Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse

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Backes, Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalysc
Lebenslage als soziologisches Konzept
zur Sozialstrukturanalyse
Von Prof Dr. Gertrud M. Backes, Cottbus/BerUn
1. Einführung
2. Historische Herleitung und Wurzeln des Lebenslage(n)konzeptes
3. Zur aktuellen Situation von "Lebenslage(n)" als soziologisches Konzept
3.1
Soziologische Theorie der Sozialarbeit bei Amann, basierend auf "Lebenslagen" als Sozialstrukturanalyse
3.2 "Lebenslage(n)" im Kontext expliziter soziologischer Sozialstrukturanalyse
3.3
3.2.1
Sozialstruktur(-analyse) im Umbruch?
3.2.2
Schwerpunkte in der neueren explizit sozialstruktureIl ausgerichteten soziologischen Rezeption von "Lebenslage(n)"
Zur empirischen Umsetzung und Anwendungsorientierung des Lebenslage(n)konzeptes
4. Zur Eignung des Lebenslage(n)konzeptes zur Analyse von Sozialstruktur
4.1
Systematisierung von "Lebenslage(n)" mit Hilfe eines analytischen Rasters
soziologischer Analyseebenen
4.2
Einschätzung: Was spricht für und was gegen eine Eignung des Lebenslage(n)konzeptes zur Sozialstrukturanalyse? Wo liegen seine Potentiale,
wo Grenzen?
gleichheit zum anderen. Hierbei erlangt - z. B. bei Hradil (1985. 1987) - der Begriff
der "Sozialen Lage" oder "Lebenslage" zentrale Bedeutung. Gleichwohl bleibt " Lebenslage" als Konzept innerhalb der Soziologie bislang eher randständig. Dies scheint
sich von seiten der theoretischen Soziologie durch den Vorwurf einer vermeintlichen
Theoriearmut und Konzentration auf die Deskriptionsebene zu begründen und von
seiten der empirischen Soziologie durch den der schwierigen Operationalisierung,
Datenbeschaffung und empirisch-statistischen Modelle.
Meines Erachtens lassen sich diese Bedenken jedoch kaum berechtigt an originären
Defiziten des Lebenslagekonzepts festmachen. Sie sind vielmehr darin begründet,
daß dessen Potentiale (auch in der neueren soziologischen Rezeption) häufig nicht
annähernd ausgeschöpft werden (s. Hauser/Neumann 1992: 243). Auf der Basis eines
entwickelten Lebenslagekonzepts ist durchaus - so meine These - eine theoretisch
und empirisch wie hinsichtlich der Handlungskonsequenzen konstruktive und den
neueren Entwicklungen angemessene Analyse von Sozialstruktur/sozialer Ungleichheit möglich. Folglich geht es mir - vor dem Hintergrund entsprechender bisheriger
Beiträge - darum, einige Gedanken zur Entwicklung dieses Ansatzes beizutragen.
Im weiteren Ver/auf des Beitrags wird es zunächst um eine knappe historische Herleitung des Konzepts gehen (Teil 2). Anschließend wird die heutige Situation seiner
Verwendung, v.a. in der Soziologie, beschrieben (Teil 3). Schließlich ist die Diskussion zu systematisieren, und es gilt, weitergehende Überlegungen zur Bedeutung
und Entfaltung des Lebenslagekonzepts zu entwerfen (Teil 4).
2. Historische Her/eitung und Wurzeln des Lebenslage(n)konzeptes
Bereits historisch ist die Thematisierung sozialer Ungleichheit, deren Bedingungen
und Auswirkungen Grundanliegen des Lebenslagekonzepts. Die Begriffe "soziale
Lage", "Soziallage" und "Lebenslage(n)" werden dabei synonym gebraucht. Die
Spann breite der Diskussion entfaltet sich:
•
1. Einführung
Sozialwissenschaftlicher Analyse konzidierte I.M. Keynes generell, daß sie von den
Lesenden viel guten Willen und ein großes Maß an Kooperation verlange. Denn es
gebe tausend Einwände, insbesondere da es keine vollständige Darstellung des Gedachten und Denkmöglichen gebe. Dabei würde die Forderung nach sachlicher
Vollständigkeit eine Darstellungsweise bedeuten, die weitschweifig und kompliziert
bis zur Obskurität wäre (nach Amann 1983: 6). Dies gilt auch für das Thema "Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse". Nicht nur aus zeitlichen und Platz-Gründen ist auf seine auch nur annähernd vollständige Darstellung
zu verzichten, so daß von den Lesenden besagter guter Wille und ein großes Maß an
Kooperation zu erwarten ist.
Ein zentraler Bezug des Themas stellt sich über die anhaltend kontroverse Diskussion in der Sozialstrukturforschung her: zwischen traditionellen Klassen- und
Schichtkonzeplen zum einen und neuen (oder neu entdeckten) Formen sozialer Un 704
•
zunächst im Begriff" (soziale) Lage"
-
bei Friedrich Engels (1972, zuerst 1845) zur Charakterisierung der Lage der
englischen Arbeiterschaft im Frühkapitalismus (diese Studie veranlaßte Kar!
Marx zu seinen Analysen) ,
-
bei Max Weber (1988, zuerst 1894) zur Beschreibung der Lage der ostelbischen Landarbeiter Ende letzten Jahrhunderts,
-
bei Theodor Geiger (1932), der in seiner "sozialen Schichtung des deutschen
Volkes" in den Begriff "soziale Lage" bereits subjektive Elemente der Reflexion über die Lebensbedingungen miteinschließt;
dann im Begriff "Lebenslage(n) "
-
bei Otto Neurath (1925, 1937): Er nimmt in den 1920er und 30er Jahren erstmals eine theoretische und methodische Begriffsbestimmung vor. Sein wissenschaftlich-politischer Bezugsrahmen entspringt so unterschiedlichen
Quellen wie der neopositivistischen Philosophie des "Wiener Kreises", der
705
Sackes. Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalysc
Nationalökonomie und einer sozialistischen Weltanschauung. Den "Lebenslage"-Ansatz entwickelt er über Analysen von Versorgungsformen der Bevölkerung in Kriegszeiten: Sie war besser als in Nicht-Kriegszeiten, was Neurath auf entsprechende Planung zurückführte.
Für Neurath ( 1931: 125) ist Lebenslage "der Inbegriff all der Umstände, die
verhältnismäßig unmittelbar die Verhaltensweise eines Menschen, seinen
Schmerz, seine Freude bedingen. Wohnung, Nahrung, Kleidung, Gesundheitspflege, Bücher, Theater, freundliche menschliche Umgebung, all das
gehört zur Lebenslage ... " (hier zit. nach: GlatzerlHübinger 1990: 35).
-
Sackes. Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse
8. negatives Interesse an Beeinträchtigungen der Bedarfsdeckung durch Abhängigkeit (s. Wirkung privater Marktmacht auf die Lebenslage der Konsumenten),
9. Interesse an aktiver Teilnahme am Wirtschaftsleben,
10. Interesse an Selbstbestimmung des wirtschaftlichen HandeIns,
11. Interesse an Gemeinschaft beim Wirtschaften,
12. Interesse an Deckung fremden Bedarfs und Gemeinschaftsbedarfs,
13. Interesse an Arbeitsfreude,
Gerhard Weisser (1957; 1966; 1978) nutzt den Begriff "Lebenslage" in den
1950er Jahren zur theoretischen Fundierung der Sozialpolitikwissenschaft
und Abgrenzung gegenüber der vorherrschenden neoklassischen ökonomischen Theorie der marktproduzierten Wohlfahrt (vgL Schulz-Nieswandt
1990). Zentral für die Lebenslage sind nach Weisser durch "äußere Umstände
... gebotene" materielle und immaterielle "Spielräume" der Bedürfnisbefriedigung, verstanden als .,wohlbedachte Grundanliegen", die er in verschiedenen Definitionen recht vage faßt, z. 8.:
14. negatives Interesse an Arbeitsmühen,
"Als ,Lebenslage' gilt der Spielraum, den die äußeren Umstände dem Menschen für die Erfüllung der Grundanliegen bieten, die er bei unbehinderter
und gründlicher Selbstbesinnung als bestimmend für den Sinn seines Lebens
ansieht." (Weisser 1957: 6 und 1978: 386)
Wesentliche Elemente des Konzepts, die auf eine Sozialstrukturanalyse verweisen,
sind in dieser Tradition bereits angelegt:
Und: "Als Lebenslage gilt der Spielraum, den die äußeren Umstände dem
Menschen für die Erfüllung der Grundanliegen bieten, die ihn bei der Gestaltung seines Lebens leiten oder bei möglichst freier und tiefer Selbstbesinnung zu konsequentem Handeln hinreichender Willensstärke leiten würden." (Weisser 1978: 275)
Weisserversteht Lebenslage im Sinne einer Lebensgesamtchance und spricht
deshalb bzgl. ihrer Teilmengen auch von "Lagen".
