Seminararbeit Sommer

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Technische Universität Wien
Seminararbeit
Environmental Finance and Investments
Von:
Bernadette
Betreuer:
Sommer
Privatdoz. Dipl.-Ing. Dr.techn.
Stephan
27. Februar 2016
Gerhold
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2
2 Die Volkswirtschaftslehre der Schadensminderungsstrategien
3
2.1
Die Ursache für Treibhausgasbelastung: Die negativen Externalitäten . . . . . . .
4
2.2
Korrekturmöglichkeiten für Marktversagen (Internalisierung) . . . . . . . . . . . .
7
2.2.1
Preiseinschränkungen als zentralisierte Lösung verwenden: Steuern und
Subventionen
2.2.2
2.3
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Verwendung einer dezentralisierten Lösung: handelbare Emissionsrechte
9
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
Die Investition in eine unsichere Umwelt: Die Wichtigkeit der Quasi-Option als
ein Entscheidungswerkzeug
3 Die Finanzierung ökologischer Investitionen
20
3.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2
Charakteristische Merkmale von Investitionsprojekten
3.3
Die neoklassische Methode: Der Kapitalwert (NBW)
3.4
7
.
3.3.1
Grenzen des Kapitalwertansatzes
3.3.2
Beziehung zur Optionspreistheorie
20
. . . . . . . . . . . . . . .
21
. . . . . . . . . . . . . . . .
22
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
3.4.1
Ein Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
3.4.2
Vom Kapitalwert zu den Realoptionen: Ein zweites Beispiel
. . . . . . . .
27
3.4.3
Realoptionen und Anreize zur Investition: Ein drittes Beispiel . . . . . . .
29
Investitionsmöglichkeiten als Optionen
1
Kapitel 1
Einleitung
Während des letzten Jahrzehnts wurde der Klimawandel zum ernst zunehmendsten Problem,
womit sich die Menschheit auseinander setzen musste. Diese gegenwärtige Situation darf nicht
auÿer Acht gelassen werden, sondern vielmehr verdient sie es, sich um dringende Maÿnahmen
zu kümmern, die ergrien werden sollen um den Treibhausgaseekt, der die Ursache dieses Umweltproblems ist, einzudämmen.
Paradoxerweise sind auf internationaler Ebene politische Entscheidungsträger leider nicht fähig
erfolgreiche Entscheidungen zu treen, die zu einer Emissionsreduktion führen. Die momentane
Situation bringt allgemeine grundlegende Fragen hervor, die das Buch Environmental Finance
and Investments von Marc Chesney, Jonathan Gheyssens, Luca Taschini versucht zu beantworten: Unter welchen Voraussetzungen kann eine marktbasierende Herangehensweise eine Emissionsminderung hervorrufen und dennoch einen wirtschaftlichen Wachstum bewirken? Was sind
neue Investitionsstrategien, die erzeugt oder gefördert werden sollen?.
Das Buch wurde so verfasst um Studenten und Praktiker das Wissen und die theoretischen
Instrumente zum Beantworten von diesen und noch allgemeineren Fragen bezüglich der sogenannten ökologischen Finanztheorie zu geben. Dies stellt einen neuen Forschungszweig dar, der
die wirtschaftlichen, nanziellen und verwaltungstechnischen Auswirkungen von marktorientierten Umweltrichtlinien untersucht.
Meine Seminararbeit behandelt gröÿtenteils die Kapiteln 4 und 5 des Buches Environmental
Finance and Investments von Marc Chesney, Jonathan Gheyssens, Luca Taschini.
In Kapitel 4 steht die Ökonometrie im Vordergrund. Es werden volkswirtschaftliche Themen
beschrieben, wie Externalitäten und mehr detailiert die drei Hauptinstrumente zur Beseitigung
der Externalitäten: Steuern, Subventionen und Genehmigungen. Ansatzsweise werden weiters
noch Themen, wie beispielsweise die Quasi-Option von Arrow & Fisher, angeschnitten.
Das 5. Kapitel behandelt die nanzmathematischen Aspekte der ökologischen Investitionen. Es
werden dabei Finanzinstrumente, wie Nettoeinmalprämie und Optionen vorgestellt.
Ziel dieser Arbeit soll sein, dem Leser durch Behandlung eben genannter Kapitel einen kurzen
Einblick zu gewähren, wie Mathematik auch eine praktische Anwendung in Bezug auf die Umwelt
und den Lösungsansätzen zur Beseitigung von Umweltbelastungsproblemen nden kann.
2
Kapitel 2
Die Volkswirtschaftslehre der
Schadensminderungsstrategien
Der Rahmenbereich dieses Kapitels ist die Umweltökonomie. Diese ist eine Teildisziplin der
Wirtschaftswissenschaften, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Wirtschaft
beziehungsweise den daraus resultierenden ökologischen Folgen beschäftigt. Sie liefert Ansätze,
um die durch Umeltbelastung beziehungsweise Nutzung natürlicher Ressourcen entstandenen
Kosten zu internalisieren, das heiÿt zu bewerten und dem Verursacher zuzurechnen. In der
Umweltökonomie werden zwei Zweige unterschieden:
1. Betriebswirtschaftlicher Zweig: Dieser beschäftigt sich mit umweltorientierter Unternehmensführung, das heiÿt mit Umweltsmanagement, betrieblichen Umweltschutz und ähnlichem.
2. Volkswirtschaftlicher Zweig: Es stehen hier Fragen im Vordergrund, wie beispielsweise:
Was kostet Umweltschutz? Was bringt er der Volkswirtschaft?.
Die nachfolgenden Abschnitte beschäftigen sich nun genauer mit dem volkswirtschaftlichen
Zweig.
Marktversagen und Externalitäten
Beim Bewerten des Ergebnisses eines Marktes, stellt sich häug die Frage, ob dieser Markt
auch die ökonomische Ezienz, sprich die Maximierung der aggregierten Konsumenten- und
Produzentenrente, erreicht. Wir könnten nun annehmen, dass, wenn unser einziges Ziel die ökonomische Ezienz ist, es besser wäre sich nicht in einem Wettbewerbsmarkt einzumischen. Dies
ist jedoch nicht immer der Fall. In einigen Situationen kann auch ein Marktversagen eintreten.
Dies ist eine Situation, in der ein unregulierter Wettbewerbsmarkt inezient ist. Das bedeutet
die aggregierte Konsumenten- und Produzentenrente wird nicht maximiert, da die Preise den
Konsumenten und Produzenten nicht die richtigen Signale senden.
Ein wichtiger Fall, bei dem ein Marktversagen eintreten kann, sind die Externalitäten: Das
Preissystem funktioniert solange ezient, wie die Marktpreise den Produzenten und den Konsumenten gleichermaÿen Informationen vermitteln. Manchmal kann es jedoch passieren, dass die
Marktpreise keinen Aufschluss über die Aktivitäten von Produzenten oder Verbrauchern geben.
Die Aktivitäten von Konsumenten oder Produzenten können zu Kosten oder Vorteilen führen,
die nicht als Teil des Marktpreises erscheinen. Solche Kosten oder Vorteile werden Externalitäten
genannt, da sie extern, also auÿerhalb des Marktes, auftreten.
Daher sprechen wir genau dann von einer Externalität, wenn sich eine Konsum- oder Produktionsaktivität indirekt auf andere Konsum- oder Produktionsaktivitäten auswirkt, wir dies jedoch
3
nicht direkt aus den Marktpreisen ablesen können. Es werden zwei Arten von Externalitäten
unterschieden:
1. negative Externalitäten: Diese liegen vor, wenn die Handlungen einer Partei einer anderen
Partei Kosten verursachen, wie beispielsweise Treibhausgasemissionen, Lärmbelastung und
Staukosten .
2. positive Externalitäten: Dies bedeutet, dass eine Partei von den Handlungen einer anderen
Partei protiert, zum Beispiel Impfung zur Verhinderung von Epidemien und Landschaftspege in der Landwirtschaft.
Beispiel ad 1. sind die der Gesellschaft entstehenden Kosten der Umweltverschmutzung durch
einen Produzenten von Industriechemikalien. Ohne staatliche Eingrie besteht für einen solchen
Produzenten kein Anreiz, die gesellschaftlichen Kosten dieser Verschmutzung zu berücksichtigen.
Beispiel ad 2. wäre, dass ein Hausbesitzer sein Haus neu streichen will. Davon protieren zwar
alle Nachbarn, doch der Hausbesitzer berücksichtigt diesen Nutzen wahrscheinlich nicht bei der
Entscheidung, sein Haus zu verschönern.
In dieser Arbeit liegt der Fokus auf den negativen Externalitäten, da dadurch die Ursachen für
Treibhausgasbelastung erklärt werden sollen.
2.1
Die Ursache für Treibhausgasbelastung: Die negativen Externalitäten
Da ökologische Externalitäten im Marktpreis nicht berücksichtigt werden, können sie ökonomische Inezienz hervorrufen. Negative externe Eekte können einerseits von der Produktionsseite
(beispielsweise Luftverschmutzung einer Fabrikanlage), der sogenannten Outputinezienz, oder
auch von der Konsumseite (beispielsweise lautes Musikhören am späten Abend), der Inputinefzienz, her entstehen.
Sollten Unternehmen die mit negativen Externalitäten verbundenen Schäden nicht berücksichtigen, so führt dies zu einer Überschussproduktion und unnötigen gesellschaftlichen Kosten. Um zu
sehen warum dies der Fall ist, betrachten wir einen Zementproduzenten, der Luftverschmutzung
durch das Verbrennen von Brennstoen zur Zementerzeugung verursacht. Dabei werden Treibhausgase ausgestoÿen. Die Auswirkungen der Externalitäten wollen wir nun in zwei Schritten
analysieren. Zunächst wollen wir näher betrachten, was passiert, wenn nur ein Zementproduzent
die Luftverschmutzung verursacht. Dem wollen wir das Ergebnis gegenüberstellen, wenn alle
Unternehmen gleichermaÿen die Luft verschmutzen:
1. Ein Zementunternehmen:
Das Hauptziel des Unternehmens ist es seine privaten Gewinne zu maximieren. Da der
Gewinn die Dierenz zwischen dem Erlös (dieser setzt sich zusammen aus der produzierten Menge multipliziert mit dem Preis, im Zeichen:
pq ;
die Erlösfunktion ist in diesem
Fall linear, da die Preisfunktion hier konstant ist) und den Kosten darstellt, gilt für den
maximalen Gewinn folgende Formel:
max(pq − c(q)),
q
wobei
q
die Produktionsmenge an Zement darstellt,
angenommen wird, und
c(q)
p
den Zementpreis, der als gegeben
ist die Kostenfunktion, die von
4
q
abhängt.
Die geeignete Darstellung der Kostenfunktion
Funktion in
q,
c(q),
ist eine monoton wachsende lineare
da durch mehr Zementproduktion proportional auch mehr Kosten anfallen,
was bedeutet, dass
c0 (q) > 0
gilt. Im Allgemeinen steigen auch die Grenzkosten (marginal
costs), die die zusätzlichen Kosten der Produktion einer zusätzlichen Outputeinheit messen und die Steigung der Kostenfunktion
c00 (q) > 0
c(q)
darstellen. Daher trit auch noch zusätzlich
zu. Die Grenzkosten der Produktion des Zementunternehmens werden in der
Grenzkostenkurve (MC) in Abbildung 2.1 angegeben.
Der beste und höchst mögliche Gewinn, also der sogenannte maximierte, kommt für das
Unternehmen genau dann zu Stande, wenn es sein Produktionsniveau
q
so festsetzt, dass
die Grenzkosten gleich dem privaten Grenzerlös sind. Der Grenzerlös ist die aus einer Steigerung des Outputs um eine Einheit resultierende Erlösänderung.
