III - Dr. Rainer Tietzsch

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Kunze / Tietzsch: Miethöhe und Mieterhöhung – Seite 157 ff. –
V. Für den Mieter nachteilige Vereinbarungen
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§ 557 Abs. 4 BGB hält fest, dass die Vorschriften des § 557 Abs. 1 bis 3 zu Lasten des
Mieters nicht dispositiv sind. Dem Mieter nachteilige Vereinbarungen sind unwirksam.
Dies wiederholt das Gesetz1 in § 557a Abs. 4 für die Staffelmiete, in § 557b Abs. 4 für die
Indexmiete und in §§ 558 Abs. 6, 558a Abs. 5, 558b Abs. 4 BGB nochmals für
Vereinbarungen, die eine Mieterhöhung abweichend vom System des
Vergleichsmietenverfahrens vorsehen. Dasselbe regelt § 559 Abs. 3 BGB für Mieterhöhungen
nach Modernisierung, auch diese müssen den gesetzlichen Vorgaben folgen. Nach § 560
Abs. 6 gilt das Gleiche für Betriebskostenveränderungen. Die Vorläuferregelung in § 10
Abs. 1 MHG war deutlicher, der Vereinbarungen für unwirksam erklärte, die zum Nachteil
des Mieters von den Regeln der §§ 1–9 MHG abwichen.
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Da es um Vereinbarungen geht, betrifft die Vorschrift des § 557 Abs. 4 BGB nicht einseitige
(wirksame oder unwirksame) Erklärungen des Vermieters. Die Vorschrift schützt den
Mieter, der sich mit einer Regelung einverstanden erklärt hat, die der Vermieter bei
Beachtung der Mieterhöhungsvorschriften der §§ 557–561 BGB nicht hätte erreichen können.
Ob sich eine derartige Regelung bereits im Mietvertrag befindet oder ob sie später getroffen
wird, spielt keine Rolle.
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Hier ist eine Abgrenzung in zweifacher Hinsicht erforderlich:
Da nur solche Vereinbarungen gemeint sind, bei denen es um das Mieterhöhungsrecht des
Vermieters geht, sind Abreden über sonstige Gegenleistungen des Mieters, wie etwa der
Umfang der übernommenen Schönheitsreparaturen, nicht an § 557 Abs. 4 BGB zu messen2.
§ 557 Abs. 4 BGB betrifft auch nicht eine etwaige Überhöhung der Ausgangsmiete,
sondern nur spätere Erhöhungen.
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Die Kasuistik zu den Unwirksamkeitsregelungen wird im Zusammenhang mit den einzelnen
Mieterhöhungsmöglichkeiten besprochen, soweit es direkt um diese geht. Generelle
Vereinbarungen, die gegen § 557 Abs. 4 BGB verstoßen, sind folgende:
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Außer Staffel- und Indexmietvereinbarungen sind Mietanpassungsklauseln unzulässig3. Das
sind Regelungen, wonach die weitere Entwicklung des Mietzinses durch den Preis von
anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden soll. Es soll also die Veränderung einer
zwischen den Parteien vereinbarten Bezugsgröße zu einer Mieterhöhung führen.
Dazu gehören
Wertsicherungsklauseln (“Ab dem 1.1.1979 kann der Mietzins entsprechend den
prozentualen Veränderungen des Lebenshaltungsindexes des jeweiligen Vorjahres
angeglichen werden”4; “Im Falle einer Erhöhung der Kapital- oder
Bewirtschaftungskosten im Bereich des öffentlich geförderten Wohnungsbaues ist der
Vermieter berechtigt, die Miete auf Anweisung des Ministers für Finanzen und
Forsten entsprechend zu erhöhen. Die Mieterhöhung tritt am ersten Tag des auf den
Zugang der Erhöhungsmitteilung folgenden übernächsten Monats in Kraft”5; “Nach
Ablauf des ersten Jahres ist eine gleitende Anhebung vereinbart, die der Steigerung
der Gehälter der Bundesbeamten entsprechen soll” bzw. ist “nicht . . . die Anhebung
1
Überflüssigerweise, so zutreffend Börstinghaus in Schmidt-Futterer, 8. Aufl., § 557 Rz. 72.
Sondern an den allgemein geltenden Schranken, siehe dazu Rz. 187 ff.
