Ethik Fachverband Landesverband Bayern e.V. Mitgliederbrief 18 (April 2012) Werner Fuß (Vorsitzender) An der Würm 12 81247 München Tel. 089-8114480 [email protected] Franz-Joachim Zilger (Stv.Vorsitzender) Horemannstr. 6, 80636 München Tel. 089-1234802 [email protected] Homepage: www.fachverband-ethik.de Liebe Mitglieder im Fachverband Ethik - Landesverband Bayern e.V., Sie erhalten heute wieder aktuelle Informationen unseres Fachverbands: 1. Umorientierung in der bayer. Lehrplanarbeit für Ethik 2. Bericht zum bayer. „Ethik-Gipfel“ 3. Fortbildung 2013: „Ästhetik“, „Technik, Wissenschaft und Ethik“ 4. Ausbildung für Ethik-Lehrkräfte in Bayern 5. Blick nach Bad Urach: Bundestagung 2011 „Markt und Moral“, „Natur und Moral“ 1. Umorientierung in der bayerischen Lehrplanarbeit für Ethik Frischer Wind tut gut: Mit dieser Haltung nahm im Schuljahr 2010/11 ein Arbeitskreis am ISB seine Tätigkeit auf mit dem Ziel, im Rahmen von „Lehrplan Plus“ ein richtungweisendes Kompetenzmodell für den bayer. Ethik-Unterricht zu entwickeln. Dieser Arbeitskreis wurde mit ausgewiesenen Ethik-Praktikern besetzt, und davon gibt es in Bayern ja nicht eben viele. In intensiven Diskussionen – auch mit zugezogenen Fachleuten – hat sich herausgestellt, dass u. a. die kompetenzorientierten Ansätze von Günter Becker eine geeignete Grundlage bieten. Dieser Arbeitskreis sollte seine Ergebnisse bis Herbst 2012 vorlegen. Ein Kompetenzmodell für das Fach Ethik mit dem Leitbild „werteinsichtiges Urteilen und Handeln“ (Art. 47 Bay EUG), differenziert aufgebaut für alle Schularten und Jahrgangsstufen, stand kurz vor der abschließenden redaktionellen Arbeit. Anfang 2012 kam dann das Aus: Für alle Beteiligten mehr als überraschend wurde verfügt, dass die Tätigkeit dieses Arbeitskreises nunmehr übergehen soll auf die Lehrplankommission Ethik an der Grundschule. Diese Kommission soll jetzt für alle Schularten, also bis hin zur Oberstufe an den Gymnasien, eine grundlegende Lehrplanrichtlinie erarbeiten. Es ist nicht verwunderlich, dass diese Lehrplankommission Grundschule sich überfordert sieht, war sie doch bisher nicht an den einschlägigen Diskussionen beteiligt. Es ist bislang nicht vorgesehen, dass die Lehrplankommission Grundschule externe Fachleute etwa aus anderen Schularten zu Rate zieht, wenn es um schulartübergreifende Aspekte geht. Neben einem deutlichen Zeitverlust ist auch eine gravierende Einbuße an Qualität zu befürchten. Beides ist weder den Mitgliedern des ISB-Arbeitskreises noch der Lehrplankommission Grundschule anzulasten. Die Gründe für diese Umorientierung liegen im Dunkeln. Gewissermaßen als Trostpflaster wurde festgelegt, dass die redaktionelle Endbearbeitung der bereits angekündigten ISB-Handreichung zur Aufgabenkultur im Fach Ethik einem Mitglied des ISB-Arbeitskreises übertragen wird. (Diese Handreichung wird vsl. im Herbst 2012 vorliegen.) Wissenschaftlicher Beirat: Dr. Gerhard Czermak, Prof. Theodor Ebert, Dr. Thomas Kisser Beiträge und Spenden steuerlich absetzbar. Kto. Nr. 23153257, Stadtsparkasse München (BLZ 70150000) Worum geht es inhaltlich? Das ISB hat 2010 als zentrale Orientierung im Hinblick auf