Für ein Wettbewerbsunternehmen ist es gewinnmaximierend, wenn sein Produktionsniveau
q
so gewählt wird, dass die Grenzkosten gleich dem Preis entsprechen, der wiederum
gleich dem Grenzerlös ist, da das Unternehmen, wie oben bereits erwähnt, den Preis als
gegeben annimmt. Daher lautet die Formel wie folgt:
Grenzerlös ← p = c0 (q) → Grenzkosten.
Diese Formel ist eine Regel aus der Volkswirtschaft, die von jedem Unternehmen, unabhängig davon, ob es in einem Wettbewerbsmarkt agiert oder nicht, zur Ermittlung des
gewinnmaximierenden Produktionsniveaus eingesetzt werden kann.
Da es hier jedoch zu einer Änderung der Produktionsmenge kommt, verändern sich auch die
externen Kosten (
social costs), welche Kosten sind, die von anderen getragen werden, zum
Beispiel Folgekosten von Abgasemissionen. In unserem Beispiel entstehen sie bei der Produktion von Zement aufgrund von Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre. Dargestellt
werden diese Art von Kosten in der externen Grenzkostenkurve. Da es mehr Verschmutzung gibt, ist intuitiv auch klar, warum die gesamten externen Kosten mit dem Output
steigen. Unsere Analyse allerdings legt ihr Hauptaugenmerk auf die externen Grenzkosten,
mit denen die zusätzlichen, in Verbindung mit jeder erzeugten Outputeinheit, entstandenen externen Kosten gemessen werden. Die externe Grenzkostenkurve verläuft für diese
Art von Umweltverunreinigung steigend. Sollte das Unternehmen mehr produzieren und
auch mehr Abgase in die Luft ausstoÿen, so führt dies auch zu einer Steigerung des zusätzlichen Schadens für andere Personen.
Einfachheitshalber werden wir diesen negativen Eekt als quadratische Funktion der pro-
q2)
duzierten Zementmenge (
modellieren, die impliziert, dass die gesellschaftlichen Grenz-
kosten der Treibhausgasemission gleich
2q
betragen.
Falls dem Produzenten die zuzüglichen externen Kosten bewusst waren und er dafür verantwortlich ist, kann anhand von Internalisierung (darauf wird im nächsten Abschnitt
genauer eingegangen) die neue Gewinnfunktion so abgeändert werden, sodass:
max(pq − c(q) − q 2 ),
q
folgendes Optimum ergibt:
p = c0 (q) + 2q.
Aus gesellschaftlicher Sicht produziert das Unternehmen in Anwesenheit von Externalitäten einen zu groÿen Output bis zu dem Maÿe, dass es schädlich für die Gesellschaft
ist.
5
Der eziente Output wird produziert, wenn der Produktpreis gleich den gesellschaftlichen
Grenzkosten (GGK) (=social marginal costs) der Produktion ist. Die gesellschaftlichen
Grenzkosten setzen sich zusammen aus den Grenzkosten der Produktion und den externen
Grenzkosten (GGK = GK + EGK), die bei Treibhausgasemission entstehen. Die gesellschaftliche Grenzkostenkurve schneidet die Preisgerade am Produktionsniveau
q *,
was ein
niedrigeres Produktionsniveau ist, das sogenannte eziente Produktionsniveau (siehe Abbildung 2.1).
Abbildung 2.1: Optimale Menge, die in Anwesenheit von Externalitäten produziert wird, wenn
ein Unternehmen vorliegt
In diesem Beispiel liegt nur ein Unternehmen vor, weshalb der Marktpreis des Produktes
unverändert bleibt. Der Output des Unternehmens ist aber leider dennoch zu hoch und
daher entsteht auch zu viel Treibhausgasemission.
2. Alle Unternehmen verschmutzen gleichermaÿen die Luft:
Betrachten wir nun den Wettbewerbsmarkt, wo Firmen, die freien Zugang zu Umweltgütern haben, weiterhin solange umweltbelastende Aktivitäten betreiben bis die Dierenz
zwischen dem Grenzerlös und den Grenzkosten ihrer Produktion Null ist (GE GK = 0).
Tritt dieser Fall ein, dann liegt ein maximierter Gewinn vor.
Die Grenzkostenkurve (GK') entspricht hierbei der Branchenangebotskurve und die gesellschaftliche Grenzkostenkurve (GGK') stellt die Summe der Grenzkosten der Produktion
und der externen Grenzkosten aller Zementunternehmen dar (GGK' = GK' + EGK').
Der eziente Output liegt bei
Q*, am Schnittpunkt der GGK' mit der Nachfragekurve D,
die die Grenznutzen der Verbraucher angibt.
Auch hier ist genau wie im ersten Fall, wo nur ein Unternehmen vorliegt, der Output ebenfalls zu hoch, da wieder das eziente Produktionsniveau
Q*
unter dem Branchenoutput
liegt. Dadurch kommt es zu einer Überschussproduktion, weshalb zu viel Treibhausgasemission entsteht.
Aus diesen Erkenntnissen können wir erkennen, dass es egal ist, ob man Verschmutzung
eines Unternehmens hat oder der gesamten Branche. Die Ursache der Inezienz liegt in
der falschen Preisbildung für das Produkt. Da der Marktpreis
P1
nur private Grenzkosten
der Produktion des Unternehmens enthält, jedoch nicht die gesellschaftlichen, ist er somit zu niedrig. Daher muss ein neuer Preis
P*
gebildet werden, der die gesellschaftlichen
Kosten ebenfalls inkludiert. Das eziente Produktionsniveau
ternehmen nur zum höherem Marktpreis
P*
2.2. dargestellt.
6
Q*
wird von den Zementun-
erreicht. Diese Situation wird in Abbildung
Abbildung 2.2: Erreichen der optimalen produzierten Menge, wenn alle Unternehmen gleichermaÿen die Luft verschmutzen
In der Wettbewerbsbranche führen negative Externalitäten dazu, dass ineziente Unternehmen ermutigt werden in der Branche zu verbleiben, obwohl es besser für sie wäre
aus dem Wettbewerbsmarkt auszusteigen. Weiters bewirken die Externalitäten auch, dass
langfristig eine Überschussproduktion entsteht.
Das weitere Vorgehen wird nun sein, die Kosten (zu diesem Zeitpunkt, gesellschaftliche
oder private) der Umweltbelastung oder der schädigenden Tätigkeiten zu internalisieren,
um ein gesellschaftliches Optimum erhalten zu können. Dies wird nun im folgenden Kapitel
erläutert.
2.2
Korrekturmöglichkeiten für Marktversagen (Internalisierung)
Die Inezienzen, die durch Externalitäten entstanden sind, können auf verschiedenen Wegen beseitigt und internalisiert werden. Dabei wird unter Internalisierung verstanden, dass dem verursachenden Wirtschaftsakteur ein ökonomischer Anreiz gegeben wird, die externen Kosten in seine
Entscheidungen mit einzubeziehen. Ziel der Internalisierung ist es dabei, die durch Marktversagen (beziehungsweise aufgrund der Externalitäten) entstandenen Inezienzen zu minimieren
und so das gesellschaftliche Optimum zu erreichen. In der Praxis geschieht dies auf unterschiedlichen Wegen sowohl durch private als auch staatliche (öentliche) Akteure.
Im Weiteren werden nun Lösungsansätze für die Internalisierung externer Eekte vorgestellt.
2.2.1
Preiseinschränkungen als zentralisierte Lösung verwenden: Steuern und
Subventionen
Um das eektive Emissionsniveau zu erlangen, kann eine Preisverzerrung durchgeführt werden,
die anhand von Steuern oder Subventionen erfolgen kann.
Die Umweltverschmutzung wird zwar beklagt und es wird versucht diese durch Gesetzte einzuschränken, doch das eigentliche Problem liegt darin, dass viele Umweltgüter weiterhin zu billig
zur Verfügung gestellt werden. Dies soll behoben werden, indem für die Umweltgüter ein angemessener Preis verlangt und den Verursachern angelastet wird. Die externen Kosten werden
dann mit Umweltabgaben in den Kostenrechnungen von Unternehmen und Konsumenten angeführt. Umweltkosten sind somit keine externen Kosten mehr, sondern sind nun zu internen
geworden, was bedeutet, dass die externen Kosten somit internalisiert sind.
Diese Art der Internalisierung der externen Kosten hat der englische Ökonom Arthur C. Pigou
bereits 1918 in einem Artikel beschrieben. Ihm zu Ehren wird eine Umweltabgabe, welche die
externen Kosten den Verursachern anlasten soll, Pigou-Steuer genannt.
7
Die Idee der Pigou-Steuer ist es den Verursacher so zu besteuern, dass soziale und private Grenzkosten identisch sind. Damit dieses Konzept auch tatsächlich funktioniert, muss diese Steuer so
verwendet werden, dass das neue Optimum (wo die Grenzkosten gleich dem besteuerten Grenzerlös sind) der optimalen Menge
q * des vorigen Abschnittes entspricht. Dieses Optimum q * wird
das gesellschaftliche Optimum genannt.
Betrachten wir nun die Gewinnmaximierung des Produzenten in Anwesenheit einer Stücksteuer,
die auf jede Einheit des produzierten Gutes (also auf jede Outputeinheit) erhoben wird, so lautet
die Formel wie folgt:
max(pq − c(q) − tq).
q
Wenn die Grenzkostenfunktion
herigen Abschnitt war das
q2)
c0 (q)
und die gesellschaftliche Kostenfunktion (in unserem vor-
bekannt sind, dann ist es nicht schwer das Steuerniveau
t
zu
bilden:
t = p − c0 (q ∗ ).
Abb. 3 zeigt den graphischen Eekt der Anwendung eines Steuersystems, um das gesellschaftliche Optimum zu erreichen:
Abbildung 2.3: Optimale Menge, die in Anwesenheit von Steuern produziert wird
Auferlegung einer Stücksteuer auf die Produktion erzeugt eine Abwärtsbewegung der Grenzerlöslinie in Höhe des Steuersatzes, von
p
(p − t).
q auf q *
nach
Anreiz den Output von dem ursprünglichen
Diese Erlösreduktion gibt der Firma den
zu reduzieren, wobei
q*
das gesellschaft-
liche Optimum darstellt. Dadurch wird erzielt, dass weniger Schadstoe emittiert werden und
andererseits wird auch Anreiz gegeben, in umweltfreundliche Technologien zu investieren.
Dieser Lösungsansatz von Pigou ist einfach und auch ezient. Ein Nachteil hingegen ist der hohe
Informationsbedarf, um das eziente Emissionsniveau erreichen zu können. Es werden genaue
Kenntnisse über private, als auch gesellschaftliche Grenzkostenfunktionen gefordert, was aber
nur sehr selten, wenn überhaupt, der Fall ist.
Analog zu den Steuern können auch Subventionen verwendet werden, die nichts anderes sind, als
eine positive Umweltsteuer. Sie haben die gleiche Grundidee wie Steuern, doch anstatt, dass ein
unerwünschtes Verhalten eingedämmt wird, bewirken Subventionen, dass ein erwünschtes Verhalten gefördert wird. Subventionen in Bezug auf die Umweltpolitik bedeuten, dass der Staat
umweltfreundliche Verhaltensweisen nanziell zu unterstützen versucht. Der Staat kann Subventionen einsetzen, um den Verursacher der Umweltbelastung für jede Einheit der Emissionsreduktion zu belohnen. Dies soll Anreize dafür setzen, dass sich andere Unternehmen ebenfalls so
verhalten.
