Minimal-invasive Chirurgie

Werbung
Medizintechnologie.de
Minimal-invasive Chirurgie
Operative Eingriffe sind für den
Patienten meist mit Schmerzen
und unangenehmen
Nebenwirkungen verbunden. Um
das postoperative Trauma so
gering wie möglich zu halten,
kommt inzwischen sehr häufig
die minimal-invasive Chirurgie
Mit Hilfe von Mikrokameras wird bei minimalinvasiven Eingriffen das Operationsfeld für den Arzt
auf einem Monitor sichtbar.
Quelle: Lange Nacht der Museen/© Awaiba GmbH
1
zum Einsatz. Besonders in der
Gynäkologie und der Bauchsowie Übergewichtschirurgie hat
sich die sogenannte
Schlüsselloch-Methode etabliert.
Was ist minimal-invasive Chirurgie?
Unter minimal-invasiver Chirurgie versteht man einen operativen Eingriff mit kleinsten,
also minimalen Verletzungen von Haut und anderem Gewebe. Sie wird daher häufig
auch als Schlüsselloch- oder Knopflochchirurgie bezeichnet.
Die minimal-invasive Chirurgie (MIC)
unterscheidet sich von der
konventionellen, offenen Chirurgie
durch die endoskopische minimalinvasive Zugangsart sowie den
entsprechenden Einsatz spezieller
Instrumente und Techniken.
Der Begriff „minimal-invasive
Chirurgie“ hat sich erst in den
Die Weiterentwicklung der Operationsinstrumente
vergangenen zwei Jahrzehnten in der
bei der Laparoskopie hat die Minimal-invasive
Medizin etabliert. Die Entwicklung
Chirurgie entscheidend geprägt.
moderner Operationsinstrumente bei
Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg
der Laparoskopischen Chirurgie
(Bauchchirurgie) haben hier
entscheidend dazu beigetragen. In der Vergangenheit waren Patienten nach Gallen- oder
Blinddarmentfernungen durch große und meist unschöne Narben gezeichnet. Heute werden
bei der Bauchspiegelung (Laparoskopie) dagegen mehrere kleinere Zugänge zur Bauchhöhle
geschaffen und sogenannte Trokare eingesetzt. Durch diese schmalen Zugangshülsen wird
ein spezielles Endoskop eingeführt, das an eine Videokamera und Lichtquelle angeschlossen
ist. Bei der Operation wird es unter die Bauchdecke geführt und lässt das Innere des Körpers
auf einem Bildschirm sichtbar werden.
"Galloskop" brachte Durchbruch für schonendes Operieren
Viele Jahre war die Laparoskopie in Europa und den USA überwiegend eine Domäne der
Frauenärzte. Die erste laparoskopische Operation an einem Menschen wurde im Jahr 1933
von dem französischen Gynäkologen Carl Fervers bei einer Patientin mit chronischen
Unterbauchbeschwerden durchgeführt. In den 80er Jahren war es der Kieler Gynäkologe
Kurt Semm, der die erste laparoskopische Blinddarmentfernung vorgenommen hatte. Semm
setzte dabei auf eine Technik mit mehreren Einstichen, wodurch überhaupt erst komplexere
chirurgische Eingriffe möglich wurden. Im Laufe der Jahre wurden die dafür notwendigen
Instrumente und optischen Systeme ständig weiter entwickelt. Der entscheidende Durchbruch
für die schonende Operationstechnik kam allerdings erst später. Der Böblinger Chirurg Erich
Mühe war der erste, der 1985 die sanfte Methode bei einer Gallenblasenentfernung
anwendete. Mit dem von Mühe entwickelten „Galloskop“, einem veränderten Rektoskop mit
eingebauter Winkeloptik und zusätzlichem Licht-, Insufflations- und Arbeitskanal, wurde die
Gallenblase eines Patienten entfernt – damals allerdings noch in direkter Sicht, also ohne
Videokamera. In der Allgemeinchirurgie setzte sich die Laparoskopie nur zögerlich durch.
Noch Anfang der 90er Jahre war daher der Begriff Minimal-invasive Chirurgie fast
gleichbedeutend mit laparoskopischer Chirurgie.
