ganzen Auditorium durch Beifallklatschen und begeisterte Kundgebungen auffiel.“ Hector Berlioz, Mémoires 1865 auf Berlioz und seinen künstlerischen Ansatz aufmerksam machte. In seinen Memoiren beschreibt der französische Komponist, wie Liszt am Vorabend der Uraufführung eben jener Symphonie zu ihm kam und seine Aufwartung machte. Der Besuch und das Erlebnis der sich anschließenden Uraufführung machte Liszt zu einem glühenden Verehrer von Berlioz. In dieser Bekanntschaft und den musikalischen Eindrücken liegt Liszts Bestreben begründet, musikalischen Texturen einen Mehrwert zu verleihen. In seinen zahlreichen Briefen und anderen Schriften stellt Liszt wiederholt die Frage nach dem Sinn und der Aufgabe von Kunst und Musik. Eine Möglichkeit sah er darin, die Musik semiotisch aufzuladen, in ihr politische Verhältnisse und soziale Hierarchien abzubilden; eine Revolutionssymphonie aus dem Jahr 1830, in der er dies umzusetzen gedachte, blieb jedoch unvollendet. In späteren Jahren, nachdem er seine fulminante Karriere als Solist beendet und er zur Verwunderung vieler eine Anstellung als Kapellmeister am Weimarer Hof angenommen hatte, setzte Liszt seine musikästhetischen an 13 einem Fortschrittsgedanken orientierten Diskussionen fort. So beispielsweise in der berühmten Abhandlung „Berlioz und seine Harold-Symphonie“, die 1855 in der von Franz Brendel herausgegebenen „Neuen Zeitschrift für Musik“, erschien. Gemeinsam von Franz Liszt und seinen beiden Lebensund Diskursgefährtinnen Marie d’Agoult und Carolyn von Sayn-Wittgenstein verfasst, wurden hierin – auf der Grundlage von Berlioz’ Harold en Italie – die Begriffe „Programmmusik“ und „Symphonische Dichtung“ in der Öffentlichkeit erstmalig diskutiert und fanden weitreichende Verbreitung. Unabhängig von einem möglichen politischen Gehalt war Liszt allgemein an einer „Erneuerung der Musik durch ihre innigere Verbindung mit der Dichtkunst“ interessiert, so der Komponist 1860 in einem Brief an die befreundete Agnes Street-Klindworth. Schon der Begriff „Symphonische Dichtung“ verweist auf die Verknüpfung, auf die Verschmelzung von Dicht- und Tonkunst in dieser neuen Gattung. Auch wenn das Attribut „symphonisch“ eine gewisse Kontinuität bzw. Anbindung an die symphonische Tradition impliziert, plädiert Liszt in seinen Schriften dafür, die Form dem Inhalt unterzuordnen, 14 Franz Liszt 1886 „In der sogenannten classischen Musik ist die Wiederkehr und thematische Entwicklung der Themen durch Regeln bestimmt, die manche für unumstößlich betrachten, da doch nur die eigne Phantasie Jenen die Anlage ihrer Stücke vorschrieb, die zuerst in die gewisse Reihenfolge sie anordneten, welche man jetzt als Gesetz aufstellen will. In der Programm-Musik ist Wiederkehr, Wechsel, Veränderung und Modulation der Motive durch ihre Beziehung zu einem poetischen Gedanken bedingt. Hier ruft nicht mehr ein Thema das andere hervor [...]. Alle ausschließlich musikalischen Rücksichten sind denen der Handlung des gegebenen Sujets untergeordnet, wenn auch nicht außer Acht gelassen.“ Aus Franz Liszt: „Berlioz und seine Harold-Symphonie“ (1855) die tradierten Gesetze der Tonkunst zu brechen und so neue innovative musikalische Gebilde zu schaffen. Eben jene Vorgehensweise, tradierte Konventionen des Tonsatzes zugunsten der Darstellung eines außermusikalischen Programmes zu ignorieren, war es, die Liszts Gegner aufbrachte. Das Urteil des berühmten Musikkritikers Eduard Hanslick über Liszts Symphonische Dichtung Nr. 6 MAZEPPA war vernichtend: „Jeder Mensch mit gesunden Sinnen wird sich von dem dissonierenden Geheul, das einen so wesentlichen Teil der Mazeppa-Symphonie bildet, abwenden. Durch diese Überschrift nun soll eben das, was uns an sich musikalisch abscheulich dünkt, als treffend und notwendig aufdisputiert werden.