Initiativantrag des Landesvorstandes für den

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Antrag InA 3
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Antragsteller: Landesvorstand
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Schuldenbremse darf keine Hessenbremse werden.
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Der Landesparteitag möge beschließen:
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1.
Die SPD bekennt sich zu einem handlungsfähigen sozialen, solidarischen
und
demokratischen
Staat,
der
die
zunehmende
Spaltung
unserer
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Gesellschaft, in der Reiche immer reicher und Arme, Mittelstand und
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öffentliche Haushalte immer ärmer werden, überwindet. Dafür brauchen wir
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ein gerechtes Steuersystem,
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 in dem starke Schultern mehr tragen als Schwache,
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 das
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Zukunftsinvestitionen
in
gute
Bildung,
Forschung
und
Infrastruktur ermöglicht,
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 das sozialen Ausgleich und Teilhabe gewährleistet und
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 das in solidarischen Sozialsystemen Generationsgerechtigkeit und
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gesellschaftliche Solidarität sichert.
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2. Der Staat hat in modernen Volkswirtschaften eine eigenständige Rolle zur
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Verbesserung der Wirtschaftsentwicklung. Mit Investitionen in Bildung und
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Infrastruktur trägt er zum Wachstum bei. In der modernen
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Bürgergesellschaft stellt er zentrale Dienstleistungen zur Verfügung. Er trägt
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auch konjunkturpolitisch Verantwortung. Er muss handeln, um
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Wirtschaftskrisen abzuschwächen bzw. überwinden zu können. In diesem
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Zusammenhang ist Verschuldung nicht nur akzeptabel, sondern
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volkswirtschaftlich geboten.
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Dauerhafte Verschuldung ist keine Problemlösung. Im Gegenteil stellt
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dauerhafte Verschuldung eine Form der Umverteilungspolitik dar, bei der
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Banken, private Vorsorgeinstitute und Inhaber von Staatsanleihen die
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Zinsen erhalten, die der Steuerzahler zur Aufrechterhaltung des
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Gemeinwohls zahlt.
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Langfristig ausgeglichene Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden
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sind
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Handlungsfähigkeit des Staates zu erhalten.
eine
Voraussetzung,
um
die
mittel-
und
langfristige
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3. Die SPD Hessen sieht durch die Einführung der Schuldenbremse auf
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Bundesebene in Verbindung mit einer unsozialen Verteilungs- und
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Steuersenkungspolitik
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Denjenigen, die eine Schuldenbremse zur Legitimation für
die
Handlungsfähigkeit
der
Länder
gefährdet.
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 Sozial- und Bildungsabbau,
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 für Privatisierungen und Entdemokratisierung,
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 für Lohndumping im öffentlichen Dienst,
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 für eine Senkung der Staatsquote und Verantwortungslosigkeit der
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Politik
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missbrauchen, treten wir auf allen politischen Ebenen entschieden
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entgegen.
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4. Die mittel- und langfristige Handlungsfähigkeit kann nur durch die
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Herstellung einer Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben erreicht
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werden. Dieser Aufgabe haben sich jahrzehntelang Politik und Wirtschaft
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entzogen. Dieser Herausforderung stellen wir uns und benennen auch erste
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Maßnahmen zur Erreichung dieses Zieles: Wir fordern die Erhöhung des
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Spitzensteuersatzes
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Steuersystem,
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Einführung einer Finanztransaktionssteuer.
die
zur
Herstellung
Wiedereinführung
von
der
Leistungsgerechtigkeit
Vermögenssteuer
und
im
die
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5. Der Versuch der schwarz/gelben Landesregierung, mit der Schuldenbremse
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ihre Ideologie in der Verfassung zu verankern, ist gescheitert. Hätten CDU
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und FDP sich durchgesetzt, dann hätte diese Politik sich in einer
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Volksabstimmung durchsetzen können. Mit dem Vorschlag für eine
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Neuformulierung
der
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Begründung
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Einnahmeverantwortung
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festgeschrieben.
zum
Landesverfassung
Bildungsvon
und
Landtag
ist
eine
Sozialabbau
und
verfassungsmäßige
entfallen.
Landesregierung
Die
wurden
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6. Die SPD Hessen begrüßt das Verhandlungsergebnis der SPD-Fraktion im
Hessischen Landtag, das
a. verhindert hat, dass über das Trojanische Pferd Schuldenbremse
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marktradikale
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erhalten,
Staatsvorstellungen
in
Hessen
Verfassungsrang
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b. bisher einmalig eine Einnahmeverantwortung sowohl für den Landtag
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als auch für die Landesregierung in der Verfassung verankert wird,
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c. die
Finanzierungsverpflichtungen
des
Landes
gegenüber
den
Kommunen sichert.
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Begründung:
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Ausgangslage
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a) parlamentarisch:
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 CDU und FDP sind fest entschlossen, eine Volksabstimmung zur
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Schuldenbremse zeitgleich mit der Kommunalwahl durchzuführen.
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 Wir haben keine Mehrheit, tragen aber Verantwortung.
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 In Hessen braucht es für eine Verfassungsänderung neben einer
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einfachen
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Volksabstimmung.
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Landtagsmehrheit
eine
Mehrheit
in
einer
 Was wir jetzt nicht verändern, werden wir wahrscheinlich überhaupt
nicht mehr verändern können.