Kompetenzbeschreibungen für alle Fächer ein Zwiebelmodell vorgeschlagen, dessen Schalen folgendes enthalten: innerste Schale: Wissen – Fähigkeiten – Fertigkeiten; zweite Schale: Qualifikation; dritte Schale: Normen – Regeln – Werte (diese drei Begriffe sind als abgeschlossen markiert) sowie Kompetenzen; äußere, nicht abgeschlossene Schale: Bildung Dieses Modell stellt sicher, dass das Abprüfen („Qualifikation“) nachprüfbarer Lerninhalte („Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten“) weiterhin zentrales Element des bayer. Schulsystems bleibt. Die Schule kümmert sich also um die beiden innersten Schalen. Es ist ersichtlich, dass die ethischen Kompetenzen „werteinsichtiges Urteilen und Handeln“ in diesem Modell nicht ohne weiteres unterzubringen sind. Der aktuelle Stand (Februar 2012) für das Fach Ethik sieht – abweichend von den Vorschlägen des Arbeitskreises – folgendes vor: innerer Bereich: Kognitive Vergegenwärtigung - Geistige Auseinandersetzung und Stellungnahme – Soziales Handeln – Handeln und Wirken – Sozialemotionale Wahrnehmung und Empathie; äußerer, nicht abgeschlossener Bereich: das soziale Umfeld – Ich: Selbsterfahrung, Selbsterkenntnis – Religion und Lebenskultur – Umweltbewusstsein und ethische Problemfelder – „Große Fragen“: Philosophische Propädeutik Bei diesem Modell verwirrt die Aufteilung auf die zwei Bereiche sowie die Begrifflichkeit: Was ist denn eigentlich „Sozialemotionale Wahrnehmung und Empathie“ oder „Kognitive Vergegenwärtigung“ oder „Religion und Lebenskultur“? Sind das „Kompetenzen“ im Hinblick auf „werteinsichtiges Urteilen und Handeln“? Sind das Ergebnisse der OnlineBefragung vom Herbst 2011? (Übrigens: An dieser Umfrage konnten die städt. Münchner Gymnasien trotz ursprünglicher Einladung – warum auch immer – nicht teilnehmen, wohl aber staatl. anerkannte Privatgymnasien.) In Auszügen genannt seien hier einige Grundgedanken von Günter Becker, auf die sich der Arbeitskreis gestützt hat: Becker stellt fest, dass zwar Defizite bestehen beim Erwerb von sozialen, moralischen und demokratischen Kompetenzen; aber es gebe eine Vielzahl von Methoden – auch im englischen Sprachraum –, deren Nutzen quantitativ erfasst sei. Becker empfiehlt den gezielten Einsatz solcher an Schulen erprobter Modelle. „Werteinsichtiges Urteilen“ könne etwa gefördert werden durch systematische Dilemmadiskussionen, das „Handeln“ lasse sich im Idealfall dadurch einüben, dass Schülerinnen und Schüler an Entscheidungsprozessen innerhalb der Schule gleichberechtigt beteiligt sind. (Günter Becker: Soziale, moralische und demokratische Kompetenzen fördern, 2008) 2. Bericht zum bayerischen „Ethik-Gipfel“ Bereits im Sommer 2011 wurde auf eine Initiative der Uni Augsburg (Prof. Christian Schröer) eine erste vorläufige Einladung für ein Treffen aller an der Ausbildung von Ethik-Lehrkräften Beteiligter formuliert und fand große Resonanz. Ziele waren die Koordination der Studienangebote für Ethik an den Universitäten sowie eine deutlich bessere Abstimmung von Studienfach und Schulfach. Dieses Treffen fand am 3. Dezember 2011 statt, und zwar in den Räumen der Hochschule für Philosophie in München. Diese