Mechanik q1_ _ Kap.3 3.0 Inhalt von Kap.3 Stand Nov 2012 3.1 Trägheitskräfte 3.2 Zentripetalkraft 3.2.1 Kreisfrequenz 3.3 Allgemeine Gravitationsformel 3.4 Masse der Erde 3.5 Geostationäre Satelliten 3.1 Trägheitskräfte Wenn man mit einem Auto fährt, das plötzlich abgebremst wird, weil es z.B. gegen eine Mauer fährt, so erscheint es dem Insassen des Autos so, als wirkt eine geheimnisvolle Kraft auf ihn, die seinen Körper nach vorne schleudert, in die Windschutzscheibe hinein. Von außen sieht man das natürlich völlig anders. Man bemerkt, dass es diese scheinbare Kraft, die den Menschen nach vorne schleudert, gar nicht gibt. Stattdessen gibt es das Gegenteil, eine Kraft, die den Wagen abstoppt, und der Mensch, besonders wenn er nicht angeschnallt ist, wird nicht mit abgebremst, sondern bewegt sich auf Grund seiner Trägheit weiter nach vorn. In diesem Fall spricht man dann von einer Trägheitskraft. Es gibt zahlreiche Trägheitskräfte, z.B. die Corioliskraft. Scheinbar (!) wird jede Bewegung auf der nördlichen Erdhalbkugel von einer Kraft, eben der Corioliskraft, nach rechts abgelenkt. In Wirklichkeit handelt es sich hier aber nicht um eine Kraft, sondern um eine Folge der Erdrotation. Kap.2-Teil2- Seite 1 Mechanik q1_ _ Kap.3 3.2 Zentripetalkraft Eine weitere Trägheitskraft ist die Zentrifugalkraft, auch Fliehkraft genannt. Demjenigen, der im Kreis gedreht wird, erscheint es so, als erführe er eine Kraft nach außen. Doch wie ist es wirklich? Dem Hammerwerfer, der sich mit aller Kraft gegen den Hammer stemmt, mag es so erscheinen, dass der Hammer radial nach außen zieht. Umso erstaunlicher ist es, dass der Hammer, wenn er dann losgelassen wird, nicht radial wegfliegt, sondern tangential, so wie die Funken an dem unten abgebildeten Schleifstein. Kap.2-Teil2- Seite 2 Mechanik q1_ _ Kap.3 D.h. die Situation ist eigentlich die folgende: der Körper selbst hat auf Grund seiner Trägheit das Bedürfnis, den Kreis tangential zu verlassen. Dies wird verhindert durch eine Kraft, die ihn zum Kreiszentrum hin zieht, die sogenannte Zentripetalkraft. Umgangssprachlich sagt man, dass ein Motorradfahrer verunglückt ist, weil die Zentrifugalkraft zu groß war und ihn aus der Kurve getragen hat. Unter Physikern würde man sagen, dass die Zentripetalkraft nicht groß genug war, um ihn in die Kurve hineinzuziehen und er sich dann eben tangential weiterbewegte. Die Formel für die Zentripetalkraft FZ ist Fz = m _v² , r wobei r der Radius des Kreises ist und v die Bahngeschwindigkeit. Wir werden später versuchen, diese Formel mathematisch herzuleiten. Es soll aber noch angemerkt werden, dass v hier kein Vektor ist, weil es keine bestimmte Richtung hat. Dementsprechend folgt aus der Gleichung auch nicht die Richtung von Fz, d.h. es handelt sich um eine reine Betragsgleichung. Zunächst machen wir nur eine Dimensionsprobe. Aufgabe 3.2.1 Zeigen Sie, dass dim[m v² ] = N gilt. r und nun Anwendungen für die Formel: Aufgabe 3.2.2 Ein Körper der Masse 0,9kg wird an einer Schnur der Länge 2,5m mit der Bahngeschwindigkeit 5m/sec auf einer horizontalen Kreisbahn herumgeschleu Kap.2-Teil2- Seite 3 Mechanik q1_ _ Kap.3 dert. a) wie groß ist die notwendige Zentripetalkraft F = _N b)wie ändert sich die Zentripetalkraft bei -doppelter Masse -doppelter Bahngeschwindigkeit -doppeltem Radius wenn die anderen Größen stets gleich bleiben. c)bei welcher Bahngeschwindigkeit reißt die Schnur, wenn sie bis 120 N belastet werden kann? v = _ _,_ _ _ m/sec d)berechnen Sie die Umlaufdauer T nach der Formel v = 2 π r/ T T = _,_ _ _ sec Aufgabe 3.2.3 Ein Variosrotor auf einem Volksfest hat einen Durchmesser von 5m. a) Eine Person wiegt 80kg und v = 15m/sec. Wie groß ist die Zentripetalkraft? b) Wie groß muss v sein, damit die Zentripetalkraft 4-mal so groß ist wie die Gravitationskraft. In diesem Fall kann man davon ausgehen, dass die Person an der Wand des Variosrotors haftet, auch wenn der Boden gesenkt wird. a) F = _ _ _ _ N b) v = _ _ m/sec Da man eine Drehung aber oft über ihre Frequenz oder über ihre Winkelgeschwindigkeit beschreibt und nicht über ihre Bahngeschwindigkeit v, brauchen wir hier noch eine andere Formel für die Zentripetalkraft. Zuvor aber einige neue mathematische und physikalische Definitionen. 3.2.2 Die Kreisfrequenz Anfang mathematischer Einschub: Das Bogenmaß In der Mathematik misst man Winkel nicht in Grad, sondern oft in Radiant. Dies müssen Sie auch auf ihrem Taschenrechner berücksichtigen, wo Sie DEG und RAD einstellen können. Was ist nun der Sinn von Radiant, oder wie man auch sagt, der Angabe im Bogenmaß? Kap.2-Teil2- Seite 4 Mechanik q1_ _ Kap.3 Def.: (Bogenmaß - aus Wikipedia) Das Bogenmaß eines Winkels α (aufgefasst als Zentriwinkel eines Kreises, siehe folgende Skizze) ist definiert als das Verhältnis der Länge des Kreisbogens b zum Radius r, d.h. α =b r Einheit: dim [α] = rad, genauer gesagt ist der Winkel eigentlich dimensionslos, denn die Einheiten von b und r kürzen sich ja gegeneinander weg, aber man schreibt oft rad um es von den Winkelgraden zu unterscheiden. Skizze zum Bogenmaß Umrechnungstabelle ° (deg) 360 270 180 90 45 0 rad 2 π = 6,283… 1,5 π π 0,5 π 0,25π 0 Aufgabe 3.2.4. Rechnen Sie in die jeweils andere Einheit um: a) α = 60 deg (=60°) b) α = 4 rad Das heißt, der Vorteil des Bogenmaßes ist, dass man einen sehr einfachen Zusammenhang zwischen Winkel und Bogenlänge hat, der Nachteil ist, dass sich die dazugehörigen Zahlen nicht als endliche Dezimalbrüche angeben lassen. Ende mathematischer Einschub: Das Bogenmaß Kap.2-Teil2- Seite 5 Mechanik q1_ _ Kap.3 Def.: (Frequenz) Bei einem periodischen Vorgang ist die Frequenz f der Kehrwert der Periodendauer T, d.h. f= 1 . T Einheit: dim [f] = Hz (Hertz) = 1/sec Hz (Hertz) bedeutet also „pro Sekunde“ Demnach bedeutet also 50Hz, dass es sich um 50 Perioden pro Sekunde handelt, das heißt die Periodendauer ist 0,02sec. Aufgabe 3.2.5. Der Wechselstrom in D hat 50Hz, weil er von Generatoren erzeugt wird, die sich mit der Frequenz 50Hz drehen. a) Wieviel Umdrehungen pro Sekunde haben diese Generatoren? b) Wie lange ist die Umdrehungsdauer T? Aufgabe 3.2.6. Eine Schallplatte hat 33Umdrehungen pro Minute. a) f= ? b) T= ? Erklärung:(Omega) ist ein griechischer Buchstabe, der dem o entspricht. Es gibt ein kleines und ein großes Omega. ω ist das kleine Omega, das dem w sehr ähnlich sieht Ω ist das große Omega, das aus der Elektrizitätslehre bekannt ist Def.: (Kreisfrequenz) Die Kreisfrequenz ω einer Kreisbewegung ist der Quotient aus 2π und T ω = 2π T Einheit: dim[ω] = Hz = 1/sec Bemerkung: Die Kreisfrequenz kann man auch als Winkelgeschwindigkeit auffassen, denn 2π ist ja ein Winkel (=360°), und T die dazugehörige Zeitdauer. Kap.2-Teil2- Seite 6 Mechanik q1_ _ Kap.3 Aufgabe 3.2.7. Zeigen Sie, dass nach den obigen Definitionen auch gilt: ω = 2πf Aufgabe 3.2.8. Zeigen Sie, dass nach den obigen Definitionen auch für die Bahngeschwindigkeit v gilt: v = ωr Aufgabe 3.2.9. Zeigen Sie m. H. der Gleichung aus Aufgabe 3.2.8, dass aus der ersten Formel der Zentripetalkraft die zweite Formel der Zentripetalkraft folgt: Fz = m _v² , r 1te Formel (siehe oben) Fz = m ω² r 2te Formel (folgt aus der ersten) Mit Hilfe der 2ten Formel lässt sich jetzt auch relativ leicht die folgende Aufgabe rechnen: Aufgabe 3.2.10. Zwei Wäscheschleudern haben a) f = 1400U/min und r =14cm b) f = 1300U/min und r =18cm Berechnen Sie in beiden Fällen die „ Zentrifugalkraft“, die auf 1g Wasser wirkt, das sich auf dem äußeren Rand der Trommel befindet. a) F = _,_ _ _ N b) F = _,_ _ N Kap.2-Teil2- Seite 7 Mechanik q1_ _ Kap.3 3.3 Allgemeine Gravitationsformel Mit Gravitation (von lateinisch gravis, schwer), ist zunächst mal natürlich die Erdanziehungskraft gemeint. Schon früh kam die Idee auf, dass es analog zu der Erdanziehungskraft auch eine Mondanziehungskraft, Marsanziehungskraft usw. geben müsse. Newton verallgemeinert diese Idee noch einmal, indem er behauptet, dass 2 beliebige Massen (also auch 2 Kreidestücke) einander anziehen. Also Masse m1 zieht Masse m2 an und umgedreht (actio = reactio). Aber Newton gab dann auch noch eine Formel für diese allgemeine Gravitation an. Allgemeine Gravitationsformel: Zwei beliebige Massen m1 und m2 ziehen sich gegenseitig an mit der Kraft F = G m1 m2 , r² dabei sind m1, m2 die beiden Massen r der Abstand zwischen den Massen G die Gravitationskonstante Diese Gleichung ist wieder eine Betragsgleichung, d.h. sie sagt nichts über die Richtung von F aus. Den Wert der Gravitationskonstanten G konnte Newton übrigens nicht angeben, das tat dann später der Experimentator Cavendish. Aufgabe 3.3.1. Bestimmen Sie die Dimension von G. dim[G] = dim[F] dim [ r²] dim[m1] dim [ m2] = …. Wie gesagt, bestimmte 1779 Cavendish die Gravitationskonstante mit einer Drehwaage. Eine solche Gravitationswaage steht heute in vielen Gymnasien, wird aber selten benutzt, da sie viel Arbeit macht. Das wäre ein Thema für ein Referat. Er fand folgenden Wert heraus: Kap.2-Teil2- Seite 8 Mechanik q1_ _ Kap.3 Die Gravitationskonstante ist eine universelle Naturkonstante, die überall im Weltraum gilt, was man über g ja nun nicht sagen kann. Wir werden später noch einige weitere Naturkonstanten kennenlernen, z.B. die Lichtgeschwindigkeit c0. Aufgabe 3.3.2. Greifen wir die Idee wieder auf, dass auch zwei Kreidestücke sich gegenseitig anziehen auf Grund der allgemeinen Gravitationskraft. Nehmen wir an, die beiden Kreidestücke wiegen 2g und 3g und ihr Abstand ist 10cm. Wie groß ist die Gravitationskraft zwischen den beiden Kreidestücken. F = _,_ _ _ 10-14 N 3.4. Die Masse der Erde In gewisser Weise hat Cavendish auch die Erde gewogen, denn wenn man die Gravitationskonstante kennt, kann man auch die Masse der Erde bestimmen. Stellen wir uns ein 1kg Stück vor, wir wissen, dass seine Gravitationskraft