2
Anwendungsgebiete der MIC
Wohl kaum eine Technik hat in den letzten Jahren medizinische Operationen so
beeinflusst wie die minimal-invasive Chirurgie. Seit der ersten laparoskopischen
Operation an einem Menschen vor 80 Jahren hat sich das Spektrum der SchlüssellochEingriffe rasch erweitert.
In vielen Bereichen der Medizin
gehört die Methode der kleinen
Schnitte inzwischen zum Standard.
Doch besonders bei der Brust- und
Bauchchirurgie hat sich die Technik
zur Diagnostik und Therapie von
Erkrankungen durchgesetzt. Hierbei
erfolgt der operative Zugang zum
Körper über Brust- (Thorakoskopie)
Die Minimal-invasive Chirurgie kommt auch beim
Einsatz koronarer Stents zur Anwendung.
oder Bauchhöhle (Laparoskopie)
durch winzige Röhren, sogenannte
Trokare. Diese werden über kleine (5
Quelle: BVMed/BIOTRONIK Gmbh&Co.
bis 10mm) Schnitte auf der Haut in den
Körper eingebracht und nach der
Operation wieder entfernt. Die
Laparoskopie ist bis heute eine Hauptdomäne der Schlüsselloch-Chirurgie. Sie eignet sich
besonders zur Indikation von Beschwerden im Bauchraum. Am häufigsten werden minimalinvasive Techniken daher bei Gallenblasen- und Blinddarmentfernungen sowie
Leistenbrüchen angewendet.
Operationsfeld
OPs im Jahr (Gesamt)*
davon Anteil MIC in %
Gallenblasenentfernung
185.000 – 190.000
92 – 98
Blinddarmentfernung
130.000
55 - 70
Leistenbrüche
150.000 – 250.000
20 – 40
Quelle: CAMIC/BQS-Bundesauswertung Cholezystektomie 2008
*(Konventionelle und minimal-invasive-Chirurgie)
Nach Einschätzung der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Minimalinvasive Chirurgie (CAMIC)
der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) gehört die
Schlüssellochtechnik aber auch im Bereich der Adipositaschirurgie (Übergewichtschirurgie)
zum klinischen Standard. Hier werden inzwischen 97 Prozent aller chirurgischen Eingriffe wie
Magenband- oder Magenbypassoperationen minimal-invasiv durchgeführt. Nach Angaben der
DGAV finden Schlüsselloch-Operationen aber auch in der Kinderchirurgie eine breite
Anwendung. Schon Neugeborene werden routinemäßig mit speziell entwickelten
Instrumenten operiert. Dazu gehören beispielsweise Behandlungen wegen angeborener
Missbildungen, wie einer fehlenden Speiseröhre oder nicht ausgebildeter Darmabschnitte.
Manche Eingriffe sind inzwischen sogar ambulant möglich. Aber auch bei älteren Patienten gilt
die schonende Operationsmethode wegen der geringeren postoperativen Komplikationen als
sicherer.
Kleine Schnitte, schnelle Heilung
Auch in der Endoprothetik (Gelenkchirurgie) haben sich Operationstechniken etabliert, die es
ermöglichen, den Knie- oder Hüftgelenkersatz mit wesentlich kürzeren Hautschnitten
durchzuführen. Neben dem geringen Wundtrauma durch kleinste Schnitte wird durch die
Verwendung neuster minimal-invasiver Instrumente bei der Endoprothetik vor allem das
darunterliegende Gewebe geschont und die Heilung beschleunigt. Ein deutlicher Trend hin
zu den kleinen Schnitten zeichnet sich derzeit bei der Kolorektalen Chirurgie ab. Die CAMIC
schätzt ein, dass bei 50 bis 60 Prozent aller operativen Eingriffe bei Dickdarmkrebs und
Divertikelerkrankungen (Schleimhauterkrankung des Dickdarms) die schonende
Operationsmethode zum Einsatz kommt. Auch die Handchirurgie folgt dem allgemeinen
Trend, chirurgische Eingriffe zu minimalisieren. Die Techniken der kleinen Schnitte kommen
beispielsweise bei der Freilegung von Nerven (Karpaltunnelsyndrom, Sulcus Ulnaris Syndrom
etc.) oder bei der Gelenkdiagnostik zur Anwendung.
