Medizintechnologie.de Minimal-invasive Chirurgie Operative Eingriffe sind für den Patienten meist mit Schmerzen und unangenehmen Nebenwirkungen verbunden. Um das postoperative Trauma so gering wie möglich zu halten, kommt inzwischen sehr häufig die minimal-invasive Chirurgie Mit Hilfe von Mikrokameras wird bei minimalinvasiven Eingriffen das Operationsfeld für den Arzt auf einem Monitor sichtbar. Quelle: Lange Nacht der Museen/© Awaiba GmbH 1 zum Einsatz. Besonders in der Gynäkologie und der Bauchsowie Übergewichtschirurgie hat sich die sogenannte Schlüsselloch-Methode etabliert. Was ist minimal-invasive Chirurgie? Unter minimal-invasiver Chirurgie versteht man einen operativen Eingriff mit kleinsten, also minimalen Verletzungen von Haut und anderem Gewebe. Sie wird daher häufig auch als Schlüsselloch- oder Knopflochchirurgie bezeichnet. Die minimal-invasive Chirurgie (MIC) unterscheidet sich von der konventionellen, offenen Chirurgie durch die endoskopische minimalinvasive Zugangsart sowie den entsprechenden Einsatz spezieller Instrumente und Techniken. Der Begriff „minimal-invasive Chirurgie“ hat sich erst in den Die Weiterentwicklung der Operationsinstrumente vergangenen zwei Jahrzehnten in der bei der Laparoskopie hat die Minimal-invasive Medizin etabliert. Die Entwicklung Chirurgie entscheidend geprägt. moderner Operationsinstrumente bei Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg der Laparoskopischen Chirurgie (Bauchchirurgie) haben hier entscheidend dazu beigetragen. In der Vergangenheit waren Patienten nach Gallen- oder Blinddarmentfernungen durch große und meist unschöne Narben gezeichnet. Heute werden bei der Bauchspiegelung (Laparoskopie) dagegen mehrere kleinere Zugänge zur Bauchhöhle geschaffen und sogenannte Trokare eingesetzt. Durch diese schmalen Zugangshülsen wird ein spezielles Endoskop eingeführt, das an eine Videokamera und Lichtquelle angeschlossen ist. Bei der Operation wird es unter die Bauchdecke geführt und lässt das Innere des Körpers auf einem Bildschirm sichtbar werden. "Galloskop" brachte Durchbruch für schonendes Operieren Viele Jahre war die Laparoskopie in Europa und den USA überwiegend eine Domäne der Frauenärzte. Die erste laparoskopische Operation an einem Menschen wurde im Jahr 1933 von dem französischen Gynäkologen Carl Fervers bei einer Patientin mit chronischen Unterbauchbeschwerden durchgeführt. In den 80er Jahren war es der Kieler Gynäkologe Kurt Semm, der die erste laparoskopische Blinddarmentfernung vorgenommen hatte. Semm setzte dabei auf eine Technik mit mehreren Einstichen, wodurch überhaupt erst komplexere chirurgische Eingriffe möglich wurden. Im Laufe der Jahre wurden die dafür notwendigen Instrumente und optischen Systeme ständig weiter entwickelt. Der entscheidende Durchbruch für die schonende Operationstechnik kam allerdings erst später. Der Böblinger Chirurg Erich Mühe war der erste, der 1985 die sanfte Methode bei einer Gallenblasenentfernung anwendete. Mit dem von Mühe entwickelten „Galloskop“, einem veränderten Rektoskop mit eingebauter Winkeloptik und zusätzlichem Licht-, Insufflations- und Arbeitskanal, wurde die Gallenblase eines Patienten entfernt – damals allerdings noch in direkter Sicht, also ohne Videokamera. In der Allgemeinchirurgie setzte sich die Laparoskopie nur zögerlich durch. Noch Anfang der 90er Jahre war daher der Begriff Minimal-invasive Chirurgie fast gleichbedeutend mit laparoskopischer Chirurgie. 