Hochschule (staatl. anerkannt, in der Trägerschaft der Societas Iesu) plant die Einrichtung eines eigenen vollständigen Studienangebots für die Ethiklehrerausbildung. Es war nicht verwunderlich, dass etwa die Hälfte der rund 40 TeilnehmerInnen des „EthikGipfels“ einen engen Bezug zu den Schulen haben, sei es als Lehrkräfte, als Fachreferenten bei den MB-Dienststellen, als Lehrkräfte für Fachdidaktik im Hochschuldienst, als Fort- und Weiterbildner etc. Der Fachverband Ethik war vertreten durch Gesine Fuß (Grundschule), Franz-Joachim Zilger (Berufsschule) und Werner Fuß (Gymnasium). Es war eine deutliche Aufbruchsstimmung zu spüren: Alle Beteiligten äußerten den Wunsch nach Verbesserungen der bisherigen Situation. Die Hochschulvertreter, allen voran die Unis Augsburg, Passau und Erlangen-Nürnberg, wünschten sich mehr Ressourcen beim Lehrpersonal und zugleich bei den Studenten; diese könnten vielfach beim besten Willen an Lehrveranstaltungen für Ethik nicht teilnehmen, weil diese zeitlich noch nicht koordinert sind mit der Ausbildung in den anderen Fächern. Hier zeigte sich deutlich die Benachteiligung des Faches Ethik dadurch, dass man eine Ethik-Ausbildung nicht als gleichberechtigten Teil der Lehrerausbildung, sondern bisher nur zusätzlich zu einer ansonsten vollständigen Ausbildung absolvieren kann. Daher gibt es auch noch keine Lehrveranstaltungen, die gezielt etwa auf die Bedürfnisse von Grundschullehrkräften zugeschnitten sind. Die bisherige UniAusbildung in Bayern orientiert sich – nach Meinung des Fachverbandes Ethik – allzu einseitig an der Oberstufe der Gymnasien. Gerade die Schularten mit den höchsten Anteilen an der jeweiligen Altersstufe, nämlich Grundschule, Haupt-/ Mittelschule und Berufsschule, sind bislang nicht berücksichtigt. Wie geht es weiter? An der Uni Augsburg gibt es eine Stelle für zwei Jahre; hier soll eine uni-übergreifende Online-Plattform geschaffen werden, die über das Ethik-Studium in Bayern informiert und zentral auch auf regionale Lehr- und Fortbildungsangebote hinweist. Für den März 2012 war ein Nachfolgetreffen geplant; hier hat sich die Akademie für politische Bildung in Tutzing als Veranstalter angeboten. Dieses Treffen hat bisher noch nicht stattgefunden, und zwar vielleicht auch deshalb, weil der „Motor“ Prof. Schröer derzeit intensiv an einer Buchveröffentlichung arbeitet. In Vorbereitung auf dieses Treffen wurden von Lehrerseite konkrete Anregungen zusammengetragen zu Struktur und möglichen Inhalten einer zukünftigen Ethik-Ausbildung; hier war der Fachverband Ethik aktiv beteiligt. Und das Kultusministerium muss „mitspielen“: Daher wurde einhellig sehr bedauert, dass die zuständigen Damen und Herren, obwohl sie rechtzeitig eingeladen waren, nicht am „EthikGipfel“ teilnehmen konnten. Über die Gründe lässt sich trefflich spekulieren. Dem elektr. Mitgliederbrief liegen ausführliche Auszüge aus dem Protokoll bei. 3. Fortbildung 2013 – Vorankündigung Der Fachverband Ethik Bayern führt im kommenden Jahr zwei Veranstaltungen durch: „Ästhetik“ 10. – 12. Juli 2013 in Achatswies (zus. mit dem PI München), sowie „Technik, Wissenschaft und Ethik“ am Dt. Museum in München (zus. mit der ALP Dillingen), Termin vsl. 4. – 8. Febr. 2013. Dem elektronischen Mitgliederbrief liegt die Ankündigung „Ästhetik“ bei. 4. Ausbildung für Ethik-Lehrkräfte in Bayern – Alles bestens? In Nachfolge von PD Dr. Huber ist an der LMU in München eine Stelle ausgeschrieben: „…WISSENSCHAFTLICHE/N MITARBEITER/IN (Teilzeit: 50%) für den Lehramtsstudiengang „Philosophie/Ethik als schulische Themenfelder“. …Ihre Aufgaben: … - Bedarfsgerechte Durchführung fachdidaktischer und fachlicher Veranstaltungen des Studiengangs im Umfang von 4 Lehrdeputatsstunden/Semester … Einstellungsvoraussetzungen sind entsprechende Kenntnisse im Bereich der Philosophie, ein sehr gutes Universitätsstudium (Promotion im Fach Philosophie erwünscht) sowie Kenntnisse im Bereich der Lehr- und Schultätigkeit bzw. entsprechende Erfahrungshintergründe, idealer Weise eine bereits mehrjährige Lehrtätigkeit an einem Gymnasium. … Die Besoldung erfolgt nach dem TV-L. Die Stelle ist auf zwei Jahre befristet …“ Gesucht ist also eine „eierlegende Wollmilchsau“, die obendrein ggf. einen deutlichen Gehaltsverzicht in Kauf nimmt. Soweit sich aktive Lehrkräfte bewerben wollen, müssen sie sich um eine evtl. Abordnung durch das Ministerium selbst kümmern. Wir sind gespannt, wie sich durch eine künftige StelleninhaberIn – so sich überhaupt jemand findet – die Themenfeld-Ethik-Ausbildung in München verbessern wird. Die Zahl der Deputatsstunden wurde vorsichtshalber – verglichen mit Dr. Huber – schon mal auf „4“ gekürzt. Und für Würzburg ist eine Stelle als Seminarlehrkraft Ethik ausgeschrieben, nachdem ein erster Versuch, in Nürnberg ein Ethik-Seminar einzurichten, mangels Bewerbungen gescheitert ist. 5. Blick nach Bad Urach: Bundestagung „Markt und Moral“; Landestagung Baden-Württemberg: „Natur und Moral“ Anlässlich der Bundesversammlung Dez. 2011 des Fachverbands Ethik wurde nach der zehnjährigen, äußerst erfolgreichen Arbeit von Peter Kriesel und Werner Fuß ein neuer Vorstand bestellt. Zur ersten Vorsitzenden wurde Gesine Fuß (München) gewählt, die langjährige Beauftragte des Fachverband Ethik für die Primarstufe. Stellvertreterin wurde Ulrike Frontzek (Limburg). Die Kasse wird weiterhin von Stefanie Wölk (Essen) geführt. BeisitzerInnen sind zukünftig Michaela Scheffczyk, Brigitta Küster-Sartori (beide Stuttgart) und Carsten Held (Eisenhüttenstadt). Klaus Goergen würdigte das Wirken des bisherigen Vorstandes, der sich vor allem in der bundesweit beachteten Auseinandersetzung um einen verpflichtenden Ethikunterricht für alle Schülerinnen und Schüler in Berlin für die Belange des Fachs Ethik und die weltanschauliche Neutralität seiner Inhalte einsetzte. Unser Landesverband Baden-Württemberg führt am 25./26. Mai 2012 ebenfalls in Bad Urach seine diesjährige Landestagung durch unter dem Motto „Natur und Moral“. Auch bayerische Ethiklehrkräfte sind herzlich eingeladen. Elektronisch liegt bei: Bericht über die Bundestagung, Programm „Natur und Moral“ Elektron. liegt auch bei: „Forum Didaktik der Philosophie und Ethik“, neuer Vorstand.. Für den Fachverband Ethik – Landesverband Bayern mit freundlichen Frühjahrsgrüßen Werner Fuß und Dr. Theresa Miller