Roewer1954e Spinnentiere Sudwestafrikas

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of the
South West Africa Scientific Society
VOlUME/BAND X
1953/54
7UlfLdhO-ek,
~. 7U.
eil. - 1954
COUNCIL - RAAD - VORSTAND
1953/54
President :1
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J
CONTENTS / INHOUD / INHALT
Page
1. Spinnentiere Südwestafrikas. Von Prof. Dr. C. Fr. Roewer
(Bremen)
2. Ergänzende Beobachtungen an den Buschmännern.
Prof. Dr, Martin Gusinde (Washington)
Von
.
5
55
Prirrted By: JOHN MEINERT LTD., WINDHOEK
von Prof. Dr. C. Fr. Hocwer (Brenzen)
Durch den Besitz von vier Beinpaaren sind die Spinnentiere leicht
von den mit nur drei Beinpaaren ausgerüsteten Insekten zu unterscheiden. Ihr Körper zeigt, in weiterem Gegensatz zu den Insekten mit
ihrem dreiteiligen Körper, nur zwei mehr oder" minder von einander
ge~1onderte Abschnitte, den Vorderleib (Prosoma, Ccphalothorax, Carapax) und den Hinterleib (Opisthosotna, Abdomen). 'Der Vorderleib trägt
im Gegensatz zu dem stets gliedmaf~enlosen Hinteeleib alle sechs Gliedmaßcnpaure, die der Heihe nach aus den vor dem Munde gelegenen
zwei - oder dreigliedrigen Kieferfühlern (Cheliceren), den beinartigen
oder scherentragenden Kiefertastern (Pcdipalpcn) und den dann folgenden vier Laufbeinpaaren bestehen. Die Laufbeine und Kiefertaster
(Pedipalpen ) sind in 1 Hüftglied, 1 (-3) Schenkelringe, 1 Schenkel,
1 Kniestück (teils fehlend), 1 Schiene, 1. Fersenglied und den ein - bis
vielgliedrigen Fuß oder Tarsus gegliedert, welch letzterer an seinem
Endglied 1, 2 'oder 3 Krallen trägt. Auch zeigt der ·Vorderleib vorn oben die Augen von der Zahl 2 bis 8. Die Atmungsorgane sind entweder;
Höln-cntrncheen (wie bei .den Insekten) oder sog. Lungen- oder Blättertracheen (book-lungs) und öffnen sich meist an der Bauchseite des
Hinterleibs durch paarige Stigmen nach außen. Die Geschlechtsöffnung
findet sich ebenfalls .vorn an der Bauchseite des Hinterleibs.
Alle Spinnentiere, ~mitAusnahme einiger Gruppen Pflanzenstoffe
fressender oder außenschmarotzender (parasitärer) Milben und Zecken,
sind Raubtiere, die ihre Beute durch Gewalt, Giftbiß oder in :Fang..l
netzen überwältigen, Die Nahrungsaufnahme geschieht in Form einer
sog. Außenverdauung, bei der das vor dem Munde mit Hilfe der
Cheliceren mehr oder minder zerstückelte Beutetier reichlich mit
Speichel überschüttet und dadurch vorverdaut wird. Der so entstandene
Brei wird ausgesogen. Die Vermehrung geschieht nach erfolgter Begattung durch Eiablage oder Lebendiggebären vielfach mit nachfolgender
Brutpflege der Jungtiere; die bis zur Geschlechtsreife mehrere Häutungen durchmachen.
-6-
Von den 10 Ordnungen der Spinnentiere treten in Südwest-Afrika
nur 6 Iiervor, die sich nach folgender Tabelle leicht voneinander unterscheiden:
1. Vorder- und Hinterleib breit ineinander übergehend; Hinterleib
ohne Spinnwarzen - 2.
Vorderleib 'mit dem Hinterleib nur durch einen dünnen Stiel
verbunden ; Hinterleib hinten mit (meist 6) Spinnwarzen
(Fig. Sp 1). - 5. Echte oder Webespinnen (Araneae).
2. Kiefertaster (Pedipalpen) mit einer Endschere versehen
~
3.
Kiefertaster (Pedipalpen) nicht mit einer Endschere versehen. 4.
3. Hinterleib in einen sog. 6 -gliedrigen Schwanz auslaufend, der
am Ende eine Giftblase mit gekrümmtem Stachel trägt (größc~e
Tiere) (11"ig. S 1, S 2). - 2. Skorpione {Scorpiones J.
Hinterleib hinten gleichmäßig breit abgerundet, ohne Schwanzanhang und ohne Giftapparat (kleinere Tiere), (Fig. Ch 1).
3. Afterskorpione [Chelonethii, Pseudoscorpiones),
4. Körper nicht deutlich geringelt, oft sackartig (nicht oder nur
sehr undeutlich segmentiert), (Fig. M 1). - 6. .Milben (Acari J.
Körper (Hinterleib) aus
stehend. - 5.
deutlichen Ringen
(Segmenten)
be-
5. Kieferfühler (Cheliceren), 2-gliedrig, mächtig entwickelt und
nach vorn gerichtet; Kiefertaster (Pedipalpen) kräftig, ihr Endglied mit Haf'tblase ; Grundglieder des 4. Laufbeinpaares mit
'meist 5 gestielten Blättchen versehen (Fig. W 1 und \V 3).
1. Walzenspinnen (Solifugae).
Kieferfühler (Cheliceren) 3-gliedrig und nach unten geriehtet;
Kiefertaster (Pedipalpen) beinartig, mit Endkralle ; 4. Laufbein
ohne gestielte Blättchen (Fig Op 1).
4. Weberknechte (Opiliones J.
1. Ordnung : WALZENSPINNEN (Solifugae).
Die meisten Walzenspinnen besitzen einen langgestreckten, "walzen"-förmigen Körper, nur ihre Familie der Hexisopodidae hat ein
auffällig kurzes Abdomen (Fig. W 3). Der stets gliedrnaßenlose Hinterleih setzt sieh breit und nur durch eine geringfügige Einschnürung
an den Vorderleib an, der alle sechs Cliedmaßenpaarc trägt und vornoben stets nur zwei Augen auf einem kleinen IIügel aufweist, Das
erste Gliedmaßenpaar (Cheliceren) ist mächtig entwickelt und gcrade
nach vorn gerichtet. Es besteht aus zwei vertikal artikulierenden
Schcrenzangen, deren unteres, bewegliches und mit starken Zähnen
versehenes Glied gegcn das obere, unbewegliche, glciehfalls stark
-- 7 .--
Fig. Wl
Flg. W2
Fig. W 1
Große Wal zen s p in n e (8 0 l p tc g ale t ha li s C. L. Koch
1842), Männchen in Rückenansicht. Länge des Korpers
Fig. W 2
Große Walzenspinne (8 0 l p u. g a Ze t. h al i sC. L. Koch
1842) - Unterseite des Vorderkörpers ohne die Eruialieder der
Beine (Behaarung [ortqelassen ; man. beachte die 5 Paar ye«iielter Plättchen an den 4 Laufbeinen.),
5 cm.
bczahnte Glied, das auch die sehr starken Kaumuskeln nmschließt,
bewegt wird. Dieses obere Glicd, auch IIand genannt, ist auf seiner
Innenseite stark behuart, trägt hier Schr-illr-iefen und beiull\1ännehen
oben an der Innenseite jenes so eigentümliche Organ, l1'lageUufll gcnannt,
das bei Solpuga unbcweglich und meist peitschenförlnig, bei Blossiola,
Buon USW". spelzenförmig ist und nach vorn gedl'cht1verden kann;
die Bedeutung dieses nur den Mänuchen zukonunenden ()rganesist
noch nicht eindeutig geklärt, diirfte aber bei der Begattung eine HoHe
spielen, trotzdem dies nicht erwiesen ist. Zwischen den hcidcn Chelicercn
findet sich in der Mittelebene die weit vorgestreckte JVl11ndöffnung
in Gestalt eines mit Gitterborsten versehenen, pinselartig aussehenden
Saugrohres, das Hostrum, dur ch das der Speisebrei aufgesogen wir-d.
l-JUehst eigentlimlich sind auch die beiden Pedipalpen ausgebildet. Abgesehen, daß sie das stärkste Gliedmaßenpaar iiberhaupt und mit ihren
längen Borsten das \vic,htigste Tastorgan des Tieres bilden, tragen sie
-8an ihrem kurzen, letzten Glied ei ne ausstülpba re klebrige Haf'tblase,
vermöge deren das Tier die Beute ZUlTI Munde und zu den Chelicercn
Iiihrt, ja sogar cin geringes Kletterverrnögen an Ästen und Steinwänden besitzt. Al11 schwächsten ist das erste Laufbein ausgehildct,
es hat auch keine oder nur eine sehr schwache Endkralle. Die drei,
hinteren Laufbeinpaare sind einander' fast gleich an Stärke und
dienen allei n dein bekanntlieh seh r schnellen und wendigen Lauf der
Walzenspinne. Das letzte Beinpaar besitzt die größte Anzahl von
Crundgliedern, die 5 zu 5 gestielte Plättchen t ragen (Fig. W 2). Diese
Ür'gane, deren Bedeutung auch noch nicht cndgii1tig geklärt ist, treten
nur bei den Walzenspinnen auf, die schon daran eindeutig zu erkennen
sind. Die Färbung der Walzenspinne ist durchweg lehmgelb und bodenfarbig, bisweilen rnit dunklerer Hückeu -Längsbinde, die dann hellen
hisweif~lich besäumt sein kann. Körper und Gliedmaßen sind reich,
bisweilen sogar sehr dicht und Ieinwollig behaart, die Beine tragen je
zwei lange, dünne, zweiteilige, sichclförmigc Endkrallcn, die am Ie tzten
Beinpaar nur den gl'abenden II exisopodiden fehlen.
Alle Walzenspinnen sind Be\vohner regenarlllcr Gegenden der
Tropen und Subtropen. Die trockene Busch - oder Grassteppe, die fast
vegetationslose Wiiste sind ihreW()hngebicte. In ganz Südafrika sind
sie in ariden Gegenden und offenem Buschwald (z. B. in der Kalahari)
genlein, meiden aber dichten Wald; ihre Verhreitung wird hier weitgehend durch die Feuchtigkeitsbedingungen bestimmt. Ihre IIHufigkeit
gilt aber nicht fiir das ganze Juhr, denn sie versch winden in den
heißesten und trockensten Monaten, urn diese Zeit in ihren Schlupfwinkcln unter Steinen und selbstgogrnbcnen Erdlöchern zu verbr-ingen.
Die Walzenspinnen sind nicht sozial. Sie leben einzeln und sind gegen
Artgenossen, sofern es sieh nicht um Fortpflanzungsgeschehnisse handelt, unduldsam, ja feindlich bis zur gegenseitigen Vernichtung. Ein
Teil von ihnen fiihrt eine nächtliche Lebensweise, ein anderer is t sogail~
im hellsten Sonnenschein jagend anzutreffen. Die nächtlichen Arten
haben die Neigung, sich in der Nacht einer Lichtquelle zu nähern,
um in deren Nähe zu jagen. Diese .Jagd geschieht sehr geschickt; mit
erhobenen Pedipalpcn wird die Beute, etwa ein dahineilendes Insekt,
erspäht und mit clcgan tern Sprung zunächst mit den klebrigen Haftorganen der Pcdipalpcn crgriffcn und sogleich den Cheliceren zugeführt, die sie sofort in Auf - und Abbewcgung zerfleischen, bis ei~
mit Speichel durchtränktcr Brei entstanden is, der' dann durch das
Hostrum aufgesogen und dem Dann zugefiihrt wird.
Die Schlupfwinkel der \Valzenspinnen richten sich nach den Bodenvcrhältnissen. Auf steinigem Gelände verbergen sie sich unter halbg('of!>cn Steinen, unter denen sie mit ihren Cheliceren röhrenarrige
Höhlen anlegen können. I-Iäufig findet man sie beim Aufgraben von
Termitenbauten und gelegentlich sogar in allerlei Schlupfwinkeln
menschlicher \Vohnungen. In Sandgegenden gelingt es ihnen, unterirdische llährengänge von heträchtliohor Länge zu bauen, so daß der
ganze Körper des Tieres bequem darin Platz findet. In solche Schlupf-
--9-
Figo W 3
ehe l y pu s w ü h l i s chi Roewer 1940, Männchen aus Gobabis, in Rückenansicht,· Länge des I{örpers 18 mrn,
winkel ziehen sie sich auch auf längere Zeit zurück, wenn sie im Freien
verschwunden sind, z.' B. in den heißesten und trockensten Monaten
ihrer fleimat. In diesen lIöhlen, in denen die trächtigen Weibchen
auch ihre Niederkunft abwarten und ihre Eier ablegen, ferner auch
die ausgeschlüpften Jungtiere ihre ersten IIäutungcn durehmachen,
sitzen die Tiere bewegungslos, indem sie ihre wehrhaften Cheliceren
stets der Ausgangsöffnung des Ganges zu richten. Dies gilt sowohl
für die nächtlichen Walzenspinnen als Iilr die tagsiiber vagabundierenden, die äußerst beweglich und behende in schnellem Lauf die
Steppe durcheilen. Bei Tage jagende Arten sieht Inan an freien
Stellen umherlaufen, hie und da ein paar· Augenblicke anhaltend oder
im Schattten eines vorspringenden Steines oder einer aufragenden
Er·dscholle verweilend, Spalten und Löcher untersuchend und nach
Beute abtastend. Eine dahinhusehende Solpuga sericea (Koch) von
grauer Färbung und langer, fein wolligcr J~1ähne an den Hinterbeinen
bietet den Anblick eines Bausches von Distelsarnen, der auf der Erde
im leisesten Wind hierhin und dorthin getrieben wird. I)agegen findet
Inan die Hexisopodiden sehr selten, und zwar nur die Männchen, an
der Erdoberfläche, während Weibchen bisher nur vereinzelt ausgegraben
worden sind. Diese Tiere wühlen sich mit ihren dazu vorziiglichj
geeigneten Grabbeinen von unten her in von dorther leichter zugängliche
Termitenhaufen ein, unter deren Insassen sie ein furchtbat-es Morden
-10 -
anstellen. Bei Liidor-itzbucht sind in den letzten Jahren verschiedene
Arten dieser Tiere erbeutet worden, ahc r auch weiter im Norden fanden
sich einige Ar ten ; diese Männchen suchen sich auch nicht wie die
anderen Walzenspinnen durch schnelles Laufen und Entfliehen in
Schlupfwinkel dein Fang zu entziehen, sondern graben sich fast mit
Blitzesschnelle in den losen Sand ein. Alle Beobachter lebendiger
Walzenspinnen sprechen von del'ungewöhnlichcn Bissigkeit, Bösartigkeit, Angriffslust und Kalnpfgewandtheit der hohenden friere. Sie
richten dem Angreifer oder Störenfried stets ihrc unächtigcn \Vaffen
in Gestalt der weit geöffneten, bißbereiten Chclicercn zu und suchen
diese Position schuells tens wieder zu errcichcn, falls jener seine
Angriffsrichtung ändert. Dabei nehmen sie stets eine eigentihnliehe
Schreck- oder Trutzstellung folgender Art ein: Nur auf ihre hinteren
drei Beinpaare gestützt, deren letztes außerdem noch mehr oder
minder zum Sprung eingebogen angesetzt wird, stellt das wütende
Tier seinen Hintcrloib ganz senkrecht in die flöhe und zuglcich wird
der Vorderleib schräg nach vorn -oben gehoben und die mächtigen,
gespreizten Cheliceren in heftiger Bc,vcgung dem Angreifer zu gerichtet.
Dabei wird ein zischendes, fauchendes Geräusch hörbar, das die wütende
\X!alzenspinnen durch gegenseitiges Ileibcn der Chcliccreu an deren
Sehrillriefen hervorbi-ing t. Zu gleicher Zeit werden die Kiefertasten
und das erste Laufbcin weit ausgestreckt und tastend nach allen Seiten,
besonders nach vorn -oben suchend hin und her bewegt. ~lit kühnem
und geschicktem Sprung stiirzt sich die Walzenspinne auf den Angr cifcr
oder Störenfried, selbst wenn er sie an Körpergröl~e stark übertrifft.
Skorpionen wird der Schwanzunhung samt Giftblase abgebissen, und
dadurch wehrlos geworden, werden sie die Beute des nun den übrigen
Körper zerfleischenden Tieres. Nicht selten gelingt es aber dem
Skorpion seinen Giftstich derart anzubringen, daß die Walzenspinne
gelälllnt wird und dann die Unterliegende Ist. Die wehrhafte Walzenspinne bezwingt sogar Eidechsen und Kröten. Auch die 'menschliche
Haut wird von der beim ETgreifen sich heftig wehrenden W alzenspinne
(Solpuga) durchbissen, so daß geringe Blutungen auftreten können.
Kleinere Arten (Blossia ) haben diese Fähigkeit nicht und müssen sich
mit einem bloßen Kneifen begniigen. Alle Beobachter sind sich aber
darüber einig, daf~ keinerlei Giftwirkung einem solchen Bisse folgt
und daß der Glaube an eine solchcv wic er bei den Bewohnern Walzenspinnen beherbergender Länder immer noch wieder angetroffen wird,
eben ein Aberglaubcn ist. Ein anderer Aberglauben ist cs auch, 'wenn
el'zähltwir'd, daf~Walzenspinnen, die besonders nachts in IIcrbergcn
oder Zelten mit einem schlafenden Menschen zufällig in Berünrung
kommen, diesem die IIaupthaare völlig abscheren,\voher der in SüdAfr-ika vielfach genannte Name "IIaarskcerclers;' für die Walzenspinnen
gekommen sein mag, die dort auch als ",}agspinnekoppe" oder ganz
und gar fälschlich als ,,1'arantcl" bczeiehnet vwer dcn, da letztgenannter,
Name auf ganz andere echte Webcspinnar·ten angewendet werden mag.
Die Afrikaner gebrauchen wohl auch den Namen ,,\,T etvretcrs" Iür
\'/alzenspinnen, ein Ausdruck, der wahrscheinlich auf den dick und
-11-
weich vollgefressenen Hinterleib eines Solpuga- Weibchens zurückzuführen ist, das infolge eines solchen Zustandes recht apathisch zu sein
pflegt und sich daher leicht fangen läßt.