8
Betrachten wir nun wieder das Beispiel des Zementunternehmens vom vorigen Abschnitt. Anstatt eine Steuer für jede Einheit an produzierten Zement zu zahlen, wird der Firma nun eine
Subvention für jede Einheit an Verschmutzungsverminderung angeboten, sodass gilt:
max(pq − c(q) + v[q ∗ −q]),
q
wobei
v die Subvention pro Einheit an Verschmutzungsverminderung ist und q * den Produktions-
Benchmark darstellt, der verwendet wurde um die Subvention zu berechnen.
Einfachheitshalber wird hier angenommen, dass die Grenzvermeidungskosten für alle Verschmutzungsniveaus auÿer Acht gelassen werden können (oder, dass die einzige Vermeidungslösung eine
Reduktion der Zementproduktion
Im Falle, dass
v = t
q
ist).
gilt, ist klar, dass die Subvention exakt denselben Eekt und dasselbe
Resultat hat, wie die Steuer. Dies ist der Fall, da die Subvention in einen einmaligen Geldbetrag
vx*),
(
der keinen Einuss auf die Entscheidung des Produzenten hat, und in eine (eingebettete)
Steuer der Form
v·x
(hat dieselbe Rolle wie die vorher gezeigte Pigou-Steuer) geteilt werden
kann.
In der Praxis jedoch, existieren wichtige Asymmetrien zwischen diesen beiden Vorgehensweisen,
da ja Subventionen als negative Steuer betrachtet werden können. Insbesondere haben Besteuerung und Subventionierung sehr unterschiedliche Konsequenzen für Produktionsprotabilität in
einer umweltbelastenden Industrie: Subventionen steigern Gewinne, während Steuern sie reduzieren. Auf Branchenebene führt eine Steuer zu einer Minderung von sowohl Protabilität als auch
von Emissionen, da sie sowohl den Grenznutzen als auch den Durchschnittsnutzen von Unternehmen verringert. Im Gegensatz dazu, veranlasst die Subvention den Einstieg neuer Unternehmen,
die durch die gestiegenen Gewinne angezogen werden. Dies bewirkt einen Produktionsanstieg,
der wiederum zu einem Anstieg von Umweltverschmutzung führt.
Ziel der Subventionen ist es sie zu verwenden, um Technologien für geringere Kohlenstoproduktion, erneuerbare Energie und Forschung & Entwicklung (wie beispielsweise
und -Speicherung oder wie in der Fachsprache bezeichnet
CO2
CO2
-Abscheidung
-Sequestrierung) zu fördern.
Laut Aghion et al. (2009), sind Subventionen, die sich auf radikale emissionsfreie Backstoptechnologien beziehen, erforderlich um den wirtschaftlichen Wandel in eine Green Growth
Wirtschaft, die eine neue politische Strategie ist, um nachhaltige Entwicklung und wirtschaftliche Protabilität zu erreichen, zu erleichtern. Green Growth basiert auf einer nachhaltigen
Nutzung von natürlichen Ressourcen, die die Grundlage für Lebensqualität darstellt.
Bei den Subventionen erweist sich als Vorteil, dass die Entwicklung und der Einsatz umweltschonender Produktionstechniken gefördert werden.
Als ein Nachteil der Subventionen erweist sich jedoch, dass es für den Staat sehr schwierig ist
einerseits bestimmen zu müssen, welche Produktionsformen subventioniert werden sollen, und
andererseits auch die Höhe der Subventionen festlegen zu müssen. Wie bereits bei den Steuern
ist auch hier wieder ein hoher Informationsbedarf gefragt, um die Subventionen auch optimal
bestimmen zu können.
2.2.2
Verwendung einer dezentralisierten Lösung: handelbare Emissionsrechte
Wie wir im vorigen Abschnitt bereits gesehen haben, ist das Hauptthema bei Steuern und Subventionen die Abhängigkeit eines perfekten Wissens über die privaten und gesellschaftlichen
Grenzkosten, um die optimale Steuerrate
t
oder Subvention
v
bestimmen zu können. Wenn
entweder Steuern oder Subventionen oder beide vom Sozialplaner falsch eingeschätzt werden,
könnte es zu einem suboptimalen Produktionsniveau
q **
kommen, wobei die verbleibenden Ko-
sten, entweder von der Firma, falls die Steuer zu hoch ist, oder von der Gesellschaft, falls die
Steuer zu niedrig ist, getragen werden.
9
Das Coase-Theorem
The Problem of Social Cost
Journal of Law and Economics
Die Erklärung des Coase-Theorems wird erstmals in dem Aufsatz
erwähnt, der von Ronald Coase geschrieben wurde und 1960 im
veröentlicht wurde. Den heutigen Namen Coase-Theorem hat das Ergebnis, zu dem Coase in
seinem Aufsatz gelangte, erst 1966 von Stigler erhalten.
Dieses Theorem ist ein wichtiger Lehrsatz der Mikroökonomie und stellt eine dezentrale private
Lösung für die Internalisierung dar.
Mit seinem Aufsatz wollte Coase bewirken, dass eine Gegenposition zu dem Konzept der PigouSteuern ermöglicht wird. Er wollte mit Hilfe anderer Vertreter der Chicagoer Schule zeigen, dass
die Internalisierung von Externalitäten nicht unbedingt automatisch durch staatliche Intervention erzielt werden muss. Die Pigou-Steuern erfordern Intervention des Staates, wohingegen nach
Coase bei der Internalisierung von externen Eekten auf die Möglichkeiten des Marktes zurückgegrien werden. Zu den Aufgaben des Staates zählen hier bloÿ die Übernahme einer ordnungspolitischen Rolle und das Bereitstellen der optimalen Rahmenbedingungen für die notwendigen
Verhandlungen. Beim Coase-Ansatz wird versucht einen einfachen Analyserahmen herzustellen,
der dezentrale Verhandlungen ermöglichen soll, weshalb das Coase-Theorem auch nur unter bestimmten Voraussetzungen verwendet werden kann (im folgenden liegt keine Reihenfolge vor,
sondern es handelt sich hierbei nur um eine Aufzählung):
•
Zu der ersten Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Coase-Theorie gehört die Denition
von Eigentumsrechten. Von Ökonomen wird heutzutage häug die englische Bedeutung des
Begries, nämlich Property-Rights', verwendet. Für die optimale Allokation, die laut dem
Coase-Theorem durch die direkten Verhandlungen zwischen Schädiger und Geschädigtem
zustande kommt, nehmen diese Rechte eine wichtige Stellung ein. Die Internalisierung
externer Eekte wird erst ermöglicht, nachdem die Eigentumsrechte eindeutig durch den
Staat zugeteilt wurden.
•
Als zweite Voraussetzung gibt Coase vor, dass keine bzw. nur unbedeutend geringe Transaktionskosten bei den Verhandlungen vorliegen dürfen. Unter Transaktionskosten verstehen wir Kosten der Vertragspartner, die bei dem Abschluss und der Durchführung eines
Geschäftes anfallen.
•
Die dritte Voraussetzung des Coase-Theorems wurde erst später eingeführt. Diese besagt,
dass es eine symmetrische Informationsverteilung geben muss. Das heiÿt, dass jede Partei,
über die Auswirkung einer Externalität vollständig informiert sein muss, damit eine eziente Lösung unter den Verhandlungspartnern erreicht werden kann. Die Begründung der
Einführung dieser Vorgabe liegt darin, dass unter der Bedingung asymmetrischer Informationen nachweislich die Verhandlungen zu keinem ezienten Ergebnis führen. Asymmetrische Informationsverteilung bedeutet, gegensätzlich zur symmetrischen Informationsverteilung, dass einer der Verhandlungspartner besser informiert ist als der andere.
•
Schlieÿlich kann auch noch eine vierte Voraussetzung angeführt werden, die laut manchen
Ökonomen in bestimmten Fällen nicht wegzudenken ist. Dabei handelt es sich darum, dass
es unter den Beteiligten zu einer Übereinkunft kommen muss, wie der Überschuss aus den
Verhandlungen aufgeteilt werden soll.
Ausgangspunkt des Theorems stellt die Überlegung dar, dass die Externalitäten wechselseitiger
Natur, also sogenannter reziproker Natur, sind. Dies soll bedeuten, dass der Verursacher als
Geschädigter oder der Geschädigte als Verursacher angesehen werden kann. Solange die Eigentumsrechte nicht eindeutig zugeteilt wurden, kann bei einem externen Eekt nicht zweifellos
gesagt werden, wer wen beeinträchtigt. So entstehen beispielsweise externe Eekte aufgrund
10
konkurrierender Ansprüche eines Chemieunternehmens und eines Fischzüchters an dieselbe natürliche Ressource, zum Beispiel sauberes Flusswasser.
Eine wichtige Eigenschaft des Coase-Theorems stellt die Ezienzhypothese dar. Dies bedeutet, dass unter den oben angeführten Voraussetzungen private Personen bzw. Unternehmen für
alle Probleme aus Externalitäten selbstständig, das heiÿt ohne der Unterstützung durch einen
Dritten, wie besipielsweise dem Staat, eine eziente Lösung nden. Bei dieser werden externe
Kosten vermieden, wodurch die Wohlfahrt gesteigert werden kann.
Ein weiterer bedeutender Punkt bei dem Coase-Theorem ist die Invarianzhypothese. Diese besagt, dass die eziente Lösung sich unabhängig von der Art der Property-Rights bzw. Haftungsregeln ergibt. Mit anderen Worten soll dies also heiÿen, dass es irrelevant ist, ob dem Verursacher
das Recht auf die Schädigung zusteht oder er dafür zu haften hat. Diese beiden Fälle können
auch graphisch unterschieden werden, was wir durch das Betrachten der Abbildung 2.4. nachvollziehen können:
Abbildung 2.4: Erreichen der optimalen Menge nach dem Coase-Theorem
1. Verursacherprinzip:
Liegen die Eigentumsrechte bei der geschädigten Person, so bendet sich das Marktgleichgewicht im Punkt null (
q
= 0). Dieses Prinzip nennen Ökonomen Verursacherregel. In
diesem vorliegenden Fall, wird dem Schädiger die Erzeugung externer Kosten untersagt.
Jedoch aber gibt es die Möglichkeit, dass dem Geschädigten das Recht auf Schädigung abgekauft wird. Auf ein solches Angebot, wird sich der Geschädigte nur einlassen, wenn ihm
dabei mindestens der entsprechende Schaden ersetzt wird. Solange die Grenzkosten der
Schadenvermeidung (marginal abatement cost) über dem Grenzschaden (social marginal
damage) liegen, reichen die eingesparten Vermeidungskosten aus, um den Geschädigten
für seine Nutzeneinbuÿe zu entschädigen. Daher ist der Schädiger dazu bereit mit dem
Geschädigten in Verhandlung zu treten und diesem bis zur Menge
q*
die gewünschte Aus-
gleichszahlung zu erstatten. Dieser Vorgang bedeutet graphisch gesehen, dass sich
links von
ge
q*
q*
q
= 0
bendet und somit wachsen muss, um dieses erreichen zu können. Die Men-
ist das sogenannte optimale Verschmutzungsniveau. Es gilt dabei, dass in
q*
die
Grenzvermeidungskosten (GVK) gleich dem Grenzschaden sind (GVK = GS). Trotz der
Schädigung entsteht dennoch auf Grund der Produktion des eigentlich erwünschten Gutes,
ein volkswirtschaftlicher und auch privatwirtschaftlicher Gewinn.
