Spezifische - isolierte - obie

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Donnerstag, den 25. Februar 2010 um 18:28 Uhr -
Spezifische (isolierte) Phobien
Definition
Phobien sind äußerst intensive und persistente Furchtreaktionen, welche durch spezifis
che Situationen
oder
Objekte ausgelöst
werden und von dem zwingenden Wunsch begleitet sind, diese Situationen oder Objekte
zu
vermeiden
. Die Intensität der Furchtreaktion erscheint einem Außenstehenden der realen Gefahr
dieser Situation unangemessen und bizarr. Gewöhnlich zeigt der Phobiker Einsicht in
diese Irrationalität seiner Furchtreaktion, vermag sie aber nicht willentlich unter
Kontrolle zu halten.
1. Diagnostische Kriterien nach ICD-10_________________________________________
1. Entweder 1. oder 2.:
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1. deutliche Furcht vor einem bestimmten Objekt oder einer bestimmten Situation, außer
Agoraphobie oder sozialer Phobie
2. deutliche Vermeidung solcher Objekte und Situationen, außer Agoraphobie oder sozialer
Phobie
Häufige phobische Objekte und Situationen sind Tiere, Vögel, Insekten, Höhen, Donner, Flüge,
kleine geschlossene Räume, Anblick von Blut oder Verletzungen, Injektionen, Verzehr
bestimmter Speisen, Urinieren oder Defäzieren auf öffentlichen Toiletten, Zahnarzt- und
Krankenhausbesuche.
1. Angstsymptome in den gefürchteten Situationen zu irgendeiner Zeit seit Auftreten der
Störung sind wie in Kriterium B. von Agoraphobie F40.0 (
mindestens 2 Angstsymptome,
davon eins der vegetativen Symptome
: Palpitation, Herzklopfen oder erhöhte Herzfrequenz, Schweißausbrüche, fein- oder
grobschlägiger Tremor, Mundtrockenheit, Atembeschwerden, Beklemmungsgefühl,
Thoraxschmerzen oder –missempfindungen, Nausea oder abdominelle Missempfindungen,
Gefühl von Schwindel, Unsicherheit, Schwäche oder Benommenheit, Gefühl, Derealisation,
Depersonalisation, Angst vor Kontrollverlust, verrückt zu werden oder „auszuflippen“, Angst zu
sterben, Hitzewallungen oder Kälteschauer, Gefühllosigkeit oder Kribbelgefühle).
1. Deutliche emotionale Belastung durch die Symptome oder das Vermeidungsverhalten;
Einsicht, dass diese übertrieben oder unvernünftig sind.
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1. Die Symptome sind auf die gefürchtete Situation oder auf Gedanken an diese beschränkt.
Wenn gewünscht, können die spezifischen Phobien wie folgt unterteilt werden:
- Tier- Typ
- Naturgewalten, z.B. Höhen, Stürme, Wasser
- Blut-Injektions-Verletzungs-Typ
- Situativer Typ (z.B. Fahrstuhl, Tunnel, Flugzeug)
- Andere Typen, z.B. phobische Vermeidung von Situationen, die zum Ersticken,
Erbrechen oder zum Erwerb einer Krankheit führen könnten
2. Differentialdiagnose_____________________________________________________
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· Spezifische Phobien lassen sich differentialdiagnostisch von anderen Angststörungen vor
allem dadurch abgrenzen, dass die betroffenen Personen in Abwesenheit des phobischen
Objektes bzw. der gefürchteten Situation keine Furcht und damit auch keinen Leidensdruck
verspüren.
· Schwierig kann manchmal die diagnostische Unterscheidung von Spezifischer Phobie
vom situativen Typus
und der
Panikstörung mit Agoraphobie
sein, da bei beiden Störungsbildern ähnliche Situationen vermieden werden (z.B. Autofahren,
Fliegen, Enge). Folgende Kriterien sollten in diesem Fall bei der Differentialdiagnose beachtet
werden:
o Der Angstinhalt: Spezifische Phobiker befürchten eher die Gefährlichkeit der Situation,
z.B. das Flugzeug könnte abstürzen, während Agoraphobiker eine starke Angst davor haben in
diesen Situationen im Falle einer Panikattacke nicht schnell genug zum Notarzt zu kommen und
möglicherweise zu sterben.
o Die Art und Anzahl der Panikattacken: Personen mit Spezifischer Phobie haben
außerhalb der gefürchteten Situation deutlich seltener Panikattacken als Agoraphobiker und die
Störung – anders als die Panikstörung mit Agoraphobie – beginnt häufig auch nicht mit einer
initialen Panikattacke.
o Anzahl der Situationen, die vermieden werden: Spezifische Phobie situativer Typ
vermeiden deutlich weniger Situationen. Das Vermeidungsverhalten bei Panikstörung und
Agoraphobie ist meist stärker generalisiert.
o Ausmaß der allgemeinen Ängstlichkeit: Bei Panikstörung und Agoraphobie deutlich
höher.