Der Weisser'sche Katalog von Interessen umfaßt (Weisser 1966: 21; hier nach Amann
1983: 146, Fußnote):
L Mittelbares Interesse an Ausstattung mit denjenigen Mitteln zur Befriedigung
sinnlicher oder geistiger Interessen, die im Verhältnis zum Bedarf knapp sind,
15. Interesse an Freiheit der Berufswahl,
16. Interesse an Freizügigkeit,
17. Interesse an gesellschaftlichem Ansehen, das sich aus der Wirtschaftstätigkeit ergibt,
18. Interesse am sogenannten sozialen Aufstieg.
Während bei Neurath der wissenschaftlich-politische Bezugsrahmen die zentral gelenkte Naturalwirtschaft einer sozialistischen Gesellschaft ist, besteht dieser bei
Weisser im Feld der ,Sozialpolitik' (inkL Fürsorge bzw. Sozialarbeit) im Rahmen einer Marktwirtschaft. Erkenntnisgegenstand ist bei Neurath die Gesamtheit der Bevölkerung und die darin unterschiedlichen Lebenslagen einzelner Gruppen, bei Weisser ist es jener Teil der Bevölkerung, der als die ,sozial Schwachen und Gefährdeten'
bezeichnet werden kann. Bei Neurath spielt das Subjekt als Faktor mit Interpretationspotential in der Analyse eine korrektive Rolle, bei Weisser stellt es ein Kernstück
dar (nach Amann 1983: 139). In beiden Fällen beschreibt ein multidimensionales
Konstrukt der "Lebenslage" spezifische Kombinationen ungleicher Handlungsbedingungen (s. später Hradil), die subjektiv unterschiedlich interpretiert werden.
In der Tradition von Neurath und Weisser findet "Lebenslage" in Sozialpolitik und
Soziologie mit unterschiedlichen Schwerpunkten Anwendung:
•
2_ besonderes Interesse an der Deckung des Bedarfs an sogenannten "lebenswichtigen" Gütern (einschl. Diensten),
3. Interesse an .,Einkommen",
4. Interesse an Vermögen (Genuß u. Produktivvermögen),
5. Interesse an Gegenständen des "Gemeinbedarfs" ,
6_ Interesse an ausreichender Vorsorge,
7. negatives Interesse an der Belastung mit Steuerung und Abgaben,
706
•
So wendet Otto Blume (z. B. 1968) den Ansatz in Folge von Weisser in empirisch
begründeter sozialpolitisch-praktischer Absicht auf "sozial gefährdete" und "sozial schwache" Gruppen (insbes. im Alter) an.
Ingeborg Nahnsen (1975: 148) begreift .,Lebenslage" in der Tradition von Weis-
ser, allerdings konkreter und stärker soziologisch ausgerichtet, als .,Spielraum,
den die gesellschaftlichen Umstände dem einzelnen zur Entfaltung und Befriedigung seiner wichtigsten Interessen bieten." Sie verweist damit auf die gesell·
schaftliehe Bedingtheit der Interessenentfaltung und -befriedigung. Deren subjektive Interpretation (im handlungstheoretischen Sinne), die Frage, ob und wie
sie genutzt werden, blendet sie jedoch - mit Verweis auf an objektiven Struktu707
Backes, Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalysc
ren orientierte Sozialpolitik - weitgehend aus. Als sich wechselseitig beeinflussende, reale Handlungsalternativen eröffnende, Einzelspielräume sieht sie
(S. 150): Versorgungs- und Einkommensspielraum (im Umfang möglicher Versorgung mit Gütern und Diensten), Kontakt- und Kooperacionsspielraum (als
Möglichkeiten zur Pflege sozialer Kontakte und das Zusammenwirken mit anderen) , Lern- und Erfahrungsspielraum (in Bedingungen der Sozialisation, Internalisierung sozialer Normen, Bildungs- und Ausbildungsschicksal, Erfahrungen der Arbeitswelt, Grad möglicher beruflicher und räumlicher Mobilität),
Muße- und Regenerationsspielraum (zur Kompensation der durch Arbeitsbedingungen, Wohnmilieu, Umwelt, Existenzsicherheit u.ä. hervorgerufenen psychophysischen Belastungen) sowie Dispositionsspielraum (zur Mitentscheidung einzelner in verschiedenen Lebensgebieten). Lebenslage gestaltet sich demnach um
so positiver, je mehr reale Alternativen der Lebensgestaltung dem einzelnen
über diese Spielräume bekannt und zugänglich sind.
•
•
Gerhard Naegele (1978. 1993 mit Tews) und in ähnlicher Weise Margret Dieck
(1987,1978 zusammen mit Naegele) verwenden "Lebenslage" in Anlehnung an
Blume und Weisser als sozialpolitiktheoretisches und primär empirisches auf Alter(n), Armut und Sozialpolitik hin ausgerichtetes Konzept: "Unter Lebenslage
wird demnach der Spielraum verstanden, den der einzelne für die Befriedigung
der Gesamtheit seiner materiellen und immateriellen Interessen nachhaltig besitzt. Die Lebenslagen von Individuen und Gruppen, die ähnlichen strukturellen
Bedingungen in ihrer Lebenssituation unterliegen, setzen sich aus einer Vielzahl
von Merkmalen zusammen. Sie umfassen die Verfügbarkeit von und den Zugang
zu materiellen Gütern ebenso wie immaterielle Werte, positive und negative Interessenerfüllung. Hervorgehoben wird der Aspekt der jeweils individuellen
Ausfüllung des Spielraums oder Rahmens, den die durch das Individuum oder
die relevante Gruppe nicht beeinflußbaren äußeren Bedingungen der Existenz
bestimmen" (Dieck 1984: 20).
In der Soziologie kann zunächst Anton Amann (1983) als prononciertester Vertreter des Lebenslagenkonzepts gelten. Durch Rückgriff auf und Weiterentwicklung der Ansätze von Weisser und v.a. Neurath fundiert er sozialarbeiterisches Handeln soziologisch (s. unten: Kap. 3.1).
Im Sinne eines Fazits zu seiner historischen Entwicklung sind folgende Elemente des
Konzepts hervorzuheben:
•
Erstens ist die Entwicklung von "Lebenslage" (bis heute) als multidisziplinär (in
Ansätzen sogar interdisziplinär) von Soziologie, Ökonomie, Sozialpolitik und sozialer Arbeit bestelltes und geerntetes Feld zu charakterisieren. So finden sich bei
Neurath neben einer soziologischen Grundausrichtung ein stark nationalökonomischer Hintergrund und ein Bezug zu praktischer Sozialpolitik.
•
Zweitens sind die theoretisch und empirisch fundierte sowie handlungsorientierce
(systematische) Deskription und Begründung von (sozial ungleichen) Lebenslage(n), deren Entwicklung und Veränderung kennzeichnend. "Lebenslage"
wird gefaßt als Ausfonnung von Lebensbedingungen, die einer (sozial)staatli-
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Sackes, Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse
chen Planung. Steuerung und Beeinflussung bedürfen - und zwar unter wissenschaftlicher Anleitung. Insbesondere die Vorstellung von der subjektiven. handelnd interpretierten Seite von .. Lebenslage'" vari iert deutlich.
