Prolog: Evolutionäre Penisologie Eulemur fulvus Saimiri boliviensis Macaca arctoides Was soll das denn? Macaca fuscicularis Papio cynocephalus Pan troglodytes Prolog: Evolutionäre Penisologie Penise heimischer Kleinlibellen-Arten „Spielt“ die „Natur“? Nein! Nur der „Richtige“ passt. Wer nicht passt, ist halt nicht der „Richtige“… Mechanismen der Evolution 1. Darwin war nicht allein – Geschichte einer Idee 2. Das Grundprinzip: Vielfalt und Auslese 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall 4. Kooperation bringt mehr: Koevolution 5. Darwins blinder Fleck: Makroevolution 6. Entstehung des Lebens und Entstehung der Zelle 7. Eine andere Welt: Evolution der Pflanzen 8. Unsere Welt - Wir: Evolution von Tier und Mensch 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall Der rote Faden A. Was ist eine Art? B. Allopatrische Speziation C. Grenzen des Mayrschen Artkonzepts D. Genetic Drift E. Gründereffekt Aktuelle Fragen Biologie und Rassismus 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall A. Was ist eine Art? ANIMALES Bäume zeigen die Verwandtschaft zwischen Organismen. Je näher die Äste, umso höher die Verwandtschaft. PLANTAE FUNGI Chloroplasten Eukaryoten Cyanobakterien Baum oder geistige Schublade? Mitochondrien Prokaryoten Bäume und Ähnlichkeit. Auf der Basis von Ähnlichkeit werden Bäume konstruiert, die den möglichen Verlauf der Abstammung zeigen. Idealerweise sollte eine systematische Klassifizierung die natürliche Verwandtschaft wiederspiegeln. Das geht aber oft nicht, z.B. bei Endosymbiose. Aufpassen: Bäume werden über Ähnlichkeit erstellt. Die (unausgesprochene) Annahme: je ähnlicher, desto verwandter. Aus Ähnlichkeit konstruieren wir Verwandtschaft. Bäume sind also Deutungen der Evolution! Auf der Grundlage von Ähnlichkeit teilen wir die Vielfalt von Leben in Arten und bringen sie dadurch unter Kontrolle. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall A. Was ist eine Art? Der klassische Darwinismus wurde später zur Synthetischen Theorie erweitert Element 1: Artbildung – aber was ist eine „Art“? Problem: viele Merkmale variieren innerhalb einer Art Wo ist die Grenze? Sind diese Grenzen nicht willkürlich? Beispiel: Augenfarbe 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall A. Was ist eine Art? ABER: wenn man mehrere Merkmale anschaut, sind die Übergänge nicht fließend, sondern diskontinuierlich. Das ist die Grundlage für Systematik und Taxonomie. So ist es meist nur in der Theorie: In der Wirklichkeit ist es meistens so: Merkmal 2 Merkmal 1 Darwin und Wallace zeigten, wie sich Arten verwandeln, konnten aber nicht erklären, wie Arten sich auftrennen (Speziation). 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall A. Was ist eine Art? Es gibt in der Biologie verschiedene Artbegriffe Morphologisch (z.B. Linné) „Art“:=eine morphologisch von anderen Arten unterscheidbare Gruppe von Individuen (in der Paläontologie der einzig praktikable Weg) Populationsgenetisch (Mayr) „Art“:=eine Fortpflanzungsgemeinschaft, die genetisch durch Artbarrieren von anderen Fortpflanzungsgemeinschaften isoliert ist. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall A. Was ist eine Art? Wo ist nun die Grenze? Der Übergang Population – Art ist fließend! Eine klare Grenze gibt es also nicht. Nur die Endpunkte sind klar. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall A. Was ist eine Art? Wie verzweigen Arten? Stammbäume sind Rekonstruktionen nur Die Verzweigung ist nicht belegt, nur erdacht! Darwins Tree of Life hatte keine klaren Verzweigungen! Eine klare Verzweigung hieße, dass die Kinder eines Elternpaars eine andere Art wären! Dann wären sie auch von den Eltern isoliert – ein Paradoxon! 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall A. Was ist eine Art? Wie verzweigen Arten? Die Verzweigung ist keine Linie, sondern ein Feld Dieses spaltet sich fließend in zwei Unterfelder auf Verzweigungen sind keine Punkte, sondern Felder! So wie es Darwin auch gezeichnet hat! Art ist also nicht eine klare Grenze, sondern der Prozess, der zu dieser klaren Grenze führt! 