Das Geschlechtsleben der Walzenspinnen weist mancherlei Eigenart auf. Es ist für das Männchen garnicht su leicht, ungefährdet an
das meist viel gröf~ere Weibchen heranzukommen, denn recht oft wird
es bei diesem Versuch, die Befruchtung vorzunehmen, von dem UDlustigen, dafür aber unduldsamen und bissigen VI cibchen gepackt und
aufgefressen. Das Männchen entwickelt daher eine bestimmte Taktik,
indem es ganz überraschend schnell den Hinterleib des \VeiLchens
packt, mit den Cheliceren fest hineinkneift und das Weibchen auf
den Rücken wirft, um zu der vorn an der Unterseite des Hinterlcrbs
gelegenen Geschlechtsöffnung zu kommen. Das \Veibchen wird durch
diese Prodezur in eine Art Hypnose versetzt und verhält SIch völlig;
ruhig, während das Männchen mit seinen Cheltccren die kurz vorher
abgesetzte Samenpatrone sehr gc,valtsanl in diese Offnung hineinpreßt
und hineinwiirgt, um sich alsdann sofort aus dem Staube zu macnon.
Gelingt diese Flucht nicht, so ist es UOl das Männchen geschehen, denn
das sogleich aus seiner Hypnose erwachende Weibchen wiirde es sofort
verzehren. Nach kurzer Zeit legt das befruchtete Weibchen eine
gröl~cre Anzahl von Eiern in einer meist selbstgegrabenen EI'dhöhle
ab, wo dann auch die Jungtiere zur Welt kommen, sogar vom \V cibchen
bchiitet werden, bis sie durch mehrere Häutungen hindurch zu erwachsenen Tieren ge,vorden sind, die sieh alsdann vereinzeln und. in allo
Hielttungen zerstreuen, um ihr Jagdleben aufzunehmen.
Aus den sechs der im Ganzen zehn Familien umfassenden Walzenspinnen sind bis jetzt sieher 75 Arten in Sfidwcst-Afrika nachgewiesen,
zu denen vornehmlich im Silden und Osten (von der Kalahari her}
wahrscheinlich noch weitere Arten hinzukommen werden, die in den
Naehbargebieten gefunden sind. Diese 75 Arten verteilen sich auf die
sechs Familien, die Iolgendcrmaßon zu unterscheiden sind:
1.. Die 2. und 3., besonders 4. Beine sind zu Grabbeinen ausgebild.et;
das 4. Bein ohne Endkr'allen (Fig. W 3). 2. Fanl. Hexisopodidae.
· 2.-4. Beine zu Laufbeinen ausgebildet, 4. Beln mit 2 Endkrallen. - 2.
2. Das 1. Bein mit (wenn auch kleinen, schwer SIchtbaren) Endkrallen. - 3.
Das 1. Bein ohne Endkrallen. -
4.
3. Das 2.-4. Bein mit nur einem Fußghcd (Tarsus}: das Flagellum des Cf ist ein unbewegliches Borstenbüschel (FIg. W 6).
1. 11-'a 0 1 . Karschiidae,
Das 2.-4. Bein mit je 2 Fußgliedern (Tarsus}; das Flagellum
des d mit Grundblase und nach vorn drehbarem PeitschenIortsatz. 5. Faln. Ceromidae.
-
Fig. W4
Frig. W 4Fig. W 5
Fig. W 6
12--
Fig. W5
Fig. W6
Innenamsichx der rechten Chelicere eines B los s i
0 la - Männchens mit spelzenartigem Flagellum.
Innenansicht der rechten Chelicere eines Sol pu g a - Männchens mit Flagellum aus Basalblase und Peitschenfortsate.
Innenansieht der rechten Chelicere eines M e 1a n 0 b los s ii d a e - Männehens (M i er 0 b los s i a) mit Flagellum in Form
eines Borstenbusekels.
4. Das 2. und 3. Bein mit 1 oder 2·. Fußgliedern (Tarsus); 4. Beln
mit höchstens 4 Fuf~gliedern; das Flagellum des 6 spelzenartig (Fig. W 4) oder ein Borstenbiischel bildend (Fig. W 3). 5.
Das 2. und 3. Bein mit je 4 11-'uf~gliedern (Tarsus), 4. Bein mit
7 Fußgliedern; das Flagellum des 6 mit Grundblase und sehr
verschiedenartigem peitschen - oder hornartigen Endfortsatz
(Fig. W 1 und W 5). 6. Farn. Solpugislae.
5. Flagellum des cf durch ein differenziertes Borstenbüschel gebildet (Fig. W 6). 3. Faln. _~1 elanoblossiidae.
Flagellum des Cf in Form einer transparenten, nach vorn drehbaren Spelze (Fig. W 4). 4. Fam.Daesiidae.
Mit 30 Arten bilden die 80lpugidae die Mehrzahl der in SüdwestAfriku beheimateten \Valzenspinnen. Unter ihnen befinden sieh auch
die größten Arten der dU[l°chschnittlieh 20--50mul körperlangen
Tiere, die sich fast alle durch bezeichnende Bcdornung ihrer Beine
(Tarsen) und die artlieh sehr eigentihnlieh gestalteten Flagellen der (jcJ
unterscheiden lassen. Die beiden gröf~ten Arten sind Solpuga lethalis
(C. L. Koch) und 8. venator (Poeoek), heide von etwa 45--50 mm
Körperlänge, lehmgelb. mit langem Peitschenfortsatz am Flagellum,
der bei S. lethalis am äußersten ]~nde leicht gegabelt ist. Während
S. lethalis im ganzen Gebiet häufig ist, findet sieh 8. venator mehr
im mittleren und besonders südlichen Gebiet. Andere häufigere Arten
sind S. sericea (dunkle, kleinere Tagestiere von 23m'lll Körperlilngo),
S. monteiroi, recta, obliqua.. cervina, chelicornis usw, usw.
Dann folgen in ihrer Häufigkeit mit 27 Arten die Daesiidae mit
Vertretern der Gattungen Blossiola (11 Arten), Hemiblossia (5 Arten),
nuon und Bitonella (10 Arten), und der eigentiirnliehen Gattung Eberlanxia (1 Art von Lilder-itzhucht}, während die nl elanoblossiidae nni:
-13 -
je einer Art aus drei Gattungen vertreten sind. Die Körperlänge der
Daesiidae und "~1 elanoblossidae schwankt zwischen 7 bis 24 mrn,
Die Karschiidae sind mit 3 Arten der Gattung Lipophaga (Körperlänge 17-22mm) im ganzen Gebiet nachgewiesen, aber nicht häufig,
die Ceromidae mit etwa 4-5 Arten ebenfalls (Körperlänge 15-18 mm),
Von den 16 bekannten Arten der 11exisopodidae finden sich allein
in Südwest-Afrika 10 gegen 6 im iibr'igcn Siidafr ika. Sie leben vornehmlich im westlichen Wiistengiil'tel der Namih (Lüderitzbucht und
Walfisch-Bay), Waterberg, Kaoko-Feld usw. Ihre 4 Gattungen unterscheiden sich durch die Zahl ihrer gestielten Plättchen an den Grundgliedern des 4. Beines, und zwar besitzt Tl exisopus deren 5, Chcly pus
gleichfalls 5, Aiossametlessa 3 und Siloanea gar nur 2 solcher Plättchen. In Südwcst-Afrika is Hexisopus mit 4, Chelypue vai: 3, Mossomedessa mit 2 und Siloanea mit 1 Art vertreten. WahrseheinlicI~
werden in Zukunft noch weitere Arten entdeckt worden.
2. Ordnung: SKORPION~~ (Scorpiones ).
Auch
die
Skorpione gehören wie die Walzenspinnen zu den
trotzdem sie mangels jeglicher Spinndrüsen und Spinnwarzen nicht imstande sind, irgendwelche Gespinste oder Gewebe
herzustellen. Der eigentümliche Bau ihres Körpers und dessen starke
Scherenbcwehrung sind es, die die Skorpione dem Menschen von den
ältesten Zeiten her auffällig gemacht haben, ja in ihm infolge des
berüchtigten Giftapparates Furcht, Ekel und Abscheu erregt haben.
,~Spinnentiercn",
Der langgestreckte, mehr oder weniger abgeplattete Körper besteht
aus drei Hauptabschnitten, dcm Vorderleib (Prosoma oder Cephalothorax), dem Mittelleib (Mesosoma oder Pracabdomon) und dem Nachleib oder "Sehwanzanhang" (Mctasoma, Postabdomen oder Cauda). Der
Vorderleib zeigt auf der Oberseite keinerlei Gliederung, ist hier mehr
oder vminrler trapczförmig und trägt neben manchorlci Körnchenkielen
in der Mittellinie die beiden Hauptaugen. während 2-5 Seiten - oder
Nebenaugen an den vorderen Seitenecken oft kaum von der grobcn
Bekörnelung zu unterscheiden sind. An der Unterseite des Vorderleibes
sitzen, wie bei allen Spinnentieren, die sechs Gliedmaßenpaare (Fig. S 3).
Der in ganzcr Breite mit dem Vorderleib verbundene Mittelleib,
der zusammen mit dem "Sehwanzanhang" anatomisch den sog. Hinterleib (Abdomen oder Opisthosoma) bildet, läßt in der besonders seitlich
deutlichen, weichen Haut auf der Oberseite sieben harte, glatte ode:G
längsgekielte und bekörnclte Platten (Rückensegmente oder Tergite)
erkennen, die von vorn nach hinten bis zu dem umgekehrt trapcz-
--14 -
Iörrnigen, letzten an Breite zunehmen (Fig. S 1 und S 2). Die Unterseite
des Mittelleibes (Fig. S 4) zeigt vorn das noch zum Vordor loib zu
rechnende, teils fünfeekig (pentagonal), teils dreieckig (triangulär}
Brustschild (Sternum) (Fig. S 3 und S 4), darauf folgend die die
Gesellieehtsäffnung überdeckenden beiden Geschlechtsklappen (Fig. S 3)
und diesen folgend die paarigen, so charakteristischen und nur den
Skorpionen zukommenden "K.älnme" (Fig. S 3), deren Bedeutung als
Si nnesorgane (Tastorgane?) immer noch umstr-itten ist. Auf diese beiden
Kämme folgend lassen sieh auf den nächsten vier Bauchplatten (Sterni tcn) je ein paar sch räggestelltel' 1\temöffnungen (Stigmen) (Fig. S 3)
erkennen, von denen nur das letzte freibleibt. Diese Stigmen führten;
in 'I'aschen unit den Atmungsorganen, die aus zarten, wie die Blätter
eines Buches angeordneten Hautblättchen bestehen lind daher auch
"Fächer-" oder "Buchtracheen" ("booklungs~') genannt werden; das
sie umfließende Blut führt den Luftsauerstoff den übrigen Organen zu.
An das genannte letzte dieser sieben nur ,venig gcgeneinandel~
beweglichen Segrnentc des Mittelleibes setzt sieh deeNaehleib oder sog.
Sch"Tunzanhang an, bestehend aus fUnf vielfach scharf gekielten und
,C
Fig. S 3
Fig. S 1
Fig. S 1
F!ig. S2
Flig. S3
Fig. S 2
Fig. S 4
IJ Ci r a b u. t h u. S l' (i II () sn s, Riictcenoaisictot,
jJ h t h Cl lni U S spec., Iciickcnansich.t,
Banchansicht des VorderleilJs eines 0 1) ist ho p h t ha l m u s.
C, CI· Cl
Hicitc der Kiefertaster und der Lau/beine) K
Kiiinrnc, (f, == Atemöffnurujen, g == Ceschlechteklappen, St
o 1) ist h. 0
S,tej''}1'llU1J.
Par a b
'U
t hin s spec.)
St.ernuan.
mit. GeschZechtsklappen.
-15 -
. Fig. S 6
Par abu t h u s in Karn,pfsteZZung.
bckörnclten, stark versclnnälerten, fast drehrunden Glicdcrn, die seitlich
und besonders aufwärts gut gegen einander hewegl.ich sind, so daß
dieser gesamte Nachleib weit über .den Vorderleib oder sogar nach
vorn iiber ihn hinweg gekrümlnt werden kann, was vornehmlich bei
Anbringung des Giftstiches geschieht. Das letzte dieser fünf Glieder
trägt unten die Afteröffnung des Darmes lind dahinter, durch eine
weiche Gelenkhaut mit ihm verbunden, die sog. "Giftblase" mit dem
nach abwärts gekrülnmten, in eine feine Spitze ausgezogenen "Giftstuchel", der bei genannter Aufwärtsbewegung des Sehwanzanhunges
drohend über den Vorderleib gehalten wird (Fig. S 6). In dieser- Giftblase befindet sich eine Giftdrüse, deren (artlich verschiedenartig ZlIsammengesetztes und wirksames) Gift durch zwei feine Kanäle aus
den beiden Offnungen jederscits in der Nähe der Stachelspitze durch
Muskeldruck entleert werden kann.
Das erste der sechs GliedlnalAen paare des Vorderleibcs sind die
relativ kleinen, aus z,veiglied.·igen Scheren bestehenden Kiefer Iülrlcr
(Chcliceren) am Vorderrande des Cephalotliora x vor der bauchwärts
dahinter liegenden Mundöffnung, die von dein beweglichen Kauladen
der folgenden Kiefertaster und des 1. und. 2. der vier Laufbeinpaare
begleitet wird, Den Cheliceren folgen die filr· das Allssehen der;
Skorpione so charakteristischen Kiefertaster (Pcdipalpen), deren zwei
Endglieder die mächtigen Scheren bilden, lind zwar das vorletzte die
sog. ,,Iland" rnit dein sog. "unbeweglichen Finger·", gegen den von
außen her das letzte Glied als sog. "be\veglicher Finger: ar-tikulier-t ~
heide Finger (also die eigentliche Schere) sind auf ihrer Sehneide mit
sehr unterschiedlich angeordneten, aber artl ich festliegenden, feinstell
Körnchenzähnen besetzt. Auch tragen die Glieder der Pedipalpen zahlreiche, artlich fixierte, feine Tasthorstcn, die dCITl schlecht .schendcn
Skorpion vorwiegend zur Orientierung ünHaulll dienen. Die vier
folgenden Laufbeinpaare sind gleichartig gestaltet und bestehen aus
Hüftglied, Schenkelring, Schenkel, (ein Kniestück
Patella fehlt),
Schiene, (ein Fersenglied = Metatarsus fehlt), und dem dreigliedrigen
Fuß oder Tarsus, dessen letztes Glied neben charnkter-istischen Dornen
den K.rallenlappen mit je zwei Krallen aufweist,
T
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Dic wenig auffallendc Färbung der Skorpione ist, soweit es sich
um Sandwiistcnhewohncr handelt, hellgelb bis hellbraun, geht aber in
anderen \Vohngcbicten (z. B. auch Stein wüsten) von braun in schwarzbraun, ja gat schwarz iiher. Die helleren Arten haben bisweilen dunklere
Fleckenzeichnung oderLängsbinden,\vobei die heller gelbe Giftblase
oft gegen die ilbf'igcn dunkleren 5eh wanzgliedcl' kontrastiert.
Die Skorpione sind ohne
Ausnahme nächtliche
Tiere, die im
und nur von
der Därnmorung an und während der Nacht auf .Nahrungssuche ausgehen~ Bei l'agesanhrueh suchen sie ih re Zuflucht in dunklen Ecken
und Schlupfwinkeln. So leben sie versteckt unter Steinen, Baumrinde,
gefälltcn Bäumen usw, oder halten sieh in selbstgegrabenen Löchern
namentlich im Sande der Wiistcn (Namib) auf. Mit Brennholz oder
sonstwiewerden sie nicht selten in menschliche \Vohnungcn verschleppt
und so zll\vcnigcr gefährliehen als lästigen Hausbewohnern, die in
Kellern, aber auch in den Wohnungen selber in allerlei Schlupfwinkeln
wie Stiefeln, Betten, urnherl icgcndcn Kleidungsstücken, hinter Bildern,
unter Kisten und Schränken angetroffen werden. Unter diesen Umständen kommt csnatii,.lieh häufig zu unangenehmen Begegnungen,
bei denen Inan nur allzuleich t Bekanntschaft mit dem geHihJ'hcben
Giftstachel machen kann.
Tagesliclit niemals Ireiwillig zum Vorschein
k0111U1Cn
Im alIgclllcincn sind die Skorpione in der-:\Jlehrzahl Bewohner;
wilstcnar tigct, t rockcncr Gegenden. Viele Arten Icbcn unter Steinen.
Hier grabcn sie sieh entweder eine flache Mulde, in der sie tagsüber
bc'wegungslos wcilcn oder sickLarnrnern sieh an der Unterseite der
Steine fest, so daß ihre Hückcnseite abwärts ger'ichtet ist. (Vorsicht
bcim T!mwälzcn von Steinen mit den Händen l)
Die Skorpione bcwegen sich nur langsam fort und sind daher ohne
Sch wierigkcit zu fangen; ihre Fortbewegung ist bei Verfolgung oder
Aufschcuchung kaum schneller, als wenn sie ungestört laufen. Sie
können ebenso gut seitlich wie nach vorn laufen und bewegen sich
sehr gleith,nä(~ig ",vie auf Hädcru' fort. Dabei werden die Pc(I:ipalpen
stets nach vorn ausgestreckt und suchend hin und her bewegt, gleichgiltig ob es sich tun Nahrungssuche oder um Verteidigung handelt,
bei welch letzterer oft ein Zischen oder Pfcifen hörbar wird und der
Körper stets dem Feinde zu ge richtct wird, auch 'wenn dieser seine
Angriffsrichtung wiederholt ändert (Fig. S 6). Beim Eingraben (Fig. S 5)
heben viele Skorpione den Hinterleib mit dem Schwanzanhang hoch
ernpor, stützen sich auf die Pcdipalpen und das 4. Beinpaar und
scharren mit den cingckrfimmten Tarsen des 1.-3. Laufbeines eifrig
das lose Erdr'cich nach hinten zur Seite. Beim Eingraben sucht sich
z: B~ Parabuthus mit besonderer Vorliebe einigermaßen feuchte Bodenstellen aus, wie sie sich in der Nähe der Farmhäuser befinden, wo
durch zufälliges Verschiittcn von \Vasser der Erdboden an einzelnen
Stellen durchfeuchtctwir d. In der IJrngebung von Otjirnbingwc und
-17-
Karibib, \VO Opisthophtha17nus-Arten recht häufig vorkommen, kann
BUHl dieses Verhalten der Skorpione geradezu für ihr Abfangen verwenden und kann fast sicher sein, daß beim Aufgraben solcher absiehtIich angefeuchteter Stellen Skorpione in Erscheinung treten.
