Das Trockene Auge – Therapie

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CME-FORTBILDUNG
Das Trockene Auge –
Therapie
3 CME-PUNKTE
Dr. med. Thomas Kaercher
VNR: 2760512017151150010
Erstellungsdatum: 15.09.2016
Gültigkeitsdauer: 19.01.2017–18.01.2018
Zertifiziert durch
die Ärztekammer
Nordrhein
1 Einleitung
Das Trockene Auge ist charakterisiert durch eine multifaktorielle Störung von Tränenfilm und Augenoberfläche.1,2
Unbehandelt kommt es im Verlauf der Erkrankung zu inflammatorischen Reaktionen, die zu Binde- und Hornhautentzündungen führen können.1 Im fortgeschrittenen Stadium können sich Ulzera oder Narben auf der Hornhaut bilden, die
Sehfähigkeit kann beeinträchtigt werden oder im Extremfall sogar verloren gehen.
Im 1. Teil unserer zweiteiligen Fortbildungsreihe zum Trockenen Auge wurden die Bereiche Diagnose und Klassifikation
näher beleuchtet. In dem nun vorliegenden 2. Teil werden verschiedene Therapieoptionen sowie die empfohlene Vorgehensweise bei der Behandlung aufgezeigt. Abschließend finden Sie einige wertvolle Tipps für Patienten zur Vorbeugung
und begleitenden Behandlung des Trockenen Auges.
2 Nicht medikamentöse Therapie
Abb. 1: Trockenes Auge
Wie bei vielen anderen Krankheitsbildern bietet sich auch beim Trockenen Auge
eine dem Schweregrad der Erkrankung angepasste Vorgehensweise bei der
Auswahl der Therapiemöglichkeiten an. Noch vor Beginn der eigentlichen Behandlung sollten dem Patienten zunächst Ursachen und Verlauf der Erkrankung
sowie die vorgesehene Therapie detailliert erläutert werden.3 Anschließend
stehen zunächst verschiedene nicht medikamentöse Optionen zur Verfügung,
die insbesondere in Kombination miteinander und bei leichteren Fällen eine
gute Wirkung zeigen können.
2.1 Anpassung der Lebensgewohnheiten
Eine Anpassung der Lebensgewohnheiten ist der erste Schritt, um Symptome des Trockenen Auges zu lindern.4 Wenn
möglich sollten Patienten lang andauerndes Fernsehen, Lesen und Arbeiten am Computer vermeiden. Diese Tätigkeiten
führen zu einer verminderten Blinzelrate, was eine erhöhte Verdunstungsrate des Tränenfilms zur Folge hat.4 Können diese
Tätigkeiten nicht vermieden werden, sollten immer wieder kurze Unterbrechungen eingebaut4,5 und insbesondere während
der Computerarbeit ganz bewusst auf regelmäßigen Lidschlag mit vollständigem Lidschluss geachtet werden.6 Außerdem
sollte sich der Bildschirm möglichst unterhalb der Augenhöhe befinden, um den interpalpebralen Öffnungsspalt und damit
die Verdunstung zu minimieren.5 Eine Befeuchtung der Raumluft zu Hause und am Arbeitsplatz4,5 kann ebenso wie die
Vermeidung windiger, heißer sowie hoch über dem Meeresspiegel gelegener Umgebungen Symptomen des Trockenen
Auges entgegenwirken.4 Auch industriell belastete Luft (Smog) und Rauch4 sowie direkte Zugluft in klimatisierten
Räumen oder im Auto5,6 sollten möglichst gemieden werden.
1
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2.2 Anpassung der Ernährung
Dass die quantitative und qualitative Zusammensetzung der Nahrung Einfluss auf unsere Gesundheit nehmen, ist unbestritten. Ein Nahrungsbestandteil, der in diesem Zusammenhang häufig in den Fokus rückt, sind Omega-3-Fettsäuren.
Ihnen wird u. a. eine Beteiligung bei der Entstehung verschiedener Krebs-, Herz-Kreislauf- und Autoimmunerkrankungen
zugeschrieben.7 Auch im Zusammenhang mit der Entstehung sowie der Therapie des Trockenen Auges gibt es verschiedene Beobachtungsstudien, die auf einen positiven Effekt einer erhöhten Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren hinweisen.7
Beobachtungsstudien können in der Regel jedoch keine
Abb. 2: Beispiel für eine Omega-3- und
Kausalität dokumentieren. Im Jahr 2014 wurde allereine Omega-6-Fettsäure
dings ein Review7 publiziert, der ausschließlich ErgebLinolensäure
nisse randomisierter, kontrollierter Studien zu diesem
2.
Thema berücksichtigt. Ergebnis dieser Metaanalyse von
7 Studien mit insgesamt 790 Teilnehmern ist, dass eine
COOH
H3C
1.
3.
Omega-3
Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren im Vergleich
Linolsäure
zur Kontrollgruppe zu einer signifikant verlängerten Trä1.
3.
5.
H3C
nenfilmaufreißzeit und signifikant besseren Ergebnissen
im Schirmer-Test führte.7 Die Ergebnisse des OSDI-Tests
COOH
waren nicht unterschiedlich zwischen den Gruppen.7 Mög2.
4.
6.
