Logarithmen 1. Einführung Aufgabe 1. In einem Land beträgt die jährliche Bevölkerungswachstumsrate p = 2%. Wie viele Jahre dauert es, bis sich die Bevölkerungszahl verdoppelt hat? Nehmen wir an, die Bevölkerungszahl am Anfang betrage a0. Dann berechnet sich die Bevölkerungszahl a n im Jahr n wie folgt: an = a0·(1+p/100)n Suchen wir nach der doppelten Bevölkerung, so können wir an durch 2a 0 ersetzen: 2a 0 = a0·(1+p/100)n 2 = (1+p/100)n Mit dem vorgegebenen Wert für p ergibt sich: 2 = (1+2/100)n = (102/100)n = 1.02n Diese Gleichung können wir mit den uns bis jetzt bekannten Methoden nicht nach n auflösen. Wir müssen die Lösung nummerisch—z.B. mit einer Tabellenkalkulation—suchen. Eine Möglichkeit ist die Intervallschachtelung. Wir beginnen mit zwei Lösungen, von denen eine sicher zu klein, die andere sicher zu gross ist. In der nachfolgenden Tabelle ist dies n = 0 resp. n = 100. Dann wird in jedem Schritt die Breite des Intervalls, in der sich die Lösung befindet, halbiert, in dem die Rechnung für die Intervallmitte durchgeführt wird. Jahre Intervallbreite 100 50 25 12.5 6.25 3.125 1.5625 0.78125 0.390625 0.1953125 0.09765625 0.048828125 0.0244140625 0.01220703125 Untere Grenze 0 0 25 25 31.25 34.375 34.375 34.375 34.765625 34.9609375 34.9609375 34.9609375 34.985351562 34.997558594 Obere Grenze 100 50 50 37.5 37.5 37.5 35.9375 35.15625 35.15625 35.15625 35.05859375 35.009765625 35.009765625 35.009765625 Mittelwert 50 25 37.5 31.25 34.375 35.9375 35.15625 34.765625 34.9609375 35.05859375 35.009765625 34.985351562 34.997558594 35.003662109 Bevölkerung für d. Mittelwert 2.6915880291 1.6406059945 2.1013889348 1.8567582727 1.9752901783 2.0373642099 2.0060871151 1.9906290904 1.998343156 2.0022113917 2.0002763388 1.9993095137 1.9997928678 2.0000345887 Der TI–89 reagiert auf die Gleichungen 2 = 1.02n und 2 = (102/100)n unterschiedlich, weil im ersten Fall der Dezimalbruch 1.02 zu einer Näherungslösung führt, im zweiten Fall aber eine exakte Lösung angegeben wird. Seite 1 Logarithmen Nummerische Lösung Exakte Lösung: Was bedeutet ln? Die exakte Lösung ist nicht ohne Weiteres verständlich. Hier werden Logarithmen verwendet, die im Folgenden behandelt werden sollen. Allgemein sieht unser Problem so aus: Gegeben ist die Gleichung ax = b Diese soll nach der Unbekannten x aufgelöst werden. Wir definieren zu diesem Zweck die Logarithmen. Definition: Logarithmus Der Logarithmus von b zur Basis a ist der Exponent, mit dem man a potenzieren muss, um b zu erhalten. ax = b ⇔ x = alog(b) a, b, x > 0, a ≠ 1 Vorerst ist dies nur eine neue Schreibweise. Formal ist die Gleichung zwar jetzt nach x aufgelöst, aber es ist noch völlig unklar, wie alog(b) im Allgemeinen zu berechnen ist. Dazu später mehr. Beispiele für die neue Schreibweise: 1'000 = 103 12 ⇒ 3 = 10 log(1'000) log(1012 ) 1'000'000'000'000 = 10 ⇒ 12 = 10 8 = 23 ⇒ 3 = 2 4'096 = 2 10 ⇒ 10 = 2 27 = 33 ⇒ 3 = 3 = 4 ⇒ 4 = 5 625 Abkürzung: Statt 10 5 