- DD Soziale Phobie: kann auf der Basis des Inhalts der Furcht erfolgen
- DD Zwangsstörung: kann auf der Basis des Vermeidungsverhaltens zum Zwangsinhalt
(z.B. Furcht vor Kontamination) erfolgen
- DD Hypochondrische Störung und Spezifische Phobie, anderer Typus (z. B. Furcht
vor Krebs, Geschlechtskrankheiten und Vermeidung von Situationen, in denen man sich
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diese Krankheit zuziehen könnte):
Personen mit einer Hypochondrie leben in einer
ständigen Angst, die Krankheit zu haben, während Personen mit einer spezifischen Phobie
fürchten sich eine Krankzeit zuzuziehen.
3. Komorbidität__________________________________________________________
Komorbidität von Spezifischer Phobie und:
Sozialer Phobie
44 %
Agoraphobie
27 %
Panikstörung
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15 %
Generalisierte Angststörung
16 %
· Das Risiko zusätzlich im Laufe seines Lebens sekundär an einer Depression, Essstörung
oder an einer Abhängigkeit zu erkranken ist deutlich erhöht (je nach Studie um das 2- bis
4fache)
4. Diagnostik_____________________________________________________________
· DIPS: Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen
· SKID
· Selbstbeurteilungsskalen aus Hamm A. 2006: Erfassung des Schweregrades einer
Spinnenphobie (SPQ), Schlangenphobie (SNAQ), sowie der Blut- und Verletzungphobie (MQ)
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· Claustrophobia Questionnaire (CLQ)
· Dental Fear Survey (DFS)
5. Epidemiologie__________________________________________________________
Die Lebenszeitprävalenz für eine spezifische Phobie schwankt je nach Studie zwischen der
niedrigsten Rate von 6 % in Neuseeland (Oakly-Brown et al., 1989) bis zu 15 % in den USA
(Ergebnisse der Epidemiological Catchment Study ECA mit 20000 Befragten; Myers et. Al.,
1984)
Prävalenzraten in Deutschland: Lebenszeitprävalenz
8%
Sechs-Monats-Prävalenz
6%
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Geschlechterverhältnis
(Frauen:Männer)
2:1
· Durchschnittliches Alter bei Erkrankungsbeginn liegt bei 15 Jahren. Allerdings variiert das
Alter bei Erkrankungsbeginn zwischen den verschiedenen Phobie-Typen (Phobie des
Umwelt-Typs tritt bereits in der Kindheit auf. Bei Tierphobie sowie Blut-, Spritzen und
Verletzungsphobie liegt der Erkrankungsgipfel zwischen dem 5. und 9. Lebensjahr)
6. Ätiologie/Störungsmodell________________________________________________
· Konditionierungsansätze: Theorie der Furchtkonditionierung. In der ursprünglichen
Version von Mowrer – der sogenannten Zwei-Faktoren-Theorie – ging man davon aus, dass in
einem ersten Schritt Furcht durch Klassisches Konditionieren erlernt wird, dieser gelernte
Furchtzustand motiviert und initiiert dann zu Vermeidungsverhalten und wird durch negative
Verstärkung aufrecht erhalten
→
Kritik der Zwei-Faktoren-Theorie, da sich gezeigt hat, dass Furcht und Vermeidung voneinander
dissoziiert sein können (z.B. trotz Herzratenbeschleunigung und intensiver Furcht springen
unerfahrene Fallschirmspringer). Viele Phobiker (ca. 50 %) können sich auch an keine direkte
aversive Lernerfahrung erinnern!
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· Drei Wege zum Erwerb einer Spezifischen Phobie (Rachman)
o durch eigene aversive Lernerfahrungen (Konditionierungsprozesse)
o durch die Beobachtung von ängstlichen Modellen (Modelllernen)
o durch die Übermittlung negativer Nachrichten und Informationen (semantisches Lernen)
· Fehlende Bewältigung frühkindlicher Furchtdispositionen
Phobien entstehen nicht durch aversive Lernerfahrungen sondern im Gegenteil dadurch, dass
in der frühen Kindheit nicht ausreichend gelernt wird, die existierenden, angeborenen
Furchtdispositionen, z.B. vor Höhe, durch „positive“ Lernerfahrungen zu bewältigen.
· Der Einfluss von genetischen und Temperamentsfaktoren
o Verhaltensgehemmtheit prädisponiert zur Entwicklung von Angststörungen (Kagan &
Snidman, 1999)
o Spezifische Phobien treten familiär gehäuft auf. 31 % der Verwandten erste Grades von
Patienten mit Spezifischen Phobien weisen ebenfalls eine solche Störung auf, wobei das
familiäre Risiko bei Frauen stärker ausgeprägt ist als bei Männern.
o Bei Phobikern vom Blut-, Spritzen- und Verletzungs-Typus scheint das familiäre Risiko
noch etwas größer zu sein.