“ Liszts Symphonische Dichtung Nr. 4 ORPHEUS aus den Jahren 1853–54 ist gleich in einem zweifachen Sinne als „programmatisch“ zu bezeichnen. Zum einen handelt es sich bei diesem einsätzigen, sehr lyrischen Werk insofern 17 um Programmmusik, als der Komponist den mythischen Sänger, also einen außermusikalischen Inhalt, mit musikalischen Mitteln abzubilden suchte. Die musikalischen Chiffren hierfür sind beispielsweise die vorherrschenden Harfenklänge, die symbolisch für die antike Lyra, für das Statussymbol des antiken Sängers stehen. Anders als vielleicht Berlioz ging es Liszt hierbei nicht um die Darstellung einer dramatischen Handlung, sondern vielmehr um die Vertonung der Idee „Orpheus“. Dies mag darin begründet sein, dass die Komposition für eine Festaufführung am 16. Februar 1854 anlässlich des Geburtstags der Weimarer Regentin, Großherzogin Maria Pawlowna gewissermaßen als Vorspiel von Glucks Orfeo ed Euridice konzipiert wurde und es wenig sinnvoll war, die Handlung der Oper zu doppeln. Jedoch auch in der später entstandenen Symphonischen Dichtung HAMLET liegt der Fokus nicht auf dem Handlungsverlauf des Shakespear’schen Dramas, sondern vielmehr auf der Darstellung innerer Gemütszustände und Vorgänge, d. h. in diesem Fall auf der Darstellung des melancholischen, selbstquälerischen und gleichzeitig kämpferischen Charakters des Protagonisten. 18 Zum anderen verweist das ausführliche Programm zur ORPHEUS-Musik, das sozusagen als Vorwort in der Partitur abgedruckt wurde, auf Liszts Musikästhetik, auf seinen Musikbegriff, der selbstreferentiell die Symphonische Dichtung und ihre Funktion einschließt. Der antike Sänger Orpheus und seine Kunst werden hier als Symbol für den zivilisatorischen und besänftigenden Einfluss der Musik beschrieben. Liszts ORPHEUS ist somit nicht nur symphonische Dichtung, sondern im Zusammenhang mit dem ausformulierten Programm gleichzeitig „Musik über Musik“, welche ihre kultivierende und harmonisierende Macht postuliert. 19 „Es ward dabei das Andenken an eine etrurische Vase in der Sammlung des Louvre in uns wieder lebendig, auf welcher jener erste Dichter-Musiker dargestellt ist, mit dem mystischen königlichen Reif um die Schläfe, von einem sternbesäten Mantel umwallt, die Lippen zu göttlichen Worten und Gesängen geöffnet und mit mächtigem Griff der feingeformten, schlanken Finger die Saiten der Lyra schlagend. Da scheinen die Steine gerührt zu lauschen und aus versteinten Herzen lösen sich karge brennende Tränen [...] Entzückt aufhorchend stehen die Tiere des Waldes, besiegt verstummen die rohen Triebe der Menschen. Es schweigt der Vögel Gesang, der Bach hält ein mit seinem melodischen Rauschen, das laute Lachen der Lust weicht einem zuckenden Schauer vor diesen Klängen, welche der Menschheit die milde Gewalt der Kunst, den Glanz ihrer Glorie, ihre völkererziehende Harmonie offenba- ren. Heute noch sprosst aus dem Herzen der Menschheit, wie auch die lauterste Moral ihr verkündigt ward, wie sie belehrt ist durch die erhabensten Dogmen, erhellt von Leuchten der Wissenschaft, aufgeklärt durch die philosophischen Forschungen des Geistes und umgeben von der verfeinertsten Zivilisation, heute noch wie ehemals und immer sprosst, aus ihrem Herzen der Trieb zur Wildheit, Begier, Sinnlichkeit, und es ist die Mission der Kunst, diesen Trieb zu besänftigen, zu veredeln. Heute wie ehemals und immer ist es Orpheus, ist es die Kunst, welche ihre melodischen Wogen, ihre gewaltigen Akkorde wie ein mildes, unwiderstehliches Licht über die widerstrebenden Elemente ergießt, die sich in der Seele jedes Menschen und im Innersten jeder Gesellschaft in blutigem Kampfe befehden.