Omega-6
licherweise beeinflussen Omega-3-Fettsäuren über eine
Veränderung der Fettsäurekomposition u. a. auch die Lipideigenschaften des Meibomsekrets.8 Auf diese Weise könnte eine
Stabilisierung des Tränenfilms erreicht werden sowie inflammatorischen Prozessen, pathologisch verändertem Meibomsekret und damit einer Verstopfung der Meibomdrüsengänge entgegengewirkt werden.8
Darüber hinaus könnte auch das Verhältnis der aufgenommenen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren zueinander das Risiko
für die Entstehung eines Trockenen Auges beeinflussen.4 Der Abbau von Omega-3-Fettsäuren führt zu einer Hemmung
von entzündlichen Prozessen, während beim Abbau von Omega-6-Fettsäuren proinflammatorische Moleküle anfallen.8 Da
beide Fettsäuren um dieselben Enzyme im Signalweg entzündlicher Prozesse konkurrieren, könnte die Verstoffwechselung von Omega-3-Fettsäuren – bei relativ erhöhter Aufnahme – diejenige von Omega-6-Fettsäuren blockieren und so
Entzündungsprozessen entgegenwirken.8 Daher sollte ein Verhältnis zugunsten von Omega-3- gegenüber Omega-6-Fettsäuren bei der Nahrungsaufnahme in Betracht gezogen werden. Unabhängig davon bewirkte eine Supplementierung mit
Linolensäure (Omega-3) und Gamma-Linolensäure (Omega-6) durch Tabletteneinnahme im Rahmen einer klinischen
Studie einen Rückgang der Entzündung der Augenoberfläche und der Symptome bei Patienten mit Trockenem Auge.4,9
2.3 Lidrandpflege
Eine regelmäßig und dauerhaft durchgeführte Lidrandpflege ist eine weitere Maßnahme in der Basistherapie des Trockenen Auges, mit der vor allem eine Verbesserung der Meibomdrüsenfunktion erreicht werden kann.10 Lidmassage und
Wärmeapplikation sind die Hauptkomponenten der Lidrandpflege.2,6,10,11 Insbesondere der Wärmeapplikation kommt dabei
ein wichtige Bedeutung zu. Der Schmelzpunkt der Meibomlipide liegt normalerweise bei 28–32 °C.2 Dieser ist bei einer
Meibomdrüsendysfunktion auf ca. 35 °C erhöht.2 Durch feuchtwarme Kompressen oder die Anwendung von Wärme-/
Feuchtigkeitsbrillen (s. Kap. 2.4) kann das Sekret aufgeweicht und anschließend mit Wattestäbchen, eventuell unter
Zuhilfenahme von Babyshampoo, in Richtung der Lidkanten ausgestrichen werden.6,11 Mithilfe dieser Maßnahmen
kann eine klinische Verbesserung der Lidkantenmorphologie und insbesondere eine deutlich bessere Öffnung
der Meibomdrüsenausführungsgänge erreicht werden.2,10
2
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2.4. Physikalische Maßnahmen
Wärme- und Feuchtigkeitsbrillen
Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit sind wichtige Parameter, die die Ausprägung von Symptomen des Trockenen
Auges beeinflussen können.5 Dies gilt insbesondere bei Vorliegen einer Meibomdrüsendysfunktion. Einen wichtigen Beitrag zur Symptomlinderung können Wärme- und Feuchtigkeitsbrillen leisten. Mit ihnen wird im Rahmen einer meist 2x
täglichen Anwendung die direkte Umgebungsluft der Augen erwärmt und gleichzeitig mit Feuchtigkeit versorgt. Das Wirkprinzip einer Wärmebehandlung hinsichtlich der Verflüssigung und anschließenden Expression des Meibomdrüsensekrets
wurde bereits in Kap. 2.3 erläutert. In mehreren Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass eine regelmäßige
Anwendung solcher Brillen die Symptomatik des Trockenen Auges positiv beeinflussen kann.12–14 Darüber hinaus wurden
Verbesserungen bezüglich der Tränenverdunstungsrate, der Fluoreszein- und Bengalrosa-Farbtests sowie der Tränenfilmaufreißzeit dokumentiert.10 Der Hauptvorteil im Vergleich zu herkömmlichen Wärmeanwendungen, z. B. mit Kompressen,
ist, dass die Behandlung mit einer Wärmebrille bezüglich der applizierten Wärme und Feuchtigkeit standardisiert erfolgen
kann. Außerdem ist sie relativ einfach in der Handhabung. Beides dürfte die Patientencompliance positiv beeinflussen. Mit
der Verfügbarkeit von Wärme- und Feuchtigkeitsbrillen ergibt sich eine vielversprechende Alternative zur Wärmebehandlung mit Kompressen, die möglicherweise die Effektivität der Wärmebehandlung verbessern könnte.13
Die automatisierte thermodynamische Therapie stellt ein neues Verfahren dar, um die Meibomdrüsen langfristig zu
eröffnen. Hierbei werden mittels zweier Kontaktlinsen die Meibomdrüsen des Ober- und Unterlids erwärmt und über eine
pulsierende Bewegung von Sekret befreit und damit wieder eröffnet.
Ein weiteres neues Verfahren gestattet es, Auflagerungen auf der Lidkante mit einer feinen Bürste zu entfernen.
Die letztgenannten Verfahren werden vom Augenarzt angewandt und ergänzen die vom Patienten zu Hause durchgeführte
Lidrandpflege.