2 Anwendungsgebiete der MIC Wohl kaum eine Technik hat in den letzten Jahren medizinische Operationen so beeinflusst wie die minimal-invasive Chirurgie. Seit der ersten laparoskopischen Operation an einem Menschen vor 80 Jahren hat sich das Spektrum der SchlüssellochEingriffe rasch erweitert. In vielen Bereichen der Medizin gehört die Methode der kleinen Schnitte inzwischen zum Standard. Doch besonders bei der Brust- und Bauchchirurgie hat sich die Technik zur Diagnostik und Therapie von Erkrankungen durchgesetzt. Hierbei erfolgt der operative Zugang zum Körper über Brust- (Thorakoskopie) Die Minimal-invasive Chirurgie kommt auch beim Einsatz koronarer Stents zur Anwendung. oder Bauchhöhle (Laparoskopie) durch winzige Röhren, sogenannte Trokare. Diese werden über kleine (5 Quelle: BVMed/BIOTRONIK Gmbh&Co. bis 10mm) Schnitte auf der Haut in den Körper eingebracht und nach der Operation wieder entfernt. Die Laparoskopie ist bis heute eine Hauptdomäne der Schlüsselloch-Chirurgie. Sie eignet sich besonders zur Indikation von Beschwerden im Bauchraum. Am häufigsten werden minimalinvasive Techniken daher bei Gallenblasen- und Blinddarmentfernungen sowie Leistenbrüchen angewendet. Operationsfeld OPs im Jahr (Gesamt)* davon Anteil MIC in % Gallenblasenentfernung 185.000 – 190.000 92 – 98 Blinddarmentfernung 130.000 55 - 70 Leistenbrüche 150.000 – 250.000 20 – 40 Quelle: CAMIC/BQS-Bundesauswertung Cholezystektomie 2008 *(Konventionelle und minimal-invasive-Chirurgie) Nach Einschätzung der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Minimalinvasive Chirurgie (CAMIC) der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) gehört die Schlüssellochtechnik aber auch im Bereich der Adipositaschirurgie (Übergewichtschirurgie) zum klinischen Standard. Hier werden inzwischen 97 Prozent aller chirurgischen Eingriffe wie Magenband- oder Magenbypassoperationen minimal-invasiv durchgeführt. Nach Angaben der DGAV finden Schlüsselloch-Operationen aber auch in der Kinderchirurgie eine breite Anwendung. Schon Neugeborene werden routinemäßig mit speziell entwickelten Instrumenten operiert. Dazu gehören beispielsweise Behandlungen wegen angeborener Missbildungen, wie einer fehlenden Speiseröhre oder nicht ausgebildeter Darmabschnitte. Manche Eingriffe sind inzwischen sogar ambulant möglich. Aber auch bei älteren Patienten gilt die schonende Operationsmethode wegen der geringeren postoperativen Komplikationen als sicherer. Kleine Schnitte, schnelle Heilung Auch in der Endoprothetik (Gelenkchirurgie) haben sich Operationstechniken etabliert, die es ermöglichen, den Knie- oder Hüftgelenkersatz mit wesentlich kürzeren Hautschnitten durchzuführen. Neben dem geringen Wundtrauma durch kleinste Schnitte wird durch die Verwendung neuster minimal-invasiver Instrumente bei der Endoprothetik vor allem das darunterliegende Gewebe geschont und die Heilung beschleunigt. Ein deutlicher Trend hin zu den kleinen Schnitten zeichnet sich derzeit bei der Kolorektalen Chirurgie ab. Die CAMIC schätzt ein, dass bei 50 bis 60 Prozent aller operativen Eingriffe bei Dickdarmkrebs und Divertikelerkrankungen (Schleimhauterkrankung des Dickdarms) die schonende Operationsmethode zum Einsatz kommt. Auch die Handchirurgie folgt dem allgemeinen Trend, chirurgische Eingriffe zu minimalisieren. Die Techniken der kleinen Schnitte kommen beispielsweise bei der Freilegung von Nerven (Karpaltunnelsyndrom, Sulcus Ulnaris Syndrom etc.) oder bei der Gelenkdiagnostik zur Anwendung. Alle etablierten minimal-invasiven Verfahren sind inzwischen im diagnoseabhängigen Fallpauschalensystem DRG (Diagnosis Related Groups) abgebildet, kodifiziert und werden im Regelfall von den Krankenkassen bezahlt. Doch