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b) rechtlich:
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 Die Schuldenbremsenregelung des GG gilt in jedem Fall auch für
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Hessen. Wir können aber die Ausnahmen regeln (verfassungsrechtlich
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oder
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Schuldenverbot gilt.
einzelgesetzlich),
da
sonst
das
uneingeschränkte
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 Wenn sich die Landtagsmehrheit für den verfassungsrechtlichen Weg
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entscheidet, kann dies nur durch eine Ablehnung durch die
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Volksabstimmung aufgehalten werden.
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 Es ist nicht möglich, einen alternativen Text zur Volksabstimmung zu
stellen.
 Die
Klage
des
Landes
Schleswig-Holstein
ist
beim
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Bundesverfassungsgericht anhängig. CDU und FDP wollen das
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Ergebnis leider nicht abwarten, sondern die Schuldenbremse zum
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Kommunalwahlkampfthema
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unabhängig von der Grundgesetzregelung die Schuldenbremse in
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der Hessischen Verfassung verankern.
in
Hessen
machen.
Sie
wollen
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c) politisch:
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 Die marktradikalen Parteien und gesellschaftlichen Kräfte wollen die
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staatliche
Handlungsfähigkeit
einschränken.
Sie
setzen
die
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Schuldenbremse als Totschlagargument ein und sind ausschließlich
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auf die Ausgabeseite fokussiert.
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 Wir wollen einen handlungsfähigen Staat. Dies wird durch die
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Schuldenbremse nicht grundsätzlich unterlaufen. Es erfordert aber
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die Ausfinanzierung der Aufgaben. Die Schuldenbremse ist kein
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Gebot zur Verringerung der Staatsquote. Allerdings verhindert die
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Schuldenbremse
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gebotene konjunkturelle Flexibilität. Für uns sind Schulden auch eine
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unterlassene Einnahmeverantwortung des Staates. Wir meinen, dass
des
Bundes
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die
aus
ökonomischer
Klugheit
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eine verantwortungsvolle Gestaltung der Einnahmen Grundlage dafür
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ist, dass das Land seine Aufgabenerfüllung wahrnehmen kann.
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 Verbände und Gewerkschaften befürchten weitere Attacken gegen
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den Sozialstaat durch die Schuldenbremse. Diese Sorge muss vor
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dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen ernst genommen
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werden. Aber die
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und
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Schuldenbremse
möglich.
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Schuldenbremse
die
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Bildungsausgaben zu senken. Wir hingegen leiten daraus die
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Forderung ab, unsere Staatsaufgaben und Staatsziele zu definieren
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und dann für eine gerechte Finanzierung zu sorgen. Dabei müssen
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die Reichen und die Wirtschaft wieder mehr Verantwortung für das
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Allgemeinwohl übernehmen. Das ist unsere Konsequenz aus der
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Schuldenbremse.
keine
Auseinandersetzung darüber ist eine politische
verfassungsrechtliche.
Die
Sozialabbau
Marktliberalen
Forderung
ableiten,
ist
auch
wollen
die
aus
Sozial-
ohne
der
und
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 CDU und FDP wollten die Schuldenbremse so formulieren, dass sie
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eine erfolgreiche Volksabstimmung als generelle Zustimmung der
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Bevölkerung zu einseitigen Einsparungen und Einschnitten auslegen
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können. Sie wollten damit die hessische Bevölkerung hintergehen.
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Das haben wir verhindert. Die hessische Schuldenbremse trifft keine
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Vorentscheidung darüber, wie die Konsolidierung erfolgt.
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d) faktische Haushaltslage:
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 Dramatische Überschuldung des Landeshaushaltes mit 1,8 – 2,3 Mrd.
€ strukturellem Defizit.
 Hessen leistet rund 1,5 Mrd. € Zinszahlung in 2011 bei niedrigen
Zinsen. Bei Zinssteigerungen explodieren die Zinskosten.
 Diese Haushaltslage bedeutet eine faktische Schuldenbremse – die
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Rückführung
der
Nettoneuverschuldung
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politische Handlungsspielräume zu erhalten.
ist
unabdingbar,
um
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 Es ist eine illusorische Annahme von Schwarz-Gelb, dass allein durch
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Wirtschaftswachstum das strukturelle Defizit ausgeglichen werden
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könnte. Ein Prozent Wirtschaftswachstum bringt für Hessen etwa 150
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Mio. € zusätzliche Mittel im Jahr.
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Unsere Vorschläge
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Vier Änderungen wurden von der SPD zur Ausgestaltung der Schuldenbremse
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vorgeschlagen:
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1. Kommunen schützen
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2. Staatsziele/Einnahmeverantwortung
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3. Abbauplan ab 2011
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4. „Böser-Bund-Regel“ (Ausnahmeregel für den Fall, dass der Bund
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einseitig die Länder belastet)
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Ergebnis
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1. Unsere
Forderung
zum
Schutz
der
Kommunen
wurde
in
der
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Formulierung der kommunalen Spitzenverbände vollständig umgesetzt.
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Das war nicht selbstverständlich, auch wenn CDU und FDP heute so tun.
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Es war unser Druck, der hier für Bewegung gesorgt hat.
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2. Die Staatsziele mit der Einnahmeverantwortung wurden durch die
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Formulierung zur Einnahmeverantwortung teilweise umgesetzt. Dies ist
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einzigartig
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Verfassung sieht bisher eine Einnahmeverantwortung vor.
in
einer
deutschen
Länderverfassung.
Keine
andere
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3. Der Abbauplan ab 2011 wurde teilweise durch die Aufnahme in die
Hessische Verfassung umgesetzt.
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4. Die „Böser-Bund-Regelung“ ist gescheitert, weil
in der Anhörung von
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den Sachverständigen erhebliche rechtliche Bedenken geltend gemacht
200
wurden.
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