Die Skorpione suchen ihre Beute\veder auf, noch verfolgen sie
sie; sie sind aussohließlich auf den Fang ihnen zufällig entgegenkommender Tiere angewiesen. Es handelt sich bei ihnen also nicht HIn
eine Jagd auf' Beute sondern um ein zufälliges Auffinden, das. nieh t
F'ig. S 5
Par abu
t h u s grabend.
mit Hilfe der Augen, sondern nur mit den zahlreichen 'I'asthorstcn
der Pedipalpen insbesondere mit denen der- dabei weit vorgestreckten
Scheren geschieht; erst nach Bcriihrung mit der Beute wird diese
mit den Scheren gepackt und an einen Ruheplatz gebracht, \VO ihr
zuerst der Kopf abgebissen wird. Erst nach dein Todeskampfe wird
sie den Cheliceren zugeführt und verzehrt. Dabei werden die Cheliceren
abwechselnd vor- und zurückgezogen, um die weichen Teile der Beute
herauszuziehen und die harten Chitinteile zu zerkleinern, eine Arbeit,
die recht langsam vor sich geht. B.eiehlieh mit !\lagendrUsensaft überschüttet (eigentliche Speicheldrüsen fehlen den Skorpionen l) wird der
Beutebrei gegen den Mund gepresst und mit den kleineren Chitinteilen
aufgesogen. Nicht aussaugbare Beuteteile (Fliigel, FHigeldecken von
Insekten US\v.) werden weggeworfen. Nach Abschluß des Frcssaktes
reinigt der Skorpion recht umständlich seine Mundteile mit IIilfe
der Tasterscheren und nachfolgendes mehrfaches Abstreichen der" letzteren an der unterseitigen Beborstung der Chclicercn. Beobachtungen
haben ergeben, daß Skorpione monatelang hungern können, ebenso hat
Inan sie niemals trinken sehen.
-18 -
Es ist eine überall verbreitete Fabel, daß der Skorpion jede Beute
und in jedern Falle mi t seinem Giftstachel tötet. Bei geringclll \Vidcrstand der Beute wird nur eine der Tastcrsohercn, bei gröf~ereln beide
Scheren und nur bei anhaltend gr'ö{~telnWiderstand der Giftstachel
benutzt. Auch dann wird der Stich nicht ohne \~T ahl angebracht. Vtelmehr fühlt der Skorpion behutsam nach einer weichen Stelle des'
Körpers und sticht erst dann, wenn er eine solche gefunden hat,imit
Vorsicht dort cinv wodurch ein mögliches Abbrechen oder Verlctzen
des Stachels vermieden wird, was andernfalls die Existenz des Skorpions
in Frage stellen\vürde. So ist auch während dieser ganzen 'Vorgänge;
die Haltung des Schwanzanhanges eine sehr vorsichtige. Er gebraucht
seinen Stachel nur zur Tötung sehr widerspenstiger Beutetiere oder
zur Verteidigung gegen vermeintliche oderwif'kliche Feinde, nicht
aber zum Angriff. Man kann gro{~e Skorpione ohne Gefahr auf der
flachen Hand herumlaufen lassen, wenn Ulan sie sonst nicht stört.
Je heftiger die Beute sich wehrt oder je intensiver eine Störung oder
ein Angriff erfolgt, desto schneller erfolgt der Giftstich. Die Beutetiere
bestehen aus Grillen, Schaben, Heuschrecken, Käfern, Walzenspinnen,
Tausendfüßlern und gelegentlich auch kleinen Eidechsen usw., in
Gefangenschaft sogar aus Fliegen. In der Verteidigung gegen einen
Feind droht der Skorpion mit gespreizten, weit vorgestreckten Tasterscheren 'mit deillweit über den Hückcn nach vorn gckriimlnten
Schwanzstachel unvermittelt zuzuschlagen. Dabei lassen manche Arten
ein zischendes oder pfeifendes Geräusch hören, das entweder durch
das Aneinanderreiben der eigens dazu mi t Borsten besetzten Innenfläche der' beiden Cheliceren (bei Opisthophthalmus carinatus ) oder
durch Reiben des tief rilekgckrürnmten Giftstachels auf der rauhcn
Oberf'läche des 1. und 2. Schwanzr-inges (bei Parabtuhus villosus)
hervorgerufen wird.
on Feinden der Skorpione sind zu nennen vor allem alle Insektenfresser, seien es Säugetiere, Vögel oder gröf~ere Insekten und Spinnentiere selbst. llaubvögel wie z. B. "der Sekretär" sind dem Giftstachel
der Skorpione durch den Schutz ihrer hart beschilderten Beine wenig
ausgesetzt. Das gleiche gilt für die grol~en Trappen, die sehr geru
Skorpione verzehren. Die unter grof~en, bewegliehen Steinen sich
bergenden Skorpione, hauptsächlich Üpisthophtholmus- Arten, wer-den
von Pavianen unermüdlich gesucht, die es vorziiglich verstehen, den
gefährlichen Schwanzanhang mit dem Giftstachel abzureißen, um dann
den geschätzten Leckerbissen gefahrlos zu verzehren. Oft haben die
Skorpione schwere Kämpfe mit Raubheuschrecken und grol~en Walzenspinnen (Solpuga lethalis und S. venator ) auszufechten; ein dabei etwa
eintretender Verlust der Caudamit dem Giftstachel bedeutet dann den
Tod und Verzehrtwer den. Gegenseitige Kämpfe zwischen Skorpionen hat
man dagegen nicht feststellen können, vielmehr gehen sich Tiere derselben Art nach gegenseitigem Betasten aus dem \Xlcge. Auch die
Vorgänge bei der Begattung sind bei der verborgenen und nächtlicncn
Lehensweise dieser Tiere bisher nicht beobachtet 'worden. Sie werden
derart von statten gehen, daß sich Männchen und \Veibchen gegenseitig
'1
~
19
--~
mit der Bauchseite bcriilu-cn, 'wobei dann vielleicht auch die beiden in
der Nähe der Gesehlechtsöffnung liegenden Kämme als Reiz- oder
Sinnesorgane eine Bedeutung haben mögen. Der männliche Same gelangt
in Form eines Paketes (Spermatophore) in die weiblichen Geschlechtsorgane. Eine Eiablage erfolgt nicht. Die trächtigen Weibchen .Ind
durch ihren dick aufgetriebenen ~littelleib leicht zu erkennen. Alle
Skorpione sind lebendig gebärend; die Dauer der Trächtigkeit scheint
nich t lange zu sein. Die neugeborenen, durchschnittlich 20-- 30 (oder
mehr) weißen, weichhäutigen Jungtiere unterscheiden sich nur durch
ihre geringere Größe, nicht aber durch ihre Körperform von dem
Muttertier und werden stets auf dem Ilücken desselben dicht gerlrängt
sitzend angetroffen, den sie auch nach zufälliger oder gewaltsamer
Entfernung davon immer wieder aufsuchen und werden auch vom
Muttertier wieder dorthin gebracht, das sie auf seinen Streifzügen'
mi tschleppt.
Der Giftstieh der Skorpione ist seit den ältesten Zeiten bekannt,
diese Tiere überall, wo sie zuhause sind, allgemein gefiirchtet
und verabscheut werden. Das Gift führt bei gestochenen Insekten, Spinnen usw, in kurzer Zeit zum Verenden. Kleinere oder gar größer~
\Virbeltiere (Frösche, Eidechsen, Kleinsäuger) können nach vorübergehendem Atmungsstillstand und anderen Lähmungscrsclreinungen den
Giftstich überleben oder (in selteneren Fällen) sterben auch ab. Auf
die recht verschiedenartige Wirkung des Giftes auf die inneren Organe
des gcstoehenen Tieres kann hier nicht cingegangenwcrden. Es ist
vielfach und einwandfrei beobachtet 'worden, daß die Giftwirkung auch
bei nahe verwandten Tierarten eine sehr verschiedene ist und nicht
nur davon abhängt, welche Tierart gestochen worden ist, sondern auch
in Bezug auf die Vergiftung des Menschen davon abhängt, ob es sieh
um erwachsene Männer oder Frauen oder' HIn Kinder handelt..Andererseits spielt auch das Klima, die Lage der Stichstelle und die Verunreinigung der Stichwunde (durch Kratzen usw.), mangelhafte Rehandlung, sowie überhaupt die ganze Körperkonstitution des Gestochenen
eine ganz wesentliche Holle, Die erste Wirkung des Stiches pflegt ein
heftiger örtlicher Schmerz zu sein. Dann folgend können gestochene
Gliedmaßen mehr oder minder dick anschwellen, leichtere oder schwerere Lähmungscrschcinungen an ihnen oder sogar im ganzen Körper
eintreten, auch im äußersten Falle nach kürzerer oder längerer Zeit
durch Atemnot, Krämpf'e und Atmungsstillstand der Tod, welch letzterer aber immer auf nur wenige berichtete Einzelfälle heschränkt
geblieben ist.
we~nvegen
Das Gift ist eine klare Flüssigkeit, in der zahlreiche Körnchen
schweben. Es reizt die Schleimhäute, ruft heftige Entzündungen hervor,
verursacht häufiges und reichliches Urinieren, kann auch, je nach Ort
des Stiches, das Zentralnervensystem und die roten Blutkörperchen
angreifen. Die Stichstelle kann durch Aussaugen (was \vegen etwaig
verletzter Schleimhäute des Mundes nicht anzuraten ist), Ausbrennen
oder Auflegen von Ammoniak- (Salmiakgeist) behandelt werden. Eine
-
20-
innerliche Verabreichung von Alkohol ist als nutzlos zu bezeichnen.
Man hat auch gelcrnt, die verschiedcnen Serum - Arten gegen Skorpionengift herzustellen (Butantan in Brasilien), die aber in Südwest-Afrika
kaum vorrätig gehalten werden dürften, zumal sie für die dortigen
Skorpionen arten nicht in Frage kommen können.
Der "Selbstmord" der Skorpione ist eine nicht ausrottbare Legende,
und alle derartigen Berichte fußen auf mangelhafter Beobachtung, soweit
sie nicht überhaupt nur auf Hörensagen beruhen. Es handelt sich um
rnißverständlicheAuslegung eines natiirlichcn Vorganges. Große I-litze
ist dem Skorpion uncrträglich und setzt ihn in gröf~te Verwirrung,
und der ,,"Krcis von glühenden Kohlen", in dem jener Selbstmord
schließlich verübt werden soll, veranlaßt den ängstlich dutin umherlaufenden Skorpion, mit zunehmender Hitze, den Schwanzanhang wie
zur Abwehr' weit über den Hiickon nach vorn zu wenden, ja sogar die
Ilückenhaut zu berühren, ein gleiches Verfahren wie bei Abwehr
aller andercn Gefahren. Schließlich stirbt der Skorpion dann durch
fdie flitze. ,Jedenfalls hat sogar ein sich selbst beigebrachter Stich,
voranlaßt durch den Expcrinlcntator, keinerlei Wirkung auf den Skorpion, nicht einmal der Stich eines anderen derselben oder verwandter Art.
An!nerkung: Bei auf engem Ilaum zwischen gleichgroßen Exemplaren von Parabiuhus und Üpisthophthalmus veranstalteten Kämpfen
blieb Parabuthus Sicger und der Gegner erlag nach kurzer Zeit dem
eingeführten Gift.
Ebenso versuchte eine große Solopuga vergeblich, den Giftstaehel
abzukneifen, wurde in die Mundgegen gcstoehcn und verendete sehr
schnell.
Von den insgesa~mlt 6 Familien der Skorpione kommen in SüdwestAfrjka nur Vertreter (in zusarnmen 31 Arten) der beiden Familien
Buthidae und Scorpionidae vor, die sich untcrsehoidon:
1. Sternum (Brustschild) mehr oder minder dreieckig lind nach
vorn zu verschmäler-t (Fig. S 4); Scheren meist schwaeh und
Schwanz meist stark entwickelt (Fig. S 1). - 1. Fam. Buthidae.
Sternum (Brustsclrild) ausgesprochen fiinfcek,ig; Scheren meist
stark und Scliwanz meist schwächer entwickelt (Fig. S 3).
- 2. Scorpionidae.
1. Farn. Buthidae mit 3 sildwestafr-ikanischen Gattungen, die sich
trennen:
1. Unheweglicher Chelieerenfinger am .Unterrunde mit 2 Zähnen. 2.
- . Unbeweglieher Chelicerenfinger arn Unterrande ohne Zahn. 1~
Gattg. Uroplectes,
-
21-
Parabuth.u» »üiorus
2. Letzte Hückcn platte desM.itteHeibes drcikiclig. -- 2. Gattg.
Buthus.
Lctzte Hilckcnplattc des lVlittc'llcibcs nur mit cinetn~vlittelkicl
oder aueh dieser fehlend. - 3. Gattg. Porabuthus.
Buthus nur durch zwei rclativ kleine Arten ver treten (l~. arettaceus
im Croß-Namal.md, Cibcon, 3.5 crn lang, lind B. cOl1spersus
var, aeratus von Kaoko, Otavi, 5--6 cm 'lang).
Parabtuhus mit 8 sHdwestafl'ikanisehcnArten vertreten, deren
Körperlänge zwischen 10 und 13 cm liegt. (P. laevijrons,
P. grnnulatus, P. rautlus, alle d rei erwachsen 10-11 cm
lang, bisher nur in Gross-Narnaland gefunden; P. brachystylus, 13 CUl lang von Kaoko, Otavi ;P. kraepcline, 11 cm
lang, von Windhoek nördlich bis ZUlU Üvambolnnd ; von den
drei übrigen bewohnt P. brevimanus, 1J cm lang, ganz Südwest-Afrika, während P. capensis, 11 COl lang, und P. villosus, 11 crn lang, vom Capland durch Südwest-Afrika bis
zum Kongo verbreitet sind). Die häufigste Art dürfte P. villosus, der "zottige Sk:"; sein, der von rotbrauner Färbung
und an Schwanz und Scheren zottig behaart is.
mit 6 sildwestafrikanischen Arten von ebenfalls
10-12 cm KörpcrIängc (V. carinatus, [J. alstoni, U. pilosus
im Süden bis Mitte Südwest-A Irikas: (J. vittatus von Mitte
Uroplectes
-
22-
bis zum Ovanlboland, U. otiimbinguensis im Damaraland,
während [J. planimanus, dessen gelber bis gelbroter Körper
mit dunklen Zeichnungen auf dem Vordei-leib leicht auffällt, im ganzen Gebiet verbreitet ist).
2. Farn. Scorpionidae mit 3 Gattungen in Sild wcst-Afrika, die sich
trennen:
1. Tarsenendglied des 1.-4. I.. aufbeines mit abgerundeten Endlappen (Fig. S 7); Hauptaugen sehr weit nach hinten gerlickt
(Fig. S 2). - 1. Gattg. Üpistophthalmus.
Tarsencndglied des 1.-4. Laufbeines mit eckig abgestutzten Endlappen (Fig. S 8); Hauptaugen in der Mitte des Vorderleibes
liegend. - 2.
Fig. S 7
Fig. S 7
Fig. S 8
Fig. S 8
T(trsengZied eines 0 1) ist ho p h t ha Zmus in Seitenansicht.
Tarsenglied einer H a d 0 gen e s - Art in Seitenansiclvt.
2. Vorderleih in der Mitte seines Vorderrandes Y -artig eingekerbt;
Schwanz diinn, oft seitlich zusammengcdrüokt und sehr lang;
Körperlänge lllcistll, selten nur 3 cm. '- 2. Gatt. Hadoeenes,
Vorderleib am Vor-der-ende ohne eine derartige Einkerbung,
gel'ade vcrlaufend; Schwanz relativ dick, rund und von normaler
Länge; Körperlänge nur 2 cm. 3. Gattg. Lisposoma.
Opistophihalmus mit meist 10-12 crn Körpcrlänge, in SüdwestAfrika mit 11 Arten ver-treten. O. carinatue ist eine der
häufigsten Skorpione und im ganzcn Gebiet verbreitet; diese
gla tte, gelbe bis braunrote Art mit schwarzen Scherenfingern
ist besonders zahlreich im Damaralando. Ebcnda trif'It man
auch den cinfarbig gclben o. [lavescens, 1n1 ganzen Gebiet
verbreitet bis Mossarnedcs im Nordcn, aher weniger häufig
ist der dunkel rotbraune o. opinatus. Andere Arten leben
mehr im Süden (0. wahlberzi, 8-9 cm lang, (). schultzei,
O. utululatus, O. intercetlens, alle drei ']0-11 ctn lang;
O. gigas, '13-14 cm lang, ganz im Süden, und O. laevicauda,
nur 4~5 cm lang, bei Lüderitzbuch t),
I-Iadogenes mit 3 Arten in Siia,vest-Afr'ika gefunden (H. tacniurus, 13-17 crn lang, dunkel rotbraun, hinten Icdergelb,
im Damaraland; 11. tityrus, 6 cm lang, ledergelb bis bräunlieh im Gross-Narnaland, und der nur 3 cm lange, blass
schorbengelbe H, bijossulatus am Waterbcrg).
Lisposoma mit L. elegans als kleinste Art (nur 2 cm lang),
wurde erst 1928 van Lawrence im Kaokoveld, Otavi-Bezirk,
entdeckt und ist gelb und dunkelbraun gefleckt.
-23-
Opisthoph.tluslmus carinatue
In1 Silden stellt der Ürange-Fluß eine Grenzlinie dCl'Vcrhrcltung
und Ausbreitung der Skorpione da r, die nur von geringer Anzahl'
kapländischer Arten Uberschrittenwind.Das Kapland ist wesentlich
artenreicher als Südwest-Afrika. Es ist aber' nicht unwahrscheinlich,
da(~ in Siidwest-Afrika noch weitere Arten gefundcn\verden, die
einerseits südlich des Orangeflusses und andererseits der westlichen
Kalahari entstammen. Im Ganzen nimmt in SUdwest-Afrika die Zahl
der' Arten von SUden nach Norden ab.
Es sei noch bemerkt, daß die Skorpione zu den altcrfiimlichstcn
'I'icr-Iormen der Erde gehören. Schon in grauer' Vorzeit kamen Skorpione
vor, die den heutigen Arten überaus ähnlich sind. In den langen Zeiträumen von mehreren Hundert Millionen Jahren hat diese Tierordnung
nur sehr geringfUgige Veränderungen durchgemacht. Sie war bereits
lange auf der Erde vorhanden, ehc die ersten Säugetiere entstanden!
und sich dann zu der hcute die Erde beherrschenden Tiergruppe
aufgesch \vungen haben.