Alle etablierten minimal-invasiven Verfahren sind inzwischen im diagnoseabhängigen
Fallpauschalensystem DRG (Diagnosis Related Groups) abgebildet, kodifiziert und werden im
Regelfall von den Krankenkassen bezahlt. Doch es gibt Ausnahmen. Adipositas-Patienten
müssen beispielsweise vor einem Eingriff die Genehmigung der Krankenkasse einholen. Eine
Kostenübernahme erfolgt nur, wenn die Diagnose im DRG-System gelistet oder die Operation
als medizinisch indiziert eingestuft wird.
3
Gesundheitsökonomische Bedeutung der MIC
Nach einer Studie des Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) aus dem Jahr 2010
wurden in den vergangenen Jahren durch Innovationen in der Gesundheitswirtschaft
und medizintechnischen Fortschritt volkswirtschaftliche Einsparungen in Höhe von 22
Milliarden Euro erzielt.
Ein wesentlicher ökonomischer Vorteil
der minimal-invasiven Chirurgie für
das Gesundheitswesen besteht darin,
dass bei diagnostischer Anwendung
frühzeitig Krankheiten erkannt und
behandelt werden können. Die
minimalisierte Zugangsart hinterlässt
kleinere Wunden, die schneller heilen
und danach so gut wie nicht mehr
Die minimal-invasive Chirurgie bringt Vorteile für
Patienten und Kostenträger.
Quelle: Messe Nürnberg
sichtbar sind. Neben dem
kosmetischen Aspekt und dem
verringerten Wundheilungsschmerz
birgt die neue Zugangstechnik auch
eine Kostenersparnis für Kostenträger,
Kliniken und Arbeitgeber. Durch die schnellere Genesung lassen sich Patientenliegezeiten,
Krankenhausausgaben und Arbeitsausfälle reduzieren. Experten verweisen jedoch auch auf
Nachteile der minimal-invasiven Methode. Die Sicht des Arztes auf das Operationsfeld ist
eingeschränkt. Dadurch können sich Operationen verlängern und das Risiko für den Patienten
erhöhen. Kritiker argumentieren ferner, dass auf Grund des indirekten Eingreifens der Arzt
keine Möglichkeit hat, das zu operierende Organ oder Gewebe zu ertasten. Auch Blutungen
während des Eingriffs seien schwieriger zu stillen, als bei einer offenen Operation. Daneben
wird die begrenzte Bewegungsfreiheit bei der Operation für den Arzt auf Grund der
Beschaffenheit der Instrumente und die teils höheren Anschaffungskosten für minimalinvasive Techniken als nachteilig eingeschätzt. Tatsächlich ist der finanzielle Mehraufwand bei
der minimal-invasiven Chirurgie schwer zu definieren, da hierbei der Umfang der Operation
maßgeblich ist. Nach Einschätzung der CAMIC steigen die Kosten, je komplexer der Eingriff ist.
Eine laparoskopische Gallenblasenentfernung kostet im Vergleich zur herkömmlichen
Methode etwa zwischen 300 und 400 Euro mehr. Bei der Adipositas-Chirurgie können
dagegen Mehrkosten von 1.500 bis 2.500 Euro entstehen.
MIC-Verfahren von CAMIC zertifiziert
Verletzungen und Beschwerden eines operativen Eingriffes für den Patienten so gering wie
möglich zu halten – das ist das Hauptanliegen der minimal-invasiven Chirurgie. Um die
Sicherheit für Patienten weiter zu erhöhen, setzt die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und
Viszeralchirurgie (DGAV) auf eine strukturierte Ausbildung der Mediziner und standardisierte
Operationstechniken. Unter dem Dach des Fachverbandes hat sich im Jahr 2000 mit der
„Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Minimalinvasive Chirurgie“ (CAMIC) für alle minimalinvasiven Sparten eine Interessenvertretung gegründet. Durch die CAMIC werden in
Deutschland chirurgische Arbeiten mit Schlüsselloch-Therapien zertifiziert. Das Zertifikat kann
laut Verordnung nur an eine Klinik, eine chirurgische Abteilung oder einen Verbund von
Krankenhäusern vergeben werden, wenn die jeweilige Institution „in Verbindung mit einem für
den jeweiligen Bereich verantwortlichen Allgemein- und Viszeralchirurgen“ steht. Um diese
Zusatzqualifikation zu bekommen, muss der Arzt in einem Video demonstrieren, dass er drei
Operationen selbstständig mit der Schlüsselloch-Methode durchgeführt hat. Ein Chirurg einer
zertifizierten Abteilung ist verpflichtet, an Fortbildungsmaßnahmen und klinischen Studien
teilzunehmen. Das Zertifikat „Minimal-invasive Chirurgie“ ist bisher weltweit einmalig und an
Qualitätssicherheitsmaßnahmen gebunden. Es soll gewährleisten, dass minimal-invasive
Operationen bundesweit nach einem standardisierten Verfahren durchgeführt werden.