3
Sie können allerdings ggf. als mietbegrenzende Vereinbarungen aufrechterhalten bleiben, vgl. dazu Rz. 104 ff.
4
OLG Koblenz, Beschl. v. 5.6.1981 – 4 W – RE – 248/81, WM 1981, 207.
5
LG Saarbrücken, Urt. v. 3.1.1983 – 13 S 68/82, WM 1983, 145.
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Dr. Catharina Kunze und Dr. Rainer Tietzsch: Miethöhe und Mieterhöhung
Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln 2006
Kunze / Tietzsch: Miethöhe und Mieterhöhung – Seite 157 ff. –
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der Beamtengehälter, sondern die durchschnittliche jährliche Inflationsrate
anzusetzen”6).
Spannungsklauseln, das sind Wertsicherungsklauseln, bei denen im Wesentlichen
gleiche Leistungen miteinander verkoppelt werden, die Bezugsgröße ist also mit der
Miete gleichartig, zumindest aber vergleichbar (“Zwischen dem Vermieter und dem
Mieter besteht Einigkeit darüber, dass, wenn sich die Gesamtbezüge eines nach der
Besoldungsgruppe A 10 des Bundesbesoldungsgesetzes besoldeten Beamten
gegenüber dem Stand bei Abschluss des Vertrages erhöhen oder vermindern, eine
Anpassung des Mietzinses entsprechend den prozentualen Veränderungen des
vorgenannten Beamtengehaltes zu erfolgen hat”7; es wird vereinbart, dass “jeweils
diejenige Miete geschuldet wird, die sich aus einer bestimmten Rubrik eines
Mietspiegels ergibt”8).
Leistungsvorbehalte, wonach sich die Miete bei Veränderung einer bestimmten
Bezugsgröße verändern soll, wobei dies aber nicht automatisch geschieht, sondern ein
Verhandlungsspielraum verbleibt; es besteht entweder ein Anspruch auf
Neuverhandlung, oder ein Dritter ist zur Festlegung der Miete befugt.
Kosten(element)klauseln, wonach der Vermieter berechtigt ist, die Miete zu erhöhen,
wenn sich der Preis der unmittelbar für Herstellung und Unterhaltung der Mietsache
maßgeblichen Faktoren ändert; gestiegene Kosten können nur in den Fällen der §§ 559
und 560 BGB weitergegeben werden, also nur bei Modernisierung und
Betriebskostenerhöhung, nicht wegen der Änderung anderer Bewirtschaftungskosten9.
Schiedsgutachterklauseln, wonach die angemessene Miete durch ein
Mietwertgutachten festgestellt werden soll, und Schiedsgerichtsklauseln10.
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Unterliegt eine Wohnung der Mietpreisbindung, kann mietvertraglich nicht wirksam
vereinbart werden, dass nach Ablauf der Preisbindung ein bestimmter höherer Betrag
geschuldet sein soll, denn der Vermieter könnte dann die erhöhte Miete verlangen, ohne die
Vorgaben der §§ 558 ff. BGB einhalten zu müssen11.
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Unwirksam ist die vertragliche Regelung, wonach die Nutzungsgebühr auf Grund vorläufiger
Berechnung 650,00 DM monatlich beträgt, verbunden mit dem Zusatz: “Die endgültige Höhe
der Nutzungsgebühr wird Ihnen nach Abrechnung der Modernisierungsmaßnahmen bekannt
gegeben”12. Hier hätte nur die Möglichkeit bestanden, einen Mietvorvertrag abzuschließen13.
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Vergleichbar ist der Fall des vorläufigen Mietverzichts14: Die Wohnung war vor Vermietung
mit öffentlicher Förderung modernisiert worden, es waren deswegen Mietobergrenzen
einzuhalten. Im Mietvertrag wurde eine um den Modernisierungszuschlag erhöhte
Nettokaltmiete angegeben, sodann ein “vorläufiger Mietverzicht” ausgesprochen und die sich
daraus ergebende niedrigere Miete entsprechend der Mietbegrenzung vereinbart und gezahlt.
AG Charlottenburg, Urt. v. 7.6.1988 – 8 C 570/87, GE 1990, 377.
BGH, Urt. v. 2.2.1983 – VIII ZR 13/82, NJW 1983, 1909 m.w.N.