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall B. Allopatrische Speziation Mayrs Speziationstheorie Allopatrisch: Geographische Isolation von Populationen (Kontinentaldrift, Vergletscherung, Bildung von Bergketten, Verdriftung auf Inseln). Die genetische Barriere entsteht später. Das ist die Regel. Sympatrisch: Die genetische Barriere entsteht ohne geographische Isolation. Das ist selten, weil die genetische Barriere auf einen Schlag entstehen muss. Es gibt aber Fälle, vor allem bei Pflanzen. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall B. Allopatrische Speziation Allopatrische Speziation Stufe 1: Unterpopulationen werden durch ein Ereignis genetisch isoliert. Stufe 2: Mutation/Selektion formen die Populationen in verschiedenen Richtungen. Stufe 3: Wenn eine Fortpflanzungsbarriere entsteht, können die Populationen sich nicht mehr genetisch austauschen. Stufe 4: ab diesem Moment irreversible Artbildung. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall B. Allopatrische Speziation Ringarten Aufspaltung einer Population Besiedlung eines Lebensraums. während der Fließender Übergang zwischen den Unterpopulationen (mit Genfluss). Wenn die Enden aufeinander treffen, sind sie jedoch so verschieden, dass sie zwei Arten sind. Ringarten gelten als Paradebeispiele für die Mayrsche Speziationstheorie 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall B. Allopatrische Speziation Beispiel: Ringarten bei Möwen Silbermöwe und Heringsmöwe: im Nordatlantik zwei Arten (keine Hybride). Fließender circumpolarer Gradient mit Zwischenformen, die sich untereinander kreuzen. Wenn sich die Ränder treffen, ist die genetische Distanz jedoch so groß, dass es zwei Arten sind. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall B. Allopatrische Speziation Beispiel: Ringarten bei Meisen Unterarten der Kohlmeise (Parus major) Färbung und Gesang innerhalb einer Unterart mit fließenden Übergängen An den Treffpunkten kommt es zu Hybridzonen – diese singen abnorm und finden daher keine Geschlechtspartner (Gesang als Fortpflanzungsbarriere). 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall B. Allopatrische Speziation Beispiel: Ringarten bei Salamandern Fließende Übergänge zwischen Formen an der Küste Kaliforniens und den Formen am Ostrand der Sierra Nevada Mit molekularen Markern wurde die genetische Distanz bestimmt: Innerhalb der Reihe kleine Distanz, zwischen Rändern große Distanz. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall B. Allopatrische Speziation Beispiel: Zwillingsarten Bildung des Panama-Isthmus vor 4 Mio Jahren und Zwillingsarten beim PanamaSchnappkrebs Mehrere Arten lebten in diesem Gebiet und wurden durch den Isthmus in eine Karibisches (Caribean C) und eine Pazifische (Pacific P) Population getrennt. Im Stammbaum zeigt Verdopplung der Äste. sich dies als Auch dies gilt als Paradebeispiel der Mayrschen Speziationstheorie 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall B. Allopatrische Speziation Fortpflanzungsbarrieren: Beispiel Balz Entenmännchen sind auffällig gefärbt und zwischen den Arten sehr unterschiedlich. Mandarinente Löffelente Die Weibchen sind unauffällig und schwerer zu unterscheiden Partnerwahl durch das Weibchen – ein Erpel paart sich mit allem, was nach weiblicher Ente aussieht! Wenn der Erpel die Verweigerung Weibchens nicht versteht, gibt es Hybride des Diese Hybride sind nur vermindert fertil oder gar ganz steril (Fortpflanzungsbarriere) 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall B. Allopatrische Speziation Hybridisierung Beispiel Rabenkrähe (Westeuropa) und Nebelkrähe (Osteuropa) waren während der Eiszeit getrennt. Entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs gibt es eine Hybridisierungszone. Die Hybride haben kaum Nachkommen (Semisterilität). Hybride mit verminderter Fitness sind sehr nachteilig (Verschwendung von Resourcen). Je früher die Fortpflanzungsbarriere ansetzt, umso vorteilhafter. Dies können sehr triviale Mechanismen sein (z.B. Nahrungspräferenzen bei Fruchtfliegen). 