§ 55 Der Konjunktiv I Bildung der Formen Indikativ Konjunktiv I a) er fährt er fahre b) er wird fahren er werde fahren c) er fuhr } er sei gefahren er ist / war gefahren er sah } er habe gesehen er hat / hatte gesehen Der Konjunktiv I hat drei Zeitformen: a) eine Gegenwartsform, b) eine Zukunftsform (auch Vermutung) und c) eine Vergangenheitsform. I. Bildung der Gegenwartsformen 1. An den Infinitivstamm werden die gleichen Endungen gehängt wie beim Konjunktiv II (Siehe § 53, I) 2. Es entstehen folgende Formen: Starkes Verb Schwaches Verb Verb mit Hilfs-e kommen planen schneiden Modalverb dürfen Hilfsverb haben werden ich komme ich plane ich schneide ich dürfe ich habe ich werde du kommest du planest du schneidest du dürfest du habest du werdest er komme er plane er schneide er dürfe er habe er werde wir kommen wir planen wir schneiden wir dürfen wir haben wir werden ihr kommet ihr planet ihr schneidet ihr dürfet ihr habet ihr werdet sie kommen sie planen sie schneiden sie dürfen sie haben sie werden Die Formen in kursiven Schriften entsprechen dem Indikativ. Sie werden durch die entsprechenden Gegenwartsformen des Konjinktiv II ersetzt, damit man sie vom Indikativ unterscheiden kann. Ist der Konjunktiv II mit dem Präteritum identisch, wird meist mit würde + Infinitiv formuliert. Es entstehen folgende Reihen: Starkes Verb Schwaches Verb Verb mit Hilfs-e kommen planen schneiden Modalverb dürfen Hilfsverb haben werden ich käme ich plante ich schnitte ich dürfe ich hätte ich würde du kommest du planest du schnittest du dürfest du habest du werdest er komme er plane er schneide er dürfe er habe er werde wir kämen wir planten wir schnitten wir dürften wir hätten wir würden ihr kommet ihr planet ihr schnittet ihr dürfet ihr habet ihr würdet sie kämen sie planten sie schnitten sie dürften sie hätten sie würden Im Sprachgebrauch hält man sich nicht streng an diese Regel. So wird zum Beispiel auch in der zweiten Person Singular und Plural oft der Konjunktiv II gebraucht: du kämest, ihr kämet. Anmerkung Die Sonderformen in der 2. und 3. Person Singular Präsens der starken Verben werden bei der Bildung des Konjunktivs I nicht berücksichtigt: Indikativ: du gibst, er gibt – Konjunktiv I: du gebest, er gebe. 1. Eine Ausnahme bilden die Formen von sein: ich sei wir seien du sei(e)st ihr seiet er sei sie seien II. Bildung der Zukunftsformen (auch Vermutung) 1. Das Futur I wird mit den obigen Formen von werden und dem Infinitv gebildet. ich würde kommen wir würden kommen du werdest kommen ihr würdet kommen er werde kommen sie würden kommen 2. Das Futur II wird dementsprechend mit dem Infinitiv Perfekt gebildet: ich würde gekommen sein ich würde geplant haben du werdest gekommen sein du werdest geplant haben III. Bildung der Vergangenheitsformen Die Vergangenheitsform wird mit den obigen Formen von haben bzw. sein und dem Partizip Perfekt gebildet: ich sei gekommen ich hätte geplant du sei(e)st gekommen du habest geplant III. Das Passiv im Konjunktiv I Zur Bildung des Passivs werden die obigen Formen von werden verwendet: Gegenwart ich würde informiert, du werdest informiert... Zukunft ich würde informiert werden, du werdest informiert werden ... Vergangenheit ich sei informiert worden, du sei(e)st informiert worden... § 56 Gebrauch des Konjunktiv I I Die indirekte Rede Direkte Rede Indirekte Rede In der Wahlnacht spricht der Parteivorsitzende. Ein Jouanalist berichtet. Er sagt unter anderem: a) „Wir können stolz sein suf unseren Erfolg.“ b) „Ihnen, liebe Parteifreunde, danke ich herzlich.“ „Jetzt heißt es für uns alle: Vorwärts, an die Arbeit!“ c) „Für morgen ist ein Gespräch mit dem Budespräsidenten geplant.