3. Ordnung: AF'rEHSKClllPIC)NE (Chelonethi).
Dic Iiir Sildwest-Afrika unbedeutende Ordnung der Alterskorpione
oder Chelonethimag nur kurz erwähnt werden, da sie hier nur wenige
Arten aufweist, die sämtlich als nur sehr kleine Tiere (1-6 mm lang)
so verborgen meist unter Steinen und im Bodengenist von allerlei
-
24-
winziacn Insekten leben, daß Inan sie sehr selten antreffen wird. Sie
ähneln, abgesehen von ihrer Kleinheit, den Skorpionen in ihrer allge-
meinen Kärpergestalt mit denselben, teils aber anders gegliederten
Gliedlnaf~en (Kiefer-taster mit gleichgestalteten Endscheren), unterscheiden sich aber von ihnen dadurch, daß ihr hinten abgerundeter
Fig. Oh 1
Riiclcenansiciü einer 0 he Zri f e T.
flinterleib rnit seinen letzten Ringen keinen abgesetzten Schwanzanhang
und daher hier auch keine Giftblase besitzt (Fig. eh 1)~ Sie töten
ihre Beute mit Giftbi(~ nicht durch die Cheliceren wie die Webespinnen
(vcrgl. dort), sondern durch das Zukneifen der Kief'ertnstcr-Endschcren,
die nahe ihrer Spitze die Offnung für die in dem breiten Handteil
liegende GiftdrUse aufweist. Die Ajterskorpione besitzen andererseits
auch keine Spinndrüsen arn Hinterleibsende wie die \Veberspinncn. Vicl111Chl' weben sie ihre Iinsenf'örrnigen Häutungs - und Gelegenester unter
Steinen, in Winkeln US\v. mit ihren Chclicercn. die an ihrer Spitze
Spinnröhrchen und im Innern Spinndrüsen aufweisen. Von im Freien
lebenden Arten sind bisher nur etwa folgende sechs aus SildwestAfrika bekannt gc\vorden: Calfro~~"'ithius tunulijerus aus dem Namaland
(1.6mm lang), Miratemnus segregatus (1.1 mm lang) und Poratcmnus
insubulus (4-6 nun lang), bcide aus dem südlichen Hereroland, und
die dr'eiArten der Gattung Olpiuni (0. schult.zei ) aus dem Namaqualand, 2.4 mrn lang, O. nitens, 2 mm lang von Lüderitzbucht, und
O. subgratule, 3 lUI11 lang aus der westlichen Kalahari. Es dürfte der
kosmopulitische, vom Menschen mit Utensilien verschleppte sog.
.Biiclu-rskorpion" (Chelifer cancroides ) in alten Büchern und Briefschaften der Wohnungen, in Stallungen, 'I'aubenschlägen US\v. auch in
Südwcst-Afrika gelegentlich anzutreffen sein.
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25-
4. Ordnung: WEBElrKNE~ClrrE (Upiliones }.
Die Weberknechte oder Afterspinnen (Üplliones ) sind schon an
ihrem eigentiltnliehen Körperbau von allen anderen Spinnenticl'cn lcicht
zu unterscheiden. Sie haben einen gedr'ungcnen, allseitig gerundetcn
Körper, der aus dem Vorderleib und dem in ganzer Breite mit diesem
verwachsenen (also nicht gesticlten 1) Hinterleih besteht. Der Vordei-leib
trägt oben fast in der Mitte den Augenhügel mit je einem rechten und
linken Auge; vorn stehen die beiden dreigliedrigen Kieferfühler,
Cheliccren, die heim Männchen vielfach viel stärker entwickelt sind
als beim Weibchen (Fig. Op 1 und 2). An der Untersorte des Vorderlcibs sitzen dieselben Gliedmaßenpaarewie bei den ~v?ehespinnen (verg],
dort) ~ die Gliederung der Kiefertaster (Palpen) und der Laufbeine
ist ebenfalls dieselbe wie bei den 'XI ebespinnen, jedoch ist der Ful~
(Tarsus) der vier Laufbeine in vie]e, teils 5-11 oder gar bis li her
100 kleine Glieder geteilt. Das letzte dieser Glieder ist 'mit je 1, 2
oder ga\r 3 Krallen versehen (vergl. die Tabelle und Fig Op 4 lind ()p 5).
Die Beine aller Weberknechte sind gegenliber dein kurzen Körper
unverhältnismäßig lang und dünn und werden beim Laufen derart
aufgesetzt, da{~ der Körper in der Mitte frei auf- und niederschwebt.
Das längste, zweite Beinpaar unterstützt die Palpen beim Abtasten,
derU:mgebung. Bei Gefahr wirft der Weberknecht ungemein leicht
eines oder sogar' mehrere ganze Beine am Schenkelring (Trochanter)
ab, so daß er - wenn auch nur schlecht - bisweilen auf nur noch
:3 Beinen laufen kann. Diese abgeworfenen Beine machen eine Zeitlang
noch zuckende Bewegungen gleich einem \VebcI'sehiffehen oder einer
bewegten Sense, ein Verhalten, das den Tieren ihren Namen "lDeberknechte" oder .Erntekncchte" (engl.: EI arvest men ], auch ,,8chust':?r"
oder "Schneider" eingetragen hat. - Der kurze Hinterleib zeigt vornunten die durch eine besondere, unpaare, bewegliche Klappe überdeckte Geschlechtsöffnung, während die hinter der 4. IIiifte liegenden
Fig. Op 1
Seitenansicht des Männchens von R harn psi n i tu sec h ino d 0 r s u m,
-~
Fig.
o» 2
Fig. Op 3
Fig. Op 4Fig. ou 5
Fig. üp 3
26-
F'Ig , üp 4
Fig. Op 5
Seitenansicht der 3-gZiedrigen OheZicere eines R h a m p s in i t u s. - Weibchens.
Patpu« von L a w ren c i 0 Za d a m ara n u e.
EndkraZZen des 3. Beines von L a w ren c i 0 l a.
Endkrallen. (Dreizaclckralten.) der Tri a e non y chi d a e.
beiden Atemspalten, die in Röhrentracheen führen, nicht oder kaum
sichtbar sind. Auch fehlen am Hinterleib jegliche Spinnwarzcn, so daß
diese Tiere keinerlei Gewebe oder Fäden spinnen können.
Die Weberknechte sind getrennt-geschlechtlich. Das Männchen ist
an der Geschlechtsöffnung - im Gegensatz zu den Webespinnen
mit einem langen Begattungsorgan versehen, das erst bei der Begattung
vorgestreckt wird, während das Weibchen dort eine lange, weiche Legeröhre besitzt, die erst bei der Eiablage, die in Bodenlöchern stattfindet, ausgestülpt wird. Eine Ei- und Brutpflege findet nicht statt;
die Jungtiere gleichen den Erwachsenen und sind nach dem Schlüpfen
auf sich selber angewiesen.
Die Weberknechte sind nächtliche Tiere, die tagsüber allgemein
feuchte und schattige Wohnorte vorziehen und erst mit Anbruch der
Dunkelheit vorsichtig und lautlos auf Nahrungssuche ausgehen. Tagsfiber suchen sie dunkle Stellen am Boden, Baumrinde, in Felsenspalten
und unter Steinen auf, werden aber auch an dererlci Stellen in Häusern
an den Wänden und an Mauern im Freien oft zu vielen vergesellschaftet
gefunden, wo sie mit weit gespreizten Beinen und niederliegendem
Körper bewegungslos verharren. Ihre nächtliche Nahrungssuche läßt
sie mit ihren Tastern und den langen zweiten Beinen allerlei zum
Fressen Geeignetes, wie weiche Pflanzenstoffe oder tote Insekten und
deren Heste finden, die mit den Cheliceren ergriffen und zerbissen
werden, um dann auf gleiche Weise wie bei den Webespinnen durch
Verdauungssäfte zu Brei aufgeweicht und ausgesogen zu werden.
Lebendige Insekten werden von den \Veberknechtcn nicht angcriihrt;
Giftdriisen sind nicht vorhanden. Ein Gijtbiß oder Giftstich erfolgt
nicht, die Weberknechte sind also nicht giftig und völlig harmlose
Tiere. Trotzdem werden .sie vom Menschen als widerwärtig angesehen
und leider überall verfolgt, was besser nicht geschehen sollte, weil
-27-
sie gerade in Häusern allerlei Pflanzen - und Tierreste vertilgen und
Wände und Winkel nicht, wie es bei \Vebespinncn der Fall ist, durch
Gewebe irgendwelcher Art verunzieren können.
Aus Südwest-Afrika sind nur wenige Arten der Weberknechte
bekannt, die sich auf drei Gruppen nach folgenden Merkrualen leicht
unterscheiden lassen:
1. Alle vier Beinpaare mit einfachen Endkrallen ; Beine sehr lang
und diinn ; Taster beinartig (Fig. OP 1) und unbestaehelt, mit
winziger Endkralle - (Palpatores) Phalangiidae.
1. und 2. Beinpaarmit einfachen, 3. und 4. Beinpaar mit je 2
oder 3 Endkrallen ; Beine kürzer und kräftiger; Taster mit
langen Stacheln und sehr kräftiger Endkralle (Fig. Op 3) (Laniatores J. 2.
20 3. und 3. Beinpaarmit je 2 Endkrallen (Fig, Op 4) 3. und 4. Beinpaar 'mit Dreizack-Endkrallen (Fig.
Triaenonychidae.
Assamiidee.
Op 5) -
Am bekanntesten sind die Phalangiidae, die bisher vornehmlich
mit der Gattung Bhampsinitus in Südwest-Afrika vertreten sind.
Rh. echinodorsum, bekannt von ~1indhoek, hat eine Körperlänge von
5.5mm, ist graubraun mit bisweilen deutlich dunkelbraunem Rückensattel, sein längstes (2.) Bein mißt 33 mrn. Von den im tropischen
Afrika mit sehr zahlreichen Arten lebenden Assamiidae sind in Südwest-Afrika nur wenige Arten festgestellt worden, z. B. Cryptopygoplus
damaranus aus dem Damaraland und Kaokoveld, der heller gelbbraun
ist, mit rauh bekörneltem Körper 3-4 mm mißt und lang bestachelte
Palpen (Fig. Op 4) besitzt. 'I'riaenonychitlae sind in Süd-Afrika ebenfalls sehr zahlreich vertreten, bisher aber aus Südwest-Afrika noch
nicht nachgewiesen, was aber bei weiterer und eindringlicher Durchforschung des Gebietes mit einiger Sicherheit der Fall sein wird.
5. Ordnung: ECI-ITE ODER \VEBESPINNEN (Araneae).
(Die im Text eingeklammerten Abkürzungen beziehen sich auf
Abb. Sp 1.)
Der Name Spinnentiere trifft im eigentlichen Sinne des Wortes
nur auf die "Echten oder Webespinnen" zu, die zum Unterschied von
den übrigen Ordnungen dieser Tierklasse 'mehr oder minder kunstvnlle
Netze und Gewebe aus selbsterzeugten Spinnfäden herstellen.· Diese
Fäden, aus dem die Webespinnen ihr Gespinst aufbauen, werden von
2 oder 4 oder (meist) 6 Spinnwarzen (Spw) ausgeschieden, die mit
feinsten, zahlreichen Spinnröhrchen besetzt sind und auf der Unter-
-
28-
scite des Hinterleibs (Ahd) in der nächsten Nähe des Afters (Aft)
sitzen. Der verschiedcnartig zusammengesetzte, aber stets sehleinlige
Spinnstoff, den die Spinnwarzen durch ihre Spinnröhrohen in zahlreichsten, dünnsten Fädchen entlassen, erhärtet in der Luft zu einem
ei nzigcn zähcn, festcn Haltefaden oder klebrigen Fangfaden und wird
in einer Anzahl vcrsehiedenartig gebauter und tätiger Spinndrüsen
Ci'7-CUgt,
die im Hinterleib untergebracht sind. Dieser Hinterleib (Ab-
dornen
Abd), von kugcliger, längsovaler oder (seltener) abgeflachter
Form, ist m it dem Vorderleib (Prosoma = Cephalothorax) stets nur
durch einen dünnen Stiel verbunden, ein Merkmal, das die Webespinnen
von allen anderen Spinnentieren sicher unterscheidet und somit am
}(örper nur zwei wohlget r ennte Abschnitte erkennen läßt.
Der Vorderleib (Ceplzalothorax), dessen "Kopfteil" (Cepltalus ) sieh
durch eine mehr oder minder schräge Hiickenfurchc kaum deutlich
VOD1 Brustabschnitt (Thorax) absetzt, trägt wie bei allen Spinnentieren
anf der Unterseite die sechs Gliedma(~enpaare und außerdem vornoben die Augen (Au), deren Zahl (meist 8, seltener weniger), Anordnung und Gröf~e ein wichtiges Untersehcidungsmerlonal der- Fumilicn
und innerhalb derselben oft auch der Gattungen ist.
Das erste Paar der Gliedmaßen, dic Kic lcrfühlcr oder Chel icercn
(ChJ:, steht unterhalb des Augenfeldes vor der Mundöffnung. hinter
der eine kleine Unter-lippe (L) erkennbar' ist. Die Cheliceren (Ch)
haben ein dickes Grundglied, an dessen Endr::~ ein zweites Glied eine
entweder von oben nach unten oder von außen nach innen einschlugbar e,
starke Klaue sitzt, hinter deren scharfer Spitze eine kleine Uf Inung
den Giftkanal nach außen münden lä(~t. Alle Webespinnen (nütAusnahme einer - in Siidwcst-Afrika nicht vorkommenden Fatuilie)
besitzen zwei Ci Itdrüsen, die entweder im Grundglied der Chcliecren
liegen oder auch von hier aus bis in den Vordei-leib hineinreichen.
Sie werden beim _Einschlagen der Klaue in die Beute durch den Druck
der starken~lusklilatur im Grundglied der Chclicorcn nach aulAen
entleert.
Gleich hinter dem Munde zu beiden Seiten der Unter-lippe (L)
stehen als zweites Gljedma(~enpaar die Kiefertaster orler Pedipalpen,
auch kurz Palpen (P) gcnannt, bestehend aus JIU[tc (Coxa
Cx),
Schenkelr-ing cr.'ochanter
7 7'), Schenkel (Femur
F), Knie (Patella
Pt), Schiene CI"'ibia
7 i ) und dem Fu(~ Cfarsus
7 a ). Die lIiifte
trägt einc Kaulade (Maxille
~lx), die bcidc die Untcrf ippc (L) beim
Aussaugen der verflüssigten Heutetiere untorstfitzcn ; der Tarsus trägt
beim \Veibchen vielfach eine kleine Endklauc, ist aber beim Männchen
ZUlU Tragen der (artlieh ganz verschieden gebauten) Begattungsorgane
eigentiimlieh umgcstaltet und mit Sohwellblasen, aUcrlei Fortsätzen
usw. versehen (Fig. Sp 2 und Sp 3). Hinter der Unter-lippe folgt
in der Mittellinie des Vorderleibs das stets recht breite Brustschild
(Steruln
8t), zu dessen heiden Seiten die je vier Laufhcine stehen,
die ihrerseits dieselben Glieder wie die Kiefer taster besitzen, zu
1
1
1
-
29-'
denen zwischen Schiene und dem stets einglicdrigen Tarsus sieh noch
ein weiteres Glied, die Ferse (Metatarsus = fllt) einschaltet. Dieser
Metatarsus des 4. Beines trägt bei manchen Familien (siehe dor t),
außer der üblichen Behaarung noch einen ein - oder zweircihigcn
Borstcnkamrn, das sog. "Calalnistruln" (Fig, Sp 7). Die Endglieder der
Laufbeine besitzen auch mehr oder minder zahlreiche Tusthaare in
festliegcnder Anordnung, oft auch ebenfalls an Zahl und Stellung
artlieh fcstliegende Borsten und Stacheln. Das Endglicd der Laufbeine (Tarsus) hat 2 oder 3 kammzähnige Endklauen. oft auch (bei
der Z-weizahl) besonders hervortretende Haare als "Krallenbiisehel"
(Fig. Sp 6).
Ein dünner Stiel, durch den das Zen tr alnorvensvstcrn, die Atmung» organe, Blutbahnen und der Durm hindurchführen, trägt den I.linterl eib
(Üpisthosorna, Abdomen = Abd), der stets viel voluminöser ist als der
Vorrlerlcib, aber außer den schon genannten Spinnwarzen (SplV) keinerlei
Glicdmußen aufweist, Die Oberseite des kugeligen, walf'örmig-ovalen
oder auch abgeplatteten Ifinterleibs ist bei vielen Arten teilweise bunt
oder hell und dunkel von gelb bis braun oder gar schwarz, mit oder
Fig. Sp 1
Fig. Sp 1
Fig. Sp 2
Fig. Sp 3
Bauchansicht einer Rad n e t z s p i n n e (Abkürzungen siehe
im Text).
Taster einer männlichen C ,t e n i z i d a e - Art.
Taster einer männlichen G n a p h 0 s i d a e - Art.
'-- 30 -
ohne Binden gezeichnet. Seine Unterseite zeigt vorn eine Querfaltt),
in deren Mitte die Gesehleehtsöffnung (G) liegt, die bei einem Teil
der (wcihlichon) Spinnen als sog. "Epigyne" von ar tlich streng festgelegtem Bau ist. Zu beiden Seiten dieser Gesehlechtsöffnung liegen
je ein oder z,veiAtemspalten (Stigmen = Stg), die zu den im Hinterleib untergebraehtenAtlnungsorganen in Form von Blätter-, Fäeher-,
Sieh- oder llöhrentraeheen führen. Ist nur ein Paar dieser Stigmen
vorhanden, so finden sieh kurz vor der Afteröffnung und. den Spinnwarzen hinten -unten am Abdomen eine einzige mittlere, immer nur
schwach siehtbare Atemspalte (Stg 1), die in Höhrentraclicen führt.