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· Integratives, biopsychosoziales Störungsmodell
o Jeder Mensch trägt ein Furchtsystem in sich, das uns Gefahren erkennen lässt. Dieses
Furchsystem ist beeinflusst von
genetischen Faktoren, kindliche Erfahrungen von
Kontrollverlust und Ohnmacht
(unkontrollierte
Umgebung führt zu einer Übererregbarkeit des Furchtsystems)
und
aversiven Lernerfahrungen mit dem gefürchteten Objekt (direkt oder beobachtet).
Diese 3 Ursachen können für eine Übererregbarkeit des Furchtsystems verantwortlich sein und
eine Phobie auslösen.
→ Phobien sind das Ergebnis einer Übererregbarkeit dieses Furchtsystems
7. Therapie______________________________________________________________
· Reizkonfrontation in vivo: Als sehr effektiv hat sich eine langfristige Konfrontation von 2
bis 3 Stunden innerhalb einer Therapiesitzung herausgestellt. Jede Konfrontationsbehandlung
besteht aus drei Phasen:
o Kognitive Vorbereitung: dem Patienten wird eine Begründung für das gewählte
therapeutische Vorgehen gegeben. Dazu wird ein plausibles Störungsmodell erarbeitet und die
Auswirkung des Vermeidungsverhaltens erklärt.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte der kognitiven Vorbereitung
- Behandlung ist Teamarbeit
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- Jede einzelne Übung wird zuerst angekündigt, bevor die Übung beginnt
- Jede Übung wird zuerst vom Therapeuten vorgemacht
- Die Übung beginnt erst, wenn der Patient zugestimmt hat, die Übung
durchzuführen
o Direkte Reizkonfrontation: Der Patient nähert sich soweit wie möglich dem
angstbesetzten Objekt oder Situation, wenn die Angst nachlässt weitere Annäherung, Beenden
der Reizkonfrontation erst wenn das Angst- bzw. Furchtniveau auf mindestens 50 % des
höchsten Niveaus abgesunken oder die Furcht ganz verschwunden ist. Reizkonfrontation ist
wirkungsvoller wenn verschiedene Objekte oder Situation konfrontiert werden (z.B. vier
verschiedene Spinnen)
→ vergangene Erfahrungen werden
nicht völlig ausgelöscht und vergessen, sondern vielmehr lernt der Organismus, seine
Furcht, aktiv zu hemmen und neu zu lernen, dass er sich nicht mehr zu fürchten braucht.
o Aufrechterhaltungsprogramm: Patient führt Selbstexpositionsübungen durch, berichtet
Therapeut regelmässig darüber, Umgang mit Rückschritten wird besprochen
· Reizkonfrontation in sensu
Emotionale Vorstellungstexte müssen so konstruiert sein, dass prozedurale Repräsentationen
aktiviert werden, d.h. somatische und vegetative Veränderungen ausgelöst werden können, am
besten mit persönlich erlebten Szenen → keine Anwendung von Entspannungsverfahren, denn
die Konfrontation in sensu ist umso erfolgreicher, je stärker
das autonome Erregungsniveau während der Imagination furchtauslösender Szenen ist.
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· Kombination von Konfrontation und Entspannung
o Nur sinnvoll, wenn eine Spezifische Phobie behandelt werden soll, welche durch ein sehr
starkes, sympathikoton dominiertes vegetatives Furchtprofil gekennzeichnet ist (vor allem bei
Spezifischen Phobien vom Tier- oder Umwelt-Typus der Fall)
o Konfrontation und Angewandte Anspannung („applied tension“) bei Blut-, Spritzen- und
Verletzungs-Typus
8. Effektivität und Prognose___________________________________________________
→Insgesamt lassen sich bei verschiedenen Spezifischen Phobien mit
verhaltenstherapeutischen Reizkonfrontationsverfahren in 77 bis 94 % der Fälle klinisch
bedeutsame Verbesserungen erzielen (Bestätigung durch Meta-Analyse von Ruhmland und
Margraf, 2001)
Art der Phobie
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Behandlungsmethode
Klinisch gebessert (%)
Behandlungsdauer (Std.)
Schlangenphobie
Teilnehmendes Modellernen
87 %
1,9 Std.
Spinnenphobie
Exposition in vivo
89 %
2,1 Std.
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Blut-, Verletzungs- Spritzenphobie
Exposition in vivo + Angewandte Anspannung
80 %
2,0 Std.
Klaustrophobie
Exposition in vivo
80 %
3,0 Std.
Höhenphobie
Geführtes Erfolgslernen*
77 %
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3,5 Std.
* Therapeut als Modell und Stütze, der sich in der Exposition langsam distanziert
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