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall B. Allopatrische Speziation Adaptive Radiation Unterfall der allopatrischen Speziation: eine Gründerpopulation besiedelt ein neues Areal, das ökologisch disjunkt ist (z.B. Inseln). Dadurch wird die Population in Unterpopulationen getrennt, was zu einer schnellen allopatrischen Speziation führt. Ein Klassiker aufgeklärt. Die Galapagos-Finken sind das berühmteste Beispiel für adaptive Radiation. Inzwischen kennt man den Mechanismus – die zeitliche Aktivität eines Transkriptionsfaktors (bone morphogenesis factor) und Calmodulin definieren Schnabelgröße und –breite und damit die ökologische Nische. Verschiedene ökologische Bedingungen führen zu unterschiedlichen Selektionsdrücken, was zu einer funktionellen Diversifizierung (Adaptation) führt. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall B. Allopatrische Speziation Nicht alle Radiation ist adaptiv Geographische Isolation führt zu unterschiedlichen Arten. Diese können aber dennoch dieselbe Nische besiedeln, also denselben Selektionsdrücken ausgesetzt sein. In diesem Fall ist es zwar Radiation, aber keine adaptive Radiation. Ein Fall von Pseudo-Radiation. Die Happy-Face-Spinne auf Hawaii bildet je nach Insel genetisch unterschiedliche Unterarten. Die unterschiedliche Färbung beruht jedoch nicht auf Genetik, sondern auf der Art der Nahrung. Paarungsversuche zeigen, dass es sich um eine Art handelt! Viele Arten sind also nur genetisch verschieden, aber nicht unbedingt in ihrem Aussehen / Verhalten und bleiben unerkannt (Kryptospezies). 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall C. Grenzen des Mayrschen Artkonzepts Viele Prokaryoten tragen Gene auf mobilen Elementen (Plasmiden), die auf andere Zellen (auch von anderen Arten) übertragen werden können (horizontaler Gentransfer). Beispiel 1: Antibiotika-Resistenz in Spitälern. Beispiel 2: Herbizid-Resistenz in Bodenbakterien. Fortpflanzungsbarriere als Kriterium für „Art“ greift hier nicht! 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall C. Grenzen des Mayrschen Artkonzepts Frühe Evolution: zahlreiche endosymbiotische Ereignisse. Stammbäume müssen durch Abstammungsnetze ersetzt werden. Wie ist hier „Fortpflanzungsbarriere“ zu definieren? 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall C. Grenzen des Mayrschen Artkonzepts Polyploidie und Vegetative Fortpflanzung Etwa die Hälfte aller Angiospermen in gemäßigten Zonen sind polyploid. Cardaminopsis arenosa, eine tetraploide Variante von Arabidopsis thaliana Viele Polyploide vermehren sich rein vegetativ. Vor allem in Pionierzonen viele separate Klone ohne Genfluss – nach Mayr wären das dann Arten! Mayrs Artkonzept ist für obligat sexuelle Arten ausgelegt. Sexualität ist aber nur ein Weg unter vielen! Der Adlerfarn, Pteridium, weltweit im Zölibat – eine Art? lebt Intermezzo: Denken Sie mal nach! Frage: Pflanzen können über Allopolyploidie fruchtbare Artbastarde bilden. Das Mayrsche Artkonzept greift hier also nicht. Was bedeutet dann „Art“ bei Pflanzen? A Andere Blütengestalt, weil das die Bestäubung lenkt B Ein erblicher Prozess, der Verschiedenheit erzeugt C Andere Chromosomenzahl, weil das die Meiose blockt D Ein erblicher Prozess, der autokatalytisch Verschiedenheit erzeugt E Genom ist zu mehr als x % unterschiedlich 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall D. Genetic Drift Survival of the Fittest – aber was heisst „Fitness“? Fitness wird landläufig als „kraftvoll“, „gesund“, „stark“ gebraucht – eigentlich heisst es nur „passend“ Fitness im Darwinschen Sinne wird als Fortpflanzungserfolg gemessen. Das ist eigentlich ein Zirkelschluss – Selektion wählt die mit der größten Fitness aus, der Fortpflanzungserfolg ist die Definition für Fitness. Achtung: manchmal kommt jemand zufällig zur Fortpflanzung, obwohl er gar nicht besonders „fit“ ist. Das passiert öfter als man denkt und wird als Genetic Drift bezeichnet. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall D. Genetic Drift (Provokantes) Beispiel von Fitness Richard Löwenherz (1157-1199) war der „fitteste“ von vier Brüdern und erwarb sich in vielen Kämpfen aufgrund von Kraft und Mut die Herrschaft über England und einen Teil von Frankreich. Johann Ohneland (1167-1216) war sein jüngster Bruder. Er war weder stark noch mutig. Johann Ohneland – >5 Kinder Richard Löwenherz – 0 Kinder Aufgrund seiner „Fitness“ wurde Richard Löwenherz zum Anführer des Dritten Kreuzzugs bestimmt, er kämpfte, kam erst nach Jahren zurück und starb bald. Trotz hoher „Fitness“ hatte er einfach keine Zeit, Nachkommen zu zeugen… Sein daheimgebliebener Bruder heiratete und hatte viele Kinder… regierte lange, 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall D. Genetic Drift Genetic Drift:= stochastische Einflüsse auf Allelhäufigkeit, die nicht durch Fitness bedingt sind. Solche Fluktuationen sollten sich eigentlich ausmitteln ABER: in kleinen Populationen ist die Realität oft vom statistischen Mittel entfernt Beispiel: Allelhäufigkeiten in einer kleinen (links) oder einer großen (rechts) Population von Steinfliegen. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall D. Genetic Drift Veranschaulichung von Genetic Drift X X X X X Kleine Population von 10 Pflanzen mit drei Genotypen RR, Rr, rr. Erdrutsch tötet zufällig (unabhängig vom R/r Lokus) 5 Pflanzen. Durch Zufall ist nun Allel r um fast einen Faktor 2! In dieser Population wird es nun auf Dauer mehr weiße Blüten geben. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall D. Genetic Drift Fallbeispiel: Die Insel der Farbenblinden Farbblindenklasse auf Pingelap 1775 – Taifun löscht die Bevölkerung des Atolls Pingelap (Mikronesien) bis auf 20 Individuen aus. Darunter war der Häuptling, Nahnmwarki Mwanenised , der eine Mutation Phe zu Serin im Gen CNGB3 trug Dies führt zu einem verkürzten Ionenkanal in den Zapfen und damit zur kompletten Farbenblindheit (Achromatopsie) Diese ansonsten seltene Krankheit ist auf Pingelap bei mehr als 5 % der Bevölkerung zu finden 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall E. Gründereffekt Gründereffekt (Founder Effect) Pionierpopulationen sind sehr klein Hier können zufällig bestimmte Allele fehlen An sich seltene Allele können häufig sein. Es entsteht eine genetisch irreversibel verschiedene Unterpopulation. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall E. Gründereffekt Beispiele für den Gründereffekt (Founder Effect) Fehlen der Blutgruppe B bei Ureinwohnern Amerikas: Kleine Gruppe von sibirischen Jägern, die über die Beringstraße nach Alaska gelangten und dann ganz Amerika besiedelten. Häufigkeit Blutgruppe B Epilepsie bei bestimmten Hunderassen: Kleine Gruppe von Stammeltern, von denen sich alle Berner Sennenhunde ableiten. Zucht führte dazu, dass nur innerhalb der Gruppe verpaart wurde. Das rezessive Allel wurde dadurch vervielfältigt. Epilepsie beim Berner Sennenhund 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall E. Gründereffekt Fallbeispiel Ellis van Creveld Syndrom Polydactylie Seltene Erbkrankheit, die autosomal rezessiv vererbt wird. Weltweite Häufigkeit ~1:90000 Symptomatik: an beiden Händen 6 Finger, schwere Ausfälle im Gebiss, verkürzte Gliedmaßen, dafür verlängerter Brustkorb Häufigkeit bei den Amish People in Pennsylvania ~1:4900 Ursache: Gründereffekt – in der Ausgangsgruppe von etwa 200 Individuen war ein Ehepaar, die heterozygote Träger waren. Durch die religiös motivierte Inzucht in dieser Gruppe (Individuen, die „nach außen“ heirateten, wurden ausgestoßen), blieb die durch diese genetic drift erzeugte Verschiebung der Allelfrequenz weitgehend erhalten. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall E. Gründereffekt Die Eva-Hypothese Phylogenie mitochondrialer Gene: alle Menschen von einer Urmutter („African Eve“) ~150000 Jahren in Ost-Afrika. ACHTUNG Blödsinn: Das heißt nicht, daß es damals nur eine Frau (Eva) gab! Es ist nur die einzige Frau mit einer bis heute ungebrochenen weibliche Abstammungslinie. ABER: die Ursprungspopulation war sehr klein. Genetic Drift war für unsere Evolution also sehr wichtig! Intermezzo: Denken Sie mal nach! Frage: Fortpflanzungsbarrieren sind die Grundlage für die biologische Artbildung. Warum war die Aufspaltung in neue Arten evolutionär von Vorteil? A So wird genetische Integrität geschützt B So werden Resourcen effizienter genutzt C So werden Fehler bei der Meiose vermieden D So wird der Einfluss von Genetic Drift verbessert 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall Aktuelle Fragen: Biologie und Rassismus "[I am] inherently gloomy about the prospect of Africa [because] all our social policies are based on the fact that their intelligence is the same as ours—whereas all the testing says not really” Aus einem deutschen Schulbuch der 30er Jahre James Watson, Sunday Times, 2007 Macht Evolutionstheorie rassistisch? 