Kontaktlinsen
In schweren Fällen von Trockenem Auge besteht die Möglichkeit, die Oberfläche der Kornea mithilfe von Kontaktlinsen zu
schützen und zu befeuchten.5 Zu diesem Zweck wurden verschiedene Linsenarten, z. B. aus Silikonkautschuk oder harte,
gasdurchlässige Sklerallinsen bereits getestet.5 In mehreren Studien konnte eine verbesserte Sehschärfe, eine verminderte korneale Epitheliopathie und ein Abheilen hartnäckiger Epitheldefekte der Kornea beobachtet werden.5 Sauerstoffdurchlässige Materialien ermöglichen gegebenenfalls ein Tragen der Linsen auch über Nacht.5 Mit der Linsenanwendung sind
allerdings auch Risiken wie eine korneale Vaskularisierung oder eine Infektion der Kornea verbunden, die beide jedoch
eher seltene Komplikationen darstellen.5
Punctum plugs
Eine weitere nicht medikamentöse Behandlungsform ist der temporäre Verschluss der Tränenpunkte. Über eine Verzögerung der Tränendrainage soll so eine bessere Befeuchtung des Auges erreicht werden. Zum Verschluss der Tränenwege
dienen so genannte Punctum plugs, die in der Regel entweder aus resorbierbarem Kollagen oder aus nicht resorbierbarem
Silikon hergestellt werden.2 Sich auflösende Kollagenstöpsel gibt es für unterschiedliche Anwendungszeiträume von 3
Tagen bis zu 3 Monaten.5 In einer retrospektiven Studie führte die Behandlung mit Punctum plugs bei 73,9 % der Patienten zu einer Verbesserung subjektiver Symptome bei gleichzeitig signifikanter Abnahme der Oberflächenfärbung.2
3
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Andere Studien zeigten darüber hinaus positive Effekte auf die Tränenfilmaufreißzeit sowie die Osmolarität des Tränenfilms und eine erhöhte Dichte von Becherzellen.5 Obwohl der Einsatz von Punctum plugs zu einer Verbesserung der
Symptome des Trockenen Auges führen kann, sollten Plugs nicht bei inflammatorischen Phasen der Augenoberfläche
angewandt werden.2,15
3 Medikamentöse Therapie
3.1 Tränenersatzmittel
Tränenersatzmittel bilden die Basis der Therapie des Trockenen Auges.2,3,11 Sie sollten grundsätzlich parallel zu jeder weiteren
Behandlung eingesetzt werden. Auch wenn große randomisierte kontrollierte klinische Studien zu Tränenersatzmitteln fehlen, konnten ihre positiven Effekte in kleineren randomisierten Studien belegt werden.2 Ein wichtiger Effekt beim Tränenersatz ist die Reduktion der Scherkräfte beim Blinzeln.2,11 Hierdurch wird der mechanisch bedingte Entzündungsschub
gedämpft.11 Außerdem erhöhen Tränenersatzmittel die Tränenfilmstabilität, verbessern die Kontrastsensibilität und optische
Qualität der Augenoberfläche und können über ihre symptomlindernde Wirkung auch die Lebensqualität der Patienten
steigern.2
Bei der hyposekretorischen Keratokonjunktivitis sicca werden meist Benetzungslösungen auf Basis von Polyvinylalkoholen,
Polyvidonen, Zellulosederivaten und Hyaluronsäure eingesetzt.6 Je nach Schweregrad kommen zunächst niedrig-visköse,
wässrige Formen zur Anwendung, die bei schweren Formen durch hochvisköse Gele ersetzt oder ergänzt werden können.2,6
Hierbei ist zu beachten, dass viskösere Formen aufgrund der besseren Anhaftung in der Regel eine länger anhaltende
Symptomlinderung erzielen, gleichzeitig jedoch zu temporären Einschränkungen der Sehfähigkeit führen können.15 Osmoprotektiva (z. B. L-Carnitin) stehen als Tränenersatzmittel zur Verfügung und wirken gleichzeitig antiinflammatorisch.16-18
Bei der hyperevaporativen Keratokonjunktivitis sicca mit Meibomdrüsendysfunktion muss mithilfe der Tränenersatzmittel
außerdem eine Lipidsubstitution erfolgen.2,6 Hierzu gibt es Formulierungen mit mittelkettigen Triglyzeriden, Omega-3-Fettsäuren, Phospholipiden, Rizinusöl oder Paraffinöl.2,6 Mithilfe solcher lipidhaltigen Tränenersatzmittel konnte in kleinen
randomisierten kontrollierten klinischen Studien eine Verbesserung der Meibomdrüsenfunktion und eine erhöhte Tränenfilmstabilität erreicht werden.2 Neuerdings sind semifluorierte Alkane zur Behandlung der hyperevaporativen Form des
Trockenen Auges verfügbar. Sie können eingesetzt werden, wenn konventionelle Tränenersatzmittel nicht ausreichend
wirken.19 Des Weiteren gibt es seit einiger Zeit eine kationische Öl-in-Wasser-Emulsion, die alle 3 Schichten des Tränenfilms unterstützt und bei beiden Formen des Trockenen Auges eingesetzt werden kann.20-22 Die positiv geladenen winzigen
Öltröpfchen in dieser Emulsion interagieren mit den negativ geladenen Muzinen auf der Augenoberfläche. Die Emulsion
wird dadurch länger auf der Augenoberfläche gehalten.
