Diskussion Radiotherapie spinaler Tumoren Sind die Unterschiede in den Überlebenszeiten zwischen Monotherapie und Kombinationstherapie auch nicht signifikant, so ist zumindest eine Tendenz zu erkennen. Tiere mit Wirbeltumoren, die ausschließlich operiert wurden, hatten eine kürzere mediane Überlebenszeit (38 Tage, 15 bis 600 Tage) als Tiere, die eine Kombinationstherapie aus Radiotherapie und Operation erhielten (135 Tage, 15 bis 365 Tage) (Dernell et al., 2000). Die mechanische Instabilität der Wirbelsäule ist bei operativer Entfernung von Wirbeltumoren häufig ein limitierender Faktor. Betrachtet man die Gruppe der extraduralen Tumoren für sich, besteht im Hinblick auf den Therapieerfolg kein Unterschied zwischen den histologischen Tumortypen Fibrosarkom und Osteosarkom (Dernell et al., 2000). Das Ziel der Therapie ist hier palliativer Natur und von einer Heilung des Patienten kann nicht ausgegangen werden. Bei Hunden mit Rückenmarkstumoren führen chirurgische Therapie und Bestrahlungstherapie vermutlich ebenfalls zu besseren Ergebnissen als die Operation alleine (Fingeroth et al., 1987; Siegel et al., 1996). Das gilt sowohl für die Überlebenszeiten der Patienten als auch für die Verbesserung der neurologischen Symptomatik. Leider sind die vorhandenen Daten auch im Hinblick auf die operativen Therapieerfolge sehr begrenzt, und die geringe Anzahl an therapierten Hunden mit intramedullären Tumoren machen einen Vergleich verschiedener Therapiemodalitäten schwierig (Jeffrey 1991; Poncelet et al., 1994; Siegel et al., 1996). Die erfolgreiche als kurativ anzusehende Bestrahlung eines intraduralen extramedullären Tumors eines jungen Hundes läßt vermuten, daß die adjuvante Radiotherapie bei nicht vollständig resezierbaren derartigen Tumoren erfolgversprechend sein könnte (Dickinson et al., 2001). Ein Problem der chirurgischen Therapie insbesondere bei spinalen Meningeomen besteht darin, daß kaum eine Tumorresektion vollständig ist, da nicht ausreichend im makroskopisch gesunden Gewebe ohne eine massive Schädigung des Nervengewebes reseziert werden kann (Siegel et al., 1996). Die Radiotherapie zur palliativen Behandlung chirurgisch nicht vollständig resezierbarer Meningeome wird von Bell et al. (1992) empfohlen. Ein Zusammenhang der gewählten Bestrahlungsdosis mit der Rezidivhäufigkeit bei Rückenmarkstumoren ist in der Humanmedizin dokumentiert. Danach führt eine Gesamtdosis unter 40 Gy zu einer lokalen Rezidivrate von 90 %, eine Dosis von mindestens 40 Gy zu einer Rezidivrate von 25 % (Garcia 1985). Die Anzahl der radiotheapierten Hunde und Katzen ist zur Erstellung einer derartigen Statistik zu gering, und die Übertragung dieser Ergebnisse auf Tierpatienten ist insofern problematisch, als humane Rückenmarkstumoren zwangsläufig das gleiche biologische Verhalten zeigen wie solche bei Hund und Katze. nicht Powers et al. (1992) untersuchten die histopathologischen Konsequenzen einer fraktionierten Bestrahlung auf das thorakale Rückenmark bei 42 gesunden Hunden. Die Tiere erhielten eine Gesamtdosis von 44, 52, 60 oder 68 Gy in 4 Gy Fraktionen und wurden im Hinblick auf klinische und klinisch neurologische Symptome über ein oder zwei Jahre beobachtet. Zum Zeitpunkt des Auftretens neurologischer Defizite in Form von schweren Paresen wurden die Tiere euthanasiert und das Rückenmark und die Meningen einer pathohistologischen Untersuchung zugeführt. Die massivsten Veränderungen des Rückenmarks (schwerwiegende Nekrose der weißen Substanz, starke Blutung und segmentale Atrophie des Parenchyms) traten bei Tieren, die eine Dosis von 51,3 bis 63,3 Gy erhielten, auf. Mildere Veränderungen wie fokaler Faserverlust und Vakuolisation der weißen Substanz waren bei niedrigeren Dosen zu beobachten und führten nicht zwangsläufig zu neurologischen Ausfällen. Auch bei den therapierten Tieren in oben genannten Publikationen traten Nebenwirkungen nur bei einem palliativ bestrahlten Hund, der vier Fraktionen von 9 Gy erhielt, auf. Bei Hunden, die mit kleineren Fraktionen behandelt wurden, werden keine Nebenwirkungen erwähnt. Möglicherweise ist die therapeutische Breite der Bestrahlungsdosis bei der Behandlung von Hunden und Katzen nicht ausgeschöpft. Es ist denkbar, daß durch eine Dosiserhöhung und die Wahl noch kleinerer Bestrahlungsfraktionen eine weitere Verbesserung der Therapieerfolge ohne Erhöhung des Risikos für eine bestrahlungsinduzierte Myelopathie erreicht werden könnte. Eine weitere mögliche Spätfolge der Bestrahlungstherapie ist die Tumorinduktion, deren Auftreten im Zusammenhang mit der Verabreichung relativ hoher Einzelfraktionen gesehen wird (McChesney-Gillette et al., 1990). Manche Autoren schlagen deswegen, insbesondere bei der Behandlung junger Tiere, deren Lebenserwartung größer als drei Jahre ist, die Anwendung kleinerer Einzeldosen im Bereich von 3 Gy vor (Dickinson et al., 2001). Insgesamt kann die Prognose bei Rückenmarkstumoren nicht grundsätzlich als schlecht bezeichnet werden, da bei operativer Therapie und Radiotherapie Überlebenszeiten bis zu 70 Monaten beschrieben sind (Siegel et al., 1996). Für Hunde mit extraduralen Tumoren ist die Prognose unabhängig von der Therapie schlecht. Durch den Einsatz von Kombinationstherapien (Operation und Bestrahlungstherapie) ist eine Tendenz zu etwas längeren Überlebenszeiten dokumentiert, die bislang nicht statistisch bestätigt ist. Faßt man alle Hunde mit spinalen Tumoren, die bestrahlt wurden, zusammen, besteht eine Tendenz zu längeren Überlebenszeiten bei den Tieren, die abgesehen von Schmerzen keine neurologischen Auffälligkeiten zeigen (Siegel et al., 1996; Dernell et al., 2000; Bell et al., 1992). Wünschenswert wären bei allen Tumorarten Therapiestudien mit größeren Patientenzahlen, was aufgrund der niedrigen Inzidenz der Erkrankung nur schwer zu erreichen sein wird.