es gibt Ausnahmen. Adipositas-Patienten müssen beispielsweise vor einem Eingriff die Genehmigung der Krankenkasse einholen. Eine Kostenübernahme erfolgt nur, wenn die Diagnose im DRG-System gelistet oder die Operation als medizinisch indiziert eingestuft wird. 3 Gesundheitsökonomische Bedeutung der MIC Nach einer Studie des Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) aus dem Jahr 2010 wurden in den vergangenen Jahren durch Innovationen in der Gesundheitswirtschaft und medizintechnischen Fortschritt volkswirtschaftliche Einsparungen in Höhe von 22 Milliarden Euro erzielt. Ein wesentlicher ökonomischer Vorteil der minimal-invasiven Chirurgie für das Gesundheitswesen besteht darin, dass bei diagnostischer Anwendung frühzeitig Krankheiten erkannt und behandelt werden können. Die minimalisierte Zugangsart hinterlässt kleinere Wunden, die schneller heilen und danach so gut wie nicht mehr Die minimal-invasive Chirurgie bringt Vorteile für Patienten und Kostenträger. Quelle: Messe Nürnberg sichtbar sind. Neben dem kosmetischen Aspekt und dem verringerten Wundheilungsschmerz birgt die neue Zugangstechnik auch eine Kostenersparnis für Kostenträger, Kliniken und Arbeitgeber. Durch die schnellere Genesung lassen sich Patientenliegezeiten, Krankenhausausgaben und Arbeitsausfälle reduzieren. Experten verweisen jedoch auch auf Nachteile der minimal-invasiven Methode. Die Sicht des Arztes auf das Operationsfeld ist eingeschränkt. Dadurch können sich Operationen verlängern und das Risiko für den Patienten erhöhen. Kritiker argumentieren ferner, dass auf Grund des indirekten Eingreifens der Arzt keine Möglichkeit hat, das zu operierende Organ oder Gewebe zu ertasten. Auch Blutungen während des Eingriffs seien schwieriger zu stillen, als bei einer offenen Operation. Daneben wird die begrenzte Bewegungsfreiheit bei der Operation für den Arzt auf Grund der Beschaffenheit der Instrumente und die teils höheren Anschaffungskosten für minimalinvasive Techniken als nachteilig eingeschätzt. Tatsächlich ist der finanzielle Mehraufwand bei der minimal-invasiven Chirurgie schwer zu definieren, da hierbei der Umfang der Operation maßgeblich ist. Nach Einschätzung der CAMIC steigen die Kosten, je komplexer der Eingriff ist. Eine laparoskopische Gallenblasenentfernung kostet im Vergleich zur herkömmlichen Methode etwa zwischen 300 und 400 Euro mehr. Bei der Adipositas-Chirurgie können dagegen Mehrkosten von 1.500 bis 2.500 Euro entstehen. MIC-Verfahren von CAMIC zertifiziert Verletzungen und Beschwerden eines operativen Eingriffes für den Patienten so gering wie möglich zu halten – das ist das Hauptanliegen der minimal-invasiven Chirurgie. Um die Sicherheit für Patienten weiter zu erhöhen, setzt die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) auf eine strukturierte Ausbildung der Mediziner und standardisierte Operationstechniken. Unter dem Dach des Fachverbandes hat sich im Jahr 2000 mit der „Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Minimalinvasive Chirurgie“ (CAMIC) für alle minimalinvasiven Sparten eine Interessenvertretung gegründet. Durch die CAMIC werden in Deutschland chirurgische Arbeiten mit Schlüsselloch-Therapien zertifiziert. Das Zertifikat kann laut Verordnung nur an eine Klinik, eine chirurgische Abteilung oder einen Verbund von Krankenhäusern vergeben werden, wenn die jeweilige Institution „in Verbindung mit einem für den jeweiligen Bereich verantwortlichen Allgemein- und Viszeralchirurgen“ steht. Um diese Zusatzqualifikation zu bekommen, muss der Arzt in einem Video demonstrieren, dass er drei Operationen selbstständig mit der Schlüsselloch-Methode durchgeführt hat. Ein Chirurg einer zertifizierten Abteilung ist verpflichtet, an Fortbildungsmaßnahmen und klinischen Studien teilzunehmen. Das Zertifikat „Minimal-invasive Chirurgie“ ist bisher weltweit einmalig und an Qualitätssicherheitsmaßnahmen gebunden. Es soll gewährleisten, dass minimal-invasive Operationen bundesweit nach einem standardisierten Verfahren durchgeführt werden. 