Patienten mit Trockenem Auge sind täglich mehrfach und dies über einen längeren Zeitraum hinweg auf Tränenersatzmittel
angewiesen. Als allgemeine Regel gilt, dass Patienten, die 4x täglich oder häufiger Tränenersatzmittel einsetzen, unbedingt
konservierungsmittelfreie Produkte nutzen sollten.4,11,15 Konservierungsmittel reizen das angegriffene Auge, wirken zytotoxisch und verstärken dadurch die Symptomatik des Trockenen Auges.4,11,15
Konservierungsmittelfreie Tränenersatzmittel gibt es als Einzeldosen oder in speziellen Mehrdosis-Behältnissen, die mit
besonderen Filtersystemen versehen, ein Eindringen von Erregern in das Behältnis verhindern. So bleiben diese Produkte
längerfristig haltbar und einsetzbar. Tränenersatzmittel gibt es in verschiedenen Darreichungsformen. Sie stehen
als Tropfen, Gele und Salben zur Verfügung.3
4
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3.2 Antientzündliche Therapie
Abb. 3: Circulus vitiosus des
Trockenen Auges (mod. nach 29)
Hyperosmolarität
des Tränenfilms
Stress durch
Scherkräfte zw.
Zytokine:
Augenoberfläche und
áMAPK, áNFκB,
Lid
KORNEA/ áIL-1, áTNF-α,
KONJUNKTIVA áMMPs
Tränenfilminstabilität (hohe
Evaporationsrate)
Becherzelle:
Muzinverlust in der Glykokalyx
Epitheliale Schädigung
APOPTOSE
Beim Trockenen Auge besteht häufig eine Entzündungsreaktion im Bereich der
Augenoberfläche und der Tränendrüse, die bei leichteren Formen zwar oft subklinisch aber dennoch vorhanden ist.2 Inflammatorische Prozesse sind bereits
vor einiger Zeit als eine Schlüsselkomponente in der Pathophysiologie des
Trockenen Auges identifiziert worden.4
Vor diesem Hintergrund sind unterschiedliche antiinflammatorische Wirkstoffe in
verschiedenen Studien getestet worden.2,5 Insbesondere Patienten mit Hornhautschädigungen, die trotz eines Einsatzes von Tränenersatzmitteln anhaltende
Symptome zeigen, kommen für eine antientzündliche Therapie infrage.4 Manche
Autoren sprechen sich dafür aus, bereits bei moderaten Formen des Trockenen
Auges auch antientzündlich zu behandeln, um den Circulus vitiosus (s. Abb. 3)
aus Oberflächenschädigung und Entzündungsprozessen möglichst frühzeitig zu
unterbrechen.2
Ciclosporin
Das zyklische Peptid Ciclosporin ist ein hochspezifischer Immunmodulator.8 Durch Bindung an das Kernprotein Cyclophilin
greift es in die T-Zellaktivierung ein und hemmt so die Produktion proinflammatorischer Zytokine und damit die Autoimmunantwort.10,23 Durch diesen Eingriff in die zellvermittelte Entzündungskaskade unterstützt Ciclosporin die Wiederherstellung der Augenoberfläche.23 Darüber hinaus führt die topische Anwendung möglicherweise über eine lokale Ausschüttung
parasympathischer Neurotransmitter zu einer vermehrAbb. 4: Struktur von Ciclosporin
ten Produktion von Tränenflüssigkeit.2 Auf diese Weise
wirkt es den klinischen Zeichen und Symptomen des
Trockenen Auges entgegen.23 In randomisierten kontrollierten klinischen Studien führte die 2x tägliche Anwendung von 0,05 %igen Ciclosporin-A-Augentropfen zu
einer Verbesserung der Keratopathie, erhöhten Werten
im Schirmer-Test, Abnahme von Beschwerden wie
Schleiersehen, Augentrockenheit und Fremdkörpergefühl
sowie zu einem verminderten Gebrauch von Tränenersatzmitteln.2,5,10,15 Außerdem kam es zu einer verringerten
Expression von Immun-, Apoptose- und Entzündungsmarkern an der Augenoberfläche.2,5,15 In einer der
Studien wurde zusätzlich ein ca. 200 %iger Anstieg der
Becherzelldichte in der Bindehaut nachgewiesen.2,5,15
Neben der guten Wirksamkeit konnte auch ein sehr gutes Sicherheitsprofil für Ciclosporin dokumentiert werden. Einzige
nennenswerte Nebenwirkung war ein vorübergehendes Brennen in den Augen, von dem 17 % der Patienten nach dem
Einträufeln der Tropfen berichteten.5,15 Es wurden keine relevanten Ciclosporin-Spiegel im Blut der Patienten
nachgewiesen, die eine topische Behandlung erhalten hatten.5,10,15
5
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Im ersten Halbjahr 2016 wurden die Ergebnisse einer multizentrischen, randomisierten Phase-III-Studie publiziert, die die
oben genannten Ergebnisse zur Wirksamkeit und Sicherheit der Ciclosporin-Therapie bestätigen.24 Untersucht wurde eine
besondere Galenik: 0,1 % Ciclosporin-A in einer kationischen Öl-in-Wasser-Emulsion als Trägerelement. 245 Patienten
mit schwerem Trockenem Auge erhielten entweder 1x täglich Ciclosporin-Augentropfen oder das Trägerelement.24 Bereits
nach dem ersten Behandlungsmonat zeigte sich unter Ciclosporin eine im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikante Abnahme der Entzündung der Augenoberfläche (HLA-DR-Expression). Nach drei Monaten wurde ebenfalls eine signifikant
verbesserte Qualität der Korneaoberfläche festgestellt.24 In einer Untergruppe von Patienten mit besonders stark erhöhter
Tränenfilmosmolarität ergab sich unter Ciclosporin-Therapie ein signifikant stärkerer Rückgang der Werte als in der
Kontrollgruppe.24 Auch bei den meisten anderen Wirksamkeitsparametern zeigte sich ein klarer Trend zu einer größeren
Verbesserung innerhalb der Ciclosporin-Gruppe.24
Die Augentropfen mit 0,1 % Ciclosporin A in kationischer Öl-in-Wasser-Emulsion wurden gut vertragen. Wie auch in anderen