Alle Spinnen, die ein Calamistrum (vergl. oben) am 4. Meta tarsus;
besitzen, haben kurz vor dem Spinnwarzenfeld noch ein siebartig aussehendes Spinnfeld, das sog. "Cribelhun" (Fig. Sp 8)
e
Alle Spinnen sind Raubtiere, die ihre Opfer,llleist Insekten wie
Fliegen, Mücken US\v., oder (bei gl'of~en "Vogelspinnen") auch Frösche,
Eidechsen, ja sogar kleine Vögel, teils in eigenen F'angnetzen~ teils
durch ge,valtsamen Uberfall erbeuten (vcrgL die einzelnen Fam ilien)
und es durch Giftbiß beim Einschlagen ihrer- beiden Cholicercnklanen
bezwingen. Darauf folgt ein reichliches Überschütten mit Verdauungssäften übel' die gelähmte oder schon tote Beutc,\vodurch teils mit
Hilfe der weiter arbeitenden Chelicer-en ein Brei entsteht (Außenver daunng l), der durch Anpressen .an die Mundöffnungmit Hilfe der
beiden Kauladen (~lx) und der Unterlippe (L) unter Zurücklassen
und Abstoßen der unverdaulichen (Chitin -) Teile ausgesogen wird,
In1 allgefneincn sind die Spinnen sehr gefräßig, so daß kurz nach
einander eine ganze Heihe gleieher oder versohiedcnurtiger Beutetiere
vcrzohrt werden kann, lind somit der Hinterleib (AbrI), besonders beim
\Veibchen, lnäehtig anschwillt und vergrö(~crt ·wird,\vogegcn das vollgesogene Tier dann wiederum recht lange und unter Schwinden des
Abdomenumfanges hungern kann, wie es die \,\7 ottcrverhältnissc und
damit die Fangaussichten mit sieh bringen.
Alle Spinnen sind getrennt-geschleehtlieh und vcrrnelu-en sieh
durch lLiablage. J)as~1.ännehen, meist bcträehtlir-h kleiner als das
\\1cihcheu, entleert sein Sperma unabhängig von der Gegen,vart eines
\\1cibchcns in Form ci nes Tropfens auf ein eigenes klci nes Gespinst,
von wo es diese SanlenfHissiglkeit in den Begattungsapparat des l~nd­
gliedes (7
seiner Kiefertasten aufsaugt. Dann erst sucht es das
\Veibe]len auf lind bringt den beladenen Taster, falls das \~1 cibchcn
zur Begattung geneigt ist, in die nur für' diesen oft kompliziert gebauten
'I'aster passende Gesehleehtsöffnung des Weibehcns. Das
erhalten
und die Stellung der beiden Partner dabei ist für die einzelnen
Gattungen und Arten derart verschieden, daJ~ hier in Kürze nicht
davon berichtet wer den kann. Die Spinnen sind mit sehr wenigen
AusnahlTI_en ungesellig und einsam lebende Tiere. Selbst das weihliehe
undmännliehe Geschlecht vertragen sieh nur selten, und es kommt,
ganz ähnlich wie bei den Walzenspinncn (vergl. dort) vor, daß SIeh
das gröf~erc Weibchen, wenn der' Begattung abgeneigt, des kleineren,
1a)
'1
-
31-
sich behutsam heranpirschenden Männeheus bcnläf~htigt und es regelrecht auffr ißt, was aber auch nach bereits vollzogener Begattung
geschehen kann. Der Beuteinstinkt überspringt hier häufiger den Fortpflanzungstrieb, so daß es fiir das Männchen oft eine große Gefahr
bedeutet, sich überhaupt dem Weibchen zu nähern. Die meist
einige Wochen nach der Begattung stattfindende ~Ablage der Eier,
deren Zahl je nach Art von wenigen bis zu hundert und mehr schwankt,
erfolgt ge,vöh nlich in vorn \Veibchen gesponnenen, kugelrunden oder
linsenförrnigen Behältern (Cocons), die von ihm je nach Art teils
lange behütet, teils sich selbst überlassen werden. Im ersteren Falle
werden dann auch meist die Jungtiere behütet und z. B. bei Wolf ...
spinnen ähnlich wie bei den Skorpionen mit herumgetragen. Die
Jungtiere sind, abgesehen von ihrer geringeren Körpergröße, den
erwachsenen ähnlich und wachsen nach mehreren lIäutungen zu geschlechtsreifen Tieren heran.
Uber die Giftigkeit der Spurneu bestehen recht untersohiedliche
und teilweise unrichtige Ansichten und Ber-ichte. Im allgemeinen tötet
oder lälunt der Giftbiß gc,visscr Spinnen nur die von ihr zu bcwältigendc Beute. Die "Tal'antel" (Wolfspinnen der Gattung Ilogna) ,
die in Südwest-Afrika fast immer mit der Walzenspinne (siehe dort)
verwechselt wird, ruft durch ihren Bif~ beim Menschen wohl recht
schmerzhafte Empfindungen hervor. Die so oft wiederholte Erzählung
von der ,,1~arantcl", deren Gift den Nlensehen in wilde Raserei versetzen soll, gehört in das Reich der Fabel, denn über die \Virkung
eines Wespenstiches geht der Bif~ der Tarantel kaum hinaus. Weit
gefährlichcr sind dagegen die als .schwarsbraune" und "sch~varzeH
Spinnen bezeichneten Theridiiden der Gattung Latrodectus (L. geomet.ricus und L. incertus (Fig. Sp. 24-26), deren Vertreter in SüdItalien als "Alabnignatte"' und in Süd-Hußland als .Karakurt" (Schwarzer COol!) bekannt sind, aber mit oben genannten Arten auch in Südwcst-Afrika vorhanden sind. Diese Arten, die von den Eingeborenen
am meisten gefiirehtet werden, da ihr Biß als tödlich angesehen wird,
können durch ihr Gift wohl kleinere Säugetiere töten, sind aber im
allgemeinen sehr beißunlustig und beißen nur, wenn sie sich gestört
oder gar bedroht fühlen. Trifft einen Menschen unglückliche r weise
solch ein Biß eines Latrodectus, so ist die Folge nicht etwa der Tod.
Immerhin werden nach dem fast unmerklichen Biß nach einiger Zeit
IH~ftige Schmerzen, Beklemmungen und Fieber, Herzbeschwerden, Angst ..
zustände und Schweißausbrüche eintreten, die nach längerer oder kürzerer Zeit überwunden werden. Jedenfalls kann die schwere Giftigk~it
dieser Spinnen den Menschen heträehtlich schädigen und daher nicht
in Zweifel gezogen werden. Doch sind in den vielfachen Berichten über
die A1el'tvignatte und den Karokurt. dem in den Steppen Süd-Rußlands,
der Heimat der auch in Südwest-Afrika zahlreich geziiehteten Karakulschafe, in manchen Jahren Zehntauscnde dieser \Veidetiere zum Opfer
fallen sollen, recht viele Ubertrcibungen zu finden. \Venn auch diese
Spinnen in Südwest-Afrika bisher nicht als häufig zu bezeichnen sind,
ist immerhin eine ge·wisse Vorsieht arn Platze. .t\hnlieh liegen die
-
32-
'Verhältnisse bei den Latroilectus- "Arten der amerikanischen Tropen und
Subtropen (L. mactans, the .Black UjidoH,H) und der Insel Neu-Seeland
(L. katipo ).
l\Janche Spinnen benutzen die von ihnen gesponnenen Fäden auch
zur Verbreitung ihrer Art. Einesteils sind es die jungen Tiere mancher
Familien, andererseits aber auch die E r wachseneu einiger Fumilicn,
die von irgendeincill erhöhten Standpunkt aus einen Faden fliegen
lassen, der leicht VOlTI Winde erfaßt wird. Sobald dieser Faden stark
genug ist, was die Spinne genau festzustellen verlnag, lind ein stärkerer
Windstoß kommt, läf~t sieh die Spinne los und tritt auf dem mit ihr
entschwebenden Faden eine Luftreise an, die sie in nicht zu grof~er
flöhe iiher mehr oder weuiger weite Entfernungen fortführt. In Europa
bezeichnet man diese meist im Herbst durch die Luft treibenden
Gespinste als ,,_Alt,veibersoBuller", ,,~Iarienfäden", ~,Sol~rnerfäden" (eng!.
,~gossalllcr"). In Südwest-Afrika sind derartige I . uf'trcisen zu verschiedenen Jahreszeiten beobachtet worden, und zwar fiir Jungtiere
von Hadnetzspinnen [Araneiden ), Krabbenspinnen (Thomisiden ) und
\Xlolfspinncn (Lycosiden und Pisauriden ). Aber auch erwachsene Spinnen reisen gelegentlich durch die Luft, wie z. B. Plattbauchspinnen
(Gnaphosiden), Sackspinnen (Clubionuien ) und vor allem recht häufig
Springspinnen (Saltic;idell).
Der Aufenthalt der verschiedenen Spinnenarten ist weitgehend
von den Boden -, Klima -, Feuchtigkeits - und
egetationsverhältnissen
abhängig, da die Art und Weise des Nahrungserwerbes, Ausübung des
Netzbaues und der Brutpflege sich in hohem ~1aße nach derartigen
Umständen riehtet. Die in Südwest-Afrika weiteste Verbreitung haben
diejenigen Spinnen, die im Cross-Namaqualnnde und im Damm-alande
auftreten. Besondere Arten leben wieder in den \~liistenstrichen der
Namib mit ihrem kümmer-lichen Pf'lanzenwuohs an Xerophyten (Ganna,
~lpselnbryanthemuln-Arten,Wet,vitsehia) und im Kaokoveld mit seiner
succulen ten Vegetation wie Euphorbien, Hoodia, Acacia giraffae usw.
Eine Spinnenwelt anderer Art lebt wiederum in dem fast ganz tropischen
Ovamboland mit seinen Flächen hohen Grases und baum-bedeckten
Steppen~ reichlichen Palmen, dem Boabab und der sich so weit sprei"enden Copaifera mopane. Beriicksichtigt man diese so unterschiedlichen Verhältnisse, so wird es verständlich, daß Lebensweise, Art
und Weise des Netzbaues, Ausübung des Spinnvermögens überhaupt,
ferner Nahrungserwerb. Begattung und Brutpflege für die einzelnen
Familien, ja sogar Gattungen und Arten innerhalb derselben Familie
so verschieden sind, daß hier nur die wichtigsten und auffälligsten
Momente angegeben und in der Besprechung der einzelnen, in SildwestAfrika vertretenen Familien kurz - erwähnt werden können. Ebenso
können hier bei weitem nicht alle Gattungen, gesch,veige Arten SüdwestAfi-ikas behandelt werden, und es muß geniigen, in folgender Bestimmungstabclle, die ihrerseits auch nur die wiohtigstcn Unterscheidungsmorkmale bringen kann, von den 62 überhaupt bekannten nur die 30
in Südwest-Afrika festgestellten Familien zu erkennen:
'1
-
33-
1. Cheliceren (Ch) waagerecht nach vorn gerlehtct~ ihre Klauen
von oben nach unten einschlagbar (Fig. Sp 4). - 2.
Cheliceren (Ch) mehr oder minder nach unten gerichtet, ihre
Klauen von außen nach innen einschlagbar (Fig.. Sp 5). - 4.
2~
Fußglied (Ta) der Beine mit endständigem I(rallenbiischel unter
den Krallen (Fig.. Sp 6). - 1. Fam. T'heraphosidae.
Fuf~glied (Ta) der Beine ohne derartige Krallenbüschel. 3.
3. Vorderseite der Cheliceren (Ch) mit Scharrdornen. -
2. Fam.
Ctenizidae.
Vorderseite der Cheliceron (Ch) ohne derartige Scharrdornen,
- 3.. Farn ... Aligidae.
4. Spinnen mit Calamistrum (Fig.. Sp 7) und 111it Cribellum
(Fig. Sp 8). -
27.
Spinnen ohne Calarnistrum und ohne Cribelhun.
Fig. Sp 5
F'Ig. Sp 4
Fig.
Fig. Sp
4
Fig. Sp 5
Fig. Sp 6
Fig. Sp 7
Fig. Sp 8
s». 6
5.
Fig. Sp 7
Fig. Sp 8
Unterseite des Vorderleibs von Mo 9 9 r i d ge a mit Cheliceren,
Palpen und Bein-Hüften, Sternum und Unterlippe.
Unterseite des Vorderleibs einer Ag e l e n a mit Cheliceren,
Palpen- und Beinhüften, S'ternu11~ und Unterlippe.
Tarsus eines Laufbeines mit 2 Krallen und Krallenbüschel.
Calamistrum a11~ Fersenglied des 4. Beines.
Cribellum und Spinnwarzen, von unten gesehen.
-
Fig. Sp 9
Fig. Sp 9
Fig. Sp 10
Fig. Sp 11
-
Fig. Sp 11
Fig. Sp 10
2 Spinnwarzen auf gemeinsamem Sockel bei den Z 0 d 0 r i i d a e.
Spinnwarzen einer Her s i l i a.
Mundwerkzeuge einer T e t rag n a t h a, von unten gesehen.
5. Spinnen mit 6 oder nur 2 Augen. - 6.
Spinnen mit 8 Augen in 2 oder 3 oder 4 Querreihen. -- 9.
6. Spinnen mit nur 2 Augen.
-
34-
Spinnen mit 6 Augen. -
-
4. Farn. Caponiidae.
7.
7. Spinnen mit zwei Paar Stigmen (Stg) neben der Geschlechtsöffnung (G). - 8.
Spinnen mit nur einem Paar Stigmen (Stg) neben der Geschlechtsöffnung (G); das hintere Stigmenpaar in kleiner unpaarer Spalte dicht vor den Spinnwarzen (Stg 1). - 7. Farn.
Sicariidae.
8. Untcrlippe (L) stets länger als brcit; mittelgroße Spinnen.
5. Farn. Dysderidae.
Unterlippe (L) breiter als lang; kleine Spinnen (bis 2 mm),
6. Farn. Oonopidae.
9.. Fußglied (Ta) der Bcine mit zwei Haupt- und einer darunter
stehenden Nebenkralle. - 10.
Fußglied (Ta) der Beinc nur mit zwei (Haupt-) Krallen. - 20~
10. Spinnen mit nur zwei (meist größeren) Spinnwurzen (Fig. Sp 9).
- 11.
Spinnen mit sechs Spinnwarzen (Spw). - 12.
11. Erstes Beinpaar viel stärker entwickelt als die übrigen drei
Paare. - 8. Farn. Palpimanidae.
Alle vier Beinpaare von annähernd gleieher Stärke. - 9. Farn.
Zodariidae.
-35 -
12. Unterlippe (L) mit dem Sternum (St) verschmolzen (Fig. Sp 4).
- 10. Farn. Pholcidae.
Unterlippe (L) frei gegen das Sternum (St) beweglich.- 13.
13. Das eine der drei Spinnwarzenpaare stark verlängert und auf
der Innenseite mit zahlreichen Spinnröhrchen besetzt (Fig. Sp 10).
- 11. Farn. Ilersiliulae.
Keines der drei Spinnwarzenpaare stark verlängert (Spw). - 14.
14. Unterlippe (L) vorn mit starkem, glattem Wulst. - 15.
Unterlippe (L) vorn flach und ohne derartigen Wulst. - 16.
15. Beine bestachelt; Cheliceren (Ch) normal und nicht weit nach
vorn gespreizt (Fig. Sp 1). - 12. Farn. Araneulae.
Beine nicht bestachelt; Cheliceren stark entwickelt und nach
vorn weit gespreizt und vorgestreckt (Fig. Sp 11). - 13. Farn.
T etragnathidae.
16. 8 Augen in zwei Querreihen. - 17.
8 Augen in drei oder vier Querreihen. -
18.
17. Fußglied des 4. Beines mit hervortretendem Borstenkamm (Fig.
Sp 12); Beine von Tibia (Ti) bis Tarsus (l'a) nicht bestachelt,
- 14. Farn. Theridiidae.
- . Fuf~glied (Ta) des 4. Beines ohne einen derartigen Borstenkamm. - 15. Farn. Agelenidae.
18. 8 Augen in drei Querreihen, deren erste 4 kleine Augen aufweist (Fig. Sp.14). -
19.
8 Augen in 4 Querreihen zu je 2 Augen (Fig. Sp 13).
18. Farn. Oxyopidae.
19. Nebenkralle der Fußglieder der Beine nicht kammzähnig. 16. Fenn. Pisauridae.
Nebenkralle der Fußglieder der Beine kammzähnig, - 17. Farn.
Lycosidae.
20. Vorderleib vorn quer abgestutzt und hier mit 4 großen A_ugen
in einer Querreihe, hinter diesen 2 kleinere Mittel- und noch
weiter hinten mit zwei Hinteraugen (Fig. Sp 15). - 26. Farn.
Salticidae.
Vorderleib nach vorn stets etwas verengt, mit 8 Augen in zwei
Querreihen oder im Kreise stehend (Fig. Sp 22 u. 19). - 21.
21. Vordere Spinnwarzen weit von einander getrennt (Fig. Sp 16).
- 22.
Vordere Spinnwarzen nahe bei einander stehend (Fig. Sp 17).
-- 24.
22. Cheliceren nach oben hornartig verlängert (Fig. Sp 18).
21. Farn. Ammoxenidae,
Chcliceren (Ch) normal und nicht derartig verlängert. --- 23.
-
36-
\ I
r
I
Fig. Sp 12
Fig. Sp 13
Sp A
Fig. Sp 17
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Sp B (a)
Fig. Sp 18
Fig. Sp 15
Sp B (b)
Fig. Sp 19
Ir!
Fig. Sp 16
Sp C
Fig. Sp 20
Boretenkarnrn. am FußgUed des 4. Beines von La t rod e c tu e.
Vorderleib mit Cheliceren und Augenstellung einer 0 x y 0 p e s,
von vorn gesehen.
Sp 14 Vorderleib mit CheUceren und Augenstellung einer Wo l fS'P i n n e, von vorn gesehen.
Sp 15 Vorderleib mit Augenstellung einer S pr in 9 s pi n n e, von
oben gesehen.
Sp 16 Spinnwarzen einer G n a p h 0 s i d a e - Art, von unten gesehen.
Augenstellung einer Pisauridae-Art t Eu.prosth.enopsl von oben
Sp A
(dorsal) gesehen.
Sp B Augenstellung einer Lycosidae-Art
a.) von oben (dorsal) gesehen
b) von vorn (frontal) gesehen.
Sp C Augenstellung einerOxyopidae-Art von vorn (frontal)
gesehen.
Sp 17 Spinnuxxrzen. einer C lu bio n i d a e-Art, von unten gesehen.
Sp 18 Chelicere eines A rri m 0 x e n u s, von der Seite gesehen.
Sp 19 Vorderleib rnit Augenstellung und Cheliceren einer Pro d idom u s, von vorn gesehen.
Sp.20 Augenstellung von S e l e n 0 1) s, von vorn gesehen.
Fig. Sp 12
Fig. Sp 13
Fig.
Fig. Sp.14
I 1/
\(
-37 -
23. Cheliccrcn stark gespreizt; 8 Augen im Kreise stehend
(Fig. Sp.19). - 19. Farn. Prodidomidae.
Chelicercn nicht divergierend; 8 Augen in zwei Querreihen zu
je 4 (Fig. Sp 22). - 20. Farn. Gnaphosidae.