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall Aktuelle Fragen: Biologie und Rassismus Woher stammt der Begriff „Rasse“? Der Versuch eines wissenschaftlich begründeten Rassismus (Agassiz und andere) verlief zunächst unabhängig bzw. sogar konträr zur Darwinschen Deszendenztheorie (Polygenismus). Erst in einem zweiten Schritt wurde der Rassebegriff mit einer Entwicklungskette verknüpft, wobei die Europäer als höchstentwickelte Endstufe definiert wurden (z.B. Arthur de Gobineau). Die Position auf dieser (willkürlichen) Kette wurde zur (pseudo-) wissenschaftlichen Begründung einer unterschiedlicher Wertigkeit von Menschen eingesetzt. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall Aktuelle Fragen: Biologie und Rassismus Darwin war klarer Gegner der Sklaverei und Monogenist Charles Darwin (1871): “The Descent of Man, and Selection in Relation to Sex” “Although the existing races of man differ in many respects, as in colour, hair, shape of skull, proportions of the body, &c., yet if their whole organisation be taken into consideration they are found to resemble each other closely in a multitude of points. Many of these points are of so unimportant or of so singular a nature, that it is extremely improbable that they should have been independently acquired by aboriginally distinct species or races. The same remark holds good with equal or greater force with respect to the numerous points of mental similarity between the most distinct races of man. The American aborigines, Negroes and Europeans differ as much from each other in mind as any three races that can be named; yet I was incessantly struck, whilst living with the Fuegians on board the Beagle, with the many little traits of character, showing how similar their minds were to ours; and so it was with a full-blooded negro with whom I happened once to be intimate.” 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall Aktuelle Fragen: Biologie und Rassismus Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Deszendenztheorie jedoch rassistisch unterwandert: Rassen als unterschiedliche hohe Stufen der Entwicklung der Europäer Häckel: Biogenetische Grundregel auf Menschenrassen angewandt Häckel: Anthropogenie Steiner: Tafelbild aus GA100 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall Aktuelle Fragen: Biologie und Rassismus Rassenkarte von Gobineau: schwarz sind „Degenerierte“ Entstehung eines „rassischen“ Antisemitismus Begriff menschlicher „Rassen“ war also von Anfang an mit einer Skala unterschiedlicher Wertigkeit verbunden. Neben der Position auf der Evolutionsleiter wurde noch „rassische Reinheit“ als Kriterium der Wertigkeit eingesetzt. Motiv war die Suche nach einer nicht-religiösen (sozusagen „wissenschaftlichen“) Begründung für Antisemitismus. Dazu wurden die Juden als „Misch-Rasse“ definiert, die „entartet“ unter allen anderen stünden (Gobineau, Chamberlain). Houston Stewart Chamberlain “Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts” verquickte Deszendenz und Rassismus Ironischerweise wurde dabei ein Artbegriff benutzt, der vordarwinistisch war: „ent-artet“ = aus der von Gott geschaffenen „Art“ fallend… 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall Aktuelle Fragen: Biologie und Rassismus Gibt es Menschen“rassen“? Molekulare Marker (mtDNS, Y-Chromosom, SNPs) erlauben es, die Wanderung von Homo sapiens zu rekonstruieren. Erste Welle: vor ca. 100 000 Jahren (Y-Chromosom und single nucleotide polymorphisms, SNPs) Mutation Alkoholdehydrogenase Mutation Melaninbildung Zweite Welle: vor ca. 40000 Jahren Es gab zwei Wellen aus Ostafrika im Abstand von 60000 Jahren. Europa wurde zweimal besiedelt. Es gibt einige wenige genetische Unterschiede, die sich bestätigen liessen, z.B. Melaninsynthese, ADH, Lactoseintoleranz. Die genetischen Unterschiede innerhalb einer „Rasse“ sind jedoch viel höher als die genetischen Unterschiede zwischen „Rassen“. Es gibt also keine wissenschaftlichen Basis für den Begriff „Rasse“. Rassismus ist ganz klar PseudoWissenschaft. 3. Was kommt dazu: Artbildung und Zufall Take-home Question Genetic Drift und Selektion führen zu Verschiebungen der Allelfrequenz. Der Unterschied ist nur, ob diese mit Fitness zu tun haben. Hinterfragen Sie diese Grenze kritisch anhand nebenstehenden Beispiels…