Studien mit Ciclosporin wird als wesentliche Nebenwirkung ein kurzes Brennen nach Einträufeln von meist milder Ausprägung beschrieben.24 Es wurden keine negativen Effekte auf die Sehqualität, den Augeninnendruck oder Vitalzeichen
festgestellt.24 Insgesamt wurde bei den Tropfen ein gutes Nutzen-Risiko-Profil in der Behandlung der schweren Keratitis
bei Patienten mit Trockenem Auge konstatiert. Neben der nachgewiesenen Wirksamkeit sehen die Autoren in der nur 1x
täglichen Anwendung einen weiteren Punkt, der die Lebensqualität von Patienten positiv beeinflussen könnte.24
In einer 24-monatigen Folgestudie (offen, nicht randomisiert, einarmig)* zur oben genannten Untersuchung wurde die
Dauer der Besserung nach Behandlungsende dokumentiert. Insgesamt blieben fast zwei Drittel der Teilnehmer (61,3 %
von 62) über den gesamten Beobachtungszeitraum von 24 Monaten ohne Rückfall (bemessen an den CFS-Scores). Die
Rückfallraten waren je nach Dauer der Vorbehandlung unterschiedlich: bei 12-monatiger Vortherapie erlitten 35 % nach
≤ 224 Tagen einen schweren Keratitis-Rückfall, bei 6 monatiger Vorbehandlung waren es 48 % nach ≤ 175 Tagen.
In einer weiteren aktuellen Publikation wurden retrospektiv die Langzeitergebnisse einer Ciclosporin-Therapie bei Patienten
mit schwerem Trockenen Auge über eine 10-jährige Follow-up-Periode analysiert. Die Ergebnisse belegen, dass eine initiale
mehrmonatige Behandlung mit Ciclosporin zu einer anhaltenden Abnahme der objektiven klinischen Zeichen führte und
auf lange Sicht auch eine Verbesserung der Symptome mit Wirkung auf Alltagsaktivitäten und einen verringerten Gebrauch
von Tränenersatzmitteln bewirkte.23
Kortikosteroide
Kortikosteroide sind Steroidhormone mit potenter antiinflammatorischer
Wirkung. Sie können direkt über Glukokortikoidrezeptoren oder rezeptorunabhängig auf die Expression proinflammatorischer Gene wirken.15
Auf diese Weise limitieren sie die Produktion inflammatorischer Zytokine
und Chemokine, die Synthese von Matrix-Metalloproteinasen und Prostaglandinen sowie die Expression von Zelladhäsionsmolekülen.15 Eine
Behandlung des Korneaepithels mit Kortikosteroiden führt vor allem zu
einer verminderten Produktion inflammatorischer Zytokine (z. B. IL-1,
IL-6, IL-8, TNF-α, GM-CSF, MMP-9).15 In mehreren randomisierten
kontrollierten klinischen Studien konnte nachgewiesen werden, dass eine topische Anwendung von Kortikosteroiden bei
Patienten mit Trockenem Auge gute Ergebnisse erzielen kann.2,5,15 Sowohl Symptome als auch klinische Zeichen des
Trockenen Auges ließen sich mit nichtkonservierten Kortikoid-Augentropfen verbessern.2
Abb. 5: Progesteron – das Grundgerüst
aller Kortikoide
* Data on file
6
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Mit einer 2-wöchigen Therapie konnten eine moderate (43 % der Patienten) bis vollständige (57 % der Patienten) Rückbildung der Symptome sowie signifikant verbesserte Ergebnisse bei der Fluoreszein-Anfärbung der Hornhaut erreicht werden.2
Sowohl die Symptome als auch die klinischen Zeichen blieben auch nach dem Absetzen der Therapie für mehrere Wochen
reduziert.2 Bei längerer Anwendung kann die Toxizität der Kortikosteroide jedoch zu unerwünschten Nebenwirkungen führen.15 Es besteht das Risiko eines erhöhten Augendrucks oder einer Kataraktbildung.2,15 Kortikosteroid-Augentropfen werden
daher nur als Kurzzeittherapie empfohlen.2 Eine Kurzzeittherapie mit Kortikosteroiden kann jedoch neben den erwähnten
klinischen und symptomatischen Verbesserungen wichtige Hinweise bezüglich des möglichen Ansprechens auf eine
langfristige antientzündliche Therapie mit Ciclosporin geben.2
Tetrazykline und Derivate (Doxyzyklin, Minozyklin)
Tetrazykline sind bakteriostatische Antibiotika mit antientzündlicher Wirkung.2,5,15 Diese Eigenschaften machen sie zu nützlichen Wirkstoffen im Bereich chronischer entzündlicher Erkrankungen.5,15 Sie reduzieren die Synthese und Aktivität von
Matrix-Metalloproteinasen, die Kollagenase-Aktivität und die B-Zellaktivierung.2,5,15 Darüber hinaus reduzieren sie die
Produktion von IL-1 und TNF-α in vielen unterschiedlichen
Abb. 6: Allgemeine Strukturformel der Tetrazykline Geweben – u. a. im Korneaepithel.2,5,15 Die Tetrazyklinderivate
Doxyzyklin und Minozyklin wurden in kleinen kontrollierten
Studien vor allem bei Rosazea und Meibomdrüsendysfunktion
eingesetzt.2 Beide Wirkstoffe sind gekennzeichnet durch eine
hohe Konzentrationsfähigkeit in den Geweben, eine niedrige
renale Clearance, eine lange Halbwertszeit, eine gute Bindungsfähigkeit gegenüber Serumproteinen und ein geringes Photosensibilisierungsrisiko.15 Die getesteten Dosierungen variierten
von 40–400 mg pro Tag (Doxyzyklin) bzw. von 50–100 mg
pro Tag (Minozyklin). Schon bei geringer Dosierung verbesserten sich Tränenfilmstabilität und Tränenproduktion sowie die
typischen Symptome beim Trockenen Auge.2,15 Da bei hohen Dosen die Nebenwirkungsrate signifikant erhöht ist – dies
betrifft vor allem gastrointestinale und dermatologische Nebenwirkungen – wird eine niedrige Dosis von 40–50 mg pro
Tag über einen Anwendungszeitraum von 6 Monaten empfohlen.