8
Beispiel nach Blank, WM 1993, 503, 509.
9
Früher war dies auch im Fall des § 5 MHG bei Erhöhungen von Kapitalkosten grundsätzlich zulässig.
10
Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III Rz. 519.
11
OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.9.1989 – 8 RE-Miet 1 u. 2/89, WM 1989, 552; ebenso für den Fall, dass der
Mietvertrag über eine preisfreie Wohnung der Vermieterin das Recht einräumt, die Kostenmiete zu erheben, AG
Norderstedt, Urt. v. 6.1.1982 – 42 C 213/79, WM 1982, 157; weitere Beispiele bei Sternel, Mietrecht, 3. Aufl.,
III Rz. 520 f.
12
LG Karlsruhe, Urt. v. 23.12.1988 – 9 S 471/88, WM 1989, 335.
13
Börstinghaus in Schmidt-Futterer, 8. Aufl., § 557 BGB Rz. 79.
14
BGH, Urt. v. 12.11.2003 – VIII ZR 41/03, WM 2004, 29 = MietRB 2004, 97; Vorinstanz LG Berlin, Urt. v.
9.1.2003 – 62 S 365/02, GE 2003, 394.
6
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Später teilte die Vermieterin mit, der Förderzeitraum sei nunmehr abgelaufen, und sie hebe
den Mietverzicht auf. Nach diesem Vertrag sollte die Vermieterin das Recht haben, zu einem
nicht näher bestimmten Zeitpunkt eine höhere Miete verlangen zu können, und zwar ohne
Rücksicht auf die gesetzlichen Bestimmungen des MHG bzw. der §§ 558 ff. BGB. Nach
§ 558 BGB kann der Vermieter aber nur die Zustimmung zu einem berechtigten
Mieterhöhungsverlangen beanspruchen, nicht aber die Miete einseitig festlegen, und er muss
die Kappungsgrenze beachten.
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Ebenso dürfte der Fall zu entscheiden sein, in dem vertraglich die Kostenmiete oder
Vertragsmiete vereinbart ist, die sich wegen der Gewährung von Aufwendungsdarlehen und
Aufwendungszuschüssen zunächst vermindert und dann durch Förderungsabbau schrittweise
erhöht, wenn dann anschließend die Kostenmiete bzw. Vertragsmiete verlangt wird15.
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Die Unwirksamkeit derartiger Vereinbarungen bedeutet anfängliche Nichtigkeit nur der
Klausel, nicht des Mietvertrags. Auch der Einwand, ohne die Klausel wäre der Mietvertrag
überhaupt nicht abgeschlossen worden, verhilft nicht zur Wirksamkeit, da § 557 Abs. 4 BGB
lex specialis gegenüber § 139 BGB ist16. § 557 Abs. 4 BGB ist ein Schutzgesetz zugunsten
des Mieters. Ein Verstoß gegen dieses Schutzgesetz führt nur zur Unwirksamkeit der für den
Mieter nachteiligen Vertragsbestimmung.
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Weitere Rechtsfolge ist, dass der Vermieter nach den Vorschriften der §§ 812 ff. zur
Rückzahlung von Beträgen verpflichtet ist, die der Mieter auf Grund einer unwirksamen
Vereinbarung geleistet hat17.
Anders noch KG, Beschl. v. 17.12.1990 – 8 RE-Miet 7064/90, WM 1991, 155; richtig LG Hamburg, Urt. v.
27.2.1990 – 16 S 137/89, WM 1990, 443, wonach der stufenweise Abbau eines zunächst gewährten Nachlasses
außerhalb der Mieterhöhungsvorschriften unwirksam ist.
16
So OLG Koblenz, Beschl. v. 5.6.1981 – 4 W – RE – 248/81, WM 1981, 207; vgl. auch BGH, Urt. v.
12.11.2003 – VIII ZR 41/03, WM 2004, 29 = MietRB 2004, 97.
17
Vgl. die Nachweise bei Weitemeyer in Emmerich/Sonnnenschein, Miete, 8. Aufl., § 557 Rz. 36. Anders ist es
im preisgebundenen Wohnraum, wenn die formellen Voraussetzungen einer Erhöhung fehlen, materiell aber nur
die Kostenmiete verlangt wird; vgl. dazu Rz. 813.
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