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2. Nicht-Haftungsregel (laissez-faire Regel): Unter der Annahme fehlender Schadenhaftung
liegen die Propery-Rights beim Schädiger. Dies wird auch als Laisser-faire-Regel' bezeichnet. Der Produzent wird in diesem Fall dazu veranlasst, die gewinnmaximale Menge (bendet sich bei dem Punkt, wo die x-Achse die Grenzvermeidungskostenfunktion schneidet,
was gleich unserem
q
entspricht) zu produzieren, die gleichzeitig das Marktgleichgewicht
dieser Annahme angibt. Der Schädiger ist bei diesem Prinzip dazu berechtigt, uneingeschränkt externe Kosten zu verursachen. Damit der Produzent seine Schadstoabgabe auf
q*
reduziert, will der Geschädigte ihm ein Angebot unterbreiten. Dieses soll den Schädi-
ger durch entsprechende Zahlungen zu einer Reduktion veranlassen. Der Schädiger nimmt
dieses Angebot nur dann an, wenn dieses seinen Verlust mindestens entschädigt, das heiÿt
wenn der Transferbetrag die bei ihm anfallenden Vermeidungskosten übersteigt, da nur
dann der Schädiger einen positiven Nettonutzen erzielt.
Der Anlass zu Verhandlungen besteht so lange, bis die Dierenz zwischen Vermeidungskosten und dem Nutzen aus der Schadenreduktion gleich Null ist. An dieser Stelle ist dann
der Grenzschaden gleich den Grenzkosten der Schadenvermeidung und wir bezeichnen die-
q *. Graphisch gesehen bedeutet dieser Vorgang, dass q sich rechts
q * erreicht.
gewinnmaximalen Menge bis q * der Wert der Schadensminderung stets über
ses Optimum wieder als
von dem Optimum
Da von der
q*
bendet und solange fällt bis es
der marginalen Gewinneinbuÿe des Produzenten liegt, ist der Geschädigte überhaupt dazu
in der Lage ein solches Angebot vorzuschlagen.
Der Schädiger erfährt einen Nutzenzuwachs im Ausmaÿe der Fläche zwischen Preisfunktion
p
und Grenzvermeidungskostenfunktion (rechts von
stellt die Fläche zwischen Preisfunktion
q *)
q *).
Der Gewinn der Geschädigten
p und Grenzschadenfunktion (ebenfalls rechts von
dar. Der gesamtwirtschaftliche Wohlfahrtsgewinn setzt sich aus der Summe des Ge-
winns des Geschädigten und des Schädigers zusammen.
Das Coase-Theorem zeigt uns, dass in einer modellhaften Welt, Verhandlungen zu gesamtgesellschaftlich ezienten Lösungen
q*
führen können.
In der praktischen Anwendung ist dieses Prinzip jedoch mit schwerwiegenden Problemen verbunden. So sind beispielsweise die Transaktionskosten, die staatliche Interventionen erforderlich
machen können, eigentlich immer vorhanden (obwohl das Nichtvorhandensein dieser eine Bedingung war, damit das Theorem überhaupt anwendbar ist). Aus diesem Grund ist dieses Theorem
wohl nur in Ausnahmefällen anwendbar.
Ein groÿer Vorteil dieser Theorie besteht jedoch darin, dass kein genauer Informationsbedarf
über die Grenzkostenkurve verlangt wird. Die Grenzkostenfunktionen werden überhaupt erst
einmal während der Verhandlungen eruiert, zusichernd, dass das Gleichgewichtsniveau der Verschmutzung das Richtige ist.
Scheitern des Coase-Theorems
Die für das Anwenden der Coase-Theorie notwendige Übereinkunft zwischen dem Schädiger
und Geschädigten scheitert in der Praxis jedoch häug. Dies wird aufgrund mehrerer Gründe
herbeigeführt. Schon allein die Existenz festgelegter Eigentumsrechte, was bei uns die erste beschriebene Voraussetztung war, liegt in der Realität nicht immer vor. Das Fehlen entsprechender
Institutionen oder wichtiger Informationen, die Kosten verursachen, bewirkt sehr häug, dass
die Durchsetzung der Eigentumsrechte scheitert.
Aus heutiger Sicht ist leider auch noch unsere zweite Voraussetzung, kein oder geringeres Anfallen von Transaktionskosten bei den Verhandlungen, in der Praxis kaum vorzunden.
Bei der praktischen Anwendung können die hohen Transaktionskosten jedoch nicht vermieden
werden. Diese können in manchen Fällen sogar höher ausfallen als der Verhandlungsgewinn, was
dazu führen kann, dass bereits das Feststellen des Ausmaÿes einer Schädigung hohe Kosten ver-
12
ursacht. Mit zunehmender Anzahl der Beteiligten steigen in der Regel die Transaktionskosten.
Hierbei tritt das sogenannte Trittbrettfahrerproblem auf. Dieses besagt, dass manche Personen,
die von dem Nutzen der Verhandlung nicht ausgeschlossen werden können, sich nicht an den
Verhandlungskosten beteiligen. Dies hat zur Folge, dass Kosten nur auf wenige Personen verteilt
werden. Da die jeweilige Partei den Schaden der Gegenseite, der beim Anstreben des Eziensniveaus entsteht, nicht entschädigen kann, bewirkt dies, dass das Coase-Theorem bei zu hohen
Kosten keine Anwendung ndet.
Die geeignete Voraussetzung einer monetären Bewertung der externen Eekte, um verhandeln
und das Optimum
q * erreichen zu können, ist ebenfalls nicht immer gegeben. Jeder Versuch eine
ökonomisch eziente Umweltpolitik zu erzielen, setzt eine Bewertung von tatsächlichen oder potentiellen Schäden in Geldeinheiten voraus. Dies bedeutet, dass die Schadenfunktion weder Null
noch unendlich sein darf. In diesen Fällen wäre nämlich kein Verhandeln möglich, da die Schädiger nicht in der Position wären Entschädigungen anbieten zu können. In diesen Umständen,
ist die häugste Vorgehensweise das Verwenden von Vorschriften und Kontrollmaÿnahmen, bei
denen Verschmutzungsgesetze ohne Monetarisierung durchgesetzt werden können, beispielsweise
Rechtsmaÿnahmen, die oft für gesundheitsbezogene Verschmutzungen benützt werden (falls es
nicht ethisch machbar ist, Erkrankung und Sterblichkeit zu bewerten).
Handelbare Emissionsrechte Marktwirtschaftliche Umsetzung des Coase-Theorems
Wenn weder das Einsetzten von Steuern noch von Subventionen zu einem ezienten Niveau führen, können als letzte Möglichkeit, um das Marktversagen zu korrigieren, nun die handelbaren
Emissionsrechte herangezogen werden.
Bei Emissionsrechtehandel handelt es sich im Gegensatz zu einer preisbasierten Abgabenlösung,
wie beispielsweise die Pigou-Steuer, um ein mengenbasiertes Instrument. In diesem Konzept wird
kein Preis für Umweltverschmutzung gesetzt, sondern die Schadstomenge selbst wird begrenzt
und erst dann stellt sich ein Preis als Folge von Angebot und Nachfrage auf dem Markt für
Umweltzertikate ein.
Grundlage der Zertikatslösung stellt die soeben beschriebene Idee des Coase-Theorems dar.
Dieses Theorem kann in seiner ursprünglichen Version als Verhandlungslösung, aufgrund seiner
restriktiven und wenig realistischen Annahmen (beispielsweise keine Transaktionskosten), nicht
direkt auf das Klimaschutzproblem angewendet werden.
Das Konzept des Zertikathandels wurde 1968 von John H. Dales entwickelt. Nach dieser Theorie entsteht die Übernutzung der Umwelt nicht dadurch, dass keine Nutzungsrechte deniert
sind, sondern dass zu viele Nutzungsrechte vorhanden sind. Grenzen wir diese Rechte auf eine
bestimmte Menge ein, so werden sie zu einem Knappheitsgut und ihre Zuweisung erfolgt über
den Marktmechanismus. Entsprechend dem Coase-Theorem, kann durch Handeln der Marktteilnehmer, ein ezientes Ergebnis erzielt werden, sobald die Verfügungsrechte zum Beispiel durch
den Staat oder eine internationale Behörde, vorliegen.
Ziel des Staates bei vorliegendem Konzept des Zertikathandels ist es, künstliche Märkte zu
schaen, auf denen Akteure Rechte für aktuelle und zukünftige Umweltbelastungen erwerben
können bzw. auf denen sie ihre erworbenen Emissionsrechte auch wieder verkaufen können.
Mit der Einführung dieses Emissionshandels gibt der Staat in einem ersten Schritt eine Obergrenze für Gesamtemission vor und teilt die Gesamtmenge der zulässigen Umweltbelastung in
Umweltzertikate auf. Jedes Unternehmen muss eine Erlaubnis haben, Schadstoe emittieren zu
können, denn emittiert es Schadstoe, die nicht durch ein Zertikat genehmigt sind, muss das
Unternehmen mit beträchtlichen Geldstrafen rechnen.
In einem zweiten Schritt schat der Staat Emissionsrechte, indem er die Zertikate unter den
Unternehmen aufteilt, anhand einer Versteigerung, eines Verkaufes zu einem Festpreis oder einer
kostenlosen Vergabe (sogenanntes Grandfathering). Die Gesamtsumme der erlaubten Emissio-
13
nen wird dabei so gewählt, dass sie der gewünschten Höchstsumme an Emissionen (vom ersten
Schritt) entspricht. Die Emissionsrechte können übertragbar sein oder auf einem Markt gehandelt
werden, das heiÿt sie können ge- und verkauft werden. Optimalerweise sind Marktteilnehmer und
Zertikate in ausreichender Anzahl vorhanden (das heiÿt es entsteht ein Wettbewerbsmarkt),
damit der Handel mit möglichst wenig Aufwand abgewickelt werden kann. Die Marktnachfrage nach Zertikaten ergibt sich aus der Summe der Grenzschadenvermeidungskosten aller
Unternehmen. Das Angebot hingegen ist aufgrund der festgelegten ökologisch optimalen Menge preisunelastisch. Beim Handeln der Rechte, entsteht somit ein Gleichgewichtspreis für die
Zertikate, der als Maÿstab für die Knappheit des Gutes Umwelt
gesetzt wird. Beim Markt-
gleichgewicht entspricht der Preis für ein Zertikat den Grenzkosten der Emissionsvermeidung
aller Unternehmen, das heiÿt also es gilt folgende Formel:
∀t ∈ [0, T ],
St = M C t
mit dem Zertikatspreis
St
zur Periode
t
und den Grenzvermeidungskosten
M Ct .
Der Zertikatspreis steigt mit wachsender Nachfrage, bei gegebenen Angebot. Liegen die Kosten
der Emissionsvermeidung über dem Preis der Zertikate, so wird es für ein Unternehmen vorteilhaft sein die Zertikate zu kaufen und zu nutzen. Denn in diesem Fall ist es für das Unternehmen
kostengünstiger Zertikate zu kaufen als die Vermeidung des Schadstoausstoÿes durchzuführen.
Daher werden Unternehmen mit hohen Grenzkostenkurven der Emissionsvermeidung, Zertikate kaufen und ihre Emissionen am wenigsten senken.
Umgekehrt besteht ein Anreiz zur Emissionsreduktion wenn der Zertikatspreis
Grenzvermeidungskosten
M Ct
St
über den
liegt, denn in diesem Fall wäre es für den Schädiger teurer das
Zertikat zu kaufen, als den Schaden zu vermeiden. Deshalb werden Unternehmen mit relativ
niedrigen Grenzkostenkurven der Emissionsvermeidung, ihre Emissionen am stärksten reduzieren. Auf diese Weise wird das vom Staat festgesetzte Emissionsniveau mit minimalem Kostenaufwand erreicht.