Makrolide (Azithromycin)
Azithromycin ist ein Breitspektrum-Makrolid-Antibiotikum.8 Verschiedene Parameter bezüglich der Pharmakokinetik machen es zu einer guten Therapieoption in der antibakteriellen Behandlung der Meibomdrüsendysfunktion.8 Zwar ist die
Rolle von Bakterien in der Pathophysiologie der MeibomdrüsAbb. 7: Strukturformel von Azithromycin
endysfunktion noch nicht abschließend geklärt, einige klinische
Befunde sprechen jedoch für einen Zusammenhang mit einer
bakteriellen Kolonisierung.8 Darüber hinaus hat Azithromycin
auch eine potente antiinflammatorische Aktivität.2,8 Die antibakterielle und antientzündliche Wirksamkeit trägt zur Verbesserung von Symptomen wie z. B. der Rötung und Schwellung
der Lidkanten bei.8 Ein Merkmal der Meibomdrüsendysfunktion ist eine Veränderung der Lipidzusammensetzung des
7
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Meibomsekrets.8 Dies hat u. a. zur Folge, dass sich das Sekret verdickt und sich sein Schmelzpunkt erhöht, was letztlich
zu einer Verstopfung der Ausführungsgänge führen kann.8 Auch hier scheint die antibakterielle Wirkung von Azithromycin
zum Tragen zu kommen: Die Unterdrückung bakterieller Lipasen könnte zu einer Normalisierung des Meibomdrüsensekrets und damit zusammenhängender Symptome beitragen.8 In einigen kleinen Studien konnte nachgewiesen werden,
dass Azithromycin neben einer verbesserten Meibomdrüsenfunktion und Symptomatik ebenfalls eine Reduktion der
bakteriellen Lidkantenbesiedlung und eine Normalisierung des Lipidprofils des Meibomdrüsensekrets bewirken kann.2
3.3 Autologe Serumaugentropfen
Tränenersatzmittel müssen nicht unbedingt aus pharmazeutischer Produktion kommen. Einige natürlich vorkommende,
biologische Flüssigkeiten können ebenso gut als Tränenersatz genutzt werden.5 Diese Möglichkeit ist vor allem für Blutserum beschrieben. Insbesondere die Verwendung autologen Serums kommt hierfür in Frage, da in diesem Fall das Problem der Antigenität nicht gegeben ist. Blutserum enthält verschiedene Substanzen mit epitheliotrophem Potenzial, z. B.