•
Beides zusammen bedeutet: Der für Sozialstrukturanalysen besonders relevante
klassische Dreierschritt von Theorie, Empirie und Anwendung ist untrennbar mit
dem Konzept verwoben. Und: Mit der regelmäßig praktizierten, wenngleich wissensehaftstheoretisch nicht hinreichend reflektierten Vermittlung von "normativer" und "objektiv neutraler« (bei Weisser "deskriptiver") Wissenschaft liegt bereits früh und durchgängig ein Wissenschaftsversländnis zugrunde. das in der Soziologie erst wieder seit den 1970er Jahren - mit der Disk ussion um Objektivität
und Normativität (vgl. Beck 1974) bzw. Soziologie und Praxis (vgl. Beck 1982),. hoffähig" zu werden beginnt. Es ist nicht nur für Sozialstrukturanalyse konsequent und fruchtbar. Hier könnte eine Wurzel der über längere Zeit einseitigen
Zuschreibung des Lebenslagekonzepts zur (angewandten) Sozialpolitik und bis
heute wirksamer entsprechender Zuschreibungen liegen. Oie gerade in dieser
Vermilllung angelegte soziologische Kompetenz wird nicht nur bei Weisser verkannt.
3. Zur aktuellen Situation von " Lebens/age(n)" als soziologisches Konzept
Kennzeichnend für die heutige Diskussion von ,.Lebenslage" ist - neben der weiterhin bestehenden Bedeutung im Schnittpunkt von Ökonomie, Soziologie, Sozialpolitik/Sozialarbeit (s. Amann; Wendt) - eine zunehmende Verwendung auch in der
Soziologie, und zwar in Ansätzen
•
zur allgemeinen Sozialstrukturanalyse (vgl. Hradil1987 , Fürstenberg 1992),
•
zur speziellen Sozialstrukturanalyse, wie in der (interdisziplinären) Armursforschung (vgl. Döring u.o. 1990; HauserlNeumann 1992)
•
außerdem in einer auch soziologischen Fundierung VOll Sozialpolitik(theorie)
(vgl. Schulz-Nieswandt 1990, 1993; Andretta 1991 ; Engelhardt 1991 ); hierauf
werde ich jedoch nicht näher eingehen.
Insgesamt findet sich .. Lebenslage·· auch hier als theoretischer Begriff. als Leitkonzept empirischer Untersuchungen und als Grundlage sozialpolitischenl-arbeiterisehen Handels. Mit der Vielzahl konzeptioneller wie methodischer Versuche
(s. Hüller 1984; Krause/Schiiuble 1988; Lompe 1987) ge ht eine Vielfalt von Definitionen und empirischen Operationaiisierungen einher. Theoretisch-konzeptionelle
Ausarbeitungen bleiben in der Minderheit. Statt dessen wird "Lebenslage'· häufig
eher empirisch und anwendungsorientiert wie umgangssprachlich benutzt oder im
Sinne verwandter Begriffe, wie Lebensstandard oder Lebensführung. Insbesondere
in sozialpolitisch und sozialarbeitsorientierten Beiträgen ist sie z. T. zum Aflerwelrsbegriff geworden.
Gemeinsam ist aUen auf .. Lebenslage'" basierenden Ansätzen das Anliegen, soziale
Differenzierungen /eing/iedriger unter Einschluß der horizontalen und vertikalen Dimensionen zu erfassen. Wenn auch mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung und
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Backes. Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse
Backes, Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse
theoretischer wie methodischer Ausrichtung, ist das Konzept implizit oder explizit
immer auf die Analyse von Sozialstruktur/sozialer Ungleichheit hin ausgerichtet.
mit subjektiven der Einstellungen und Mentalitäten in einem Konzept der ,.Lebenslagen".
Mittlerweile bewegt sich die Spannbreite seiner Verwendung auch in der Soziologie
zwischen ad-hoc-Ansatz - wenn z. B. Daten zu sozioökonomischen Lebenslagedimensionen i. S. von ,sozialen Indikatoren' auf gesellschaftlicher Ebene additiv betrachtet werden (vgl. Schwitzer 1993) - und theoretisch und empirisch begründeter
Konzeptentwicklung. Hierfür stehen vor allem Amann (1983) und Hradil (1987), auf
die ich im folgenden exemplarisch eingehen werde.
Am Beispiel einer "mikrotheoretischen Lebenslagenanalyse von Klienten der AI~
3.1 Soziologische Theorie der Sozialarbeit bei Amann, basierend auf " Lebenslagen"
als Sozialstrukturanalyse
Nach Amann (1983: 147) sind "Lebenslagen" "die je historisch konkreten Konstellationen von äußeren Lebensbedingungen, die Menschen im Ablauf ihres Lebens
vorfinden, sowie die mit diesen äußeren Bedingungen in wechselseitiger Abhängigkeit sich entwickelnden ... Deutungs- und Verarbeitungsmuster, .... Lebenslage ist ein
dynamischer Begriff, der die historische, sozialen und kulturellen Wandel erzeugende Entwicklung dieser äußeren Bedingungen einerseits umfaßt und andererseits
die spezifischen Interaktionsformen zwischen dem sozialen Handeln der Menschen
und diesen äußeren Bedingungen."
Amann (1983) geht von einer vertikalen und horizontalen Differenzierung aus. Für
ihn sind Lebenslagedimensionen inhaltlich und empirisch umschreibbare Bereiche
der sozialen Realität. Ausgehend von empirisch untersuchbaren Interessenkomplexen nach Weisser (1966) sind diese eher auf ökonomisches Handeln hin orientiert
und sprechen objektive und subjektive Formen der Lebensgestaltung an (S. 145).
Exemplarisch für seinen Ansatz nennt er (S. 152) die Bereiche der Vermögens- und
Einkommensverteilung in einer Bevölkerung, des Bildungssystems (seine Entwicklung und Dynamik), der Familie und anderer Primärstrukturen, der Berufs- und Arbeitswelt, der medizinischen und sozialen Versorgung, des Wohncns und der
Ernährung.
Amann betont das dialektische Verhältnis von äußeren und inneren Zuständen:
Durch Hineingeborenwerden sind Entwicklungschancen determiniert, und sie unterliegen mehr oder weniger weiten Selbstgestaltungsmöglichkeiten: Das Individuum schreibt seinen Text in den gegebenen Kontext, es verändert so auch dessen
Sinn und den Fortgang seiner Biographie. Der Prozeß individueller Lebensführung
macht aus der sozialen Lebenslage eine eigentümlich persönliche; die Individualisierung der Lebenslage erfolgt innerhalb sozialer Strukturen.
Neben der forschungstechnischen Abgrenzung der Dimensionen fordert Amann,
daß ,.die Darstellung der Lebenslage ... immer unter theoriegeleiteten Gesichtspunkten auf die Gesamtsituation ausgerichtet sein muß" (Amann 1983: 152). Zusammenhänge zwischen den Dimensionen sind in der (empirischen) Analyse auf unterschiedlichem Abstraktionsniveau beschreibbar. Sie setzen somit Theorien unterschiedlicher Allgemeinheit als Objekttheorien voraus. Im Unterschied zu Hradil
(1987, s. u.) integriert Amann objektive Auswirkungen auf die Handlungschancen
710
tenarbeit" auf der Basis einer repräsentativen bezirklichen Erhebung setzt Amann
sein Konzept empirisch um. Deutlich werden hier als Kennzeichen einer entwickelten Lebenslageanalyse: der Praxisbezug, die thematische Ausrichtung, die Bedeutung einer lebensgeschichtlichen (objektiven) Entwicklung "subjektiver Wohlfahrt"
und damit die biographische Durchdringung der Lebenslage.
Für die Entwicklung und Betrachtung von Lebenslagen relevant sind laut Amann
nicht ein durchgehender, sondern verschiedene parallele und sequentielle Lebensabschnitte, die "Lebenskarrieren" (z. B. in Beruf oder Ehe) bilden. Wenn mehrere
davon problematisch verlaufen und eine kumulative Benachteiligung droht, verweist die entsprechende Entwicklung der Lebenslagen auf eine (potentielle oder
tatsächliche) sozialarbeiterische und - politische Intervention. Damit wird die Verbindung von Theorie, Empirie und Anwendung, unmittelbar bezogen auf Individuen
und soziale Gruppen, mittelbar auf Sozialstruktur und Sozial- im Sinne von Gesellschaftspolitik, in den Grundzügen erkennbar.
Bei seinem Ansatz handelt es sich um einen allgemeinen - nicht nur als Theorie der
Sozialarbeit - verwendbaren Entwurf einer Sozialstrukturanalyse auf der Basis von
"Lebenslagen", den er am Beispiel der Untersuchung einer ausgewählten Gruppe
verdeutlicht.