log(8) log(2 10 ) log(27) log(5 4) log (Zehnerlogarithmus) schreiben wir kurz log, d.h. 10 log(1'000) = log(1'000) = 3. Bemerkung: Der TI–89 hat die Taste LN für die Berechnung des Logarithmus zur Basis e=2.71828… (sog. Natürlicher Logarithmus, kurz ln). Der Zehnerlogarithmus muss über CATALOG aufgerufen werden. Deshalb ist Satz 5 auf Seite 4 sehr wichtig. Seite 2 Logarithmen 2. Die Logarithmensätze Erstaunlicherweise können wir für die Logarithmen Eigenschaften beweisen, ohne dass wir im Allgemeinen wissen, wie sie zu berechnen sind. Die Rechenregeln für Logarithmen basieren auf den Potenzregeln. Satz 1: Additionsregel log(u)+alog(v) = alog(u·v) für u, v > 0 a Beweis: Wir betrachten zwei positive Zahlen u und v. Wir schreiben u, v und das Produkt u.v als Potenz zu einer beliebigen Basis a, a>0. u = a a log(u) v = a a log( v ) (1) € u·v = a a log(u⋅ v) (2) € Wir berechnen das Produkt u.v ein zweites Mal und formen um: € u·v = a a log(u) · a a log( v ) = a a log(u)+ a log( v) (3) € (3) gleich € und erhalten das gewünschte Resultat: Jetzt setzen wir (2) und € a a log(u⋅ v) = a a log(u)+ a log( v) log(u·v) = a a ■ log(u)+alog(v) € € Satz 2: Subtraktionsregel a log(u) − a u log(v ) = a log für u, v > 0. v Beweis: Wir setzen in Satz 1 für v speziell 1/u ein: € 1 u = 1 u € = a log(u)+a log a log ⇒ € a logu ⋅ 1 = alog(1) = 0 u –alog(u) (4) Jetzt rechnen mit Hilfe von Satz 1 und (4): € u v a log € = a logu ⋅ 1 v (u)+a log 1v = a log = a € ■ log(u)–alog(v) Ähnlich wie die Sätze€1 und 2 lassen sich auch die folgenden Aussagen beweisen: Seite 3 Logarithmen ( ) () Satz 3: a log u v = v⋅a log u für u > 0. 1 Satz 4: a logv u = ⋅a log u für u > 0 und v ≠ 0. v € () Als letztes wollen wir noch zeigen, dass wir mit Hilfe eines einzigen Logarithmus alle anderen €Logarithmen berechnen können. Wir erhalten so eine Anleitung, wie wir mit dem Taschenrechner, der nur den Zehner- und den natürlichen Logarithmus kennt, jeden beliebigen Logarithmus berechnen können. Satz 5: b log log(u ) (u) = a log b für a, b, u > 0. () a Beweis: Wir stellen eine beliebige Zahl u > 0 zwei Mal als Potenz dar: Einmal zur Basis a und einmal zur €Basis b (a, b > 0, analog zu Satz 1). Dann schreiben wir auch b als Potenz zur Basis a. log(u) u = aa u = bb €b = aa (5) log(u) (6) log(b) (7) € die Basis b durch (7) und setzen danach (5) und (8) gleich: Jetzt ersetzen wir in (6) € u bb = a log(b) b log(u) a = a = a log(u) € = a € log(u) = € aa log€ (u) a € log(u) = b ( a log(b)⋅ b log(u)) (8) ( a log(b)⋅ b log(u)) log(b)·blog(u) (u) a log(b) a log ■ Als letztes wollen wir zeigen, dass Logarithmen keine rationalen Zahlen sind. € Satz 6: log(2) ist eine irrationale Zahl, d.h. log(2) ∈ \ . Beweis: 2 q ist nicht durch 10 teilbar, denn 10 = 5·2, aber 2q = 2·2·2·…·2. (9) Jetzt führen wir einen Widerspruchsbeweis: Annahme: Dann folgt: log(2) = p/q q·log(2) = p log(2 q) = p 2 q = p, q ∈ teilerfremd nach Satz 3 p 10 Widerspruch zu (9)! Seite 4 ■