Wachstumsfaktoren, Neurotrophine, Vitamine, Immunglobuline und Extrazellulärmatrixproteine.5 Alle diese Faktoren können
helfen, die Integrität der Augenoberfläche zu erhalten bzw. wiederherzustellen.5 Die hohe Konzentration an essentiellen
Tränenbestandteilen in autologen Serumaugentropfen führt außerdem zu einer Stabilisierung des Tränenfilms.15
Die Ergebnisse einiger Untersuchungen sprechen sogar dafür, dass ein biologischer Tränenersatz für den Erhalt der Oberflächenmorphologie und für die Unterstützung der Zellproliferation am Bindehautepithel besser geeignet sein könnte als
pharmazeutische Ersatzmittel.5 Die Ursache hierfür wird in der natürlichen Zusammensetzung gesehen.5
Die Inhaltsstoffe für autologe Serumaugentropfen werden aus dem Blutserum des Patienten gewonnen und später in einer
Kochsalzlösung verdünnt.15 Im Herstellungsverfahren liegt auch das Problem der Anwendung solcher Tropfen in Deutschland.25 Eigenserumaugentropfen unterliegen in Deutschland nicht nur dem Arzneimittel-, sondern auch dem Transfusionsgesetz.25 Daher müssen juristisch strikt geregelte Herstellungskriterien beachtet werden, die eine Kooperation des
Herstellers mit einem geeigneten Institut, z. B. für Transfusionsmedizin, vorschreiben.25
3.4 Sekretagoga
Sekretagoga sind Wirkstoffe, die die Flüssigkeits- bzw. die Muzinsekretion fördern.5,15 Mithilfe dieser Eigenschaft können
sie helfen, den Tränenfilm zu stabilisieren und einer Entzündung der Augenoberfläche entgegenzuwirken.15 Das Muzin-Sekretagogum Diquafosol ist ein P2Y2-Rezeptor-Agonist, der durch die Aktivierung von Chloridkanälen eine drüsenunabhängige Sekretion von Muzin und Wasser induziert.15 In Japan ist eine topische Formulierung dieses Wirkstoffs seit einigen
Jahren für die Behandlung des Trockenen Auges zugelassen.15
Zwei oral einzunehmende cholinerge Agonisten sind Cevimelin und Pilocarpin. Cevimelin aktiviert muskarinerge M3-Rezeptoren und wird gegen Mundtrockenheit beim Sjögren-Syndrom eingesetzt.5,15 In einer randomisierten prospektiven
Doppelblindstudie konnte gezeigt werden, dass Cevimelin auch klinische Zeichen des Trockenen Auges wie die Ergebnisse
des Schirmer-Tests, der Fluoreszein-Färbung und die Tränenfilmaufreißzeit positiv beeinflussen kann.15 Allerdings muss
bei der systemischen Anwendung mit einer Reihe von Nebenwirkungen gerechnet werden. Hierzu zählen abdominale
Schmerzen, Kopfschmerzen, Nausea, Schwindel, Herzrhythmusstörungen und vermehrtes Schwitzen.15
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Hauptindikation für Pilocarpin ist in Deutschland die Behandlung des Glaukoms. Darüber hinaus kann es auch zur
Behandlung der Mundtrockenheit, insbesondere der strahleninduzierten Mundtrockenheit, eingesetzt werden. In einigen
klinischen Studien wurden ebenfalls symptomlindernde Effekte beim Trockenen Auge nachgewiesen. Aufgrund der relativ
starken Nebenwirkungen – vor allem übermäßiges Schwitzen und Krämpfe – wird es in diesem Bereich jedoch kaum
angewandt.15
4 Operative Verfahren
Für schwere bis sehr schwere Fälle des Trockenen Auges stehen verschiedene operative Verfahren zur Verfügung, die in der
Regel jedoch Patienten mit persistierender Hornhautulzeration und -perforation vorbehalten bleiben.2,4 Hierzu zählen unterschiedliche Prozeduren, die meist das Augenlid oder die Bindehaut betreffen.2,4 Eine aufwändige chirurgische Therapie stellt
die Autotransplantation der Unterkieferspeicheldrüse als alternative flüssigkeitsproduzierende Drüse dar.
4.1. Permanente Tränenwegokklusion
Um eine dauerhaft erhöhte Verfügbarkeit der körpereigenen Tränenflüssigkeit zu erreichen, besteht die Möglichkeit, einer
permanenten Tränenwegokklusion. Dies kann entweder mit dauerhaften „Plugs“ oder aber chirurgisch durchgeführt werden.
Letzteres beinhaltet in der Regel eine Verödung (Kauterisation) der Tränenwege und gegebenenfalls eine Tarsorrhaphie.4
Bei der Tarsorrhaphie wird eine Verkleinerung der Lidspalte durch eine temporäre Vernähung von Ober- und Unterlid und
damit eine geringere Verdunstung erreicht.
4.2. Konjunktivale/korneale Verfahren
Ebenfalls nur für schwere Fälle stehen verschiedene Operationsverfahren, die die Bindehaut und Hornhaut betreffen, zur
Verfügung. Diese reichen von verschiedenen Formen der Konjunktivatransplantation über perforierende und lamelläre
Keratoplastik, bei der entweder das volle Hornhautgewebe oder nur Gewebsteile transplantiert werden, bis zur Stammzelltherapie.2,4,26
Alternativ kann die Amnionmembran als temporäres Transplantat am Auge eingesetzt werden.2,4,27 Sie weist antiinflammatorische und vernarbungshemmende Eigenschaften auf und enthält Wachstumsfaktoren, die die Wundheilung des Augenoberflächenepithels unterstützen.27 Daher kann eine Amnionmembrantransplantation bei persistierenden Hornhautepitheldefekten und vernarbenden Bindehauterkrankungen eine Alternative zu kornealen oder konjunktivalen Rekonstruktionsverfahren darstellen.27 Jedoch sollte berücksichtigt werden, dass es bislang nur wenige randomisierte kontrollierte Studien
gibt, mit denen die Wirksamkeit einer Amnionmembrantransplantation systematisch untersucht wurde.27
5 Empfohlene Vorgehensweise