24. Laufbeine flach-seitwärts gerichtet. - 25.
Laufbeine nicht derart seitwär ts gerichtet. bionidae.
22. Farn, Clu-
25. Vordere Augenquerreihe mit 6, hintere mit nur 2 Augen
(Fig. Sp 20). - 24. Farn. Selenopidae.
Vordere und hintere Augenquerreihe mit je 4 Augen (Fig. Sp 22).
- 26.
26. Zwischen den beiden vorderen Spinnwarzen (Sp,v) mit einem
Zäpfchen. - 25. Farn. Thomisidae,
Zwischen den beiden vorderen Spinnwarzen (Spw) ohne ein derartiges Zäpfchen. - 23. Farn. Eusparassidae.
27. Vorderleib vorn quer abgestutzt; 8 Augen in drei Querreihen
(Fig. Sp 21). - 27. Farn. Eresidae.
Vorderleib stets nach vorn verengt; 8 Augen in zwei Quel'reihen. - 28.
28. Cribellum ungeteilt (Fig. Sp 8). - 29.
Cribellum in der Mittellinie längs geteilt. robiidae.
29. Riickengrube
- 28. Farn.
llückengrube
(Fig. Sp 23).
29. Farn. Amau-
des Vorderleibes Iängs-schlitzfürmig (Fig. Sp 22).
Dictynidae.
des Vorderleibes in Form eines Querbogens
- 30. Farn. Uloboridae.
Aus den schon oben dargelegten Gründen der Abhängigkeit ihrer
Lebensweise von den Eigenheiten der Landschaft sollen die vermerkten
Familien, von denen nur die wichtigsten Merkmale lind Lebensverhältnisse kurz erörtert werden können, nicht in der Heihcnlolge der
o o~
0
0
0
0
0
0
0
Ftg . Sp 21
Fio, Sp 21
Fig. Sp 22
Fig. Sp 23
o
/ -,
0
0
/
Fig. Sp 22
Fig.
s» 23
AugensteZZung einer E res i da e - Art, von oben gesehen.
Augenstelung und Rückengrube einer Ag e Le n a, von oben
gesehen.
AugensteZZung und Rückengrube von U lob 0 ru s, von oben
gesehen.
-
38-
Tabelle aufgcfiihrt werden. Vielmehr gl'uppicren WIr die Familien, in
denen nur die Gattungen Südwest-Afrikas und unter diesen in Klammern
die Zahl der ihnen zugehörenden Arten oder einige besonders bemcr kenswcr tc Arten genannt werden, nach den erwähnten Aufenthaltsund Lebensbedingungen in drei Gruppen:
1. Gruppe: Seßhafte Spinnen, die am Boden oder dessen nächster
Nähe in Gebieten ohne oder mit nur kiimmerlirher Pflanzenwelt ihren
Wohnsitz haben und in dessen nächster Nähe ihre Beute erwerben
(größter Teil Südwest-Afrikas: Namaqualnnd und Darnaraland).
20 Gruppe: Vagabundierende Spinnen ohne festen \Vohnsitz, meist
in wüstenartigen Landstrichen frei und ohne Fangnetz jagl~nd (Nutnib,
Kaokoveld) .
H. Gruppe: Seßhafte Spinnen in Gegenden reicherer Vegetation
(Ovamholand) wo sie an hochwachsenden Pflanzen, Sträuchern usw,
geeignete Ortlichkeiten fUr ihre Fangnetze vorfinden oder an BIllten
und Blättern in Huhe auf besuchende Insekten lauern.
Diese drei Gruppen sind natiirlioho nicht 111it äußerster Schärfe
zu trennen, sondern durch reichliche Dbergänge mit einan der verbunden. Doch nlag die Besprechung der Familie und ihrer Vertreter
an Hand dieser drei Cruppcn die Bcobaehtung im Freien erleichtern
und unterstützen.
1. Gruppe:
S eß h a f t e S p i n n
e
n
a In
Erd b
0
den
0
der i n B 0 d e n näh e.
Die drei Familien der Ctenizidae, Jligidae und 'I'heraphosulae
werden vielfach als "VogelspiTlllell" bezeichnet, obgleich diesen Neunen
eigentlich nur die letztgenannte Familie verdient. Die Theraphosidae,
vertreten durch die Gattungen Ceratogyrus (2), Il arpactira (1 Art: 11.
uamaquensis ), H arpactirella (2), H ermacha (1) und Pterinochilus (2
Arten: P. namaquensis und P. schultzei), sind die gröf~ten Spinnen
von 6-9 cm Körperlänge, meist zottig behaart, von brauner oder
gelbgrauer Farbe mit teils hellen, geringelten Beinen. Ohne eine Wohnröhre zu bauen, hausen sie tagsüber in natürlichen Bodenvertiefungen
oder Baulnhöhlen, wo sie ihr Wohnnetz mit dichtem, durchscheinendem
Ge-webe austapezieren. Ihre nächtliche Jagd in der Nähe ihres Baues
erstreckt sich 'meist auf hartschalige Käfer, aber auch auf Frösche,
Eideehsen und (gelegentlich) kleine Vögel.
Die Ctenizidae und Nligidae werden besser .Falltiirspinncn" (Trapdoor -Spiders) genannt. Sie sind kleiner (2--3 Cl11 lang), und erstere
in Siid,vest-Afrikamit den Gattungen Jdiops (4 Arten, darunter J.
d.amarensis }, Stasimopus (3) und Pelmatory cter (2), sowie die Aligidae
nur mit einer Gattung und Art Moggrideea purpllrea vertreten. Die
Ctenizulac bewohnen selbstgegrabene Erdröhren, deren Wandung mit
Speichel und Erdkrumen fest ausgemauer-t und. mit einem Deckel
-
39-
versehen wird, der aus Erde und Bodengenist verwebt ist (Anpassung
an die Umgebung und daher schwer zu finden) und durch ein Seidenscharnier falltürartig geöffnet werden kann. \Vährend des Tages hält
die Spinne in der Röhre mit ihren Cheliceren den Deckel fest ge-'
schlossen, schau t aber nachts halb aus der halb geöffneten Röhre
hervor; auf vorfiberkommende Beute, meist Käfer, Schaben usw, Iauernd.
Das Opfer wird 'mit den Chelieeren ergriff'3n, in die Röhre geschleppt
und dort durch Giftbiß getötet und ausgesogen. i\hnlich verhält sich
auch illoggridgea purpurea, mit dem lTnterschiede, daß Si'3 ihre \Vohnröhre nicht im Erdboden, sondern in der Korkrinde alter Bäume oder
(Kalkstein -) Felsspalten anlegt und sie korkartig verschließt.
'Von den Raubspinnen = Üvsdcrulac webt die Gattung Aritulna
(6 Arten, darunter A. hott.entotta, 0.6 cm lang) in Felsspalten und
Maucrföchcrn gleichfalls Höhrcn, deren Mündung nur mit einem
Soidenkragcn urnfaßt wird. Von ihm gehen Strahlenfäden aus, die auf
voriibcrlauf'ende Beutetiere als sog. "Stülpet'fäden" wirken, Die lauernde
Spinne (von fahlgelber oder grauer Farbe) "wird dadurch hervorgclockt,
schleppt das gebissene Opferül die Höht-e und verzehrt es dort. Die
zweite Gattung dieser Familie, Segestria, ist bisher nur als Jungtier
gefunden worden. Die nahe verwandten, kurzbeinigcn und sehr kleinen
(2 mm langen) Oonopidae stellcn für Sildwest-Afrika nur die unscheinbare Art Stenoonops porvimana, die tagsüber unter Steinen. Rinde
und trockenem Bodengenist lebt und erst nachts sehr langsam laufend
auf Beutefang ausgeht. Ähnlich verhält sieh die nur 2 Augen besitzende,
3-4 nun lange Diploglena capensis der Caponiidae. Auch die sechsängigen Sicoriidae gehören zu dieser Gruppe bodennah lebender Spinnen Süd,vest-Afrikasmit ihren dr-ei Gattungen. Sicarius (5 Arten,
darunter S. damarensis, 1-·1.5 cm lang, einfarbig gelbbraun, mit
flach -seitwärts gerichteten Beinen) ]cbt unter Steinen und bewegt
sich stoßweise und nur sehr Iangsam fort. Sie baut eine 'Xlohnhöhle,
an deren Decke der Eioocon uutergebtacht wird. Eine \veitere Gattung
dieser Familie, Loxoscelcs (2 Arten von 9.S-10 rum Länge) webt unter
Steinen oder alter Baumrinde eine Decke, unter der sie sich tagsiiber
aufhält. Dagegen sind die 6 Arten der Gattung Scytoles (darunter
s. kaokoensis, 0.5 cm lang) in ihrem Beutefang besonders auffällig.
Diese Spinnen (mit sehr hoch ge,völhtclIl Vorrlerlcib, langen Beinen,
oft schwarz und hellgelb oder weißlich marmor-iert) finden sieh unter
sonnenwarmen Steinen und Bodengenist zwischen losen Fäden und
gehen nachts auf besondere Art auf Insektenfang aus. Sie bleiben kurz
vor dem wahrgcnommcneu Insekt regungslos stehen. Dann erfolgt ein
Huck durch den ganzen Spinnenkörper, durch den die Spinne ein zu
Zuckläden erstarrendes Sekret ausspeit, an dem die Bcnte bc,vcgnngslos
hängen bleibt. Dann erst erfolgt der Giftbif~, Einspinnen und Verzehren.
Eine ähnliche Lebensweise 'wie die eben genannten
auch die Palpimcnidae und Zotlariitlae, die vor allem
zwei gröf.~eren Spinnwarzen kenntlich sind, die bei
auf einem besonderen Sockel stehen (Fig. Sp 9). Diese
Familien haben
durch ihre nur
den Zodariidae
Fanlilie ist mit
-
40-
7 Gattungen und 20 Arten, Cydrela (2), Capheris (7), Caesetius (7),
Cicynethus (1), I-leradida (1), Paljuria (1) un d Diares (1) in allen
Teilen Sildwost-Afrikas vertreten. 'Es sind Spinnen von 0.5-1.5 CU)
Länge, meist dunkelbraun bis schwarz, bisweilen mit weißen IInarflecken. Sie bauen nur einen \Vohnsack, manche leben in Erdrähren
sogar mit Falltür (Cydrela deserticola-l iuleritzi und C. otavensis );
ähnlich lcbt unter Steinen Capheris kunenensis. Die hell hefärbte
Diores triangulijera, aus dem Naruaqualaudc bekannt, läuft in heller
Sonne an sehr hcißen, trockenen Stellen und jagt Ameisen, in deren
Bautennähe sie ihren Wohnsack unter Steinen oder in flachen Bodenhöh lungen fertigt, und darüber ein dichtes, regelloses Fadengewirr
anlegt, in das der Wind oft Sand hineinträgt und es somit gegen
di c {Jmgebung vorzüglich tarnt. - Die mit den Zodariidae verwandten
Pal.pim.anidae, mit harthäutigcm, meist glänzend braunem und bisweilen
mi t weißlichen I-Iaarflecken besetztem Körper, fallen durch ihr sehr
verstärktes 1. Laufbeinpaar als mittelgroße Spinnen auf.
Sie
sind seßhaft unter Steinen und Bodengenist, wo sie ein recht unrcgehnäßiges Cewehe anlegen. Sie sind in Südwcst-Afr ika durch -die
4 Gattungen Palpimanus (2), Diapliorocellus (1)~ Ikuma (1) und Iheringia (1) vertreten. - Eine fast gleiche Lebensweise haben ferner die
Prodidomidae mit der einen Gattung Prodidomus (4). Diese Spinnen
bewegen sich sehr langsam fort und sind an ihrer Augenstellung und
den 'weit gespreizten Cheliceren leicht zu erkennen (Fig. Sp 19).
Ferner sind in diese Gruppe zu stellen die Plattbauchspinnen oder
Gnaphosidae, deren 'zahlreiche Arten in Südwest-Afrika einen wesentlichen Bestandteil der Spinnenfauna bilden. Es sind 14 Gattungen mit
etwa 60 Arten: Dl'assodes (1), Scotophaeus (1), Xerophaeus (5), Echemus (1), Zelotes (7), Platyoides (3), Asemethes (12), Diaphractus (1),
Upognampa (1), Setaphis (6), Camillina (1), Theunla (12), Trichotliyse (2) und Callüepis (3). Diese Spinnen sind durchweg mittelgroß,
haben einen meist hellbraunen Vorderleib und einen längsovalen,
walzcnf'örmigcn, meist grauseidig glänzenden Hinterleib mit seinen weit
gestellten Spinnwarzen (Fig. Sp 16). Sie halten sich tagsüber in ihrem
sackförrnigen \Vohnnest unter Steinen, in Hindenspalten. Moos und
Bodengenist, in znsammcngerollten Blättern verborgen, wo auch der
Eicocon bewacht wird, und gehen erst nachts auf freie Jagd aus. Die
ihnen verwandten Clubionidae fügen sieh ihrer Lebensweise nach besser
in die dritte Gruppe ein (vergl. dort).
Schließlich seien in dieser 1. Gruppe noch die beiden Fumilien
der Theruliidae und Eresiilae genannt. Letztere hat in Hinsieht auf
ihren Körperbau und ihre· Augenstellung viel Jthnlichkeit mit den
Springspinnen, jedoch feste Wohnsitze in eigenen Erdröhren oder bodennahen Gespinsten. Es sind recht kräftige, große bis mittelgroße, teils
durch ihre Färbung und auch Augenstellung (Fig. Sp 21) recht auffüllige Spinnen, die in Südwest-Af'rika mit 12 Arten in 4 Gattungen
zu finden sind: Atlonea (1), Dresserus (3), Eresus (3) und Stegody-,
phus (5). Adonea variegata im Namaqualand bewohnt 5-15 ein tiefe
-
Fig. Sp 24
41-
Fig. Sp 25
Fig. Sp 26
Fig. Sp 24 Vorderleib und Hinterleib von L a t Tod e c t n s 9 e 0 rn. e t r ic 'U,/ e, von oben gesehen.
Fig. Sp 25 Vorderleib und Hinterleib von L a t rod e c t 1[ s g e 0 'JJL e t ric n s t oar.), von oben. gesehen.
Fig. Sp 26 Vorderleib und Hinterleib von L a,t rod e c t U S 'i n cer tu s,
von oben gesehel~
Erdröhren. die sie zur Jagd im hellen Sonnenschein verläßt. Ebenso
wohnen und verhalten sieh auch die auffällig roten oder schwarzweiß
gezeichneten Eresus-Arten (E. namaquensis irnNaulaquuland). Die
Ar tcn der Gattung Dresserus (D. rostratus und J). namaquensis, ebenfalls im Namaqualand verbreitet) haben einen hellbraunen oder rötlichen
Vorrlerleib und meist mausgrauen Hinterleib und wohnen einsam unter
Steinen in einem flachen, waagerechten Netz. Eine besondere Stellung
nimmt mit ihren 5 Art~n die Gattung Stegoclyphus (St. deserticola) ein,
deren Vertreter lange Wohnröhren auf niedrigeIn Gesten pp bauen, von
denen sie 1-11/2 ~1eter lange Fäden zum benachhatten Gehfisch ziehen
und darin 2-3 dreieckige Fangnetze herstellen. Einige Arten verfertigen in Gebüsch und Hecken der Akazien [Acucia giraf/ae) besonders
des Kaokovcldes ihre riesigen Sacknetze mit Gängen, Scheidewänden
und dreieckigen Netzen in gl'o[~en, dichten Ballen, in denen bisweilen
300-400 8tegodyphlls gleicher Art leben.
Von den zahlreichen und weitverbreiteten Theri-liiilae hat Ulan in
Siidwcst-Afrika bisher nur die Gattung Latrodectus mit ihren beiden
Ar tcn L. geometricus und L. incertus gefunden. Es sind dies diejenigen
Spinnen, deren Giftbiß seitens der \Veibehcn in seiner Wirkung auf
den Menschen schon oben erwähnt wurde. Beide Arten verfertigen
an niedrigen Pflanzen Mnschonnotzc, in denen sieh Heuschrecken, Fliegen
und Käfer verfangen. Diese Opfer werden trotz der bedeutenden
Giftigkeit- dieser Spinnen nicht gebissen. Vielmehr 'wirft die Spinne
mit den Kammtarsen des 4. Beinpaares (Fig. Sp 12) dicke Schleimtropfen in großer Menge auf das Beutetier. L. geometricus ist in der
Farbe seines Hinterleibs sehr veränderlich von fast weiß (Fig. Sp 24)
bis fast ganz schwarz (die "Sch,varze Spinne") und in letzterem Falle
tritt die Flecken- und Bindenzeichnung des Ilückens fast ganz zur iick
(Fig. Sp 25). L. incertus (von gleicher Körperlänge bis 1 cm) ist auf
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dem Hinterleib rot und hellbraun quergestreift (Fig. Sp 26), die punktierten Stellen sind die hellbraunen.
I-lier mag auch nicht die Gattung Hersiliola (1) der Familie llersiliidae, deren andere Vertreter in der 3. Gruppe genannt werden
müssen, erwähnt werden, weil Hersiliola fragilis unter Steinen leb t und
hier ein Ge,vebe aus wenigen, unregelmäßigen Fäden anlegt. Ferner
können in dieser Gruppe auch einige Wolfspinnen (Lycosidae) gestellt
werden, die wir aber der Einheitlichkeit der Familie wegen gleich in
der nächsten Gruppe besprechen.