3.2 "Lebenslage(n) " im Kontext expliziter soziologischer Sozialstrukturanalyse
3.2.1 Sozialstruktur(-analyse) im Umbruch
Im Kontext expliziter soziologischer Sozialstrukturanalyse wird Lebenslage erst diskutiert, seit sich die Frage von Sozialstruktur und damit Sozialstrukturanalyse im
Umbruch stellt. Dazu einige Anmerkungen:
Sozialstruktur ist ein theoretischer und empirischer Kern soziologischer Analyse oder
- in Anlehnung an Fürstenberg (1992) - ein Schlüsselbegriff der Gesellschaftsanalyse. Sie bezieht sich auf relativ dauerhafte soziale Gebilde und Handlungsmuster,
in denen die Individuen verankert sind. Die Struktur eines sozialen Systems hat
handlungsleitende Verbindlichkeit; und sie ergibt sich umgekehrt erst aus dem Handeln der Individuen. Sozialstruktur steht für die durch objektive Strukturen und Verhältnisse vermittelte Strukturierung von Gesellschaft ebenso wie für die auch subjektiv konstituierten Lebensverhältnisse von Individuen und Gruppen (in diesem gesellschaftlichen, interaktionell und institutionell vermittelten Kontext). Insofern bedeutet Sozialstruktur zwar die zur Struktur geronnene Form der Vermittlung von In~
dividuum und Gesellschaft, diese ist jedoch ständig in Bewegung und Veränderung
(in sozialem Wandel) begriffen.
Als für entwickelte Sozialstrukturanalyse relevante Dimensionen (deren genuine Bestandteile, nicht nur Folgen) werden in der neueren Diskussion betont:
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Backes. Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse
•
horizontale neben vertikalen Dimensionen sozialer Ungleichheit (z. B. regionale
Disparität, vgL Offe 1969; KressiSenghaas 1969; bei manchen Autoren , wie Hradi11987 , auch: Geschlecht, Alter, Ethnie),
•
Ethnie,
•
Alter und Kohorte (s. implizit im Lebenslageansatz bei Blume, Naegele etc.,vgL
NaegelelTews 1993) und
•
Geschlecht als eigenständige, nicht abgeleitete Sozialstrukturdimensionen (z. B. im
Sinne von "Klasse"; s. Frauenforschung: Beer 1987: "Klasse Geschlecht"; BeckerSchmidt1995: vgl. Zapf 1993: 188t.),
•
Differenzierung und prozessuale Dynamik im Lebensablauf (als Element der Instabilität von sozialen Lagen (vgl. Kohli 1985: Mayer 1990; BergerlSopp 1995);
•
dies führe - zusammen mit "alten" Klassen- und Einkommensunterschieden
(Zapf1993: 189f.) - zu neuen Ungleichheiten und Konfliktlinien in einzelnen Lebensbereichen, wie ungleiche soziale Sicherheit, Gesundheitsrisiken, Arbeitsplatzsicherheit, (-qualität, -anforderungen, -belastungen, Zugangschancen zu natürlichen, kulturellen und Freizeitressourcen, Wohn- und Wohnumweltbedingungen,
SOzialbeziehungen (i. S. von Unterstützungschancen) sowie Ausstattung mit Sachgütern, die nicht nur Verfügung über Ressourcen bedeute, sondern Handlungsmuster impliziere (Fürstenberg 1992: 114);
•
man spricht von Individualisierung und Pluralisierung der Lebenslagen/-stile vor
dem Hinte rgrund
•
veränderter Dimensionen, Zuweisungskriterien sowie sozioökonomischen. -kulturellen und -politischen Zusammenhängen der Entstehung und Veränderung
von Sozial/agen (vgl. KreckelI992) ,
•
von der Bedeutung subjektiver neben objektiver Ressourcenverteilung (s. bereits
bei Geiger 1932; s. Lebensstilkonzepte: Hradil1987: Berger/HradilI990; Mül·
terlWeihrich 1991) und
•
der Notwendigkeit der Verbindung von Mikro - und Makroperspektive bei der
Analyse von Sozialstruktur (dies wird insbesondere im Rahmen der Frauenforschung thematisiert).
Häufig besteht bei Sozialstrukturanalysen jedoch bis heute die Gefahr einer unzureichenden Vermittlung der genannten Bestimmungsgrößen und einer einseitigen
Konzentration auf die objektive Seite, etwa der ökonomisch-politischen Dimensionen sozialer Ungleichheit. Außerdem werden geronnene Strukturen gegenüber den
verändernden Handlungsprozessen eher übergewichtet, horizontale Ungleichheiten
werden im Vergleich zu vertikalen vernachlässigt (s. Kritik bei Kreckel1987) und
Querschnitt- im Vergleich zu Längsschnittanalysen (s. Veränderung im Lebenslauf,
auch in der Generationenabfolge) bevorzugt. Es erscheint schwierig, die zunehmende Differenziertheit, Multidimensionalität und Dynamik von Sozialstruktur angemessen zu erfassen.
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Sackes. Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozia!strukturana!yse
Dabei sind mit weiterer Modernisierung der Sozialstruktur Schicht- und Klassenkonzepte zumindest in ihrer ausschließlichen Verwendung obsolet geworden. Es besteht ein weitgehender Konsens, daß damit die veränderte soziale Wirklichkeit
kaum noch hinreichend zu erfassen oder gar zu begründen sei. Bei der Suche nach
Ansätzen mit weitergehender theoretischer und empirischer Relevanz erinnert man
sich u. a. (neben Lebenslauf, Lebensstilen und Milieus) an "Lebenslage(n)" (vgl.
BergerIHradil1990). So findet das - zwischenzeitlich primär im Kontext von Sozialpolitik(theorie) und Gerontologie verwandte - Konzept mit der Kritik an bislang üblichen Ansätzen seit den I980er Jahren explizit Eingang in die theoretische und empirische Soziologie der Sozialstruktur und sozialer Ungleichheit.
3.2.2 Schwerpunkte in der neueren explizit sozialstrukturell ausgerichteten soziologischen Rezeption von "Lebenslage(nr
Seither lassen sich - neben der Amann 'schen - in der neueren soziologischen Rezeption von "Lebenslage(n)" v.a. Ansätze (1.) der allgemeinen und (2.) der speziellen
Sozialstrukturanalyse unterscheiden.
zu (1.): Insbesondere die "Modernisierung" der Sozialstrukturanalyse bei Hradil
(1987) und die entsprechende Folgediskussion (BergerlHradil1990) stehen für ihre
neuerliche soziologische Aneignung und Interpretation:
Hradil geht bei seiner soziologischen Fundierung des Lebenslageansatzes von einer
handlungstheoretischen Begründung sozialer Ungleichheit aus. Dabei findet keine
Fokussierung auf defizitäre Lagen, wie in Sozialpolitik, Sozialarbeit und soziologischer Armutsforschung, statt. Soziale Ungleichheit wird nicht normativ gewertet,
sondern bedeutet "die mehr oder minder vorteilhaften Lebens- und Handlungschancen, die Menschen durch gesellschaftlich hervorgebrachte Lebensbedingungen dauerhaft vorgegeben sind'" (Hradil1987: 141).
Zur Gliederung der Vielfalt objektiv ungleicher Lebens- und Handlungsbedingungen unterscheidet H radil:
•
ökonomische I?imensionen (Geld, formale Bildung, Berufsprestige, formale
Machtstellung),
•
wohlfahrtsstaatliehe (Arbeitslosigkeits- und Armutsrisiken, soziale Absicherung,
Arbeits-, Freizeit- und Wohn(umwelt)bedingungen) und
•
soziale (Beziehungen und Rollen, Diskriminierungen und Privilegien).
Der Ausdifferenzierung verschiedener, sozial ungleicher Lebenslagen entspricht bei
ihm die Berücksichtigung von Ressourcen, potentiell drohenden Risiken und positiven wie negativen Einflüssen auf die Möglichkeiten bedürfnisbefriedigenden Handelns. Strukturen industriegesellschaftlicher Arbeitswelt, sozialstaatliche Regelungen und persönliche Interaktionen gehen in die Dimensionen mit ein. Indem Ungleichheitsdimensionen verknüpft werden, sind Konstellationen ungleicher und
auch horizontal unterschiedlicher Lebensbedingungen analysierbar.