“ Aus dem Programm zu ORPHEUS, Symphonische Dichtung Nr. 4 (1854) Anmerkungen des Komponisten Zu Veni, Veni, Emmanuel von James Macmillan* Veni, Veni, Emmanuel, ein Konzert für Schlagzeug und Orchester, besteht aus einem durchlaufenden Satz und dauert ca. 25 Minuten. Das meinen Eltern gewidmete Stück beruht auf einem Adventschoral gleichen Titels und wurde am ersten Adventssonntag des Jahres 1991 begonnen und am Ostersonntag 1992 vollendet. Diese beiden liturgischen Daten sind wichtig, wie weiter unten noch erläutert wird. Das Stück kann aus zweierlei Blickwinkeln betrachtet werden. Auf der einen Ebene handelt es sich um eine völlig abstrakte Komposition, deren komplettes musikalisches Material aus dem französischen Adventschoral des 15. Jahrhunderts abgeleitet wird. Auf der anderen Ebene ergründet es mit musikalischen Mitteln die theologische Bedeutung hinter der Adventsbotschaft. 22 James MacMillan Solo und Orchester treten während des gesamten Werks als gleichberechtigte Partner in Dialog. Dabei wird eine große Bandbreite an Schlaginstrumenten verwendet, darunter solche mit bestimmter und solche mit unbestimmter Tonhöhe, mit Fellen, aus Metall und Holz. Der Großteil der Musik bewegt sich in schnellen Tempi und kann, obwohl es keine echten Zäsuren gibt, in eine fünfteilige Bogenform untergliedert werden. Das Werk beginnt mit einer kräftigen, fanfarenartigen „Ouvertüre“, in welcher der Solist alle Instrumenten-Typen vorstellt, die im Folgenden immer wieder zum Einsatz kommen. Wenn der Solist zu den Gongs, den Metallinstrumenten unbestimmter Tonhöhe und den Holzinstrumenten kommt, verdichtet sich die Musik zum Kernstück des ersten Abschnitts – Musik von eher zerbrechlicher, verzwickter Qualität, angetrieben durch verschiedene Pulsationen, die an einen ständig wechselnden Herzschlag denken lassen. Zu den Trommeln übergehend und getragen durch metrische Verwandlungen, wird die Musik in den zweiten Abschnitt hineingeworfen, der durch 24 James MacMillan & Dame Evelyn Glennie 1992 schnell „gackernde“ Achtel, abrupte rhythmische Wechsel und Hoquetusartiges Hin- und Herspringen von Akkorden zwischen der einen und der anderen Seite des Orchesters gekennzeichnet ist. Schließlich windet sich die Musik in einen langsamen Mittelteil hinab, der kadenzartige Expressivität in der Marimba gegen ein ruhiges Strömen im Orchesters stellt und dessen Lautstärke ein ppp kaum je übersteigt. Immer und immer wieder widerholt das Orchester die vier Akkorde, die im Choralrefrain die Worte „Gaude, gaude“ begleiten. Sie werden von verschiedenen Instrumentenkombinationen und in verschiedenen Zeitmaßen vorgetragen und wecken so die Vorstellung einer riesigen Gemeinde, die, in der Ferne, mit vielen Stimmen ein ruhiges Gebet murmelt. Ein langes, großes Crescendo auf dem Orgelpunkt Es leitet zu Abschnitt vier über, der Material des Hoquetus-Teils unter einem virtuosen Vibraphon-Solo wieder aufgreift. Allmählich wird man der ursprünglichen Melodie gewahr, die langsam unter all der oberflächlichen Geschäftigkeit