2. Gruppe.
v' aga b un die I' end e,
b 0 d en nah e S p i n n en
Wo h n s i t r:
0
h n e fes t e n
Die meist braun bis schwarzbraun mit helleren oder dunkleren
Hückcnbinden gezeichneten Wolfspinnen oder Lycosidae, auch durch
ihre Augenstellung leicht erkennbar (Fig. Sp 14), sind fast sämtlich
freie Jäger, deren Weibchen ihren Eicocon und au eh die geschliipften
Jungtiere lange mit sich herumtragen. Die in Südwest-Afrika beheimateten 25 Arten verteilen sich auf die Gattungen Trochosa (4),
Hipposa (1), Ocy ale (1), Hogna (8) einerseits und Lycosa (7), Aretosa (1), Evip pa (2) und Proevip pa (1) andererseits. Die vier erstgenannten Gattungen bilden den Obergang zur vorhergehenden Gruppe
1, weil sie noch feste Wohnsitze haben. So baut 'I'rochosa (4) kurze,
mit dichten Fäden austapezierte, fingerhutförmige \,1ohnhöhlen in der
Erde. Hippasa australis (12mm lang) verfertigt zwischen Gräsern,
in Felsspalten und Baumhöhlen ihre Wohnröhre mit großem Deckennetz. Einige der zahlreichen Arten der Gattung llogna (H, swakopmundensis, 8-10 mrn lang), der vielgefürchteten .,Taranteln" (vcrgl.
oben: Giftigkeit der Spinnen) bauen bis 30 ern tiefe ~1ohnröhren in
den Erdboden hinein, die sie mit Spinnseide auskleiden und teils mit
einem überhöh ten Ringwall oder "Schornstein" von 1--10 cm Höhe
aus Pflanzenteilchen und Erdkliimpchen versehen, auch hisweilen diese
Röhre mit einem Deckel belegen. In der Nähe solcher Wohnungen
findet dann in der Nacht die Jagd auf Insekten statt. Im Gegensatz
zu diesen immerhin seßhaften Wolfspinnen jagt Evippa (2) ohne festen
Wohnsitz frei laufend im Wüstensand der Namib und ebenso Lycosa (7)
frei im Grase oder in Wassernähe, oder gar (L. potammophila) am
Kunene -Fluß vom steinigen Ufer aus auf der Wnsserobctflüchc. An
diese \Vasserjäger schließen sich die langbeinigen, auch kein Wohnnetz bauenden Pisauridae mit den beiden Gattungen 'I'etragonophthalma (1) und Thalassius (1) mit gleicher "Art des Beuteerwerbs
an; Thalassius cataractus fängt auf der Wasseroberfläche springend
und teils geschickt tauchend Kaulquappen, seltener sogar kleine Fischchen. Eine Sonderstellung nimmt die zu den Pisnuridee gehörende,
rech t große Euprosthenops australis insofern ein, als sie auf Akaziengebüsch quadratmetergroße, schräggestellte Netze herstellt, die bis
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auf den Erdboden hinunterreichen und hier in eine rlöhre libergehen,
in der sich die lauernde Spinne aufhält.
Eine andere Familie ohne Netzbau sind die Ammoxenidae mit der
Gattung Ammoxenus (2 Arten von 0,5 cm Länge) mit ihren oben
hornartig verlängerten Cheliceren (Fig. Sp 18). Diese lebhaft roten
Spinnen rennen in großer Zahl und mit gröI~ter Gowandthcit und
Schnelligkeit auf dem Erdboden umher.
Ferner sind hier die Eusparassidae mit den Gattungen Heteropoda (1), Olios (3), Platystella (3), Arandisa (1) und Micromata (1)
zu nennen, die ebenfalls freie Jäger sind. Es sind ziemlich grof~o
Spinnen, 1-1.5 cm lang, von gelbbrauner bis dunkelbrauner Farbe,
hisweilen mit Rückenbinde und mit meist flach-seitwärts gerichteten
Beinen, mit denen sie ebenso gut vorwärts wie seitwärts laufen können
(Krabbengang l), Als schnelle, näch tliche Jäger erhaschen sie ihre Beute
blitzschnell mit den Vorderbeinen. Viele verfertigen einen Wohnsack
mit zwei Ausgängen, in dem das \Veibchen auch den Eicocon unterbringt und mit den Jungtieren zusammen haust. Die überall in den
Tropen und Subtropen vorkommende Heteropoda venatoria trifft man
gelegentlich auch in Häusern hinter Möbeln und Bildern; sie baut
kein \Vohnnetz, jagt nachts Insekten und trägt den Eicocon mit den
Cheliceren und Palpen. Micromata ovambica ist eine auf Blüten auf
Beute lauernde Spinne des Ovambolandes, wo sie die gleiche Lebensweise aufweist wie die Blüten-Tholnisidae (vrg.Gruppe 3).
Hierher gehört vor allem die in aller \Velt ungemein gattungsund artenreiche Familie der Springspinnen oder Salticidae, die auch
in Südwest-Afrika mit den Gattungen Cyllobelus (1), Heliophanus (2),
Festucula (1), Menemerus (3), Langona (2), Mexcala (1), Neaetha (1),
1110grus (1), Thyene (3), Hyllus (1), Eurymachus (1) und Tusitala (1)
reichlich vertreten ist. Diese Spinnen sind vOllrnittlerer Größe und
gcdl'ungener Gestalt mit ziemlich kurzen Beinen. Sie zeichnen sich
durch ihren vorn breit abgestutzten Vorderleibmit vier vorderen,
auffällig großen Augen (Fig. Sp 15) aus, an denen sie allesamt ebenso
leicht zu erkennen sind wie an ihrem oft bunten, mit schwarz-weißen
oder gelben Haarflecken oder Binden versehenen Hinterleib und auch
an dem teilweise metallisch blau oder kupferfarbenen Vorderleib
(Th.yene, Heliophanus, Hyllus usw.), Alle diese Springspinnen jagen
frei im Sonnenschein, verfolgen ihre Beute (meist Fliegen) mit den
Augen, schleichen sich behutsam an ihre Opfer heran und bespringen
sie mit Hilfe ihres 3. (nicht 4.!) Laufbeinpaares aus 4-·5 cm Entfernung, indem sie im Sprung einen angehefteten Haltefarlen hinterlassen. Die von oben besprungene Beute wird durch den Giftbiß der
Cheliceren getötet und dann verzehrt. Es wird kein Fangnetz oder
Fangfaden verwendet, nur ein Eicocon wird gesponnen in Schlupfwinkeln wie zwischen Steinen, in Baumritzen, Erdspalten. zwischen
Blättern usw, Die Männchen führen vor der Begattung hiibsche '~lerbetänze vor den Weibchen auf (Augentiere l), Die Springspinnen sind
in ganz Südwest-Afrika in den versehiedenen Gattungen und Arten
verbreitet.
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3. Gruppe.
Seghaf te Spinnen
1
n G e gen d e 11 r e ich e r e r V e g eta ti
0
n.
In dieser Gruppe sind es vor allem die Badnetzspinnen oder
Araneidae (Fig. Sp 1), Spinnen von gI'ö!~erenl Körperumfang, die durch
ihre oft weithin isichtbarcn, senkrecht oder waagerecht aufgehängten,
aus Hal tefäden, Speichenfäden und daran im Kreise angeh efteten
Fangfäden bestehende "l\adnetze" leicht zu bemerken sind. Sie leben
durchweg in Landstrichen mit reicherer Vegetation (Üvamboland), wo
ihnen die Möglichkeit der Anbringung ihrer Netze geboten wird.
Immerhin finden sich trotz der in allen Zonen der Erde weit verbreiteten Farnilie in Südwest-Afr-ika nur wenige Artcn : Aranea Lheis
(ein Kosmopolit der Tropen), Aranea strupilera, Cyrtophora citricola,
Al'giope nigrovittata und Nephiia annulata windhukensis. Aranea theis
hat ein elliptisches, gelbbraunes, hinten gerundetes Abdomen mit 'weißlicher, jcderseits von dunklen Flecken besäumter Hücken -Längsbinde
und hell und dunkel geringelte Beine. Diese Spinne tritt am häufigsten
nach der B.egenzeit auf hohen Pflanzen und Sträuchern auf, "\\70 sie
gegen Abend ihr Radnetz Iür den nächtlichen Beutefang anfertigt.
Ähnlich verhält sich auch Aranea strupijera, die auch in Nord - und
Ost-Afrika beheimatet ist; sie hat ein lebhaft grünes Abdomen.
Cyrtophora citricola, 1.5-2 cm lang, hat ein elliptisches, hinten zwischen zwei Höckern eingebuchtetes Abdomen, auf dessen Ilücken sich
eine weißbesäumtc Blattzeichnung vorfindet. Sie baut ein horizontales
Netz von oft 10 Fuf~ Breite und Höhe und lebt oft vergesellschaftet
mit Artgenossen in genleinsanletn Fadenacwirr, das lungekehrt trichterförJnig ist und hier oft mehrere Eicocons in einer Heihe über einander
birgt. Manchmal bauen diese Spinnen ihre Netze so dicht neben eineinander, daf~ ganze BUsche von ihnen überzogen werden. '10 1' allem
im Norden des Landes (Ovambolund) findet Ulan diese weißen 'Fangnetze in übergroßer Zahl. Argiope nigrovittata (\Veibchen 2 crn
und Männchen 005 crn lang) ist schwarzbraun mit silbcrhaaiigem
Vorderleib und blaßgelben, reich schwarz geringelten Beinen; ihr
gerundeter Hinterleib ist fast schwarz und oben weifslich mit schwarczn
und silberhaarigen Querbinden. - Die gl'öl~te der Hadspinnen SildwestAfrikas ist das 5-6 CIn lange, sehr langbeinige Weibchen von Nephila
annulata windhukensis (Fig. Sp 27)? dessen Männchen aber nur 0.5 cm
mißt und meist beinahe parasitiseh im Fangnetz des \Xleibchcns lebt.
Dieses hat ein längsovales, gelbbraunes bis schwarzbraunes Abdomen
und schwarz und gelb geringelte Beine. Diese Spinne spinnt ein sehr
großes, schräg stehendes lladnetz von Form eines Halbkreises, in
dessen Zentrum sie sich lauernd aufhält.
An die Araueidae schließen sich als weitcre Radnetzspinnen die
langgestreckten, schmalen und durch ihre vorgestreckten, großen Chelicer en leicht kenntlichen (Fig. Sp 11) Tetragnuthidac oder Flachstrecker
mit nur einer Gattung T'etragnatha (3) an, die feuchte Grasstellen lieben
-
45-
und hier ihre waagerechten Radnetze von Halm zu Halm bauen. Bei
Gefahr nehmen sie eine besondere Schutzsteilung derart ein, daß sie
von ihren stachellosen, langen und dünnen Beinenpaaren die heulen
vorderen nach vorn und die heiden hinteren nach hinten ganz gerade
ausstrecken (Flachstrecker 1). Von ähnlicher Körperform sind die
Uloboridae mit der einzigen in den Tropen weit verbreiteten Art
--~"'
::-::~--=.-c
Fig. Sp 27
Gesamtansicht einer N ephila.
Uloborus plumipes, die aber der' gro(~en Chelicercn entbehrt, dagegen
mit Calamistrum und Cribellum (Fig. Sp 23 und Fig, Sp 6 und Sp. 7)
ausgerüstet ist, auch reich und weich behaarte Beine aufweist,
Diese Spinne baut gleichfalls ein waagerechtes Hadnetz, in dessen Mitte
sie daruntel' sitzt.
In anderer Weise lebt als einziger Vertreter der T'richterspinnen,
Agelenidae die Agelena australis auf Gebüsch oder im hohen Grase.
Diese unscheinbare, dunkel graubraune, hisweilen mit gelblichen \'7inkelflecken auf dem Abdomen gezeichnete, 1--1.5 crn lange Spinne (Flg.
Sp 22) überzieht niedriges Gebüsch und Bodengenist mit breit üUSladendem Fadengewirr, das sich im Hintergrunde trichterartig zu
einer \Vohnröhre verengt, aus der die lauernde Spinne hervorstürzt,
"wenn ein Insekt über das äußere Fadengewirr läuft. Bei Gefahr
verschwindet die Spinne blitzschnell in der Tiefe der oft 10--15 CUI
langen, hinten offenen Wohnröhre.
Ähnlich verhalten sich die Amaurobiidae (Amaurobius hattentottus und Auximus hottentottus) und Dictynidae (Pseudauximus annulatus ) aus dem Namaqualando, die etwa die gleiche Gl'öt~e und das
gleiche Aussehen wie Agelena haben, aber durch den Besitz eines
Calamistrums und Cribellums (Fig. Sp 7 und Fig. Sp 8) leich t erkennbar sind.
Hier 'mag auch die sich beim Beutefang völlig abweichend verhaltende Hersiliidae-Art Hersilia arborea genannt werden, die durch
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46-
ihre verlängerten Spinnwarzen (Fig. Sp 10) ohne 'weiteres kenntlich
ist. Sie ist 1-1.8 cm lang und je nach Anpassung an den \~/ohnort
rotgelb, wenn an hell rostgelber Binde von Commiphora oli vicri, oder
olivbraunv wenn an rehfarbener Rinde von Ficus darnarensis und Ficus
guc,-ichiana, oder grau, wenn am Stumm des Boahab, gefärbt. Das
Beuteinsekt wird blitzschnell von der Spinne umkreist, die ihn} stets
die langen Spinnwarzen zukehrt und seine Beine am Baumstanun festspinnt, bis es ganz von Fäden bedeckt ist und regungslos den dann
erfolgenden Giftbiß empfängt,
Trotz ihrer den Gnaphosulae, die wir bereits in der 2. Gruppe
besprachen, ähnlichen Lebensweise in freier Jagd führen wir die
Sackspinnen oder Clubionidae, die sich von den Gnaphosulae durch
die enggestellten Spinnwarzen (Fig. Sp 17) leicht unterscheiden, in
dieser Gruppe auf, weil sie ihren mit zwei Ausgängen versehenon
Wohnsack in gerollten Blättern höherer Pflanzen, unter Baumrinde
(Clubiona) oder in unten offener Gcspinstgloeke an den Spitzen hoher
Grashalme (Cheiracanthium.], also nicht bodennah anbringen. Die
Clubionidee sind meist unscheinbare gelbbraune bis schwarzbraune,
111ittclgrof~e Spinnen, die bisweilen mit schillernden Schuppen (ivi icariolepsis chrysis ) bekleidet sind. Die in Sildwest-Afr-ika vorkommenden,
recht zahlreichen Gattungen sind Clubioua (2), Cheiracanthium (4),
Üraptartia (1), Copa (1), Iihaeboctesis (1), Th.ysanina (1) und klicario-
lepis (1).
Diese 3. Gruppe ist abzuschließen mit den beiden sich gleich
verhaltenden sonst aber unterschiedlichen Familien der Schorlaugenspinnen, Oxyopidae und der Krabbenspinnen oder Thomisidae. Die
V' ertreter dieser beiden Familien spinnen keine Fang - oder ~Tohnnetze,
sondern Iauern auf Blütenständen, Grnsi-ispcn US'Y. in völliger Huhe
auf anfliegende Insekten (vielfach lIautfliigler), die sie dann blitzschnell erhaschen, was bei den Oxyopidae oft durch Sprung, bei den
Thomisidae durch geschickten Gebrauch der flach seitwärts g~rich­
teten Beine geschieht. Die Oxyopodidae, leicht zu erkennen an
ihrem. schmalen Körper mit den lang und reich bestachelten Beinen
und besonders an der Stellung der 8 Augen in vier Querreihen zu
je 2 (Fig. Sp 13), sind in Siidwest-Afrika mit 5 Arten der Gattungen:
Oxvopes (2), Oxyopeidon (2) und Peucctia (1) hehcirnatet, Peucetia
kunenensis, 9-11 111m lang, ist gelblich bis hellgrün mit schwarzem
A.ugcnfeld, das Abdomen ist oft mit weißen Streifen und Pfeilflecken
ge~eichnet. Diese Zeichnung tritt auch bei den Oxyopes- Arten auf,
die nur 5-6.5 111m lang sind.
Die Krabbenspinnen oder Thomisidac stellen IUr Siidwest-Afrika
22 Arten der Gattungen Stiphropus (1), Philodromus (3), Thanatus (3),
Tibellus (1), Tibetanus (1), 1110naeses (3), Paramystaria (1), Pherecytles (1), Hirriusa (2), 1
(2), Parabomis (1), Iluncinia (1),
(1 m arus (1) und XYStiCliS (1). Sie haben fas t alle seitlich gespreizte
Beine, können daher geschickt nach allen Seiten laufen. In Form und
Färbung des Körpers sind sie sehr specialisiert ; so ist das Abdomen lang
1homisus
1
-
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gestreckt und schmal (bei T'ibellus, Thonatus, weniger bei Philodromus )
oder breit und niedergedrückt birnförmig (bei Thomisus, Runcinia;
(Fnlarus Xysticus usw.). Die Färbung, oft bunt, gelb oder griinlich,
braun und weif~lich marmoriert, ist als Anpassung an Blumen und
Blätter recht veränderlich. Philodremus und Verwandte erhaschen ihre
Beute durch schnellen und geschickten Lauf. Andere wie Thomisus,
Iluncinia, Xysticus usw. warten bewegungslos unter Blütenständen,
Blättern, Zweigspitzen, bis Blüteninsekten usw, anfliegen, um sie dann
blitzschnell mit den Cheliceren zu ergreifen und durch deren Giftbiß
zu töten, was sogar bei kräftigen ~! espen und ähnlichen I-Iautflüglern
geschieht, die viel größer und kräftiger sind als die sie durch ihren
Gifthiß bezwingende Spinne. Die Thomisidae wehen nur einen Eicocon
und lassen sich bei Gefahr an einem Spinnfaden von ihrem erhöhten
Standpunkt zu Bodcn fallcn; ein Fang- oder VVohnnetz bauen sie nicht.
j
Zum Schluß mag noch der seßhafte Netzbewohner Smeringopus
hy pocrita aus der Familie Pholcidac oder Zitterspinncn genannt 'werden,
der vornehmlich in Felsspalten. l\1.auer,vinkeln, aber auch in Häusern,
Kellern und Scheunen angctrofflcn wird. !)CL' Körper dieser Spinne ist
im V crhältnis zu den sehr langen, dünnen, an ihren Fußgliedern durch
"falsche Gelenke" ausgezeichneten Beinen sehr seh wach. Diese Spinne
baut ein waagerechtes Netz in Form einer Decke mit über und unter
ihr liegendem Fadengewirr. von denen einige Fäden klebrig sind.
Unter diesem von der Decke der Bäume herabhängendem Netz sitzt
die Spinne kopfüber lauernd auf Fliegenbeute, die reichlich mit Klebefäden beworfen und umwickelt wird. Bei Störung oder Gefahr versetzt
die "Zitterspinne" das ganze Netz in rüttelnde Schwingungen.
6. Ordnung:
~lILBEN
(Acari).