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Backes, Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse
Backes, Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse
Unter Sozialen Lagen bzw. Lebenslagen versteht Hradil (1987: 151) "typische Kontexte ungleicher Handlungsbedingungen«, Er benennt "dominierende (primäre)"
Lebenssituationen im Kontext ungleicher Lebensbedingungen (z. B. Einkommen,
berufliche Qualifikation etc.), "wichtige (sekundäre)« und " unwichtige", Damit
führt er eine Hierarchie der Dimensionen ein. Mehrere "objektive" Merkmale ("typische Kontexte ungleicher Handlungsbedingungen«) begründen unterschiedliche
Lebensmöglichkeiten.
Fähigkeiten im Alter ermöglichen), von Individualisierung und Pluralisierung der
Lebensformen und entsprechend ambivalente Erfahrungen mit und Verarbeitung
von Zwängen und Freiheiten, so gehen damit "neue" Dimensionen, Formen, Zuweisungskriterien und Bedingungen sozialer Ungleichheit einher, denen ein entwickeltes Lebenslagekonzept am ehesten gerecht zu werden scheint.
Diesen Ansatz ergänzt Hradil (1987: 162ft.) im Konzept der "sozialen Milieus " durch
Einstellungen und Mentalitäten als "subjektive", intervenierende Faktoren. Sie bündeln sich ähnlich wie soziale Lagen. Unter Milieus versteht man Gruppen von Menschen, die aus äußeren Lebensbedingungen und/oder inneren Haltungen heraus gemeinsame "Lebensstile" bilden. Diese differenzieren die durch (verschiedene) Lebenslagen geprägten Gruppen weiter und sollen dem Konzept zu mehr Lebensnähe
verhelfen (s. Hradi11987: 170).
3.3 Zur empirischen Umsetzung und Anwendungsorientierung des Lebenslage(n)konzepts
Allerdings weisen der Lebensstilbegriffund seine Operationalisierung bislang zahlreiche Widersprüche auf. So ist Hradils (1987: 172) Einschätzung einer "Loslösung
der Lebensweise von äußeren Lagen überhaupt" in diesem Kontext sehr kritisch zu
sehen (vgl. MüllerlWeihrich 1991: 117). Außerdem wird aus Lebenslageanalysen
(etwa Lompe 1987; KrauseiSchäuble 1988) ersichtlich, daß auf der Basis der Verteilung von Lebenslagen unterschiedliche Lebenschancen auch als vertikales Modell
sozialer Ungleichheit zu fassen sind. Dabei liegt eine Verbindung mit sozialen Klassen als erklärendes Modell nahe. Hradil hingegen beschränkt sich auf ein deskriptives Konzept.
zu (2.): Verstärkt wird das Lebenslagekonzept in (speziellen ) Teilbereichen der Sozialstrukturanalyse, wie der Armutsforschung, genutzt (z. B. von Lompe 1987,
KrauseiSchäuble 1988, GlatzerlHübinger 1990 und Hauser/Neumann 1992). Die Erweiterung des Armutsbegriffs um immaterielle Dimensionen, seine Multidimensionalität, sein Lebenslaufbezug sowie die Berücksichtigung von Handlungsspielräumen und deren individueller Nutzung gehen wesentlich auf das Lebenslagekonzept
zurück. Aus diesem Spektrum eine aktuelle Begriftsfassung nach GlatzerlHübinger
(1990: 36): "Lebenslage« ist demnach mit den darin enthaltenen ökonomischen,
nicht-ökonomischen und immateriellen Dimensionen, wie Einkommen, Wohnen,
Gesundheit, subjektives Wohlbefinden, multidimensionaL Als zentrales Merkmal
gilt das Haushaltseinkommen, da es den Zugang zur Befriedigung anderer Bedürfnisse bestimmt. Die spezifische Lebenslage bestimmt danach Handlungsspielräume
und -grenzen.
Insgesamt geht aus den Schwerpunkten soziologischer Rezeption von "Lebenslage"
hervor: Die Modernisierung der Sozialstruktur (der Lebens- und Arbeitsverhältnisse) beinhaltet zahlreiche Anknüpfungspunkte einer sinnvollen Anwendung und
weiteren EntwickLung des Lebenslagekonzepts. Wenn etwa Handlungsspielräume zunehmend beeinflußt werden durch Sozialstaat, Bildungssystem, Kohorten- und Generationenzugehörigkeit und die veränderten strukturellen Bedingungen (wie zeitliche Ausdehnung) von Altersphasen, insbesondere der Jugend und des Alters (dabei stellt sich z. B. die Frage nach den Elementen im Lebenslauf, die Spielräume und
714
Um hinsichtlich einer weiteren Ausschöpfung der konzeptionellen Potentiale von
"Lebenslage" einen Eindruck zu gewinnen, einige Informationen zur empirischen
Anwendung des Konzepts:
Ein Überblick zu entsprechenden Ansätzen läßt die diesbezüglich eher vorherrschende Skepsis (hinsichtlich der EntwiCklung und Auswahl der Dimensionen, der
Operationalisierung, des Datenzugangs und statistisch-methodischer Fragen)
zunächst nachvollziehbar erscheinen.
Allerdings sind Versuche einer empirischen Realisierung von "Lebenslagen" primär
als heuristische Ansätze zur Vberwindung von Schwächen in der SoziaLstrukturanaLyse (wie geringer Differenzierung, Lebensweltferne, prinzipieller Statuskonsistenzannahme, objektivistischer Ableitung der Betroffenheit ohne Berücksichtigung von Subjektivität im Umgang) zu sehen. So ist das Hauptkriterium in der Untersuchung von KrauseiSchäuble (1988) das nach der Zusammensetzung des HaushaLts gewichtete Nettoeinkommen. Es handelt sich um eine explizit die Armutsbevölkerung berücksichtigende modifizierte Einkommenschichtung (GlatzerlHübinger 1990: 39).
Mit seinen Überlegungen zu "Bausteinen" einer modernen Sozialstrukturanalyse
verweist auch Hradil (1987: 97) auf eine theoriegeleitete und an den spezifiSchen empirischen Gegebenheiten orientierte Entwicklung und Auswahl von Lebenslagedimensionen (s. Soziale-Indikatoren-Bewegung, Statusinkonsistenzforschung, sozialstrukturelle Sozialisationsforschung, Frauenforschung und qualitative Sozialstrukturforschung). Denn - so Hradil (1987: 97) - ein zeitgemäßes Modell muß "alle die
Dimensionen sozialer Ungleichheit enthalten, die in einem sozialen Kontext ,wesentlich' sind".
Bei bisherigen Operationalisierungen zeigt sich die Schwierigkeit, allgemein verbindliche Dimensionen des Konzepts festzulegen. Dabei stellt sich die Frage, ob ein
Gesamtkatalog im Sinne von "Sozialen Indikatoren" sinnvoll wäre. Bedeutsam erscheint ein themen- und gruppenspezifischer Zugang, um eine entsprechende Operationalisierung der Dimensionen zu erleichtern. Diese können dann mit allgemeinen, auf der Basis repräsentativer Bevölkerungsumfragen gewonnenen Dimensionen
zusammengeführt werden.
Ein sinnvoller Vergleich von LebensLagen muß nach Amann (1983: 155) mindestens
drei Operacionalisierungsschritte umfassen:
715
Sackes. Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozia[strukturanalyse
Sackes. Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse
1. Typologien von spezifisch ausgeprägten äußeren Bedingungen der Lebenslage
sind anhand einzelner inhaltlich abgrenzbarer Dimensionen in der konzeptionellen Vorarbeit themen- und untersuchungszentricrt wie theoriegeleitet zu entwerfen.
Die entsprechende Übersicht (Abb. 1) beinhaltet als relevante Ebenen soziologischer Analyse die zeitlichen und die sozialen, bcidcs zu sehen aus objektiver und subjektiver, aus Struktur- und Handlungsperspektive. Die zeitlichen Ebenen sind grob zu
unterscheiden in historisch-gesellschaftliche und individuell-biographische und die
sozialen in gesellschaftliche (ökonomische. politische, kulturelle). institutionelle und
interaktionelle bis hin zu individuellen.
