Syntax Gegenstand: Beziehungen der Zeichen untereinander • Aufbau der Wortgruppen und Sätze • Markierung und Anordnung der Zeichen sowie Zusammenhang zwischen beidem A. Satzarten 1. Sätze: Aussage- / Deklarativsätze Frage- / Interrogativsätze: Entscheidungsfragen (Antwort: ja, nein), Wortfragen Aufforderungs- / Imperativsätze Ausrufe- / Exklamativsätze (Wie gut...!) Wunsch- / Desiderativsätze (z.B. Hätte ich doch ...!) definiert durch: Modus des Verbs Satzstellung Partikeln, Fragewörter Intonation 2. Satzäquivalente: unvollständige Sätze z.B. Danke. ; Achtung! B. Satzformen 1. einfacher Satz: 1 finites Verb (Hauptsatz) 2. zusammengesetzter Satz: mehrere finite Verben Satzreihe (Patataxe): selbständige Teilsätze (mehrere Hauptsätze) Satzgefüge (Hypotaxe): Hauptsatz + 1 oder mehrere Nebensätze • Nebensätze: Relativsätze (Attribut zu Substantiv: das Buch, das auf dem Tisch liegt, ...), indirekte Frage (ich weiß nicht, wo der Bus abfährt), Konjunktionalsätze (temporal (als), konditional (falls), kausal (weil), adversativ (obwohl) usw.) C. Aufbau von Sätzen 1. traditioneller Ansatz: Segmentierung in Satzglieder (kleinste zusammengehörige Elemente des Satzes), die linear aufeinander folgen Satzglieder (nicht = Wortarten!) • Subjekt • Objekt (Akk. (ich sehe X), Dat. (ich gebe dir...), Gen. (ich gedenke des...), Präp. (ich freue mich über...)) meist obligatorisch ("Ergänzungen") • prädikative Satzglieder (X ist grün; A ist Lehrerin) • adverbiale Satzglieder (am 8. 7. ; in Frankfurt ; dort ; gern) meist optional ("Angaben"); obligatorisch z.B. in fahren nach, wohnen in... • Prädikat: Kern des Satzes; in minimalen Sätzen einiges Satzglied (Komm!) Agnes Korn [email protected] 23. Januar 2008 19 2. modernere Ansätze: Sätze und Wortgruppen sind hierarchisch aufgebaut Verb ist zentrale Einheit, Satzglieder hängen von Verb ab, z.B. Verb bestimmt, ob es ein Objekt gibt • Valenztheorie: je nach Verb bestimmte Zahl von Satzglieder (incl. bestimmte Kasus)9 Valenz (Wertigkeit): Eigenschaft eines Verbs über Zahl der zu füllenden Leerstellen - einwertig ("intransitiv"): nur Subjekt (gehen, leben, schlafen) - zweiwertig ("transitiv" u.a.): Subjekt und Objekt (sehen, nehmen, warten auf) - dreiwertig ("ditransitiv"): Subjekt und zwei Objekte (geben, schenken) z.T. auch bei anderen Wortarten (Freude über, erfreut über) (11) • Konstituentenanalyse (IC: immediate constituents): binäre Zerlegungen Verb hat zu Objekten engere Beziehung (Subjekt sowieso obligatorisch) Darstellung, z.B. Satz = sie liest das Buch a) mit Klammern: [[sie] [[liest][das Buch]]] b) mit Baumdiagramm: Dependenzstruktur (governed vs. governing) S S NP VP V NP NP S VP V VP NP Det. z.B. er sieht mich NP VP N z.B. sie liest das Buch ich schreibe einen Brief das Kind sieht unseren Hund V PP NP Präp. NP z.B. ich schreibe einen Brief an dich das Kind drehte das Gesicht zur Wand Implikation: alle Sätze dieser Art in dieser Sprache haben dieselbe Struktur; also bei Spracherwerb nur Phrasenstrukturregeln und Lexikon zu lernen c) Phrasenstrukturregeln: Ersetzungsregeln für Konstituenten S → NP VP (Satz besteht aus Nominalphrase und