Genau dieses Marktsystem wird beispielsweise von der Europäischen Union eingesetzt.
Ein noch erwähnenswerter Punkt ist auch, dass der Kontrollaufwand eines Zertikatsystems
nicht unterschätzt werden darf. Es muss eine exakte Abgleichung der gehaltenen Emissionszertikate mit den emittierten Schadsto ermöglicht werden. Sollte dies nicht zutreen, so müssen
Sanktionen erhoben werden.
Dennoch ist ein System handelbarer Zertikate nicht immer die ideale Lösung. Ist beispielsweise
die Gesamtzahl der Zertikate falsch und steigen die Grenzkosten der Emissionsvermeidung für
einige Unternehmen rasch an, so könnte es passieren, dass ein Zertikatssystem diese Unternehmen aufgrund zu hoher Vermeidungskosten vom Markt vertreibt.
Auch hier ergibt sich wieder das gleiche Problem, wie schon bereits bei den Steuern und Subventionen, nämlich dass der Staat viel Information benötigt, um die optimale Schadstomenge
auch festlegen zu können.
Zu den Vorteilen des Emissionshandels zählt dahingegen, dass jene Unternehmen Emissionen
vermeiden, für die es am günstigsten ist. Den vorgegebenen ezienten Schadstoausstoÿ mit
Sicherheit zu erreichen, stellt einen weiteren Vorteil dieser Methode dar.
Handelbare Zertikate zu verwenden hat auch eine ethische (oder Wert basierende) Tendenz,
was in den Augen einiger eine starke Schwäche sein kann: Es wird impliziert, dass alle Umweltschäden mit einem Geldwert assoziiert werden können. Dieser Aspekt kann problematisch
werden, wenn man erkrankende/tödliche Schäden, kulturelle Verschlechterung, Existenzwerte
und einige Formen von Irreversibilität zu bewerten hat.
14
2.3
Die Investition in eine unsichere Umwelt: Die Wichtigkeit der
Quasi-Option als ein Entscheidungswerkzeug
Bisher wurden in diesem wirtschaftlichen Bereich, die meisten Entscheidungen (ob sie nun umweltschädliche oder verringernde bereits vorhandene Verschmutzungsquellen sind) unter Gewissheit modelliert. Private und öentliche Kosten waren bekannt und Entscheidungen wurden
entsprechend durchgeführt.
Allerdings ist der Umgang mit der Umwelt aufgrund der beiden folgenden Gründe, in der Regel
nicht so einfach:
•
Der erste Grund ist, dass die Umweltsysteme ungeheuer komplex und immer noch Themen
laufender Forschung sind. Während einige der Beziehungen zwischen der Verschmutzung
und ihren Folgen auf die Umwelt bekannt sind, wird das volle Ausmaÿ ihrer Auswirkungen
nur selten vollständig verstanden, vor allem in langfristiger Sicht. Chemische Komponenten, die als sicher angenommen wurden, werden nach anderen Gesichtspunkten analysiert
(beispielsweise die Familie der Bisphenol-Verbindungen), Sicherheitsmaÿnahmen werden
in neuen und extremen Ausmaÿen getestet (Ölpest im Golf von Mexiko, ausgelöst durch
die Explosion der Ölbohrplattform Deepwater Horizon von BP; das Kernkraftwerk Fukushima in Japan) und Umweltsysteme bleiben rätselhaft (der Einuss von Wolken auf die
globale Erwärmung, die Ölabsorptionskapazität des Golfmoors).
In der Praxis bedeutet dies, dass Entscheidungen in Bezug auf die Umwelt, eine angemessene Menge von Unsicherheit berücksichtigen müssen.
•
Der zweite Grund, der Umweltentscheidungen schwierig macht, ist die lang anhaltende Auswirkung, die Verschmutzung (oder Verminderung) auf natürliche Ressourcen hat.
Ressourcen- und Umweltökonomie trennt Naturgüter, die erneuerbar sind, von diesen Resourcen, die nicht erneuerbar (somit also erschöpfbar) sind.
In den meisten Situationen bedeutet langsamer Aufschwung, dass Entscheidungen als irreversibel betrachtet werden müssen. Zum Beispiel, die Entscheidung einen Primärwald
abzuholzen bedeutet nicht, dass der Wald nicht wieder auf dem Land nachwachsen kann,
aber die ursprüngliche Natur des Waldes kann nie wieder zurückgewonnen werden. Darüber hinaus wird während des Erholungsprozesses, der Wald nicht in der Lage sein die
Umweltdienstleistungen anzubieten, die vorher bereitgestellt wurden, was einen Nettoverlust hervorruft, der Jahrzehnte dauern könnte.
Um die unsichere und irreversible Natur der meisten Umweltentscheidungen zu berücksichtigen,
wurde das Konzept der Quasi-Option eingeführt. Es wurde erstmals von Arrow und Fisher (1974)
verwendet. Die Idee dahinter war es, zu beweisen, dass in einer Situation, wo die Vorteile der
Landaufgabe eines unberührten Naturgebietes unsicher sind, es optimal sein könnte, das Gebiet
nicht völlig zu entwickeln, sondern nur einen Teil davon und den Rest aus Vorsichtsgründen
zu erhalten, sodass der Menschheit eine Ressource nicht unwiderruich verloren geht. Diese
Idee ist sehr aussagekräftig und anwendbar auf eine groÿe Reihe von Umweltproblemen. Ihr
Grundprinzip ist im Kern des Konzepts der Realoptionen enthalten, auf die aber erst im nächsten
Kapitel näher eingegangen wird. Die Quasi-Option ist auch entscheidend für die Optimalität von
Investitionsentscheidungen im Zusammenhang mit der Umwelt.
15
Das Modell:
Arrow und Fisher nehmen in ihrem Modell Risikoneutralität an, um Optionswerte von Risikoaversionen zu isolieren. Daher ist der Optionswert ein Lerngewinn über zukünftige Entwicklungen (das heiÿt ein bedingter Informationswert), der nur durch einen jetzigen Verzicht auf eine
irreversible Handlung realisiert werden kann.
In diesem Modell wird von einer idealisierten Zwei-Perioden-Betrachtung ausgegangen, wobei
auf die erste Periode nur eine einzige zweite Periode folgt, die alle zukünftigen Intervalle beinhaltet. Die möglichen Entscheidungsalternativen in diesen beiden Perioden sind die Landaufgabe
d
b
( ) und die Erhaltung ( ).
Die relevanten Variablen und Parameter des Modells sind wie folgt deniert:
d = eine
d1 = der
Einheit an Land,
Anteil der Landäche, der in der ersten Periode für die
Nutzung preisgegeben wird,
d2 = der
Anteil der Landäche, der in der zweiten Periode für die
Nutzung preisgegeben wird,
bp = Nutzen
aus der Erhaltung des Landes ( ) in der ersten Periode,
d
bd = Nutzen
durch die Landaufgabe (durch Erstellung marktfähiger Güter)
in der ersten Periode,
βp = erwarteter
d
Nutzen aus der Erhaltung des Landes ( ) in der zweiten Periode
(abhängig von
βd = erwarteter
bp
und
bd ),
Nutzen durch die Landaufgabe in der zweiten Periode
(abhängig von
bp
und
bd ),
c1 = die
Investitionskosten in der ersten Periode
,
c2 = die
Investitionskosten in der zweiten Periode
.
Es werden mehrere Merkmale angenommen, die den Aufbau des Modells betreen:
•
Es gibt keine Abzinsung zwischen den beiden Perioden.
•
Entscheidungen der ersten Periode, beeinussen die Investitionsentscheidungen in der zweiten Periode.
•
Wir nehmen an, dass die Kosten und Nutzen der Alternativen unsicher sind und dass die
Wahl der durch Externalitäten induzierten Landaufgabe irreversible Folgen hat, beispielsweise führt eine Bodenerosion zum Verlust einer Kulturlandschaft, die nicht wiedererlangt
werden kann.
•
Es wird angenommen, dass Landaufgabe Investitionskosten mit sich bringt, während Erhaltung keine verursacht.
•
Die Risikoneutralität macht Sicherheitsäquivalenzüberlegungen überüssig.
16
Vorgehensweise:
In diesem Modell wird die Lösung durch Rückwärtsinduktion erlangt, ausgehend von der optimalen Entscheidung in der zweiten Periode.
Zunächst einmal, wollen wir die Entscheidungssituation zu Beginn der zweiten Periode betrachten. In diesem Fall lautet die Entscheidungsregel wie folgt:
Sollte der Nutzen aus einer Landaufgabe abzüglich der Kosten der Umweltnutzung gröÿer sein
als der Nutzen aus der Erhaltung des Landes, so wäre es ratsam das Land aufzugeben und die
Umwelt für Produktionszwecke zu nutzen. In diesem Fall gilt dann:
βd − c2 > βp
und umgeformt gilt:
βd − βp > c2 .
Hier sollte dann
d2 = 1 − d1 , sprich der gesamte Rest des noch zur Verfügung stehenden Landes,
für produktive Zwecke aufgegeben werden.
Falls
βd − βp < c2
gilt, sollte
d2 = 0
aufgegeben werden, dies bedeutet, dass kein weiteres Land zu Produktions-
zwecken irreversibel umgewandelt werden sollte.
Die erste Situation wollen wir nun mit
A
bezeichnen, während wir die zweite Situation mit
B
charakterisieren.
In Situation
A
summieren sich die Nutzen zu:
U (A) = bp (1 − d1 ) + bd d1 − c1 d1 + βd − c2 (1 − d1 ).
(2.1)
Formel 2.1 bedeutet, dass der Gesamtnutzen sich aus dem Nutzen aus der Erhaltung in der
ersten Periode (erster Term), dem Nutzen aus der Landaufgabe in der ersten Periode (zweiter
Term) abzüglich den Nutzeneinbuÿen durch die Projektkosten in der ersten Periode (dritter
Term), zuzüglich den Nutzen aus der Aufgabe des gesamten Landes für produktive Zwecke in
der zweiten Periode (vierter Term), wovon die Nutzeneinbuÿen durch Investitionskosten in der
zweiten Periode wiederum abgezogen werden (fünfter Term), ergibt.
Wir setzen einfachheitshalber
w = bd − bp − c,
sodass für
U (A)
gilt:
U (A) = wd1 + c2 d1 + bp + βd − c2 ,
wobei
w den Nutzenüberschuss der Nutzung der Umweltressource in der ersten Periode darstellen
soll.
In Situation
B
summieren sich die Nutzen zu:
U (B) = bp (1 − d1 ) + bd d1 − c1 d1 + βp (1 − d1 ) + βd d1 .
Formel 2.2 wiederum bedeutet, dass sich der Gesamtnutzen in Situation
B
(2.2)
aus den ersten drei
Termen in Gleichung 2.1 ergibt, da diese Entscheidung bereits getroen und nicht mehr rückgängig zu machen ist. Zusätzlich werden auch noch der Nutzen aus der Erhaltung in Periode
zwei (vierter Term) und der Nutzen aus der Aufgabe in der zweiten Periode des in der ersten
Periode schon aufgegebenen Landes (fünfter Term), miteinkalkuliert.
Hier wollen wir nun einfachheitshalber
z = βd −βp
setzen, wobei
z
den Brutto-Nutzenüberschuss
der Nutzung der Umweltressource in der zweiten Periode darstellt. In Situation
welterhaltung zu wählen, weshalb keine Investitionskosten
17
c2
B
ist die Um-
anfallen, die in Abzug gebracht
werden müssen. Zu beachten ist hierbei, dass
die oben angeführte Entscheidungsregel für
Für
U (B)
B
z
in Situation
B
kleiner als
c2
ist, da dies gerade
darstellt.
gilt dann:
U (B) = wd1 + zd1 + bp + βp .