Die aktuellen Leitlinien bzw. die Empfehlungen des Dry Eye Workshop (DEWS) stimmen darin überein, dass je nach
Beschwerden und Befund ein passender Therapieansatz gewählt werden sollte.3–5 Vorgeschlagen wird ein vierstufiges
Schema zur Beurteilung des Schweregrads der Erkrankung, basierend auf klinischen Zeichen und Symptomen.4,5
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Therapie
Für jeden Schweregrad werden unterschiedliche, aufeinander aufbauende Therapiemöglichkeiten empfohlen.4,5 Die mit dem
vierstufigen Schema korrespondierenden Therapieempfehlungen sind in Tab. 1 dargestellt. Ergänzend soll erwähnt werden,
dass die jeweiligen Empfehlungen dem individuellen Patientenprofil und der eigenen klinischen Erfahrung des behandelnden
Arztes entsprechend angepasst werden müssen.5
Tab. 1: Therapieempfehlungen nach Schweregrad (mod. nach 5)
Stufe 1:
• Aufklärung und Umwelt-/Diätmodifikationen
• Eliminierung schädlicher systemischer Medikamente
• Tränenersatzmittel, Gele/Salben
• Augenlidbehandlung
Stufe 2:
Wenn Behandlungen der Stufe 1 nicht erfolgreich sind:
• Antiinflammatorische Wirkstoffe
• Tetrazykline (bei Meibomianitis, Rosacea)
• Punctum Plugs
• Sekretagoga
• Feuchtigkeitserhaltende Brillen
Stufe 3:
Wenn Behandlungen der Stufe 2 nicht erfolgreich sind:
• Serum
• Kontaktlinsen
• Permanenter Punctum-Verschluss
Stufe 4:
Wenn Behandlungen der Stufe 3 nicht erfolgreich sind:
• Systemische antiinflammatorische Wirkstoffe
• Chirurgischer Eingriff (Lidoperation, Tarsorraphie, Transplantation
von Schleimhaut, Speicheldrüse, Amnionmembrantransplatation)
6 Tipps für Patienten
Im Sinne einer umfassenden Therapie sollten neben allen möglicherweise durchzuführenden medikamentösen Behandlungen auch immer die in Kap. 2 vorgestellten nicht medikamentösen Therapieansätze berücksichtigt werden. Im Folgenden sind einige konkrete Verhaltenstipps für Patienten zusammengestellt, die aktiv ihren Tränenfilm schonen und ihre
Augen schützen wollen. Diese Tipps sind gleichermaßen als vorbeugende Maßnahmen wie auch als initiale bzw. begleitende Behandlung bei leichten und schwereren Formen des Trockenen Auges geeignet.11,28
• Auf helle Beleuchtung achten, vor allem beim Lesen. Dämmerlicht, Blendungen und Streulicht ermüden die Augen.
• Bei Bildschirmarbeit regelmäßige Pausen einlegen und die Augen in die Ferne schweifen lassen. Bewusst und häufig blinzeln,
damit der Tränenfilm gleichmäßig über die Augenoberfläche verteilt wird.
• Ausreichend Flüssigkeit aufnehmen, das hält auch die Augen feucht. Am besten 2–3 Liter Wasser pro Tag.
• Die Luftfeuchtigkeit in Räumen erhöhen: mehrmals täglich lüften und Wasserschälchen auf die Heizung stellen.
• Augen vor Zugluft schützen: auch bei Wind eine Sonnenbrille tragen, beim Autofahren das Gebläse nie direkt auf die Augen richten.
• Schutz vor UV-Licht: bei Sonnenbrillenkauf auf das CE-Zeichen achten.
• Kontaktlinsen so oft wie möglich gegen eine Brille tauschen.
• Tabakrauch meiden, der Rauch reizt die Augen.
• Auf ausgewogene Ernährung achten: grünes Gemüse mit Lutein, Omega-3-Fettsäuren und Vitamin-A-haltige Lebensmittel
unterstützen die Augen.
• Entspannung der Augenmuskeln: Gähnen, Abdecken der Augen mit den Händen, Augen scharf stellen, Blick heben und senken,
Augen kreisen lassen.
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CME-FORTBILDUNG
Das Trockene Auge –
Therapie
7 Zusammenfassung
Das Trockene Auge (Keratokonjunktivitis sicca) ist eine lebensqualitätseinschränkende und ernstzunehmende inflammatorische Erkrankung der Augenoberfläche. Unbehandelt können schwerwiegende strukturelle Schäden entstehen, die bis zu
einer Visuseinschränkung oder in Extremfällen zur Erblindung führen können. Für die Behandlung stehen vielfache therapeutische Möglichkeiten zur Verfügung, deren Anwendung sich nach dem Schweregrad der Erkrankung richtet. Bei leichten
Formen kann bereits eine Anpassung der Lebensgewohnheiten und der Ernährung helfen. Weitere Optionen reichen von
physikalischen Maßnahmen (z. B. Wärmeanwendungen) bis hin zu unterschiedlichen medikamentösen Therapien und
operativen Verfahren. Je nach klinischen Zeichen und Symptomen kann so jeder Patient nach seinen individuellen Bedürfnissen behandelt werden. Aktuellen Leitlinien und Empfehlungen liegt häufig ein vierstufiges Schema zugrunde, welches
bestimmte therapeutische Maßnahmen in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung vorsieht und als Orientierung
für den behandelnden Arzt dienen kann. Neben einer Darstellung der wichtigsten therapeutischen Maßnahmen beim
Trockenen Auge enthält diese Fortbildung im letzten Kapitel eine Auflistung wertvoller Tipps für Patienten, die ihre Augen
im Alltag schützen und schonen wollen.
8 Literaturverzeichnis
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CME-FORTBILDUNG
Das Trockene Auge –
Therapie
Impressum:
Autor: Dr. med. Thomas Kaercher, Facharzt für Augenheilkunde, Heidelberg
Der Autor dieser CME-Maßnahme wurde für die Autorenschaft mit 1.000 Euro durch den Sponsor honoriert.
Redaktion und Veranstalter: Rp. GmbH, Köln
Mit freundlicher Unterstützung der Santen GmbH, München
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