2. Aggregatdaten haben die objektive Seite, die äußeren Bedingungen der Lebensverhältnisse, aufzuzeigen (z. B. Sozialberichterstauung).
3. Untersuchungen über Einstellungen, Zufriedenheit oder personale Beziehungen
haben die Interpretations- und Verarbeitungsformen dieser äußeren Bedingungen nachzuzeichnen (z. B. qualitative oder biographische Analysen).
4. Schließlich sind gleichartige "Lebenslagegesamtheiten" als" Lebenslagelypen "
zu behandeln.
Im Datenzugang dürfte die derzeit schwierigste Aufgabe einer empirischen Lebenslagcforschung bestehen:
•
•
So werden bislang z. B. unverbundene soziodemographische Merkmale aus Sozialstatistik und Umfragen zu Lebenszusammenhängen geordnet (vgl. Hütter
1984).
Als methodisch ertragreicher zeigt sich die an der Nahnsen'schen Konzeption
von Lebenslage (1975) orientierte Untersuchung von Lompe (1987). In einem
mehrstufigen Verfahren (vgl. auch Hauser/Neumann 1992: 243) wird zunächst
eine quantitative Analyse regionalspezi[lScher Strukturdaten mit einer qualitativen Analyse prozeßproduzierter Dokumente der Sozialämter zusammengeführt.
Die Auswertung führt dann im zweiten Schritt zur Identifizierung von Problemgruppen; aus diesen werden anhand von qualitativen Interviews Lebenslagetypen
gebildet.
Insgesamt wird deutlich: In statistisch-methodischer Hinsicht ist ein hoher Aufwand
zu bewältigen. Dies gilt insbesondere bei sehr differenzierten Lebenslageanalysen
mit einer großen Anzahl an Dimensionen und repräsentativer Untersuchungsanlage
(s. ALLBUS-Daten und Clusteranalysen bei Krause/Schäuble 1988). Daneben wird
die Notwendigkeit einer Integration von quantifizierenden und qualitativen Methoden ersichtlich, außerdem der Sinn regionaler Begrenzung in Anwendung und empirischer Umsetzung des Konzepts (vgl. ausführlicher Clemens 1994).
4.
Zur Eignung des Lebenslage(n)konzeptes zur Analyse von Sozialstruktur
4.1
Systemalisierung von "Lebenslage(n)" mit Hilfe eines analytischen Rasters soziologischer Analyseebenen
Kommen wir zur Systematisierung von "Lebenslage" mit Hilfe eines analytischen Rasters soziologischer Ebenen, um vor diesem Hintergrund Möglichkeiten, Grenzen
und Entwicklungsperspektiven des Konzepts hinsichtlich einer Sozialstrukturanalyse
besser einschätzen zu können:
716
Wenn wir vor diesem Hintergrund für SozialstrukIllranalyse relevante und für "Lebenslage" kennzeichnende Dimensionen in systematischer Weise beschreiben und
miteinander in Beziehung setzen, wird deutlich: Die für "Lebenslage" zentralen Elemente sind abgebildet. Es sind der Gesellschafts- und Zeitbezug sowie die Berücksichtigung von objektiver und subjektiver Perspektive, von Struktur und Handeln. Erinnern wir uns an die obigen Ausführungen, so handelt es sich dabei - in Verbindung
von handlungs- und slruklurtheoretischer Sicht - um sozialstrukturrelevante Merkmale.
Abb.1: Das Konzept der Lebenslage im Kontext soziologischer Analyseebenen
zeitliche
soziale Ebenen
hislorisch-gesellschafcliche
objektiv
gesellschaftlich
ökonomisch
politisch
kulturell
objektiv
theoretisch u. empirisch begründete Auswahl von
Dimensionen: z. B. materielle Lage, Gesundheit,
soziale Kontakte, Beschäftigung;
diese begründen (objektive)
Spielräume/Handlungschancen, die unterschiedlich
(subjektiv) interpretiert werden;
institutionell
dies ist vermittelt über zentrale
gesellschaftstypischelhistorisch-gesellschaftlich
spezifische ungleichheitsrelevanle Kriterien
(Zuweisungskriterien), wie:
Geschlecht, Alter (Altersgruppen u. Kohorten) ,
Ethnie, Region, sozioökonom. Status/Stellung im
Produktionsprozeß, .... in sonstigen
Arbeitsverhältnissen (auch Familie, Haushalt),
Lebensverlauf
(Strukturmerkmale von Lebenslage)
interaktionell
individuell
physisch
psychisch
geistig
subjektiv
subjektiv
individuell-biographische
Das Raster bildet folgenden Prozeß ab: Wie kommt es zu sozial ungleichen Lebenslagen, was ist darunter zu verstehen, und wie äußern sie sich empirisch?
(a) Bedingt durch: theoretisch und empirisch abgeleitete (historisch-gesellschaftlichund lebenslaufspezifische) ungleichheitsrelevante Kriterien (Status), wie Geschlecht, Kohorte, Ethnie, sozioökonomischer Status/Stellung im Produktionspro717
Sackes, Lebenslage als soziologisches Konzept zur SozialstruklUranalysc
Backes, Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalysc
zeß und in sonstigen Arbeitsverhältnissen, Region etc. (Strukturmerkmale von Lebenslage),
Schichtanalysen Sozialstruktur als unabhängige Variable gesetzt, so daß empirische
Analysen den realen Zusammenhängen äußerlich bleiben (vgl. Herkommer 1976,
hier nach Amann 1983: 20).
(b) kommt es zu: spezifischen Kombinationen partieller objektiver Statuslagen (Geschlechterstatus, Einkommenstatus, Altersstatus .... ), bzw. zu typischen Kontexten
objektiv ungleicher Handlungsbedingungen (Spielräumen, die die Gesellschaft dem
einzelnen zur Entfaltung und Befriedigung seiner Bedürfnisse bietet). die subjektiv
(auch vor dem Hintergrund sozial ungleicher Chancen des Umgangs damit) unterschiedlich interpretiert werden (s. Lebenslage: Interdependenz struktureller Bedingungen und individuell-subjektiven Handels, objektiv gerahmter subjektiver Lebensraum).
(c) Dies äußert sich empirisch in (theoretisch u. empirisch begründeten) Dimensionen der Lebenslage: in objektiv und subjektiv ungleicher materieller und immaterieller Lage (Einkommen, Wohnen, Gesundheit, Kontakte, Beschäftigung ... ), konstituiert die o. g. ungleichen Spielräume (der Versorgung, Regeneration, Partizipation
.... ), die sich gegenseitig verstärken oder kompensieren können, und läßt sich in Lebenslagetypen (etwa kumulativer sozialer Benachteiligung oder Bevorzugung) zusammenfassen und gliedern.
Mit seiner Multidimensionalität und Interdependenz von Dimensionen und 5trukturmerkmalen (vgl. Amann 1983: 19) beinhaltet das Konzept theoretische Bezüge
verschiedener Reichweite und entsprechende Methodologien.
Es ist in der Lage, alle Dimensionen sozialer Ungleichheit abzubilden, die im jeweiligen sozialen/gesellschaftlichen Kontext wesentlich sind (vgl. Hradi11987: 97), und
die Gesamtsituation, das Zusammenspiellebenslagerelevanter Faktoren, differenziert und gezielt zu erfassen (keine additive Logik, keine prinzipielle Statuskonsistenzannahme!). Dabei kann es historischen und situativen Verschiebungen der Bedeutung ungleichheitsrelevanter Kriterien gerecht werden und eine Verallgemeinerungsgrundlage bilden.
Konkret: Auswahl und Verhältnis der Dimensionen und Strukturmerkmale der Lebenslage zueinander sind durch Objekuheorien wie entsprechende empirische Hintergründe zu klären. Die historisch-gesellschaftliche Einbettung erfolgt durch 50zialtheorien. Über eine Lebensverlaufperspektive werden Lebenslagen in ihrer historisch-gesellschaftlich-biographischen Entstehung, ihrer Ausprägung und ihrem
Wandel erkennbar. Eine Verbindung von Mikro- und Makroebenen ist angelegt.