Wollen wir uns nun der Entscheidungssituation in der ersten Periode widmen, so ziehen wir aufgrund der angenommenen Unsicherheiten die Erwartungswerte heran. Die Unsicherheit bedingt,
dass wir leider nicht wissen, wie die oben beschriebene Entscheidungssituation zu Beginn der
zweiten Periode aussieht. Die noch verbleibenden Handlungsoptionen werden deshalb durch die
Erwartungswerte, einer Nutzung sowie einer Nichtnutzung, in Minimal- bzw. Maximalbedingungen berücksichtigt.
Für die Landaufgabe (
d1 > 0)
gilt:
E[(w + min(c2 , z))d1 + bp + max(βd − c2 , βp )].
(2.3)
In Formel 2.3 stellt die Minimalbedingung, mit den die zweite Periode betreenden Variablen
und
z,
in Verbindung mit der in der ersten Periode bestimmten Landaufgabe
d1 ,
c2
die Irreversi-
bilität dar, da in der zweiten Periode eine Irreversibilität von Landaufgabe nicht mehr möglich
ist. Sollte sich der Entscheidungsträger dazu entscheiden in der ersten Periode für die Nutzung
der Umweltressource zu sein, so wird ihm nichts anderes übrig bleiben, als das bereits irreversibel erschlossene Land
d1
auch in Periode zwei für Produktionszwecke zu nutzen. Dies bringt
ihm jedenfalls einen Nutzen von
(bd + βd )d1 .
Die Wahl zwischen Erhaltung und Nutzung in der
zweiten Periode, wird durch die Maximalbedingung dargestellt.
In einer Situation, wo
d1 = 0
ist und
A
vorliegt, gilt:
U (A) = bp + βd − c2 .
Doch in einer Situation, wo
d1 = 0
ist und
B
vorliegt, gilt:
U (B) = bp + βp .
Der erwartete Nutzen vom Erhalten des Gebietes in der ersten Periode (
d1 = 0)
lautet daher:
E[bp + max(βd − c2 , βp )].
(2.4)
d1 > 0) und Erhalten des Landes
Der Unterschied zwischen erwarteten Nutzen der Landaufgabe (
d1 = 0)
(
ist gleich der Dierenz zwischen 2.3 und 2.4:
E[w + min(c2 , z)d1 ].
(2.5)
Wenn Gleichung 2.5 strikt positiv (also > 0) ist, ist es vorzuziehen, sofort mit der Landaufgabe
zu beginnen, da der Mehrwert einer Landaufgabe in der ersten Periode höher ist als der Informationswert, der vom Warten einer Periode lang gewonnen wird.
Arrow und Fisher haben nicht die optimalen Werte von
d1
und
d2
berechnet, was daran liegt,
dass sie eigentlich vordergründig nur an der Rolle interessiert waren, die die Unsicherheit beim
Wartewert spielt. Sie vergleichen daher Variationen der Gleichung 2.5 zwischen einem Szenario
der Sicherheit und einem Szenario der Unsicherheit. Wenn Gleichung 2.5 einen geringeren Betrag bei Unsicherheit liefert als bei Sicherheit, würde dies bedeuten, dass es einen gröÿeren Wert
beim Warten gibt, falls die Information noch nicht vollständig zur Verfügung steht.
18
Unter Sicherheit wird
E[w + min(c2 , z)]
zu
E[w] + min(c2 , E[z]).
Wenn
A
eintritt, ist das Auswahlkriterium folgendes:
E[w] + c2 .
Jedoch gilt:
min(c2 , z) ≤ c2
wobei
p
mit
p(min(c2 , z) ≤ c2 ) > 0,
die Wahrscheinlichkeit der Realisierung von
min(c2 , z) ≤ c2
ist. Wir erhalten dann:
E[min(c2 , z)] ≤ c2
und schlieÿlich:
E[w + min(c2 , z)] < E[w] + c2 .
Die Autoren wollten mit diesem einfachen Modell zeigen, dass der Erwartungswert des Nutzens
geringer ist bei Unsicherheit als bei Sicherheit. Es existieren eine Reihe an Werten für
z
und
w,
für die, die Landaufgabe bei Sicherheit und nicht bei Unsicherheit stattnden sollte.
Arrow und Fisher schlagen in ihrem Artikel vor, dass wir uns in Gegenwart von Unsicherheiten,
im Zweifel lieber für Unterinvestition entscheiden sollten, als für Überinvestition, da die Landaufgabe irreversibel ist. Angesichts der Fähigkeit aus Erfahrungen zu lernen, kann Unterinvestition
vor der zweiten Periode behoben werden.
Entscheiden wir uns jedoch versehentlich für Überinvestition, obwohl keine vorliegt, bleiben die
Folgen für alle Zeit erhalten.
Die beiden Ökonomen nennen dies ein "Gefühl"der Risikoaversion, das herbeigeführt wird durch
die Reversibilitätsbeschränkung, trotz der Tatsache, dass wir eigentlich bei diesem Modell von
Risikoneutralität ausgehen. Daher sollten alle Leistungen, die wir aus einer irreversiblen Entscheidung (aber einer, die aufgeschoben werden kann) erhalten, auch für den Wartewert (oder
Quasi-Option) der Unsicherheitsreduktion verrechnet werden, was jedoch die Entscheidung zu
handeln zerstört.
19
Kapitel 3
Die Finanzierung ökologischer
Investitionen
3.1
Einleitung
Die richtige Auswahl und Bewertung von Investitions- oder aber auch Desinvestitionspro jekten
ist entscheidend für Finanzmanager. Dies ist besonders schwer im Zusammenhang mit Risiken,
technologischen Veränderungen, zunehmendem Wettbewerb, und in Gegenwart von Informationsasymmetrie und Umweltschutzauagen. Beim letzten Punkt ist es für die Regierungen wichtig, zu entscheiden, welche Richtlinie als Antwort auf die Bedrohungen der Umwelt angenommen
und wann sie durchgeführt wird. Für Firmen ist es ebenfalls wichtig sich an Umweltschutzauflagen zu halten.
Die momentane EU-Verordnung (EU-ETS) in Bezug auf regulierte Unternehmen soll dem Konsumenten Anreiz auf umweltbewusstere Technologien bieten, die die Reduktion von Emissionen
bewirken soll, oder sie soll den Erwerb neuer
CO2 -Zertikate
auferlegen. Für Unternehmen
bedeutet dies, dass strategische Investitionsentscheidungen gemacht werden müssen, um diese
Auagen auch erfüllen zu können. In solchen Fällen ist das von der Unternehmensnanzierungstheorie empfohlene Hilfsmittel der sogenannte Kapitalwert, auch Nettobarwert genannt. Diese
herkömmliche Methode, die von der neoklassischen Theorie hervorgerufen wurde, erfüllt jedoch
nicht alle Bedürfnisse, da sie die Flexibilität ignoriert, die für das Entscheidungsverfahren und
den dynamischen Aspekten der Projektwahl wichtig ist.
Diese Einschränkungen könnten in jedem der drei Schritte, die beim Investitionsanalyseverfahren
vorgeschrieben sind, nachteilig sein. Bei diesen Schritten handelt es sich um folgende:
1. Bewertung des möglichen Investitionsprojektes,
2. Auswahl der Projekte und
3. zeitliche Festlegung des gewählten Projektes (sprich, ab wann das Projekt gestartet werden
soll).
In diesem Kapitel wird gezeigt, dass die Realoptionsmethode ein neues und mächtiges Entscheidungsverfahren bietet, welches die Einschränkungen der klassischen DCF(Discounted CashFlow)-Methode bewältigt und eine besser geeignete Bewertung von Investitionsprojekten, speziell bezüglich der Umwelt, ermöglicht.
In diesem Kapitel sind wir auf den Realoptionsansatz angewiesen, um Investitionsprojekte, mit
weniger
CO2 -intensiven
Produktionstechnologien, bewerten und auswählen zu können und um
den besten Zeitpunkt, zu welchem man solche Projekte in Kraft treten lassen soll, feststellen zu
können.
20
3.2
Charakteristische Merkmale von Investitionsprojekten
Investitionsprojekte sind meistens durch die folgenden sechs Merkmale charakterisiert:
• Preisunsicherheiten:
Investitionen werden erst in Zukunft wirksam. Sie erfolgen unter Unsicherheit, da sie
durch Faktoren beeinusst werden, welche der Investor heute noch nicht kennt bzw.
nicht beeinussen kann.
Da die zukünftigen Input und Output-Preisdynamiken oft unbekannt sind, sollten sie
als stochastische Prozesse modelliert werden.
• irreversible/reversible Investitionsentscheidungen:
Investitionen können meist nicht oder nur bedingt zurückgenommen werden.
Falls das Investitionsprojekt irreversibel ist, muss die Investitionsentscheidung sehr
sorgfältig getroen werden, das heiÿt, sie könnte verzögert werden.
Besteht nach dem Start eines Projektes eine Möglichkeit zum Tausch oder Beenden
des Projektes, so beeinusst dies den Entscheidungszeitpunkt. Mehr Fördergelder
können eine schnellere Investition bewirken.
• Zeitdauer:
Eine Investition ist nicht nur eine Jetzt-oder-Nie-Entscheidung. In den meisten Fällen existiert, und lohnt es sich auch, die Möglichkeit wahrzunehmen, die Investitionsentscheidung zu verzögern.
• Aufschub der Durchführung von Investitionsprojekten:
Die meisten Projekte benötigen etwas Zeit bevor sie ausgeführt werden können. Die
Entscheidung zu investieren wird nicht sofort durchgeführt. Diese Charakteristik hat
oensichtlich Einuss auf das Entscheidungsverfahren des Investitionspro jektes.
• schrittweise Entscheidung:
Konfrontiert mit einer Investitionsentscheidung, kann ein Unternehmen wählen, ob
es Schritt für Schritt, bei der Entscheidung vorgehen möchte, oder mit sofortigem
einmaligen Beschluss.
Diese Möglichkeit die Investition gezielt nacheinander zu planen, führt dazu, dass das
Risiko, mit welchem die Investitionsentscheidung behaftet ist, limitiert wird.
Allerdings, falls zu einem vorgegebenen Zeitpunkt, das Risiko des Kursrückganges als
zu hoch wahrgenommen wird, wird das Unternehmen den Prozess stoppen und nur
das verlieren, was bereits bis zu diesem Zeitpunkt ausgegeben wurde.
• Die Anwesenheit beziehungsweise Abwesenheit des Wettbewerbs:
In Anwesenheit von Wettbewerb, kann der mögliche Pionierunternehmensvorteil das
Entscheidungsverfahren in einem entscheidenden Weg bestimmen. Fördergelder sollen eine schnellere Investition bewirken, was einen Vorteil verschaen soll um die
Konkurrenz auszustechen.
Falls kein Wettbewerb vorhanden ist, besteht für das Unternehmen mehr Flexibilität
in Bezug auf das Timing für das Entscheidungsverfahren. Das heiÿt, eine Monopolsituation erlaubt dem Unternehmen den Prozess zu verlangsamen, was diesem Zeit
verschat, genügend relevante Informationen sammeln zu können.