4
Trends in der Forschung
Medizintechnische Entwicklungen haben einen großen Einfluss auf die weitere
Etablierung der Minimal-invasiven Chirurgie im klinischen Alltag.
Zum einen werden
Operationsverfahren durch
minimalisierte Techniken immer
schonender. Andererseits werden
Chirurgen durch computerassistierte
Navigation, verfeinerte Videooptiken
und flexiblere Geräte unterstützt.
Ein zentraler Forschungstrend in der
MIC besteht in der Miniaturisierung
der eingesetzten medizinischen
Geräte. Mit sogenannten
Die blickgesteuerte Datenbrille kann digitale
Mikroinstrumenten, die nur 2-3 mm
Informationen abrufen und darstellen.
Durchmesser haben, sind schon heute
Quelle: Fraunhofer COMEDD
chirurgische Eingriffe ohne sichtbare
Spuren möglich. Eine wichtige
Entwicklung innerhalb der MIC geht zudem dahin, die für eine Operation notwendigen
Zugänge in den Körper soweit wie möglich zu reduzieren und minimieren. Ein Beispiel hierfür
ist die Single-Port-Technik (SPT) in der Bauchchirurgie. Hier werden sämtliche Instrumente
durch einen einzigen Kanal in die Bauchhöhle eingeführt. Da der Zugang in der Regel über
den Bauchnabel erfolgt, sind kaum noch Narben sichtbar.
Narbenfreies operieren mit NOTES
Eine Weiterentwicklung der Schlüsselloch-Technik ist „NOTES“ („Natural Orifice Transluminal
Endoscopic Surgery“). Bei dieser neuen Operationsmethode wird auf Schnitte gänzlich
verzichtet. Denn der Einstieg in die Bauchhöhle erfolgt ausschließlich über natürliche
Körperöffnungen, wie Mund, Scheide und After. Möglich wird das durch ein spezielles
Operationswerkzeug. Das TED (Transdouglas Endoscopical Device) kombiniert Optik,
Lichtquelle und verschiedene Kanäle für Werkzeuge wie Schere und Klammer in einem
Instrument. Bisher wurde das schnittlose Verfahren bei Gallen- oder Blinddarmentfernungen
praktiziert. Dabei wurde das erkrankte Organ jeweils durch die Scheide der Patientin entfernt.
Entwickelt wurde das Verfahren in Indien. Im Vergleich zu anderen Ländern wie Brasilien
oder den USA wird in Deutschland das reine NOTES-Verfahren nicht durchgeführt. Zusätzlich
zu einem Schnitt in der Vagina wird in Höhe des Bauchnabels ein 0,5 cm kleiner
Arbeitszugang geschaffen. Durch diesen Zugang wird die Bauchhöhle zunächst mit Gas
aufgeblasen und eine Endoskopkamera eingeführt. Über die Vagina werden sowohl
Operationsinstrumente in die Bauchhöhle gebracht, als auch kranke Organe entfernt. Auch
dieser Eingriff erfolgt ausschließlich über den Bildschirm. Nach Angaben der CAMIC ist
NOTES trotz Fortschritten noch immer ein experimentelles Verfahren. Um Vor- und Nachteile
der neuen minimal-invasiven Operationsmethode zu dokumentieren, hat die Deutsche
Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) im März 2008 für NOTES ein
Register eingerichtet. Jede Klinik im deutschsprachigen Raum, die das Verfahren anwendet,
kann sich hier registrieren lassen. Anliegen ist es, Erfahrungen von Chirurgen zusammeln, um
zu verhindern, dass sich NOTES bei eventuellen Komplikationen unkontrolliert ausbreitet.