auf der Erdoberfläche 10N beträgt, und wir kennen auch den Radius der Erde, der ja sozusagen der Abstand zwischen dem 1kg-Gewichtsstück und der Erde ist. Gemäß F = G m1 m2 , r² gilt dann auch 10 N = G mE 1kg , rE² dabei sind dann: mE = Masse der Erde rE = Radius der Erde Aufgabe 3.4.1. Berechnen Sie den Radius der Erde rE mit Hilfe der Formel U = 2πr, und der Kenntnis, dass der Erdumfang 40.000 km groß ist. rE = _ _ _ _,_ _ _ km Kap.2-Teil2- Seite 9 Mechanik q1_ _ Kap.3 Aufgabe 3.4.2. In der Formel 10 N = G mE 1kg , rE² sind jetzt alle Größen außer mE bekannt. Berechnen Sie mE , die Masse der Erde! mE = _,_ _ _ · 1024kg --Ja, mit dieser großen Zahl kann ja wohl niemand etwas anfangen. Wir müssen überprüfen, ob sie realistisch ist, indem wir die Dichte der Erde berechnen. Dazu müssen wir zuerst das Volumen der Erde (einer Kugel) berechnen, was nach der unten stehenden Formel geht. Aufgabe 3.4.3. Berechnen Sie nach der unten stehenden Formel das Volumen der Erde VE = 4 π rE³ 3 Aufgabe 3.4.4. Berechnen Sie nach der unten stehenden Formel die Dichte ρE der Erde ρE = m E VE --Und, ist dieses Ergebnis nun realistisch? Ja, zwar haben die Gesteine an der Erdoberfläche nur die 3-fache Dichte des Wassers, aber die Erdmitte besteht aus Eisen, das ungefähr eine 8-mal so große Dichte hat wie Wasser. Der Mittelwert von 5 ist also realistisch. 3.5. Geostationäre Satelliten Newton konnte auch zeigen, dass aus seinen Gesetzen folgt, dass sich die Planeten kreis- bzw. ellipsenförmig um die Sonne bewegen. Die Tatsache selbst hatte ja schon Kepler beschrieben. In diese komplizierte Theorie wollen wir aber nicht einsteigen, sondern stattdessen den Radius eines TV-Satelliten berechnen, der geostationär um die Erde kreist. Kann ein Satellit ständig senkrecht über Heppenheim stehen? Nein, das kann er nicht. Er muss sich in einer Ebene um den Erdmittelpunkt drehen. Deshalb kann er nicht ständig über der nördlichen Erdhalbkugel stehen bleiben. Aber er kann sich in der Äquatorialebene drehen. Kap.2-Teil2-Seite 10 Mechanik q1_ _ Kap.3 Wenn also so ein Satellit ständig über dem Kongo steht, so steht er aus der Sicht von Heppenheim ständig in derselben Richtung und ist deshalb als geostationärer TVSatellit zu verwenden. Gravitationskraft = Zentripetalkraft Diese Gleichsetzung ist die Voraussetzung dafür, dass sich der Satellit überhaupt auf einer Kreisbahn bewegen kann, es muss also gelten: G ms mE = ms ω² rS rS ² dabei sind: ms = Masse des Satelliten, kürzt sich weg mE = Masse der Erde, bekannt aus Aufgabe 3.4.2 ω = die Kreisfrequenz des Satelliten (=der Kreisfrequenz der Erde) rS = der Radius der Satellitenbahn die obige Gleichung lässt sich umstellen zu G mE = ω² rS ³ Aufgabe 3.5.1. Berechnen Sie ω (in Hz) mit Hilfe der Formel ω = 2π/T. Dabei ist T= 24h, da der Satellit sich ja einmal am Tag um den Erdmittelpunkt dreht. Aufgabe 3.5.2. Jetzt sind in der Gleichung G mE = ω² rS ³ alle Größen bekannt, außer rS. Berechnen Sie rS. --Jetzt ist raus: rS ist ungefähr 7 mal so groß wie rE. Diese große Höhe mag Nachteile Kap.2-Teil2-Seite 11 Mechanik q1_ _ Kap.3 haben, aber sie hat auch den Vorteil, dass Berge nicht so leicht die Verbindung zum Satelliten unterbrechen können. Siehe folgende maßstabgetreue Skizze. Kap.2-Teil2-Seite 12