dahinströmt. Der 26 Höhepunkt des Werkes präsentiert den Choral in mehrstimmigem Satz, gefolgt von den Eröffnungsfanfaren, die den Hintergrund für eine energiegeladene Trommelkadenz bilden. In der abschließenden Coda werden die alles durchdringenden Herzschläge emphatisch auf Trommeln und Pauken ausgeführt, bis die Musik einen unerwarteten Abschluss findet. Die Herzschläge, die das ganze Stück durchziehen, liefern den Schlüssel zu den allgemeineren spirituellen Hauptgedanken hinter dem Werk – sie stehen für die Menschwerdung und die Gegenwart Christi. Texte zum Advent verkündigen die Ankunft des Tages der Befreiung von Furcht, Angst und Bedrückung, und dieses Werk ist ein Versuch, dies in Musik widerzuspiegeln; die grundlegende Inspiration geht dabei von folgender Stelle aus dem 21. Kapitel des Lukasevangeliums aus: „Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Leuten bange sein, und sie werden zagen, denn das Meer und die Wasserwogen werden brausen, und die Menschen werden verschmachten vor Furcht und vor Warten 27 der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde, denn auch der Himmel Kräfte werden ins Wanken kommen. Und alsdann werden sie sehen des Menschen Sohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn aber dies anfängt zu geschehen, so sehet auf und erhebet eure Häupter darum, daß sich eure Erlösung naht.“ Ganz zum Schluss des Stückes nimmt die Musik eine liturgische Abkürzung vom Advent in Richtung Ostern – geradwegs hinein ins Gloria der Osternachtsfeier –, als finde die Proklamation der Freiheit ihre Verkörperung im auferstandenen Christus. *geschrieben im Auftrag von Christian Salvesen PLC für das Scottish Chamber Orchestra 28 Veni, Veni, Emmanuel O komm, o komm, Emmanuel, mach frei Dein armes Israel! In Angst und Elend liegen wir und seufzen weinend nur nach dir. Freu dich, freu dich, o Israel, bald kommt, bald kommt, Emmanuel. treib weit von uns die Feinde ab. Freu dich, freu dich, o Israel, bald kommt, bald kommt, Emmanuel. O komm, o komm, Emmanuel, mach frei Dein armes Israel! Geh auf, o Sonn, mit deiner Pracht, zerstreu die Nebel und die Nacht. Freu dich, freu dich, o Israel, bald kommt, bald kommt, Emmanuel. O komm, o komm, Emmanuel, mach frei Dein armes Israel! Mit Jesses neuem Herrscherstab 30 O komm, o komm, Emmanuel, mach frei Dein armes Israel! Mit Davids Schlüssel niedersteig, schließ auf, schließ auf das Himmelreich. Freu dich, freu dich, o Israel, bald kommt, bald kommt, Emmanuel. O komm, o komm, Emmanuel, mach frei Dein armes Israel! Komm, starker Gott, Gott Sabaoth, Mach frei dein Volk aus aller Not! Freu dich, freu dich, o Israel, bald kommt, bald kommt, Emmanuel. 31 Dame Evelyn Glennie Schlagzeug Die gebürtige Schottin Glennie ist die erste, der eine internationale Karriere als Soloperkussionistin gelang. Nachdem sie ihr Studium an der Royal Academy of Music in London abschloss, arbeitete sie weltweit mit den namhaftesten Dirigenten und Orchestern zusammen. Mehrfach ausgezeichnet und vom britischen Königshaus geadelt, scheut die GRAMMY-Trägerin auch den Schritt in andere Genres nicht und hat schon mit Sting, Björk oder Bobby McFerrin zusammengearbeitet. Als Sammlerin von Schlaginstrumenten verfügt Dame Glennie über eine Sammlung mit über 1.800 Instrumenten aus allen Ländern. 