3.147 Patienten die mit der neuen Operationstechnik behandelt wurden, sind bisher im
Register erfasst (Stand: November 2013). Eine erste Auswertung 2009 ergab, dass es sich bei
den Registrierten vorwiegend um transvaginale Eingriffe bei Gallenblasenentfernungen
(Cholezystektomie) handelte. Beide Verfahren, sowohl SPT als auch NOTES, haben inzwischen
den Eingang in die klinische Praxis gefunden. Der DGAV kommt auf seinem Kongress
„Viszeralmedizin 2013“ zu dem Ergebnis: „Grundsätzlich rechnen die Experten damit, dass in
den nächsten Jahren mit einem deutlichen Zuwachs an Eingriffen der so genannten
narbenfreien Chirurgie zu rechnen ist.“
Auge steuert OP-Datenbrille
Weitere Forschungstrends richten sich auf die Verfeinerung optischer Geräte. So könnten
künftig intelligente Datenbrillen bei minimal-invasiven Eingriffen dabei helfen, den ständig
wechselnden Blick des Chirurgen vom Monitor zum Patienten und das Nachschlagen in
Patientenunterlagen zu ersetzen. Entsprechende Entwicklungen gibt es auch in Deutschland.
So wird beispielsweise am Fraunhofer Institut für Organik, Materialien und Elektronische
Bauelemente COMEDD eine Datenbrille entwickelt, die digitale Informationen abrufen und
darstellen kann. Die Brillen-Software wird ausschließlich über die Bewegung des Auges
gesteuert. Sie soll sich daher besonders für Arbeiten eignen, die freihändig ausgeführt
werden und zugleich Informationen benötigen. Darüber hinaus gibt es auch Ideen für
dreidimensionale Darstellungen auf das Operationsfeld. Das in eine Brille integrierte
sogenannte Augmented Reality-System (erweiterte Realität) zeigt dem Arzt reale Bilder (z.B.
vom Bauchinnenraum) in 3D-Form an und damit die optimale Position seiner Instrumente.
Direkt in das Sichtfeld des Operateurs können aber auch überlagernd Informationen aus der
Patientenakte oder vom Ultraschall angezeigt werden.
IPA forscht an drahtlosem Endoskop
Andere Forschungsarbeiten konzentrieren sich darauf, die bei der MIC eingesetzten Geräte
handlicher zu gestalten. So soll künftig eine neue Generation von Endoskopen mehr
Bewegungsfreiheit sichern. Am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und
Automatisierung IPA wird derzeit an einer drahtlosen Variante gearbeitet, die auf bisher
störende Kabel und Lichtquellenleiter verzichtet. Das drahtlose Endoskop soll relativ klein und
leicht und damit besser zu führen sein. Ferner liefert das Endoskop hochauflösende Bilder,
die über einen Zeitraum von bis zu zwei Stunden eine drahtlose und ruckelfreie Übertragung
an jeden herkömmlichen Computer ermöglichen soll. Durch den Einsatz von LED-Leuchten
soll das Gerät außerdem weniger Strom verbrauchen und Wärme entwickeln.
Darüber hinaus wird in Deutschland auch daran geforscht, minimal-invasive Techniken in
weiteren Indikationen einzusetzen. So wird derzeit am Universitätsklinikum Jena ein Verfahren
entwickelt, bei dem erstmals eine Mitralklappenprothese über ein Blutgefäß von der Leiste
aus genau an der richtigen Stelle im Herzen platziert wird. Bisher wird der Herzklappenfehler
durch eine Operation am offenen Herzen und unter Einsatz der Herz-Lungenmaschine
behandelt. Dabei wird die Mitralklappe "repariert" oder in schwerwiegenden Fällen durch eine
Klappenprothese ersetzt. Der Eingriff ist allerdings aufwendig und mit Risiken für den
Patienten verbunden. Bei dem neuen Verfahren soll ein Katheter über ein Blutgefäß in der
Leiste eingeführt und im Herzen platziert werden. Dafür soll ein neues, besonders flexibles
Gerüst, ähnlich einem Stent, genutzt werden. Die Klappenprothese selbst ist zunächst eng
zusammengefaltet und öffnet sich erst im Herzen, um dort die defekte Klappe zu ersetzen.