21
3.3
Die neoklassische Methode: Der Kapitalwert (NBW)
Laut der neoklassischen Theorie ist der Kapitalwert das Hauptwerkzeug, das verwendet wird,
wann immer Investitionsentscheidungen getroen werden. Der Kapitalwert wird mittels der Summe der diskontierten Unterschiede zwischen erwarteten Ein- und Auszahlungen berechnet:
NBW
= −F0 +
Fn
F2
F1
+ ··· +
,
+
2
(1 + r) (1 + r)
(1 + r)n
wobei gilt:
• n
= Dauer einer Investition,
• r
= Diskontsatz, den wir verwenden, um die erwarteten Zahlungsströme (Cashows) zu
diskontieren;
r
ist hier konstant,
• Fi , i = 1, . . . , n
= negative oder positive erwartete Cashows; die negativen erwarteten
Cashows gehören zu den Kosten.
In folgender Darstellung werden die erwarteten Cashows graphisch illustriert:
Abbildung 3.1: Beispiel einer Sequenz von erwarteten Cashows
Kapitalwertkriterium (NBW-Kriterium):
Das Kapitalwertkriterium ist eine Regel, die besagt, dass man nur dann investieren sollte, wenn
der Gegenwartswert der erwarteten Cashows aus der Investition die Kosten der Investition
übersteigt.
Kapitalwert > 0: Investitionsprojekte mit positivem Kapitalwert erwirtschaften eine Rendite,
die oberhalb der von den Investoren erwarteten Mindestverzinsung liegt. Diese Pro jekte erhöhen das Vermögen der Investoren und sollten daher realisiert werden.
Kapitalwert = 0: Investitionsprojekte mit Kapitalwert gleich Null erwirtschaften eine Rendite, die zumindest die von den Investoren erwartete Mindestverzinsung erreicht. Diese Projekte
würden sich gerade noch lohnen, da zumindest die Kosten gedeckt wären, aber es gäbe keinen
Gewinn.
Kapitalwert < 0: Investitionsprojekte mit negativem Kapitalwert sind dagegen nicht vorteilhaft,
da sie die geforderte Mindestverzinsung nicht erreichen. Diese Investitionsprojekte sollten daher
nicht durchgeführt werden und das Geld sollte lieber an ertragreicheren Stellen investiert werden.
In dem Zusammenhang, der uns nun hier vorliegt, ist die Entscheidungsregel des Kapitalwertkriteriums sehr einfach. Tatsächlich soll laut dem Kapitalwertkriterium, wie bereits oben erwähnt,
eine Investition nur dann gemacht werden, falls der Kapitalwert positiv ist, das heiÿt falls NBW
> 0 vorliegt.
22
3.3.1
Grenzen des Kapitalwertansatzes
Die folgenden Annahmen sind wesentlich für den Kapitalwertansatz:
•
Eine verlässliche Schätzung der erwarteten Ein- und Auszahlungen.
•
Eine explizite Ableitung der Diskontrate (und daher auch der Risikoprämien).
•
Eine statische Investitionsregel: In anderen Worten, die Investition kann entweder zum
jetzigen Zeitpunkt durchgeführt werden oder überhaupt nicht.
In der Realität jedoch werden Investitionen in zufälligen, risikobehafteten Umgebungen durchgeführt. Daher könnte eine verlässliche Schätzung der erwarteten Ein- und Auszahlungen sehr
fragwürdig sein.
Die statische Investitionsregel ist suboptimal. In den meisten Fällen ist es tatsächlich möglich
und auch sehr willkommen, dass Investitionsentscheidungen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, um entscheiden zu können ob die Investition Sinn macht oder nicht.
Eine wichtige Komponente die von dem Kapitalwertkriterium beim Entscheidungsprozess vernachlässigt wird, ist, dass dieser von einem dynamischen Umfeld umgeben sein sollte. In diesem
Umfeld bestehen zu jedem Zeitpunkt, Investitionsmöglichkeiten beziehungsweise Möglichkeiten
zum Warten. Diese werden ausgewertet und verglichen, wobei Interaktionen zwischen strategischem Verhalten der Firma und seinen möglichen Mitstreitern vorhanden sind. Dieses Umfeld
sollte daher oensichtlich stochastisch sein, damit die Quellen der Unsicherheit, die sich von
Natur aus im Projekt benden, auch einkalkuliert werden können.
Weiters vernachlässigt der Kapitalwert die Opportunitätskosten (diese sind die Kosten, die mit
Möglichkeiten verbunden sind, die dadurch versäumt wurden, dass die Ressourcen des Unternehmens nicht der Verwendung mit dem höchstmöglichen Wert zugeführt werden), die mit der
Entscheidung zum Investieren verbunden sind. Tatsächlich, sobald diese Entscheidung gemacht
wurde, verschwindet die Möglichkeit, dass man zu einem späteren, günstigeren Zeitpunkt investieren kann.
3.3.2
Beziehung zur Optionspreistheorie
Die Grenzen des Kapitalwertkriteriums zeigen, dass Investitionsmöglichkeiten in einem gröÿeren
Umfeld erfasst werden sollten. Die Realoptionsmethode geht über diese Grenzen hinaus, indem
sie diese Möglichkeiten als Optionen wahrnimmt. In diesem neuen System, können die zwei
ausschlaggebenden Fragen,
1. Wann sollte die Investition gemacht werden? und
2. Was ist ihr Wert?,
in einem ezienten und kohärenten Weg beantwortet werden.
An dieser Stelle ist nun der richtige Zeitpunkt für einen kurzen Abstecher in die Finanzmathematik, um kurz die wichtigsten Merkmale zu Finanzoptionen zu erklären oder wieder in Erinnerung
zu rufen.
Eine Call- (oder Put-) Option ist ein Vertrag, der seinem Besitzer das Recht gibt:
•
eine sichere Anlage (Stock, Bond,. . . ) oder eine Handelsware (Öl, Gas,. . . ) zu kaufen (verkaufen)
•
zu einem bestimmten Preis (den sogenannten Strike-Preis)
23
•
zu einem bestimmten Zeitpunkt (für die Europäische Option) oder während eines bestimmten Zeitraumes (Amerikanische Option).
Die Optionspreistheorie wurde anfänglich von Black und Scholes (1973) und auch von Merton
(1973), unter spezisch vereinfachten Annahmen entwickelt. Seitdem wurde sie um einiges erweitert, um verschiedene Typen von nanziellen Eventualforderungen (contingent claims) bewerten
zu können. Der Begri Eventualforderung wird wie folgt deniert: Sie ist ein möglicher Vermögenswert, der aus vergangenen Ereignissen resultiert und dessen Existenz durch das Eintreten
oder Nichteintreten eines oder mehrerer unsicherer künftiger Ereignisse (die nicht vollständig
unter der Kontrolle des Unternehmens stehen) erst noch bestätigt wird. Demnach entstehen
Eventualforderungen üblicherweise auf Grund ungeplanter beziehungsweise unerwarteter Ereignisse.
Eine Investitionsmöglichkeit kann bei genauer Betrachtung als eine Realoption gesehen werden,
weil es sich hier um ein Recht und nicht eine Picht handelt eine Investition, für einen bestimmten Preis, welcher dem Strike-Preis der Finanzoption entspricht, und während einer bestimmten
Zeitperiode, die der Ausübungsperiode entspricht, einzugehen. Daher wird eine Investitionsmöglichkeit in den meisten Fällen als Amerikanische Option aufgefasst.
3.4
Investitionsmöglichkeiten als Optionen
Im Falle der Verwendung von Optionspreismodellen für die Bewertung von Investitionsmöglichkeiten, sollten die Ähnlichkeiten zwischen Real- und Finanzoptionen hervorgehoben werden.
Folgende Tabelle betont die Hauptaspekte dieser Analogien:
Tabelle 3.1: Analogien zwischen Finanz- und Realoptionen
Finanzoptionen
Realoptionen
Stockpreis
Erwarteter Barwert von zukünftigen Cashows (CF)
Ausübungspreis
Erwarteter Barwert der Investitionskosten (IC)
Verfallszeit
Dauer der Investitionsopportunität
Volatilität
Volatitlität des Projektwertreturns (Volatilität vom
Verhältnis
CF
IC ,
wenn die Kosten stochastisch sind)
Dividende
Kosten um die Investitionsopportunität am Leben zu erhalten
risikofreie Zinsrate
(angepasste) Risikozinsrate (WACC-Ansatz)
Die Realoptionsmethode erlaubt uns folgende Optionen zu brücksichtigen:
•
Entscheidung, wann das Investitionsprojekt ausgeführt werden soll (Möglichkeit der Verschiebung),
•
Investition in neue oder ergänzende Fähigkeiten (Möglichkeit zur Erweiterung),
•
Beenden oder Abbruch eines existierenden Pro jektes (Möglichkeit zur Abtretung),
•
Übernahme von schrittweiser Investition (Mehrstuge Möglichkeiten),
•
Übernahme von horizontalen oder geographischen Erweiterungen für multinationale Konzerne (Möglichkeiten zum Wachstum),
•
Wechsel von Technologien (Möglichkeit zum Wechseln der Technologien).
24
Die letzte Möglichkeit ist der Schlüsselpunkt in der ökologischen Umgebung.
Die Realoptionsmethode erlaubt einem auch die Kosten in Betracht zu ziehen, die der möglichen
Reversibilität des Projektes zugeordnet werden. Verwendet man die Kapitalwertmethode, so
entspricht dies der Ausübung der Amerikanischen Option sobald sie im Geld ist, das heiÿt,
sobald der Underlying-Wert höher ist als der Strike-Preis. Wie wir jedoch im nachfolgenden
Beispiel sehen werden, ist dies eher suboptimal.
3.4.1
Ein Beispiel
Ein Elektrizitätswerk plant die Konstruktion einer neuen Anlage, um Elektrizität durch Brenngas erzeugen zu können. Die Investitionskosten (IC) betragen 500 Mio.
wir an, dass die Summe des zukünftig erwarteten Cashows
π
e. Zuerst einmal nehmen
e beträgt und einfach-
400 Mio.
heitshalber soll der Zinssatz gleich Null sein.
Wie uns Abbildung 3.2. zeigt, lautet der dazugehörige Kapitalwert demnach:
400 − 500 = −100
e.
Mio.
Abbildung 3.2: Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion von der Summe der zukünftigen Cashows
Daher werden wir uns dazu entscheiden das Projekt nicht anzunehmen. Dies heiÿt jedoch nicht,
dass der Wert des Projektes gleich Null beträgt. Tatsächlich könnte die realisierte Summe der
zukünftigen Cashows höher als 500 Mio.
e
sein und, in diesem Fall, würde das Projekt dann,
rückblickend, nanziell protabel sein. Deshalb entspricht der Projektwert genau dem Wert einer
Call-Option mit einem Strike-Preis von 500 Mio.
e.
Diese Idee wird in Abbildung 3.2. mittels
der blauen Fläche illustriert und in Abbildung 3.3. wird dies anhand der vertikalen schwarzen
Linie über dem Wert 400 dargestellt.
Abbildung 3.3: Der Wert der Option zu investieren und Payoprol der Investition
25
Wenn ein zukünftiger Zeitpunkt die Situation verbessert, das heiÿt, der erwartete diskontierte
Cashow steigt und erreicht beispielsweise 600 Mio.
beträgt gleich 100 Mio.
e.
e,
dann wird der Kapitalwert positiv und
Laut dem Kapitalwertkriterium, sollte die Investition nun durchge-
führt werden und sie sollte einen erwarteten Nettoprot von 100 Mio.
e
erzeugen. In der Realität
deaktiviert die Investitionsentscheidung aufjedenfall die Investitionsopportunität. Um eine optimale Entscheidung treen zu können, sollte der erwartete diskontierte Prot (der Kapitalwert),
der durch die Investition erzeugt wird, mit den möglichen Kosten verglichen werden, die mit
dem Verschwinden der Investitionsoption anfallen. Das heiÿt der Kapitalwert sollte somit mit
dem Wert der realen Investitionsoption verglichen werden. Die Investitionsentscheidung sollte
so lange hinausgezögert werden wie der Kapitalwert, sprich die Nettovorteile, strikt kleiner sind
als der Wert der Realoption. Falls der Wert der Realoption bei der Investitionsdurchführung 120
Mio.
e
beträgt, was durch Abbildung 3.4. illustriert wird, dann sollte, trotz eines positiven Ka-
pitalwertes, die Investition keinesfalls durchgeführt werden. Denn das Projekt weist als Option
einen gröÿeren Wert auf, als wenn es tatsächlich zustande kommt.