Die Vermittlung von objektiven und subjektiven Dimensionen, von strukturellen Bedingungen und Handeln, und die Wahrnehmung von Spielräumen lassen sich handlungstheoretisch begründen (vgl. Abraham 1993).
Durch die Verknüpfung von sozialen und zeitlichen Ebenen geht das Lebenslagekonzept von einer unmittelbar an der (gesellschaftlichen und individuellen) Lebenswirklichkeit orientierten Auswahl der Dimensionen aus, ist dabei flexibel, den objektiven und subjektiven Strukturen und Verhältnissen direkter entsprechend. Damit
ist ein unmittelbarer Bezug zur (individuellen wie gesellschaftlichen) Gestaltung
und Veränderung gegeben. Im Unterschied dazu wird etwa in herkömmlichen
718
Wie sich gesellschaftliche Verhältnisse auf individuelles Verhalten und Handeln
übertragen und Lebenslagen entstehen, ist als Prozeß nur mittels einer detaillierteren Analyse der Entwicklung subjektiver Strukturen unter objektiven Bedingungen
zu erschließen (vgl. Amann 1983: 10). Das Individuum ist weder nur "Puppe an der
Schnur" (ebd.), noch werden gesellschaftliche Ursachen vernachlässigt. Zusammenhänge werden erkennbar. Allerdings muß nicht jeder Fall auf diesen Vermittlungszusammenhang hin untersucht werden. Statt dessen kann man von Typen spezifischer Entwicklung unter der Prämisse einer theoretisch begründeten Klassenlage,
Geschlechterlage etc. ausgehen.
Hierbei sind - nach Amann (1983: 148) - vorfindbare Handlungsspielräume und deren tatsächliche Verwertung auf der Basis der Deutungs- und Verarbeitungsmuster
zu unterscheiden. Im Unterschied zu makrosoziologischer Erfassung "subjektiver"
Maße (etwa Zufriedenheit, s. Soziale Indikatoren) läßt sich diese Differenz z. B. in
Form interindividueller Variationen lebensgeschichtlicher Gestaltung erfassen. Das
Konzept der Lebenslage geht damit von einer lebensgeschichtlich erworbenen Erlebnis- und Verarbeitungsfähigkeit (-disposition) sozio-ökonomischer und sonstiger, auch immaterieller, Rahmenbedingungen bzw. äußerer Lebensbedingungen im
Sinne von Chancen, Belastungen, Konflikten aus (vgl. Amann 1983: 19).
Wichtig ist die Erfassung der soziogenetischen Seite des individuellen Handels. Soziales Handeln wird im Lebens(ver)lauf als prozeßhaft und perspektiveorientiert gesehen. Handlungsspielräume gelten als historisch geprägt und als Ergebnis sich verändernder äußerer Bedingungen, individueller Erfahrungen und Kompetenzen.
Diese Dynamik der Lebenslage im Lebensverlauf läßt sich empirisch nachzeichnen
und nachweisen, z. B. bei kumulativer sozialer Benachteiligung (alter Menschen, vgl.
RosenmayrlMajce 1978; alter Frauen, vgl. Backes 1983) oder Bevorzugung bestimmter Gruppen von Menschen.
Bisherige Analysen zeigen, daß es sich bei der Verteilung von Lebenslagen sowohl
um horizontale als auch vertikale soziale Ungleichheit handelt. Deutlich wird, daß
das Konzept nicht als Gegensatz zu originär vertikalen Ungleichheitskonzepten zu
verstehen ist. Wenn Weisser (1957) von der Gleichförmigkeit von Lebenslagen
größerer Mengen von Menschen spricht, die Schichten und Klassen formt. wird dies
bereits deutlich. Der Bezug zur Analyse sozialer Klassen (vgl. Strasser 1987) als Ausdruck der ökonomischen Produktionsverhältnisse und der politischen Organisation
ist - abgesehen von einer gesellschaftstheoretischen Fundierung - sinnvoll und notwendig:
a) zur Verhinderung einer analytischen oder empirischen Atomisierung der Sozialstruktur und
b) zur Typisierung von Lebenslagen als Bezugspunkt für politische Intervention. Neben einer subjektiven und horizontalen Differenzierung hat ein entwickeltes Le719
Sackes, Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse
Sackes. Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse
benslagekonzept auch Transformations- und Aggregation~funktionen in bezug auf
Ansätze sozialer Klassen zu entwickeln. Mit Hilfe einer solchen Rückbindung läßt es
sich stärker als erklärendes Konzept entwickeln und entgeht der Gefahr einer Beschränkung auf seine deskriptive Kompetenz (vgl. Clemens 1994).
Indem das Lebenslagekonzept eine Anbindung konkreter Lebensverhältnisse an gesellschaftliche Strukturen und Entwicklungen und umgekehrt ermöglicht, legt es die
Grundlage zur Beeinflussung von Verhältnissen durch Handeln resp. Interessenauseinandersetzungen, auch im Rahmen von Institutionen. Es bietet konkrete Ansatzpunkte für Sozialpolitik und Sozialarbeit (Amann 1983: 14; vgl. Wendt 1984, 1988).
Denn es setzt an den individuellen und sozial typisch verteilten VerarbeiIungsbedingungen materieller und immaterieller Voraussetzungen an und bezieht sich gleichzeitig - als Sozialpolitik - auf diese Bedingungen.
Dabei spielen - im Unterschied zu herkömmlichen Ansätzen - Versorgungsklassen
(ihre abgeleiteten sozialpolitischen Einkommen; vgl. Lepsius 1978), eine große
Rolle. So wird berücksichtigt, daß Lebenslagen heute in der Lebenslaufperspektive
auch stark durch antizipierbare sozialpolitische Leistungen (wie Rente, Sozialhilfebezug als ledige Mutter, BAföG) geprägt sind.
Die besondere Kompetenz des "Lebenslage"-Ansatzes läßt sich v.a. anhand von Bereichen nachvollziehen, die sich in einer Weise different ausprägen, bei der herkömmliche Kriterien der Sozialslrukturanalyse weder deskriptiv noch analytisch
(hinreichend) greifen. Dies ist z. B. der Fall, wenn sie etwa nicht einfach aus früherer Positionierung in der Berufehierarchie ableitbar sind.
1. Was bedeutet etwa Lebenslage in verschiedenen Phasen des Alters und für beide
Geschlechter? ... eine Weiterführung der früheren Lage, ohne daß der Beruf
noch da ist? Oder treten andere Dimensionen und Strukturmerkmale von der
Lebenslage in den Vordergrund? (vgl. Amann 1983, Teil III)
4.2
Bislang gilt ,.Lebenslage" - wie eingangs bereits erwähnt - (noch) nicht als unangezweifelt "hoffähig", und zwar innerhalb der theoretischen und z. T. auch empirischen
Soziologie. So sehen GlatzerlHübinger (1990: 37) ungelöste Probleme des Konzepts
in "der gesellschaftstheoretischen Einbettung, der empirischen Operationalisierung,
der adäquaten Datengrundlage und der praktischen Schlußfolgerungen, die sich für
das Konzept stellen" .
Hinter Vorbehalten von seiten der theoretischen Soziologie verbirgt sich meist der
Vorwurf der Theoriearmut und der Konzentration auf die Deskriptionsebene. Dabei verwechselt man m. E. jedoch die überwiegende Praxis seiner Verwendung mit
den derzeit weitgehend (noch) nicht ausgeschöpften analytischen und theoretischen
Möglichkeiten des Konzepts.
Aus Sicht der empirischen Soziologie besteht Skepsis v. a. hinsichtlich der Schwierigkeit einer Operationalisierung. Hierin ist jedoch kein ernstzunehmendes Argument gegen eine pragmatische Operationalisierung unter Berücksichtigung der analytischen Dimensionen des Konzepts zu sehen. Wenn man innerhalb der Sozialstrukturanalyse nur Konzepte gelten ließe. die die soziale Wirklichkeit in einfach
operationalisierbare Kategorien packte, bliebe man der hochkomplexen und -differenzierten Wirklichkeit doch recht fern. Außerdem existieren ernstzunehmende
Ansätze einer Operationalisierung von "Lebenslage" (s. Amann 1983 oder Lompe
1987).