32 Dietger Holm Dirigent In Kiel geboren, studierte Dietger Holm Dirigieren bei Klauspeter Seibel an der Musikhochschule Hamburg. Sein erstes Engagement führte ihn als Kapellmeister ans Staatstheater Schwerin, wo er sich ein breites Konzert- und Opernrepertoire erarbeitete. Seit 07/08 ist Dietger Holm 1. Kapellmeister und stellvertretender Generalmusikdirektor am Theater & Orchester Heidelberg. Einen Schwerpunkt seiner Arbeit bilden in den letzten Jahren zeitgenössische Musiktheater-Produktionen. So leitete er u. a. die deutsche Erstaufführung von John Adams’ A Flowering Tree, die europäische Erstaufführung von Minoru Mikis Ai-En und erst kürzlich die Uraufführung von Alexander Munos Oper Vom Meer. 33 Philharmonisches Orchester Der Stadt Heidelberg Die Heidelberger Philharmoniker prägen seit 1889 als städtisches Orchester mit zahlreichen Opernvorstellungen und Konzerten das Musikleben der Stadt. Zweimal wurden sie mit dem Preis für das „Beste Konzertprogramm“ des Deutschen Musikverleger-Verbands ausgezeichnet. Konzertreisen führten das Orchester in den letzten Jahren in die Kölner Philharmonie, nach Antwerpen und nach Ravenna. Regelmäßig werden Konzerte vom Deutschlandfunk und vom SWR mitgeschnitten. Das Philharmonische Orchester zeichnet sich durch seine stilistische Flexibilität aus. Seit 2006 beschäftigen sich die Philharmoniker mit historischer Aufführungspraxis. Eine lange Tradition hat das Engagement für Neue Musik: 34 Mehrere Werke sind dem Philharmonischen Orchester gewidmet. Seit 2005 arbeitet das Orchester mit einem jährlich wechselnden Komponisten für Heidelberg zusammen. Die Musikvermittlung ist dem Orchester ausgesprochen wichtig. Fünf Familienkonzerte werden ergänzt unter anderem durch ein Jugendkonzert, ein Konzert für Kleinkinder & Schwangere und Besuche in Schulen und Kindergärten. Das Jugendprojekt RAP IT LIKE HEIDELBERG wurde 2010 vom Deutschen Musikrat mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Zusätzlich präsentieren sich die Mitglieder des Orchesters regelmäßig in wechselnden Formationen in Kammerkonzerten. Seit 2005 leitet Cornelius Meister das Philharmonische Orchester. Unmittelbare Vorgänger waren Volker Christ, der Initiator der Philharmonic-Wonders-Konzerte, und Thomas Kalb, der mit dem Brahmsfest 1997 den Vorläufer des Heidelberger Frühlings ins Leben rief. Der ehemalige Generalmusikdirektor Mario Venzago ist seit 2007 der erste Ehrendirigent des Orchesters. 35 Orchesterbesetzung 1. VIOLINE Thierry Stöckel 1. Konzertmeister Ernst Wolfram Winterberg 2. Konzertmeister Ikuko Kitakado1 Friederike Hager3 Luba Selzer-Niederer3 Arne Roßbach3 Rahel Wittiber3 Isabel Schneider 3. Konzertmeisterin Mayumi Hasegawa Joachim Groebke Tetsuya Mogitate Caroline Korn Gabriele Köller Sebastian Eckoldt 2. Violine Eleonora Plotkina Nicole Streichardt Lucian Derendorf Ludwig Dieckmann Janetta Grishchuk Marion Thomas 36 Nadine-Goussi Aguigah Elena Martinez-Eisenberg Anke Hoffmann Chinatsu Nakajima1 Vera Kleimann3 Lilija Kissler3 Viola Marianne Venzago Andreas Bartsch Horst Düker Christoff Schlesinger Anna Elsabe Marquardt Mareike Niemz David Hecker3 Bradley Johnson3 Anne Johnson-Zander3 Stefanie Phieler3 Violoncello Thomas Daroch3 Hans Schafft Christoph Habicht Min-Yung Lee Sophie Jomard1 Katrin Heintze3 Katharina Uzal3 Zherar Yuzengidzhyan3 Kontrabass Michael Schneider Thomas Acker Michael Feiertag Georgi Berov Aische Wirsig1 Kiyomi Sobue3 Klarinette Detlef Mitscher Heribert Eckert Flöte Konrad Metz Katharina Lorenzen Yvonne Anselment Horn Heinrich Lohr Bernd Frelet Joachim Schlaak Judit Tigyi Oboe Matthias Friederich Christine Bender 37 Fagott Sophia Brenneke Mauricio Wayar Soux Trompete Martin Hommel