Abbildung 3.4: Der Wet der Option zu investieren und Payoprol der Investition
Wenn die Situation sich zu einem späteren Zeitpunkt weiter verbessert, das heiÿt, wenn die
Summe des zukünftigen Cashows steigt und nun beispielsweise 700 Mio.
Abbildung 3.5 zeigt, wird der Kapitalwert gleich 200 Mio.
auch 200 Mio.
e
e
e
erreicht, dann, wie
sein. Wenn der Wert der Realoption
beträgt, dann sind nicht mehr länger Anreize zum Warten gegeben und das
Projekt sollte durchgeführt werden.
Abbildung 3.5: Der Wert der Option zu investieren und Payoprol der Investition
Das folgende einfache Beispiel untersucht genauer die Zeitdauer der Investitionsmöglichkeiten.
26
3.4.2
Vom Kapitalwert zu den Realoptionen: Ein zweites Beispiel
Ein Unternehmen kann irreversibel 4 Mio.
e
in ein
jährliche Reduktion entspricht 20 000 Tonnen von
P0
ist konstant. Der momentane Preis
jektes) beträgt 25
CO2 -Sequestrierungsprojekt investieren. Die
CO2 und der dazugehörende ewige Cashow
eines Emissionzertikates (Zertikate eines CDM Pro-
e/Tonne, aber man nimmt an, dass dieser im folgenden Jahr um
p = 0.6) steigen oder um 50 % (mit Wahrscheinlichkeit 1 − p =
Wahrscheinlichkeit
50 % (mit
0.4) fallen
wird und dann jedes weitere Jahr konstant bleibt. Um die Situation zu vereinfachen, wird angenommen, dass der Preis ewig auf dem Niveau bleibt, wenn 12.5
e
oder 37.5
Abbildung 3.6: Projektwert in Millionen
W0
Abbildung 3.6. zeigt den Zusammenhang, wo
e
erreicht wurden.
e
der Wert des Projektes ist (quantitativer
Zeitpreis). Das Unternehmen kann entweder zu jetzigem Zeitpunkt investieren oder bis zum
nächsten Jahr warten und sich anhand des Preisniveaus des Emissionzertikates entscheiden.
Angenommen eine diskontierte Rate beträgt 10 %, dann entspricht der Kapitalwert in Millionen
folgendem:
N BW = −4 + 0.5 +
∞
X
0.6 · 0.75 + 0.4 · 0.25
(1.1)t
t=1
= −4 + 6 = 2 > 0.
Laut dem Kapitalwertkriterium, sollte das Projekt nun angenommen werden ohne es hinauszuzögern. Der Kapitalwertansatz ignoriert jedoch die Möglichkeit die Investition nach hinten zu
verschieben um ein schlechtes Szenario (der Preis fällt auf 12.50
e
und die Investition erzeugt
somit jedes Jahr Verluste) zu vermeiden und um nur bei günstigen Gegebenheiten (der Preis
geht nach oben auf 37.50
e)
zu investieren. Um diese Möglichkeit zu analysieren, berechnen
wir uns nun einen angepassten Kapitalwert, mit der Annahme, dass die Firma wartet und nur
investiert, wenn der Preis bei 37.50
e
liegt. Dieser angepasste Kapitalwert zieht die Option, zu
warten, in Betracht:
"
∞
X 0.75
4
N BW ∗ = (0.4 · 0) + 0.6 · −
+
1.1
(1.1)t
#
≈ 2.3.
t=1
Da der angepasste Kapitalwert höher ist als der Standardkapitalwert, lohnt sich in diesem Bei-
CO2 -Sequestrierung).
spiel das Aufschieben der CCS-Investition(=
Abbildung 3.7: Diskontierte Summe an Cashows nach einem Jahr
Die Binomialdarstellung der diskontierten Cashows, wird in Abbildung 3.7. abgebildet, wo
(beziehungsweise
V1d )
V1u
die diskontierte Summe der Cashows im Jahr eins darstellt, falls der
27
Preis eines Emissionszertikates nach oben geht (beziehungsweise nach unten).
V0
ist der er-
wartete diskontierte Wert zum Anfangszeitpunkt (falls das Projekt nicht zu diesem Zeitpunkt
durchgeführt wurde, sondern nach einem Jahr). Da die Durchführung der CCS-Investition wie
das Halten einer Call-Option ist, entspricht der Investitionspayo einem Optionspayo, was in
Abbildung 3.8 dargestellt wird.
Abbildung 3.8: Payokonstruktion
Falls der Preis des Emissionszertikates nach einem Jahr auf 37.50
e
steigt, wird die Option im
Geld sein und daher ausgeübt. Die Investition wird somit realisiert. Der Payo, der 4.25 Mio.
beträgt, wird die Dierenz zwischen den diskontierten Cashows, welche 8.25 Mio.
chen, und den Kosten, in der Höhe von 4 Mio.
e,
e
e
ausma-
ergeben. Falls der Preis jedoch auf 12.50
e
sinkt, wird die Option wertlos und somit auch nicht ausgeübt.
In diesem Beispiel, beträgt der Wert der Option bei der Investitionsdurchführung 2.3 Mio
e,
während der Kapitalwert, welcher der Wert der Investition ist, falls sie zum Anfangszeitpunkt
durchgeführt wurde, 2 Mio
e
ausmacht und die Dierenz 0.3 Mio.
e.
Diese ist der Zeitwert der
Option, das heiÿt, die Opportunitätskosten der Ausübung der Option zum Anfangszeitpunkt.
Falls die Investitionsmöglichkeit zu früh ausgeübt wird, könnte die Entscheidung nicht optimal
sein und der Besitzer der Option muss Opportunitätskosten tragen. Die Investitionsmöglichkeiten sollten nur dann ausgeübt werden, wenn die Opportunitätskosten gleich Null sind, sprich,
wenn der Preis des Emissionszertikates, in diesem Beispiel nach einem Jahr, ansteigt. Unter
der Annahme, dass der Markt vollständig ist und die Pro jektpayos komplett replizierbar sind,
kann der Wert der Investitionsopportunität beim Anfangszeitpunkt
C0
auch durch die Kon-
struktion eines risikolosen Portfolios abgeleitet werden. Ein solches Portfolio besteht aus einer
Long-Position in einer CCS-Investition und einer unbekannten Anzahl
n
an Short-Positionen in
Emissionszertikaten, welche durch ein ähnliches Projekt entstanden sind.
•
Der momentane Wert dieses Portfolios beträgt:
W0 = −C0 + n · (jährliche
wobei die Zahl
n
Reduktion)
· P0 = −C0 + n · (20000) · 25,
festgelegt sein muss, der momentane Preis des Emissionszertikates be-
kannt ist und die Menge der Genehmigungen feststeht.
•
Nach einem Jahr wird das Portfolio folgenden Wert haben:
W1 = −C1 + n · (20000) · P1 ,
wobei
C1
und
P1
Zufallsvariablen sind.
Anschaulich betrachtet, zeigt uns dies Abbildung 3.9., wo
Zahl
n
W1
in Millionen
e
gegeben ist. Die
ist so festgelegt worden, dass das Portfolio risikolos ist (was bedeutet, dass sein Wert
unabhängig von der Preisentwicklung ist). Daher sollten die beiden Payos nach einem Jahr
28
gleich sein:
W1
−4.25 + 0.75 · n = 0.25 · n.
Die Lösung dieser Gleichung ist
n
= 8.5 und daher ist
= 2.125. Die Abwesenheit der Arbitrage impliziert einen risikofreien Zinssatz
r
, sodass gilt:
W0 · (1 + r) = W1
und
(−C0 + n · 20000 · P0 ) · 1.1 = 2.125 · 106.
Abbildung 3.9: Portfoliowert nach einem Jahr
Unter Verwendung des Portfolioansatzes lautet daher der Anfangswert der Option einer Investition in eine CCS-Anlage neu abgeleitet:
3.4.3
C0 ≈
2.3 Mio.
e.
Realoptionen und Anreize zur Investition: Ein drittes Beispiel
Die letzten beiden einfachen Beispiele könnten vermuten lassen, dass der Realoptionsansatz
verglichen mit dem Kapitalwertkriterium immer Anreize zum längeren Warten vor dem Investieren erzeugt. Jedoch ist diese Schlussfolgerung begrenzt auf einen besonders vereinfachten
statischen Rahmen, bei dem kein Zusammenspiel zwischen den Entscheidungen verschiedener
Firmen vorliegt. Beispielsweise handelt es sich hierbei um ein monopolistisches Umfeld, wo der
Prot, der durch die mögliche Investition erzeugt wurde, unabhängig von der Investitionsentscheidung anderer Mitstreiter ist. In einer dynamischen und wettbewerbsfähigen Umgebung, wo
Entscheidungen anderer Unternehmen in Betracht gezogen werden, könnte das Realoptionskriterium Anreize zum schnelleren Investieren erzeugen als der statische Kapitalwertansatz. Das
folgende Beispiel soll diese Idee umsetzen. Im Rahmen des EU-ETS, werden regulierte Firmen
mit folgender Wahl konfrontiert, um der momentanen Verordnung folgen zu können:
Sie sollten entweder in eine neue Technologie investieren, mit dem Ziel ihre
CO2 − Emission
zu reduzieren, oder Emissionsrechte kaufen.
Diese zwei möglichen Lösungen sollten dem Unternehmen erlauben Sanktionen bei Fälligkeit zu
vermeiden. Falls der Preis der Emissionsrechte nieder ist, würde der Kapitalwertansatz den Kauf
von Zertikaten empfehlen, anstatt in eine saubere Technologie zu investieren. Tatsächlich, falls
der Marktpreis der Emissionsrechte kleiner ist als die Grenzkosten des Wechsels der Technologien, ist es billiger Zertikate zu kaufen als eine saubere Technologie anzunehmen.
Legen wir jedoch den Fokus auf nur ein Unternehmen, so vernachlässigt der statische Kapitalwertansatz die anderen regulierten Firmen und die Auswirkungen ihrer Entscheidungen zum
Preis der Emissionsrechte zu investieren oder nicht zu investieren. Solch ein niedriger Preis wird
auch die anderen regulierten Unternehmen dazu animieren die Rechte zu kaufen, anstatt ihre
Emissionen zu reduzieren. Die Vorlage ihrer Kaufaufträge könnte ein schnelles Wachstum des
Marktpreises hervorrufen, was wiederum zu einem wachsenden Interesse eines Technologietausches führen würde. Dieser Wechsel könnte zur billigsten Lösung für die Unternehmen führen,
die nicht schnell genug waren Emissionsrechte zu kaufen.
Am Ende des Tages, wird uns klar, dass es in einem dynamischen Umfeld mehr Sinn machen
könnte in neue Technologien zu investieren als zu versuchen Rechte bei einem waschsenden Preis
zu erwerben. Dieses Phänomen wird in dem realistischeren Realoptionsansatz eingebettet.
29
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[20] https://www.nanz-lexikon.de/eventualforderung_3609.html
30
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