Eine Riesenwespe in den Sammlungen des Museums entdeckt Die Sammlungen des Museums für Naturkunde sind nicht nur Datenbanken der bereits bekannten Vielfalt des Lebens der Erde sondern beherbergen auch eine gewaltige Zahl von Tieren, die in der Vergangenheit gesammelt wurden, bislang aber noch nicht erforscht werden konnten. Besonders bei den Insekten gibt es eine riesige Zahl solcher „unbestimmten“ Individuen, und nicht selten finden die Wissenschaftler des Museums unter ihnen unerwartete Schätze. Bei der Bearbeitung von Grabwespen aus Südostasien bin ich in der Wespensammlung des Museums auf eine solche Überraschung gestoßen. Dort steckten unter einigen unbestimmten Wespen zwei Tiere, deren enorme Körpergröße sofort ins Auge fiel. Es war schnell klar, dass es sich um eine völlig aus dem Rahmen fallende und noch nicht beschriebene Grabwespenart handelt. Die beiden Individuen aus der Museumssammlung sind Männchen, die nicht nur gigantisch groß sind, sondern zudem riesige Oberkiefer besitzen, die länger als ihre Vorderbeine sind. Wie man von anderen Insekten mit ähnlich langen Oberkiefern weiß, benutzen sie sie wahrscheinlich zum Festhalten der Weibchen bei der Paarung. Die beiden Tiere brachte der bekannte Ornithologen Gerd Heinreich bereits 1930 von der indonesischen Insel Sulawesi mit nach Berlin. Fast zur gleichen Zeit, in der ich die Riesenwespen-Männchen von Sulawesi in den Sammlungen des Museums entdeckt hatte, bekam ich von Prof. Lynn Kimsey, einer mir gut bekannten Wespenforscherin aus Kalifornien, eine Email mit einigen Fotos einer ihr völlig unbekannten, spektakulären Wespen zugeschickt, die sie selber im Rahmen einer Sammelexpedition auf Sulawesi gefangen hatte und zu der sie um meine Meinung bat. Es handelte sich tatsächlich um die gleiche Art! Lynn Kimsey allerdings hatte neben zwei Männchen auch noch ein Weibchen gefangen, und als ich das Weibchen sah, konnte ich ein anderes Weibchen, das mir schon einmal in der Wespensammlung des Museums in Leiden (Niederlande) aufgefallen war, ebenfalls dieser Art zuordnen. So hatten Lynn Kimsey und ich diese ungewöhnliche Art zeitgleich mehrfach entdeckt: unter historischem Material in den Sammlungen in Berlin und Leiden, und frisch gefangen direkt auf Sulawesi. Prof. Kimsey und ich haben unsere Entdeckung jeweils mit Pressemitteilungen in Kalifornien und in Berlin an die Öffentlichkeit gebracht und damit ein enormes Interesse an unserer „giant wasp“ bzw. „Monsterwespe“ ausgelöst. Weitergehende Untersuchungen haben gezeigt, dass die neue Wespenart in keine der bereits beschriebenen Gattungen passt. Lynn Kimsey und ich haben ein Manuskript mit der Beschreibung der neuen Art und der neuen Gattungen zur Publikation eingereicht, der demnächst erscheinen wird. PD Dr. Michael Ohl Abbildungsunterschriften (alle Bildrechte: M. Ohl, MfN) Abb. 1. Ein Männchen der Riesenwespe im direkten Vergleich mit einer Arbeiterin der Gemeinen Wespe aus Berlin. Abb. 2. Der Kopf eines Männchens der Riesenwespe mit den verlängerten Oberkiefern. Abb. 3. Ein Riesenwespen-Männchen ist eine imposante Erscheinung.