Verbalphrase) VP → V NP (die Verbalphrase besteht aus Verb und Nominalphrase) - Nominalphrase: NP → Det. (AP) N - Verbalphrase: VP → (Aux.) V NP (NP) (PP) - Präp.phrase: PP → Präp. NP - Adjektivphrase: AP → (Spez.) Adj. (PP) (sehr zufrieden mit) - Adverbphrase: Adv.P → Adv. auch andere Abfolgen: Adv.P: einen Tag vorher, VP: wenn sie das Buch lesen, PP: die Straße entlang 9 Syntax kann wortintern oder wortextern sein, d.h. Subjekt braucht kein eigenes Wort zu sein, z.B. georg. mxedav-s "er/sie sieht mich" (m- 1.Sg. Objekt, -s 3.Sg. Subjekt). Agnes Korn [email protected] 23. Januar 2008 20 3. generative Grammatik: Grammatik, die wohlgeformte Sätze erzeugt und nicht wohlgeformte ausschließt Sprachmodell, das alle (→ Rekursivität, Kreativität) einwandfreien (→ Kompetenz) Sätze einer Sprache beschreibt will erklären: Sprachverarbeitung, Spracherwerb, Universalien Komponenten: • Lexikon • Phrasenstrukturkomponente (soll Struktur aller Sätze einer Sprache erfassen) syntakt. Kategorien: lexikal. Kategorien (Terminalknoten): Det, N, V, P, Adv., Infl. phrasale Kategorien: NP, VP usw. bar-level-Kategorie (← Rekursivität): N’, V’, P’, I’ (Inflektion), C’ (complementiser) zwischen phrasalen und lexikal. Kategorien, d.h. alle Phrasen expandieren gleich (XP → Spez X’ ; X’ → X’ YP ; X’ → X ZP : rekursiv) IP → NP I’ (I’ → VP), z.B. daß das kleinste Kind den Ball genau ins Tor schießt NP → Det N’ (N’ → AP N) VP → V’ (V’ → NP V’, V’ → PP V) PP → Spez P’ (P’ → P NP) AP → Spez A’ (A’ → A PP oder PP Adj.), z.B. von mir geschrieben (12) 4. funktionale Grammatiken: linguistische Phänomene werden nach Funktion im Satz betrachtet (nicht nach Kriterien wie Subjekt, Prädikat) • funktionale Satzperspektive: Thema vs. Rhema: Grenzgebiet zur Pragmatik Satzglieder nach Informationswert/Mitteilungsfunktion betrachtet (nicht nach syntakt. Funktion); Markierung von neuen vs. alten Informationen Mittel: Artikel (bestimmt, unbestimmt), Satzstellung, Intonation Thema / Topic: Ausgangspunkt der Aussage, schon bekannter Sachverhalt (typischerweise Subjekt bei transitivem Verb) Rhema / comment: neu eingeführter Inhalt (typischerweise Objekt eines transitiven Verbs) Wo ist das Buch? – Das Buch (Thema) liegt auf dem Tisch (Rhema) Die Bäume hat mein Nachbar (Rhema) gepflanzt. Es war einmal ein König. (Rhema) Der König (Thema) hatte eine Tochter... (Rhema) allgemeine Regel: Thema vor Rhema • Topikalisierung: Herausrückung an Position im Satz, wo normalerweise Topic steht (Verstoß gegen Regel "Thema vor Rhema"); auch mit Betonung oder Partikeln z.B. Dieses Buch habe ich gesucht. ; Gestern hat er die Bäume gepflanzt. japan. -wa + Rückung des Elements an 1. Stelle im Satz (dabei gehen Kasusmarkierungen, z.B. ACC, NOM, verloren, z.B. ano otoko-wa ken-ga kiratteiru dieser Mann-TOP Ken-NOM nicht mögen "diesen Mann (ohne -wo ACC) mag Ken nicht") • Fokussierung: Betonung eines Satzglieds durch Intonation, andere Stellung usw. (aber nicht unbedingt Subjektposition), z.B. ich habe das Buch ihr geschenkt • hierher können auch die Kapitel semantische Rollen und Deixis gehören (s.u.) Agnes Korn [email protected] 23. Januar 2008 21