4 Trends in der Forschung Medizintechnische Entwicklungen haben einen großen Einfluss auf die weitere Etablierung der Minimal-invasiven Chirurgie im klinischen Alltag. Zum einen werden Operationsverfahren durch minimalisierte Techniken immer schonender. Andererseits werden Chirurgen durch computerassistierte Navigation, verfeinerte Videooptiken und flexiblere Geräte unterstützt. Ein zentraler Forschungstrend in der MIC besteht in der Miniaturisierung der eingesetzten medizinischen Geräte. Mit sogenannten Die blickgesteuerte Datenbrille kann digitale Mikroinstrumenten, die nur 2-3 mm Informationen abrufen und darstellen. Durchmesser haben, sind schon heute Quelle: Fraunhofer COMEDD chirurgische Eingriffe ohne sichtbare Spuren möglich. Eine wichtige Entwicklung innerhalb der MIC geht zudem dahin, die für eine Operation notwendigen Zugänge in den Körper soweit wie möglich zu reduzieren und minimieren. Ein Beispiel hierfür ist die Single-Port-Technik (SPT) in der Bauchchirurgie. Hier werden sämtliche Instrumente durch einen einzigen Kanal in die Bauchhöhle eingeführt. Da der Zugang in der Regel über den Bauchnabel erfolgt, sind kaum noch Narben sichtbar. Narbenfreies operieren mit NOTES Eine Weiterentwicklung der Schlüsselloch-Technik ist „NOTES“ („Natural Orifice Transluminal Endoscopic Surgery“). Bei dieser neuen Operationsmethode wird auf Schnitte gänzlich verzichtet. Denn der Einstieg in die Bauchhöhle erfolgt ausschließlich über natürliche Körperöffnungen, wie Mund, Scheide und After. Möglich wird das durch ein spezielles Operationswerkzeug. Das TED (Transdouglas Endoscopical Device) kombiniert Optik, Lichtquelle und verschiedene Kanäle für Werkzeuge wie Schere und Klammer in einem Instrument. Bisher wurde das schnittlose Verfahren bei Gallen- oder Blinddarmentfernungen praktiziert. Dabei wurde das erkrankte Organ jeweils durch die Scheide der Patientin entfernt. Entwickelt wurde das Verfahren in Indien. Im Vergleich zu anderen Ländern wie Brasilien oder den USA wird in Deutschland das reine NOTES-Verfahren nicht durchgeführt. Zusätzlich zu einem Schnitt in der Vagina wird in Höhe des Bauchnabels ein 0,5 cm kleiner Arbeitszugang geschaffen. Durch diesen Zugang wird die Bauchhöhle zunächst mit Gas aufgeblasen und eine Endoskopkamera eingeführt. Über die Vagina werden sowohl Operationsinstrumente in die Bauchhöhle gebracht, als auch kranke Organe entfernt. Auch dieser Eingriff erfolgt ausschließlich über den Bildschirm. Nach Angaben der CAMIC ist NOTES trotz Fortschritten noch immer ein experimentelles Verfahren. Um Vor- und Nachteile der neuen minimal-invasiven Operationsmethode zu dokumentieren, hat die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) im März 2008 für NOTES ein Register eingerichtet. Jede Klinik im deutschsprachigen Raum, die das Verfahren anwendet, kann sich hier registrieren lassen. Anliegen ist es, Erfahrungen von Chirurgen zusammeln, um zu verhindern, dass sich NOTES bei eventuellen Komplikationen unkontrolliert ausbreitet. 