Die Milben oder Acari nehmen in der Klasse der Spinnentiere
eine recht isolierte Stellung ein. Abgesehen davon, daß sie meist fast
mikroskopisch kleine Tiere sind, deren Körperbau mit unbewaffnetem
A.uge nicht oder kaum zu erkennen ist, zeigt ihr sackartiger Körper
nicht wie bei den übrigen Spinnentieren einen Vorder- und Hinterleib,
sondern läf~t meist überhaupt keine Gliederung erkennen, die, wenn
sie andeutungsweise vorhanden ist, nicht der bei den anderen Ordnungen
üblichcn entsprich t. Doch ist die Zahl der Gliedmaßen bei den erwachsenen Milben dieselbe wie bei den anderen Spinnentieren, wenn auch
die Kicferfiihler und Kiefertaster bei vielen ihrer Gruppen entsprcchcnd ihrer Lebensweise weitgehend umgebildet sind zum BeIf~en,
Stechen, Sägen, Saugen usw. (Fig. ~1 2). Entweder sind 2 oder 4
Augen vorhanden oder sie fehlen ganz. Die Milben sind getrennt4
gesehlechtlich und vermehren sich, abgesehen von manchen lebendig
gebärenden Arten, durch Eier, aus denen 6 -füßige Larven zu schlüpfen
pflegen, die aber nicht unmittelbar' zu geschlechtsreifen Tieren heranwachsen, sondern verschiedene "Nymphen" -Stadien und "Verpuppun-
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Fig.Ml Rückenansicht einer Zecke.
Fig. M 2 Mundteile einer Z e c k e.
gen" durchmachen, ein Verhalten, das
äußerst unterschiedlich ist.
bei den
einzelnen Gruppen
Bei ihren bisher über 60(00 bekannten Arten, eine von Jahr zu
Jahr durch Neucntdeckungen stark vermehrte Zahl, bilden die Milben
eine Kleinlebewelt fiir sich und haben Vertreter in fast allen nur
denkbaren I.. cbcnsverhältnissen, ohne allerdings fliegende Vertreter aufzuweisen. Teils leben sie frei am Erdbodcn unter Steinen, im Bodengenist, teils unter Hinde, an Pflanzen und Pflanzenreston. im Trockenen
oder Feuchten, im Süßwasser oder gar im Meere, rufen an Gewächsen
GaHbildungen hervor, leben in Ameisenhaufen oder' als lästige gelegentIiche oder permanente Schmarotzer auf Tier und ?vlcnseh, Krankheiten
hervorrufend, Fieber crregend usw. und sind in letzterem Falle von
großer wii-tschaftlichcr und medizinischer Bedeutung. So wird es
notwendig, die einzelnen Gruppen, soweit sie für Südwest-Afrika in
Betracht kommen können, auch gesondert zu besprechen, denn sehr
viele Milben Südwest-Afr-ikas werden noch ihrer Entdeckung und
Auffindung harren.
Wir nennen zunächst die frei laufenden "Laufmilben" (Trom-:
bidiidae), deren häufigste Vertreter als "Samtmilben" durch die
feuerrote Farbe ihres Körpers auffallen. Nach den ersten ergiebigen
Hegenfällen kann man oft das "Wunder" erleben, daß der Erdboden
zwischen den zerstreut stehenden Grasbiischeln sich streckenweise
ziegelrot färbt. Bei näherem Zusehen findet man hier unzählige Milben
von prachtvoll rot leuchtender Farbe und samtartiger Oberfläche. Die
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49-
Eingeborenen wissen sich das so plötzliche und massenhafte Erscheinen
dieser Tiere nicht anders zu erklären, als daß sie mit den Hegentropfen
vom Himmel herabgefallen sind. Die Hottentotten nennen sie deshalb
auch "Hinllnelskiihe". In Wirklichkeit kommen diese Milben aus dem
Erdboden hervor, in dem sie lange Trockenzeiten überstehen können,
im Puppenzustand auf das Eintreffen des ersten belebenden Regens
warteten, und jetzt mit ihren 8 Beinen hurtig auf dem Erdboden
umherlaufen. In Abcssinien versteht man es, aus diesen massenhaft
auftretenden Thlilbcn einen sehr dauerhaften roten Farbstoff herzustellen.
Die Larven dieser Milben besitzen nur drei Beinpaare und leben bei
manchen Arten schmarotzend auf Weberknechten und Insekten, in
deren Haut sie sich mit ihren Mundwerkzeugen einbohren und als
rote festsitzende Klümpchen auf ihren \Virtstieren zu erkennen sind. Dauernd parasi tische, meist graubraune Milben {Gamasidae ) findet Ulan
oft auf der Unterseite von Käfern, lrauptsächlich Alistkäf'crn und Verwandten, die ganz von ihnen besetzt sind und sieh dann kaum noch
rülrrcn können. Auch an Ameisen und Bienen treten ähnliche Arten auf,
wie auch die "f'oge17nilben" (Dermanvssus ), die 1111 G-efiedcr auf der
Haut vieler 'lägel, auch des I-Iausgcfliigcls, schmarotzen, hier zu
nennen sind.
Ferner miissen hier die Zecken (engl.: "ticl:,s"') genannt 'werden,
die sieh vom Grad oder Gebüsch auf allerlei \Vild~ aber auch den
Menschen fallen lassen (Fig. M'I), sieh mit den~~1undorganen saugend
in die Haut einbohren. um sieh vollgesogen wieder abfallen zu lassen.
Sie können, da beim ge,valtsalnenAbreißen durch den Befallenen die
Mundteile in dem Bohrloch zurückbleiben und absterben, lästige Entzfindungen hervorrufen. ~lan entfernt das ganze, wenn vollgesogen bis
erbsengroße Tier, meist ~T eibchcn, am besten vorsiehtig durch Einreiben der umgebenden Haut mit Petroleum oder ähnlichen Stoffen.
Die ilberall verbreiteten Hundezecken sind noch 'wesentlich größer und
können, vollgesogen, die Gl'öf~c eines rr]ittclgror~cn Knopfes erreichen.
Die ebenfalls überal! unzutreffenden Hinder zecken (Boophüu» anuulatus )
treten oft in Unruasseu auf der Haut der weidenden Rinder auf und
fiigen ihnen beträchtlichen Blutverlust zu, können schlimmstenfalls
sogar (wie in Amerika) den Blutparasiten des "Texasfiebers" übertragen. Andere in Südwest-Afrika auftretende Ixodidae sind Hhipicephalu» evertsi im Kaokovcld auf detnKaphasen (Leplls cttpensis ),
llhipiccphalus bursa im Ovarnboland auf dem Kai icm-Hororabcn
(Bucorax ca/er), Hy alommo aegypticum, Apomma cxornotum auf dem
Kapvoran (Varanus albogularis ) und Apomma laeve laeve auf der
Schwarzhals-Speischlange (Naia nigrocollis ),
Eine andere blutsaugende Familie der Milben sind die Argasidae,
deren gefiirehtete Areas persicus auch in Sfidwest-Afrika vorkommt
und sich frei lebend unter Kalksteinen der Bäschungenmit Nestern
des Hosenpapageie und von Staren aufhält. Diese liehtscheue nächtliche
Milbe beschleicht des Nachts außer dem Vieh auch den Menschen,
peinigt ihren Wirt durch Blutabzapfung und kann, was bedeutend
schwerwiegender ist, ihm den Erreger des "Riiekfal1fiebers" übertrogen.
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50-
'7on
ähnlichen Argasidae können auch Tauben und Hühner befallen
werden, die dann schwer unter Entkräftung leiden und das Eierlegen
einstellen ; doch sind derartige Milben bisher aus Südwcst-Afnika nicht
gemeldet worden.
Milben anderer Gruppen befallen Jungtriebe, Blätter, Jungfriichte
von Obstbäumen. - Wassermilben, güte Schwimmer, in pflanzenreIchen
Gewässern werden, obgleich bisher nicht berichtet, auch in SüdwestAfr-ika ebenso anzutreffen sein wie dre harthäutigen, augenlosen und
sich sehr langsam fortbewegenden Hornmilben (Üribatidae ) im Bodengenist oder unter Baumrinde. Verwandte der letzteren sind die Krätzmilben (Sarcoptidae), die an Nahrungsmitteln (NIehI, Käse, Dörrobst)
durch ihr massenhaftes Auftreten beträchtlichen Schaden anrichten
oder als Staub- oder Hausmilben (Olv ciphaeus domesticus ) in Wohnungen Möbel usw, mit Staubmassen überziehen können. Andere Vertreter dieser Gruppe richten unter Umständen durch Eindringen in
die Haut und Luftwege des Hausgeflügels schwer-en Schaden an. Die
Kriit.zmilbe des Menschen (Sarcoptes scabiei), auf der Haut des rvT ensehen in Gelenkgegenden ganze Gänge erzeugend, sowie Krätzmilben
an Haustieren (Reude ) und die fast wurmartigen I! aarbalgmilben
(Demodex [olliculorum ), in die Talgdrüsen der menschlichen Hant eindringend und hier die ,,~1itesser" erzeugend, in ähnlichen Arten auch
an Hund und Katze auftretend, mögen hier nur' genannt werden.
Mit diesen wenigen, hier erwähnten Milben ist die Zahl und vor
allem die Mannigfaltigkeit der Arten und ihrer Lebensweise bei \~leitcm
nicht annähernd erschöpft. Doch mögen die kurz besprochenen Arten
die Aufmerksamkeit auf die vielfach recht schädlichen und lästigen
Vcrtreter dieser Spinnentiere lenken.
Klassc: TlTASENI)FUSSEll (Ai yriopod a).
Genau genommen ist der Name "Tausendfi.H~cr'; fiir die hierher
gerechneten Tiere unzutreffend, da die höchstbekannte Zahl der Beinpaare 137, also 278 Beine bcträgt. Immerhin Inag das Zählen dce
vielen Beine dem unbefangenen Beobachter so schwicrjg wie auffällig
erscheinen, daß jener Name diesen Eindrücken entsprechend entstanden ist. Man faßt in dieser TIerklasse eine Heilte von Gruppen
recht verschiedenartiger innerer Orgamsution und äußerer Er·scheinnngs . .
weise des Körpers zusammen, so daß hier eine getrennte Besprechung
der gefälligsten Formen Südwest-Afrikas geboten ist.
1. Körper wurmartig, drchrund ; Körperringe mit je zwei Beinpaaren (Fig. Tl). - (Tausendfüßer) Diplopoda (Tulidue ),
. Körper flach gedrückt, bandartig ; Körpcrringe mit je nur einem
Beinpaar (Fig. T 2). (l/.undertfüßer) Chilopoda {Scolopcndridae),
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Fig. Tl
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Fig. T 2
Fig. T 1 Rückenansicht einer Roll ass e I.
Fig. T 2 Rückenansicht eines S c 0 l 0 p end e
r.
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52-
1. Ordnung: TAUSENDFDSSEll (Diplopoda ).
Zunächst mögen die "echten" Tausendfüßer oder besser .Doppel[iilscr" (Diplopoda) mit ihrer Familie der "Schnurasseln" (Julidae)
gennnnt werden. Es sind langgestreckte, \V utrnar tige Tiere, deren
Körper aus bis '75 oder gar' bis über 100 kreisrunden, cyhndrischen,
harten und glatten llingen besteht, die auf den kleinen, die ebenfalls'
harten, die winzigen Mundteile, etliche Punktaugen und zwei sch wache,
kurze Fühler tragenden Kopf folgen und bis ZUIll Hinterende des'
'Körpers gleichartig ausgebildet sind. Nachweislich. ist jeder dieser
Körperringen aus urspt ünglich zwei anf einander folgenden ents tunden
und trägt daher auch jeweils zwei gegliederte und. gleichartige Beinpaare, die am ganzen Körper gleiches Aussehen haben und gleichen
Gebrauch haben. Neben wenigen kleineren Formen findet man in
Südwest-Afrika, im ganzen Lande verbreitet, solche von beträchtlicher
l.Jänge (Spil'ostl'eptlls, 15-20 crn lang). Da die zahlreichen, auf der
Bauchseite der Körperringe angehefteten, schwachen Beine für einen
schnellen Lauf viel zu kurz sind,\verden sie von vorn nach hinten
der Heihe nach recht gleiclllnäJ~ig und Iangsam nach einander aufgesetzt, so daß Inan am gelnächlich vorwärts kommenden Tier jederseits von hinten nach vorn gleitende \V ellenwahrnclnnen kann und
"im Sande eharacteristische Spuren zu erkennen sind.
Die Tausendfüßer sind nächtliche Ticrc ; sie scheuen helles Licht
und kommen erst bei Dunkelheit zur Nahrungssuche aus ihren 'Verstecken unter Steinen und Bodengenist hervor. Sie sind durchaus
harmlose Tiere und nähren sich von allerlei Pflanzenstoffen, Wurzeln,
Knollen, weichen Früchten usw, Sie lieben eine ge'wisse Feuchtigkert
und werrlen an durchaus trockenen Stellen nicht gefunden, auch treten
sie nach langer Trockenheit, die sie in ihren Schlupfwinkeln in einer
Ar t Schlaf verbringen, erst wieder mit Beginn der llegenzcit in Erscheinung. Die einzelnen schwarzen Körperr-inge sind von außerordentlicher Festigkeit. In die harte Chitinhaut ist sogar noch Kalk
eingelagert, so daß die Heste abgestorbener Tiere noch lange erhalten
bleiben. Unter Steinen und BUschen findet man häuIig noch grö'~ere
Abschnitte des cylinderförmigcn, geringelten Körpers, die aber uuter
dem Einflul~ der Verwitterung meist zu einem hellen Gratnveil~ ausgebleicht sind. \Vie viele andere 'wehrlosen Tier-e besitzen auch
die Diplopodae VerteidigungsIuittel. \Verden sie bedroht, dann lassen
sie aus paarweise über die Länge des Körpers verteilten, punktf'örrnigen
Offnungen übelriechende Fliissigkeitstropfen austreten. Dadurch 'werden
viele Feinde abgehalten, sie anzurühren oder gar zu verzehren. Außerdein rollen sie sieh bei Gefahr noch spiralig zusannneu und erwecken
so den Anschein, als ob sie tot seien.
Die Vermehrung der getrennt-.geschlechtlichcn Tiere erfolgt durch
Eier, die das Weibchen in Erdlöchern ablegt. Besonders gern 'werden
zu diesem Z,vecke Erdferkellöcher ausgesucht. Man findet an solchen
Stell en dann zahlreiche, von Lehm umhüllte 'Kiig,~lehen, in deren Innern
siel} die Jungen entwickeln.
-53 -
2. Ordnung: HUNDERTFUSSER (Chilopoda).
Im Gegensatz zu dem harmlosen und sch wcr-Iälfigen Diplopodae
sind die Hundertfüßer (Chilopoda) wehrhafte und schnellfüßige Tiere.
Auf ihrem querovalen Kopf, der ein Paar schnut-Iörruige Fühler, jeder-
seits etliche Punktaugen und unten die drei Paar an die Insekten
erinnernden Mundteile trägt, folgen die flachen, nicht durch Kalkeinlagerungen verhärteten Körperringe, 21-23 an der Zahl, mit je
nur einem gegliederten Beinpaar (Fig. T 2). Diese Beinpaare sind
einander ebenfalls gleich gebaut, doch ist ihr erstes zu dicken,
starken Greifzangen umgebildet, die nahe ihrer Hakcnspitzo die
Offnung einer Giftdrüse besitzen. Auch das letzte Beinpaar kann bei
einigen Arten zu Zangen umgestaltet sein, die zur Abwehr gebraucht
werden. Die Färbung der Chilopoda ist meist ein blasses Ledergelb,
\VOZU bei manchen Arten auf dem RUcken noch
dunkle, hiswerlen
blaugrüne Längsstreifen kommen können. Sie srnd lieh tscheue, nächtliche Tiere, die sich in allerlei Schlupfwinkeln unter Rinde, Steinen
usw, verborgen halten und oft mit dort wohnenden Skorpionen heftige
'Kämpfe von zweifelhaftem Ausgang auszutragen haben. Auch in
menschlichen Wohnungen trifft man sie gelegentlich an. Aufgestört
suchen die in behendcm, schlängelndem Lauf mögliohst schnell neue
Schlupfwinkel auf. Erst bei Dunkelheit gehen sie auf Jagd~ Sie sind
schnell und ge\vandt jagende Haubtiere, die ihre Beute, bestehend aus
Insekten, Würmern und anderen Kleintieren, durch den GiftbiI~
ihrer' Vorderbeinzangen töten oder Iähmen und dann zerfleischen
und zerkauen. Der Bil~ eines der gröf~ten in Sildwest-Afrika (wie
in allen Tropen und Subtropen) verbreiteten Scolopendra morsiians
(16-21 cm lang), des sog. "bissigen Skolopenders" kann sogar benn
Menschen recht gefährliche Entzündungen der Hißstcllc, jedenfalls'
beträchtliche Schmerzen hervorrufen, die meist sch werwiegender sind
als ein Skorpionenstich und hisweilen eine umfangreiche, lange, andauernde Schwellung des gebissenen Körperteils zur' Folge hat.
Eine andere häufige Art, die bei langgestrecktem Körper recht
schmal erscheint, ist auf dem Hücken bläulichgrün gefärbt, "wovon
sieh die rötlich -gelben Beine deutlich abheben. Eine andere ebenfalls
schmale und überall anzutreffende Art stellt vor allem den Ameisen
nach. Daher ist sie besonders häufig unter solchen Steinen zu finden,
an denen Ameisengänge ausmünden. Eine recht unangenehme Wirkung
haben diese Tiere auf die menschliche Haut. Kriechen sie zufällig
über die Hände oder über einen anderen unbedeektenKörperteil des
Menschen, dann stellt sich ein heftiges Brennen der Haut ein, das
wahrscheinlich von ausgeschiedenen AbwohrFlfissigkciten des Tieres
herrührt und in seiner Wirkung (Ameisensäure!) dem Brennen der
Ameisenbisse und der Brenncssel gleichkommt.
Die Vermehrung der getrennt-geschlechtlichen Chilopoda geschieht
durch Eiablage in einer Erdhöhle. Die Eier werden hier vorn ~l eibchen
in Klumpen so lange fest umklammert, bis nach längerer Zeit die
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hcrvorgekrochenen, schneeweißen Jungtiere nach ihrer ersten lIäu tung
die Färbung der Er,vachsenen angenOlTIlnen haben. Erst dann unterbricht
ldas Weibchen seine lange Zeit eingestellte Nahrungsaufnahme und
Ruhe, und überläßt die Nachkömtulingo sich selber, die sich dann
nach allen Seiten zerstreuen, um ihr einsames Raubtierleben auf'zunehmen.
Das Verlangen, in 65-70 0/ 0 Alkohol oder Weingeist konservierte
und in gut verschlossenen Gläschen verschickte, SO'Vlcmlt genauen
Fundortangaben versehene Walzenspinnen, Skorpione, lVebespinnell und
IVeberl~nechte genau bestimmt und benannt zu erhaltenv würde durch
Prof. Dr. C. Fr. Hocwer, (23) Bremen, Bandelstr. 14 stets gern erfüllt
werden.
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