Zu konzidieren ist, daß der mit dem "Lebenslage"-Ansatz verbundene Anspruch,
differenzierte Analysen sozialstruktureller Verteilung zu ermöglichen, durch die
Vielzahl potentieller Dimensionen und deren Wirkungszusammenhänge u. U. Dilemmata produzieren kann (!):
•
Durch eine ausgeprägte Heterogenität verschiedener Typen sozialer Lagen kann
es zu einer ReJativierung sozialer Ungleichheit kommen. In diesem Fall vergäbe
man die Möglichkeit einer hinreichend strukturierten Rahmenkonzeption für
eine qualifizierte Diskussion von ,.Individualisierung", "Pluralisierung" und
" Entstrukturierung" (vgl. Plum 1989; Diewald 1993).
•
Datenbeschaffung und empirisch-statistische Modelle bleiben derzeit (noch)
häufig hinter den angedachten theoretischen Konzepten zurück.
•
Und: Insbesondere bei der empirischen Umsetzung besteht die Gefahr, daß der
komplexe Ansatz im Interesse von Indikatorenbildung und Operationalisierungsverfahren soweit reduziert wird, daß er sich im Schematismus empirischer
Begriffe erschöpft (vgl. Amann 1983: 16).
2. Wie ist Lebenslage im Zustand (längerfristiger) Arbeitslosigkeit zu fassen? Was
bedeuten in diesem (oder anderem) Zusammenhang ArmutiSozialhilfebezug?
3. Wie verändern sich Lebenslagen von Bergarbeiterfamilien im Kontext und in der
Folge betriebsbedingter Kündigungen?
4. Wie prägt sich die Lebenslage von Frauen und Männern (in unterschiedlichen
Lebensphasen) bei ScheidungIPartnerverlust aus?
5. Was verändert sich in der Lebenslage bei Ortswechsel, z. B. auch innerhalb von
Familien mit welchem Grad der Betroffenheit der einzelnen Familienmitglieder?
6. Welche Rolle spielen unterschiedliche Statuspassagen in Hinsicht auf Veränderung von Lebenslagen?
7. Was bedeutet die Lebenslage "Neuer Bundesbürger" und "Neue Bundesbürgerin"?
720
Einschätzung: Was spricht für und was gegen eine Eignung des Lebenslage(n)konzeptes zur SozialstruklUranalyse? Wo liegen seine Potentiale, wo Grenzen?
Insgesamt liegen mögliche Gründe für die genannten Einwände in der Komplexität
dieses Ansatzes. Bisher hatten vergleichsweise einfacher konzipierte Ansätze Konjunktur, die entsprechend eindeutiger ableitbar und operationalisierbar sind. Einwänden gegen das Lebenslagekonzept ist diesbezüglich entgegenzuha lten. daß jede
Form der GeseUschaftsentwicklung bestimmte theoretische und empirische Kon-
721
Backes, Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalyse
zepte erfordert und ermöglicht. So entspricht der zunehmenden Komplexität der Sozialstruktur heute eher ein differenziertes Konzept wie das der "Lebenslage". Das
Problem ist dabei weniger, die Komplexität zu beschreiben, als diese wiederum so
zu reduzieren, daß das Konzept anwendbar und empirisch überprüfbar wird, ohne
auf wenig dimensionale, zu stark vereinfachende Ansätze alter Tradition zurückzufallen.
Vermeintliche " Defizite" des Konzeptes sind m. E. in der gegenwärtigen Anwendung
in erster Linie dann zu beklagen, wenn man von einem umfassenden theoretischen,
empirischen und anwendungsbezogenen Anspruch ausgeht und auf "Lebenslage"
all jene Ansprüche projiziert, die bislang auch in anderen Ansätzen kaum umfassend
einzulösen sind. Dabei ist zu berücksichtigen. daß es weder das theoretische Konzept der Lebenslage noch die empirische Umsetzung gibt, und daß dies im Sinne einer historisch-gesellschaftlichen und sozialstrukturellen Konkretisierung eher eine
Stärke als eine Schwäche des Ansatzes ist.
Abschließend läßt sich die Wahl von "Lebenslage" als Konzept!ür eine Sozialstrukturanalyse durch Kompetenzen begründen. die durchgängig kritisierte Schwachstellen herkömmlicher Konzepte aufheben:
•
Von zentraler Bedeutung ist die explizite theoretische und empirische Begründung. Das Lebenslage(n)konzept enthält Ansatzpunkte für Gesellschaftstheorie
(vgL GlatzerlHübinger 1990: 36f.: .,Im Prinzip kann das Lebenslagenkonzept zur
Sozialstrukturanalyse der Gesamtgesellschaft ebenso herangezogen werden wie
zur Diagnose der Lebenssituation einzelner Personen bzw. Personengruppen. ").
Dies zeigt den Unterschied zu weitgehend theorielosen und lebensfremden,
übergeneralisierenden herkömmlichen Schichtkonzepten.
•
Sie ermöglicht die Berücksichtigung aller, auch jeweils "neuer" Formen, Dimensionen, Zuweisungskriterien bis hin zu Entstehungsbedingungen sozialer UngleiChheit.
•
•
722
Vor diesem Hintergrund lassen sich - im Unterschied zu diesbezüglich restriktiven Schichtmodellen - vielfältige KombinationenIKonstellationen vorteilhafter
und nachteiliger Lebensbedingungen erfassen. Das Konzept kann auf die Situation verschiedenster Gruppen. Probleme, Zeitpunkte sowie große und kleine
Maßstäbe hin zugeSChnitten werden und grobe wie auch sehr differenzierte Formen sozialer Ungleichheit erfassen (und zwar nicht als methodische Artefakte).
Trotz der Differenziertheit wird horizontale und vertikale soziale Ungleichheit
nicht mit sozialer Differenzierung vermischt.
Dank der o.g. Vorgehensweise und der Berücksichtigung auch subjektiver Faktoren ist das Lebenslagemodell "kein lebensfremdes Ordnungsmodell. sondern
beruht auf einer Rekonstruktion typischer.... Handlungssituationen" (Hradil
1987: 157f.). Im Unterschied zu abstrakten Beschreibungen vorhandener Ressourcen ohne Rücksicht darauf, wie sie zusammenwirken und genutzt werden
(s. herkömmliche Schichtkonzepte), ermöglicht es die Analyse konkreter indivi-
Backes, Lebenslage als soziologisches Konzept zur Sozialstrukturanalysc
dueller und sozialer Lebenschancen und hat den Zusammenhang zwischen Struktur und Handeln im Blick, was auch Veränderungen impliziert.
•
Indem Übergeneralisierung vermieden wird, eine Ausrichtung an spezifische
Probleme und Gruppen erfolgen kann und erfaßt wird, wie Ressourcen zusammenwirken, wahrgenommen und genutzt werden (subjektive Dimension), ermöglicht das Lebenslagekonzept weitaus eher und bessere Verhaltenserklärungen als geläufige Sozialstrukturmodelle.
•
Darüber hinaus bietet das Lebenslage(n)konzept insbesondere eine vieldimensionale, interdependente, sehr differenzierte, horizontale und vertikale Ungleichheiten verknüpfende und dynamisch an der Veränderung der Lebensverhältnisse und Strukturen orientierte Beschreibung und Erklärung sozialer Ungleichheit. und zwar bezogen auf eine lebenslaufimplizierende Lebensgesamtlage( -chance).
Hinzu kommt: Trotz aller Skepsis hinsichtlich der Operationalisiserung. des Datenzugangs und empirisch-statistischer Modelle existieren bereits Ansätze, die neben
theoretischer Fundierung empirische Umsetzung und Handlungsbezug von "Lebenslage" ermöglichen.
Insofern gibt das Konzept der Lebenslage eine neueren Entwicklungen inhaltlich
und methodisch gewachsene Antwort auf p~rtielle Ratlosigkeit oder Diffusität in
der Sozialstrukturanalyse, auf zu grobe Abbildungen auf der einen Seite und atomisierte Beschreibungen auf der anderen. Es eröffnet angesichts der mit sozialem
Wandel einhergehenden Frage, wie Sozialstruktur heute angemessen zu analysieren
sei, konstruktive und innovative Möglichkeiten. So zeigt das Konzept z. B.. wie bei
aller Individualisierung Lebenslagen auf andere Lagen angewiesen und in ihrem Gefüge verwoben sind und spiegelt die Dialektik von Individual- und Soziallage.
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