3.147 Patienten die mit der neuen Operationstechnik behandelt wurden, sind bisher im Register erfasst (Stand: November 2013). Eine erste Auswertung 2009 ergab, dass es sich bei den Registrierten vorwiegend um transvaginale Eingriffe bei Gallenblasenentfernungen (Cholezystektomie) handelte. Beide Verfahren, sowohl SPT als auch NOTES, haben inzwischen den Eingang in die klinische Praxis gefunden. Der DGAV kommt auf seinem Kongress „Viszeralmedizin 2013“ zu dem Ergebnis: „Grundsätzlich rechnen die Experten damit, dass in den nächsten Jahren mit einem deutlichen Zuwachs an Eingriffen der so genannten narbenfreien Chirurgie zu rechnen ist.“ Auge steuert OP-Datenbrille Weitere Forschungstrends richten sich auf die Verfeinerung optischer Geräte. So könnten künftig intelligente Datenbrillen bei minimal-invasiven Eingriffen dabei helfen, den ständig wechselnden Blick des Chirurgen vom Monitor zum Patienten und das Nachschlagen in Patientenunterlagen zu ersetzen. Entsprechende Entwicklungen gibt es auch in Deutschland. So wird beispielsweise am Fraunhofer Institut für Organik, Materialien und Elektronische Bauelemente COMEDD eine Datenbrille entwickelt, die digitale Informationen abrufen und darstellen kann. Die Brillen-Software wird ausschließlich über die Bewegung des Auges gesteuert. Sie soll sich daher besonders für Arbeiten eignen, die freihändig ausgeführt werden und zugleich Informationen benötigen. Darüber hinaus gibt es auch Ideen für dreidimensionale Darstellungen auf das Operationsfeld. Das in eine Brille integrierte sogenannte Augmented Reality-System (erweiterte Realität) zeigt dem Arzt reale Bilder (z.B. vom Bauchinnenraum) in 3D-Form an und damit die optimale Position seiner Instrumente. Direkt in das Sichtfeld des Operateurs können aber auch überlagernd Informationen aus der Patientenakte oder vom Ultraschall angezeigt werden. IPA forscht an drahtlosem Endoskop Andere Forschungsarbeiten konzentrieren sich darauf, die bei der MIC eingesetzten Geräte handlicher zu gestalten. So soll künftig eine neue Generation von Endoskopen mehr Bewegungsfreiheit sichern. Am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA wird derzeit an einer drahtlosen Variante gearbeitet, die auf bisher störende Kabel und Lichtquellenleiter verzichtet. Das drahtlose Endoskop soll relativ klein und leicht und damit besser zu führen sein. Ferner liefert das Endoskop hochauflösende Bilder, die über einen Zeitraum von bis zu zwei Stunden eine drahtlose und ruckelfreie Übertragung an jeden herkömmlichen Computer ermöglichen soll. Durch den Einsatz von LED-Leuchten soll das Gerät außerdem weniger Strom verbrauchen und Wärme entwickeln. Darüber hinaus wird in Deutschland auch daran geforscht, minimal-invasive Techniken in weiteren Indikationen einzusetzen. So wird derzeit am Universitätsklinikum Jena ein Verfahren entwickelt, bei dem erstmals eine Mitralklappenprothese über ein Blutgefäß von der Leiste aus genau an der richtigen Stelle im Herzen platziert wird. Bisher wird der Herzklappenfehler durch eine Operation am offenen Herzen und unter Einsatz der Herz-Lungenmaschine behandelt. Dabei wird die Mitralklappe "repariert" oder in schwerwiegenden Fällen durch eine Klappenprothese ersetzt. Der Eingriff ist allerdings aufwendig und mit Risiken für den Patienten verbunden. Bei dem neuen Verfahren soll ein Katheter über ein Blutgefäß in der Leiste eingeführt und im Herzen platziert werden. Dafür soll ein neues, besonders flexibles Gerüst, ähnlich einem Stent, genutzt werden. Die Klappenprothese selbst ist zunächst eng zusammengefaltet und öffnet sich erst im Herzen, um dort die defekte Klappe zu ersetzen. Wenn sich das Verfahren bewährt, wäre die Behandlung