Robert Schweizer Schlagzeug Peter Klinkenberg Gregory Riffel Posaune Damian Schneider Melanie Roth Marek Janicki Harfe Walli Kossakowski Flora Babette Kick 2 Tuba Thomas Matt Pauke Klaus Wissler 1 Praktikant/-in 2 Stipendiatin der Orchester akademie Rhein-Neckar 3 als Gast 38 Die Werke in Heidelberg Aufführungen des Philharmonischen Orchesters James MacMillans Veni, Veni, Emmanuel wird erstmals vom Philharmonischen Orchester Heidelberg gespielt. Franz Liszt Orpheus Symphonische Dichtung Nr. 4 24.6.1975 | Christian Süss Hamlet Symphonische Dichtung Nr. 10 28.1.2004 | Carlo Palleschi 39 Nachweise Impressum S. 23 | © Philip Gatward Herausgeber Theater & Orchester Heidelberg S. 25 & 29 | © Malcolm Crowthers Intendant Peter Spuhler Verwaltungsleiterin Andrea Bopp Redaktion Raphael Rösler Nicht namentlich gekennzeichnete Texte sind Gestaltung DANICA SCHLOSSER Originalbeiträge für dieses Programmheft Herstellung E&B engelhardt und bauer von Raphael Rösler. Anzeigen Greilich / Neutard www.theater.heidelberg.de www.heidelberger-philharmoniker.de Theater & Orchester Heidelberg 2010/11, Programmheft Nr. 23 40 Italienische Operngala 1. SchlossKonzert Ouvertüren, Arien & Duette aus Opern u. a. von Verdi, Puccini, Mascagni Sopran Larissa Krokhina Tenor Charles Reid Dirigent Johannes Klumpp 24. & 26.6.11 20.30 | Schlosshof Elegante Strickmode für Damen und Herren: PHILHARMONISCHE:KONZERTE 2011-2012 1. Philharmonisches:Konzert Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau Mi 28. September 2011, 19.30 Uhr Tzimon Barto Klavier Karl-Heinz Steffens Dirigent Werke von Beethoven und Ravel 2. Philharmonisches:Konzert Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau Mi 9. November 2011, 19.30 Uhr George Pehlivanian Dirigent Werke von Mahler Klassisches und Modernes aus reinem Kaschmir Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Untere Straße 9 69117 Heidelberg Tel: 06221 - 650 26 49 Di.-Fr. 11 - 19 Uhr, Sa. 11 - 18 Uhr www.yabis.de 3. Philharmonisches:Konzert Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau Sa 11. Februar 2012, 19.30 Uhr Elena Bashkirova Klavier Karl-Heinz Steffens Dirigent Werke von Beethoven und Bartók 4. Philharmonisches:Konzert Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau So 4. März 2012, 19.30 Uhr Bruno Weinmeister Violoncello Heinrich Schiff Dirigent Werke von Weber, Hindemith und Brahms Tickets 0621 504 25 58 I www.staatsphilharmonie.de ihr geigenbaumeister in heidelberg nähe stadthalle matthias kohl bauamtsgasse 4 · 69117 heidelberg tel. 0 62 21-18 36 79 mo-fr 9.00-12.00, 14.00-18.00 Uhr sa 9.00-12.00 uhr und nach vereinbarung www.geigenbau-kohl.de für dich weil du so gut aussiehst 4. Bachchor-Konzert Die Schöpfung Hob. XXI:2 Oratorium für drei Solostimmen, Chor & Orchester Dirigentin Joana Mallwitz Bachchor Heidelberg Philharmonisches Orchester Heidelberg Dass Heidelberg bei Nacht besonders gut aussieht, weiß eigentlich jeder. Wir hören es aber immer wieder gerne. 5.6.11 ww w.sw hd.d e 20.00 | Peterskirche Wir haben Zeit für Sie, wenn Sie Zeit für uns haben. Sparkasse Heidelberg www.sparkasse-heidelberg.de Pfingstfestspiele vom 9. bis 19. Juni S tr auSS: „ Salome “ 10./13./16. JUNI 2011 Premiere der Neuinszenierung, Nikolaus Lehnhoff Inszenierung Angela Denoke Salome, Kim Begley Herodes, Stefan Soltesz Dirigent, DSO-Berlin Tickets von 69 bis 230 Euro unter dem Service-Telefon 0 72 21/30 13-101 Bitte fordern Sie unser vollständiges Jahresprogramm an. www.festspielhaus.de iLLu: z weiDreieiNS