“ Der Parteivorsitzende sagte, dass sie stolze auf ihren Erfolg sein könnten. sie könnten stolz sein auf ihren Erfolg. er danke seinen Parteifreunden herzlich. jetzt heiße es für sie, sofort mit der Arbeit zu beginnen. für heute, Montag, sei ein Gespräch mit dem Bundespräsidenten geplant. „Hier wird es einige Veränderungen geben.“ d) „Ich, als Demokrat, akzeptiere das Wahlergebnis, auch wenn es anders ausgafallen wäre.“ dort, im Bundestag, werde es einige Veränderungen geben. er, als Demokrat, akzeptierte das Wahlergebnis, auch wenn es anders ausgefallen wäre. In der indirekten Rede werden die Aussagen einer anderen Person objektiviert und oft verkürzt wiedergegeben. Von Reden, Schriften, öffentlichen Bekanntmachungen usw. wird meist nur das sachlich Wichtige berichtet. Durch den Gebrauch des Konjunktivs I wird der Abstand zur wörtlichen Rede kenntlich gemacht. zu a) 1. Die Indirekte Rede kann mit einem dass-Satz eingeleitet werden. Bei einer längeren Mitteilung steht der dass-Satz in der Regel nur am Anfang. In der indirekten Rede ändern sich die Pronomen sinngemäß. Dabei ist besonders zu beachten: a) wer spricht, b) zu wem oder von wem gesprochen wird, c) gegebenfalls wer die Rede wiedergibt. zu b) 1. Anrede, Ausrufe, spontane Redewendungen usw. Fallen in der indirekten Rede meistens weg. 2. Man kann – damit der Zusammenhang besser verständlich wird – Namen wiederholen, Adverbien einfügen oder sinngemäße Sätze oder Verben verwenden wie bejahen, verneinen, ablehnen. zu c) Adverbiale Angaben des Ortes oder der Zeit müssen singemäß geändert werden. zu d) Der Konjunktiv II bleibt in der indirekten Rede erhalten. II Die indirekte Frage Direkte Frage Indirekte Frage Er fagt: a) „Gehst du morgen zur Wahl?“ b) „Wann gehst du zum Wahllokal?“ „Welche Partei willst du wählen?“ Er fragt, ob ich morgen zur Wahl ginge. wann ich zum Wahllokal ginge. welche Partei ich wählen wolle. Der Frage wird in der indirekten Rede als Nebensatz wiedergegeben. zu a) Bei Fragen ohne Fragewort wird die Konjunktion ob verwendet. zu b) Bei Fragen mit Fragewort wird dasselbe Fragewort oder das erweiterte Fragewort als Konjunktion verwendet. III Der Imperativ in der indirekten Rede Direkter Imperativ Indirekter Imperativ a) „Reg dich doch bitte nicht so auf!“ b) „Hört jetzt endlich auf über das Wahlergebnis zu diskutieren!“ Er bat mich (freundlich), ich möge mich nicht so aufregen. Er befahl uns (scharf), wir sollten aufhören über das Wahlergebnis zu diskutieren. Der Imperativ in der indirekten Rede wird durch Modalverben wiedergegeben. zu a) Bei einer höflichen Bitte gebraucht man mögen. zu b) Bei einer Aufforderung oder einem Befehl gebraucht man sollen. Anmerkungen Der Imperativ in der 3. Person Singular oder in der 1. Person Plural kann mit den Formen des Konjunktivs I ausgedrückt werden: Es lebe die Freiheit! Damit sei die Sache vergessen! Seien wir froh, dass alles vorbei ist! Man nehme 15-20 Tropfen bei Bedarf und behandelte die Flüssigkeit einige Zeit im Mund. Man nehme ein Pfund Mehl, drei Eier und etwas Milch und verrühre das Ganze zu einem Teig. Die Strekce b sei 7 cm. Man schlage von D aus einen Halbkreis über b. Anmerkungen zur Zeichensetzung in der indrekten Rede 1. Der Doppelpunkt (:) und die Anführungszeichen („...“) der direkten Rede fallen weg. Vor der indirekten Rede steht nur ein Komma (,). 2. Da von einer Aufforderung, Bitte, einem Befehl oder von einer Frage nur berichtet wird, entfallen auch Ausrufezeichen (!) und Fragezeichen (?). Aus: Dreyer-Schmitt. Lehr- und Übungsbuch der deutschen Grammatik. Neubearbeitung. Max Hueber Verlag, 1. Auflage, 2000. S. 257 – 270.