erheblich schonender und kostengünstiger. Zudem könnten Risikopatienten behandelt werden die bisher - zum Beispiel aufgrund von Begleiterkrankungen - nicht operiert werden können. (Quelle: BMBF/Gesundheitsforschung) 2 Millionen Euro für Forschungscampus Die Weiterentwicklung von bildgebenden Verfahren, die im Rahmen operativer Eingriffe eingesetzt werden, ist ebenfalls ein großes Forschungsthema. An etlichen Forschungseinrichtungen – auch unterstützt durch mehrere Förderinitiativen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) – wird daran gearbeitet. Etwa am neugegründeten Forschungscampus „Stimulate – Solution Centre for Image guided local Therapies“, an dem bildgestützte minimal-invasive Verfahren weiterentwickelt werden und das in den nächsten 14 Jahren mit jeweils bis zu zwei Millionen Euro vom BMBF gefördert wird. Am Zentrum, das als „internationaler Leuchtturm für bildgebende Medizin“ aufgebaut werden soll, sind auch mehrere Unternehmen wie Siemens Healthcare beteiligt. 5 Marktentwicklung Experten gehen davon aus, dass inzwischen fast bei der Hälfte aller in Krankenhäusern durchgeführten Operationen minimal-invasive Verfahren zum Einsatz kommen. Vor diesem Hintergrund stellt die Entwicklung entsprechender Geräte, Techniken und Instrumente einen lukrativen Markt für Medizintechnik-Firmen dar. Dies gilt unter anderem für endoskopische Geräte. So lag der Anteil der wertmäßigen Inlandsproduktion für „Endoskope und chirurgische Instrumente“ im Jahr 2012 nach Angaben des Branchenverbandes Spectaris mit 629,3 Millionen Euro bei 8 Prozent aller medizintechnischen Güter. Für die nächsten Jahre gehen Experten von eine dynamischen Entwicklung aus. Internationale Studien zu diesem Marktsegment prognostizieren hier bis 2016 zweistellige Wachstumsraten. (Quelle: Koncept Analytics- Global Endoscopy Market Report 2011) Analysten der indischen Consulting-Firma Koncept Analytics zufolge lag der weltweite Handel mit Endoskopen im Jahr 2010 bei 23,3 Milliarden Dollar. Bis zum Jahr 2016 wird ein Wachstum auf 33,7 Milliarden Dollar prognostiziert. Allein auf das Segment Laparoskopie, der Hauptdomäne der Endoskopie, entfallen danach „mehr als ein Viertel Deutsche Hersteller dominieren den Weltmarkt bei des Marktes“. (Quelle: endoskopischen Geräten. companieandmarkets.com) Quelle: Carl Zeiss Deutsche Endoskop-Hersteller gehören zur Weltspitze Der Markt für Endoskopie-Produkte ist sowohl international als auch national hart umkämpft. Weltmarktführer sind insbesondere US-amerikanische Anbieter wie Johnson&Johnson und Smith&Nephew. Hinzu kommen der japanische Hersteller Olympus, dessen Europa-Zentrale in Hamburg sitzt, sowie das in Irland ansässige Unternehmen Covidien. Aber auch deutsche Firmen haben sich in diesem Feld etabliert. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wie Richard Wolf , die Aesculap-Sparte von B.Braun sowie das Tuttlinger Familienunternehmen Karl Storz können sich im Feld der Endoskopie behaupten. Mit einem Marktanteil von 36 Prozent (Quelle:companieandmarkets.com) dominierte die Firma Karl Storz im Jahr 2010 den internationalen Handel mit starren Endoskopen noch vor Olympus Medical (32 Prozent). Der Jahresumsatz des Endoskopherstellers liegt inzwischen bei rund 1,13 Milliarden Euro. Mit seiner Abteilung bildgestützte Diagnostik und Therapie ist auch der deutsche Konzern Siemens Healthcare im MIC-Bereich aktiv . Allerdings stellen Therapielösungen für minimal-invasive Verfahren nach Aussage des Unternehmens nur einen kleinen Faktor im Gesamtumsatz der Sparte dar. © medizintechnologie.de/bb