Wenn sich das Verfahren bewährt, wäre die Behandlung erheblich schonender und
kostengünstiger. Zudem könnten Risikopatienten behandelt werden die bisher - zum Beispiel
aufgrund von Begleiterkrankungen - nicht operiert werden können. (Quelle:
BMBF/Gesundheitsforschung)
2 Millionen Euro für Forschungscampus
Die Weiterentwicklung von bildgebenden Verfahren, die im Rahmen operativer Eingriffe
eingesetzt werden, ist ebenfalls ein großes Forschungsthema. An etlichen
Forschungseinrichtungen – auch unterstützt durch mehrere Förderinitiativen des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) – wird daran gearbeitet. Etwa am
neugegründeten Forschungscampus „Stimulate – Solution Centre for Image guided local
Therapies“, an dem bildgestützte minimal-invasive Verfahren weiterentwickelt werden und das
in den nächsten 14 Jahren mit jeweils bis zu zwei Millionen Euro vom BMBF gefördert wird.
Am Zentrum, das als „internationaler Leuchtturm für bildgebende Medizin“ aufgebaut werden
soll, sind auch mehrere Unternehmen wie Siemens Healthcare beteiligt.
5
Marktentwicklung
Experten gehen davon aus, dass inzwischen fast bei der Hälfte aller in Krankenhäusern
durchgeführten Operationen minimal-invasive Verfahren zum Einsatz kommen.
Vor diesem Hintergrund stellt die Entwicklung entsprechender Geräte, Techniken und
Instrumente einen lukrativen Markt für Medizintechnik-Firmen dar. Dies gilt unter anderem für
endoskopische Geräte. So lag der Anteil der wertmäßigen Inlandsproduktion für „Endoskope
und chirurgische Instrumente“ im Jahr 2012 nach Angaben des Branchenverbandes Spectaris
mit 629,3 Millionen Euro bei 8 Prozent aller medizintechnischen Güter. Für die nächsten
Jahre gehen Experten von eine dynamischen Entwicklung aus. Internationale Studien zu
diesem Marktsegment prognostizieren hier bis 2016 zweistellige Wachstumsraten. (Quelle:
Koncept Analytics- Global Endoscopy Market Report 2011) Analysten der indischen
Consulting-Firma Koncept Analytics
zufolge lag der weltweite Handel mit
Endoskopen im Jahr 2010 bei 23,3
Milliarden Dollar. Bis zum Jahr 2016
wird ein Wachstum auf 33,7 Milliarden
Dollar prognostiziert. Allein auf das
Segment Laparoskopie, der
Hauptdomäne der Endoskopie,
entfallen danach „mehr als ein Viertel
Deutsche Hersteller dominieren den Weltmarkt bei
des Marktes“. (Quelle:
endoskopischen Geräten.
companieandmarkets.com)
Quelle: Carl Zeiss
Deutsche Endoskop-Hersteller
gehören zur Weltspitze
Der Markt für Endoskopie-Produkte ist sowohl international als auch national hart umkämpft.
Weltmarktführer sind insbesondere US-amerikanische Anbieter wie Johnson&Johnson und
Smith&Nephew. Hinzu kommen der japanische Hersteller Olympus, dessen Europa-Zentrale
in Hamburg sitzt, sowie das in Irland ansässige Unternehmen Covidien. Aber auch deutsche
Firmen haben sich in diesem Feld etabliert. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
wie Richard Wolf , die Aesculap-Sparte von B.Braun sowie das Tuttlinger
Familienunternehmen Karl Storz können sich im Feld der Endoskopie behaupten. Mit einem
Marktanteil von 36 Prozent (Quelle:companieandmarkets.com) dominierte die Firma Karl Storz
im Jahr 2010 den internationalen Handel mit starren Endoskopen noch vor Olympus Medical
(32 Prozent). Der Jahresumsatz des Endoskopherstellers liegt inzwischen bei rund 1,13
Milliarden Euro. Mit seiner Abteilung bildgestützte Diagnostik und Therapie ist auch der
deutsche Konzern Siemens Healthcare im MIC-Bereich aktiv . Allerdings stellen
Therapielösungen für minimal-invasive Verfahren nach Aussage des Unternehmens nur einen
kleinen Faktor im Gesamtumsatz der Sparte dar.
© medizintechnologie.de/bb
Herunterladen